Urteil des FG Düsseldorf vom 15.12.2010

FG Düsseldorf (gerichtshof der europäischen gemeinschaften, verwendung, richtlinie, steuersatz, energiesteuer, herstellung, kennzeichnung, auslegung, preis, heizöl)

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 1695/10 VE
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1695/10 VE
Tenor:
Die von der Klägerin für die Monate Januar 2008 bis Juni 2010
abgegebenen Steueranmeldungen werden aufgehoben, soweit die
Energiesteuer unter Anwendung eines höheren Steuersatzes als 25
EUR je 1.000 kg Toluol ermittelt worden ist.
Die Klägerin trägt ¼ und der Beklagte trägt ¾ der Kosten des
Verfahrens.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war
notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
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Die Klägerin befasst sich mit der Herstellung und dem Verkauf von Titanpigmenten
sowie Titanverbindungen. Sie stellt unter Einsatz von Toluol im Chloridverfahren
Titandioxidpulver her, das sie als sog. Weißpigment verkauft. Die Titandioxidpigmente
werden in einem Synthesereaktor in drei Schritten hergestellt. Der erste Schritt stellt die
Reduktion von Titantetrachlorid (TiCl4) zu TiCl3 in einer Sauerstoffatmosphäre dar. Der
Sauerstoff verbindet sich mit dem Titan, während das Chlor teilweise als Chlorgas und
teilweise als Chlorwasserstoff entsteht. Die Einleitung der Titandioxidsynthese erfolgt
bei sehr hohen Temperaturen. Titantetrachlorid und Sauerstoff werden vor ihrer
Zusammenführung stark erhitzt. Da Sauerstoff mit einer Erdgasflamme nur bis etwa 950
Grad Celsius erhitzt werden kann, der Beginn der chemischen Reaktion jedoch eine
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Grad Celsius erhitzt werden kann, der Beginn der chemischen Reaktion jedoch eine
Erhitzung des Sauerstoffs auf 1.650 Grad Celsius erfordert, wird das Toluol direkt - zur
Schließung der "Energielücke" - in den 950 Grad Celsius heißen Sauerstoffstrom
eingesprüht, wo es verdampft und anschließend verbrennt. In einem zweiten Schritt
kondensieren die Titandioxideinzelmoleküle unter Hitzeeinwirkung zu Nanopartikeln,
die in einem dritten Schritt durch Kollision miteinander und anschließender Versinterung
zu Mikropartikeln heranwachsen.
Das gewonnene Titandioxid weist eine instabile Struktur und eine nicht sehr hohe
Beständigkeit auf. Deshalb verarbeitet die Klägerin das Titandioxid in einem Trockner
und in einem Temperofen weiter. Dabei wird die Oberfläche der Titandioxidgrundkörper
durch einen Überzug mit keramischen Mikropartikeln aus Aluminium, Zirkon oder
Siliciumoxid oder Mischungen hiervon stabilisiert. Ferner werden Kristallgitterfehler
beseitigt. Der Trockner und der Temperofen werden jeweils durch eine Erdgasflamme
erhitzt.
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Der Klägerin war mit Verfügung vom 27. Juli 1994 nach § 12 des
Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) eine Erlaubnis für die steuerfreie Verwendung von
Toluol zur Herstellung von Titandioxid erteilt worden. Sie beantragte mit Schreiben vom
19. Dezember 2006, ihr nach § 24 Abs. 2 Satz 1 des Energiesteuergesetzes
(EnergieStG) eine Erlaubnis für die steuerfreie Verwendung von Toluol zur Herstellung
von Titandioxid im Chloridverfahren zu erteilen. Das beklagte Hauptzollamt lehnte dies
mit Bescheid vom 17. Dezember 2007 ab, weil das Toluol zum Verheizen verwendet
werde.
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Auf Aufforderung des beklagten Hauptzollamts gab die Klägerin eine Steueranmeldung
vom 21. Dezember 2007 für die Verwendung von 776.183,91 Liter Toluol zur
Herstellung von Titandioxid im Chloridverfahren in dem Zeitraum vom 1. August bis zum
31. Dezember 2006 ab. Dabei wendete sie für die Berechnung der Energiesteuer den
Steuersatz für gekennzeichnetes Gasöl an. Das beklagte Hauptzollamt folgte der
Steueranmeldung nicht, sondern setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 2. Januar
2008 unter Anwendung des Steuersatzes des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG
508.012,37 EUR Energiesteuer fest.
