Urteil des FG Hamburg vom 11.12.2013

FG Hamburg: nahestehende person, vertrag zu lasten dritter, muttergesellschaft, holdinggesellschaft, nahe stehende person, beschränkte steuerpflicht, erfolgshonorar, tochtergesellschaft, einspruch

2
3
4
1
Körperschaftsteuer: vGA bei Übernahme von Kosten für Managementdienstleistungen im
Konzept; Haftung für Kapitalertragsteuer
1. Übernimmt die Tochtergesellschaft die Kosten für Managementleistungen, die auf Grund eines Vertrags
zwischen Dienstleister und der Großmuttergesellschaft erbracht werden, kann dies zu einer vGA an die
Muttergesellschaft führen, wenn es an einer vertraglichen Grundlage für die Übernahme der Kosten fehlt
und nicht nachgewiesen wird, dass tatsächlich irgendwelche Leistungen gerade gegenüber der
Tochtergesellschaft erbracht worden sind.
2. Der Schuldner der Kapitalerträge, die durch eine vGA an einen in Deutschland beschränkt
Steuerpflichtigen ausgelöst werden, haftet für die Kapitalertragsteuer, die er einzubehalten und
abzuführen hat, wenn er den Steuerabzug vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen hat. Werden
Kosten für die Muttergesellschaft übernommen, die die Annahme einer vGA rechtfertigen, ist
grundsätzlich von einem schuldhaften Verhalten des Geschäftsleiters auszugehen. Der besonderen
Darlegung von Ermessenserwägungen für die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners bedarf es bei
einem ausländischen Steuerschuldner auch unter Geltung des
Beitreibungsrichtlinienumsetzungsgesetzes nicht.
FG Hamburg 2. Senat, Urteil vom 11.12.2013, 2 K 109/13
§ 8 Abs 3 KStG, § 31 Abs 1 S 1 KStG, § 20 Abs 1 Nr 1 EStG, § 43 Abs 1 Nr 1 EStG, § 44 Abs 5 EStG, § 49 Abs 1
Nr 5 Buchst a EStG
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Die Klägerin ist eine 2006 errichtete GmbH. Sie ist eine reine Holdinggesellschaft und war im Streitjahr 2009
Anteilseignerin von Grundstücksgesellschaften in A, B und C. Die Anteile an der Klägerin wurden zu 100 %
von der D, vormals E (im Folgenden E) gehalten, deren Anteilseignerin zu 100 % die F (im Folgenden: F) ist.
Beide Gesellschaften hatten ihren Sitz in Dänemark. Die Klägerin hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom
1. Juli bis 30. Juni.
Die F war am ... 2006 auf Initiative der H (...) gegründet worden. Im Zusammenhang mit ihrer Gründung
schloss sie einen Verwaltungsvertrag mit der H über "die Verwaltung der F, die Verwaltung ihrer
Tochtergesellschaft ("Holdinggesellschaft") sowie die Verwaltung der Tochtergesellschaften der
Holdinggesellschaft ("Tochtergesellschaften")". Nach Ziffer 2 des Vertrages müssen die Holdinggesellschaft
und die Tochtergesellschaften -sobald sie gegründet wurden- vom Vertrag als Parteien umfasst sein. Für jede
Gesellschaft muss eine Anlage zum Vertrag ausgearbeitet werden, woraufhin die betreffende Gesellschaft
verpflichtet ist, dem Vertrag beizutreten. Die F und die Holdinggesellschaft können danach nicht Eigentümer
einer Gesellschaft sein, die nicht vom Vertrag umfasst ist. Gegenstand des Vertrages sind u. a. die
Übernahme von Stabsfunktionen (IT, Ökonomie, Kommunikation), der Erwerb von Immobilien, Verkauf von
Immobilien sowie die Verwaltung der Immobilien der Tochtergesellschaften. Das Honorar setzt sich nach
Ziffer 4 des Vertrages aus einer fixen Komponente in Höhe von 0,75 % der gesamten konsolidierten
Bilanzsumme F, der Holdinggesellschaft und der Tochtergesellschaften sowie einer erfolgsabhängigen
Komponente nach einen bestimmten Renditeschlüssel zusammen. Die Fakturierung des
Verwaltungshonorars erfolgt über die F, die Holdinggesellschaft und die Tochtergesellschaften entsprechend
dem jeweiligen Anteil an der Bilanzsumme, während das Erfolgshonorar von der F zu zahlen ist (Textziffer
4.2.1; wegen weiteren der Einzelheiten des Vertrages wird auf Anlagen 7 und 8 Bezug genommen).
