Urteil des FG Düsseldorf vom 07.12.2010

FG Düsseldorf (wert, gesellschaft, anschaffungskosten, bilanz, buchwert, 1995, höhe, bezug, wahlrecht, zahl)

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 4432/08 AO
Datum:
07.12.2010
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 4432/08 AO
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin zu 1) ihr Wahlrecht aus § 20
Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 bei Einbringung der Anteile an der EA
GmbH in ihrer Eröffnungsbilanz dahingehend ausgeübt hat, dass diese
mit dem Buchwert (Anschaffungskosten des Einbringenden EA) und
damit mit 534.044,37 Euro angesetzt werden.
2. Die vom Kläger zu 2) angefochtene Einkommensteuerfestsetzung für
das Jahr 2000 wird dahingehend geändert, dass kein Gewinn gem. § 17
EStG wegen der Einbringung der Anteile an der EA GmbH in die A
Vermögensverwaltung GmbH anzusetzen ist.
Die Berechnung der Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2
Finanzgerichtsordnung dem Beklagten übertragen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
1
EA, war am Stammkapital der EA GmbH (GmbH) von 50.000 DM mit Geschäftsanteilen
in Höhe von 45.500 DM (91 %) beteiligt. Die Anteile wurden im Privatvermögen
gehalten.
2
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. August 2000 des Notars F in Z-Stadt(UR. Nr.
1/2000) wurde unter Ziffer I der Urkunde die A Vermögensverwaltung GmbH, die
Klägerin zu 1) mit einem Stammkapital von 25.000 Euro errichtet. EA übernahm die
Stammeinlage. EA wurde zum Allein- Geschäftsführer bestellt. Unter Ziffer II .1 der
Urkunde wurde zwischen ihm als Privatperson einerseits und ihm als Geschäftsführer
der Klägerin zu 1) andererseits vereinbart, dass die Stammeinlage nicht in Geld,
sondern dadurch zu erbringen ist, dass EA seine sämtlichen Anteile an der GmbH in die
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Gesellschaft (die Klägerin zu 1) einbringt. Unter Ziffer II. 2 heißt es sinngemäß, EA
überträgt die unter II. 1 genannten Geschäftsanteile gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten (Anmerkung: an der Klägerin zu 1) gem. Abschnitt I der Urkunde
und tritt diese Geschäftsanteile (Anmerkung :an der GmbH ) an die Gesellschaft
(Anmerkung : die Klägerin zu 1) ab. Unter Ziffer II. 3 heißt es sinngemäß, die
Geschäftsanteile werden zu Buchwerten übertragen; soweit der Einbringungswert der
Geschäftsanteile den Nennbetrag der übernommenen Stammeinlage überschreitet, wird
der Differenzbetrag in die Kapitalrücklage der Gesellschaft (Anmerkung : der Klägerin zu
1) eingestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 14.
August 2000 Bezug genommen (Aktenauszug Blatt 1 – 6) .
In dem der vorgenannten notariellen Urkunde als Anlage beigefügten
Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) heißt es unter § 3 sinngemäß: Das Stammkapital
der Gesellschaft beträgt 25.000 Euro. Auf dieses Stammkapital übernimmt EA eine
Stammeinlage von 25.000 Euro. Die Stammeinlage wird dadurch erbracht, dass EA
seine Geschäftsanteile an der GmbH als Sacheinlage in die Klägerin zu 1) einbringt.
Der Wert der Sacheinlage wird auf 25.000 Euro festgesetzt, soweit der Wert der
eingebrachten Anteile diesen Wert übersteigt, wird der Differenzbetrag in die
Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
den Vertrag Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 7 – 12).
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Am gleichen Tag wurde von EA der Bericht über die Sachgründung der Klägerin zu 1)
erstattet. Darin heißt es unter anderem sinngemäß: Die Gesellschaft (Anmerkung : EA
GmbH) hat ein Stammkapital von 50.000 DM und wies zum 31.12.1999 ein Eigenkapital
in Höhe von rund 25,8 Mio. DM aus. Der Buchwert des Anlagevermögens beträgt
ausweislich der Bilanz zum 31.12.1999 DM 16,4 Mio. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf den Sachgründungsbericht Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 13 und 14).
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Die Gründung der Klägerin zu 1) wurde am 17.10.2000 ins Handelsregister eingetragen.
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Am 13.11.2000 ging beim Beklagten ein von EA am 2.11.2000 unterzeichneter
Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Gründung einer Kapitalgesellschaft, der
Klägerin zu 1) ein. Darin ist unter Nummer 13 angekreuzt, es sei eine Sachgründung
erfolgt. Unter Nummer 15.2 ist angekreuzt, das Unternehmen sei entstanden durch
Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils oder Einbringung,
Schaffung oder Erhöhung einer Mehrheitsbeteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 2
Umwandlungssteuergesetz (UmwStG 1995) an einer Kapitalgesellschaft; ferner ist unter
dieser Ziffer die GmbH als das Unternehmen bezeichnet worden, von dem Anteile
eingebracht worden seien. Unter Nummer 15.3 des Formulars ist angekreuzt, dass der
Sachgründungsbericht beigefügt sei. In dem Vordruck heißt es weiter, dass die
Einbringung zu Buchwerten erfolgt sei (Nummer 15.4) und die Sacheinlagen aus dem
Privatvermögen stammen (Nummer 15.5).Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Fragebogen Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 15 – 18).
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In der Folgezeit bemühte sich der Beklagte vergeblich, von dem für die Besteuerung der
GmbH zuständigen Finanzamt die Anschaffungskosten des EA zu erfahren. Ausweislich
des Formblattes "Ertragsteuerliche Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
(KSt GU/ 4 A (98)) und des Ergänzungsblattes hierzu ging der Beklagte von einer
Einbringung zu Buchwerten aus, weshalb die von EA erlangten neuen Anteile gem. §
21 Abs. 1 UmwStG als einbringungsgeborene Anteile steuerverhaftet seien (siehe Tz.
4.2). Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftverkehr und das Formblatt nebst
8
Ergänzungsblatt Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 19 – 29).
Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, betrugen die Anschaffungskosten des EA für
seine 91 % Beteiligung an der GmbH 534.044,37 Euro.
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In der Eröffnungsbilanz der Klägerin zu 1) auf den 14.8.2000, die von EA nicht
unterzeichnet war, aber zu den Akten des Beklagten gereicht wurde (ohne
Eingangsstempel des Beklagten), waren Aktiva (Finanzanlagen) in Höhe von
15.090.814,31 Euro und auf der Passivseite eine Kapitalrücklage in Höhe von
15.065.814,31 Euro und gezeichnetes Kapital in Höhe von 25.000 Euro ausgewiesen.
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Die Grunddaten der Klägerin zu 1) wurden am 15.2.2001 in der Datenverarbeitung des
Beklagten erfasst.
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Die Eröffnungsbilanzwerte hatten sich nach dem insoweit unwidersprochenen
Vorbringen der Klägerin zu 1) ergeben, weil der Wert der eingebrachten 91 % -igen
Beteiligung an der GmbH mit 91 % des auf den 14.8.2000 laut vorläufiger Bilanz
vorhandenen buchmäßigen Eigenkapitals der GmbH angesetzt worden war (=
Finanzanlagen in Höhe von 15.090.814,31 Euro) und auf der Passivseite eine
Kapitalrücklage in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der eingebrachten
Beteiligung und dem gezeichneten Kapital (25.000 Euro) gebildet worden war.
12
EA behandelte diesen Vorgang in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000,
die am 3.5.2002 beim Beklagten einging, steuerneutral. Er wurde mit seiner Ehefrau, der
Klägerin zu 2a) mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abgabenordnung
(AO) erlassenem Bescheid vom 13. 4.2004 gemeinsam gem. § 26
Einkommensteuergesetz (EStG) zur Einkommensteuer veranlagt.
13
Die Klägerin zu 1) gab für das Jahr 2000 eine aus der Eröffnungsbilanz abgeleitete
Bilanz ab, die am 6.6.2001 nur von den Abschlussprüfern, nicht aber von EA
unterzeichnet worden war. Aufgrund einer von EA am 18.6.2001 unterzeichneten
Körperschaftsteuererklärung wurde die Klägerin zu 1) mit unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gem. § 164 AO erlassenen Bescheid vom 19.7.2001 für das Jahr 2000 zur
Körperschaftsteuer veranlagt. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen
Bescheid vom gleichen Tag wurden die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals
gem. § 47 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der bis zum Inkrafttreten des
Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 (Bundesgesetzblatt -BGBl-. I, 2000, 1433)
gültigen Fassung (im folgenden nur noch KStG a.F.) gesondert festgestellt. Die
Bescheide wurden in der Folgezeit mehrfach aus hier nicht interessierenden Gründen,
zuletzt mit Bescheiden vom 10.6.2003 geändert. Der Vorbehalt gem. § 164 AO blieb
bestehen.
14
Die Klägerin zu 1) reichte für das Jahr 2001 eine von EA am 30.10.2002 unterzeichnete,
aus der Eröffnungsbilanz und der Bilanz des Vorjahres entwickelte Bilanz zu den Akten
des Beklagten. Eine von EA am 30.10.2002 unterzeichnete Körperschaftsteuererklärung
wurde zu den Akten gereicht. Die Klägerin zu 1) wurde mit unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 15.11.2002 zur Körperschaftsteuer veranlagt.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom gleichen Tag
wurden die Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27, 28 und 38 KStG (in der Fassung des
Steuersenkungsgesetzes, im folgenden nur noch KStG) gesondert festgestellt. Die
Bescheide wurden durch Bescheide vom 10.6.2003 geändert. Der Vorbehalt der
15
Nachprüfung blieb bestehen.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 16.7.2003 begann das Finanzamt für Groß –
und Konzernbetriebsprüfung am 8.8.2003 mit einer Außenprüfung der steuerlichen
Verhältnisse der GmbH für die Jahre 1997 bis 2001. Aufgrund einer Prüfungsanordnung
vom 27.10.2003 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung am
28.10.2003 mit einer Außenprüfung der steuerlichen Verhältnisse des EA. Im Verlauf
dieser Prüfungen vertrat die Prüferin die Auffassung, in Höhe der Differenz zwischen
den Anschaffungskosten der GmbH – Anteile von 534.044,37 Euro und dem Wert von
15.090.814,31 Euro, mit dem die Anteile in der Eröffnungsbilanz der Klägerin zu 1)
angesetzt worden seien, sei im Jahr 2000 ein von EA zu versteuernder
Einbringungsgewinn entstanden.
