Urteil des FG Düsseldorf vom 04.11.2010

FG Düsseldorf (kläger, stadt, grundstück, private vermögensverwaltung, vermietung, gewinn, einkünfte, wertsteigerung, bauland, objekt)

Finanzgericht Düsseldorf, 16 K 4489/08 E,G
Datum:
04.11.2010
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 4489/08 E,G
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Streitig ist das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels.
2
Der Kläger betreibt eine Landwirtschaft und erzielte hieraus im Streitjahr 2002 Einkünfte
aus landwirtschaftlicher Tätigkeit; die Gewinnermittlung erfolgte für das
landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (1. Juli bis 30. Juni) durch
Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG.
Zum Betriebsvermögen gehörte (jedenfalls ursprünglich) auch das unbebaute
Grundstück "A", "B"weg (Gemarkung "C") Flur 66 Nr. 50 mit einer Fläche von 2.697 m².
Das Grundstück liegt im Eckbereich, der durch die Straßen "B"weg und "D"straße
gebildet wird.
3
Diesbezüglich hatte der Kläger im März 1999 durch einen Architekten bei der Stadt "A"
eine Bauvoranfrage zur Errichtung von 2 Doppelhäusern gestellt. Die Stadt setzte
sodann die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bauvorhabens bis Mitte 2000 aus
(Bescheid vom 06.08.1999). Hintergrund war, dass die Stadt bereits im Jahr 1991 die
Aufstellung eines Bebauungsplans für den Bereich "B"weg / "E"straße beschlossen
hatte, mit dem Ziel der Weiterentwicklung eines Wohngebietes. In diesem
Zusammenhang hatte die Stadt u. a. das Grundstück des Klägers im Januar 1993 für
2 Jahre mit einer Veränderungssperre belegt, zur Sicherung des
Bauplanungsverfahrens, insbesondere um die Planung der Verkehrsanbindung an das
übergeordnete Straßennetz offenzuhalten. Nach Ablauf der Veränderungssperre im Jahr
1995 waren allerdings weder ein Bebauungsplan aufgestellt noch die endgültige
Verkehrsanbindung geklärt. Die Stadt begründete die Zurückstellung der Bauvoranfrage
4
damit, dass seit dem Ablauf der ersten Veränderungssperre "ein hinreichend langer
Zeitraum freier Nutzbarkeit" verstrichen sei. Nach mehr als 4 Jahren seien die
Voraussetzungen erfüllt, dass die Stadt erneut eine Veränderungssperre für das
Grundstück beschließen könnte. Während der zeitlichen Aussetzung könne geprüft
werden, ob und ggf. inwieweit die geplante Baumaßnahme in die planerische
Gesamtkonzeption passe. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch; einen Antrag auf
Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs durch das
Verwaltungsgericht nahm der Kläger im Rahmen eines Erörterungstermins in der
Beschwerdeinstanz zurück. Im Mai 2000 erließ die Stadt eine erneute
Veränderungssperre, die lediglich das Grundstück des Klägers betraf. Nachdem diese
Veränderungssperre am 08.06.2001 außer Kraft getreten war, reichte der Kläger für die
Bauvoranfrage Ende Juni 2001 eine geänderte Planung ein (zur Errichtung von zwei
Doppelhäusern und zwei hinterliegenden Einzelhäusern nebst 6 Garagen), wobei der
westliche Teil des Grundstücks für Zwecke des Straßenbaus vorgesehen war. Zur
Begründung trug der Kläger vor, durch die Straßenlandabtretung werde die zukünftige
Planung nicht mehr behindert, die Baulücke zum "B"weg könne geschlossen werden
und die Erschließung der beiden Einzelhäuser über den Stichweg sei in gleicher Weise
am "B"weg mehrfach vorhanden. Daraufhin erließ die Stadt umgehend den beantragten
Vorbescheid (am 05.07.2001).
