Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: grundstück, anschaffungskosten, gemeinde, werterhöhung, ohg, zustand, einkünfte, erstmaliger, abschreibung, rad

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 6.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
1999
Aktenzeichen:
6 K 2335/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 4 EStG 1997, § 5 Abs 1
EStG 1997, § 255 HGB
Aufwendungen für den Ausbau einer Zufahrtsstraße zu einem
Gewerbegebiet als nachträgliche Anschaffungskosten
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Aufwendungen der Klägerin für den Ausbau
einer Straße im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks in G... (Land
Brandenburg) zum Zweck des Betriebs eines K... werks als sofort abziehbare
Betriebsausgaben zu behandeln sind oder nicht.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, welche mit notariellem
Vertrag vom 6. März 1991 als Fa. K... GmbH & Co. KG gegründet und im Rahmen einer
Gesellschaftsänderung vom 29. Oktober 1991 umfirmiert wurde. Die Klägerin gehört
zum Konzern des H... C... in D... . Gesellschafter waren im Streitjahr 1999 die
Beigeladene zu 1. und die Fa. H... Verwaltungs GmbH als Komplementärinnen
sowie E... C... , die Fa. K... GmbH & Co. KG sowie R... C... als Kommanditisten.
Unternehmensgegenstand war die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen,
insbesondere die Produktion von Kalksandsteinen sowie die Förderung von Baustoffen.
Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowohl aus der Produktion und dem
Vertrieb der Kalksandsteine als auch aus der Beteiligung an der Fa. P... GmbH & Co. KG.
Mit notariellem Vertrag vom 20. Juni 1991 erwarb die Klägerin von der T... , B... , ein
Grundstück in G... , um dort ein K... werk zu errichten. Das Gelände hatte in früheren
Zeiten den H...-Werken und ab dem Jahr 1975 der N... zu militärischen Zwecken
gedient.
Am 14. Dezember 1994 schlossen die Fa. W... gesellschaft O... mbH aus H... , die Fa. K...
& Sohn OHG aus G... sowie die Klägerin einen „Vertrag über die Sicherung der
öffentlichen Befahrbarkeit der Haupterschließungsstraße zum Industriegebiet westlich
der V... Straße, die Herstellung der notwendigen Erschließungsanlagen auf dem
Flurstück 1... der Flur ... der Gemarkung G... …. und die Übertragung der endgültig
hergestellten Haupterschließungsstraße an die Gemeinde G... “ mit folgendem Inhalt:
㤠1 Beabsichtigte Vorhaben der Beteiligten
Die K... & Sohn OHG beabsichtigt, auf der Grundlage des Vorhaben- und
Erschließungsplanes Nr. 1 in dem westlichen Teil des Industriegebietes auf dem Flurstück
2... der Flur ... der Gemarkung G... … ein Transportbetonwerk und einen
Baustoffrecyclingbetrieb zu errichten.
Die W... gesellschaft O... mbH beabsichtigt, auf der Grundlage eines Bebauungsplanes
auf dem Flurstück 1... der Flur ... der Gemarkung G... … ein Gewerbegebiet zu
entwickeln.
Die B... GmbH & Co. KG hat auf dem nördlich des Flurstücks 1... gelegenen Flurstück
3... der Flur ... der Gemarkung G... ein K... werk errichtet und die Produktion von
Kalksandsteinen aufgenommen.
Für vorbezeichneten Grundbesitz Flurstücke 2... und 1... steht derzeit noch als
Eigentümer im Grundbuch eingetragen: T... , B... .
§ 2 Fertigstellung der Haupterschließungsstraße
Die W... gesellschaft O... mbH hat mit Kaufvertrag vom 28.04.1994 das Flurstück 1... der
Flur ... der Gemarkung G... von der T... käuflich erworben: Dieser Kaufvertrag wird
derzeit grundbuchlich durchgeführt. …
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Über den nördlichen Teil dieses Flurstücks verläuft bereits die zukünftige
Haupterschließungsstraße des Industrie- und Gewerbegebietes, die noch fertiggestellt
und an die L... angeschlossen werden muss.