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In diesem Zusammenhang fanden zwischen der Prüferin und der
Prozessbevollmächtigten Besprechungen und Schriftverkehr statt, in dem die
Prozessbevollmächtigte darlegte, dass ihrer Auffassung nach ein falscher Bilanzansatz
vorliege und dieser zu berichtigen sei, hilfsweise eine abweichende Steuerfestsetzung
aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO zu gewähren sei. Die Prüferin legte das
Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Oberfinanzdirektion mit der Bitte um
Prüfung vor, die zu dem Ergebnis gelangte, die Klägerin zu 1) sei nicht berechtigt, eine
abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu beantragen, denn nicht sie,
sondern EA sei durch den Einbringungsgewinn beschwert. Eine Änderung der Bilanz
käme nicht in Betracht, weil der Bilanzansatz nicht unrichtig sei, so lange er nicht den
Teilwert des eingebrachten Vermögens übersteige. Wegen des Schriftverkehrs im
einzelnen und der Stellungnahme der Oberfinanzdirektion wird auf die Schreiben vom
17.10.2003, 3.11.2003, 10.11.2003 Bezug genommen, wegen der Besprechung wird auf
die Gesprächsnotiz vom 7.10.2003 Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 30 – 42).
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Der bei der Prozessbevollmächtigten für die Betreuung der GmbH, des EA und auch der
Klägerin zu 1) zuständige Bearbeiter, der Zeuge G, reichte am 27.1.2004 eine von EA
am 21.01.2004 unterzeichnete geänderte Eröffnungsbilanz und geänderte Bilanzen auf
den 31.12.2000 und 2001 der Klägerin zu 1) zu den Akten des Beklagten.
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Darin war der Wert der eingebrachten GmbH-Anteile nur noch mit 534.044 Euro
beziffert. Er reichte auch neue Steuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 für die
Klägerin zu 1) zu den Akten des Beklagten. Die neue Körperschaftsteuererklärung des
Jahres 2000 wich insoweit von der ursprünglichen ab, als darin eine
ausschüttungsbedingte Körperschaftsteuerminderung erklärt wurde, die dem Beklagten
allerdings im Rahmen eines Einspruches vom 13.12.2002 der Klägerin zu 1) bekannt
geworden war und die bereits in einem Änderungsbescheid vom 10.6.2003
berücksichtigt worden war. Sie wich auch insoweit von der ursprünglichen Erklärung ab,
als darin die Aufteilung des zu versteuernden Einkommens nach Steuersätzen anders
vorgenommen worden war. Diese neue Aufteilung entsprach aber der Aufteilung des
Beklagten, der bereits im ersten Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2000 diese,
von der ursprünglichen Erklärung abweichende Aufteilung vorgenommen hatte. In der
Erklärung zur gesonderten Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals erklärte die
Klägerin zu 1) ein aus der am 27.1.2004 eingereichten, korrigierten Bilanz abgeleitetes
Eigenkapital. Die neue Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2001 war inhaltlich
identisch mit der ursprünglich abgegebenen. In der Erklärung zur gesonderten
Feststellung des Einlagekontos wurde ein aus der am 27.1.2004 eingereichten,
korrigierten Bilanz abgeleiteter Wert erklärt.
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In dem Begleitschreiben dazu heißt es sinngemäß, die Einbringung habe vom Konzept
her zu Buchwerten, d.h. zu den Anschaffungskosten erfolgen sollen, wie aus der
beigefügten Notiz hervorgehe. Es habe kein wirtschaftlich vernünftiger Grund für die
Realisierung von Einbringungsgewinnen bestanden, denn es hätten keine
Verlustvorträge bestanden, die mit einem etwa entstehenden Gewinn hätten verrechnet
werden können. Er, der Zeuge G, sei bei Erstellung der Eröffnungsbilanz irrtümlich
davon ausgegangen, das in der Bilanz der GmbH ausgewiesene Kapital sei identisch
mit den Anschaffungskosten der Anteile. Folgerichtig habe er aus diesen
"Anschaffungskosten" den "Buchwert" der Anteile in der Eröffnungsbilanz der Klägerin
zu 1) entwickelt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben und die dazu
eingereichten Anlagen Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 43 – 48).
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Mit Schreiben vom 29.1.2004 (Aktenauszug Bl. 49) teilte die Prüferin dem Beklagten mit,
der Prozessbevollmächtigten mündlich den Standpunkt der Groß – und
Konzernbetriebsprüfung und der Oberfinanzdirektion dargelegt zu haben. Die
Stellungnahme der Oberfinanzdirektion (Aktenauszug Bl. 40 – 42) wurde dem Beklagten
zur Verfügung gestellt.
21
Mit Schreiben vom 16.2.2004, auf das wegen des genauen Inhaltes Bezug genommen
wird (Aktenauszug Bl. 50 und 51), teilte der Beklagte der Prozessbevollmächtigten mit,
dass ihrem Antrag auf Bilanzberichtigung nicht entsprochen werden könne. Zur
Begründung wurde sinngemäß ausgeführt, dass der Irrtum des Zeugen G unbeachtlich
sei, da maßgebend der tatsächliche Bilanzansatz in der aufnehmenden Gesellschaft sei
und dieser nicht unrichtig sei, da der Ansatz eines Zwischenwertes oder des Teilwertes
nach der hier einschlägigen Vorschrift von § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG möglich wäre.
Das Schreiben war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.
22
Mit Schreiben vom 5.4.2004 (Aktenauszug Bl. 52) legten die Prozessbevollmächtigten
dem Beklagten ein Rechtsgutachten von H vor mit der Bitte, Gelegenheit zu erhalten,
die Notwendigkeit der Erstellung berichtigter Bilanzen und Erklärungen im Rahmen
einer Besprechung, an der auch die Oberfinanzdirektion teilnehmen solle, erläutern zu
können.
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Die Oberfinanzdirektion forderte den Beklagten zum Bericht auf. Die Groß- und
Konzernbetriebsprüfung nahm zu dem Rechtsgutachten Stellung (Aktenauszug Bl. 53 –
56). In der Stellungnahme vom 26.4.2004 heißt es unter anderem: ".... Selbst wenn man
unterstellt, dass es sich bei der Eröffnungsbilanz und dem nach Aktenlage ebenfalls
nicht unterschriebenen Jahresabschluss für das Jahr 2000 um noch nicht von Herrn A
genehmigte Entwürfe handelt, wird dieser Mangel meiner Ansicht nach durch die
Abgabe des unterzeichneten Jahresabschlusses für das Jahr 2001 geheilt. .......In
diesem Zusammenhang weise ich auf die Tatsache hin, dass der Wertansatz in der dem
Finanzamt eingereichten Eröffnungsbilanz von den Wertansätzen in den
Jahresabschlüssen 2000 und 2001 abweicht. Der Wert der Anteile an der A GmbH
wurde dabei nochmals um 21.013,78 DM aufgestockt, was durch eine Veränderung des
Eigenkapitals bei der A GmbH begründet wurde. Die geänderte Eröffnungsbilanz wurde
dem Finanzamt jedoch nicht eingereicht. Ob die geänderte Eröffnungsbilanz im Original
von Herrn A unterschrieben wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Eine Kopie der
korrigierten Eröffnungsbilanz wurde vom steuerlichen Berater im Rahmen der laufenden
Betriebsprüfung vorgelegt und wurde der Oberfinanzdirektion bereits mit meiner
Stellungnahme vom 3.11.2003 übersandt........" In der Stellungnahme heißt es ferner
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sinngemäß, die Übersendung des ausgefüllten Fragebogens mit der darin enthaltenen
Angabe, es sei eine Einbringung zu Buchwerten geplant, stelle keine wirksame
Ausübung des Wahlrechts dar, weil dieses erst in der Bilanz der aufnehmenden
Gesellschaft ausgeübt werde. Auch sei dem Fragebogen die Eröffnungsbilanz nicht
beigefügt gewesen, so dass kein Widerspruch zu den Angaben im Fragebogen
vorgelegen habe. Da die Angaben zum Wahlrecht im Fragebogen unverbindlich seien
und die Bilanz erst einen Monat später eingereicht worden sei, habe die Klägerin zu 1)
sich in der Zwischenzeit durchaus anders entscheiden können und einen vom
Fragebogen abweichenden Zwischenwert oder Teilwert ansetzen können.
In dem Bericht des Beklagten an die Oberfinanzdirektion (Aktenauszug Bl. 57 und 58)
vom 30.4.2004 heißt es, ".......dieser Antrag auf Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2
Satz 1 EStG wurde mit Schreiben vom 16.2.2004 abgelehnt. ....Gegen die Ablehnung
wurde kein Einspruch eingelegt ......" In dem Bericht heißt es ferner sinngemäß, man
schließe sich den Ausführungen der Groß- und Konzernbetriebsprüfung an.
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Am 24.6.2004 fand in der Oberfinanzdirektion eine weitere Besprechung zwischen der
Prozessbevollmächtigten, Vertretern der Oberfinanzdirektion und des Finanzamtes für
Groß- und Konzernbetriebsprüfung statt. In dem Gespräch wurde seitens der
Prozessbevollmächtigen (abermals) eine Notiz vom 28.2.2000 zu den Akten gereicht, in
der das für die GmbH entwickelte Konzept der Einbringung ihrer Anteile in die neue
Gesellschaft (die Klägerin zu 1) skizziert war. Das Gespräch führte zu keiner Einigung.
Die Prozessbevollmächtigte stellte einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung
gem. § 163 AO in Aussicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesprächsvermerk
Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 59 – 66).
26
Am 5.8.2004 stellte die Prozessbevollmächtigte beim Beklagten einen Antrag "auf
Berichtigung der Bilanzen" der Klägerin zu 1) " aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO",
den sie sinngemäß damit begründete, die Erhebung der Steuer aus einem
Einbringungsgewinn, der auf einem irrtumsbedingt überhöhten Bilanzansatz der
aufnehmenden Gesellschaft beruhe, sei grob unbillig. Die Bilanz der aufnehmenden
Gesellschaft sei eine Besteuerungsgrundlage, die einer Regelung nach § 163 AO
zugänglich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag Bezug genommen
(Bl. 67 – 75).
27
Am 6.9.2004 legte die Prozessbevollmächtigte unter Hinweis auf § 356 Abs. 1 Satz 2
AO Einspruch gegen "die Ablehnung des Antrages auf Bilanzberichtigung vom
16.2.2004 " ein und bat, diesen bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf
Bilanzänderung aus Billigkeitsgründen ruhen zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird
auf das Einspruchsschreiben Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 76).
28
Am 23.9.2004 legte die Oberfinanzdirektion dem Finanzministerium des Landes
Nordrhein – Westfalen einen Bericht vor mit der Bitte, einer Bilanzänderung im
Billigkeitswege nach § 163 AO zuzustimmen. Darin vertrat die Oberfinanzdirektion die
Auffassung, dass eine Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme, wohl aber eine
Bilanzänderung. Wegen des Inhaltes des Berichts im Einzelnen wird darauf Bezug
genommen (Aktenauszug Bl. 77 – 90).
29
Am 17.2.2005 reichte die Klägerin zu 1) erstmals ihre Steuererklärungen für das Jahr
2002 zu den Akten. Die Erklärung beruhte auf einer Bilanz, die aus der am 27.1.2004
eingereichten Eröffnungsbilanz abgeleitet war.
