Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

FG Berlin: gesellschafter, anbau, berufliche tätigkeit, betriebsstätte, personengesellschaft, herstellungskosten, beschränkung, einfamilienhaus, ingenieurbüro, miteigentümer

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Gericht:
FG Berlin 8. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
2000, 1999, 1998
Aktenzeichen:
8 K 8092/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 5 S 1 Nr 6 Buchst b
EStG 1997, § 4 Abs 4 EStG
1997, § 12 AO 1977
(Zur Qualifizierung als "häusliches Arbeitszimmer" im Sinne des
§ 4 Abs.5 Satz 1 Nr. 6b EStG)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für einen Büroraum
als Betriebsausgaben der Klägerin.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GbR ein Ingenieurbüro. Gesellschafter der
Klägerin sind je zur Hälfte Herr xxx Wxxx Gxxx und seine Ehefrau Cxxx Dxxx-Gxxx. Der
Gewinn der GbR aus selbstständiger Arbeit wird einheitlich und gesondert festgestellt
und den Gesellschaftern hälftig zugerechnet. Die GbR, die in den Streitjahren bis zu 7
Mitarbeitern beschäftigt hatte, betreibt ihr Unternehmen hauptsächlich in gemieteten
Büroräumen in der Wxxx x/Exxx xxx xx in Berlin. Dort befinden sich die Arbeitsplätze von
Herrn xxx Gxxx und sämtlicher Angestellten.
Im Jahr 1993 errichteten die Gesellschafter der Klägerin einen Anbau an ihr privates
Einfamilienhaus, xxxl xx, in Berlin. Dieser Gebäudeteil diente seit seiner Errichtung als
Geschäftsraum der GbR und war in den Streitjahren der ausschließliche Arbeitsplatz der
Gesellschafterin Frau Dxxx-Gxxx, von dem aus diese für die GbR tätig war. Im
Kellergeschoss des Anbaus befindet sich außerdem das Archiv der Klägerin. Der
streitbefangene Anbau an das Einfamilienhaus verfügt über einen separaten Eingang
und zudem über eine Durchgangstür in die Privaträume. Das Büro ist mit typischen
Büromöbeln wie Schreibtisch, Regalen usw. möbliert. Einrichtungsgegenstände, die der
Privatsphäre zuzurechnen wären, befinden sich unstreitig nicht in diesem Raum.
Neben seiner Frau nutzte auch Herr xxx Gxxx, dessen Hauptarbeitsplatz sich während
der Streitjahre in den gemieteten Räumen befand, den Anbau an den Wochenenden und
zuweilen auch an anderen Tagen, in erster Linie um Objekte des Unternehmens zu
demonstrieren. Insgesamt haben die Gesellschafter angegeben, das Büro sei -
gemessen an der Gesamtnutzung - zu 90 % von Frau Dxxx-Gxxx und zu 10 % von Herrn
xxx Gxxx genutzt worden.
Die Klägerin verbuchte seit Errichtung des Anbaus alle Aufwendungen, die im
Zusammenhang mit dessen Nutzung angefallen waren, als Betriebsausgaben. Der
Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß.
Im Jahr 2002 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Streitjahre statt. Der
Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass der Anbau Sonderbetriebsvermögen der
Klägerin darstelle. Es handele sich dabei um ein Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5
Nr. 6 b Einkommensteuergesetz -EStG-. Den Betriebsausgabenabzug beurteilte der
Betriebsprüfer wie folgt:
Da der Anbau im gemeinschaftlichen Eigentum der Eheleute stehe, seien die
diesbezüglichen Aufwendungen jedem Ehegatten zur Hälfte zuzurechnen. Die von Frau
Dxxx-Gxxx getragenen Aufwendungen (50 % der Gesamtaufwendungen) seien zum
Betriebsausgabenabzug zuzulassen, da bezüglich dieser Gesellschafterin die
Voraussetzungen für den vollen Betriebsausgabenabzug im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6 b
EStG gegeben seien. Denn für Frau Dxxx-Gxxx sei das Arbeitszimmer der Mittelpunkt
ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit. Eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs
komme daher nicht in Betracht.
