Urteil des FG Hamburg vom 17.06.2014

FG Hamburg: wiederausfuhr, überwachung, auflage, verwahrung, drittland, verordnung, luftfahrzeug, flugzeug, abflug, zollgebiet

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Zollrecht, Einfuhrabgaben: Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung von Waren in
vorübergehender Verwahrung
1. Die Bewilligung eines Verwahrungslagers kann mit der Auflage verbunden werden, die Wiederausfuhr von Waren in
vorübergehender Verwahrung der Zollbehörde vorab mitzuteilen.
2. Eine solche Auflage ist als zollbehördliche Entscheidung i. S. v. Art. 4 Nr. 5 ZK selbständig anfechtbar und der
Bestandskraft fähig.
3. Die unterlassene auflagengemäße Vorabmitteilung der Wiederausfuhr von Waren in vorübergehender Verwahrung führt
zum Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung.
NZB, Az.: VII B 120/14
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 17.06.2014, 4 K 268/11
Art 4 Nr 5 ZK, Art 51 Abs 1 ZK, Art 182 Abs 3 S 1 ZK, Art 203 ZK, Art 220 ZK, Art 221 ZK
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Zusammenhang mit der nicht vorab
angezeigten Wiederausfuhr von Waren aus einem Verwahrungslager pflichtwidrig
gehandelt und dies zu einer Entstehung einer Zollschuld wegen Entziehens
einfuhrabgabenpflichtiger Waren aus der zollamtlichen Überwachung geführt hat.
Die Klägerin, die ein Dienstleistungsunternehmen für Luftfrachtumschlag ... betreibt, ist
Inhaberin eines Verwahrungslagers in der X-Straße in Hamburg. In der Genehmigung des
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Verwahrungslagers vom 30.08.2005 hieß es ursprünglich - bis zur Streichung dieser
Passage durch Schreiben des Beklagten vom 07.10.2010 aufgrund einer entsprechenden
Verfügung der Bundesfinanzdirektion Nord vom 29.09.2010 - unter Ziffer "III. Beendigung
der vorübergehenden Verwahrung" u. a.: "Die Vorübergehende Verwahrung endet auch
mit der Wiederausfuhr der Waren in ein Drittland oder deren Überführung in ein
vereinfachtes Versandverfahren für den Luftverkehr (ugs. "Ausflug"). Die Abwicklung des
Wiederausfuhrverfahrens (Ausflug in ein Drittland) bewirken Sie über das IT-Verfahren
ATLAS-SumA entsprechend der ATLAS-Verfahrensanweisung in der jeweils gültigen
Fassung. Dabei beachten Sie bitte, dass in der entsprechenden Buchung eine
Wiederausfuhranmeldung zu sehen ist, die zwingend vor [Hervorhebung im Original]
Verladung der Waren auf das ins Drittland abgehende Luftfahrzeug zu erfolgen hat, da
andernfalls die Waren der Vorübergehenden Verwahrung entzogen würden. Die
Gestellung erfolgt in diesen Fällen b. a. W. am Verwahrort. ...". Da diese Vorgabe, die
auch anderen Inhabern von Verwahrungslagerzulassungen im Zuständigkeitsbereich des
Beklagten gemacht worden war, offenbar wiederholt nicht beachtet worden war, wies der
Beklagte die Klägerin und andere Verwahrungslagerinhaber mit Schreiben vom
10.02.2006 unter Verweis auf die entsprechenden Ausführungen in den
Verwahrungslagerzulassungen darauf hin, dass im Falle des Ausflugs vorübergehend
verwahrter Waren in Drittländer die Erledigungsbuchung vor [Hervorhebung im Original]
Beginn der Verladung zu erfolgen habe, und bat eindringlich, zur Vermeidung der
Entstehung wirtschaftlich nicht motivierter Einfuhrabgaben infolge von
Pflichtverletzungen, die bestehende Verpflichtung in Zukunft sorgsam einzuhalten. Da die
vom Beklagten vorgegebene Verfahrensweise offenbar als unpraktikabel kritisiert worden
war, nahm der Beklagte dies zum Anlass, mit Schreiben vom 02.03.2006 der Klägerin und
anderen Verwahrungslagerinhabern mitzuteilen, dass er aufgrund der vorgebrachten
Einwendungen damit einverstanden sei, dass die Generierung der Erledigungsbuchung
auch im Fall von Ausflügen in Drittländer nach [Hervorhebung im Original] Abflug erfolgen
könne, dann allerdings dem Beklagten der bevorstehende Ausflug der Waren vor deren
Verladung per Telefax mitzuteilen/anzumelden sei mittels Übersendung des in diesem
Moment aktuellen Manifests mit entsprechenden Angaben, die ATO-Generierung sei
dann zeitnah nach Abflug nachzuholen; der Beklagte wies zugleich darauf hin, dass,
sofern ihm vor Verladung keinerlei Mitteilung über den bevorstehenden Ausflug gemacht
werde (also weder durch vorzeitige ATO-Generierung noch durch Fax-Mitteilung), er dies
als Pflichtverletzung im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung bewerte. Im Merkblatt
für Teilnehmer des IT-Verfahrens ATLAS heißt es in Kap. 4.5.2.9.7: "Die Waren müssen
grundsätzlich vor Weiterbeförderung beim Zoll zur Wiederausfuhr angemeldet oder ihre
Wiederausfuhr mitgeteilt werden. Nach Wiederausfuhr bzw. nach Versand der Waren
übermittelt der Teilnehmer die tatsächlich ausgeführte bzw. in das Versandverfahren
überführte Warenmenge (REXDIS) zur Erledigung der entsprechenden SumA-
Positionen.". Die ATLAS-Verfahrensanweisung Release 7.2. (Erlass vom 09.07.2008)
regelt nunmehr in Kapitel 4.5.4.2 "Erledigung über die Funktion Wiederausfuhr/Versand"
unter Abs. 2: "Jede beabsichtigte direkte Wiederausfuhr der Waren oder die Beförderung
in einem vereinfachten Versandverfahren Luft/See muss der zuständigen Zollstelle
grundsätzlich vor Beginn der Weiterbeförderung mitgeteilt werden. ...", und unter Abs. 3:
"Nach erfolgter Wiederausfuhr übermittelt der Teilnehmer eine Nachricht über die
tatsächlich ausgeführten Waren an die zuständige Zollstelle. Die IT-gestützte Erledigung
der SumA-Positionen erfolgt erst anhand dieser Nachricht."
Im Zeitraum August 2007 bis September 2008 verlud die Klägerin in zahlreichen Fällen
Nichtgemeinschaftswaren, die sie zur vorübergehenden Verwahrung in ihrem
Verwahrungslager hatte, zur Wiederausfuhr (mittels Ausflug) in ein Drittland auf
Luftfahrzeuge, ohne das Wiederausfuhrverfahren über das IT-Verfahren ATLAS-SumA
entsprechend der Vorgabe aus der Verwahrungslagergenehmigung vor Verladung der
Waren auf das ins Drittland abgehende Luftfahrzeug zu bewirken bzw. ohne die
Wiederausfuhr entsprechend der mit Schreiben vom 10.02.2006 alternativ vorgegebenen
Verfahrensweise vorab per Telefax dem Beklagten anzuzeigen. Die Erledigungsbuchung
in ATLAS wurde durch die Klägerin jeweils erst nach erfolgtem Abflug generiert. Diese
Vorgehensweise betraf u. a. auch die zwei folgenden, im vorliegenden Verfahren allein
streitgegenständlichen Wiederausfuhrsendungen am ... 08.2007 betreffend einen
Umschlag mit Bolzen aus rostfreiem Stahl zum Ausflug nach A über B und am ... 09.2008
betreffend zwei Kartons mit Steckverbindungen zum Ausflug in die C über D.
Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20.07.2010 setzte der Beklagte gegen die Klägerin im
Zusammenhang mit der Wiederausfuhr der Bolzen aus rostfreiem Stahl 3,56 € ZollEU
sowie 18,93 € Einfuhrumsatzsteuer, insgesamt 22,49 €, fest; mit Einfuhrabgabenbescheid
vom 23.07.2010 setzte der Beklagte gegen die Klägerin im Zusammenhang mit der
Wiederausfuhr der Steckverbindungen 618,77 € Einfuhrumsatzsteuer fest. Zur
Begründung verwies der Beklagte jeweils darauf, dass die Klägerin die Ware, die ihr zur
vorübergehenden Verwahrung übergeben worden sei, entgegen der Auflage zur
Bewilligung des Verwahrungslagers bzw. der aus Vereinfachungsgründen zugelassenen
Vorabinformationspflicht per Telefax zum Ausflug verladen habe, ohne dies vorab dem
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Zollamt mitzuteilen. Eine Kontrolle unmittelbar vor dem Ausgang der Ware, die der
zollamtlichen Überwachung unterliege, sei somit nicht möglich gewesen. Die verspätete
Mitteilung der Verladung der Nichtgemeinschaftsware zur Wiederausfuhr stelle ein
Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung dar, so dass die Zollschuld gemäß Art.
203 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der
Gemeinschaften vom 12.10.1992 (ABl. Nr. L 302/1, ber. ABl. 1993 Nr. L 79/84, ABl. 1996
Nr. L 97/38 und Nr. L 321/23, m. spät. Änd.) - im Folgenden: ZK - entstehe.
Gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 20.07.2010 und den Einfuhrabgabenbescheid
vom 23.07.2010 legte die Klägerin jeweils Einspruch ein, den sie im Wesentlichen wie
folgt begründete: Eine Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 ZK sei nicht entstanden. Die
Verletzung der Auflage zur Vorabanzeigepflicht für Wiederausfuhrwaren in der
Bewilligung des Verwahrungslagers könne keine Grundlage für ein Entziehen aus der
zollamtlichen Überwachung sein, da die Auflage rechtswidrig sei. In den zollrechtlichen
Bestimmungen finde sich keine Rechtsgrundlage für eine solche Auflage. Art. 182 Abs. 3
ZK sei hinsichtlich einer gesetzlich geregelten Vorabanzeigepflicht neu gefasst worden,
aber seinerzeit noch nicht in Kraft getreten. Art. 183 ZK sei nicht anwendbar, da die
Zollbehörden danach zwar zeitliche Vorgaben für die Benutzung von bestimmten
Verkehrswegen, aber keine zeitlichen Vorgaben für die Abgabe von
Wiederausfuhranmeldungen machen dürften. Art. 47, 50 ZK könnten ebenfalls nicht
herangezogen werden. Die danach erforderliche Zustimmung der Zollbehörden für die
Entfernung von Waren, die sich in der vorübergehenden Verwahrung befänden, von dem
Ort, an den sie ursprünglich verbracht worden seien, erteile der Beklagte vorliegend im
Rahmen der Überlassung der Waren nach erfolgter Vorlage der entsprechenden
Unterlagen am Zollamt Hamburg-1 bei der Exportabwicklung der Waren, nicht jedoch
nach Vorabanzeige der Warenausfuhr. Auch die ATLAS-Verfahrensanweisung enthalte
keine Bestimmung, nach der die Waren zusätzlich zu der Ausfuhranmeldung durch
Vorabanmeldung zur Ausfuhr angezeigt werden müssten. Zudem sei der
Verfahrensablauf auf anderen Flughäfen in E, F, G, H und J anders ausgestaltet, indem
die Frachtabfertigungsunternehmer die Sendungen aus ihrer Verwahrung abmeldeten,
nachdem der Flug bereits gestartet sei, und offensichtlich die Gestellung der Sendung
durch den anliefernden Spediteur beim Zollamt vor Übergabe an das
Abfertigungsunternehmen als Voranmeldung für die Ausfuhr genüge. Sie, die Klägerin,
werde damit gleichheitssatzwidrig schlechter gestellt als Abfertigungsunternehmen mit
Sitz an diesen anderen Flughäfen. Folgerichtig habe die Bundesfinanzdirektion Nord
auch eine Gleichbehandlung aller in Deutschland tätigen Luftfrachtunternehmen
angewiesen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass bei der zollamtlichen
Überwachung auf eine physische Überwachung verzichtet werden könne, wenn vielmehr
eine belegmäßige Überwachung in Fällen von gewährleisteter Vertrauenswürdigkeit und
Zuverlässigkeit des Zollbeteiligten ausreiche. Ihre, der Klägerin, Vertrauenswürdigkeit
bzw. Zuverlässigkeit sei nach den Prüfungen zur Erteilung der
Verwahrungslagerbewilligung und aufgrund ihres sonstigen zollrechtlich stets korrekten
Verhaltens gewährleistet. Die stete Vorlage von Unterlagen mit dem Ziel, physische
Kontrollen durchführen zu können, erkenne die ihr, der Klägerin, zuvor bestätigte
Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit ab, konterkariere das Ziel und die angestrebten
Vereinfachungen zuvor gewährter Bewilligungen und widerspreche der nach Art. 13 Abs.
2 ZK gebotenen, an der Risikoeinschätzung des Zollbeteiligten orientierten Vornahme
von Zollkontrollen. Die Auflage zur Vorabanzeige widerspreche damit dem Sinn und
Zweck der Verwahrungslagergenehmigung. Es könne sich demnach allenfalls um eine
Zollschuld nach Art. 204 ZK wegen Pflichtverletzung handeln. Gemäß Art. 859 Nr. 6 der
Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der
Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der
Gemeinschaften vom 02.07.1993 (ABl. Nr. L 253/1, ber. ABl. 1994 Nr. L 268/32, ABl. 1996
Nr. L 180/34, ABl. 1997 Nr. L 156/59 und ABl. 1999 Nr. L 111/88, m. spät. Änd.) - im
Folgenden: ZK-DVO - handele es sich bei der Nichtbeachtung der Vorabanzeige zur
Ausfuhr nur um einen geringfügigen Verstoß i. S. d. Art. 204 Abs. 1 ZK, wenn eine Ware,
die sich in vorübergehender Verwahrung befinde, aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft
verbracht werde, ohne dass die vorgeschriebenen Zollförmlichkeiten erfüllt würden. Die
Notwendigkeit der Vorabanzeige wäre dann eine reine Förmlichkeit, die durch die
tatsächlich durchgeführte und nachgewiesene Wiederausfuhr geheilt worden wäre.
Werde die Wiederausfuhr der Ware nachgewiesen, so könne unter wirtschaftlichen
Voraussetzungen keine Zollschuld entstehen, da die Waren nicht in den
Wirtschaftskreislauf eingingen, eine Erhebung von Einfuhrabgaben käme einer Sanktion
gleich.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 25.10.2011 bzw. vom 19.11.2011 wies der Beklagte
die Einsprüche jeweils als unbegründet zurück. Die in der vorübergehenden Verwahrung
lagernden Warensendungen unterlägen der zollamtlichen Überwachung, die u. a. der
Einhaltung des Zollrechts diene, also auch der Sicherstellung, dass die Waren in
ordnungsgemäßer Weise eine zollrechtliche Bestimmung erhielten. Im Fall der
Wiederausfuhr einer Nichtgemeinschaftsware müsse die Zollstelle bei einer
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funktionierenden Überwachung auch prüfen können, dass die Ware das Zollgebiet
verlasse und nicht unter Nichteinhaltung der geltenden Bestimmungen im Inland
verbleibe. Dies sei bei Ausflug in Drittländer nur möglich, wenn der Zollstelle der
Zeitpunkt der Verladung der Ware bekannt sei und dieser Zeitpunkt entsprechend
mitgeteilt werde. Gemäß Art. 51 Abs. 1 ZK dürfe Verwahrgut ausschließlich an den von
den Zollbehörden festgelegten Orten und unter den von diesen Behörden festgelegten
Bedingungen gelagert werden. Das Zollamt habe das ihm mit dieser allgemein
gehaltenen Regelung eingeräumte Ermessen ausgenutzt, indem es die Erstattung der
Ausflugmitteilung gefordert und auf diese Weise eine Bedingung für die Lagerung
festgelegt habe. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Die
Mitteilungspflicht sei geeignet und erforderlich, um die Kontrolle der Ausfuhr durchführen
zu können. Eine Überwachung des Warenausgangs anhand der regelmäßig
vorliegenden Luftfrachtbriefe sei nicht ausreichend, da die darin ausgewiesenen
gebuchten Flüge nur mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 80 % später auch tatsächlich
belegt würden. Die Mitteilungspflicht sei auch angemessen, da die Mitteilung alternativ in
einer verfrühten ATLAS-Erledigungsbuchung oder einer Fax-Mitteilung habe erfolgen
dürfen und der Verwaltungsaufwand auf Seiten der Klägerin damit möglichst gering
gehalten worden sei. Auch nach der seinerzeit gültigen Fassung des Merkblatts für
Teilnehmer am Datenverarbeitungssystem ATLAS, hier ATLAS-SumA, in welchem die
vorübergehende Verwahrung abgebildet werde, sei festgelegt gewesen, dass die Waren
grundsätzlich vor Weiterbeförderung beim Zoll zur Wiederausfuhr angemeldet werden
müssten oder ihre Wiederausfuhr mitgeteilt werden müsse. Auch dass andere
Flughafenzollämter eine Überwachung des Warenausgangs nicht mit einer
vergleichbaren Mitteilungspflicht betrieben hätten und dass zwischenzeitlich auch das
Zollamt Hamburg-1 angewiesen worden sei, auf die Erstattung einer Ausflugmeldung zu
verzichten, sei unerheblich. Zum seinerzeit maßgeblichen Zeitpunkt sei das Zollamt
Hamburg-1 noch nicht durch Selbstbindung der Verwaltung in seiner
Ermessensausübung eingeschränkt gewesen. Die papiermäßige Ausgangskontrolle
allein anhand der Ausflugmanifeste, wie offenbar bei den anderen Zollämtern praktiziert,
biete keinen befriedigenden Überwachungserfolg. Die Ausflugmanifeste würden im Fall
der Klägerin meist von ihr selbst erstellt und könnten daher niemals die alleinige Basis
der Überwachung sein. Anfragen bei den Zollbehörden der Bestimmungsflughäfen seien
bei Ausflügen in Drittländer kein praktikables Mittel zur Überwachung.