30
Am 20.06.2005 legte das Finanzministerium des Landes Nordrhein – Westfalen dem
Bundesministerium der Finanzen einen Bericht vor, auf den wegen der Einzelheiten
Bezug genommen wird (Aktenauszug Bl. 91 – 98). Darin vertrat das Finanzministerium
des Landes die Auffassung, dass zwar der Antrag auf Bilanzberichtigung zu Recht vom
Beklagten abgelehnt worden sei, dem Antrag auf eine Änderung des Bilanzansatzes
nach den Grundsätzen einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen
aber stattzugeben beabsichtigt sei, insofern werde die Zustimmung des
Bundesministers der Finanzen erbeten.
31
Mit Schreiben vom 20.1.2006 teilte die Oberfinanzdirektion dem Beklagten mit, dass das
Bundesministerium der Finanzen die Zustimmung nicht erteilt habe. Die
Oberfinanzdirektion teilte auch die Gründe des Bundesministeriums mit. Danach kam
eine Billigkeitsmaßnahme bei der Klägerin zu 1) im Wesentlichen deshalb nicht in
Betracht, weil der Bilanzansatz ungeachtet seiner Höhe keine Auswirkungen auf ihre
Steuerfestsetzung des Jahres 2000 hatte. Demgegenüber träte zwar eine Auswirkung
bei der Besteuerung des EA ein. Die Auswirkung sei aber nicht sachlich unbillig,
sondern entspreche dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck, wonach in Höhe der
Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Wert, mit dem die aufnehmende
Gesellschaft die Anteile ansetze, ein Einbringungsgewinn zu versteuern sei. Hierbei
seien die Vorstellungen des Einbringenden unbeachtliches Motiv, denn er habe kein
eigenes Wahlrecht. Auch habe der Gesetzgeber durch die Neufassung von § 4 Abs. 2
Satz 2 EStG im JStG 1999/2000/2002 kein Recht schaffen wollen, Änderungen
irrtümlich ermittelter, aber zulässiger Bilanzansätze zu ändern, vielmehr sollten dadurch
die bisher bestehenden Gestaltungspielräume gerade beseitigt werden, um dem
Finanzamt die Verlässlichkeit des eingereichten Buchführungswerkes zu garantieren.
Eine abweichende Steuerfestsetzung gegenüber EA aus persönlichen
Billigkeitsgründen sei nicht geprüft worden, weil solche Gründe nicht vorgetragen
worden seien. Wegen des genauen Inhaltes des Schreibens und der Begründung im
Einzelnen wird darauf Bezug genommen (Aktenauszug Bl. 99 – 103).
32
Mit Schreiben vom 31.3.2006, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird
(Aktenauszug Bl. 104 – 109), wies die Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass ihr nach
einem Gesprächstermin im Bundesministerium der Finanzen gestattet worden sei,
wegen der Bilanzänderung im Billigkeitswege ergänzend vorzutragen. Eine
Billigkeitsregelung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. beträfe zwar im Grundsatz nur die
Besteuerung des EA, da aber eine der Besteuerungsgrundlagen des EA der Wertansatz
der Beteiligung in der Eröffnungsbilanz der Klägerin zu 1) sei, müsse dieser Ansatz –
aus Billigkeitsgründen – insoweit korrigiert werden, wie er aus Billigkeitsgründen bei der
Besteuerung des EA unberücksichtigt bleibe. Eine Billigkeitsmaßnahme käme auch in
entsprechender Anwendung von § 163 Satz 2 AO in Betracht, eine unmittelbare
Anwendung scheide aus, weil EA nicht bilanziere und die Klägerin zu 1) durch den
höheren Bilanzansatz nicht beschwert sei. Eine entsprechende Anwendung käme aber
in Betracht, weil sowohl bei EA als auch bei der Klägerin zu 1) im Falle der
Herabsetzung des Bilanzansatzes der Beteiligung an der GmbH ein später anfallender
Veräußerungsgewinn entsprechend höher ausfallen würde. Es könnte daher gegenüber
EA im Wege einer Billigkeitsregelung eine abweichende Besteuerung mit der
Nebenbestimmung zugelassen werden, dass die Billigkeitsregelung nur gültig sei, wenn
die Klägerin zu 1) den Wert der Beteiligung in der Eröffnungsbilanz entsprechend
anpasse.
33
Mit Schreiben vom 14.8.2006 wies das Bundesministerium der Finanzen darauf hin,
dass sich aus dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom
31.3.2006 keine andere Beurteilung des Sachverhaltes ergebe. Zwar weise die
Prozessbevollmächtigte nunmehr darauf hin, dass auch ihrer Auffassung nach nur für
EA eine Maßnahme nach § 163 AO in Betracht komme, die lediglich als Folge zu einer
Änderung der Bilanz der Klägerin führen müsse. Es sei aber bereits bei dem
ursprünglichen Antrag – über dessen Wortlaut hinaus – geprüft worden, ob eine
Billigkeitsmaßnahme gegenüber EA in Betracht komme. Dies sei bereits seinerzeit
verneint worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug
genommen (Aktenauszug Bl. 110 und 111).
34
Mit Schreiben vom 9.1.2007 (Aktenauszug Bl. 112 und 113), das mit einer
Rechtsbehelfsbelehrung (Einspruch) versehen war, lehnte der Beklagte den Antrag der
Klägerin zu 1) auf Berichtigung der Bilanzen aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO ab.
Dagegen legte die Klägerin zu 1) am 12.2.2007 Einspruch ein (Aktenauszug Bl. 114).
35
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.10.2008 ( Aktenauszug Bl. 115 – 119) wies der
Beklagte den "Einspruch gegen die Ablehnung der Bilanzberichtigung vom 16.2.2004"
als unbegründet zurück. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass eine
Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme, weil der Bilanzansatz in der
Eröffnungsbilanz nicht unrichtig, sondern als Zwischenwert oder Teilwert zulässig sei.
Die fehlende Unterzeichnung der Eröffnungsbilanz seitens EA sei unschädlich, weil
offenkundig sei, dass das Büro der Prozessbevollmächtigten für EA die Bilanz habe
anfertigen und beim Beklagten einreichen sollen. Die Bilanz habe EA durch seine
Unterschriften unter die Folgebilanzen gebilligt.
36
Mit Einspruchsentscheidung vom 13. 10.2008 (Aktenauszug Bl. 120 – 126) wies der
Beklagte den Einspruch gegen die ablehnende Entscheidung vom 9.1.2007 über die
Bilanzänderung aus Billigkeitsgründen als unbegründet zurück. Er begründete dies
unter anderem damit, dass eine Bilanzänderung durch die Neufassung von § 4 Abs. 2
Satz 2 EStG im StEntlG 1999/2000/2002 gerade habe vermieden werden sollen und die
Erhebung der Steuer aus einem Einbringungsgewinn nicht sachlich unbillig sei,
sondern dem Willen des Gesetzgebers gerade entspreche.
37
Bereits am 16.11.2006 war der Bericht über die Außenprüfung bei EA verfasst worden,
auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Aktenauszug Bl. 127 – 130).
Darin heißt es unter anderem sinngemäß unter Tz.2.2, dass nach Ablehnung der
Anträge auf Bilanzberichtigung und Bilanzänderung aus Billigkeitsgründen der
Eröffnungsbilanz der Klägerin zu 1) davon auszugehen sei, dass ein Einbringungs/
Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 EStG in Höhe von 28.470.567 DM im Jahr
2000 zu versteuern sei (Anlage 2).
38
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und änderte die
Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2000, die zu diesem Zeitpunkt bereits durch
einen aus hier nicht streitigen Gründen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
ergangenen Bescheid vom 19.1.2006 geändert worden war, mit Bescheid vom
12.12.2006 erneut. Der Bescheid wurde an die Klägerin zu 2 a) als Steuerschuldnerin
sowie an die Kläger zu 2) b bis 2 d, die Erben des zwischenzeitlich verstorbenen EA
bekannt gegeben.
39
Gegen diesen Bescheid wurde am 2.1.2007 Einspruch (Aktenauszug Bl. 131 – 143)
40
eingelegt. Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bereits der
Erfassungsfragebogen eine Steuerbilanz der aufnehmenden Gesellschaft dargestellt
habe, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Ausübung des Wahlrechts
zum Buchwert erfolgt sei, die eingereichte Eröffnungsbilanz mangels Unterschrift des
Geschäftsführers keine Bilanz sei und im übrigen die Voraussetzungen einer
Bilanzberichtigung und nicht einer Bilanzänderung vorlägen, denn wenn eindeutig
feststehe, dass eine Einbringung zu Buchwerten habe erfolgen sollen, dieser Wert aber
falsch ermittelt worden sei, handele es sich um einen falschen Bilanzansatz, der auch
nicht deshalb richtig werde, weil er als Zwischen- oder Teilwert zulässigerweise habe
gewählt werden dürfen. Wäre eine Einbringung zu Teilwerten gewollt und erfolge
irrtümlich ein über dem Teilwert liegender Ansatz des Wirtschaftsgutes, handele es sich
bei der Korrektur auf den zutreffenden Wert auch nach Verwaltungsauffassung nicht um
eine Bilanzänderung, sondern um eine Bilanzberichtigung. Vorliegend könne nichts
anderes gelten.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 4.12.2008 zurück und verwies
zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen vom 13.10.2008 (im Verfahren der
Klägerin zu 1) sowie auf die im Zusammenhang mit den ablehnenden Entscheidungen
über die Anträge auf Bilanzänderung und Bilanzberichtigung aus Billigkeitsgründen
gegebenen Begründungen.
41
Mit Schreiben vom 25. August 2010 wandte sich die Klägerin zu 1) außerhalb des
Klageverfahrens an den Beklagten und regte im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil
des Finanzgericht (FG) Köln vom 11. Dezember 2008 (15 K 4963/01, Entscheidungen
der Finanzgerichte – EFG – 2009, 448) eine Abhilfe an und machte auf verschiedene
verfahrensrechtliche Besonderheiten aufmerksam (Bl. 84 Gerichtsakte Verfahren 13 K
4432/08 AO). Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 3. September 2010 (Bl. 97
Gerichtsakte Verfahren 13 K 4432/08 AO). Er führte aus, dass im angeführten Urteilsfall
des FG Köln die Wahlrechtausübung "eindeutig" gewesen sei. Im hier zu
entscheidenden Fall lasse der Einbringungsvertrag (§ 1 Abs. 3) nicht hinreichend
erkennen, ob sich dieser Wert auf den steuerlichen oder den handelsbilanziellen
Buchwert beziehe. Zusätzlich hätten hier die Anteile zum Privatvermögen des
Einbringenden gehört und schon begrifflich über keinen Buchwert verfügt. Gerade weil
ein Buchwert nicht feststellbar gewesen sei, lasse sich ein Gedankengang des
steuerlichen Beraters nicht ausschließen, dass ein steuerlich abweichender Wert
notwendig sei, um dadurch eine Entstrickung im Privatvermögen des Einbringenden
herbeizuführen. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Urteil des Bundesfinanzhof
(BFH) vom 28.05.2008 (I R 98/06) hinzuweisen, welches für § 20 UmwStG die
Handelsbilanz von der Steuerbilanz abkoppele. Der mögliche Hinweis des steuerlichen
Beraters auf die handelsbilanziellen Auswirkungen wäre danach schon für Zwecke des
§ 20 UmwStG unerheblich. Des Weiteren könne die Auffassung nicht geteilt werden,
dass noch bisher nicht entschiedene Anträge auf Änderung nach § 164 AO gestellt
worden seien. Die nachgereichten geänderten Steuererklärungen hätten unstreitig im
Zusammenhang mit den Anträgen auf Bilanzänderung gestanden. Jedoch selbst wenn
man solche Anträge noch als zusätzlich gestellt sehen sollte, wäre darüber erst nach
Abschluss des vorliegenden Klageverfahrens zu entscheiden.
