Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

FG Berlin-Brandenburg: vorsteuerabzug, eugh, grundstück, wirtschaftliche tätigkeit, bauherr, stadt, gerichtsakte, vollmacht, vermietung, anerkennung

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Gericht:
Finanzgericht Berlin-
Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
1997, 1998, 1999,
2000, 2001, 2002,
2003
Aktenzeichen:
5 K 1821/05 C
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 1 Nr 1 UStG 1993, § 15
Abs 1 Nr 1 UStG 1999, § 15a
UStG 1993, § 15a UStG 1999
Vorsteuerabzug einer aus Geschwistern bzw. Ehegatten
bestehenden Grundstücksgemeinschaft für Baumaßnahmen,
deren Bauherr und Auftraggeber allein einer der
Gemeinschafter ist
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, bestehend aus den Eheleuten A und B.
Die Gemeinschaft ist Eigentümerin eines unter Denkmalschutz stehenden, barocken
Wohn- und Geschäftshauses aus dem 18. Jahrhundert, belegen in der M-Straße in L. Das
Gebäude besteht aus drei Gewerbeeinheiten und fünf Wohneinheiten, die - bis auf eine
selbstgenutzte Wohnung und eine im Rahmen eines Wohnrechts überlassene Wohnung -
von 1997 bis 2003 mit Ausnahme kurzer Leerstandszeiten vermietet waren. Als
Vermieter ist jeweils die Grundstücksgemeinschaft aufgetreten.
Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich das Gebäude befindet, war zunächst die
Erbengemeinschaft nach C und D, zu der auch die Geschwister A und E gehörten. E
erteilte A am 01.07.1990 eine schriftliche Vollmacht, sie in Sachen des gemeinsamen
Grundstücks zu vertreten. Mit Notarvertrag vom 23.06.1993 erfolgte die
Erbauseinandersetzung, indem das Grundstück zum 01.07.1993 in der Weise räumlich
aufgeteilt wurde, dass A und E jeweils zur Hälfte Eigentümer des 772 m² großen
Grundstücks in der M-Straße in L mit dem Wohn- und Geschäftsgebäude wurden und F
den Teil des ursprünglichen Grundstücks in der N-Straße übereignet bekam. Mit
Schenkungsvertrag vom 16.09.1995 übertrug E ihren Anteil an dem Grundstück auf Frau
B. B und A sind seit dem 07.02.1996 als Grundstückseigentümer im Grundbuch von L
Blatt … eingetragen.
Am 21.12.1993 wurde zwischen der Stadt L sowie A und E ein Modernisierungs- und
Instandsetzungsvertrag geschlossen, in dessen Rahmen die Stadt Fördermittel zur
Stadterneuerung in Höhe von 1 224 136,00 DM zusagte. Im Gegenzug verpflichtete sich
die Grundstücksgemeinschaft u.a. zur Modernisierung und Instandsetzung des
Gebäudes sowie der Herstellung der dazugehörigen Außenanlagen. In den Jahren 1994
bis 1996 sind an dem Grundstück umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen,
Umbauten und Instandsetzungen durchgeführt worden. Im Einzelnen handelte es sich
um Bauleistungen an Dach, Fassade, Fenstern, Außen- und Innentüren, Innenwänden,
Decken, Fußböden, Treppenhaus, Elektroinstallation, Heizung und Sanitärbereich. Die
Herstellungskosten betrugen insgesamt netto 1,681 Mio. DM.
Am 14.09.2004 gingen beim Finanzamt erstmals Umsatzsteuerjahreserklärungen für die
Jahre 1997 bis 2003 ein. Darin verzichtete die Klägerin rückwirkend nach § 9 i.V.m. § 4
Nr. 12 a Umsatzsteuergesetz -UStG- auf die Steuerfreiheit von Umsätzen aus der
Vermietung von Grundstücken (sog. Option). Die Option war für den Laden im
Erdgeschoss -EG- rechts, das Büro im EG links zur Hofseite und seit 2003 für den Laden
im EG links möglich. Die Klägerin erklärte für die Streitjahre folgende
Besteuerungsgrundlagen:
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den
Zeitraum 1997 bis 2003 wurde festgestellt, dass der Vorsteuerabzug für die laufenden
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Zeitraum 1997 bis 2003 wurde festgestellt, dass der Vorsteuerabzug für die laufenden
Kosten und eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG betreffend Aufwendungen für
Bauleistungen in voller Höhe zu versagen sei. Zur Begründung wurde darauf
hingewiesen, dass das Baugenehmigungsverfahren durch A allein betrieben worden sei
und er auch nach den vorgelegten Bauverträgen, die in der Zeit von März 1994 bis Juni
1995 abgeschlossen worden seien, alleiniger Bauherr und Auftraggeber gewesen sei.