Die bereits vorhandene, noch endgültig fertigzustellende Straße wurde von der K... &
Sohn OHG und der B... GmbH & Co. KG auf eigene Kosten errichtet. Die W... gesellschaft
O... mbH verpflichtet sich, die Planung einschließlich der weiteren Ausführung der oben
bezeichneten Haupterschließungsstraße vorzunehmen sowie den Anschluss der
Haupterschließungsstraße an die L... der Gemeinde G... ausführen zu lassen und für
diese Leistungen zunächst die Kosten zu tragen.
§ 3 Künftige Gesamtgestaltung
Den Beteiligten dieses Vertrages ist bekannt, dass die Haupterschließungsstraße und
die zugehörige Grundstückfläche nach endgültiger Fertigstellung und Herstellung der
Anbindung an die L... der Gemeinde G... zu Eigentum übertragen wird. Danach soll
durch die Gemeinde eine Umwidmung für den öffentlichen Verkehr erfolgen.
§ 4 Kosten der Haupterschließungsstraße
Die bisher angefallenen und künftigen Kosten für die Planung und Herstellung der
Haupterschließungsstraße sowie die Anbindung an die L... werden von der W..
gesellschaft O... mbH, der B... GmbH & Co. KG und der K... & Sohn OHG zu je einem
Drittel getragen. ….
§ 5 Bestellung von Grunddienstbarkeiten
……
Der Verlauf der Haupterschließungsstraße ergibt sich aus der beigefügten Karte, auf
welcher die Haupterschließungsstraße grün umrandet eingezeichnet ist.
……“
Dem in § 2 Absatz 3 des o. g. Vertrages angesprochenen Straßenbauvorhaben liegt
ein „Bauvertrag“ vom 15. September 1993 zugrunde, der zwischen der Klägerin und der
Fa. K... & Sohn OHG aus G... auf der einen Seite (= Auftraggeber) und der AT... GmbH
aus K... auf der anderen Seite (= Auftragnehmerin) geschlossen wurde. Gegenstand des
Bauvertrags mit einer Auftragssumme in Höhe von 233 930 DM zuzüglich Umsatzsteuer
war das „Bauvorhaben Zufahrtstraße zum Gewerbegebiet G...“, vertraglich vereinbarter
Baubeginn war der 17. September 1993 (vgl. Tz. 4.1 des Bauvertrags).
Am 10. Dezember 2006 sandte die Fa. W... gesellschaft O... GmbH der Klägerin eine
„Endabrechnung Haupterschließungsstraße Gewerbegebiet „A... “ in G...“ mit folgendem
Inhalt zu:
„… die von uns durchgeführten Straßenbaumaßnahmen an der
Haupterschließungsstraße des o. g. Gewerbegebiets sind beendet. Daher berechnen wir
Ihnen entsprechend Vertrag UR-Nr. .../1994 vom ... die angefallenen Baukosten wie
folgt:
Die Klägerin aktivierte ihre Aufwendungen im vorliegenden Zusammenhang als
Bilanzposten „Straße“ und machte entsprechende jährliche Absetzungen für
Abnutzungen (AfA) sowie Sonder-AfA geltend (vgl. Tz. 19 des BP-Berichts des FA für
Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft M... vom ... betr. die Jahre 1993 bis
1995. Der Bilanzposten „Straße“ betrug nach den Änderungen durch die
Betriebsprüfung per 31. Dezember 1995 103 807,- DM (einschl. 1,- DM
Erinnerungsposten):
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In der Folgezeit entwickelte sich der Bilanzposten „Straße“ in den Bilanzen der Klägerin
wie folgt:
Der Beklagte stellte die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr
1999 erklärungsgemäß mit Einkünftefeststellungsbescheid vom 22. November 2000 auf
./. 593 952,00 DM fest. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung
(AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In der Zeit ab dem 10. Juli 2001 führte das Finanzamt für Betriebsprüfung der Land- und
Forstwirtschaft M... im Auftrag des Beklagten bei der Klägerin eine Betriebsprüfung betr.
die Jahre 1996 bis 1999 durch. Im entsprechenden Prüfbericht vom ... 2002 heißt es zum
hiesigen Thema unter Tz. 12:
„ Haupterschließungsstraße
Die B... wurden 1992 auf einem bis dahin militärisch genutzten Gelände errichtet. Die
frühere Zuwegung an eine weiter nördlich gelegene Straße existiert nicht mehr.