42
Zur Begründung ihrer Klagen tragen die Kläger vor:
43
Nach Auffassung der Klägerin zu 1) sei ihre Erklärung maßgeblich, dass eine
erfolgsneutrale Einbringung zum Buchwert (= den Anschaffungskosten der
44
eingebrachten Anteile an der GmbH in Höhe von EUR 534.044,37) erfolgen solle,
obwohl in der Eröffnungsbilanz eine von diesem Wert abweichende Zahl angesetzt
worden sei. Diese Rechtsauffassung (Wort vor Zahl) werde in einem insoweit
vergleichbaren Fall durch ein rechtskräftiges Urteil des FG Köln vom 11. Dezember
2008 bestätigt. Dagegen wolle der Beklagte die Klägerin zu 1) an der falschen Zahl
(EUR 15.111.828,09) festhalten und gehe insoweit von dem Ansatz eines
Zwischenwertes aus, wodurch der Einbringende EA, der auch alleiniger Geschäftsführer
der Klägerin zu 1) gewesen sei, einen erheblichen Veräußerungsgewinn nach § 17
EStG zu versteuern habe, ohne dass es zu einem Zufluss finanzieller Mittel bei ihm
gekommen wäre.
Der vorliegende Fall weise dabei die Besonderheit auf, dass sich der streitige
Bilanzansatz auf die Höhe der Körperschaftsteuer der Klägerin zu 1) weder für den
Veranlagungszeitraum 2000 noch für die Folgejahre ausgewirkt habe. Angesichts
dieser Besonderheit sei vorab darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zu 1) und die
Kläger zu 2) zwar gemeinsam davon ausgingen, dass das Wahlrecht durch die Klägerin
zu 1), vertreten durch ihren alleinigen Geschäftsführer EA nach § 20 Abs. 2 Satz 1
UmwStG (1995) im Veranlagungszeitraum 2000 dahingehend ausgeübt worden sei, die
Anteile mit dem Buchwert und nicht mit einem Zwischenwert einzubringen.
45
Die beiden Klageverfahren unterschieden sich jedoch hinsichtlich der von den Klägern
des jeweiligen Verfahrens angenommenen Rechtspositionen. Im Urteil des FG Köln
vom 11. Dezember 2008 (15 K 496/01, EFG 2009 S. 448) sei ein Fall entschieden
worden, in dem die aufnehmende GmbH einen Ansatz der eingebrachten
Wirtschaftsgüter zu Teilwerten wählte und dabei von einer falschen Zahl, einem zu
niedrigen Wert ausging. Die Klage des Einbringenden auf Ermittlung des bei ihm
anzusetzenden Veräußerungsgewinns unter Ansatz der falschen Zahl (= eines
Zwischenwerts) sei bereits deshalb abgewiesen worden, weil nur die aufnehmende
GmbH gegen ihre Körperschaftsteuerveranlagung vorgehen könne, obwohl sich auch in
dem Urteilsfall des FG Köln keine Auswirkung auf den Tenor des
Körperschaftsteuerbescheids der aufnehmenden GmbH ergeben habe. Die Klägerin zu
1) müsse deshalb vorsorglich diese Rechtsauffassung ihren Klageanträgen zu Grunde
legen.
46
Der einbringende Gesellschafter EA bzw. nach dessen Versterben die Erben sowie auf
Grund der Zusammenveranlagung die Ehefrau, d.h. die Kläger zu 2) gingen dagegen für
ihre Anfechtungsklage gegen den Einkommensteuerbescheid davon aus, dass in der
hier vorliegenden Ausnahmekonstellation fehlender Steuerwirkungen bei der
aufnehmenden GmbH eine umfassende Überprüfung der Ausübung des Wahlrechts im
Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung des Einbringenden erfolgen könne.
47
Das Wahlrecht sei bereits durch den Erfassungsbogen ausgeübt worden (Ansatz der
Anschaffungskosten), denn dieser stelle eine (unbezifferte) Steuereröffnungsbilanz dar.
Nach Stapperfend in Herrmann /Heuer /Raupach, EStG/KStG Rz. 400 zu § 4 EStG, sei
ungeachtet der handelsrechtlichen Vorschriften alles eine Steuerbilanz, woraus die
zahlenmäßigen Angaben einer Bilanz ersichtlich seien. In dem Fragebogen sei
ausdrücklich erklärt worden, dass ein Ansatz zu Buchwerten erfolgen solle, wobei
aufgrund der Tatsache, dass die Beteiligung im Privatvermögen gehalten worden sei,
klar gewesen sei, dass Buchwert die Anschaffungskosten des Einbringenden
bezeichne. Zugleich sei damit zum Ausdruck gebracht worden, dass stille Reserven
nicht hätten aufgedeckt werden sollen. In dem Fragebogen sei ferner unter Punkt 12 das
48
Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro erklärt worden. Durch den Verweis auf die
sonstigen Urkunden unter Punkt 8 des Fragebogens sei die Höhe Kapitalrücklage als
Differenz zwischen Stammkapital und den Anschaffungskosten des EA bestimmbar
gewesen.
Die erstellte Eröffnungsbilanz mit der falschen Zahl könne mangels Unterschrift des
Geschäftsführers EA keine wirksame Bilanz sein, mittels der das Wahlrecht anderweitig
ausgeübt worden sei. Entsprechend sei das Wahlrecht entweder bereits durch
Einreichen des Fragebogens (zuvor) bindend ausgeübt worden oder erst nachträglich
mit Einreichen der am 27.1.2004 unterschriebenen Bilanz ausgeübt worden. Etwas
anderes könne nicht daraus geschlossen werden, dass die auf einen späteren Stichtag
aufgestellte Jahresbilanz die in der unwirksamen Eröffnungsbilanz angesetzten Werte
fortführe, denn das Wahlrecht sei im Falle der Einbringung im Rahmen einer
Sachgründung im Rahmen der Eröffnungsbilanz auszuüben; wichen die Werte der
Schlussbilanz von den Eröffnungsbilanzwerten ab, seien erstere falsch und zu
korrigieren. Aus dem Urteil des BFH vom 28. Mai 2008 (I R 98/06, Bundessteuerblatt –
BStBl. II 2008, 916) folge, dass auch das Einreichen einer unterschriebenen
Steuererklärung für die aufnehmende Gesellschaft zur Ausübung des Wahlrechtes nicht
ausreiche, denn erforderlich sei zusätzlich die Vorlage einer den Grundsätzen
ordnungsgemäßer Buchführung entsprechenden (unterschriebenen) Bilanz und die
vorbehaltlose Erklärung gegenüber dem Finanzamt, das Wahlrecht in bestimmter Weise
ausüben zu wollen.
49
Wollte man dieser Argumentation nicht folgen, müsste nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG eine
Bilanzberichtigung bei der Klägerin zu 1) wegen der unzutreffend ermittelten
Anschaffungskosten erfolgen. Insoweit werde auf Rz. 2034 – 2036 des
Umwandlungssteuererlasses verwiesen, wonach der Wertansatz für das eingebrachte
Vermögen, der diesem in der Aufnahmebilanz beigemessen werde, noch zu einem
späteren Zeitpunkt geändert werden könne, wenn zwar ersichtlich sei, dass eine
Einbringung zum Teilwert habe erfolgen sollen, dieser aber falsch berechnet worden
sei. Die Korrektur sei sowohl zu einem höheren wie auch zu einem niedrigeren Wert
zulässig. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Korrektur eines
zu niedrigen Teilwertes nach dem zitierten Erlass möglich sei, obwohl es sich insoweit
um einen – der Zahl nach – zulässigen (Zwischen-) Wertansatz handele. Diese
Regelungen, die für den Teilwertansatz gelten würden, müssten für einen fehlerhaft
errechneten Buchwertansatz sinngemäß zur Anwendung gelangen, da anderenfalls
vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt würden.
50
Ginge man abweichend von der vorstehend vertretenen Auffassung davon aus, dass die
Bilanz der Klägerin zu 1) richtig sei, müsse eine Bilanzänderung entsprechend § 4 Abs.
2 Satz 2 EStG möglich sein, weil die Änderung des Bilanzansatzes bei der
aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewinnneutral sei. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG
beschränke den Rahmen einer Bilanzänderung betragsmäßig auf die Höhe der
Bilanzberichtigung. Eine Bilanzänderung ohne Auswirkungen auf den Gewinn müsse
daher uneingeschränkt möglich sein.
51
Darüber hinaus werde auch auf das von H erstattete und der Beklagten vorgelegte
Rechtsgutachten vom 24. März verwiesen.
52
Zur Wahlrechtsausübung sei noch ergänzend anzumerken:
53
Die Klägerin zu 1) habe ihr Wahlrecht von vornherein dahingehend ausgeübt, dass der
Buchwert der eingebrachten Anteile an der GmbH anzusetzen sei, woraus sich eine
Bezifferung mit EUR 534.044,37 ergebe. Es sei unstreitig, dass das
Bewertungswahlrecht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG (1995) der Klägerin zu 1) als
der aufnehmenden Kapitalgesellschaft eingeräumt werde. Es sei im Wege der
Auslegung zu ermitteln, was sie erklärt habe. Es sei unstreitig, dass die Klägerin zu 1)
selbst, vertreten durch den Einbringenden EA, in dem steuerlichen Erfassungsbogen
eine Einbringung zum Buchwert (und nicht zu einem Zwischenwert oder gar dem
Teilwert) erklärt habe. Der Beklagte könne nicht vorbringen, dass diese Erklärung
missverständlich gewesen sei, weil wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften
im Privatvermögen keinen Buchwert und damit auch keinen Teilwert hätten, sondern
Anschaffungskosten. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (1995) sehe nach seinem Wortlaut nur
eine Einbringung zum "Buchwert" oder einem höheren Wert vor. Der Gesetzeswortlaut
sei aber nicht so zu verstehen, dass Wirtschaftsgüter, die keinen Buchwert hätten, wie
wesentliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 EStG, die im Privatvermögen
gehalten würden, nicht Gegenstand einer Sacheinlage sein könnten. Vielmehr sei die
Vorschrift für diese Fälle so zu lesen, dass die Untergrenze des Ansatzes dann durch
die Anschaffungskosten der Anteile (= den Buchwert im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1
UmwStG) bestimmt werde (BMF vom 25.März 1998, BStBl. I 1998, S. 268, Rn. 22.05
Satz 2; Patt, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 20 UmwStG (vor
SEStEG), Rn. 156). Deshalb sei hier durch die Klägerin zu 1) gegenüber dem Beklagten
erklärt worden, dass der die Steuerneutralität beim Einbringenden sichernde Buchwert
im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG anzusetzen sei. Diese Wahlrechtsausübung
werde bestätigt durch § 1 Ziffer 2 und 3 des notariellen
Einbringungsvertrages/Übertragungs- und Abtretungsvertrages über Geschäftsanteile
zwischen der Klägerin zu 1) in Gründung (vertreten durch EA) und EA, in dem
ausdrücklich eine Einbringung zu Buchwerten vorgesehen worden sei. Nach dem
maßgeblichen verobjektivierten Empfängerhorizont sei dieser notarielle Vertrag auch
mit heranzuziehen, da die Klägerin zu 1) davon habe ausgehen können, dass der Notar
diesen dem Beklagten übermittelt habe.
