Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 12.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2002
Aktenzeichen:
12 K 8540/05 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 Nr 1 GewStG 2002, § 9 Nr 1
S 2 GewStG 2002
(Keine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei
einer als Bauträger tätigen GmbH - Hinzurechnung von
Dauerschuldzinsen)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz
2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und um die Hinzurechnung von
Dauerschuldzinsen gemäß § 8 Nr. 7 GewStG.
Unternehmenszweck der Klägerin, die früher als B GmbH firmierte, ist der Kauf und
Verkauf von eigenen Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Sie selbst erfüllt die
Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unstreitig nicht, weil sie u.a. als Bauträger
Altenheime und andere größere Anlagen errichtet. Sie ist allerdings an verschiedenen
Personengesellschaften beteiligt, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten. Es
handelt sich dabei um die C GbR (Beteiligung der Klägerin 50 %), die B GmbH & Co. D
KG (Beteiligung der Klägern 95 %) und die E GbR (Beteiligung der Klägerin 85 %). Die
Klägerin beantragte die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungs- und antragsgemäß.
Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In den Jahren 2004/2005 nahm der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung für die
Jahre 2000 bis 2002 vor. Der Beklagte versagte danach die erweiterte Kürzung nach § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG, rechnete aber – weiterhin – die Hälfte der Dauerschuldzinsen der
Personengesellschaften dem Gewerbeertrag der Klägerin zu. Er erließ am 16. August
2005 die hier angefochtenen Änderungsbescheide und hob mit Bescheid vom 17.
August 2005 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass hinsichtlich des Gewerbeertrags der
Personengesellschaften, an denen sie beteiligt ist und die ausschließlich eigenen
Grundbesitz verwalten, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu
gewähren sei. Sie trägt vor, dass die die erweiterte Kürzung beantragende
Personengesellschaft nicht selbst gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz
2 GewStG verstoße, und macht geltend, dass ein Durchgriff auf die beteiligte GmbH –
also sie, die Klägerin – gegen die gewerbesteuerlichen Vorschriften verstoße und von der
Rechtsprechung nicht gedeckt sei.
die Bescheide über den vortragsfähigen
Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2000, auf den 31. Dezember 2001
und auf den 31. Dezember 2002 sowie über den Gewerbesteuermessbetrag
und Gewerbesteuer 2002,
Einspruchsentscheidung vom 03. November 2005,
dass ihr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt und
dass die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen in Höhe von DM 294 181
(2000), DM 140 624 (2001) und € 55 277 (2002) bei der Ermittlung des
Gewerbeertrags rückgängig gemacht wird,
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung – FGO –).
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a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG. Die erweiterte Kürzung wird auf Antrag solchen Unternehmen
gewährt, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz
eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten
betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im
Sinne des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes errichten oder veräußern.
Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht, da sie durch ihre Tätigkeit als Bauträger
neben den genannten Tätigkeiten eine sogenannte kürzungsschädliche Tätigkeit ausübt.
Unerheblich ist insoweit, dass die Personengesellschaften, deren Gesellschafterin die
Klägerin ist, ausschließlich die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten
ausüben. Für die Beurteilung der gewerbesteuerlichen Behandlung der Klägerin kommt
es allein darauf an, ob sie die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfüllt.
Wollte man insoweit anders entscheiden, könnte jedes gewerbesteuerpflichtige
Unternehmen allein durch Ausgliederung der grundstücksverwaltenden Tätigkeit auf
Unter-Personengesellschaften die partielle erweiterte Kürzung erreichen. Das entspricht
jedoch nicht dem Sinn des Gesetzes, der darin liegt, solche Unternehmen zu
begünstigen, die, wenn sie nicht qua Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielten, nicht
zur Gewerbesteuer herangezogen würden, weil sie ausschließlich vermögensverwaltend
tätig sind. Zu diesem Kreis gehört die Klägerin nicht, denn sie würde aufgrund ihrer
Tätigkeit als Bauträger auch in anderer Rechtsform als der GmbH gewerbliche Einkünfte
erzielen und der Gewerbesteuer unterliegen.
b) Der Beklagte hat auch die Dauerschuldzinsen, deren Schuldner die
Personengesellschaften sind, zu Recht dem Gewerbeertrag der Klägerin hinzugerechnet.
Ob die Schuldzinsen im Streitfall der Klägerin oder den jeweiligen
Personengesellschaften zuzurechnen sind, entscheidet sich allein nach
gewerbesteuerrechtlichen Erwägungen. Die Schuldzinsen könnten der Klägerin nur dann
nicht zugerechnet werden, wenn sie Teil des Gewerbeertrags eines anderen
Gewerbesteuerobjekts im Sinne des § 2 GewStG wären. Losgelöst von der
gewerbesteuerrechtlichen Qualifikation gibt es nämlich weder ein Steuersubjekt noch
einen Betrieb. Die Personengesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, sind keine
solchen Gewerbesteuerobjekte, da sie weder eine gewerbliche Tätigkeit ausüben noch
gewerblich geprägt sind. Sie haben daher keinen Gewinn aus Gewerbebetrieb und keinen
Gewerbeertrag i.S.d. § 7 GewStG. Infolgedessen können auch Schuldzinsen bei diesen
Gesellschaften nicht wieder nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzugerechnet werden; sie sind
demzufolge bei der Klägerin hinzuzurechnen (zum Ganzen vgl. BFH-Urteil vom 28.
Januar 1975 – I R 106/73, BStBl. II 1975, 516).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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