Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: treugeber, eigene mittel, treuhandverhältnis, kapitalvermögen, ausländische steuer, einkünfte, treuhänder, zentralbank, nationalbank, steuerhinterziehung

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 13.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1997, 1999, 2001
Aktenzeichen:
13 K 2247/04 B
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 20 Abs 1 Nr 7 EStG 1997, §
370 AO, § 39 Abs 2 S 2 AO, Art
11 Abs 1 DBA TUR
Vorsätzliche Steuerhinterziehung durch Nichterklärung von
Kapitalerträgen aus Geldanlagen bei der Türkischen
Nationalbank - Anforderungen an ein Treuhandverhältnis
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zuordnung von Zinserträgen aus Geldanlagen bei der
Türkischen Nationalbank (Turkiye Cumhuriyet Merkez Bankasi -TCMB-).
Die verheirateten Kläger werden zusammen veranlagt. Sie erklärten in den
Einkommensteuererklärungen für 1997 und 1999 jeweils Einkünfte aus
nichtselbstständiger Arbeit und kreuzten in der Zeile für Kapitalvermögen die Erklärung
an, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht mehr als 6.100 DM, bei
Zusammenveranlagung 12.200 DM betrügen.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 1997 zunächst durch Bescheid vom 19.
Juni 1998 auf 4.695,00 DM fest. Nach Berücksichtigung von weiteren
Unterhaltsleistungen wurde die Einkommensteuer durch den Änderungsbescheid vom
17. Dezember 1998 auf 3.194,00 DM reduziert.
Die Einkommensteuer für 1999 setzte der Beklagte durch Bescheid vom 10. April 2000
auf 2.368,00 DM fest.
In der Einkommensteuererklärung für 2001 wurden nur noch Einkünfte aus
nichtselbstständiger Arbeit für den Kläger erklärt. Zu Einkünften aus Kapitalvermögen
wurden keine Angaben gemacht.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2001 durch Bescheid vom 7. Mai 2002 auf
1060,42 Euro (= 2.074,00 DM) fest.
Nachdem der Beklagte die Kläger darauf hingewiesen hatte, dass ihm Kontrollmaterial
vorliege, wonach sie bei mindestens einer ausländischen Bank Geld und/oder
Wertpapiere angelegt und daraus in Deutschland steuerpflichtige Erträge erzielt hätten,
teilten die Kläger mit, ihnen sei von Beauftragten der TCMB gesagt worden, dass auf die
Zinsen Quellensteuer erhoben werde und diese im Rahmen des
Doppelbesteuerungsabkommens mit der Türkei in Deutschland nicht mehr versteuert zu
werden brauche. Aufgrund dessen hätten sie sowohl für sich als auch für einen
Bekannten, Herrn Z., Geld bei der TCMB angelegt.
Sie legten eine Aufstellung vor, wonach sie in den Streitjahren folgende Zinszahlungen
(in DM) erhalten haben:
Die Kläger führten weiter aus, mit ihrem türkischen Bekannten sei abgemacht worden,
dass er den bereits bestehenden Anlagebetrag der Kläger auf 100.000 DM aufstocken
solle. Diese Anlage sei am 9. Februar 1995 erfolgt. Bei der zweiten Anlage habe der
Bekannte einen Betrag in Höhe von 50.000 DM mitgegeben. Seit Januar 1997 sei das
Konto auf 150.000 DM aufgestockt. Die Kläger beantragen, die Zinseinkünfte gemäß Art.
11 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens von der Steuer in Deutschland
freizustellen. Sie reichten Belege der TCMB ein, außerdem Reisebestätigungen, eine
Anmeldebestätigung des Herrn Z. sowie dessen vor einem Notar-Vertreter abgegebene
Erklärung vom 9. Dezember 2003. Darin gab dieser an, er habe dem Kläger im Januar
1995 einen Betrag in Höhe von 100.000,00 DM und im Januar 1997 einen Betrag in Höhe
von 50.000,00 DM in bar gegeben, um bei der TCMB ein Devisenkonto zu eröffnen. Er
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von 50.000,00 DM in bar gegeben, um bei der TCMB ein Devisenkonto zu eröffnen. Er
selbst habe keine Möglichkeit gehabt, ein solches Konto zu eröffnen.
Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 23. Januar 2004 Änderungsbescheide unter
Berücksichtigung der von den Klägern angegebenen Zinseinkünfte, wobei die
ausländische Steuer gem. § 34 c Abs. 1 und 6 Einkommensteuergesetz -EStG-
angerechnet wurden. Dabei ging der Beklagte von folgenden Beträgen (in DM) aus:
Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch vom 3. Februar 2004.
Sie begründeten ihren Einspruch damit, dass ihnen die Einkünfte aus Kapitalvermögen
zu Unrecht zugerechnet worden seien. Die entsprechenden Nachweise seien eingereicht
worden. Im Laufe des Verfahrens wurde eine Treuhandvereinbarung vom 1. Februar
1995 mit Anlage vom 1. Februar 1997 eingereicht.
Dieser Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2004 als unbegründet
zurückgewiesen.
In der Begründung führte der Beklagte aus, die streitigen Zinseinkünfte seien den
Klägern als eigene nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzurechnen. Sie hätten
Kapitalvermögen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen Entgelt zur
Nutzung überlassen. Bei Eigenkonten gelte die Tatsachenvermutung, dass derjenige,
der ein Konto auf seinen Namen errichte, auch der Inhaber der Forderung sei.
Nebenabreden, die nicht Teil der Kontoeröffnungsvereinbarungen seien, seien zivil- und
steuerrechtlich grundsätzlich unbeachtlich. Ein steuerrechtlich anzuerkennendes
Treuhandverhältnis, das zu einer anderen Zuordnung führen könnte, liege nicht vor. Die
vom Bundesfinanzhof -BFH- aufgestellten Anforderungen an ein Treuhandverhältnis
seien nicht erfüllt. Insbesondere müsse die rechtliche Inhaberschaft als “leere Hülle”
erscheinen, was hier schon deshalb nicht zu bejahen sei, weil der Herr Z. keine
Kontovollmacht gehabt habe. Im Übrigen seien durch die Aufstockung im Jahre 1995
auch unzweifelhaft eigene Mittel der Kläger auf dem Konto angelegt, so dass die
erforderliche scharfe Trennung des Eigenvermögens vom Treugut nicht gegeben sei.
Mit ihrer am 1. Juni 2004 bei dem Finanzgericht Berlin erhobenen Klage wenden sich die
Kläger weiterhin gegen die Zuordnung der Zinseinkünfte.
Zur Begründung der Klage vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und
präzisieren, der Treugeber habe das Anfangskapital insgesamt in bar übergeben. Dabei
sei es so gewesen, dass die Kläger das bereits von ihnen im Jahre 1991 angelegte
Kapital in Höhe von 68.000 DM diesem Barbetrag entnommen hätten und für eigene
Zwecke verwendet hätten. Das ursprünglich von ihnen angelegte Kapital sei bei der Bank
verblieben und um 32.000 DM erhöht worden, so dass in der Folge der Gesamtbetrag in
Höhe von 100.000 DM für den Treugeber bei der Zentralbank angelegt worden sei.
Von dem durch Herrn Z. ausgehändigten Betrag hätten in die Kläger 70.000 DM in der
Türkei verwandt. Davon seien 20.000 DM in die Instandsetzung der Wohnung des Vaters,
25.000 DM für den Kauf eines gebrauchten Traktors mit Anhänger für den Vater, 15.000
DM für den Kauf eines gebrauchten Pkw für den Kläger sowie ca. 15.000 DM für die
Hochzeit der Schwester verwandt worden.
Mündlich sei vereinbart worden, dass Herr Z. jederzeit die Auflösung des Kontos und die
Auszahlung des Stammkapitals und der Zinserträge verlangen konnte. Der Kläger habe
sich außerdem verpflichtet, auf Aufforderung dem Treugeber eine Kontovollmacht zu
erteilen. Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen seien das Kapital und die Erträge
gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 AO dem Treugeber zuzurechnen. Die schriftlichen und
mündlichen Vereinbarungen genügten den vom BFH aufgestellten Anforderungen. So
habe der Treugeber umfassende Weisungsbefugnisse gehabt. Der Kläger habe ohne
dessen Genehmigung keinerlei Änderungen vornehmen dürfen. Im Falle der
Zuwiderhandlung sei er zum Schadensersatz verpflichtet gewesen. Mündliche
Absprachen seien ebenso anzuerkennen wie schriftliche.