Mit ihrer am 28.11.2011 eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: Die
Verwahrungslagerzulassung als gebundener Verwaltungsakt dürfe gemäß §§ 118, 120
Abs. 1 AO nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn diese durch
Rechtsvorschrift zugelassen sei oder sie sicherstellen solle, dass die gesetzlichen
Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt würden. Weder die Auflage, die Abwicklung
des Wiederausfuhrverfahrens über ATLAS zwingend vor Verladen der Waren auf das in
das Drittland abgehende Flugzeug vorzunehmen, noch die Vorabmitteilung per Telefax
bei Generierung der Erledigungsbuchung nach Abflug seien durch Rechtsvorschrift
zugelassen. Art. 51 ZK und Art. 185 Abs. 2 ZK-DVO begrenzten den Ermessensspielraum
auf die dort genannten Regelungen zur Zulassung der Verwahrorte und zu Bedingungen
hinsichtlich der Waren. Auch dienten die genannte Auflage bzw. die
Vorabmitteilungspflicht nicht der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der
Verwahrungslagerzulassung. Die ATLAS-Verfahrensanweisung sehe vor, dass jede
beabsichtigte direkte Wiederausfuhr der Waren der Zollstelle grundsätzlich vor Beginn der
Weiterbeförderung mitgeteilt werden müsse; dies beziehe sich auf die Abgabe der
summarischen Anmeldung, die in allen Fällen bereits beim Verbringen der Waren in das
Verwahrungslager vorgenommen worden sei. Die Spediteure seien vor Verbringen der
Ware zum Verwahrungslager zwecks Wiederausfuhr immer mit den entsprechenden
Unterlagen, z. B. den Frachtpapieren und den Flugdaten, bei der Exportabfertigung des
Zollamts Hamburg-1 vorgefahren und hätten mitgeteilt, dass die Waren wiederausgeführt
werden sollten und bis zum Abflug in ihrem, der Klägerin, Verwahrungslager gelagert
würden. Dadurch habe der Beklagte bereits vor Eingang der Waren in das
Verwahrungslager Kenntnis über die Absicht der Wiederausfuhr gehabt. Auch habe der
Beklagte durch die Summarische Anmeldung der Waren, insbesondere durch die dort
enthaltene Angabe der drittländischen Destination (Dreilettercode), Kenntnis von der
Wiederausfuhr der Waren gehabt. In der ATLAS-Verfahrensanweisung sei zudem explizit
festgelegt, dass der Teilnehmer die Nachricht über die tatsächlich ausgeführten Waren
erst nach erfolgter Wiederausfuhr an die Zollstelle übermittle. Damit habe die Auflage der
ATLAS-Verfahrensanweisung entgegengestanden. Auch sei durch die Auflage bzw.
Vorabmitteilungspflicht nicht die Genehmigung des Verwahrungslagers, sondern der
Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung, hier der Wiederausfuhr, geregelt worden, was
nicht zum Ermessenspielraum der Genehmigung des Verwahrungslagers gehöre. Einer
Zollschuld nach Art. 204 ZK stehe entgegen, dass es sich bei der Verletzung der
etwaigen Pflicht zur Vorabmitteilung der Wiederausfuhr nicht um eine Pflicht aus der
vorübergehenden Verwahrung handele, sondern um die Erfüllung von Förmlichkeiten, die
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erforderlich seien, damit die Waren eine zollrechtliche Bestimmung, hier Wiederausfuhr,
erhielten. Die Voraussetzungen des Art. 859 Nr. 6 ZK-DVO lägen vor, ebenso wie die
weiteren Voraussetzungen des Art. 859 ZK-DVO. Insbesondere habe sie, die Klägerin,
nicht grob fahrlässig gehandelt. Nur in ca. 2 % der vorgenommenen Wiederausfuhren,
also nur ausnahmsweise, habe sie die Mitteilung vor Wiederausflug der Waren nicht
vorgenommen. Unter Berücksichtigung der Wertung aus Art. 86 Abs. 1 Buchst. h) i. V. m.
Art. 46 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des
Rates Nr. 450/2008 vom 23.04.2008 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft
(Modernisierter Zollkodex) (ABl. Nr. L 145/1) könne davon ausgegangen werden, dass der
europäische Gesetzgeber die nachträgliche Erhebung von Einfuhrabgaben bei einem
bloßen Verstoß gegen formelle Vorschriften nicht für gerechtfertigt erachte, insbesondere
wenn bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise keine Einfuhrabgaben entstanden wären.
Schließlich sei sie, die Klägerin, außer gegenüber Abfertigungsunternehmen mit Sitz an
anderen Flughäfen auch gegenüber Abfertigungsunternehmen, die Frachtabfertigungen
über den Hamburger Hafen abwickelten, gleichheitssatzwidrig schlechter gestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 20.07.2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 25.10.2011 und den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2010 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.11.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidungen und betont, dass eine
Zollstelle, die einem Beteiligten Ware zur Aufbewahrung in der vorübergehenden
Verwahrung überlassen habe, nicht nur unstreitig einen Anspruch u. a. darauf habe, dass
der Beteiligte die Ware in unverändertem Zustand und am benannten Warenort belasse
und sie ggf. zur Durchführung einer anschließenden Zollbehandlung wieder vorführe,
sondern auch ein Anrecht darauf haben müsse zu erfahren, wenn besagte Ware auf ein
Flugzeug verladen und in ein Drittland verflogen werde. Die zur Beendigung der
vorübergehenden Verwahrung ergangenen Vorschriften seien einschlägig und
heranzuziehen. Sofern die Klägerin eine belegmäßig Überwachung für ausreichend halte,
sei richtig zu stellen, dass der Klägerin mit der Genehmigung des Verwahrungslagers
keine Verfahrensvereinfachung, sondern ein Normalverfahren bewilligt worden sei.
Parallel zur Verwahrungslagerzulassung der Klägerin gewährte
Verfahrensvereinfachungen derart, dass sie als zugelassene Versenderin und
Empfängerin im Versandverfahren agieren dürfe, spielten für die Geschehnisse im
Verwahrungslager keine Rolle. Auf gelegentliche stichprobenweise körperliche
Kontrollen des tatsächlichen Ausgangs der Waren könne nicht verzichtet werden, da nur
solche Kontrollen die Einschätzung zur Zuverlässigkeit eines Beteiligten überhaupt
zuließen. Der wenig aussagekräftige Eintrag der Drittlandsdestination in dem
elektronischen Datensatz der Summarischen Zollanmeldung und selbst die
Einsichtnahme in den Luftfrachtbrief seien nicht genügend, da eine funktionierende
Überwachung in 100 % der Fälle der Zollstelle eine Kontrollmöglichkeit eröffnen müsse.
Das Wesen des Verwahrungslagers sei auf die Aufbewahrung vorübergehend verwahrter
Waren gerichtet. Die Auflage, den beabsichtigten Ausflug von Verwahrgut in ein Drittland,
also das Ende der Lagerung, der Zollstelle anzuzeigen, laufe dem Zweck der
Verwahrungslagerzulassung nicht zuwider. Soweit die Klägerin eine
Ungleichbehandlung mit dem Ausfuhrverfahren am Hamburger Hafen geltend mache, sei
darauf hinzuweisen, dass dort praktisch für alle Ausgangssendungen, also auch
Sendungen in der vorübergehenden Verwahrung, vorab elektronische ZAPP-Meldungen
generiert werden müssten. Soweit die Klägerin auf Art. 859 ZK-DVO abstelle, sei die
Vorschrift bereits wegen der Zollschuldentstehung nach Art. 203 ZK nicht einschlägig, im
Übrigen fehle es an der von der Klägerin behaupteten nachgewiesenen Wiederausfuhr,
da entsprechende Nachweise nicht vorgelegt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sachakte des Beklagten und die
Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom
20.07.2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2011 und der
Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
19.11.2011 sind jeweils rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, §
100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
1.
Der Beklagte hat zu Recht Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nacherhoben. Rechtsgrundlage
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für die Nacherhebung der genannten Einfuhrabgaben sind Art. 220 Abs. 1 Satz 1, 221
Abs. 1 ZK, für die Einfuhrumsatzsteuer i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG. Die einer Zoll- bzw.