Daher sei er und nicht die Grundstücksgemeinschaft als Leistungsempfänger
anzusehen. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Bericht über die
Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 11.01.2005 Bezug genommen (siehe Aktenordner
USt-Sonderprüfungs-Handakte).
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für die
Jahre 1997 bis 2003 mit Bescheiden vom 09.02.2005 abweichend von den
Umsatzsteuererklärungen fest.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten insoweit Erfolg, als der
Beklagte nunmehr zu der Auffassung gelangte, dass die Vorsteuern aus der Rechnung
des Architekten vom 06.11.1996 grundsätzlich abziehbar seien. Der Beklagte errechnete
eine abzugsfähige Vorsteuer in Höhe von insgesamt 21 762,70 DM für den
Berichtigungszeitraum und hieraus folgend 2 176,27 DM pro Jahr. Er ging von einem
Anteil der steuerpflichtigen Vermietung in Höhe von 9,47 % für die Jahre 1997 bis 2002
(jeweils 206,09 DM bzw. 105,37 €) und in Höhe von 18,25 % (397,17 DM = 203,07 €) für
2003 aus. Eine Änderung der Jahre 1997 bis 2002 unterblieb unter Hinweis auf § 44
Abs. 2 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -UStDV-, da sich die maßgebenden
Verhältnisse des Gebäudes für den Vorsteuerabzug um weniger als 10 % geändert
hätten und der Vorsteuerabzug für die entsprechenden Kalenderjahre 250,00 € nicht
übersteige. Für das Jahr 2003 erging ein geänderter Umsatzsteuerbescheid, mit dem
nachträglich abziehbare Vorsteuern in Höhe von 203,07 € berücksichtigt wurden. Im
Übrigen wurden die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 13.10.2005 als
unbegründet zurückgewiesen und die Vorsteuern aus den Rechnungen der
Bauunternehmer sowie für die „laufenden Kosten“ nicht zum Abzug zugelassen.
Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Klägerin nach dem vorliegenden
Sachverhalt nicht als Leistungsempfängerin anzusehen sei. Leistungsempfänger für eine
Bauleistung sei derjenige, der den Auftrag erteilt habe. Nur dieser „formal-juristische“
(zivilrechtliche) Auftraggeber, nicht aber ein anderer (umsatzsteuerlicher) Auftraggeber,
der anhand von Indizien außerhalb des schuldrechtlichen Auftragsverhältnisses in Frage
kommen könne, komme für den Vorsteuerabzug bezüglich einer Baumaßnahme in
Betracht. Somit würden Geschäfte für Rechnung eines Dritten diesem nicht zugeordnet,
wenn sie nicht in seinem Namen erfolgten. Grundstücksmiteigentum führe nicht
unabhängig von äußeren Formalitäten zivilrechtlich und umsatzsteuerrechtlich dazu, die
Grundstücksgesellschaft als Leistungsempfänger anzusehen. Aus den für die Vertretung
im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts -GbR- oder Bruchteilsgemeinschaft
geltenden §§ 164 und 744 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- ergebe sich, dass der
Vertreter im Namen des Vertretenen handeln müsse. Trete der Wille, in fremdem
Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so handle der Vertreter im eigenen Namen,
§ 164 Abs. 2 BGB.
Lasse sich die zivilrechtliche Auftragsvergabe nicht eindeutig anhand von Rechnungen
nachvollziehen, sei es zur Bestimmung einer Grundstücksgemeinschaft als
Leistungsempfänger nicht ausreichend, wenn in der an eine Person adressierten
Rechnung an anderer Stelle, z.B. im Betreff, auf das Grundstück, welches der
Grundstücksgemeinschaft gehöre, hingewiesen werde.