Die Kläger weisen weiterhin darauf hin, dass das Konto bei der TCMB am 21. März 2005
geschlossen worden sei. Der Kapitalbetrag sei am selben Tag vom Kläger an dem
Treugeber ausgezahlt worden. Dieser wiederum habe das Geld bei der L-Bank
eingezahlt.
die Einkommensteuerbescheide für 1997,1999 und
2001 vom 23. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.
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2001 vom 23. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.
Mai 2004 aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Der Kläger trägt vor, zwischen den Klägern und Herrn Z. sei kein steuerlich
anerkennenswertes Treuhandverhältnis zustande gekommen. So wäre eine
Treuhandvereinbarung notwendigerweise bereits bei Hingabe des Geldes zu treffen
gewesen. Die bisher vorgelegte Vereinbarung stamme nach dem Text selbst zwar vom
1. Februar 1995, enthalte aber als Adresse des Klägers eine Anschrift, unter der die
Kläger erst seit 2003 wohnten.
Die konsequente Durchführung einer Treuhandabrede erfordere zudem eine klare
Trennung von Eigenvermögen und Treugut. Daran fehle es hier, da zumindest im Jahr
1995 auf dem Konto bei der Zentralbank auch eigene Mittel der Kläger angelegt waren.
Auch aus der Verwendung des Geldes nach Schließung des Kontos bei der Zentralbank
könne nichts für eine zuvor bestehende Treuhandabrede hergeleitet werden. In der Kopie
des Kontenbuches über die Wiederanlage des Betrages bei der L-Bank sei der Name des
Anlegers, des angeblichen Treugebers, nirgends dokumentiert. Im Übrigen würde die
weitere Verwendung des Geldes nicht dessen Ursprung dokumentieren.
Der behauptete Geldfluss zwischen den Beteiligten sei nicht nachvollziehbar. Die
vorgelegten Bilder seien in keiner Weise geeignet, entsprechende Anschaffungen zu
dokumentieren. Aus § 90 Abs. 1 AO ergebe sich eine besondere Pflicht zur
Beweisvorsorge. Die vorliegenden eigenen Erklärungen seien keine ausreichenden Mittel
zur Glaubhaftmachung.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins bei dem Finanzgericht Berlin am 18. Mai
2005, wegen dessen Ergebnisses auf die Niederschrift (Bl. 36 bis 38 Gerichtsakten)
Bezug genommen wird, haben die Kläger die “Originaltreuhandvereinbarung” vom 1.
Februar 1995 vorgelegt, die “glücklicherweise aufgefunden werden konnte”.
Der Beklagte bleibt auch angesichts dieses Dokuments bei seiner Auffassung, einer
steuerlich wirksamen Begründung eines Treuhandverhältnisses stehe immer noch die
Vermischung der angelegten Gelder von Treuhänder und Treugeber entgegen.
Dem Senat haben bei der Verhandlung und Entscheidung die von dem Beklagten für die
Kläger geführten Lohnsteuerarbeitnehmerakten (1 Band) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzt die Kläger
nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Die Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen war nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
zulässig. Dass die Kläger Geld verzinslich bei der Türkischen Zentralbank angelegt
hatten, ist dem Beklagten erst nach Durchführung der Einkommensteuerfestsetzungen
für die Streitjahre bekannt geworden. Dabei handelt es sich um eine Tatsache im Sinne
des § 173 AO.
Die Zinserträge unterliegen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz -
EStG- i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer.
Aus dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei -DBA Türkei- ergibt sich keine
Beschränkung der Besteuerung von in der Türkei erzielten Zinseinkünften in der
Bundesrepublik Deutschland. Vielmehr sieht Art. 11 Abs. 1 DBA Türkei diese
Besteuerung ausdrücklich vor. Durch das - hier auch zutreffend durchgeführte -
Anrechnungsverfahren des Art.23 Abs.1 lit. b DBA Türkei wird die Berücksichtigung
eventuell in der Türkei anfallender Quellensteuer gewährleistet. Keiner der Fälle des § 11
Abs. 3 DBA Türkei, wonach für bestimmte Zinszahlungen unter Beteiligung der TCMB
Steuerbefreiungen gewährt werden, liegt vor (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht -FG-,
Beschluss vom 7. Oktober 2002 -13 V 269/02-, veröffentlicht in juris).