54
Der Beklagte führe mit Schreiben vom 3. September 2010 dagegen aus, dass mit der
notariellen Regelung nur die Handelsbilanz angesprochen gewesen sei, die nach dem
BFH-Urteil vom 28. Mai 2008, I R 98/06 von der Steuerbilanz "abgekoppelt" sei. Dabei
handele es sich jedoch um eine Rechtsprechung, die erstmals im Urteil des BFH vom
19. Oktober 2005 (I R 38/04, BStBl. II 2006, S. 568) entgegen dem
"Umwandlungssteuererlass" vom 25.März (BStBl. I 1998, S. 268, Tz 20.30) zur
Anwendung gekommen sei und deshalb von niemandem im Streitjahr 2000 habe
berücksichtigt werden können. Der Beklagte verkenne, dass es hier um die Auslegung
einer im Jahr 2000 abgegebenen Erklärung gehe und nach damaliger Rechtsprechung
und Verwaltungssicht von einer Maßgeblichkeit ausgegangen worden sei.
55
Zutreffend weise der Beklagte darauf hin, dass die aufnehmende Kapitalgesellschaft
von vertraglichen Regelungen mit dem Einbringenden abweichen könne und sich dann
lediglich zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehe, weil sie sich
gegenüber dem Fiskus an dem einmal ausgeübten steuerlichen Wahlrecht festhalten
lassen müsse und sich dies über § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 auf die Besteuerung
des Einbringenden auswirke. Für eine solche abweichende Wahlrechtsausübung
bestünden im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der
Einbringende auch der alleinige gesetzliche Vertreter der aufnehmenden
Kapitalgesellschaft gewesen, so dass eine abweichende Willensbildung
56
auszuschließen sei.
Hier bestehe lediglich die Besonderheit, dass eine vom objektiv Gewollten
abweichende, falsche Zahl ermittelt worden sei. Insoweit gelte aber der allgemeine
Grundsatz, dass eine unrichtige Bezeichnung nicht schade ("falsa demonstratio non
nocet"). Entsprechend habe auch das FG Köln mit rechtskräftigem Urteil vom 11.
Dezember 2008, 15 K 4963/01, EFG 2009, S. 448 für den Fall entschieden, dass das
Wort, d. h. der abstrakte Antragsinhalt (hier der Buchwert im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz
1 UmwStG 1995 = Anschaffungskosten) von der Zahl . d. h. der ursprünglichen
materiellen Wertermittlung der Anschaffungskosten abweiche. Das FG Köln (a. a. O.)
führe dazu aus, dass das "Wort vor der Zahl" gelte.
57
Es sei ferner darauf hinzuweisen, dass die Wahlrechtsausübung bei einer
neugegründeten Kapitalgesellschaft im Rahmen der Eröffnung zu vollziehen sei
(Widmann, in Widmann/Mayer, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 20
UmwStG, Rz. 679; Rechtsgutachten vom 24. März 2004, Seite 5). Deshalb habe der
Beklagte nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin zu 1) von der einmal
getroffenen Wahl im Rahmen ihrer Steuererklärung für 2000 unter Beifügung der
geprüften Handelsbilanz zum 31. Dezember 2000 wieder habe abweichen wollen. Es
liege deshalb kein Fall der nachträglichen Reue vor, wie er dem BFH-Urteil vom 28. Mai
2008 (I R 98/06, BStBl. II S. 916) zu Grunde gelegen habe. In dem Fall sei ausdrücklich
vom BFH festgehalten worden, dass von der dortigen Klägerin gerade kein Versehen
geltend gemacht worden sei, sondern die Ergebnisse einer Betriebsprüfung zu einer
nachträglichen Willensänderung geführt hätten.
58
Der Beklagte könne nach alledem aus der falsch ermittelten Zahl in der nicht
unterschriebenen Eröffnungsbilanz (die deshalb ohnehin nicht wirksam wäre) nicht
folgern, es wäre statt des Buchwerts i. S: v. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG (1995) ein
höherer Zwischenwert gewählt worden.
59
Zumindest wäre eine Bilanzberichtigung der falschen Zahl nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG
entsprechend den Urteilsgründen des FG Köln (a. a. O.) möglich. Durch die Festlegung
der Klägerin zu 1) auf den Buchwert im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 sei
die Zahl falsch. Eine entsprechende Bilanzberichtigung sei durch die aufnehmende
Kapitalgesellschaft mit Schreiben vom 20. Januar 2004 unter Beifügung einer
Eröffnungsbilanz mit zutreffendem Ausweis der Anteile erfolgt.
60
Ansonsten sei hilfsweise in der vorliegenden Ausnahmekonstellation auch eine
Bilanzänderung möglich, obwohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG in
der maßgeblichen Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes vom 22. Dezember 1999
(BGBl. I 1999, S. 2601) nicht vorlägen. Nach der Vorschrift sei eine Änderung nur
zulässig, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der
Bilanzberichtigung stehe und soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung auf den
Gewinn gehe. Sinn und Zweck dieser Neuregelung sei es, die Auswirkungen von
Bilanzänderungen auf die Besteuerung des Bilanzierenden zu begrenzen. Für den hier
vorliegenden Fall ergäben sich durch den korrigierten Ansatz der Anteile an der GmbH
keine steuerlichen Auswirkungen bei der Klägerin zu 1). Aus diesem Grund sei die
Vorschrift wegen der bestehenden verdeckten Regelungslücke teleologisch zu
reduzieren und es könne ohne Zustimmung des Beklagten eine Bilanzänderung
erfolgen.
61
Äußerst hilfsweise ergebe sich die Möglichkeit einer solchen Änderung aus § 163 AO
im Wege der Billigkeit. Es sei unerträglich, die Klägerin an der falschen Zahl
festzuhalten, denn im Rechtsverkehr dürfe kein Empfänger einer Willenserklärung alle
gegen die angesetzte Zahl sprechenden Umstände ausblenden, jede Anfechtung
wegen Irrtums entsprechend § 119 BGB zurückweisen und sich so entgegen Treu und
Glauben auf perfide Art und Weise bereichern.
62
Soweit der Senat im Rahmen der Klage der Klägerin zu 1) keine Möglichkeit der
Sachklärung sehe, müsse diese – entgegen den Grundsätzen des FG Köln in dem
rechtskräftigen Urteil vom 11. Dezember 2008 (a. a. O) – in der Anfechtungsklage des
einbringenden Gesellschafters gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 erfolgen
können, weshalb die Verbindung der beiden Klageverfahren nach § 73 Abs. 1 Satz 1
Finanzgerichtsordnung (FGO) von aufnehmender Gesellschaft und einbringendem
Gesellschafter geboten sei.
63
Die Klägerin zu 1) beantragt:
64
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin ihr Wahlrecht bei Einbringung der Anteile an
der EA GmbH in der Eröffnungsbilanz 2000 dahingehend ausgeübt hat, dass
diese mit dem Buchwert im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 und damit
mit 534.044,37 Euro angesetzt werden;
2. hilfsweise - die Einspruchsentscheidung vom 13.Oktober 2008 wegen "Ablehnung
des Antrags auf Bilanzberichtigung gem. § 4 Abs. 2 EStG auf den 14.08.2000, auf
den 31.12.2000 und den 31.12.2001" und der Ablehnungsbescheid vom 16.
Februar 2004 werden aufgehoben;
3. hilfsweise – es wird festgestellt, dass die Klägerin zu 1) ihre Bilanzen auf den
14.08.2000, 31.12.2000 und 31.12.2001 ohne Zustimmung des Beklagten
dahingehend berichtigen bzw. ändern durfte, dass die Anteile an der EA GmbH
bei Einbringung im Veranlagungszeitraum 2000 mit EUR 534.044,37 angesetzt
wurden;
4. äußerst hilfsweise - den Körperschaftssteuerbescheid für den
Veranlagungszeitraum 2000 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2000
jeweils vom 10. Juni 2003 unter Berücksichtigung eines Ansatzes der
eingebrachten Anteilen an der EA GmbH mit EUR 534.044.37 abzufassen;
5. ebenfalls äußerst hilfsweise nach dem Antrag zu 4. - unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2008 wegen "Ablehnung des Antrags
auf Bilanzänderung auf den 14.08.2000, auf den 31.12.2000 und auf den
31.12.2001 aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO" und des diesbezüglichen
Ablehnungsbescheides vom 9. Januar 2007 den Beklagten zu verpflichten, eine
Änderung der Bilanzen der Klägerin zu 1) auf den 14.08.2000, 31.12.2000 und
31.12.2002 aus Billigkeitsgründen dahingehend zuzulassen, dass die Anteile an
der EA GmbH mit EUR 534.044.37 angesetzt werden;
6. hilfsweise die Revision zuzulassen
65
66
Die Kläger zu 2) beantragen,
67
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 dahingehend zu ändern, dass
die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung eines Gewinns gem. § 17
Einkommensteuergesetz festgesetzt wird;
68
hilfsweise die Revision zuzulassen.
69
Der Beklage beantragt,
70
die Klagen abzuweisen.
71
Hilfsweise die Revision zuzulassen.
72
Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren.
73
Das Gericht hat die Verfahren 13 K 4432/08 AO (Klägerin zu 1) und 13 K 65/09 E
(Kläger zu 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung
und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 13 K 4432/08 AO verbunden.
74
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche
Verhandlung vom 7.12.2010 Bezug genommen.
75
Gründe:
76
A. Klage der Klägerin zu 1)
77
Die auf die Feststellung gerichtete Klage, dass der zutreffende Eröffnungsbilanzwert der
eingebrachten Beteiligung an der EA GmbH (GmbH) in der Bilanz der Klägerin
534.077,34 Euro beträgt, ist zulässig und begründet.