Stattdessen wurde das neu zu errichtende Gewerbegebiet an die V... Straße
angeschlossen, indem eine Stichstraße erstellt wurde, die sog.
„Haupterschließungsstraße“.
Die Kosten teilen sich die W... gesellschaft O..., die Firma K..., und die B...fa.
Eigentümerin der Straße wurde die Gemeinde G... .
Bis zur Erstellung der Stichstraße gab es an dieser Stelle – nach Aussage der
zuständigen Behörden – zu keiner Zeit eine andere Straße.
Die von der „W... gesellschaft O... GmbH“ in Rechnung gestellten Herstellungskosten
sind daher als Grund und Boden zu aktivieren (Hinweis auf Rechtsprechung).
Bisher sind die Kosten als „Straße“ aktiviert und abgeschrieben worden. Soweit AfA in
der Vorzeit (bis 1995) erfolgte, soll es dabei verbleiben.
Da sich die Abschreibung infolge Anpassung an die VorBP und Sonderabschreibungen
kompliziert gestaltet, soll 1999 der Wert des Grund und Boden um die Beträge erhöht
werden, die sich im Pz. gewinnmindernd ausgewirkt haben. Die Abschreibung des
restlichen Buchwertes (27 630,-DM) kann dann wie vorgesehen, d. h. unverändert,
erfolgen:
Mit Bescheid vom 29. Juli 2002 änderte der Beklagte den Einkünftefeststellungsbescheid
vom 22. November 2000 entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung
(Einkünfte aus Gewerbebetrieb: ./. 475 124,00 DM). Der hiergegen gerichtete Einspruch
der Klägerin, mit dem sie die steuerliche Anerkennung des Bilanzpostens „Straße“ als
Aufwendungen für die Verbreiterung einer bereits früher am gleichen Ort vorhandenen
Straße begehrt, blieb erfolglos und wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung
vom 26. August 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der
Beklagte im Wesentlichen aus, dass Aufwendungen zur Durchführung erstmaliger
Straßenerschließungsmaßnahmen nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs – BFH – den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen
seien, da sie dazu dienten, das Grundstück baureif zu machen und es damit im Sinne
von § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches – HGB – in einen betriebsbereiten
Zustand zu versetzen (Hinweis auf Urteile vom 14. März 1989 IX R 138/88, Sammlung
der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1989, 633 und
vom 2. Mai 1990 VIII R 198/85, Bundessteuerblatt – BStBl - II 1991, 448).