Unter dem 9. Mai 2009 schlossen die H und die Klägerin sowie ihre Tochtergesellschaften ein Endorsement
Agreement zum Verwaltungsvertrag, mit dem diese sich verpflichtete, der Klägerin und ihren
Tochtergesellschaften kontinuierlich Dienstleistungen entsprechend dem Leistungskatalog des
Verwaltungsvertrages mit der F zu erbringen, ohne dass hierfür spezielle Aufforderungen erteilt werden
mussten. Im Anhang 3 zu diesem Vertrag heißt es, dass die Erfolgsprämie nach Ziffer 4.2 des
5
6
7
8
9
10
11
12
Verwaltungsvertrages von G zu begleichen sei.
Während die H das feste Honorar für ihre Dienstleistungen im Wirtschaftsjahr 2007/2008 den die Immobilien
haltenden Tochtergesellschaften der Klägerin direkt berechnete, verlangte sie mit Rechnung vom 14.
November 2008 einen Betrag von 530.477,85 € als Erfolgshonorar (success fee) von der Klägerin (Anlage 9),
den diese in 2009, dem Streitjahr, beglich. Nach einer Außenprüfung sah der Beklagte diese Zahlung des
Erfolgshonorars als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der Klägerin an ihre dänische Muttergesellschaft
an, weil keinerlei Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht worden seien. Am 18. Januar 2013 erließ der
Beklagte geänderte Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide sowie Verlustfeststellungsbescheide
für 2009 bzw. auf den 31. Dezember 2009. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 21. Februar 2013. Weil
die vGA bei der F zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) führe, die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Steuerabzug vom
Kapitalertrag unterlägen, nahm der Beklagte die Klägerin zudem mit Bescheid vom 21. Februar 2013 für
Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 139.913,31 € gem. § 44 Abs. 5 EStG in Haftung.
Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2013 beantragte die Klägerin Aussetzung der Vollziehung des
Haftungsbescheids, den der Beklagte zugleich als Einspruch ansah. Mit Entscheidung vom 25. März 2013
wies der Beklagte u. a. den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zurück. Ebenfalls am 25. März 2013
lehnte er die Aussetzung der Vollziehung ab. Am 17. April 2013 hat die Klägerin Klage erhoben (2 K 109/13)
und Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids bei Gericht beantragt, die mit Beschluss vom 18.
Oktober 2013 abgelehnt worden ist.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Zahlung des Erfolgshonorars nicht die Annahme einer vGA
rechtfertige. Deshalb seien die Bescheide über Körperschaftsteuer und die Bescheide über die gesonderte
Feststellung des Verlustvortrags sowie der Haftungsbescheid rechtswidrig. Die Erbringerin der Management-
Leistungen, die H, sei weder unmittelbar noch mittelbar gesellschaftsrechtlich beteiligt gewesen und sei auch
nicht als nahestehende Person anzusehen. Die Leistungen seien vielmehr durch einen fremden Dritten auf
der Grundlage des Verwaltungsvertrags mit der F erbracht worden. Mithin fehle es bereits an einer
gesellschaftsrechtlichen Veranlassung.
Auch wenn es sich der Sache nach um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Tochtergesellschaften,
gehandelt habe, hätten diese die Vereinbarung gebilligt. Durch das Endorsement Agreement vom 6. Mai 2009
habe sie, die Klägerin, den Vertrag auch bestätigt und die verabredeten Leistungen konkretisiert. Das
Erfolgshonorar sei auch üblich und der Höhe nach angemessen. Im Übrigen sei nicht erkennbar, inwieweit,
selbst wenn eine vGA angenommen werde, die Zahlung zu einem Vorteil bei der Muttergesellschaft führen
könne.