Die auf Herrn xxx Gxxx entfallenden Aufwendungen (50 % der Gesamtaufwendungen)
seien dagegen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Mittelpunkt der
freiberuflichen Tätigkeit von Herrn xxx Gxxx befinde sich in den angemieteten
Geschäftsräumen der GbR in der Wxxx xxx, wo Herr xxx Gxxx seinen regelmäßigen
Arbeitsplatz habe. Die Tätigkeit in dem streitbefangenen Anbau mache weniger als 50 %
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Arbeitsplatz habe. Die Tätigkeit in dem streitbefangenen Anbau mache weniger als 50 %
von dessen Gesamttätigkeit aus. Nach den gesetzlichen Bestimmungen komme somit
ein Betriebsausgabenabzug für die von Herrn xxx Gxxx getragenen Aufwendungen nicht
in Betracht.
Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ der Beklagte geänderte
Feststellungsbescheide für die Streitjahre vom 4. Dezember 2002, mit denen er
dementsprechend nur 50 % der Gesamtaufwendungen für den Anbau zum Abzug als
Betriebsausgaben zuließ.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den sie im Wesentlichen damit
begründete, dass der Anbau an das Einfamilienhaus nicht etwa ein Arbeitszimmer
beherberge, sondern eine Betriebsstätte der Klägerin. Die Abzugsbeschränkung des § 4
Abs. 5 Nr. 6 b EStG könne schon aus diesem Grunde im Streitfall nicht eingreifen.
Hilfsweise berief sich die Klägerin darauf, dass der Betriebsausgabenabzug in voller Höhe
zu gewähren sei, weil Frau Dxxx-Gxxx als Gesellschafterin der Klägerin in dem Büroraum
ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2003 wies der Beklagte den Einspruch der
Klägerin als unbegründet zurück und führte unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Großer Senat -GrS- 1/93 vom 3. Juli 1995,
Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 617) aus, dass bezüglich der Beurteilung des
streitbefangenen Anbaus als Arbeitszimmer ungeachtet der Teilrechtsfähigkeit der
Personengesellschaften ein Durchgriff auf die persönlichen Verhältnisse der
Gesellschafter geboten sei; denn nur so könne die sachlich richtige Besteuerung
sichergestellt werden. Dieser Grundsatz gelte auch im Streitfall im Rahmen des § 4 Abs.
5 Satz 1 Nr. 6 b EStG mit der Folge, dass es für die Abzugsbeschränkung ausschließlich
auf die vom Gesellschafter verwirklichten Umstände und damit auf die räumliche Nähe
des Arbeitszimmers zur Privatsphäre der Steuerpflichtigen ankommen könne. Die
lediglich hälftige Berücksichtigung der Kosten lehne sich zudem an die Höhe der
Mitunternehmerbeteiligung der Gesellschafter und an die tatsächliche Handhabung
durch die Eheleute an. Im Übrigen sei die Abzugsbeschränkung auf 50 % der Kosten
auch unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass es sich bei der anderen Hälfte um so
genannten "Drittaufwand" handele, der nach der Rechtsprechung nicht abgezogen
werden könne.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin weiterhin den vollen
Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen für die streitbefangenen Räume begehrt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs gem. §
4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG durch den Beklagten im Streitfall sei nicht rechtmäßig. Bei dem
streitbefangenen Anbau handele es sich nicht um ein Arbeitszimmer im Sinne des
Gesetzes. Es liege vielmehr eine Betriebsstätte vor, auf die § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG keine
Anwendung finden könne. Der Anbau sei ursprünglich eigens für die betrieblichen
Zwecke der Klägerin erstellt worden. Hier habe das Ingenieurbüro seine Tätigkeit
überhaupt erst begonnen, und in den ersten Jahren der Existenz der Klägerin sei der
Anbau ihre einzige Betriebsstätte gewesen. Erst nach einigen Jahren habe die Tätigkeit
der Klägerin an Umfang derart zugenommen, dass - insbesondere zur Unterbringung
von Angestellten - größere Räumlichkeiten benötigt worden seien. Die Aufwendungen für
den Anbau seien deshalb von jeher Betriebsausgaben der Klägerin gewesen und auch
als solche von ihr verbucht worden. Dass eine Beschränkung des
Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG nur deswegen geboten sein soll,
weil die Klägerin nun ihren Betrieb nicht mehr ausschließlich nur in dem Anbau, sondern
auch in weiteren angemieteten Räumen betreibe, sei nicht einsichtig. Die
streitbefangenen Räume hätten ihre Betriebsstätteneigenschaft wegen dieser
räumlichen Erweiterung nicht verloren. Sie seien insbesondere nicht zum Arbeitszimmer
im Sinne des Einkommensteuergesetzes geworden.