Einfuhrumsatzsteuerschuld entsprechenden Abgabenbeträge waren insoweit noch nicht
buchmäßig erfasst worden.
a)
Die mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20.07.2010 geltend gemachte Zollschuld bzw. die
mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20.07.2010 und mit Einfuhrabgabenbescheid vom
23.07.2010 jeweils geltend gemachte Einfuhrumsatzsteuer ist nach Art. 203 Abs. 1, Abs. 2
ZK entstanden. Nach Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine
einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, und zwar
im Zeitpunkt ihrer Entziehung, Art. 203 Abs. 2 ZK. Dies gilt entsprechend für die
Einfuhrumsatzsteuer, §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG. Der Begriff des Entziehens im Sinne
des Art. 203 Abs. 1 ZK umfasst nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union und des Bundesfinanzhofes, der sich der erkennende Senat
anschließt, jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige
Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung
stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht
vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die
Zollbehörde tatsächlich eine solche Prüfung durchzuführen beabsichtigt und ob der
Beteiligte gegebenenfalls dann der Zollbehörde die Waren für eine solche Prüfung zur
Verfügung stellen könnte. Entscheidend ist allein, dass die Zollbehörde - auch nur
vorübergehend - objektiv nicht in der Lage ist, die zollamtliche Überwachung
sicherzustellen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 01.02.2001, Rs. C-66/99, in: juris; BFH, Urteile
vom 21.06.2010, VII R 36/08, und vom 07.12.2004, VII R 21/04; Beschluss vom
29.10.2007, VII B 352/06, jeweils in: juris, m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat jeweils
Nichtgemeinschaftswaren, die sich in ihrem Verwahrungslager befanden, nach A (über
B/K) bzw. in die C (über D/L) und mithin in Drittländer - Gebiete außerhalb des Zollgebiets
der Union, vgl. Art. 3 ZK - auf dem Luftwege wiederausgeführt, wobei sie die
Erledigungsbuchung über die Funktion Wiederausfuhr in dem IT-Verfahren ATLAS
jeweils erst nach Abflug generierte und auch keine Vorabmitteilung per Telefax an den
Beklagten über den bevorstehenden Ausflug der Waren gemacht hatte. Die
Entziehungshandlung lag dabei jeweils in der unterlassenen Generierung einer
Erledigungsbuchung über die Funktion Wiederausfuhr in dem IT-Verfahren ATLAS vor
Verladung der Waren auf das in das Drittland abgehende Flugzeug bzw. in der
unterlassenen Telefax-Mitteilung des bevorstehenden Ausflugs der Waren an den
Beklagten vor Verladung der Waren auf das in das Drittland abgehende Flugzeug. Dies
ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
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Die Waren, die zu den streitgegenständlichen Wiederausfuhrsendungen gehörten,
unterlagen der zollamtlichen Überwachung. Die Waren waren jeweils nach Durchführung
eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens durch andere Unternehmen
ordnungsgemäß bei Zollamt Hamburg-1 als Nichtgemeinschaftswaren (vgl. Art. 4 Nr. 8 i.
V. m. Nr. 7 ZK) wiedergestellt worden und befanden sich nach einer - vom Beklagten
zugelassenen - Verwahrübernahme durch die Klägerin in deren Verwahrungslager in der
X-Straße. Vom Zeitpunkt der Gestellung bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung,
hier der Wiederausfuhr der Nichtgemeinschaftswaren nach Art. 4 Nr. 15 Buchst. c), 182
ZK, hatten die Waren den Status von Waren in der vorübergehenden Verwahrung, Art. 55
ZK i. V. m. Art. 50 ZK. Vom Zeitpunkt ihrer Wiedergestellung bis zur Wiederausfuhr und
damit auch während der vorübergehenden Verwahrung unterlagen die Waren der
zollamtlichen Überwachung, Art. 37 ZK. Mit der Wiedergestellung setzten auch
hinreichend konkret begonnene Überwachungsmaßnahmen der Zollstelle ein. Ab der
Gestellung der Waren hält sie die Zollverwaltung "in den Händen" (Witte, in: Witte,
Zollkodex, 6. Aufl. 2013, Art. 203 Rn. 5). Darüber hinaus unterlagen die Waren als Waren,
die aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden, für die Dauer des Realaktes
des Verbringens (vgl. dazu Beermann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Band
XIV, Loseblattsammlung, Stand: 226. Ergänzungslieferung 03/2014, Art. 183 ZK Rn. 9)
gemäß Art. 183 ZK der zollamtlichen Überwachung.
(2)
Darin, dass die Klägerin es jeweils unterlassen hat, vor Verladung der Waren auf das in
das Drittland abgehende Flugzeug die Erledigungsbuchung über die Funktion
Wiederausfuhr in dem IT-Verfahren ATLAS zu generieren bzw. alternativ den Beklagten
über den bevorstehenden Ausflug der Waren per Telefax-Mitteilung zu informieren, liegt
ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung.
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Gemäß Art. 51 Abs. 1 ZK dürfen vorübergehend verwahrte Waren ausschließlich an von
den Behörden zugelassenen Orten und unter den von diesen Behörden festgelegten
Bedingungen gelagert werden. Die Regelung des Art. 51 ZK dient der zollamtlichen
Überwachung der Waren. Die Zollbehörden sollen stets über Ort und
Lagerungsbedingungen für die Waren informiert sein, um gegebenenfalls zollamtliche
Kontrolltätigkeiten durchführen zu können (Kock, in: Dorsch, Zollrecht, Band 1,
Loseblattsammlung, Stand: 146. Ergänzungslieferung 04/2014, Art. 51 ZK Rn. 2). Ein
nicht von den Zollbehörden zugelassener Ortswechsel führt daher regelmäßig zur
Zollschuldentstehung nach Art. 203 ZK (vgl. BFH, Beschluss vom 17.03.2009, VII R
17/07, in: juris, dort: Rn. 26; Kock, a. a. O., Art. 51 ZK Rn. 10; Rogmann, in:
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Band XIV, Loseblattsammlung, Stand: 226.
Ergänzungslieferung 03/2014, Art. 50-53 ZK Rn. 38).
(a)
Ein nicht zugelassener Ortswechsel im vorgenannten Sinne mit der Folge einer
Entziehungshandlung liegt hier allerdings nicht bereits allein darin, dass die Waren
zwecks Wiederausfuhr aus dem Verwahrungslager entfernt und zu dem die Waren
ausfliegenden Luftfahrzeug verbracht und in dieses verladen wurden. Zwar waren die
Waren dadurch für den Zeitraum, während dessen sie zum Flugzeug verbracht und dort
eingeladen wurden, bis zu dem Zeitpunkt, als sie das Zollgebiet durch Ausflug tatsächlich
verließen und damit mangels für den Warenausgang vorgesehener Förmlichkeiten i. S. d.
Art. 182 Abs. 2 ZK bzw. mangels einer Untersagung der Wiederausfuhr durch die
Zollbehörden nach Maßgabe des Art. 182 Abs. 3 Satz 2 ZK die zollrechtliche Bestimmung
der Wiederausfuhr durch Gestattung kraft Gesetzes erhielten, vgl. Art 58 Abs. 1, 182 Abs.
1 ZK, und die zollamtliche Überwachung gemäß Art. 37 Abs. 2 ZK mithin endete, dem
Zugriff der Zollverwaltung insofern entzogen, als sich die Waren nicht mehr an dem Ort
des der Klägerin bewilligten Verwahrungslagers befanden. Der Laderaum der jeweils
beladenen Luftfahrzeuge gehörte nicht zum Verwahrungslager der Klägerin, ebenso
wenig wie das sonstige Flughafengelände außerhalb der in der Bewilligung des
Verwahrungslagers konkret umschriebenen Räumlichkeiten in der X-Straße. Vorliegend
ist jedoch zu berücksichtigen, dass die zollamtliche Überwachung der Waren letztlich in
dem genannten Zeitfenster zwischen Verlassen des Verwahrungslagers und Abflug des
mit der Ware beladenen Luftfahrzeuges durch Zugriff des Beklagten auf die zum Ausflug
bereit gestellte Ware wohl jeweils grundsätzlich noch möglich gewesen wäre. Denn die
Waren standen innerhalb des Flughafenbereichs und damit des Zuständigkeitsbereichs
des Beklagten unmittelbar zum Ausflug bereit und ihr Verbleib dürfte aufgrund des
unmittelbar zuvor stattgefundenen Warenausgangs aus dem Verwahrungslager auch
leicht nachvollziehbar gewesen sein. Die Waren waren damit jeweils noch im - weiteren -
Zugriffsbereich des für die zollamtliche Überwachung der vorübergehend verwahrten
Waren als auch für die Ausfuhr zuständigen Zollamts Hamburg-1 gegenständlich
vorhanden und damit einer zollamtlichen Prüfung grundsätzlich zugänglich gewesen (vgl.
auch Kock, a. a. O., Art. 50 ZK Rn. 10 und Art. 51 ZK Rn. 10, der ein Entziehen nach Art.
203 ZK verneint und lediglich eine Pflichtverletzung nach Art. 204 ZK annimmt, wenn trotz
Entfernens vom Ort der vorübergehenden Verwahrung die Ware gegenständlich noch
vorhanden ist und zollamtlich geprüft werden kann oder über die
Bestandsaufzeichnungen der Aufenthaltsort der Ware zu ermitteln ist). Erst durch den
tatsächlichen Ausflug in das Drittland wurde insofern die grundsätzlich noch mögliche
zollamtliche Überwachung der auszufliegenden Waren endgültig vereitelt. Denn erst dann
wurden Kontrollen bezogen auf den vor dem zollrechtlichen Statuswechsel durch
Wiederausfuhr der Waren liegenden Zeitpunkt, mithin insbesondere die Frage, ob die in
der vorübergehenden Verwahrung befindlichen nämlichen Waren tatsächlich der
zollrechtlichen Bestimmung der Wiederausfuhr zugeführt worden sind, aufgrund des dann
beendeten Zuständigkeitsbereichs des Beklagten und auch rein faktisch endgültig
unmöglich. Zudem ist in diesem Kontext zu bedenken, dass der Ortswechsel zwischen
Verwahrungslager und zu beladendem Flugzeug im unmittelbaren Zusammenhang mit
dem bei der vorübergehenden Verwahrung gebotenen pflichtgemäßen Verhalten steht,
den Waren gemäß Art. 48, 49 ZK fristgemäß eine endgültige zollrechtliche Bestimmung,
hier durch Wiederausfuhr, zu geben. Die Wiederausfuhr wiederum, für die vorliegend
keine Zollanmeldung abzugeben war, weil die Waren nicht in ein Verfahren mit
wirtschaftlicher Bedeutung übergeführt worden waren (vgl. Art. 182 Abs. 3 Satz 3 ZK), ist
als Realakt letztlich nicht anders als durch diesen Ortswechsel zu bewerkstelligen, so
dass der entsprechende Ortswechsel als solcher bei wertender Betrachtung nicht als
Entziehungshandlung im Zusammenhang mit dem Umgang mit in vorübergehender
Verwahrung befindlichen Waren angesehen werden kann. Schließlich hat der Beklagte
der Verbringung der Waren aus dem Verwahrungslager zum Luftfahrzeug als solcher
insofern zugestimmt, als bei der Wiedergestellung der Waren nach Abschluss des
externen Versandverfahrens mit der Summarischen Anmeldung durch Angabe des
konkreten Ausfuhrlandes/Bestimmungsortes bereits angezeigt worden war, dass die
Waren wiederausgeführt werden sollten, und das Abfertigungsverfahren zur
Wiederausfuhr letztlich nur mit der tatsächlichen Verbringung der Waren vom
20
21
22
Verwahrungslager zum ins Drittland abgehenden Luftfahrzeug abgeschlossen werden
konnte.