Die H habe auch tatsächlich die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht. Sie, die Klägerin, werde im
Verwaltungsvertrag ausdrücklich als Leistungsempfänger genannt, die in der Anlage 2 des Vertrages
genannten Leistungen seien auch ihr gegenüber erbracht worden und hätten in ihrem originären Interesse
gelegen. Deshalb sei das Erfolgshonorar auch nicht an ihre Tochtergesellschaften weiterbelastet worden.
Selbst wenn dies anders gesehen werde, seien die Aufwendungen letztlich wegen des bestehenden
Organschaftsverhältnisses steuerlich wieder bei ihr als Organträgerin zu erfassen. Bei einer fremdüblichen
konsolidierten Betrachtungsweise für das "Gesamtunternehmen" spiele es keine Rolle, welche juristische
Einheit welche Dienstleistungen empfangen habe.
Ihren mittelbaren Investoren gegenüber, den Investoren der F, sei im Börsenprospekt auch offengelegt
worden, dass für Managementleistungen eine fixe und eine variable Vergütung anfallen würde, sodass es den
Investoren freigestanden habe, unter diesen Bedingungen das Investment einzugehen. Sie, die Klägerin, sei
daher nicht durch einen Gesellschafter oder eine nahestehende Person fremdunüblich benachteiligt worden.
Ferner seien auch die Schrankenwirkungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen sowie bei den Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in
Steuersachen (Deutsch-dänisches Steuerabkommen) vom 22. November 1995 (DBA-Dänemark) zu
beachten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dürften bei grenzüberschreitenden
Sachverhalten die Erbringung von Dienstleistungen nur der Höhe nach einem Fremdvergleich unterzogen
werden; auf die Kriterien einer zivilrechtlich wirksamen, im Voraus getroffenen und tatsächlich durchgeführten
Vereinbarung komme es nicht an.
Schließlich treffe den Beklagten die Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA.
14
17
18
13
15
16
19
21
22
24
23
20
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid für 2009 über Körperschaftsteuer, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2009, den Bescheid über
die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009,
jeweils vom 18. Januar 2013, und die Einspruchsentscheidung vom 25. März 2013 mit der Maßgabe
zu ändern, dass ein Betrag in Höhe von 530.477,00 € als Betriebsausgabe und nicht als vGA
berücksichtigt wird, sowie den Haftungsbescheid vom 21. Februar 2013 und die diesbezügliche
Einspruchsentscheidung vom 25. März 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die Zahlung des Erfolgshonorars zu einer vGA an die
Muttergesellschaft führe, weil der Klägerin gegenüber keinerlei Leistungen erbracht worden seien. Ein
ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte das Wohl der eigenen Gesellschaft, das der Klägerin,
zum Ziel gehabt und sich nicht an möglichen Konzerninteressen orientiert.
Die vGA führe bei der F zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die
dem Steuerabzug nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG unterlägen. Die Klägerin sei zu Recht für die durch die vGA
ausgelöste Kapitalertragsteuer in Haftung genommen worden. Ihre Inanspruchnahme sei zudem
ermessensfehlerfrei erfolgt. Aus dem Außenprüfungsbericht ergebe sich, dass sich das Finanzamt in
Kenntnis des Umstandes, dass die Gläubigerin der Kapitalerträge im Ausland ansässig sei, bewusst für eine
Haftungsinanspruchnahme entschieden habe. Die Inanspruchnahme des inländischen Haftungsschuldners
bedürfe nach der Rechtsprechung des BFH keiner weiteren, besonderen Ermessensbegründung.
Die die Klägerin betreffenden Steuer- und Haftungsakten zur Steuernummer .../.../... haben vorgelegen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gem. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung.
I.