In der Folgezeit wurde das Flurstück in 2 Grundstücke geteilt. Das westliche Grundstück
Flur 66 Nr. 226 (358 m²) verkaufte der Kläger am 26.11.2001 für 10.740 DM [30 DM pro
m²] an die Stadt "A" als Verkehrsfläche. Das östliche Grundstück Flur 66 Nr. 225 wurde
seinerseits in 5 Einheiten (Flur 66 Nr. 229-233) parzelliert. Per Notarvertrag vom
21.12.2001 wurden die vier Parzellen Flur 66 Nr. 230-233, bebaubar mit
4 Doppelhaushälften (insgesamt 1.101 m²), an die "F"GmbH für 407.370 DM verkauft
[370 DM pro m²]; Nutzungen und Lasten gingen im Jahr 2002 über. Der Kaufvertrag
enthält folgende Bestimmung (unter VI. Gewährleistung, 1):
5
" ... Der Verkäufer leistet dafür Gewähr, dass der verkaufte Grundbesitz in tatsächlicher
und rechtlicher Hinsicht Bauland ist. Der Verkäufer hat eine Bauvoranfrage gestellt, die
positiv beschieden wurde. ..."
6
Das Grundstück Flur 66 Nr. 229 (hinterliegendes Grundstück mit Stichweg, insgesamt
1.239 m²) verblieb vorerst im Eigentum des Klägers. Im September 2002 beantragte der
Kläger im Wege der Bauvoranfrage, eine Bebauung mit 2 Doppelhäusern (statt 2
Einzelhäusern) zu genehmigen. Dies lehnte die Stadt zunächst ab (Bescheid vom
11.10.2002), erließ allerdings auf den Widerspruch des Klägers hin einen
entsprechenden Vorbescheid (am 13.05.2003), weil die vom Kläger begehrte geänderte
Bebauung in Übereinstimmung mit der Umgebungsbebauung stand. Mit notariellem
Vertrag vom 19.05.2005 verkaufte der Kläger schließlich das Grundstück Flur 66 Nr. 229
für 185.000 EUR an die "G"GmbH.
7
Der Kläger behandelte die Einnahme aus dem Grundstücksverkauf an die "F" GmbH im
Jahr 2002 als Erlös aus dem Verkauf von Anlagevermögen des landwirtschaftlichen
Betriebs (offenbar ohne einen Buchwert des Grundstücks zu berücksichtigen) und
bildete in diesem Umfang eine Rücklage gemäß § 6 b EStG (für die Errichtung einer
Reithalle) in Höhe von 208.000 EUR. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für
2002 erklärte der Kläger einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von
13.157 EUR sowie einen Gewinn aus Gewerbebetrieb (gewerbliche Vermietung einer
Eigentumswohnung) von 2.123 EUR. Der Beklagte das Finanzamt veranlagte den
8
Kläger für 2002 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß zur
Einkommensteuer (Bescheid vom 19.09.2005). Außerdem erließ das Finanzamt
erklärungsgemäß einen auf 0 EUR lautenden Gewerbesteuermessbescheid für 2002 im
Hinblick auf die gewerbliche Vermietung.
Im Jahr 2006 führte der Beklagte (das Finanzamt) bei dem Kläger für 2000 bis 2002 eine
Betriebsprüfung durch. Die Prüferin stellte erhebliche Mängel in der Buchführung fest,
verwarf daraufhin die Buchführung insgesamt und ermittelte den landwirtschaftlichen
Gewinn im Wege einer Vollschätzung gemäß § 162 der Abgabenordnung –AO. Darüber
hinaus qualifizierte die Prüferin die Grundstücksverkäufe als gewerblichen
Grundstückshandel, wobei das Grundstück Flur 66 Nr. 50 zum Buchwert aus dem
Anlagevermögen des landwirtschaftlichen Betriebs in das Umlaufvermögen des
Gewerbebetriebs übertragen worden sei und eine Rücklage nach § 6 b EStG nicht habe
gebildet werden können. Wegen der Einzelheiten wird auf den BP-Bericht vom
22.12.2006 Bezug genommen. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt u. a. für das
Streitjahr 2002 einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid (vom 14.03.2007) sowie
einen Gewerbesteuermessbescheid (vom 30.03.2007).