Der Anbau sei bis heute objektiv erkennbar ausschließlich zum unmittelbaren Einsatz im
Betrieb der Klägerin bestimmt und zu keiner Zeit zu anderen Zwecken genutzt worden.
Er sei deshalb von Beginn an notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin gewesen und
geblieben. In welcher Form aber diese Nutzung gestaltet sei, sei für die Entscheidung
des Rechtsstreits unerheblich. Die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter müssten
deshalb bei der Beurteilung der Abzugsfähigkeit der streitigen Aufwendungen "außen
vor" bleiben. Eine Qualifikation als Arbeitszimmer komme unter den gegebenen
Umständen nicht in Betracht.
Auch ungeachtet des Vorliegens einer Betriebsstätte seien die Voraussetzungen für den
vollen Betriebsausgabenabzug im Streitfall erfüllt. Denn das Arbeitszimmer werde im
vorliegenden Fall von beiden Ehepartnern für ihre beruflichen und betrieblichen Zwecke
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vorliegenden Fall von beiden Ehepartnern für ihre beruflichen und betrieblichen Zwecke
genutzt. Da beide Ehegatten die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gemeinsam
getragen hätten, seien die auf die Nutzung des Arbeitszimmers entfallenden Ausgaben
entsprechend dem jeweiligen Nutzungsaufwand aufzuteilen, weil jeder der Gesellschafter
die auf seinen Anteil entfallenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zur
Einkünfteerzielung eingesetzt habe. Bei alleiniger Nutzung eines Wirtschaftsguts durch
einen Miteigentümer zur Einkünfteerzielung sei davon auszugehen, dass dieser die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet habe, um diesen Raum insgesamt
zu nutzen. Eine Aufteilung der Betriebsausgaben komme auch deshalb nicht in Betracht.
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bezüglich der Nichtabzugsfähigkeit
von so genanntem "Drittaufwand" griffen im Streitfall nicht ein. Denn die Miteigentümer
würden das gemeinsame Wirtschaftsgut nicht über den eigenen Miteigentumsanteil
hinaus nutzen. Maßgeblich sei allein, ob die Miteigentümer sämtliche auf das Büro
entfallenden Herstellungs- oder Anschaffungskosten im eigenen betrieblichen Interesse
selbst getragen haben. Davon sei bei den nutzungsorientierten Aufwendungen ebenso
auszugehen wie bei den grundstücksorientierten Aufwendungen. Der Umfang der
Nutzung durch die einzelnen Gesellschafter sei demgegenüber unerheblich. Erheblich sei
allein, dass es sich um ein gemeinsames Wirtschaftsgut handele, das der Klägerin diene.
Die Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG auf den Streitfall stelle darüber hinaus eine
Verfehlung des Gesetzeszwecks dar. Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG sei vom
Gesetzgeber ausschließlich zur Vermeidung von Missbrauchsmöglichkeiten bei der
Einrichtung und Unterhaltung von Arbeitszimmern geschaffen worden, die im Streitfall
ohne jeden Zweifel nicht zu befürchten seien. Die von dem Beklagten vorgenommene
Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs verfehle daher den Gesetzeszweck.