Die hier streitigen Zinserträge sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen demjenigen
zuzurechnen, der den Tatbestand erfüllt, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft.
Dies ist im Falle des § 20 Abs.1 EStG der Gläubiger der verzinslichen Kapitalforderung,
der dem Schuldner die Nutzung des Kapitalbetrags gegen Entgelt überlässt. Das sind
zur Überzeugung des Senats die Kläger.
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Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die Einkünfte der Person zuzurechnen, die sie erzielt.
Der Tatbestand der Einkünfteerzielung wird dabei regelmäßig von dem zivilrechtlichen
Eigentümer verwirklicht, dem damit auch die Einkünfte zuzurechnen sind (vgl. zu den
Zurechnungsregeln: Lang/Seer, Persönliche Zurechnung von Einkünften bei
Treuhandverhältnissen, Finanzrundschau für Einkommensteuer -FR- 1992, 637, 638 f.
m.w.N.). Der Senat sieht nach den Darlegungen der Kläger im gerichtlichen Verfahren,
insbesondere in der mündlichen Verhandlung, keinen Anhaltspunkt dafür, dass die
Erträge einem Treuhänder zuzurechnen sind.
Zwar kann bei Treuhandverhältnissen für die Beurteilung auf die Rechtsgedanken des §
39 AO, der unmittelbar nur für die Zurechnung des Vermögenswertes als solchen
anwendbar ist, auch für die Zurechnung der aus diesen Werten erzielten Erträge
zurückgegriffen werden (vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 25. Februar 1991 -
GrS 7/89-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1991, 691, 700; Tipke/Kruse AO § 39 Tz. 44;
Hamacher in: Korn EStG § 20 Rn. 30; Lang/Seer a.a.O., S. 639). Der Senat geht jedoch
mit der ständigen Entscheidungspraxis des BFH davon aus, dass nicht jede als
„Treuhandvertrag“ o. ä. bezeichnete Vereinbarung auch zur steuerlichen Anerkennung
eines Treuhandverhältnisses führt (vgl. BFH, Urteil vom 20.Januar 1999 -I R 68/97-, BStBl
II 1999, 514, 516). Vielmehr ist für die Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich
gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Treuhandverhältnis muss auf ernst
gemeinten und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder
beruhen und ebenso klar nachweisbar tatsächlich durchgeführt werden. Dabei ist ein
schriftlicher Treuhandvertrag nicht erforderlich; entscheidend ist insoweit die tatsächliche
Durchführung (vgl. BFH, Urteil vom 15. Juli 1997 -VIII R 56/93-, BStBl II 1998, 152, 156).
Allerdings darf bei der Frage, ob überhaupt ein Treuhandverhältnis glaubhaft dargelegt
ist, auch auf die formellen Kriterien zurückgegriffen werden. Für die Beantwortung der
Tatfrage, ob ein Treuhandverhältnis besteht (vgl. Tipke/Kruse AO § 39 Tz. 40), kann auch
auf die formelle Abwicklung des behaupteten Treuhandgeschäfts abgestellt werden.
Eine diesen Anforderungen gerecht werdende Treuhandvereinbarung haben die Kläger
nicht vorlegen können.
Erhebliche Zweifel an dem Bestehen einer bei Beginn der Anlage bestehenden,
ernstlichen Treuhandabrede ergeben sich bereits aus formellen Gründen. Die von den
Klägern vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarungen lassen durchgreifende Zweifel
daran aufkommen, dass hier tatsächlich solche Vereinbarungen vor Übergabe des
Kapitals durch den Treugeber an die Kläger geschlossen worden sind. Die Erklärungen,
die die Kläger dafür gegeben haben, dass die Treuhandvereinbarung nacherstellt worden
ist, können nicht überzeugen. Schon die Tatsache, dass Erklärungen von dem
Gemeindevorsteher unter dem unzutreffenden Datum ohne jeden Hinweis auf eine
Nacherstellung ausgestellt werden, spricht gegen die Beweiskraft aller diesbezüglichen
Urkunden. Nach den vorliegenden Übersetzungen der beiden Urkunden stimmt deren
Inhalt zudem nicht völlig überein. Damit handelt es sich nicht um eine bloße
Nacherstellung anhand von noch bei der beurkundenden Stelle vorhandenen
Dokumenten, sondern um eine Neuerstellung auf der Grundlage der Angaben der
Beteiligten.