9
Die hiergegen wegen Einkommensteuer 2000 bis 2002 erhobene Sprungklage des
Klägers wurde –mangels Zustimmung des Finanzamts als Einspruchsverfahren
fortgesetzt; wegen des Gewerbesteuermessbetrages für 2002 erhob der Kläger
ebenfalls Einspruch.
10
Die Einsprüche hatten hinsichtlich des Streitjahres 2002 nur insoweit Erfolg, als das
Finanzamt eine Gewerbesteuerrückstellung berücksichtigte und demgemäß von einem
Gewinn aus einem gewerblichen Grundstückshandel in Höhe von 176.814 EUR
ausging; diesen Betrag legte es der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags
zugrunde. Die gesamten gewerblichen Einkünfte betrugen (unter Berücksichtigung der
gewerblichen Vermietung) 178.938 EUR; diesen Betrag legte es der Berechnung der
Einkommensteuer zugrunde.
11
Das Finanzamt hielt nach Beiziehung der Bauakten der Stadt "A" an der Annahme
eines gewerblichen Grundstückshandels fest. Zur Begründung führte es aus, der Kläger
habe Aktivitäten unternommen, um aus seinem Grundbesitz (unbebautes Grundstück
"A", "B"weg Flur 66 Nr. 50) ein Objekt anderer Marktgängigkeit zu schaffen. Zwar seien
die reine Parzellierung und nachfolgende Veräußerungen grundsätzlich unschädlich.
Der Kläger habe auch nicht die Parzellenkäufer vertraglich verpflichtet, über ihre
gesetzliche Beitragslast hinaus Erschließungskosten zu tragen, sondern lediglich die
gesetzlichen Erschließungskosten überwälzt. Darüber hinaus habe der Kläger keine
Gewährleistungspflichten übernommen, die über den bei Privatverkäufen üblichen
Bereich hinausgingen; die Zusicherung gegenüber den Käufern, dass es sich um
Bauland handele, sei nicht ungewöhnlich. Jedoch habe der Kläger durch das Erwirken
eines Vorbescheids für die Bebauung des Grundstücks mit Wohnhäusern aus dem
unbebauten landwirtschaftlichen Grundstück ein Objekt anderer Marktgängigkeit
geschaffen. Der durch die Bauvorbescheide erwirkte verbindliche Rechtsanspruch, die
Grundstücke mit 2 Doppelhäusern und 2 Einzelhäusern (später 4 Doppelhäusern) sowie
6 Garagen bebauen zu können, habe zu einer erheblichen, im alleinigen Interesse des
Klägers liegenden Wertsteigerung des Grundstücks geführt. Hierbei sei zu
berücksichtigen, dass der Kläger langwierige Verhandlungen mit dem Bauamt habe
führen müssen, u. a. wegen der Zulässigkeit und der Art der Bebauung, dass er
gerichtlichen Rechtsschutz habe in Anspruch nehmen müssen und durch mehrere
12
Instanzen gegangen sei, um die erstrebten Bauvorbescheide zu erlangen. Schließlich
seien durch die konkreten Vorbescheide die wesentlichen Fragen der Bebauung des
Grundstücks im Vorfeld geklärt gewesen. Angesichts dessen sei davon auszugehen,
dass sich der Kläger von Anfang an davon habe leiten lassen, mit welchen Maßnahmen
er aus dem Grundstück nach Baureifmachung die höchste Wertschöpfung erzielen
könne. Hierdurch habe er die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel
überschritten.