Die Auftragsvergabe sei durch den beauftragten Architekten im Namen des A erfolgt,
wie sich aus den Bauverträgen und den Rechnungen ergebe, in denen als
Bauherr/Auftraggeber und Rechnungsadressat A und nicht die Grundstücksgemeinschaft
eingetragen worden sei. Gegenüber den Bauunternehmern sei A nicht erkennbar als
Vertreter der Grundstücksgemeinschaft aufgetreten. Allein der Hinweis in den
Bauverträgen und Rechnungen auf das Grundstück der Gemeinschaft lasse keinen
anderen Schluss zu, da dieser Hinweis eine bloße Bezeichnung der Baustelle (und nicht
des Auftraggebers) darstelle. Im Außenverhältnis sei A im eigenen Namen aufgetreten.
Er gelte daher gegenüber den Bauunternehmern als schuldrechtlicher Vertragspartner.
Der Anspruch des A auf Zahlung der hälftigen Aufwendungen gegen E, der sich aus dem
Gesellschaftsverhältnis ergebe, wirke nur im Innenverhältnis. Der von der Klägerin als
„Hauptvertrag“ bezeichnete Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag zwischen der
Grundstücksgemeinschaft und der Stadt L wirke ebenfalls nicht in der Weise auf die
Bauverträge, dass deren Leistungsempfänger die Grundstücksgemeinschaft sei.
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Für den Vorsteuerabzug fehle es außerdem an der weiteren Voraussetzung einer auf
den Leistungsempfänger ausgestellten Rechnung. Eine Personengesellschaft könne aus
einer Rechnung, die nur auf einen Gesellschafter ausgestellt worden sei, keinen
Vorsteuerabzug vornehmen, wenn die Rechnung keinen Hinweis auf die Gesellschaft als
Leistungsempfänger enthalte. Im Streitfall seien die Rechnungen auf A ausgestellt,
Name und Anschrift der Grundstücksgemeinschaft ließen sich aus der Adressierung
nicht eindeutig feststellen.
Für die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den „laufenden Kosten“ gälten diese
Erläuterungen analog. Unterschied sei nur, dass die Grundstücksgemeinschaft im
Streitzeitraum nicht mehr zwischen A und seiner Schwester, sondern zwischen ihm und
seiner Ehefrau bestanden habe. In den Rechnungen sei wiederum nur A ausgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ausführlichen Gründe der
Einspruchsentscheidung vom 13.10.2005 Bezug genommen (Aktenordner RB-Vorgang).
Im Rahmen des Klageverfahrens begehrt die Klägerin weiterhin die Anerkennung des
Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG und der Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG.
Sie verweist darauf, dass die die am 01.07.1990 erteilte Vollmacht A zu allen
Handlungen, die der Erhaltung des Grundstücks gedient hätten, berechtigt habe. Somit
sei er auch berechtigt gewesen, Untervollmacht zu erteilen. Entsprechend habe der
Architekt in den Ausschreibungsunterlagen vermerkt, dass er im Namen von A den
Zuschlag erteilt und die Bauverträge verhandelt habe. Die vom Architekten typisiert
ausgearbeiteten Verträge habe A als Bauherr unterschrieben. Dementsprechend sei
auch die überwiegende Zahl der Baurechnungen an A adressiert gewesen. Aus ihnen sei
aber auch hervorgegangen, dass die Bauleistungen das Grundstück M-Straße in L
betroffen hätten. Die Kreditverträge zur Finanzierung der Sanierungsarbeiten seien von
E und A unterschrieben worden. Die Modernisierungsarbeiten seien für die
Grundstücksgemeinschaft erbracht worden. Dazu habe sie sich im Modernisierungs- und
Instandsetzungsvertrag mit der Stadt L verpflichtet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass
das Finanzamt die Tätigkeit des Architekten für die Gemeinschaft anerkenne, die von
ihm vorbereiteten und überwachten Baumaßnahmen jedoch nur für A erbracht worden
sein sollten.
Die Klägerin verweist zur weiteren Begründung auf das Urteil des Europäischen
Gerichtshofs -EuGH- vom 21.04.2005 (Rs. C-25/03 HE, Sammlung der Entscheidungen
des EuGH -EuGHE- I 2005, 3123, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2007, 23) und die
Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/EWG/3888 des Rates vom 17.05.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -im
Folgenden: 6. EG-Richtlinie-.