78
I. Die Klage ist als Feststellungsklage gem. § 41 FGO zulässig.
79
1. Die Feststellungsklage ist die richtige Klageart.
80
Die Klägerin zu 1) begehrt die verbindliche Feststellung, dass im Steuerrechtsverhältnis
zwischen ihr und der Finanzverwaltung von einer Einbringung der GmbH - Anteile zu
Anschaffungskosten von 534.044,37 Euro auszugehen ist (Feststellung gem. § 41 Abs.
1 1.Alt. FGO). Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist es nicht erforderlich, dass
das gesamte Rechtsverhältnis streitig und damit feststellungsbedürftig ist. Es können
auch lediglich einzelne Rechte oder Pflichten daraus verbindlich festgestellt werden
(Seer in Tipke/Kruse § 41 FGO Rz. 4 mit weiteren Nachweisen).
81
2. Die Klägerin zu 1) hat ein Interesse an der klageweise geltend gemachten
Feststellung, da sie Schadenersatzansprüchen der Rechtsnachfolger des EA
ausgesetzt ist, wenn der Beklagte den geänderten Bilanzansatz nicht akzeptiert. Für die
Bejahung des Feststellungsinteresses (§ 41 Abs. 1 FGO) reicht jedes vernünftige auch
ideelle oder wirtschaftliche Interesse von einigem Gewicht aus (Seer in Tipke/Kruse §
41 FGO Rz. 8 mit weiteren Nachweisen).
82
a) Gem. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 gilt der Wert, mit dem die aufnehmende
Gesellschaft das eingebrachte Vermögen bewertet, als Veräußerungspreis des
Einbringenden. Nach ganz herrschender Meinung (BFH – Urteil vom 16. Dezember
2009 I R 97/08, BStBl.II 2010, 808; BFH- Beschluss vom 19. Dezember 2007 I R 111/05,
BStBl. II 2008, 536; BFH- Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 111/00, Sammlung amtlich
nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH- BFH/NV – 2002, 628; Urteil des FG
Düsseldorf vom 14. März 2008 2 K 2106/06 E, EFG 2008, 910; Urteil FG Köln vom 11.
Dezember 2008 15 K 4963/01, EFG 2009, 448; Widmann in Widmann/ Mayer
Kommentar zum Umwandlungssteuergesetz – UmwStG - § 20 . Rz. 660; Schreiben des
Bundesministers der Finanzen – BMF – vom 25.3.1998 – im folgenden
Umwandlungssteuererlass – IV B 7 – S 1978 – 21 /98; BStBl. I 1998, 268, Tz. 2032) folgt
daraus, dass der Einbringende im Rahmen seines eigenen Besteuerungsverfahrens
wegen eines etwa entstandenen Veräußerungsgewinns mit der Einwendung nicht
gehört wird, es sei ein von dem Bilanzansatz der aufnehmenden Gesellschaft
abweichender Wert als Veräußerungspreis anzusetzen. Folglich muss die
aufnehmende Gesellschaft, die Klägerin zu 1), dafür Sorge tragen, dass ein zutreffender
Bilanzwert angesetzt wird (vgl. dazu Urteil FG Köln vom 11. Dezember 2008 15 K
4963/01, EFG 2009, 448).
83
Die aufnehmende Gesellschaft ist dem Einbringenden gegenüber zum Schadenersatz
verpflichtet, wenn der Ansatz des eingebrachten Vermögens in der Bilanz der
aufnehmenden Gesellschaft nicht entsprechend den zuvor getroffenen Vereinbarungen
erfolgt und dem Einbringenden daraus ein Schaden, etwa in Gestalt eines nicht
gewollten Veräußerungsgewinns entsteht (BFH- Beschluss vom 19. Dezember 2007 I R
111/05, BStBl. II 2008, 536 mit weiteren Nachweisen; Widmann in Widmann Mayer § 20
UmwStG 1995 Rz. 660 mit weiteren Nachweisen). Angesichts der Höhe der wegen
dieses Einbringungsvorganges bisher bei EA entstandenen Einkommensteuer ist das
wirtschaftliche Interesse der Klägerin zu 1) an der Klärung der Rechtsfrage von einigem
Gewicht.
84
3. Die Feststellungsklage ist nicht wegen der in § 41 Abs. 2 FGO enthaltenen
Subsidiaritätsklausel unzulässig. Die Klägerin zu 1) kann ihr Rechtsschutzziel durch
Anfechtungs- oder Leistungsklage nicht ebenso gut oder besser erreichen (vgl. Seer in
Tipke/Kruse zur Subsidiarität der Feststellungsklage, § 41 FGO Rz. 14 und 15).
85
a) Die Klägerin zu 1) kann nicht im Wege der Verpflichtungs- oder allgemeinen
Leistungsklage auf Zustimmung des Beklagten zur Bilanzänderung klagen, denn eine
solche Zustimmung ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Es kann daher weder die
Nichterteilung der Zustimmung im Wege der Anfechtungsklage angefochten noch die
Erteilung der Zustimmung im Wege der Verpflichtungs- oder allgemeinen
Leistungsklage auf schlichtes Verwaltungshandeln erstritten werden.
86
aa) Gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige eine Bilanz auch nach
Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Buchführung nicht entspricht, sofern sie nicht bereits einer Steuerveranlagung zugrunde
liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann (Bilanzberichtigung).
Weitere Anforderungen an die Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung stellt das Gesetz
nicht auf.
87
bb) Gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist eine Bilanzänderung, d.h. das Ersetzen eines
zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen zulässigen Ansatz zulässig, wenn sie
88
in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1
EStG steht. Eine Zustimmung des Finanzamtes zu einer Bilanzänderung, wie sie
aufgrund der erheblich weiter gehenden Änderungsbefugnis bis zum Jahr 1999 vom
Gesetz gefordert wurde, ist nicht mehr erforderlich.
b) Die Klägerin zu 1) kann ihr Rechtsschutzziel weder durch Anfechtung der Bescheide
über die Körperschaftsteuerfestsetzung der Jahre 2000 und 2001 und der gesonderten
Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals des Jahres 2000 bzw. des steuerlichen
Einlagekontos des Jahres 2001, noch durch eine Verpflichtungsklage auf Änderung der
genannten Bescheide ebenso gut oder besser erreichen.
89
aa) Eine Anfechtung der Körperschaftsteuerfestsetzungen kommt mangels
Rechtsschutzinteresses nicht in Betracht, weil die Körperschaftsteuerfestsetzungen der
Jahre 2000 und 2001 von der Höhe des für die Beteiligung angesetzten Wertes nicht
berührt werden, wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
90
bb) Eine Anfechtung des Bescheides für das Jahr 2000 über die gesonderte
Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals gem. § 47 KStG a.F. kommt nicht in
Betracht.
91
Ein höherer Ansatz des Wertes der GmbH – Anteile führt zu einer höheren
Kapitalrücklage und als Folge daraus zur gesonderten Feststellung entsprechend
höherer Beträge im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. (sog. EK 04) als Teil des
verwendbaren Eigenkapitals. Die Klägerin zu 1) ist durch ein zu hoch festgestelltes EK
04 allerdings nicht beschwert. Gem. § 40 Nr. 2 KStG a.F. war für eine Ausschüttung aus
dem EK 04 an die Gesellschafter keine Ausschüttungsbelastung herzustellen, so dass
aus einem zu hoch festgestellten EK 04 für die Gesellschaft keine Steuerbelastung
entstehen konnte. Auf der Ebene des Gesellschafters gehörten Ausschüttungen aus
dem EK 04 nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2
EStG (in der bis zum Inkrafttreten des StSenkG gültigen Fassung).
92
Eine Anfechtung des Bescheides für das Jahr 2001 über die gesonderte Feststellung
des steuerlichen Einlagenkontos i.S.v. § 27 KStG kommt nicht in Betracht, weil die
Klägerin zu 1) durch ein zu hoch festgestelltes Einlagenkonto nicht beschwert ist.
Einlagen unterliegen nicht der Körperschaftsteuer. Werden sie ausgeschüttet, gehören
sie beim Empfänger gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht zu den Einnahmen aus
Kapitalvermögen.
93
cc) Für entsprechende Verpflichtungsklagen auf Änderung der entsprechenden
Körperschaftsteuerbescheide bzw. Feststellungsbescheide gelten die Ausführungen
unter A I 3 b) aa) bis cc) sinngemäß.
94
dd) Im übrigen wäre die Feststellungsklage selbst dann nicht subsidiär, wenn man ein
Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Feststellungsbescheide bzw. an einer
Verpflichtungsklage auf deren Änderung bejahte. Die Klägerin zu 1) kann ihr Ziel, dass
über den zutreffenden Bilanzansatz verbindlich auch für andere Besteuerungsverfahren
entschieden wird, nämlich durch eine solche Klage nicht erreichen.
95
Zwar müsste das Gericht im Rahmen der Überprüfung der zutreffenden Höhe des
verwendbaren Eigenkapitals bzw. des Einlagenkontos auch überprüfen, welches der für
die Eröffnungsbilanz zutreffende Wert der Finanzanlage ist, weil daraus der Wert des
96
EK 04 bzw. des Einlagekontos zum 31.12.2000 bzw. 31.12.2001 abzuleiten ist. Das
Ergebnis der Überprüfung entfaltete aber keine allgemeinverbindliche Rechtskraft in
Bezug auf die von der Klägerin zu 1) gewünschte Feststellung des zutreffenden
Eröffnungsbilanzwertes. Die Rechtskraft reicht nämlich nur so weit, wie über den
Streitgegenstand entschieden worden ist und erfasst nicht die Folgerungen, die man
aus der Beantwortung von Vorfragen (sog. Urteilselementen) der Entscheidung für eine
andere Entscheidung ziehen könnte. Der relevante Prozessstoff wird nur für den
konkreten Subsumtionsschluss des Gerichts festgestellt (Seer in Tipke /Kruse § 110
FGO Rz. 37). Im Ergebnis stünde nach einer Entscheidung des Gerichts über die Höhe
des gesondert festzustellenden EK 04 bzw. des gesondert festzustellenden steuerlichen
Einlagekontos lediglich fest, dass und in welchem Umfang das verwendbare
Eigenkapital bzw. das Einlagekonto in den Bescheiden für die Jahre 2000 und 2001
unzutreffend festgestellt worden ist und dass - nur für diese überprüften Bescheide - von
einem bestimmten Wert in der Eröffnungsbilanz auszugehen ist (vgl. zum Beispiel BFH-
Urteil vom 19. November 1971 III R 115/70, BStBl. II 1972, 382 für die Bindungswirkung
von Besteuerungsgrundlagen, die einem durch rechtskräftigem Urteil festgestelltem
Einheitswert zugrunde gelegt wurden, für den Fortschreibungsbescheid).