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2009 richtet. Insoweit
fehlt es an der erforderlichen Beschwer, weil die Körperschaftsteuer auf 0 € festgesetzt worden ist. Nach der
im Streitjahr 2009 geltenden Rechtslage gem. § 10d Abs. 4 EStG a. F. i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG
entfaltet der Körperschaftsteuerbescheid hinsichtlich einzelner Besteuerungsgrundlagen --hier der in Rede
stehenden Berücksichtigung der vGA- grundsätzlich keine Bindungswirkung für den Bescheid über die
gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2009
und sind die Einwendungen folglich gegen diesen Bescheid zu richten (vgl. Heuermann in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10d Rz. D 156). Sollte die Entscheidung des BFH vom 22. Januar 2013 (IX R
11/12, BFH/NV 2013, 1069) allerdings so zu verstehen sein, dass es für die Änderung eines
Verlustfeststellungsbescheides nicht nur auf die Änderbarkeit des entsprechenden Steuerbescheides
ankommt, die nur deshalb unterbleibt, weil die Steuerfestsetzung auf Null lautet, und die im Streitfall bzgl.
des gem. § 164 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden und damit änderbaren
ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheides für 2009 gegeben war, sondern darauf, dass auch gegen einen
auf Null lautenden Steuerbescheid Einspruch eingelegt werden muss, so wäre die Klage auch gegen den
Körperschaftsteuerbescheid 2009 zulässig. Aus den unter II. genannten Gründen wäre sie dann jedoch
unbegründet.
II.
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
Der Beklagte hat die Zahlung des Erfolgshonorars zu Rechts als vGA beurteilt und den Gewinn
dementsprechend um 530.477 € erhöht (dazu a). Ebenfalls zu Recht hat der Beklagte die Klägerin für die
darauf entfallende Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag in Höhe von 139.913,31 € in Haftung
genommen haben, weil die vGA zu Kapitaleinkünften bei der dänischen Muttergesellschaft geführt hat (dazu
25
26
27
28
29
30
b).
a) Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer
Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1
EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.
Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung eine Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen
Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters
einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH seit Urteil vom 16. März
1967 I 261/63, BStBl III 1967, 626; vgl. auch BFH vom 11. Oktober 2012 I R 75/11, BFH/NV 2013, 25). Ist
der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die
Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer
klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt
(ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545; vom 27.
März 2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111, jeweils m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen führt die Begleichung der Rechnung der H vom 14. November 2008 über das
Erfolgshonorar zu einer vGA an die Muttergesellschaft E.
Eine vertragliche Grundlage für die Verpflichtung zum Ausgleich der Rechnung fehlte nach Lage der Dinge.
Vertragspartner der H war die F, nicht die Klägerin. In Ziffer 2 des Vertrages heißt es unter
"Vertragsparteien", dass die Holdinggesellschaft und die Tochtergesellschaften vom Vertrag als Parteien
umfasst sein müssen, sobald sie gegründet worden sind. Für jede solche Gesellschaft ist eine Anlage zum
Vertrag auszuarbeiten, woraufhin die betreffende neu gegründete Gesellschaft verpflichtet ist, dem Vertrag
beizutreten. Fraglich ist bereits, ob die Klägerin von dem Katalog der genannten Gesellschaften -
Tochtergesellschaft der F = Holdinggesellschaft und Tochtergesellschaften der Holdinggesellschaft =
Tochtergesellschaften- überhaupt erfasst wird, denn die Klägerin ist als weitere (deutsche)
Holdinggesellschaft zwischen die dänische Holdinggesellschaft als Tochtergesellschaft der F und die
vermögensverwaltenden Immobilien-Tochtergesellschaften zwischengeschaltet worden. Jedenfalls war die
Klägerin im fraglichen Zeitraum der Leistungserbringung, dem Wirtschaftsjahr 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008,
dem Managementvertrag nicht entsprechend Ziffer 2 des Vertrages beigetreten. Dass die Klägerin die
Existenz des Management-Vertrages gekannt und gebilligt haben mag, wie die Klägerin vorträgt, reicht nicht
aus, eine vertragliche Verpflichtung für die Klägerin zur Zahlung des Erfolgshonorars zu begründen.