Die Klägerin beantragt, abweichend von den Feststellungsbescheiden für 1998, 1999 und
2000 vom 4. Dezember 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar
2003 den Gewinn der Klägerin unter Berücksichtigung aller für den streitbefangenen
Anbau an das Einfamilienhaus der Gesellschafter entstandenen und geltend gemachten
Aufwendungen als Betriebsausgaben geändert festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten beantragen hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte bleibt bei seiner bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung,
nach der die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG im Streitfall insoweit
greift, als die geltend gemachten Betriebsausgaben auf den Gesellschafter Dr. Gladen
entfallen. Außerdem liege in Höhe von 50 % der Gesamtaufwendungen Drittaufwand vor,
so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen
sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird
auf den Inhalt der Streitakte und auf die vom Beklagten für die Klägerin geführten
Steuerakten zu der St.Nr. xx/xxx/xxxxx (8 Bände), die dem Gericht vorgelegen haben,
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in
ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Betriebsausgabenabzug
für die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
versagt.
Seit 1996 regelt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4b EStG ein Abzugsverbot bzw. eine
Abzugsbeschränkung für Betriebsausgaben, die durch ein häusliches Arbeitszimmer
veranlasst sind. Nach dieser Vorschrift dürfen Aufwendungen für ein häusliches
Arbeitszimmer den Gewinn grundsätzlich nicht mindern. Dies gilt nur dann nicht, wenn
die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der
gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche
oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen
wird nach Satz 3 der Vorschrift die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM
bzw. 1.250 EUR begrenzt. Die Begrenzung entfällt ganz, wenn das Arbeitszimmer den
Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
1. Die streitigen Aufwendungen sind als Betriebsausgaben der Klägerin zu qualifizieren,
weil diese aufgrund der Nutzung der Räume durch die Klägerin betrieblich veranlasst
sind, und zwar handelt es sich um Sonderbetriebsausgaben.
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Sonderbetriebsausgaben sind u. a. Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des
Sonderbetriebsvermögens I, z. B bei einer Personengesellschaft wie der Klägerin die
Aufwendungen für von den Gesellschaftern zur Nutzung an die Gesellschaft überlassene
Gebäude oder Gebäudeteile. Wird ein Gebäude teils betrieblich, teils privat genutzt,
handelt es sich gemäß der gebotenen Aufteilung nach Nutzungs- und
Funktionszusammenhängen um mindestens zwei, höchstens vier Wirtschaftsgüter. Die
aufgrund des Nutzungs- und Funktionszusammenhangs mit dem Betrieb danach dem
Betriebsvermögen zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sind in der Regel nach dem
Größenverhältnis der für diesen Zweck eingesetzten Nutzflächen zu ermitteln (vgl.
Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 24. Auflage, § 4 Tzn. 191 ff. m.w.N.).
Derartige Aufwendungen liegen im Streitfall vor, weil der streitbefangene Anbau ein
Wirtschaftsgut ist, das zum Privatvermögen der Gesellschafter gehört, aber vollständig
von der GbR genutzt wird und dieser damit dient. Der Anbau ist somit ein im
Betriebsvermögen der Klägerin befindliches selbstständiges Wirtschaftsgut. Er stellt
Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter dar, das entsprechend den
Eigentumsanteilen der Gesellschafter zu je 50 % Herrn xxx Gxxx und Frau Dxxx-Gxxx
zuzurechnen ist. Folglich sind die durch den Anbau veranlassten Aufwendungen
Betriebsausgaben, und zwar ebenfalls je zur Hälfte Sonderbetriebsausgaben der beiden
Gesellschafter.
Bei den streitbefangenen Aufwendungen handelt es sich entgegen der Auffassung des
Beklagten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt - auch nicht zum Teil - um
Drittaufwand, weil dieser seiner Natur nach nur gegeben ist, wenn die
Personengesellschaft das Wirtschaftsgut eines Dritten (Nichtgesellschafters)
unentgeltlich nutzt. Nur die Aufwendungen eines Dritten kann die Personengesellschaft
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als Betriebsausgaben abziehen (vgl.
Schmidt, a.a.O., § 15 Tz. 436 m.w.N.). Im vorliegenden Fall sind aber ausschließlich
Aufwendungen der Gesellschafter der Klägerin streitig und nicht Aufwendungen eines
Dritten. Das von der Rechtsprechung vielfach behandelte Problem des Drittaufwands
spielt hier somit keine Rolle.