Auch inhaltlich erfüllen die vorgelegten Treuhandvereinbarungen nicht die an sie zu
stellenden Anforderungen. Wesentliche inhaltliche Kriterien sind die
Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen
Rückgabe des Treugutes. Für den Nachweis kommt es nicht nur auf den Wortlaut sowie
auf den Sinn und Zweck der von den Vertragspartnern getroffenen Vereinbarungen,
sondern auch auf den tatsächlichen Vollzug an. Das Handeln des Treuhänders im
fremden Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden
Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein. Zweifel an der Ernsthaftigkeit einer
Treuhandvereinbarung müssen die Vertragsparteien durch einen grundsätzlich ihnen
obliegenden substantiierten Tatsachenvortrag sowie die Beibringung weiterer geeigneter
Nachweise ausräumen (so BFH in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur Urteil vom 15. Juli
1997 -VIII R 56/93- a.a.O.; Urteil vom 28. Februar 2001 -I R 12/00-, BStBl II 2001, 468,
470). Insbesondere muss sich eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen
Eigentümerstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis so eingeschränkt
ist, dass das rechtliche Eigentum eine „leere Hülse“ bleibt (vgl. dazu Tipke/Kruse AO §
39 Tz. 33).
Die in den vorgelegten Treuhandvereinbarungen enthaltenen Klauseln werden diesen
Anforderungen nicht gerecht. Es bleibt vor allem unklar, wie der angebliche Treugeber
seine ihm eingeräumte Weisungsbefugnis tatsächlich durchsetzen wollte. Eine wie auch
immer eingeräumte Befugnis, das von ihm angeblich überlassene Kapital
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immer eingeräumte Befugnis, das von ihm angeblich überlassene Kapital
zurückzufordern, stand ihm nicht zur Verfügung. Ebenso wenig ist geregelt, welchen
tatsächlichen Zugriff der angebliche Treugeber auf das bei der TCMB angelegte Kapital
hatte.
Das Handeln des Klägers im fremden Interesse war nicht nach außen eindeutig
erkennbar. Zwar kann in Fällen der privaten Geldanlage nicht von einer bilanziellen
Darstellung ausgegangen werden (vgl. dazu BFH, Urteil vom 15. Juli 1997 -VIII R 56/93-
a.a.O.; Urteil vom 28. Februar 2001 -I R 12/00-, a.a.O.). Allerdings sind durch
Kontenbezeichnungen u. ä. auch hier nach außen gerichtete Verhaltensformen denkbar.
Vor allem aber ist zu fordern, dass der Treugeber, der keine Bilanz erstellt, das Treugut
in seine Steuererklärung aufnimmt (vgl. Tipke/Kruse AO § 39 Tz. 40). Dazu ist weder von
den Klägern Substantielles vorgetragen worden noch sind Anhaltspunkte dafür
ansonsten ersichtlich.
In den bislang vorgelegten Unterlagen ist kein einziger Hinweis darüber vorhanden, dass
der Kläger - bevor er gegenüber den deutschen Steuerbehörden entsprechendes
vorgetragen hat - nach außen einen Hinweis gegeben hat, in fremdem Interesse zu
handeln. Der Senat lässt die Frage offen, ob und inwieweit ein Interesse an
Geheimhaltung eines Treuhandverhältnisses zur Akzeptanz von Einschränkungen bei der
eindeutigen Erkennbarkeit nach außen führen kann. Im Falle einer verdeckten Treuhand
ist jedenfalls zu fordern, dass die bereits erwähnten Erfordernisse über geeignete
Nachweise für die tatsächliche Abwicklung des Treuhandverhältnisses im Innenverhältnis
besonders gewichtig sind. Insbesondere sind die Zahlungsvorgänge zwischen Treugeber
und Treuhänder lückenlos und unzweifelhaft zu dokumentieren, ggf. auch die Herkunft
und die Verwendung der Vermögenswerte.