Die später in 2002 und 2005 veräußerten Parzellen seien aus dem Anlagevermögen
des landwirtschaftlichen Betriebs in das Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs
überführt worden. Insofern habe keine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) vorgelegen,
sondern die Übertragung sei zum Buchwert von 16.616 DM/ 8.496 EUR (ermittelt nach
§ 55 EStG) erfolgt. Der Gewinn aus dem Grundstückshandel im Streitjahr 2002 betrage:
13
Veräußerungserlös (01.04.2002)
407.370 DM
./. anteiliger Buchwert
./. 6.780 DM
Zwischensumme
400.590 DM
204.818 EUR
./. Gewerbesteuerrückstellung
./. 28.004 EUR
Gewinn
176.814 EUR.
14
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die zunächst auch die
Einkommensteuerfestsetzungen für 2000 und 2001 umfasst hat. Im Rahmen eines
Erörterungstermins vor dem Berichterstatter haben die Beteiligten den Rechtsstreit für
2000 und 2001 erledigt. Für das Streitjahr 2002 hat das Finanzamt gewerbliche
Einkünfte des Klägers aus der Vermietung einer Eigentumswohnung von 2.124 EUR um
nacherklärte Grundbesitzabgaben von 300 EUR auf 1.824 EUR vermindert
(Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2002 vom 13.07.2010). Ein bisher
berücksichtigter Verlustrücktrag aus 2003 von 3.841 EUR wurde in Anpassung an eine
erfolgte Betriebsprüfung für 2003-2006 gestrichen (Einkommensteuer-
Änderungsbescheid 2002 vom 06.09.2010). Die Beteiligten sind außerdem im Rahmen
einer tatsächlichen Verständigung überein gekommen, dass die Einkünfte des Klägers
aus Land- und Forstwirtschaft (ohne Einbeziehung der streitigen Einkünfte aus dem
Grundstücksverkauf) auf der Grundlage der vom Kläger vorgelegten Bilanz im Wege
einer Zuschätzung 44.000 EUR betragen haben; insofern hat das Finanzamt einen
Änderungsbescheid (vom 4.11.2010) erlassen und in der mündlichen Verhandlung
durch Übergabe an den Klägervertreter bekanntgegeben.
15
Hinsichtlich der Grundstücksveräußerung ist der Kläger der Auffassung, dass der
Verkauf der vier Parzellen Flur 66 Nr. 230-233 an die "F"GmbH im Streitjahr als
Einnahme im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes (Hilfsgeschäft) zu erfassen
und in gleicher Höhe im Wege einer Rücklage nach § 6 b EStG zu neutralisieren sei, so
dass sich hierdurch letztlich keine Gewinnauswirkung ergibt. Der Kläger betont, er habe
keine über Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivität entfaltet. Die
Stellung der Bauvoranfragen sei notwendig gewesen, um eine verwertbare Aussage der
Stadt über die Bebauung des Grundstücks (inwieweit das Grundstück Bauland war) und
damit den Bodenwert zu erhalten. Dass der Kläger sich (letztlich erfolgreich) gegen
16
Entscheidungen der Stadt gewandt habe, sei sein gutes Recht und begründe keine
gewerbliche Tätigkeit. Der Kläger habe vor der Veräußerung auch keine Kontakte zu
dem Bauträger (Erwerber) gehabt und er habe keine aktive Vermarkung der
Grundstücke betrieben. Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass der Festsetzung
des Gewerbesteuermessbetrages für 2002 die Festsetzungsverjährung entgegenstehe.
Denn der Messbescheid für den Grundstückshandel habe nicht unter der bisher für die
gewerbliche Vermietung verwendeten Steuernummer erlassen werden dürfen, sondern
nur unter einer zusätzlichen neuen Steuernummer. Schließlich handele es sich (wenn
ein Grundstückshandel bestünde) um zwei unterschiedliche Gewerbebetriebe. Der
Erlass eines ordnungsmäßigen Messbescheids unter einer gesonderten neuen
Steuernummer sei nunmehr wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich.
Der Kläger beantragt,
17
die Einkommensteuerfestsetzung für 2002 in Gestalt des Änderungsbescheides
vom 4.11.2010 in der Weise zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf
1.824 EUR vermindert werden;
18
sämtliche Gewerbesteuermessbescheide für 2002 ersatzlos aufzuheben;
19
hilfsweise: die Revision zuzulassen;
20
und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig
zu erklären.