Unerheblich in dem vorliegenden Zusammenhang ist auch das Verhältnis, in dem das
Wirtschaftsgut durch die einzelnen Gesellschafter genutzt worden ist.
Aufteilungsmaßstab für die Zurechnung der Sonderbetriebsausgaben ist vielmehr allein
das Verhältnis der Sonderbetriebsvermögen zueinander, also das Verhältnis der
zivilrechtlichen Eigentumsanteile. In dieser Höhe (50/50) sind sowohl die Anschaffungs-
bzw. Herstellungskosten als auch die Grundstücksaufwendungen den einzelnen
Gesellschaftern zuzurechnen.
Aus allem folgt, dass die streitbefangenen Aufwendungen in vollem Umfang
Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind, nämlich Sonderbetriebsausgaben.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind diese Betriebsausgaben aber nicht in
vollem Umfang abzugsfähig. Die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der streitbefangenen
Betriebsausgaben ist im Hinblick auf die Gesellschafter personenbezogen zu prüfen. Das
ergibt sich bereits aus der Eigenschaft der streitbefangenen Aufwendungen als
Sonderbetriebsausgaben und wird durch das so genannte Transparenzprinzip bestätigt.
Dem Beklagten ist diesbezüglich zuzustimmen, dass ungeachtet der Teilrechtsfähigkeit
der Personengesellschaft ertragsteuerlich ein "Durchgriff" auf die persönlichen
Verhältnisse der Gesellschafter immer dann geboten ist, wenn nur so die sachlich
richtige Besteuerung sichergestellt werden kann (BFH-Urteil vom 3. Juli 1995, GrS 1/93,
BStBl II 1995, 617 - Transparenzprinzip -). Da die Abzugsbeschränkung dem Zweck
dient, den betrieblichen und den privaten Bereich eines Steuerpflichtigen abzugrenzen,
kann für die Frage, ob es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handelt, nicht auf die
Verhältnisse der Gesellschaft, sondern nur auf die Verhältnisse der Gesellschafter
abgestellt werden.
Die dem Gesellschafter xxx Gxxx zuzurechnenden Sonderbetriebsausgaben dürfen
danach gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG den Gewinn der Klägerin nicht mindern. Denn
insoweit handelt es sich um Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, die unter
das Abzugsverbot dieser Vorschrift fallen.
2.1. Bei dem streitbefangenen Anbau handelt es sich um ein Arbeitszimmer.
Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 6b EStG das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der vorwiegend der
Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-
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Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-
Urteile vom 16. Oktober 2002 XI B 190/01 , BFH/NV 2003, 146 m.w.N) , vom 19.
September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139, vom 16. Oktober 2002 XI
R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185 ; vom 13. November 2002, VI R 164/00, BFHE
2001, 86, BStBl II 2003, 350; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00). Unstreitig handelt es sich
im Streitfall um einen solchen Raum. Das im Anbau befindliche Büro Klägerin ist damit
ein Arbeitszimmer.
2.2. Dieses Arbeitszimmer ist häuslich i. S. d. höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Häuslich ist ein Arbeitszimmer, das seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die
häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist. In die häusliche Sphäre
eingebunden ist ein Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum
befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen
gehört (vgl. BFH - Urteil vom 20. November 2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, 775 m. w.
N.). Ein Arbeitszimmer, das sich in einem selbst genutzten EFH befindet, ist danach
grundsätzlich ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr 6b EStG (BFH-
Urteil vom 26. Februar 2003 VI R 156/01, BFHE 2002, 116). Ob ein in die häusliche
Sphäre eingebundener Raum dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b
EStG unterfällt, ist nach diesen Grundsätzen ausschließlich danach zu beurteilen, ob er
dem von der Rechtsprechung gehörenden Raumtypus entspricht.