Hierzu fehlt jeder Nachweis über die Zahlungsvorgänge. Der Hinweis auf den im
Herkunftsstaat zumal unter Verwandten üblichen Verzicht auf schriftliche
Dokumentation verfängt nicht. So ist schon grundsätzlich zu fordern, dass die Usancen
auf die Rechtsordnung abgestellt werden, in denen entsprechende Geschäfte
abgewickelt werden sollen, zumal angesichts der Höhe der Beträge. Vor allem aber ist
zu berücksichtigen, dass von den Klägern durchaus schriftliche Unterlagen zu dem
Vorgang vorgelegt worden sind. Damit ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar, warum -
wenn man von der Richtigkeit der vorgelegten Urkunden ausgehen will - zu den
zumindest ebenso wichtigen Geldübergaben keine Dokumente vorliegen sollen.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie die Kläger ihr bereits bei der TCMB angelegtes Kapital
von dem angeblich zur Verfügung gestellten Kapital des Treugebers getrennt haben.
Auch dieses Erfordernis ist nicht deswegen verzichtbar, weil im privaten Bereich keine
Buchführung bzw. Bilanzierung erfolgt. Die Angaben zu den Zahlungs- und
Anschaffungsvorgängen lassen keinen überzeugenden Schluss darauf zu, dass das
bereits angelegte Kapital durch interne Verrechnung mit dem angeblichen Treugeber zu
dessen Kapital geworden wäre. So sind schon die Anschaffungen nicht belegt. Die
eingereichten Fotos sagen weder etwas zu dem Zeitpunkt der Anschaffung, den
genauen Kaufpreis und die Bezahlung aus. Es ist angesichts der fehlenden Nachweise
für diese Tatsachen unerheblich, dass die auf den Fotos dargestellten Gegenstände vom
äußeren Eindruck her nicht einmal annähernd die angegebenen Werte erreichen können.
Schließlich kann auch der Vortrag, das Kapital sei nach Auflösung des Kontos an den
Treugeber ausgezahlt worden, den Senat nicht davon überzeugen, dass hier in den
Streitjahren ein Treuhandverhältnis vorgelegen hat. Es ist nicht durch eindeutige Belege
nachgewiesen, dass das Geld tatsächlich an den angeblichen Treugeber ausgezahlt
worden ist. Der konkrete Einzahlungsbeleg weist gerade nicht den Namen des
angeblichen Treugebers auf. Eine zwingende Beziehung auf den auf einem nicht in
Übersetzung vorhandenen Kontoblatt vorhandenen Namen ist nicht ausreichend.
Angesichts dessen wäre aus einer Überweisung im Jahre 2005 nicht zwingend auf ein
Treuhandverhältnis bereits im Jahr 1995 zu schließen.
Die von den Klägern erhobene Einrede der Festsetzungsverjährung greift nicht durch.
Die Änderungsbescheide sind nach den vorliegenden Erkenntnissen innerhalb der
Festsetzungsverjährungsfrist erlassen worden.
Die Frist für die Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zu bestimmen. Die
Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre. Die Kläger haben den Tatbestand der
Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO verwirklicht. Sie haben dem Beklagten über
steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO)
und die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis
gelassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), indem sie die deutlich über dem Sparerfreibetrag
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gelassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), indem sie die deutlich über dem Sparerfreibetrag
liegenden Zinseinnahmen aus der Anlage bei der TCMB nicht angegeben haben.
Verfassungsmäßige Zweifel an der Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von
Einkünften aus Kapitalvermögen greifen für die Streitjahre nicht durch. Das von den
Klägern angeführte Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betraf die
Besteuerung von Spekulationsgewinnen. Darum geht es hier nicht. Der Senat hat auch
im Übrigen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften
aus Kapitalvermögen in den Streitjahren (vgl. auch BFH, Beschluss vom 28. März 2007 -
VIII B 50/06-, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2007, 1337).