(b)
Dies vorweggeschickt, liegt vorliegend ein vom Beklagten nicht zugelassener
Ortswechsel mit der Folge einer Entziehungshandlung vielmehr (nur) in dem Entfernen
der Waren aus dem Verwahrungslager und dem anschließenden Verbringen zum
Flugzeug zwecks Ausflug in ein Drittland, ohne den Beklagten vorab über den konkret
bevorstehenden Ausflug mittels vorgezogener Generierung einer Erledigungsbuchung in
ATLAS bzw. per Telefax-Mitteilung darüber zu informieren. Was als nicht zugelassener
Ortswechsel anzusehen ist, ergibt sich im vorliegenden Fall maßgeblich aus den
Vorgaben der Verwahrungslagerbewilligung, hier der Auflage zur
Voraberledigungsbuchung im SumA-Verfahren in ATLAS bzw. der im Nachgang dazu mit
Schreiben des Beklagten vom 02.03.2006 modifizierten Verfahrensweise, dass
wahlweise die Erledigungsbuchung erst nach Abflug erfolgen kann, der bevorstehende
Ausflug der Waren jedoch dann vor Verladung per Telefax mitzuteilen ist.
Die genannte Auflage ist als bestandskräftige und nicht nichtige Entscheidung i. S. v. Art.
4 Nr. 5 ZK, die Verwaltungsaktsqualität hat (vgl. dazu Witte, a. a. O., Art. 4 Rn. 2, unter
Entscheidung), für die Klägerin bindend und begründet bereits deshalb entsprechende
Handlungspflichten der Klägerin, deren Nichtbefolgung zur Entziehungshandlung nach
Art. 203 Abs. 1 ZK führt. Gemäß Art. 4 Nr. 5, 243 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a) ZK i. V. m. §§
69, 70 VwGO (vgl. zum anwendbaren Rechtsbehelfsverfahren des
Widerspruchsverfahrens bei Entscheidungen der Zollbehörden, wenn diese nicht zum
Anwendungsbereich des § 1 AO, sondern - wie auch im vorliegenden Fall, da es bei der
Auflage nicht um die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrgaben, vgl. §§ 1, 3 Abs. 3 AO,
geht - zum Anwendungsbereich des § 40 VwGO gehören: Beermann, a. a. O., Art. 243 ZK
Rn. 57) ist die - auch selbstständig anfechtbare - Auflage zur
Verwahrungslagerbewilligung nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsfrist,
die hier im für die Klägerin unterstellten günstigsten Fall unter Berücksichtigung der mit
Schreiben vom 02.03.2006 erfolgten Modifizierung der Auflage mangels erforderlicher
Rechtsbehelfsbelehrung, vgl. Art. 6 Abs. 3 Satz 2 ZK, ein Jahr ab Bekanntgabe der
modifizierten Auflage betrug (vgl. zu den Folgen einer fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung
Alexander, in: Witte, Zollkodex, 6. Aufl. 2013, Art. 6 Rn. 83), angefochten worden und
damit bestandskräftig geworden. Die Auflage ist auch nicht gemäß §§ 43 Abs. 3, 44
VwVfG, die hier aufgrund des nicht eröffneten Anwendungsbereichs der Abgabenordnung
(vgl. §§ 1, 3 Abs. 3 AO, § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) in Abgrenzung zu den - allerdings im
Wesentlichen inhaltsgleichen - Vorschriften der §§ 124 Abs. 3, 125 AO Anwendung finden
(allgemein zur Anwendbarkeit des nationalen Rechts zur Nichtigkeit nicht begünstigender
Entscheidungen der Zollbehörden vgl. Craig, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO,
Band XIV, Loseblattsammlung, Stand: 226. Ergänzungslieferung 03/2014, Art. 10 ZK Rn.
2, zur Anwendbarkeit des § 44 VwVfG vgl. auch Alexander, a. a. O., Art. 10 Rnrn. 5, 7),
nichtig und damit unwirksam. Besondere Nichtigkeitsgründe nach § 44 Abs. 2 VwVfG
kommen vorliegend ersichtlich nicht Betracht. Die Auflage ist aber auch nicht nach der
Generalklausel des § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig. Nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein
Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet
und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände
offensichtlich ist. Insbesondere leidet die Auflage nicht mangels Vorhandenseins einer
entsprechenden Rechtsgrundlage - allein dies ist vorliegend als Nichtigkeitsgrund
allenfalls in Erwägung zu ziehen - an einem besonders schwerwiegenden Fehler in
offensichtlicher Weise. Dabei braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden, unter
welchen Voraussetzungen das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage eines
Verwaltungsaktes zur Nichtigkeit desselben führt, insbesondere wann von einer
absoluten Gesetzlosigkeit hoheitlichen Handelns auszugehen ist (vgl. dazu im Einzelnen
nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 44 Rn. 30 m. w. N.; ferner Seer, in:
Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Band I, Loseblattsammlung,
Stand: 135. Ergänzungslieferung 03/2014, § 125 AO Rn. 9). Denn die
streitgegenständliche Auflage stützt sich in rechtmäßiger Weise auf Art. 51 Abs. 1 ZK und
Art. 182 Abs. 3 Satz 1 ZK in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 82/97 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.1996 zur Änderung der Verordnung
(EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 17/1) -
im Folgenden: Art. 182 Abs. 3 Satz 1 ZK a. F. - und entbehrt damit nicht der gesetzlichen
Grundlage.
Rechtsgrundlage für die vom Beklagten getroffene Regelung einer Ausflugmitteilung im
vorstehend umschriebenen Sinne ist Art. 51 Abs. 1 ZK. Im Unterschied zur Regelung des
Art. 47 ZK, nach dem Waren nicht ohne Zustimmung der Zollbehörden von dem Ort
entfernt werden dürfen, an den sie ursprünglich verbracht worden sind und den die
Klägerin insofern anspricht, als der Beklagte seine Zustimmung zur Entfernung der Ware
schon bei der Exportabwicklung gegeben habe - was nur insofern richtig ist, als mit der
23
Übergabe zur Verwahrung nach Art. 51 Abs. 1 ZK allein einer Entfernung vom
Gestellungsort nach Art. 47 ZK nicht jedoch einer Entfernung vom Ort der
vorübergehenden Verwahrung zugestimmt wird - regelt Art. 51 Abs. 1 ZK eine Pflicht, die
der Beteiligte zu erfüllen hat, wenn sich die Waren nach ihrer Gestellung an einem Ort für
die Lagerung von vorübergehend verwahrten Waren befinden, und schließt daher zeitlich
gesehen an Art. 47 ZK an (vgl. Kock, a. a. O., Art. 47 ZK Rn. 4). Anders als die Klägerin
meint, sind die für ein Verwahrungslager einschlägigen Regelungen des Art. 51 ZK und
des Art. 185 Abs. 2 ZK-DVO nicht insofern abschließend, als danach kein Raum mehr für
eine nähere Ausgestaltung der Pflichten des Inhabers eines Verwahrungslagers jenseits
der Zulassung des Verwahrungsortes als solchem und der Bedingungen hinsichtlich der
Waren in der Form des Zollverschlusses und der Bestandaufzeichnungen (Art. 185 Abs. 2
ZK-DVO) mehr verbliebe. Wie bereits ausgeführt, dient die Regelung des Art. 51 ZK der
zollamtlichen Überwachung der Waren, indem die Zollbehörden stets über Ort und
Lagerungsbedingungen für die Waren informiert sein sollen, um gegebenenfalls
zollamtliche Kontrolltätigkeiten durchführen zu können. Das beinhaltet auch, dass die
Zollbehörden hinsichtlich der Bedingungen, unter denen die Waren den zugelassenen Ort
des Verwahrungslagers zwecks Zuführung der Waren zu einer zollrechtlichen
Bestimmung verlassen dürfen, regeln können müssen, sofern dies der Sicherstellung der
zollamtlichen Überwachung dient. Genau dieses ist hier geschehen: Die
Vorabmitteilungspflicht sollte den Beklagten gerade in die Lage versetzen, die
grundsätzlich auch nach Verlassen des Verwahrungslagers noch mögliche zollamtliche
Überwachung der Waren bis zu deren tatsächlicher Wiederausfuhr überhaupt effektiv
wahrnehmen zu können. Auch wenn der Zugriff auf die zum Flugzeug verbrachten Waren
grundsätzlich für den Beklagten noch möglich war, konnte der Beklagte etwaige
zollamtliche Kontrollen bezogen auf die Wiederausfuhr der streitgegenständlichen Waren
nämlich nur dann sinnvoll durchführen, wenn er zuverlässig und mit ausreichendem
zeitlichen Vorlauf, der nach den normalen Umständen der Abwicklung des
Warenausgangs aus dem Verwahrungslager der Klägerin unter Berücksichtigung der
örtlichen Nähe der für eine etwaige Kontrolle einzusetzenden Zollbeamten auch durch
eine relativ kurzfristige Ausflugmitteilung als gewährleistet anzusehen ist, Kenntnis von
der konkret bevorstehenden Verladung der Waren hatte, also insbesondere den Zeitpunkt
der bevorstehenden Ausfuhr und das für den Transport vorgesehene Luftfahrzeug kannte.