Grundstücksbezogene Beiträge zur erstmaligen Errichtung von
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Grundstücksbezogene Beiträge zur erstmaligen Errichtung von
Straßenerschließungsanlagen seien nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und
Bodens, wenn durch die Baumaßnahmen, für die die Beiträge geleistet worden seien,
eine Werterhöhung des Grund und Bodens eintrete, die unabhängig von der Bebauung
des Grundstücks und dem Bestand eines auf dem Grundstück errichteten Gebäudes sei,
und die Beiträge in einem Sachbezug zum Grundstück stünden (Hinweis auf BFH-Urteil
vom 12. Januar 1995 IV R 3/93, BStBl II 1995,632). Die Grundstücksbezogenheit der
Beiträge ergebe sich daraus, dass die Beitragspflicht den Grundstückseigentümer
unabhängig von einer bestimmten Art der Grundstücksnutzung treffe (§ 134 Abs. 1
BauGB); die bleibende Werterhöhung werde mit der Erwägung bejaht, dass Beiträge zur
Errichtung erstmaliger Erschließungsanlagen der allgemeinen Erweiterung der
Nutzbarkeit (insbesondere der Bebaubarmachung) des Grund und Bodens dienen und
damit dem Grundstück ein besonderes, über den bisherigen Zustand hinausgehendes
Gepräge gäben. Auch Aufwendungen für die erstmalige Herstellung einer weiteren
Erschließungsanlage seien daher den nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und
Bodens zuzurechnen (Hinweis auf BFH-Urteil in BStBl II 1995, 632). Nach Aussage des
Bauamtes O...-Land und des damaligen Bürgermeisters von G.... , habe es bis zur
Erstellung der Stichstraße im Rahmen der streitgegenständlichen Investitionen an dieser
Stelle zu keiner Zeit eine andere Straße gegeben. Die Zufahrt zu dem betreffenden
Gelände sei vorher über eine – von der neuen Erschließungsstraße – weit entfernten
Straße erfolgt, die in etwa parallel zur Bahnlinie verlaufen sei. In der Umgebung der
neuen Erschließungsstraße – etwa 50 Meter entfernt – gebe es lediglich einen Sandweg
zu einer Badeanstalt (= Verbindung zwischen V... Straße und B... Weg). Diese Aussagen
könnten ebenfalls von seiner Bewertungsstelle bestätigt werden.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass
bereits vor Errichtung der Haupterschließungsstraße ein bereits erschlossenes
Betriebsgrundstück vorhanden gewesen sei, so dass keine Veränderungen in Funktion
und Wesen dieses Grundstücks eingetreten seien (Hinweis auf BFH-Urteile vom 26.
Februar 1980 VIII R 80/77, BStBl II 1980, 687 und vom 2. Mai 1990 VIII R 198/85, BStBl II
1991, 448). Dieser Sachverhalt werde auch durch den Plan als Anlage zum Bauvertrag
vom ... 1993 belegt, in dem neben der damals geplanten Straßenerweiterung die
bereits „vorhandene Zufahrt“ eingezeichnet sei. Die umfangreichen Zulieferungen von
Anlagegütern für die im Jahr 1991 begonnene Errichtung des K... - und M...werkes hätte
sich ohne Erschließung des Geländes und eine entsprechende Zufahrt nicht
verwirklichen lassen.
Nach Fertigstellung des Werkes und Produktionsaufnahme hätten die Produkte in
gleicher Weise ausgeliefert und die Rohstoffe angeliefert werden müssen. Diese
Transportfahrten seien in den Jahren 1993 bis einschließlich 1996, also bereits vor der
Verbreiterung der vorhandenen Straße im Rahmen der streitgegenständlichen
Investitionen, durchgeführt worden. Bei den Kalksandsteinen könne ein Lastzug mit rund
7 000 NF (= Normalformat) Steinen beladen werden. Für die in dem Zeitraum bis Ende
1996 verkauften Mengen hätten daher mindestens folgende Lastzüge für die
Auslieferungen eingesetzt werden müssen:
Hinzu kämen die Mörtellieferungstransporte sowie die Nutzung der vorhandenen Straße
durch die Fa. K... & Sohn OHG, deren Betriebsgelände unstreitig im Anschluss der
streitgegenständlichen Haupterschließungsstraße belegen ist. Die Existenz der Straße
in ihrem ursprünglichen Zustand werde auch durch Fotos (Bl. 45 und 95/96 der
Gerichtsakte) sowie den Lageplan des Vermessungsbüros B... (Bl. 46 der Gerichtsakte)
belegt.
Die Rechtsansicht des Beklagten lasse jeden Bezug zu der Rechtsprechung des BFH zur
steuerlichen Behandlung grundstücksbezogener Aufwendungen im Falle bereits voll
erschlossener Betriebsgrundstücke vermissen.
den früheren Bürgermeister der Gemeinde G... ,
Herrn S...., Frau B... (Bewertungsstelle des Beklagten) und Herrn G...