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Die Klägerin legte gegen die Bescheide vom 17. Dezember 2007 und 2. Januar 2008
Einsprüche ein.
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Mit Wirkung vom 1. Januar 2008 wurde der Klägerin ein Steuerlager für die Aufnahme
von unversteuertem Toluol bewilligt. Hieraus entnahm sie in der Folgezeit das an sie
gelieferte Toluol zur Herstellung von Titandioxidpulver.
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Die Klägerin gab für die Monate Januar 2008 bis Juni 2010 Steueranmeldungen für die
Verwendung von Toluol zur Herstellung von Titandioxid im Chloridverfahren ab, in
denen sie die Steuer unter Anwendung des Steuersatzes des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
EnergieStG berechnete. Gegen diese Steueranmeldungen legte sie jeweils Einsprüche
ein.
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Die Klägerin trug mit ihren Einsprüchen sie vor: Sie verwende das Toluol nicht nur zur
Erzeugung von Wärme, sondern auch zur chemischen Umwandlung von
Titantetrachlorid in Titandioxid. Die Erzeugung der thermischen Energie sei nur ein
notwendiges Übel. Die Verwendung des Toluols sei deshalb steuerfrei. Jedenfalls
könne nicht der Steuersatz des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG angewendet
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werden. Das Toluol sei nach seiner Beschaffenheit zwar Leichtölen der Unterpositionen
2710 11 11 bis 2710 11 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) ähnlicher als den in § 2
Abs. 1 Nr. 4, 5, 9 und 10 EnergieStG genannten Erzeugnissen. Nach dem insoweit
maßgeblichen Verwendungszweck ähnele Toluol jedoch nicht Motorenbenzin, sondern
Gasöl. Toluol sei als Kraftstoff ungeeignet und mit einem Preis von etwa 1,42 EUR je
Liter im Vergleich zu Benzin mit einem Preis von etwa 0,40 EUR je Liter jeweils ohne
Energiesteuer zu teuer. Eine Kennzeichnung des Toluols sei für die Anwendung des
Steuersatzes des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG nicht erforderlich, weil
sie nicht vorgeschrieben sei.
Das beklagte Hauptzollamt wies die gegen die Bescheide vom 17. Dezember 2007 und
2. Januar 2008 gerichteten Einsprüche mit zwei Entscheidungen vom 22. April 2010
zurück und führte aus: Der Klägerin könne die von ihr begehrte Erlaubnis nicht erteilt
werden, weil sie das Toluol als Heizstoff verwende. Das Toluol werde vollständig
verbrannt, um die für den Prozess erforderliche Wärme zu erzeugen. Die festgesetzte
Energiesteuer sei nach § 67 Abs. 4 i.V.m. § 30 EnergieStG entstanden. Die der Klägerin
nach § 12 MinöStG erteilte Erlaubnis sei mit Inkrafttreten des Energiesteuergesetzes
erloschen, weil sie das Toluol zum Verheizen verwendet habe. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1
EnergieStG sei der Steuersatz des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG anzuwenden.
Das Toluol stehe nach seiner Dichte und seinem Siedeverhalten Leichtöl der Unterpos.
2710 11 KN und nicht Gasöl oder Heizöl der Unterpos. 2710 19 KN am nächsten.
Reines Toluol werde zwar als solches nicht als Kraftstoff verwendet, es komme
allerdings als Zusatzstoff für Motorenbenzin durchaus in Betracht. Eine Versteuerung
nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG scheide aus, weil das Toluol nicht
gekennzeichnet gewesen sei.
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Die Klägerin hat am 18. Mai 2010 Klage erhoben, mit der sie zunächst beantragt hat,
das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seines Bescheids vom 17. Dezember 2007
in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2010 zu verpflichten, ihr eine
Erlaubnis für die steuerfreie Verwendung von Toluol zur Herstellung von Titandioxid im
Chloridverfahren zu erteilen sowie den Steuerbescheid vom 2. Januar 2008 in der
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2010 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom
23. September 2010 hat sie auch die von ihr für die Monate Januar 2008 bis Juni 2010
abgegebenen Steueranmeldungen angefochten.