Denn anderenfalls hätte der Beklagte - wenn er nicht, was letztlich unpraktikabel und wohl
auch unverhältnismäßig wäre, jedes abgehende Flugzeug hätte kontrollieren wollen -
konkrete Kontrollmaßnahmen bezogen auf die streitgegenständlichen Waren nicht gezielt
in dem genannten Zeitfenster umsetzen können. Zutreffend hat der Beklagte darauf
hingewiesen, dass die zollamtliche Überwachung vorliegend auch der Sicherstellung
dient, dass die vorübergehend verwahrten Waren in ordnungsgemäßer Weise eine
zollrechtliche Bestimmung erhalten, vgl. Art. 48, 49 ZK, und dies im Fall der
Wiederausfuhr einer Nichtgemeinschaftsware bedeutet, dass die Zollstelle auch prüfen
darf, dass die Ware das Zollgebiet verlässt und nicht unter Nichteinhaltung der geltenden
Bestimmungen im Inland verbleibt. Wenn aufgrund einer beabsichtigen und an sich
ordnungsgemäßen Wiederausfuhr von Waren in der vorübergehenden Verwahrung diese
den zugelassenen Ort der Verwahrung mithin zwingend verlassen müssen, so darf dies
nicht zugleich dazu führen, dass dem Beklagten dadurch die Kontrollmöglichkeiten
faktisch unmöglich gemacht werden, weil er nicht wissen kann, zu welchem Zeitpunkt er
bei welchem Verladevorgang gegebenenfalls eine der in der vorübergehenden
Verwahrung befindlichen Waren zu Kontrollzecken antreffen kann, bevor die Ware das
Zollgebiet dann tatsächlich und endgültig verlässt. Die nachfolgende Kenntnis einer
erfolgten Wiederausfuhr ermöglicht keine effektive Kontrolle mehr. Der Beklagte hat
hierzu zutreffend darauf verwiesen, dass nach erfolgter Wiederausfuhr keine
nachträgliche Überprüfung des Wiederausfuhrvorgangs mehr möglich ist. Eine
papiermäßige Ausgangskontrolle anhand der Ausflugmanifeste kann keine zuverlässige
zollamtliche Überwachung gewährleisten, da die Ausflugmanifeste nach unbestritten
gebliebenen Angaben des Beklagten in den meisten Fällen von der Klägerin selbst
erstellt werden und als Eigenbelege daher jedenfalls keine alleinige Basis einer
Überwachung sein können. Verlässliche Rückkopplungen mit den
Bestimmungszollstellen zwecks Überprüfung der wiederausgeführten Ware sind im Fall
von in Drittländern belegenen Zollstellen, anders als bei innereuropäischen Zollstellen mit
entsprechenden standardisierten Korrespondenzmöglichkeiten, in der Regel ebenfalls
nicht möglich. Entgegen der Auffassung der Klägerin dient die Auflage mithin auch der
Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Verwahrungslagerzulassung, indem sie
die zollamtliche Überwachung der vorübergehend verwahrten Waren sicherstellt, und ist
auch von daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auflage steht zudem mit den gesetzlichen Vorgaben, die der Zollkodex zum
Wiederausfuhrverfahren macht, in Einklang und entbehrt auch insofern nicht einer
entsprechenden Rechtsgrundlage. Während Art. 183 Satz 3 ZK die Regelungsbefugnis
für die Anordnung eines bestimmten Weges und bestimmter Modalitäten bei der
Wiederausfuhr als solcher betrifft (vgl. Beermann, a. a. O., Art. 183 ZK Rn. 12 unter
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Verweis auf die Regelungen in §§ 2- 5 Zollverwaltungsgesetz - ZollVG -), sieht als
speziellere Vorschrift Art. 182 Abs. 3 Satz 1 ZK a. F., der lautete: "Mit Ausnahme der nach
dem Ausschussverfahren festgelegten Fälle ist die Wiederausfuhr oder die Vernichtung
oder Zerstörung von Waren den Zollbehörden vorab mitzuteilen." und der die für die
streitgegenständlichen Ausfuhrvorgänge vom ... 08.2007 und vom ... 09.2008 maßgeblich
ist (vgl. zu der mit Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 13.04.2005 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung
des Zollkodex der Gemeinschaften erst mit Inkrafttreten
dazugehöriger Durchführungsbestimmungen eingetretenen Änderung des Art. 182 Abs. 3
Satz 1 ZK und zu der deshalb bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage auf der
Grundlage des Art. 182 Abs. 3 Satz 1 ZK a. F. auch Stübner, in: Dorsch, Zollrecht, Band 2,
Loseblattsammlung, Stand: 146. Ergänzungslieferung 04/2014, Art. 182 ZK Rn. 7), gerade
vor, dass die Wiederausfuhr von Nichtgemeinschaftswaren, die sich nicht in einem
Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung befinden und für die folglich keine
Zollanmeldung abzugeben ist (vgl. Art. 182 Abs. 3 Satz 3 ZK), also u. a. von
Nichtgemeinschaftswaren, die sich in der vorübergehenden Verwahrung befinden (vgl.
Stübner, a. a. O., Art. 182 ZK Rnrn. 6, 9, unter Verweis auf Art. 84 Abs. 1 Buchst. b) ZK),
den Zollbehörden vorab mitzuteilen ist. Durch die Vorabmitteilung erfahren die
Zollbehörden auch in den Wiederausfuhrfällen von der neuen zollrechtlichen Bestimmung
der Waren, in denen eine Zollanmeldung nicht erforderlich ist. Weder in Art. 182 Abs. 3
Satz 1 ZK a. F. noch an anderer Stelle des Zollkodex oder in der Zollkodex-
Durchführungsverordnung ist geregelt, in welcher Form und mit welchen Mindestdaten
eine solche Vorabmitteilung abzugeben ist; in der Regel hat die Vorabmitteilung in
Deutschland regelmäßig nur dann zu erfolgen, wenn eine Ausfuhrgenehmigung
erforderlich ist oder sein könnte (vgl. Stübner, a. a. O., Art. 182 ZK Rn. 7). Darüber hinaus
sind aber auch in anderen Wiederausfuhrfällen im Rahmen pflichtgemäßer
Ermessensausübung Vorabmitteilungspflichten zulässig. Die Auflage zur Vorabmitteilung
steht damit jedenfalls nicht grundsätzlich im Widerspruch zu den Regelungen des
Zollkodex über die Wiederausfuhr. Anders als die Klägerin meint, betrifft die Auflage zur
Vorabmitteilung vorliegend auch nicht einen dem Verwahrungslager wesensfremden
Regelungsbereich, indem sie Modalitäten der Wiederausfuhr regelt. Denn die im
Zusammenhang mit der Wiederausfuhr stehende Vorabmitteilung soll, wie ausgeführt,
gerade die zollamtliche Überwachung der Waren in vorübergehender Verwahrung
sicherstellen. Dass sich dabei Überschneidungen in den jeweiligen Regelungsbereichen
ergeben, liegt im Wesen der vorübergehenden Verwahrung begründet. Denn diese ist
gerade auf die Herbeiführung einer ordnungsgemäßen zollrechtliche Bestimmung der
Waren, u. a. auch durch Wiederausfuhr, gerichtet und findet erst dadurch ihre
ordnungsgemäße Beendigung und beinhaltet daher auch dementsprechende Pflichten
des Verwahrers.
Abgesehen davon, dass die nach vorstehenden Ausführungen nicht mit einem
schwerwiegenden Fehler behaftete und daher jedenfalls nicht nichtige Auflage mithin
aufgrund ihrer Bestandskraft eine bindende Rechtsfolge für die Klägerin entfaltet, sei
ergänzend darauf hingewiesen, dass die Auflage im Übrigen auch sonst rechtmäßig
erlassen wurde, d. h. insbesondere frei von Ermessensfehlern ist und auch nicht sonst
gegen höherrangiges Recht verstößt.