(Betriebsleiter der Klägerin) zu der Frage zu vernehmen, ob im Zeitpunkt
der Vornahme der streitgegenständlichen Investitionen durch sie auf dem
streitgegenständlichen Grundstück in G... bereits eine Straße vorhanden
gewesen ist oder nicht, hilfsweise, die Einkünftefeststellung 1999 unter
Änderung des Bescheids vom 29. Juli 2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 23. September 2003 dahin gehend
vorzunehmen, dass ein Betrag in Höhe von ./. 700 124 DM als Einkünfte aus
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vorzunehmen, dass ein Betrag in Höhe von ./. 700 124 DM als Einkünfte aus
Gewerbebetrieb festgestellt wird, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Vernehmung von
Herrn S... und Frau B... zu dem o. g. Beweisthema (siehe Anträge der
Klägerin).
Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 26.
August 2003. Herr H... von der Straßenmeisterei N... habe ebenfalls ausgesagt, dass die
Zufahrtsstraße erst in den Jahren 1994 bis 1997 errichtet worden sei und sich dort
vorher nur ein Sandweg befunden habe. Auf den von der Klägerin eingereichten Fotos
seien keine Datumsangaben vorhanden. Die auf dem eingereichten Lageplan
verzeichnete Zufahrt sei lediglich durch Strichellinien gekennzeichnet und könne sowohl
als Sandweg oder als erst noch zu bauende Zufahrt zu interpretieren sein. Er vermute
überdies, dass die Haupterschließungsstraße bereits im Jahr 1996 an die Gemeinde G...
übergeben worden sei. Sollte die Straße tatsächlich auf die Gemeinde übergegangen
sein, würden sich andere steuerliche Konsequenzen als bisher von den Beteiligten
erörtert ergeben.
Dem erkennenden Gericht haben bei seiner Entscheidung 7 Bände Steuer- und
Betriebsprüferhandakten und ein Hefter Rechtsbehelfsvorgang des Beklagten (StNr.:
.../.../...) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des
Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der geänderte Einkünftefeststellungsbescheid vom 29. Juli
2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2003 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung – FGO –).
1. Der Beklagte hat die von der Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung 1999
vorgenommene Gewinnminderungen im Zusammenhang mit dem Bilanzposten
„Straße“ (vgl. Tz. 12 des Bp-Berichts vom 30. April 2002) zu Recht im Rahmen des
Änderungsbescheids vom 29. Juli 2002 rückgängig gemacht. Die in diesem Bilanzposten
zusammengefassten Aufwendungen der Klägerin von ursprünglich 262 798,50 DM (=
hälftige Kosten laut Rechnung der AT... … GmbH vom 30. November 1994) zuzüglich 77
657,83 DM (= anteilige Kosten laut Schlussabrechnung der Fa. W... gesellschaft O...
mbH betr. die „Straßenbaumaßnahmen Haupterschließungsstraße Gewerbegebiet Am
K... werk in G... vom 10. Dezember 1996) stellen nach der Überzeugung des
erkennenden Gerichts nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens dar und
sind daher nicht abschreibungsfähig.
a.) Zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1
EStG i. V. m. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB gehören nach ständiger BFH-Rechtsprechung
nicht nur die dem Veräußerer geschuldete Gegenleistung, sondern auch sonstige
Aufwendungen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der
Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen
und zu einer Erhöhung des Wertes des Wirtschaftguts führen (vgl. dazu nur BFH-Urteil in
BStBl II 1995, 632 m.w.N.).