Auch der subjektive Tatbestand ist erfüllt. Die Kläger haben zumindest bedingt
vorsätzlich gehandelt. Vorsätzlich handelt auch derjenige, der es für möglich hält, dass
er den Straftatbestand verwirklicht und dies billigend in Kauf nimmt (vgl. BFH, Urteil vom
19. März 1998 -V R 54/97-, BStBl II 1998, 466). Ausreichend dafür ist, dass der Täter
zwar nicht in rechtstechnischer Beurteilung, aber doch in einer seiner Gedankenwelt
entsprechenden allgemeinen Bewertung das Unrechtmäßige seiner Tat erkennen
musste oder hätte erkennen können. Einer genauen Kenntnis der steuerlichen
Vorschriften bedarf es insoweit nicht (vgl. Bundesgerichtshof -BGH- vom 6.12.1956 -4
StR 234/56-, Entscheidungssammlung des BGH in Strafsachen -BGHSt- 10, 35; BGH,
Urteil vom 24. Oktober 2002 -5 StR 600/01-, BGHSt 48, 52). Der Steuerpflichtige muss
sich auf Grund einer sog. Parallelwertung in der Laiensphäre des sozialen Sinngehalts
seines Verhaltens bewusst sein (vgl. BFH, Urteil vom 19. März 1998 -V R 54/97-, a.a.O.).
Die Kläger leben, wie aus den vorliegenden Steuerakten und ihren eigenen Angaben
ersichtlich, seit vielen Jahren in Deutschland. Sie haben auch regelmäßig
Einkommensteuererklärungen abgegeben. In einigen Streitjahren haben sie im
Mantelbogen angekreuzt, dass die Einnahmen unter 6.100 DM pro Person lagen. Das
Ankreuzen setzte voraus, dass die Kläger sich über die Frage des Vorliegens von
Kapitaleinnahmen und deren Höhe Gedanken machen mussten. Mit der Unterschrift auf
den Steuererklärungen haben sie die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben
versichert. Dies war den Klägern auf Grund ihres langen Aufenthalts in Deutschland und
der regelmäßigen Erklärungsabgabe auch bekannt.
Die Kläger können sich nicht auf einen Irrtum nach § 16 Abs. 1 Strafgesetzbuch -StGB-
berufen. Ein den Vorsatz des Steuerpflichtigen ausschließender Tatbestandsirrtum
nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB liegt vor, wenn dieser aus tatsächlichen oder rechtlichen
Gründen nicht erkennt, dass seine Angaben unrichtig oder unvollständig sind bzw. dass
ein Verkürzungserfolg eintreten kann. Die Annahme einer Steuerhinterziehung setzt
jedoch nicht die Feststellung voraus, dass sich der Steuerpflichtige konkrete
Vorstellungen über die korrekte steuerrechtliche Einordnung des von ihm nicht oder
unrichtig erklärten Sachverhaltes gemacht hat. Entscheidend ist allein, ob er nach einer
seiner Gedankenwelt entsprechenden allgemeinen Bewertung als steuerpflichtig
erkannte Einnahmen bewusst verschwiegen hat (vgl. Finanzgericht -FG- Düsseldorf,
Urteil vom 14. März 2007 -7 K 6977/04 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG-
2007, 1485, 1486 m. w. N.).
Soweit die Kläger vorgetragen haben, sie seien angesichts der Erklärungen von
Beauftragten der TCMB davon ausgegangen, die Zinseinnahmen seien in Deutschland
nicht steuerpflichtig, stellt dies nach Auffassung des Senats eine bloße
Schutzbehauptung dar. Es bestand kein nachvollziehbarer begründeter Anlass für die
Kläger, von einer Steuerfreiheit in Deutschland auszugehen. Durch diese Darlegungen
wird nicht nachvollziehbar, mit welcher Begründung die Kläger davon ausgegangen sein
wollen, dass die Werbeaussagen einer türkischen Bank, auch wenn es sich um die
Nationalbank handelte, höhere Verbindlichkeit für die Steuerpflicht in Deutschland haben
sollten als die amtlichen Hinweise der zuständigen deutschen Steuerbehörden (in
diesem Sinne auch Niedersächsisches FG, Beschluss vom 7.Oktober 2002, a.a.O.).
Die zehnjährige Festsetzungsfrist endet für das Streitjahr 1997 frühestens am 31.
Dezember 2008, für die weiteren Streitjahre jedenfalls noch später, so dass die
Änderungsbescheide vor deren Ablauf erlassen wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.
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