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Die Klägerin wiederholt und vertieft mit ihrer Klage ihr Vorbringen aus dem
Einspruchsverfahren.
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Das beklagte Hauptzollamt hat in der mündlichen Verhandlung den Steuerbescheid
vom 2. Januar 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2010
aufgehoben. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit insoweit in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die von ihr für die Monate Januar 2008 bis Juni 2010 abgegebenen
Steueranmeldungen insoweit aufzuheben, als mehr als 25 EUR Energiesteuer
gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes festgesetzt worden ist;
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2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
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1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidungen. Ergänzend trägt es
vor: Die gegen die Steueranmeldungen erhobene Klage sei unzulässig, weil die
entsprechenden Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung des Senats über die bereits
anhängige Klage hätten ruhen sollen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die Klage ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig. Das
beklagte Hauptzollamt hat über die Einsprüche der Klägerin gegen die für die Monate
Januar 2008 bis Juni 2010 abgegebenen Steueranmeldungen, die Steuerfestsetzungen
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung -
AO -), ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich
nicht entschieden. Einem Ruhen der Einspruchsverfahren (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO) hat
die Klägerin nicht zugestimmt. Dies hat sie im einzelnen in ihrem Schriftsatz vom 24.
November 2010 dargelegt. Soweit hinsichtlich des gegen die Steueranmeldung für den
Monat Juni 2010 eingelegten Einspruchs vom 12. Juli 2010 zum Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung die Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO noch nicht verstrichen
war, ist die Klage auch insoweit zulässig. Wegen der besonderen Umstände des
Streitfalls, die eine einheitliche Entscheidung des Gerichts über die zwischen den
Beteiligten streitigen Rechtsfragen gebieten, ist hinsichtlich der Anfechtung der für den
Monat Juni 2010 abgegebenen Steueranmeldung ausnahmsweise eine kürzere Frist
geboten (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FGO).
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Die Klage ist auch begründet. Die von der Klägerin für die Monate Januar 2008 bis Juni
2010 abgegebenen Steueranmeldungen sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren
Rechten, soweit die Energiesteuer unter Anwendung eines höheren Steuersatzes als 25
EUR je 1.000 kg Toluol ermittelt worden ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Die Steuer ist im Streitfall nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG entstanden. Sie ist in den
Steueranmeldungen allerdings zu Unrecht unter Anwendung des Steuersatzes des § 2
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EnergieStG ermittelt worden. Für die Verwendung des Toluols zur
Herstellung von Titandioxid im Chloridverfahren ist ein Steuersatz von nur 25 EUR je
1.000 kg anzuwenden (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG).
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Da Toluol der Unterpos. 2902 30 00 KN, die in der Fassung der Verordnung (EG) Nr.
2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 (ABl. EG Nr. L 279/1) anzuwenden ist
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(§ 1 Abs. 4 EnergieStG a.F.; § 1a Nr. 2 EnergieStG n.F.), in § 2 Abs. 1 und 3 EnergieStG
nicht genannt ist, unterliegt es nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG der gleichen Steuer
wie das Energieerzeugnis, dem es am nächsten steht. Dabei stellt § 2 Abs. 4 Satz 1
EnergieStG auf die Beschaffenheit und den Verwendungszweck des
Energieerzeugnisses ab. Demgegenüber werden gemäß Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der
Richtlinie (EG) 2003/96 (Richtlinie 2003/96) des Rates zur Restrukturierung der
gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und
elektrischem Strom (ABl EU Nr. L 283/51) zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff
bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere
Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in der Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt
wurde, je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff
erhobenen Steuersatz besteuert. Nach Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96
kommt es nicht auf die Beschaffenheit, sondern ausschließlich auf die Verwendung des
Erzeugnisses an. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der
Energiesteuer um eine verwendungsorientierte Verbrauchsteuer handelt (vgl.
Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 11. November 2008 VII R 33/07, BFH/NV 2009,
610). In richtlinienkonformer Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG kann für die
Bestimmung des Steuersatzes daher nicht auf die Beschaffenheit des Toluols als ein
dem Leichtöl ähnliches Energieerzeugnis abgestellt werden (vgl. zur
richtlinienkonformen Auslegung etwa BFH-Urteil vom 11. Februar 2003 VII R 1/01,
BFH/NV 2003, 1100). Die Verpflichtung des Senats zur richtlinienkonformen Auslegung
besteht unabhängig davon, ob sich die Klägerin auf Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der
Richtlinie 2003/96 berufen kann (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften,
Urteil vom 15. Juni 2000 Rs. C-365/98, Slg. 2000, I-4619 Randnr. 39 f.).
Da das Toluol zum Verheizen und nicht zum Antrieb von Verbrennungsmotoren
verwendet worden ist, kann der anzuwendende Steuersatz nur § 2 Abs. 3 Satz 1
EnergieStG entnommen werden. In § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG ist indes kein dem
Toluol mit einem Preis von unstreitig etwa 1,42 EUR je Liter gleichwertiger Heizstoff
aufgeführt, wie dies Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96 an sich erfordert.
Dem Toluol gleichwertig ist noch nicht einmal Benzin oder Kerosin, für das nach § 2
Abs. 3 Satz 1 EnergieStG in Übereinstimmung mit Anhang I Tabelle C zur Richtlinie
2003/96 kein Steuersatz vorgesehen ist.
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Der Gesetzgeber hat daher für Fälle der vorliegenden Art keine Regelung getroffen, die
es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, dem Gesetzestext seine steuerliche Belastung zu
entnehmen. Gleichwohl muss der Senat der Frage, ob § 2 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG auf
Grund seiner im Streitfall letztlich leerlaufenden Verweisung auf die Steuersätze des § 2
Abs. 3 Satz 1 EnergieStG gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der
Besteuerung verstößt (hierzu etwa Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO § 4
Randnr. 650), nicht weiter nachgehen. Denn in richtlinienkonformer Auslegung des § 2
Abs. 4 Satz 1 EnergieStG kann in Ermangelung eines in § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG
genannten und dem Toluol gleichwertigen Heizstoffes jedenfalls ein Mindeststeuersatz
herangezogen werden, der für Erzeugnisse vorgesehen ist, die zum Verheizen
verwendet werden (vgl. zu einer solchen richtlinienkonformen Auslegung auch das
BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1100). Dies entspricht dem Ziel der Richtlinie 2003/96, zur
Verwirklichung des Binnenmarktes eine harmonisierte Mindestverbrauchsteuer zu
gewährleisten (Art. 4 ff. der Richtlinie).
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Nach seiner (konkreten) Verwendung steht das Toluol dem Heizöl der Unterpos. 2710
19 61 bis 2710 19 69 KN gleich, für das gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG ein
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Steuersatz von 25 EUR je 1.000 kg anzuwenden ist. Die besonderen
Beschaffenheitsmerkmale für Heizöl der vorgenannten Unterpositionen nach der
Zusätzlichen Anmerkung 1 Buchst. f zu Kap. 27 KN müssen für die Anwendung des
vorgenannten Steuersatzes nicht vorliegen, weil es nach Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der
Richtlinie 2003/96 nur auf die Verwendung des Erzeugnisses ankommt. Die fehlende
Kennzeichnung des Toluols steht einer Anwendung des Steuersatzes des § 2 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 EnergieStG gleichfalls nicht entgegen, weil eine Kennzeichnung nach § 2
Abs. 4 Satz 2 EnergieStG a.F. bzw. nach § 2 Abs. 4 Satz 3 EnergieStG n.F. nur für den
Steuersatz des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG vorgesehen ist. Es muss daher nicht
geklärt werden, ob die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des
Energiesteuergesetzes (EnergieStV) an sich vorgesehene Kennzeichnung für eine
Anwendung des Steuersatzes des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG mit Art. 2 Abs. 3
Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/96, der nicht auf eine Kennzeichnung des
Energieerzeugnisses abstellt, vereinbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 2, 138 Abs. 2 Satz 1,
139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der
Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugela
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