Den vertraglichen Regelungen "beigetreten" ist die Klägerin mit ihren Tochtergesellschaften erst später durch
das Endorsement Agreement vom 9. Mai 2009 mit der H, das folglich für das in Rede stehende
Wirtschaftsjahr 2007/2008 der Leistungserbringung keine Bedeutung entfalten kann. Deshalb kann auch
dahinstehen, ob der Vertrag überhaupt wirksam geschlossen worden ist, weil er nicht unterfertigt worden ist,
und ob im Anhang 3 zu dieser Vereinbarung unter Ziffer 3 eine Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des
Erfolgshonorars wirksam begründet worden ist. Nach dieser Klausel soll G das Erfolgshonorar zahlen. Die
Klägerin wird im Vertrag aber ansonsten als "Recipient Company" bezeichnet, G ist zudem auch
Namensbestandteil aller Tochtergesellschaften und war es 2009 auch noch bei der dänischen
Muttergesellschaft E. Dieser Klausel, ihre Wirksamkeit unterstellt, könnte auch keine rückwirkende
Bedeutung in der Weise beigemessen werden, dass sie die Begleichung der Rechnung vom 14. November
2008 erfassen sollte. Zwar ist diese Rechnung erst nach dem behaupteten Vertragsschluss am 30. Juni 2009
beglichen worden. Für eine Rückbeziehung hätte es aber einer ausdrücklichen Regelung in dem Endorsement
Agreement bedurft. Fehlt es hieran, ist davon auszugehen, dass die beiderseitigen vertraglichen Pflichten
(frühestens) ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses übernommen werden.
Andere vertragliche Absprachen über Kostenübernahmen innerhalb des Konzerns bestanden nach Auskunft
der Klägerin nicht.
Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht substantiiert dargetan, dass sie selbst irgendwelche Leistungen
von der H erlangt hat. Insoweit verweist sie lediglich auf den Leistungskatalog der Anlage 2 zum
Managementvertrag bzw. zum Endorsement Agreement. Dieser allgemeine Leistungskatalog ist aber
vornehmlich auf die Aktivitäten der Grundstücksgesellschaften und nicht die Tätigkeit einer
Holdinggesellschaft zugeschnitten und kann im Übrigen auch nicht einen konkreten Leistungsnachweis
ersetzen. Die Erbringung von Leistungen nach Maßgabe des Katalogs der Anlage 2 dürfte tatsächlich auch
nicht gegenüber der Klägerin, sondern gegenüber ihren Tochtergesellschaften erfolgt sein. Dementsprechend
ist das anteilige Verwaltungshonorar nach Ziffer 4.1 des Managementvertrages auch den
31
32
33
34
36
37
38
39
35
Tochtergesellschaften gemäß ihres Anteils an der Bilanzsumme in Rechnung gestellt worden.
Der Hinweis der Klägerin, die Zahlung des Erfolgshonorars habe in ihrem originären Interesse als shareholder
activities gelegen, geht fehl angesichts der eindeutigen Regelung im Managementvertrag, wonach die
dänische Konzernmuttergesellschaft F dieses Honorar zu zahlen hatte. Ebenso wenig greift der Einwand
durch, dass die Zuordnung wegen des bestehenden Organschaftsverhältnisses letztlich unerheblich sei, denn
Organgesellschaft und Organträger ermitteln ihren Gewinn zunächst getrennt.
Fehlt es danach an einer vertraglichen Grundlage für die Zahlung des anteiligen Erfolgshonorars und sind
ersichtlich tatsächlich auch keine Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht worden, die unabhängig von
einer ausdrücklichen Vertragsgrundlage die Zahlung rechtfertigen könnten, erweist sich der Ausgleich des
Erfolgshonorars im Ergebnis als Zuwendung an die Muttergesellschaft, die allein durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte die Zahlung
des Erfolgshonorars für einen Nichtgesellschafter nicht übernommen. Sie erweist sich somit als vGA.
Auf die besonderen Anforderungen des sog. formellen Fremdvergleichs bei beherrschenden Gesellschaftern
und die in diesem Zusammenhang zu beachtende Sperrwirkung der abkommensrechtlichen Regelungen --hier
von Art. 9 des DBA Dänemark-- bei der Beurteilung der angemessenen Höhe des Vereinbarten (vgl. dazu
BFH vom 11. Oktober 2012 I R 75/11, BFH/NV 2013, 324) kommt es danach nicht mehr an.