21
Das Finanzamt beantragt,
22
die Klage abzuweisen.
23
Das Finanzamt bestreitet, dass der Kläger mit den Vorbescheiden nur eine allgemeine
Bestätigung über die generelle Bebaubarkeit des Grundstücks habe erreichen wollen.
Immerhin habe der Kläger für seine im Juli 2001 positiv beschiedene Bauvoranfrage im
September 2002 eine Änderung (Intensivierung) der Bebauungsmöglichkeit beantragt
und sich sodann gegen den ergangenen Ablehnungsbescheid der Stadt erfolgreich mit
dem Widerspruch gewandt. Demzufolge sei es dem Kläger offenbar darum gegangen,
durch die Erwirkung eines Vorbescheids für die Bebauung in einer bestimmten Art und
Weise aus den Grundstücken eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, als wenn die
Grundstücke nur als "normales" Bauland hätten veräußert werden können.
24
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Schriftsätze der Beteiligten, die dem Gericht übersandten Steuerakten des Finanzamts
einschließlich der Kopien der Bauakte der Stadt "A" sowie auf die beigezogenen
Gerichtsakten der Verfahren 16 V 1508/07 A (E), 16 K 1206/07 E und 16 K 180/05 E
Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26
Die Klage ist unbegründet.
27
Die angefochtenen Einkommen- und Gewerbesteuermessbescheide für 2002 sind
rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 der
28
Finanzgerichtsordnung –FGO).
1. Das Finanzamt hat die im Streitjahr zu erfassende Grundstücksveräußerung an die
"F"GmbH zutreffend als Geschäft im Rahmen eines vom Kläger betriebenen
gewerblichen Grundstückshandels und nicht als Hilfsgeschäft im Rahmen seines
landwirtschaftlichen Betriebs behandelt.
29
Zwar führt die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines
landwirtschaftlichen Betriebs gehört, grundsätzlich zu Einnahmen aus Land- und
Forstwirtschaft im Sinne des § 13 Abs. 1 EStG, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft
der landwirtschaftlichen Betätigung ist. Das gilt auch, wenn ein großes bisher
landwirtschaftlich genutztes Grundstück parzelliert wird und zahlreiche Parzellen mit
erheblichem Gewinn veräußert werden (BFH-Urteile vom 8. November 2007 IV R 34/05,
BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom 8. September 2005 IV R 38/03, BFHE 211,
195, BStBl II 2006, 166). Grundstücksveräußerungen überschreiten jedoch den Bereich
landwirtschaftlicher Hilfsgeschäfte und sind Gegenstand eines selbständigen
gewerblichen Grundstückshandels, wenn der Landwirt über die Parzellierung und
Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, die darauf gerichtet sind, den zu
veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (BFH-
Urteile vom 8. November 2007 IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231; vom 8.
September 2005 IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166 und vom 8. Juli 1982 IV
R 20/78, BFHE 136/252, BStBl II 1982, 700). Denn damit verwertet der Landwirt die
Grundstücke seines Anlagevermögens wie ein Gewerbetreibender und erfüllt die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG. Bei der Abgrenzung zwischen
landwirtschaftlichem Hilfsgeschäft und Gewerbebetrieb ist –wie bei der Abgrenzung
zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb auf das Gesamtbild der
Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. u.a. Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291,
unter C.II. der Gründe, m.w.N.).