Sie macht ferner geltend, dass die Rechnungen auch ordnungsgemäß seien, da aus
ihnen unstreitig hervorgehe, dass die Baumaßnahmen nicht abgrenzbare Teile des
Gebäudes auf dem Grundstück M-Straße betroffen hätten. Die eindeutige und leicht
nachprüfbare Feststellung von Name und Anschrift des Leistungsempfängers sei durch
die Angaben der Arbeiten und des Grundstücks z.B. über das Grundbuch möglich. Bei
den Rechnungen über die „laufenden Kosten“ handle es sich entweder um
Kleinbetragsrechnungen im Sinne des § 33 UStDV, bei denen die Angabe des
Leistungsempfängers auf der Rechnung entbehrlich sei, oder es sei ihnen ein Bezug auf
das Grundstück zu entnehmen. Die 6. EG-Richtlinie schreibe über die
Mindestanforderungen, dass die Rechnung getrennt den Preis ohne Steuer und den auf
die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag ausweisen müsse, hinaus keine
weiteren Angaben vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfe die Ausübung des
Rechts auf Vorsteuerabzug nur insoweit von weiteren Angaben abhängig gemacht
werden, als diese erforderlich seien, um die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre
Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern. Im konkreten Fall bestehe keinerlei
Gefahr, dass es zu Steuerhinterziehungen oder Missbräuchen komme. Nur die
Miteigentümergemeinschaft selbst sei wirtschaftlich tätig und deshalb
umsatzsteuerpflichtig, nicht aber die Geschwister selbst und die Ehefrau des Bruders.
Dadurch sei ausgeschlossen, dass die Rechnungen, selbst wenn sie an „A“ gerichtet
seien, von diesem für einen weiteren Vorsteuerabzug verwendet werden könnten.
die Umsatzsteuer 1997 bis 2002 jeweils abweichend
von den Bescheiden vom 09.02.2005 und der Einspruchsentscheidung vom
13.10.2005 und die Umsatzsteuer 2003 abweichend von dem Bescheid vom
13.10.2005 neu festzusetzen und dabei die im Schriftsatz vom 29.11.2007
(Blatt 86 der Gerichtsakte) dargelegten Vorsteuerkorrekturen und
Vorsteuern zu berücksichtigen.
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die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass der von
der Klägerin geltend gemachte Vorsteuerabzug aus der
Architektenrechnung berücksichtigt wird.
Er hat an der bisher vertretenen Auffassung festgehalten, dass nicht die
Grundstücksgemeinschaft, sondern A als Leistungsempfänger anzusehen sei. Für die
Leistungsbestellung werde es als maßgeblich erachtet, welche Vertragsparteien
miteinander schuldrechtliche Verpflichtungen eingingen. Hinsichtlich der
Leistungsbezüge bestünden vertragliche Vereinbarungen ausschließlich in den mit den
einzelnen Baufirmen geschlossenen Bauverträgen. Der mit der Stadt L abgeschlossene
Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag, der bindend für die Fördermittel gewesen
sei, sei nicht entscheidend. Es komme auch nicht darauf an, dass der Architekt als
Erfüllungsgehilfe des A die Bauverträge entsprechend den auferlegten städtebaulichen
Vorgaben unter Beachtung des Denkmalschutzes gestaltet habe. In sämtlichen
Bauverträgen sei A als Leistungsempfänger bezeichnet. Es sei nirgendwo der Hinweis zu
ersehen, dass er im Namen der Grundstücksgemeinschaft aufgetreten sei. Das von der
Klägerin herangezogene Urteil des EuGH vom 21.04.2005 (Rs. C-25/03 HE, EuGHE I-
2005, 3123, BStBl II 2007, 23) treffe auf den Streitfall (Unternehmer sei hier eine
Grundstücksgemeinschaft) nicht zu, weil dort ein anderer Sachverhalt beurteilt worden
sei.