4. Rechtsschutz im Wege der Feststellungsklage ist in Fällen wie dem vorliegenden
schließlich auch deswegen geboten, weil der aufnehmenden Gesellschaft zeitnah und
ungeachtet des von Zufälligkeiten abhängigen Standes ihres eigenen
Veranlagungsverfahrens eine Möglichkeit zur gerichtlichen Klärung des Bilanzansatzes
eröffnet sein muss, um die ungerechtfertigte Besteuerung eines Einbringungsgewinns
verhindern zu können, die der Einbringende wegen § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995
unabhängig vom Fortschritt des Veranlagungsverfahrens der aufnehmenden
Gesellschaft hinnehmen muss.
97
II. EA bzw. seine Ehefrau und seine Erben, die Kläger des ursprünglich unter dem
Aktenzeichen 13 K 65/09 E geführten Verfahrens (seit Verbindung Kläger zu 2 a bis 2 d
des Verfahrens 13 K 4432/08 AO), sind nicht beigeladen worden.
98
1. Es ist ungeklärt, ob der einbringende Gesellschafter zu einem Verfahren der
aufnehmenden Gesellschaft, in dem der Wert des eingebrachten Vermögens streitig ist,
gem. § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen ist. Der BFH hat – soweit ersichtlich - nur
über die Frage der notwendige Beiladung der aufnehmenden Gesellschaft zum
Verfahren des Einbringenden, in dem es um die Höhe des Einbringungsgewinns ging,
entschieden und das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 3 FGO verneint
(BFH- Urteil vom 19. Dezember 2007 I R 111/05, BStBl. II 2008, 536).
99
2. Sollte der Einbringende zum Verfahren der aufnehmenden Gesellschaft notwendig
beizuladen gewesen sein, wäre die Beiladung gem. § 73 Abs. 2 FGO im vorliegenden
Verfahren dadurch ersetzt worden, dass die Verfahren der Kläger zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.
100
III. Die Feststellungsklage ist begründet.
101
Der Eröffnungsbilanzwert der eingebrachten GmbH – Anteile beträgt 534.044,37 Euro.
Die im Jahr 2000 eingereichte Eröffnungsbilanz, die einen Wert der GmbH – Anteile in
Höhe von ca. 15 Mio. Euro auswies, war fehlerhaft. Sie ist durch die am 27.1.2004
eingereichte geänderte Bilanz gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG dahingehend berichtigt
worden, dass der Bilanzansatz der GmbH – Anteile 534.044,37 Euro beträgt.
102
1. Der für die eingebrachten GmbH – Anteile in der im Jahr 2000 eingereichten
Eröffnungsbilanz angesetzte Wert von 15.090.814,31 Euro entsprach nicht dem von der
Klägerin zu 1) ausgeübten Wahlrecht aus § 20 UmwStG 1995.
103
a) Die Klägerin zu 1) hat im Jahr 2000 eine Eröffnungsbilanz eingereicht.
104
aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1) stellte allerdings das am 13.11.2000 bei der
Beklagten eingereichte Formblatt "Gründung einer Kapitalgesellschaft" für sich
betrachtet noch keine Eröffnungsbilanz dar, denn dem Formblatt ist weder zu
entnehmen, wie viele GmbH - Anteile im Wege der Sachgründung eingebracht worden
waren noch welchen Wert diese hatten. Damit waren die Anforderungen an eine
Steuerbilanz nicht erfüllt.
105
bb) Die – nach den Angaben des Beklagten – erst am 8.12.2000 eingereichte
Eröffnungsbilanz ist eine wirksame Steuerbilanz gewesen.
106
Der Zeuge G hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, er habe die
Eröffnungsbilanz und das Formblatt "Gründung einer Kapitalgesellschaft" für EA
vorbereitet und ihm vorgelegt. Er habe im Anschluss daran im Auftrag des EA das
unterzeichnete Formblatt und - entweder zeitgleich oder geringfügig später - die
Eröffnungsbilanz beim Beklagten eingereicht. Damit steht fest, dass die Steuerbilanz mit
Wissen und Wollen des EA zu den Akten des Beklagten gelangt ist, so dass – entgegen
der Auffassung der Klägerin zu 1) - nicht von einer "Nichtbilanz" (vgl. dazu Stapperfend
in Herrmann/Heuer/Raupach EStG, KStG § 4 EStG Rz. 401) ausgegangen werden
kann. Es ist unschädlich, dass diese Eröffnungsbilanz nicht unterzeichnet worden ist,
denn das Steuerrecht enthält keine Formvorschriften für die Aufstellung der Steuerbilanz
(vgl. dazu Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach EStG, KStG § 4 EStG Rz. 401 mit
weiteren Nachweisen).
107
b) Die im Jahr 2000 eingereichte Eröffnungsbilanz enthielt für die eingebrachten GmbH
– Anteile einen überhöhten Wert, denn die Klägerin hatte ihr Wahlrecht aus § 20
UmwStG 1995 dahingehend ausgeübt, sich für den Ansatz zum Buchwert zu
entscheiden.
108
aa) Gem. § 20 Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 können Anteile an einer
Kapitalgesellschaft, die in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht werden, mit dem
Buchwert, dem Teilwert oder einem Zwischenwert in der Bilanz der aufnehmenden
Gesellschaft angesetzt werden, wenn der Einbringende dafür neue Anteile an der
aufnehmenden Gesellschaft erhält. Gem. § 20 Abs. 4 UmwStG 1995 gilt der Wert, mit
dem das eingebrachte Vermögen angesetzt wird, als Veräußerungspreis des
Einbringenden und als Anschaffungskosten der neuen Anteile.
109
Bei Einbringung in eine bereits bestehende Kapitalgesellschaft liegt ein laufender
Geschäftsvorfall vor, so dass das Wahlrecht ausgeübt wird, indem die Bilanz und die
Steuererklärung des Einbringungsjahres zu den Akten des Finanzamtes gereicht wird
(Widmann in Widmann /Mayer § 20 UmwStG Rz. 679; Umwandlungssteuererlass Rz.
2031). In den Fällen, in denen durch die Sacheinlage eine Kapitalgesellschaft
gegründet wird, wird das Wahlrecht in der Eröffnungsbilanz der Gesellschaft ausgeübt
(Widmann in Widmann/ Mayer § 20 UmwStG Rz. 679). Maßgebend ist der in der
Steuerbilanz gewählte Wert, denn die Vorschrift des § 5 Abs. 2 EStG, wonach
110
steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der
handelsrechtlichen Bilanz auszuüben sind, gilt im Rahmen von § 20 UmwStG 1995
nicht (BFH- Urteil vom 28. Mai 2008 I R 98/06, BStBl. II 2008, 916 mit weiteren
Nachweisen).
bb) Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens steht zur Überzeugung des
Senates fest (vgl. § 96 FGO), dass die Klägerin zu 1) ihr Wahlrecht dahingehend
ausgeübt hat, dass ein Ansatz der von EA eingebrachten Beteiligung an der GmbH zu
Buchwerten erfolgt.
111
(a) Das Einbringungskonzept war auf eine Einbringung der GmbH – Anteile zu den
Anschaffungskosten des EA gerichtet.
112
Ausweislich des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) hatte die Sachgründung
durch Einbringung der GmbH – Anteile zu Buchwerten zu erfolgen, vgl. § 1 Nr. 3 des
Gesellschaftsvertrages. Der Zeuge G hat bekundet, er sei von EA ausdrücklich dazu
beauftragt worden, ein Konzept für eine steuerneutrale Einbringung zu entwerfen. Diese
Angaben werden durch die Notiz des Zeugen vom 28.1.2000 untermauert, in der die
daraufhin von ihm entwickelte Umsetzung des Vorhabens skizziert worden ist. In dem
Fragebogen zur Gründung einer Kapitalgesellschaft heißt es, es sei eine Einbringung
zu Buchwerten erfolgt. Eine Einbringung zu einem Zwischenwert oder Teilwert wäre
auch nicht sinnvoll gewesen, da EA keine Verlustvorträge hatte, die er hätte nutzen
können, so dass ein Veräußerungsgewinn zu versteuern gewesen wäre, ohne dass es
zu einem Zufluss liquider Mittel gekommen wäre.
113
(b) Die Klägerin zu 1) hat keine von diesem Konzept abweichende Einbringung zu
einem Zwischenwert gewählt.
114
Der Einbringende EA war zugleich Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer
der Klägerin zu 1), was eine vom Willen des EA abweichende Entscheidung der
Klägerin zu 1) über die Wahlrechtsausübung ausschließt. Es ist kein Anhaltspunkt dafür
ersichtlich, dass EA seinen ursprünglichen Entschluss geändert haben könnte; dafür
wären auch keine plausiblen Gründe zu erkennen. Der Zeuge G hat vielmehr
ausdrücklich bestätigt, dass er das von ihm entworfene Konzept auch buchhalterisch
umsetzen sollte. Er sei mit der Erstellung der Eröffnungsbilanz für eine Einbringung zu
Anschaffungskosten des EA beauftragt gewesen und habe lediglich aufgrund eines
"Blackouts" die Anschaffungskosten des EA mit dem steuerlichen Kapital der GmbH
gleichgesetzt. Dass EA die falschen Ansätze trotz der hohen Differenz zu seinen
Anschaffungskosten nicht beanstandet hat, hat der Zeuge glaubhaft und für das Gericht
nachvollziehbar damit erklärt, dass EA keine steuerlichen Kenntnisse gehabt habe und
die Werte,- wenn er sich überhaupt Gedanken darüber gemacht habe – wohl für
zutreffend gehalten habe.
115
(c) Auch die Finanzverwaltung ist stets davon ausgegangen, dass das ursprüngliche
Einbringungskonzept Bestand hatte.
116
Der Beklagte ist im Rahmen der Kontrollmitteilung "Ertragsteuerliche Behandlung von
Anteilen an Kapitalgesellschaften" von einer Einbringung zu Buchwerten ausgegangen.
Das Finanzministerium hat in seinem Bericht vom 20.6.2005 an das
Bundesfinanzministerium ausgeführt " ... zwischen der Finanzverwaltung und der
Steuerpflichtigen besteht Einigkeit darüber, dass der bei der Einbringung angesetzte
117
Wert der eingebrachten Anteile in der Eröffnungsbilanz der A Vermögensverwaltung
GmbH auf einem Fehler des steuerlichen Beraters beruht, der sich über die
Anschaffungskosten der Anteile geirrt hat. Es besteht insbesondere Einigkeit darüber,
dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, einen von den Anschaffungskosten
abweichenden Wert anzusetzen".
c) Der in der ursprünglichen Eröffnungsbilanz der Klägerin zu 1) ausgewiesene Wert
von ca. 15 Mio. Euro war überhöht, denn der "Buchwert" der Anteile betrug tatsächlich
nur 534.044,37 Euro.