30
Im Streitfall hat der Kläger die Grenze vom landwirtschaftlichen Hilfsgeschäft zum
gewerblichen Grundstückshandel jedenfalls im Juni 2001 überschritten, indem er über
einen Architekten eine Bauvoranfrage gestellt hat, mit einem Lageplan (Maßstab
1:1000), der die Art und Weise sowie die Lage der zur Genehmigung angefragten
Bebauung konkret dargestellt hat. Vorgesehen war die Errichtung von zwei
Doppelhäusern und zwei über einen Stichweg erreichbaren hinterliegenden
Einzelhäusern nebst 6 Garagen. Die Zulässigkeit dieses Vorhabens (im unbeplanten
Innenbereich) war nach § 34 des Baugesetzbuchs –BauGB zu beurteilen. Der auf dieser
Grundlage erteilte Vorbescheid vom 05. Juli 2001 ist baurechtlich als ein Ausschnitt
(vorweggenommener Teil) der späteren Baugenehmigung(en) anzusehen (BVerwG-
Urteil vom 3. Februar 1984 4 C 39/82, BVerwGE 69, 1, NJW 1984, 1473), der
Bindungswirkung entfaltet, auch im Hinblick auf mögliche nachfolgende
Rechtsänderungen z. B. in einem Bebauungsplan. Steuerrechtlich ist der Vorbescheid
wie ein Bauantrag zu beurteilen, mit dem auf die künftige Bebauung Einfluss genommen
wird (BFH-Urteile vom 8. November 2007 IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008,
231 und vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302). Damit hat der vom
Kläger erwirkte Vorbescheid zu einer erheblichen Wertsteigerung des Grundstücks
geführt, indem der Kläger künftigen Erwerbern eine gesicherte Rechtsposition
gegenüber der Stadt vermittelt hat. Auf eine solche Wertsteigerung kam es dem Kläger
auch an: er war ersichtlich bestrebt, eine Verwendung des gesamten Grundstücks für
Zwecke des Straßenbaus zu verhindern und sein Grundstück sodann für Zwecke der
31
Bebauung intensiv auszunutzen. In dieses Bild passt auch, dass er später (ab Herbst
2002) eine weitere Intensivierung der Bebauung (Bebauung des hinterliegenden
Grundstücks mit 4 Doppelhaushälften statt 2 Einzelhäusern) durchgesetzt hat.
Dem steht nicht entgegen, dass eine Bauvoranfrage (ausnahmsweise) nicht als eine
über die private Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit zu beurteilen ist, wenn
sie kostenlos und mit keinem sonstigen Aufwand verbunden ist und die Wertsteigerung
des Grundstücks infolge der genehmigten Bebauung primär im Interesse eines Dritten
liegt (BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302). Im
Streitfall hat der Kläger nicht im fremden Interesse gehandelt (vgl. auch BFH-Urteil vom
8. November 2007 IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359), sondern zum eigenen
Vorteil auf eigenes Risiko, wofür er in den Jahren 2000 und 2001 auch eigene
Aufwendungen (Anwaltskosten von 2.320 DM und städtische Gebühren von insgesamt
3.180 DM) getragen hat. Hierdurch hat er aus dem ursprünglich landwirtschaftlichen
Grundstück ein Objekt anderer Marktgängigkeit geschaffen.
32
Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob darüber hinaus der erfolgreiche Versuch
des Klägers, durch Anträge und Rechtsbehelfe auf die Planung der Stadt Einfluss zu
nehmen, den Grundstückhandel mitbegründet hat. Zwar sind Aktivitäten im
Zusammenhang mit der Bebaubarkeit des Grundstücks nach öffentlichem Recht
unschädlich, wenn sie sich im Rahmen der Mitwirkungsrechte nach den einschlägigen
bau- und/oder bauordnungsrechtlichen Regelungen bewegen. Für die Annahme eines
gewerblichen Grundstückshandels reichen wiederholte Vorsprachen bei den
Entscheidungsträgern der Gemeinde nicht aus, ebensowenig die Vorlage eigener
Planungsentwürfe und die Anregung zur Vornahme der Erschließung in Teilabschnitten,
solange der Landwirt lediglich im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte tätig ist (BFH-
Urteile vom 8. November 2007 IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom
8. September 2005 IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166). Allerdings gilt dies
nur, solange durch die Aktivitäten der zu veräußernde Grundbesitz nicht zu einem
Objekt anderer Marktgängigkeit wird. Im Streitfall hat bereits der Beschluss der Stadt im
Jahr 1991, der mit dem Ziel der Weiterentwicklung eines Wohngebietes die Aufstellung
eines Bebauungsplans für den Bereich "B"weg/ "E"straße (einschließlich des
Grundstücks des Klägers) beinhaltete, dem Kläger für die Bebaubarkeit seines
Grundstücks eine gewisse Rechtsposition vermittelt und eine Wertsteigerung bewirkt.