Die vGA führt gem. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu
Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach § 20 Abs. 5 EStG erzielt diese Einkünfte der Anteilseigner.
Anteilseigner der Klägerin ist ihre Muttergesellschaft, die E. Insoweit reicht es aus, dass der Vorteil deren
Muttergesellschaft, der F, als nahestehender Person zu Gute kommt (vgl. dazu auch Gosch in Gosch, KStG,
2. Aufl. 2009, § 8 Rz. 231 m. w. N.) Diese hat in Höhe des übernommenen Rechnungsbetrages eigene
Aufwendungen in entsprechender Höhe gespart. Dieser Vorteil der F ist der E als mittelbarer Vorteil steuerlich
zuzurechnen. Sie reicht ihn ihrerseits an ihre Muttergesellschaft F weiter. Mit der Begleichung der Rechnung
in 2009 vereinnahmt die E mithin die Einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Darauf, dass die H als
Empfängerin des Honorars ein fremder Dritter ist, weil sie gesellschaftsrechtlich nicht zu dem Konzern
gehört, dem auch die Klägerin angehört, kommt es sonach nicht an.
b) Der Beklagte hat die Klägerin auch zu Recht für die Kapitalertragsteuer in Haftung genommen.
Die E ist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG mit ihren Kapitaleinkünften im Zusammenhang mit der vGA
in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt die Einkommensteuer durch die
Erhebung der Kapitalertragsteuer gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG als abgegolten. Die Kapitalertragsteuer ist
auch ungeachtet einer späteren ggfs. möglichen Erstattung zu erheben, weil diese einem gesonderten
Verfahren entsprechend § 50d Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 EStG vorzubehalten ist. Entsprechendes gilt nach §
1 SolZG für den Solidaritätszuschlag.
Gemäß § 44 Abs. 5 EStG haftet der Schuldner der Kapitalerträge für die Kapitalertragsteuer, die er
einzubehalten und abzuführen hat, es sei denn, er weist nach, dass er die ihm auferlegten Pflichten weder
vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Die Pflicht zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer erstreckt
sich auch auf vGA (vgl. BFH vom 20. August 2008 I R 29/07, BStBl II 2010, 142; FG Köln vom 27.
September 2012 10 K 2898/10, EFG 2013, 232; Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 44 EStG Rz. 39). Es wird
mithin zunächst vermutet, der Quellensteuerabzug sei vorsätzlich oder grob fahrlässig unterblieben; den
Nachweis dafür, dass der Quellensteuerabzug weder vorsätzlich noch fahrlässig unterblieben ist, hat der
Entrichtungspflichtige zu erbringen. Eine Haftung kommt der Sache nach somit nur bei schuldlosem oder bei
leicht fahrlässigem Verhalten nicht in Betracht (vgl. auch Gersch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 44 Rz.
F 20).
Vorsätzlich handelt, wer seine Pflichten wissentlich verletzt oder eine Pflichtverletzung billigend in Kauf
nimmt. Grob fahrlässig handelt, wer nahe liegende Überlegungen nicht anstellt oder Steuergesetze nicht
beachtet. Das Unterlassen des Quellensteuerabzugs aus Unkenntnis kann zur groben Fahrlässigkeit des
Entrichtungspflichtigen führen (vgl. z. B. BFH vom 20. August 2008 I R 29/07, BStBl II 2010, 142; Gersch in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 44 Rz. F 23); bei Zweifeln ist Rechtsrat einzuholen bzw. zunächst
vorsorglich Kapitalertragsteuer einzubehalten (vgl. BFH vom 8. April 2009 I B 78/08, nv; juris).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht der Senat davon aus, dass die Klägerin nicht schuldlos bzw. nicht
lediglich leicht fahrlässig Kapitalertragsteuer nicht einbehalten hat. Sie selbst hat hierzu nichts Konkretes
vorgetragen, sie nimmt vielmehr lediglich die Annahme einer vGA in Abrede. Wie sich aber aus den
vorstehenden Ausführungen unter a) ergibt, sind die Voraussetzungen einer vGA erfüllt. Bei der Zahlung
40
41
42
43
fremder Schulden muss sich für einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter die Frage stellen, ob
es sich hierbei nicht um eine vGA handeln könnte, für die Kapitalertragsteuer einzubehalten ist; ggf. muss
Rechtsrat eingeholt werden. Die Klägerin war im Streitzeitraum auch steuerlich fachkundig vertreten, sodass
sie sich die Folgen einer fehlenden oder fehlerhaften Beratung zurechnen lassen muss.