So steht der Rechtmäßigkeit der Vorabmitteilungspflicht nicht entgegen, dass die ATLAS-
Verfahrensanweisung in der Fassung, wie sie zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen
Wiederausfuhr vom ... 08.2007 galt, weder eine vorgezogene Erledigungsbuchung in
ATLAS noch eine Vorabmitteilungspflicht bezogen auf die Wiederausfuhr vorsah. Diesem
Umstand kann, anders als die Klägerin wohl meint, weder eine der streitgegenständlichen
Auflage entgegenstehende Ermessensbindung noch ein etwaiger Vertrauensschutz
zugunsten der Klägerin entnommen werden. Zwar verweist die Auflage in der
Verwahrungslagerbewilligung darauf, dass die Abwicklung des Wiederausfuhrverfahrens
über das IT-Verfahren ATLAS-SumA "entsprechend der ATLAS-Verfahrensanweisung in
der jeweils gültigen Fassung [zu] bewirken [ist]", und nach der Verfahrensanweisung
wiederum ist die Nachricht über die tatsächlich ausgeführten Waren erst nach erfolgter
Wiederausfuhr zu übermitteln. Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch erscheint, ist
bei näherer Betrachtung der Auflage aber eindeutig so zu verstehen, dass nur die
Abwicklung des Wiederausfuhrverfahrens als solches entsprechend der
Verfahrensanweisung zu erfolgen hat, jedoch hinsichtlich des Zeitpunktes der
Erledigungsbuchung eine abweichende Regelung dahin gehend getroffen wurde, dass
diese bereits vor Verladung der Waren zu erfolgen hat ("Dabei beachten Sie bitte, dass in
der entsprechenden Buchung eine Wiederausfuhranmeldung zu sehen ist, die zwingend
vor [Hervorhebung im Original] Verladung der Waren auf das ins Drittland abgehende
Luftfahrzeug zu erfolgen hat, da ... "). In dem entsprechenden "Merkblatt für Teilnehmer"
war zudem schon seinerzeit vorgesehen, dass eine Vorabmitteilung über die
Wiederausfuhr zu machen war, wenn auch die Erledigung der entsprechenden SumA-
Position erst nach Wiederausfuhr aufgrund der durch den Teilnehmer übermittelten
tatsächlich ausgeführten Warenmenge erfolgt. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls eine
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Vorabmitteilung bei erst nach Wiederausfuhr erfolgender Erledigungsbuchung - und eine
solche modifizierte Auflage hatte der Beklagte mit Schreiben vom 02.03.2006 der Klägerin
erteilt und nur diese war im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Ausfuhren im August
2007 bzw. im September 2008 maßgeblich - im Einklang mit dem Rechtsverständnis des
nationalen Dienstanweisungsgebers stand. Soweit die streitgegenständliche
Wiederausfuhr vom ... 09.2008 betroffen ist, entspricht übrigens auch die ATLAS-
Verfahrensanweisung in der seinerzeit dann geltenden Neufassung der vom Beklagten
erteilten modifizierten Auflage. Denn nunmehr ist auch dort ausdrücklich eine
grundsätzliche Pflicht zur Mitteilung der Wiederausfuhr vor Weiterbeförderung enthalten.
Die Auflage zur Vorabmitteilung der Wiederausfuhr belastet die Klägerin auch nicht sonst
in unverhältnismäßiger Weise. Die mit der Auflage abverlangte Erledigungsbuchung im
IT-Verfahren ATLAS ist im Rahmen der summarischen Anmeldung der Vorübergehenden
Verwahrung (VV-SumA) zur ordnungsgemäßen Beendigung des Verfahrens vorgesehen
und von daher von der Klägerin ohnehin zu leisten. Soweit die vorgezogene, d. h. vor
Ausflug der Waren abzugebende, Erledigungsbuchung im Geschäftsablauf der Klägerin
generell oder in Einzelfällen unpraktikabel sein sollte, hat der Beklagte darauf reagiert
und mit Schreiben vom 02.03.2006 der Klägerin wahlweise eine Vorabmitteilung per
Telefax ermöglicht. Die Klägerin trägt im Übrigen selbst vor, dass sie in der ganz
überwiegenden Zahl der Wiederausfuhrfälle (98 %) die Vorabmitteilung getätigt hat.
Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Vornahme der Vorabmitteilung, sei es
mittels vorgezogener Erledigungsbuchung, sei es mittels Telefax, durchaus im Rahmen
der üblichen Geschäftsabwicklung des Unternehmens zu leisten war. Die Auflage einer
Ausflugmitteilung ist auch nicht unverhältnismäßig unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass der Klägerin durch den Beklagten ein Verwahrungslager sowie - nach
dem Vortrag des Beklagten - offenbar gewisse Verfahrensvereinfachungen als
zugelassene Versenderin und Empfängerin im Versandverfahren bewilligt worden sind.
Denn dies bedeutet, anders als die Klägerin meint, keinen gebotenen Verzicht auf eine
physische zollamtliche Überwachung zugunsten einer nur belegmäßigen zollamtlichen
Überwachung der vorübergehend verwahrten Waren. Die den genannten Bewilligungen
regelmäßig zugrunde liegende Prüfung und Einschätzung durch den Beklagten, dass die
Klägerin als eine hinreichend zuverlässige Zollbeteiligte anzusehen ist, steht einer
Auflage, die eine physische Überwachung der vorübergehend verwahrten Waren
ermöglicht, nicht entgegen. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht
darauf hin, dass auf gelegentliche stichprobenweise physische Warenkontrollen bei der
Wiederausfuhr - die, wie dargelegt, wiederum nur auf der Grundlage der
Ausflugmitteilungen zuverlässig durchgeführt werden können - nicht verzichtet werden
kann. Nur solche Kontrollen lassen die Einschätzung der Zuverlässigkeit überhaupt erst
zu und stellen zudem die Zuverlässigkeit auch für die weitere Dauer der Bewilligung des
Verwahrungslagers sicher. Im Übrigen hat der Beklagte neben der physischen
Überwachung durchaus auch eine belegmäßige Überwachung praktiziert und die
physische Überwachung zudem auf Stichprobenkontrollen beschränkt, so dass die
Auflage zur Ausflugmitteilung und die in diesem Zusammenhang praktizierte zollamtliche
Überwachung auch mit der gebotenen Verhältnismäßigkeit und pflichtgemäßen
Ermessensausübung von Zollkontrollen (dazu und zu der von der Klägerin geforderten
risikoorientierten Vornahme von Zollkontrollen und dem erst mit Inkrafttreten
dazugehöriger Durchführungsbestimmungen in Kraft getretenen Art. 13 Abs. 2 ZK in der
Fassung der Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 13.04.2005 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des
Zollkodex der Gemeinschaften siehe auch Henke, in: Witte,
Zollkodex, 6. Aufl. 2013, Art. 13 Rnrn. 15 ff. und 20 ff.) in Einklang steht.
Dass zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Warenausfuhren
Frachtabfertigungsunternehmen an anderen deutschen Flughäfen im
Zuständigkeitsbereich anderer Zollämter in vorübergehender Verwahrung befindliche
Waren bereits seinerzeit ohne gesonderte Ausflugmitteilung wiederausführen durften,
während der Klägerin eine Ausflugmitteilung auferlegt wurde, stellt auch keine nach Art. 3
Abs. 1 GG gleichheitssatzwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin dar. Abgesehen
davon, dass die näheren Umstände, die die Zollverwaltungen an den anderen deutschen
Flughäfen zu einem abweichenden Verhalten veranlasst haben mögen, nach Aktenlage
nicht vollständig bekannt sind und aufgrund des unterschiedlichen
Flugfrachtaufkommens, der verschiedenen bei den jeweiligen Flughäfen ansässigen
Frachtabfertigungsunternehmen und der individuell unterschiedlichen Gegebenheiten der
bei den jeweiligen Zollämtern vorgehaltenen sachlichen und personellen Ressourcen zur
Umsetzung zollamtlicher Kontrollen eine Vergleichbarkeit der zu beurteilenden
Sachverhalte nicht ohne weiteres angenommen werden kann, bindet eine abweichende
Ermessenspraxis anderer Flughafen-Zollämter, die diese in eigener Zuständigkeit
ausüben, nicht den Beklagten in seiner Ermessensausübung. Solange die
streitgegenständliche Auflage zur Ausflugmitteilung in pflichtgemäßer Ausübung des dem
Beklagten nach Art. 51 Abs. 1 ZK, Art. 182 Abs. 3 Satz 1 ZK a. F. eröffneten Ermessens
getroffen worden ist, was nach obigen Ausführungen der Fall ist, kann eine abweichende
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Ermessensentscheidung vielmehr nur dann geboten sein, wenn das Ermessen im Wege
einer Selbstbindung der Verwaltung darauf reduziert wäre. Da seinerzeit jedoch eine
Vorgabe der Bundesfinanzdirektion Nord zu einer abweichenden Ermessensausübung
durch Verzicht auf eine Ausflugmitteilung noch nicht bestand, war das Ermessen des
Beklagten auch noch nicht im Wege der Selbstbindung auf eine derartige
Ermessensausübung reduziert. Soweit die Klägerin nicht näher substantiiert eine
gleichheitssatzwidrige Ungleichbehandlung mit Frachtabfertigungsunternehmen im
Hamburger Hafen behauptet, vermag sich daraus bereits deshalb keine ihr günstigere
Beurteilung zu rechtfertigen, weil nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des
Beklagten auch im dortigen Frachtumschlagsverkehr im Regelfall vergleichbare
Wiederausfuhranzeigen zu erstatten sind.