118
Gehören die eingebrachten Anteile zum Privatvermögen, treten an die Stelle des
Buchwertes im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 die Anschaffungskosten der
Anteile (Widmann in Widmann/Mayer § 20 UmwStG Rz.215). Die Anschaffungskosten
des EA betrugen, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, 534.044,37 Euro.
119
2. Der überhöhte Wert konnte als fehlerhafter Bilanzansatz von der Klägerin gem. § 4
Abs. 2 Satz 1 EStG geändert werden und ist durch Einreichung der geänderten
Eröffnungsbilanz vom 27.1.2004 auch tatsächlich berichtigt worden.
120
a) Gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige die Bilanz auch nach ihrer
Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht.
121
Ein Bilanzansatz ist fehlerhaft, wenn er objektiv gegen ein handelsrechtliches oder
steuerrechtliches Bilanzierungsgebot oder –verbot verstößt (es darf also kein Wahlrecht
bestehen) und der Steuerpflichtige diesen Verstoß nach den im Zeitpunkt der
Bilanzerstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten über die zum Bilanzstichtag
gegebenen objektiven Verhältnisse bei gewissenhafter Prüfung erkennen konnte.
122
aa) Der Bilanzansatz war objektiv fehlerhaft.
123
(a) Hat sich die aufnehmende Gesellschaft als bilanzierungspflichtige Steuerpflichtige
im Rahmen der Einbringung von § 20 UmwStG 1995 zum Buchwertansatz/Ansatz der
Anschaffungskosten des Einbringenden gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995
entschieden, gibt es - ebenso wie bei einer Entscheidung für den Ansatz des Teilwertes
gem. § 20 Abs.2 Satz 6 UmwStG 1995 - nur einen richtigen Bilanzwert.
124
Ein Bilanzierungswahlrecht besteht hingegen nur dann, wenn eine Einbringung zum
Zwischenwert erklärt wird, weil es in diesem Fall eine Vielzahl von Zwischenwerten und
damit mehrere richtige Bilanzansätze gibt.
125
Erfolgt die Einbringung nach der Erklärung der aufnehmenden Gesellschaft zum
Buchwert oder zum Teilwert und bildet die in der Bilanz gebuchte Zahl nicht den
Buchwert (bzw. die Anschaffungskosten des Einbringenden, siehe oben) oder den
Teilwert ab, ist der jeweilige Bilanzansatz falsch im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG
(für den Fall des zu niedrigen Buchwertes vgl. BFH- Urteil vom 17. Oktober 2001 I R
111/00, BFH/NV 2002,628; für den Fall des zu niedrigen Teilwertes vgl. Urteil FG Köln
vom 11. Dezember 2008 15 K 4963/01, EFG 2009, 448 und Umwandlungssteuererlass
Tz. 2034; für den Fall eines überhöht angesetzten Buchwertes Widmann in
Widmann/Mayer § 20 UmwStG 1995, 705 in Interpretation des
Umwandlungssteuererlasses; Patt in Dötsch/Patt/Pung/Jost Umstrukturierung von
126
Unternehmen 5. Auflage 2003 § 30 UmwStG Rz. 170).
(b) Dies gilt zur Überzeugung des Senates auch dann, wenn der unrichtige Bilanzansatz
einen Wert widerspiegelt, der unter der Voraussetzung richtig sein könnte, dass im
Rahmen der Ausübung des durch § 20 UmwStG 1995 eröffneten Wahlrechts eine
Einbringung zu Zwischenwerten gewählt worden wäre. Die Berechnung des
Buchwertes bzw. des Teilwertes erfolgt nämlich denknotwendig erst, nachdem der
Steuerpflichtige entschieden hat, wie er seine Wahl ausüben will. Steht seine Wahl zum
Buchwert oder Teilwert eindeutig fest und passen die errechneten Werte nicht dazu,
sind die Bilanzansätze als falsch anzusehen (ebenso für die Wahl zum Teilwert: Urteil
FG Köln vom 11. Dezember 2008 15 K 4963/01, EFG 2009, 448;
Umwandlungssteuererlass Tz. 2034) und können nicht als eine willentliche
Entscheidung für die Einbringung zu Zwischenwerten interpretiert werden. Wollte man
in diesen Fällen trotzdem eine Einbringung zu Zwischenwerten zulassen, liefe das auf
eine – von der ursprünglichen Wahlrechtsausübung der Einbringung zu Buchwerten
abweichende – rückwirkende, und deshalb steuerrechtlich nicht anzuerkennende
Umgestaltung des Sachverhaltes zu einer Wahlrechtsausübung zum
Zwischenwertansatz hinaus (vgl. dazu BFH – Urteil vom 9. April 1981 I R 191/77, BStBl.
II 1981, 620 und BFH- Urteil vom 15. Juli 1976 I R 17/74, BStBl. II 1976, 748)
127
Etwas anderes könnte lediglich dann gelten, wenn es aufgrund des über dem Buchwert
liegenden Bilanzansatzes zumindest als möglich angesehen werden müsste, dass –
entgegen den schriftlich getroffenen Vereinbarungen und den Erklärungen gegenüber
dem Finanzamt – die aufnehmende Gesellschaft eine Wahl zum Zwischenwertansatz
treffen wollte. Eine solche Unsicherheit besteht im hier zu entscheidenden Fall aber aus
den unter A III 1 dargelegten Gründen nicht.
128
bb) Der Bilanzansatz war auch subjektiv fehlerhaft.
129
Aufgrund der im Zeitpunkt der Erstellung der Eröffnungsbilanz bestehenden
Erkenntnismöglichkeiten über die zum Bilanzstichtag gegebenen objektiven
Verhältnisse wäre es leicht möglich gewesen, den zutreffenden Eröffnungsbilanzwert zu
ermitteln. Eine gewissenhafte Prüfung hätte ohne weiteres ergeben, dass die
Anschaffungskosten von EA nicht dem anteiligen bilanziellen Eigenkapital der GmbH
entsprachen.
130
b) Die Berichtigung der Bilanz ist nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG wegen
nicht mehr aufhebbarer bzw. änderbarer Veranlagungen, denen die ursprüngliche
Vermögensübersicht bereits zugrunde gelegen hat, ausgeschlossen.
131
aa) Die zu berichtigende Eröffnungsbilanz hat einer unrichtigen Schlussbilanz für das
Jahr 2000 und diese einer unrichtigen Schlussbilanz für das Jahr 2001 zugrunde
gelegen. Die Veranlagungen der Klägerin zu 1) der Jahre 2000 und 2001 einschließlich
der dazu gehörenden gesonderten Feststellungen können allerdings noch aufgehoben
oder geändert werden, weil die Klägerin zu 1) am 27.1.2004 diesbezüglich
Änderungsanträge gestellt hat, indem sie neue und zum Teil geänderte
Steuererklärungen zu den Akten gereicht hat. Über die Änderungsanträge ist bis heute
nicht abschließend entschieden worden.
132
Die Steuerfestsetzungen und die gesonderte Feststellung des verwendbaren
Eigenkapitals des Jahres 2000 erfolgten am 19.7.2001 unter dem Vorbehalt der
133
Nachprüfung aufgrund im Jahr 2001 abgegebener Steuererklärungen. Die reguläre
Festsetzungsfrist begann gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2001 und
hätte regulär gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre später mit Ablauf des Jahres 2005
geendet. Aufgrund der noch im Jahr 2004 gestellten Anträge auf Änderung läuft die
Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 3 AO bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber
nicht ab.
Die Steuerfestsetzungen und die gesonderte Feststellung des verwendbaren
Eigenkapitals des Jahres 2001 erfolgten am 15.11.2002 unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung aufgrund im Jahr 2002 abgegebener Steuererklärungen. Die reguläre
Festsetzungsfrist begann gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2002 und
hätte regulär gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre später mit Ablauf des Jahres 2006
geendet. Aufgrund der noch im Jahr 2004 gestellten Anträge auf Änderung läuft die
Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 3 AO bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber
nicht ab.
134
bb) Die Frage, ob in den Fällen, in denen sich der falsche Bilanzansatz auf den Gewinn
der Gesellschaft nicht ausgewirkt hat, eine Bilanzberichtigung ungeachtet der
Einschränkungen von § 4 Abs. 2 Satz 1, 2.Halbsatz EStG möglich ist (vgl. dazu Kühnen
in Bordewin/Brandt § 4 EStG Rz. 1054 mit weiteren Nachweisen und Stapperfend in
Herrmann/Heuer/Raupach § 4 EStG Rz. 414 mit weiteren Nachweisen, beide
bejahend), braucht vorstehend nicht beantwortet zu werden, weil die
Steuerfestsetzungen nicht bestandskräftig geworden sind (siehe oben aa).
135
cc) Die Frage, ob in den Fällen, in denen eine Eröffnungsbilanz zu korrigieren ist, eine
Korrektur ungeachtet einer etwa bestehenden Bestandskraft von Steuerfestsetzungen
des Eröffnungsjahres bzw. späterer Jahre möglich ist (vgl. dazu die Nachweise im BFH-
Beschluss vom 29. Januar 2008 VIII B 223/06 JURIS), und zwar selbst dann, wenn sich
aus dem unzutreffenden Bilanzansatz für bestandskräftige Jahre steuerliche
Auswirkungen ergeben haben (so z.B. Urteil FG Berlin vom 26. März 1975 VI 198/74,
EFG 1975, 561) braucht vorstehend nicht beantwortet zu werden, weil die
Steuerfestsetzungen nicht bestandskräftig geworden sind.
136
IV. Da dem Hauptantrag der Klägerin zu 1) stattzugeben war, brauchte über deren
Hilfsanträge nicht entschieden zu werden.
137
B. Klage der Kläger zu 2)
138
Die Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.
139
Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2000 ist rechtswidrig und
verletzt die Kläger zu 2) in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
140
Der Beklagte hat darin einen Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG aus der
Einbringung der Beteiligung des EA an der GmbH erfasst, obwohl ein
Veräußerungsgewinn nicht entstanden ist.
141
EA war, wie zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, wesentlich an der
eingebrachten GmbH beteiligt. Gem. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der im
Veranlagungszeitraum 2000 gültigen Fassung lag eine wesentliche Beteiligung bereits
vor, wenn der Veräußerer zu mindestens zehn Prozent an der Gesellschaft beteiligt war;
142
EA war an der GmbH mit 91 % beteiligt.
Die offene Sacheinlage einer wesentlichen Beteiligung hätte aber nur dann zu einem
Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 EStG geführt, wenn die aufnehmende
Gesellschaft die eingebrachten Anteile mit einem über den Anschaffungskosten des EA
liegenden Wert bilanziert hätte, weil der Bilanzwert gem. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG
1995 als Veräußerungspreis des EA anzusehen ist. Da die Beteiligung des EA zu
Anschaffungskosten bilanziert wurde, hat A einen Veräußerungserlös in Höhe seiner
Anschaffungskosten erzielt. Ein Gewinn ist nicht entstanden.
143
C.
144
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
145
D.
146
Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.
147