Der Haftungsbescheid ist auch hinreichend bestimmt. Zwar heißt es in dem Bescheid unter Bezugnahme auf
den Betriebsprüfungsbericht, dass der dänischen Muttergesellschaft F vGA zugeflossen seien. Auch im
Betriebsprüfungsbericht wird unter Textziffer 18 ausgeführt, dass die vGA bei der dänischen
Muttergesellschaft F zu Einkünften aus Kapitalvermögen führten. Diese Angabe ist zumindest nicht
eindeutig, denn die F ist die Großmuttergesellschaft der als nahe stehender Person der Vorteil zugeflossen
ist, während Muttergesellschaft die E ist, die aufgrund der vGA die der Kapitalertragsteuer unterliegende
Einkünfte erzielt hat. Nach der Rechtsprechung ist die Angabe des Steuerschuldners aber keine hinreichende
Begründungsvoraussetzung, solange die Haftungsschuld in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in anderer
Weise ausreichend konkretisiert werden kann (vgl. z. B. BFH vom 3. Dezember 1996 I B 44/96, BStBl II
1997, 306). Dies ist im Streitfall gegeben, denn aus dem Bescheid ergibt sich ohne weiteres, dass die
Klägerin für Kapitalertragsteuer in bestimmter Höhe im Zusammenhang mit einer vGA in Haftung genommen
wird.
Schließlich sind auch Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar. Nach allgemeiner Ansicht erfordert
trotz des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts von § 44 Abs. 5 EStG die Inanspruchnahme des
Haftungsschuldners die Ausübung von Erschließungsermessen und Auswahlermessen (vgl. z. B. Knaupp in
Kirchhof, EStG, 12. Aufl. 2013, § 44 Rz. 9; Gersch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 44 Rz. F 31).
Allerdings verlangt die Rechtsprechung des BFH bei einem ausländischen Steuerschuldner -wie im Streitfall-
keine besondere Begründung der Ermessenerwägungen. Ein Hinweis auf die beschränkte Steuerpflicht und
die fehlenden Zugriffsmöglichkeiten im Inland soll regelmäßig ausreichen (BFH vom 19. Dezember 2012 I R
81/11 , BFH/NV 2013, 698; vom 5. November 1992 I R 41/92, BStBl II 1993, 407; vom 3. Dezember
1996 I B 44/96, BStBl II 1997, 306; vom 8. November 2000 I B 59/00 BFH/NV 2001, 448). Zudem kann im
Haftungsbescheid von einer Begründung der Ermessensausübung abgesehen werden, wenn dem Empfänger
des Bescheids die Auffassung der Finanzbehörde bekannt oder ohne weiteres erkennbar ist (BFH vom 20.
Juli 1988 I R 61/85, BStBl II 1989, 99; vom 5. November 1992 I R 41/92, BStBl II 1993, 407). Hieran ist auch
nach Inkrafttreten des Beitreibungsrichtlinienumsetzungsgesetzes vom 13. Dezember 2011 festzuhalten, weil
das grenzüberschreitende Vollzugsdefizit dadurch nicht beseitigt worden ist und eine effiziente Vollstreckung
nach wie vor nicht gewährleistet sein dürfte. Mit den Erläuterungen während der Außenprüfung und dem
Hinweis im Haftungsbescheid, dass Gläubiger der Kapitalerträge eine dänische Gesellschaft ist, ist diesen
Minimalanforderungen genügt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.