Als nachträgliche Anschaffungskosten von Grund und Boden hat die Rechtsprechung des
BFH auch grundstücksbezogene Beiträge zur Errichtung erstmaliger
Erschließungsanlagen angesehen. Voraussetzung für die Annahme nachträglicher
Anschaffungskosten in diesem Sinne ist, dass durch die Baumaßnahmen, für die die
Beiträge geleistet worden sind, eine Werterhöhung des Grund und Bodens eintritt, die
unabhängig von der Bebauung des Grundstücks und dem Bestand eines auf dem
Grundstück errichteten Gebäudes ist, und ferner, dass die Beiträge in einem Sachbezug
zum Grundstück stehen. Die Grundstücksbezogenheit der Beiträge ergibt sich daraus,
dass die Beitragspflicht den Grundstückseigentümer oder den Erbbauberechtigten
unabhängig von einer bestimmten Grundstücksnutzung trifft (§ 134 Abs. 1 BauGB); die
bleibende Werterhöhung wird mit der Erwägung bejaht, dass Beiträge zur Errichtung
erstmaliger Erschließungsanlagen der allgemeinen Erweiterung der Nutzbarkeit
(insbesondere der Bebaubarmachung) des Grund und Bodens dienen und damit dem
Grundstück ein besonderes, über den bisherigen Zustand hinausgehendes Gepräge
geben. Werden hingegen vorhandene Erschließungsanlagen ersetzt oder modernisiert,
so führen Erschließungsbeiträge nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten, es sei
denn, das Grundstück wird durch die Maßnahme in seiner Substanz oder in seinem
Wesen verändert; Beiträge für ersetzende oder modernisierende Maßnahmen sind
deshalb – ungeachtet einer etwaigen Werterhöhung des Grundstücks – nur dann zu
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deshalb – ungeachtet einer etwaigen Werterhöhung des Grundstücks – nur dann zu
aktivieren, wenn die grundstücksbezogenen Kriterien, die den Charakter eines
Grundstücks bestimmen (insbesondere Lage, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit)
berührt werden. Auch ein Beitrag für eine erstmalige Herstellung einer weiteren
Erschließungsanlage kann den nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und
Bodens zuzurechnen sein. Da nicht eine vorhandene Erschließungsanlage ersetzt oder
modernisiert wird, ist für die Aktivierung eine Werterhöhung des Grundstücks
entscheidend. Ob durch eine Zweiterschließung eine solche Werterhöhung bewirkt wird,
hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. zum ganzen Vorstehenden allgemein
nur BFH-Urteile vom 18. September 1964 VI 100/63 S, BStBl III 1965, 85, vom 12. Januar
1995 IV R 3/93, a.a.O., und vom 3. Juli 1997 III R 114/95, BStBl II 1997, 811 m.w.N.;
Ellrott/Brendt, in: Ellroth, u.a., Beck’scher Bilanzkommentar, 6. Aufl., § 255 Rz. 111
m.w.N.).
Die vorstehenden Rechtsprechungsgrundsätze gelten sowohl für Beiträge zur
Finanzierung öffentlicher Erschließungsanlagen als auch für Aufwendungen für die
Durchführung einer privaten Erschließungsmaßnahme, z. B. der Anlage einer
Privatstraße (vgl. dazu rkr. Urteil des Niedersächsischen FG vom 21. November 1989 I
321/88, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1990, 297; Spindler, Der Betrieb –
DB – 1996, 444).
b.) Nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts stellen sowohl die finanziellen
Beiträge der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Bauvertrages vom 15.
September 1993 als auch ihre Kosten im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 14.
Dezember 1994 Aufwendungen für die erstmalige Herstellung einer Erschließungsstraße
für das Gewerbegebiet „A... “ in G... im Sinne der o. g. finanzgerichtlichen
Rechtsprechung dar.
aa.) Hinsichtlich der von der BP im Rahmen der Gewinnermittlung für das Streitjahr 1999
stornierten, anteiligen Gewinnminderungen, soweit sie auf die noch nicht
abgeschriebenen Kosten in Höhe von 262 798,50 DM im Zusammenhang mit dem
Bauvertrag vom 15. September 1993 entfallen, geht die Klägerin bei ihrem Sachvortrag
selbst davon aus, dass vor Durchführung des „Bauvorhabens Zufahrtstraße zum
Gewerbegebiet G... “ aufgrund des Bauvertrags vom 15. September 1993 im Herbst
1993 am fraglichen Ort keine Vorgänger-Straße vorhanden gewesen ist, über die die von
ihr behauptete tatsächliche Nutzung in Form von rund 30 000 Lkw-Fahrten in den Jahren
1993 bis einschließlich 1996 hätte durchgeführt werden können. Damit räumt sie selbst
ein, dass es sich insoweit um Aufwendungen für die erstmalige Herstellung einer
Erschließungsstraße handelt. Einer Durchführung der von ihr beantragten
Zeugenvernehmung durch das Gericht bedarf es daher nicht.