(c)
Die Möglichkeit der zollamtlichen Überwachung war in den vorliegenden Fällen auch
nicht unabhängig von der Einhaltung der Auflage gewährleistet. Zweck der zollamtlichen
Überwachung ist es, die in § 1 ZollVG explizit aufgezählten Belange zu sichern. Es
handelt sich dabei u. a. um die Erhebung der gemeinschaftlichen Einfuhr- und
Ausfuhrabgaben (§ 1 Abs. 1 ZollVG) und die Einhaltung der Vorschriften über Verbote
und Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr (§ 1 Abs. 3 ZollVG)
und die Einhaltung handelspolitischer Maßnahmen (vgl. Kock, a.a.O., Art. 37 ZK Rn. 28;
Rogmann, a. a. O., Art. 37 ZK Rn. 26 f.; Witte, a. a. O., Art. 37 Rn. 16).
Zum einen ist hier zu berücksichtigen, dass Angaben zur beabsichtigten Wiederausfuhr,
insbesondere zum Drittland, so sie denn aufgrund der Gestellung der Ware und der dabei
gemachten Angaben in der summarischen Anmeldung bzw. durch die Vorlage von
Frachtpapieren o. ä. vorhanden waren, wohl zwar eine sicherheitsrelevante Prüfung in
Bezug auf die Wiederausfuhr, d. h. die Kontrolle der Vorschriften über Verbote und
Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Warenverkehr sowie die Einhaltung
handelspolitischer Maßnahmen, ermöglicht haben. Dies mag auch der Hintergrund sein,
warum an anderen deutschen Flughäfen die bei der Eingangsanmeldung gemachten
Daten als ausreichend angesehen werden und von einer weiteren Ausflugmitteilung
abgesehen wird. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Denn die Frage, ob
eine Ware aus der vorübergehenden Verwahrung unter sicherheitsrelevanten Aspekten
wiederausgeführt werden darf, ist eine andere als die Frage, ob die Ware dann auch
tatsächlich ausgeführt und damit einer zollrechtlichen Bestimmung zugeführt wird oder -
unter Verstoß gegen zollrechtliche Vorschriften, beispielsweise dass die Ware keine
anderweitige ordnungsgemäße zollrechtliche Bestimmung erhält und ggf. entsprechende
Einfuhrabgaben nicht erhoben werden - im Zollgebiet verbleibt. Insofern ist es nicht zu
beanstanden, wenn der Beklagte zur Sicherstellung der zollamtlichen Überwachung im
Hinblick auf den zollrechtlichen Status der Ware und einen mangels tatsächlich
durchgeführter Wiederausfuhr bestimmungswidrigen Verbleib der Ware im Zollgebiet eine
Vorabmitteilungspflicht für erforderlich erachtet hat.
Des Weiteren kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte aufgrund
von bei der Gestellung der Ware möglicherweise gemachten Angaben zur beabsichtigten
Wiederausfuhr und zum Drittland die zollamtliche Überwachung der tatsächlichen
Wiederausfuhr in den hier streitgegenständlichen Wiederausfuhrfällen hätte durchführen
können. Selbst wenn - dies zugunsten der Klägerin einmal unterstellt - Angaben in Bezug
auf den Ausflug, insbesondere Zielland und Ausflugszeitpunkt sowie konkret benanntes
Luftfahrzeug, dem Beklagten aufgrund der Angaben in der SumA und in den bei
Gestellung vorgelegten Frachtpapieren enthalten waren, und sich der tatsächliche
Ausflug mit diesen gegebenenfalls vorab bekannten Angaben deckte und man zugunsten
der Klägerin davon ausgehen wollte, dass eine möglicherweise ausgebliebene
Weitergabe dieser Angaben von der Gestellungszollstelle an die Ausfuhrzollstelle der
Klägerin nicht angelastet werden könnte, war dem Beklagten die zollamtliche
Überwachung dennoch aufgrund der ausgebliebenen Vorabmitteilung über die konkret
bevorstehende Wiederausfuhr jeweils unmöglich geworden. Denn der Beklagte hatte
allein aufgrund der bei Gestellung der Waren gemachten Angaben gerade keinen
hinreichend gesicherten Anlass, etwaige Zollkontrollen bei der Wiederausfuhr gerade zu
jenem Zeitpunkt an jenem Luftfahrzeug vorzunehmen. Der Beklagte hat - von der Klägerin
jedenfalls betreffend Ausflugszeitpunkt und konkret benanntes Luftfahrzeug unbestritten -
vorgetragen, dass derartige Angaben aufgrund von Stornierungen, Umdisponierungen
etc. nur in ca. 80 % der Fälle den tatsächlichen Ausflugdaten entsprechen. Aufgrund
dessen konnte der Beklagte, selbst wenn in den zwei streitgegenständlichen
Ausflugsfällen Angaben bei Gestellung gemacht worden sein sollten, die dann auch den
tatsächlichen Ausflugdaten entsprochen haben sollten, nicht mit Sicherheit davon
ausgehen, dass tatsächlich eine Verladung zur Wiederausfuhr zum avisierten Zeitpunkt
mit dem angegebenen Flug stattfinden würde. Es kann aber von dem Beklagten nicht
verlangt werden, gleichsam "auf gut Glück" Kontrollen durchzuführen im Vertrauen darauf,
dass die Wiederausfuhr auch tatsächlich nach den anfänglich gegebenen Angaben
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durchgeführt wird und keine unvorhergesehenen Umstände eintreten, die zu
Abweichungen führen. Denn auf Angaben, nach denen eine Kontrolle auch einmal "ins
Leere gehen" kann, kann kein verlässliches zollrechtliches Kontrollverhalten gestützt
werden. Dies gilt umso mehr, als nicht nur die beiden streitgegenständlichen
Ausflugsfälle, sondern zahlreiche weitere Fälle von der Möglichkeit der Überwachung
abgedeckt sein müssen, was den Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig steigern
würde, wenn in ca. 20 % der möglichen zahlreichen Kontrollfälle eine Kontrolle ins Leere
ginge.
(d)
Schließlich muss unberücksichtigt bleiben, dass die Waren möglicherweise tatsächlich
der Wiederausfuhr zugeführt wurden und in die Bestimmungsländer gelangt sind. Selbst
wenn dies - zugunsten der Klägerin, die bisher keinen Nachweis der erfolgten
Wiederausfuhr vorgelegt hat, einmal unterstellt - der Fall sein sollte, hat der im vormaligen
nationalen Zollschuldrecht maßgebliche Wirtschaftszollgedanke, wonach allein der
Eingang von Einfuhrwahren in die heimische Wirtschaft den inneren Grund für die
Zollerhebung abgab, im gemeinschaftsrechtlichen Zollrecht keine Geltung mehr (BFH,
Urteil vom 20.07.2004, VII R 99/00, in: juris, im Anschluss an EuGH, Urteil vom
12.02.2004, Rs. C-337/01). Auch etwaige Wertungen aus Art. 86 Abs. 1 Buchst. h) i. V. m.
Art. 46 Abs. 1 Buchst. a) des Modernisierten Zollkodex bzw. des nunmehr zukünftig
geltenden Art. 124 Abs. 1 Buchst. h) i. V. m. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) der Verordnung (EU)
Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur
Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. Nr. L 269/1) - Unionszollkodex -, wonach
Einfuhrabgaben, die aus einem bloß formellen Verstoß entstanden sind, unter bestimmten
Voraussetzungen erlöschen, haben in diesem Zusammenhang, da sie (noch) kein
geltendes Recht sind, außer Betracht zu bleiben.
Da die Klägerin die nach allem für sie rechtsverbindliche Auflage zur Ausflugmitteilung in
beiden streitgegenständlichen Wiederausfuhrfällen nicht eingehalten hat und dies
maßgeblich zur Entziehung der Waren aus der zollamtlichen Überwachung geführt hat, ist
jeweils eine Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1, Abs. 2 ZK entstanden.
b)
Der Beklagte hat die Klägerin jeweils auch zu Recht als Zollschuldnerin in Anspruch
genommen. Die Klägerin ist nach Art. 203 Abs. 3, 1. und 4. Anstrich ZK Zollschuldnerin
geworden, da sie durch die unterlassene Ausflugmitteilung in Bezug auf die
vorübergehend verwahrten Waren die Entziehung der Waren aus der zollamtlichen
Überwachung maßgeblich verschuldet hat und zudem als Inhaberin des
Verwahrungslagers die aus der Auflage zur Ausflugmitteilung folgende Verpflichtung
einzuhalten hatte.
c)
Auf die Frage, ob eine Einfuhrzollschuld auch nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. a) ZK
entstanden ist, kommt es wegen des Vorrangs des hier einschlägigen Art. 203 ZK nicht
mehr an.
d)
Auch die Festsetzungsfrist des Art. 221 Abs. 3 ZK, nach der die Nacherhebung nach
Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht
mehr erfolgen darf, ist jeweils gewahrt.
2.
Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Einfuhrabgabenschuld drängen sich dem
Gericht keine Bedenken auf, auch die Klägerin macht solche nicht geltend.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen,
da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.