Ein im (auch) selbst genutzten Wohnhaus gelegenes Büro kann nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung demgegenüber allenfalls dann ganz ausnahmsweise
aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ausscheiden, wenn im
Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Einbindung des Büros in die häusliche
Sphäre aufgehoben oder überlagert wird. Solche besonderen Umstände können z. B.
durch die besondere räumliche Nähe des Büros zu anderen Betriebsräumen gegeben
sein, insbesondere wenn das Büro räumlich in andere ausschließlich betrieblich genutzte
Räumlichkeiten integriert ist oder auch, wenn das Büro (auch) von dritten, nicht
familienangehörigen Personen genutzt wird. Entscheidend ist in diesen Fällen, dass die
Umstände dem Büro ein Gepräge geben, dass mit einer Qualifikation des Raumes als
häusliches Arbeitszimmer nicht vereinbar ist (vgl. BFH Urteil vom 20.11.2003, IV R 30/03,
a. a. O.).
Der streitige Anbau ist durch eine Verbindungstür mit den privaten Räumen der
Gesellschafter der Klägerin verbunden. Er weist wegen dieser räumlichen Verbindung zur
Wohnung, wegen seiner Einrichtung und der in ihm ausgeübten Tätigkeit (Büroarbeiten
für das Ingenieurbüro) die typischen Merkmale eines häuslichen Arbeitszimmers auf.
Einer der von der Rechtsprechung angeführten möglichen seltenen Ausnahmefälle liegt
nach Überzeugung des Gerichts im Streitfall nicht vor, weil die somit gegebene
Einbindung des Raumes in die häusliche Sphäre der Gesellschafter nicht durch
besondere Umstände aufgehoben oder überlagert worden ist. Der Umstand, dass der
Raum ursprünglich das einzige Büro der Klägerin war, ist nicht geeignet, einen
Ausnahmefall in diesem Sinne zu begründen.
2.3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Qualifizierung als "häusliches
Arbeitszimmer" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG auch gänzlich ohne
Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 Abgabenordnung -AO-
darstellt (vgl. BFH, Beschluss vom 9. August 2005, XI B 16/04, BFH/NV 2006, 268 m. w.
N. auf die ständige Rechtsprechung). Denn wenn die gesetzlich normierten
Tatbestandsmerkmale für den Begriff des "Arbeitszimmers" erfüllt sind, greift die
Abzugsbeschränkung als Spezialvorschrift gegenüber dem allgemein geltenden
objektiven Netto-Prinzip ein.
2.4. Bedenken gegen die vorliegende Entscheidung ergeben sich auch nicht etwa aus
der Betriebsvermögenseigenschaft des Anbaus. Denn seine Einordnung als häusliches
Arbeitszimmer führt nicht etwa dazu, dass die betreffenden Räume nicht mehr als
Betriebsvermögen zu qualifizieren wären und deshalb entnommen werden müssten (vgl.
BFH vom 9. August 2005, a. a. O.). Der Charakter als Sonderbetriebsvermögen steht
somit der Qualifizierung des Anbaus als Arbeitszimmer nicht entgegen.
Für den Streitfall gilt danach:
Für Frau Gxxx ist der Anbau der Mittelpunkt ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit. Die auf
sie entfallenden Sonderbetriebsausgaben sind daher im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz
3 EStG voll abzugsfähig.
Nach Aktenlage beträgt die Nutzung des Anbaus durch Herrn Gxxxxx auf jeden Fall
weniger als 50 % seiner Gesamttätigkeit für die Klägerin. Die auf ihn entfallenden
Sonderbetriebsausgaben sind deshalb gemäß § 4 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 6
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Sonderbetriebsausgaben sind deshalb gemäß § 4 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 6
b vom Abzug ausgeschlossen.
Nach allem hatte die vorliegende Klage keinen Erfolg. Im Ergebnis hat der Beklagte den
Streitfall zutreffend behandelt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision entsprechend den übereinstimmenden Anträgen der
Beteiligten gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil er die Voraussetzungen
dieser Vorschrift für gegeben hält im Hinblick auf die besonderen Rechtsfragen, die sich
aus der Zuordnung des streitigen Arbeitszimmers zum Sonderbetriebsvermögen der
Klägerin ergeben.
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