bb.) Aber auch bei den Ende 1996 angefallenen weiteren Kosten in Höhe von 77 657,83
DM aufgrund des Vertrags vom 14. Dezember 1994 handelt es sich nach der
Überzeugung des erkennenden Gerichts um Aufwendungen für die erstmalige
Herstellung einer Erschließungsanlage im Sinne der o. g. BFH-Rechtsprechung. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten des Vertrages vom 14. Dezember 1994 die
in den Jahren 1993 und 1994 geschaffene Zufahrt zum Gewerbegebiet als ein
Provisorium angesehen haben oder nicht (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. Dezember 1995
IX R 5/95, BStBl II 1996, 134). Entscheidend ist nach der Überzeugung des erkennenden
Gerichts in Übereinstimmung mit der ständigen BFH-Rechtsprechung, dass sich die
Zufahrtsstraße in ihrem endgültigen Ausbauzustand ab Ende 1996 wesentlich vom
Ausbauzustand Ende 1994 unterscheidet und sich damit auch die Nutzbarkeit des von
der Klägerin erworbenen Betriebsgrundstücks verändert hat (vgl. dazu allgemein BFH in
BStBl II 1996, 134 unter 2. b): Es wurden in den Ausbau der Zufahrtsstraße noch einmal
fast 500 000 DM und damit fast ebensoviel Geld investiert wie im ersten
Ausbauabschnitt (damals rund 526 000 DM). Es wurden laut Abrechnung vom 10.
Dezember 1996 ein (vorher nicht vorhandener) Rad- und Gehweg, ein Auffangbecken,
eine Begrünung und die Straßenbeleuchtung hergestellt, die Zufahrtsstraße wurde mit
einer festen Teerdecke ausgestattet und durch eine Straßenerweiterung hinsichtlich der
Fahrbahnbreite mehr als doppelt so breit wie bisher angelegt (vgl. eingezeichnete
„geplante Straßenerweiterung“ im Verhältnis zur „vorhandenen Zufahrt“ in der Anlage
zum Vertrag vom 14. Dezember 1994). Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall
grundlegend von dem vom BFH in BStBl II 1996, 134 entschiedenen Fall, in dem durch
die streitgegenständlichen Investitionen lediglich marginale Änderungen an der
Beschaffenheit der bereits vorhandenen und in ihren äußeren Umrissen völlig
unverändert gebliebenen Straße bewirkt worden sind. Der vorliegende Fall ist hinsichtlich
der weiteren Kosten aufgrund des Vertrages vom 14. Dezember 1994 am ehesten mit
dem Fall der erstmaligen Herstellung einer weiteren Erschließungsanlage vergleichbar,
bei dem die betreffenden Investitionskosten nach der o. g. ständigen BFH-
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bei dem die betreffenden Investitionskosten nach der o. g. ständigen BFH-
Rechtsprechung ebenfalls den nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und
Bodens zuzurechnen sind. Da die dieser Sachverhaltswürdigung seitens des Gerichts
zugrunde liegenden Tatsachen (insbesondere Verdoppelung der Fahrbahnbreite,
erstmalige Herstellung eines Rad- und Gehweges, eines Auffangbeckens, einer
Begrünung und einer Straßenbeleuchtung) zwischen den Prozessbeteiligten unstreitig
sind, bedarf es auch insoweit nicht einer Durchführung der von der Klägerin beantragten
Zeugenvernehmung. Auch das Gericht geht nämlich davon aus, dass vor Beginn des 2.
Bauabschnitts (ab Ende 1994) an Ort und Stelle aufgrund der in den Jahren 1993 und
1994 durchgeführten Tiefbaumaßnahmen bereits eine Straße vorhanden gewesen ist,
die sich aber von ihrer Beschaffenheit her von der endgültig ausgebauten Strasse (nach
Abschluss des 2. Ausbauabschnitts) grundlegend unterschieden hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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