Der Verkauf des Grundstücks (weitaus überwiegend) als Bauland zum Preis von
durchschnittlich über 300 DM/qm setzte jedoch voraus, dass es nicht –wie nach einer
Planungsvariante vorgesehen in vollem Umfang als Verkehrsfläche für den Straßenbau
benötigt wurde (zu Verkaufspreisen von ca. 30 DM/qm). Somit hat im Falle des
Grundstücks des Klägers erst die Verhinderung der "schädlichen" Planungsvariante die
wesentliche Wertsteigerung herbeigeführt. Ob dies allerdings dem Kläger zuzurechnen
ist, ob er also tatsächlich maßgeblich auf die städtische Planung Einfluss genommen
hat oder ob die Stadt ihre Planungsentscheidung unbeeinflusst von den Anträgen und
Rechtsbehelfen des Klägers getroffen hat, steht nicht fest. Es braucht auch nicht weiter
aufgeklärt zu werden, weil der Kläger bereits –wie ausgeführt durch die konkrete
Bauvoranfrage im Juni 2001 einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hat.
33
2. Hierdurch wurde das Grundstücke zum Umlaufvermögen des Gewerbebetriebs
"Grundstückshandel" (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2006 IV B 59/05, BFH/NV 2006,
2063, unter II.1.a der Gründe; BFH-Urteile vom 8. November 2007 IV R 34/05, BFHE
219, 306, BStBl II 2008, 231 unter II.1.a der Gründe und vom 8. September 2005 IV R
38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166 unter 1.a der Gründe). Die danach gebotene
34
Überführung des Grundstücks aus dem landwirtschaftlichen in das gewerbliche
Betriebsvermögen erfolgte gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG zwingend zum Buchwert;
diese Regelung gilt nach § 7 GewStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer (Niehus/
Wilke in Herrmann/ Heuer/ Raupach, § 6 EStG Anm. 1445 d, 1450). Ob in diesem
Zusammenhang die Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme besteht (bejahend Schmidt/
Kulosa EStG § 6 Rz. 684, verneinend Niehus/ Wilke in Herrmann/ Heuer/ Raupach, § 6
EStG Anm. 1450), braucht nicht vertieft zu werden, denn hierüber wäre auf Antrag des
Klägers vom Finanzamt in einem besonderen Verfahren zu befinden (sog.
Zweigleisigkeit des Verfahrens).
Die Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG im landwirtschaftlichen Betriebsvermögen
kommt nicht in Betracht, weil keine Veräußerung des Grundstücks aus dem
landwirtschaftlichen Anlagevermögen erfolgt ist.
35
3. Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 2002 ist auch nicht deshalb
unwirksam, weil das Finanzamt den Messbescheid unter der "normalen" Steuernummer
des Klägers erlassen hat, unter dem früher auch der andere Gewerbebetrieb des
Klägers (gewerbliche Vermietung einer Eigentumswohnung) erfasst worden war. Das
Finanzamt hat in der Einspruchsentscheidung verdeutlicht, dass sich die Festsetzung
des Gewerbesteuermessbetrages ausschließlich auf den Gewerbebetrieb "gewerblicher
Grundstückshandel" bezieht; es hat den Gewinn aus der gewerblichen Vermietung nicht
einbezogen. Damit ist die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages hinreichend
bestimmt.
36
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs.1 Satz 3 FGO.
37
5. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche
Bedeutung i. S. d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; die Entscheidung beruht auf der Anwendung
der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
38