Im vorliegenden Fall seien unstreitig fast alle Rechnungen auf A und nicht auf die
Grundstücksgemeinschaft ausgestellt. Zum Teil sei auf den Rechnungen ein Hinweis auf
das Bauobjekt in der M-Straße in L enthalten. Richtig sei auch, dass sich anhand des
Grundbuchs nachvollziehen lasse, dass das Grundstück der Gemeinschaft zuzurechnen
sei. Dieses gewährleiste jedoch keine leichte Nachprüfbarkeit der Angaben. Der Hinweis
auf den Ort des Bauvorhabens sei zu unbestimmt, um auf die Grundstücksgemeinschaft
als Leistungsempfänger hinzuweisen, da es sich hierbei auch nur um die bloße
Bezeichnung der Baustelle durch die Bauunternehmen handeln könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und zum Vorbringen der
Beteiligten wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze und den Akteninhalt
Bezug genommen.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung ein Band der vom Beklagten geführten
Umsatzsteuerakten und je ein Aktenordner USt-Sonderprüfungs-Handakte und RB-
Vorgang zur Steuernummer … sowie die Gerichtsakten 1 V 1906/05 und 1 V 19/06
vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen
die Klägerin in ihren Rechten, da der Beklagte den geltend gemachten
Vorsteuerbeträgen aus laufenden Aufwendungen nach § 15 UStG und
Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG zu Unrecht die Anerkennung versagt hat.
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG (in der in den Jahren 1993 bis 2003 geltenden Fassung)
kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert
ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen
Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge
abziehen.
Leistungsempfänger ist regelmäßig der vertraglich festgelegte Auftraggeber der
Leistung (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 06.10.2005 V R 40/01, BStBl II 2007, 13).
Dabei ergibt sich im Streitfall die Besonderheit, dass die jeweiligen Aufträge für
Bauleistungen nach außen hin nicht durch die Grundstücksgemeinschaft M-Straße erteilt
wurden, sondern A als „Bauherr“ für das Bauvorhaben aufgetreten ist, ohne insoweit
sein Handeln für die Grundstücksgemeinschaft auch gegenüber den Leistenden offen zu
legen.
Allerdings sind bei der Bestimmung des Leistungsempfängers die vom EuGH
aufgestellten Kriterien zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 21.04.2005 (Rs. C-25/03 HE,
EuGHE I 2005, 3123, BStBl II 2007, 23) hat der EuGH auf ein
Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs -BFH- entschieden, dass im Fall der
Bestellung eines Investitionsguts durch eine Ehegattengemeinschaft, die keine
Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der 6. EG-
Richtlinie ausübt, die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, für Zwecke der
Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen sind. Begründet wurde
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Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen sind. Begründet wurde
diese Auffassung mit dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Da die von den
beiden Ehegatten gebildete Gemeinschaft nicht der Steuer unterliege und daher keine
Vorsteuer abziehen könne, müsse ein solches Abzugsrecht den Ehegatten einzeln
zugestanden werden, sofern sie die Steuerpflichtigeneigenschaft hätten (EuGH-Urteil
vom 21.04.2005 Rs. C-25/03, a.a.O Rdnr. 57). Im Umkehrschluss ist aus diesem Urteil für
den vorliegenden Fall zu folgern, dass das Recht auf Vorsteuerabzug der - hinter dem
nach außen hin als Bauherr aufgetretenen A stehenden - Grundstücksgemeinschaft
zugestanden werden muss. Nur die Grundstücksgemeinschaft hat die
Steuerpflichtigeneigenschaft, da die beiden (Mit-)Eigentümer des Grundstücks M-Straße
in L (d.h. ab 1993 zunächst E und A, später die Eheleute B und A) jeweils einzeln nicht
unternehmerisch tätig geworden sind und daher keine Vorsteuer abziehen können.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Streitfall eine Kette vertraglicher Vereinbarungen
vorliegt, durch welche hinreichend deutlich wird, dass Leistungsempfänger tatsächlich
die Grundstücksgemeinschaft und nicht A allein sein sollte:
Der Architektenvertrag vom 26.08.1993 mit dem Büro X, der vom Beklagten für den
Vorsteuerabzug nunmehr in vollem Umfang anerkannt worden ist, ist zwar nur von A
unterschrieben worden, der jedoch offensichtlich auch für seine Schwester E gehandelt
hat, wie aus der erteilten Vollmacht vom 01.07.1990 (Anlage K 1 des Schriftsatzes vom
10.11.2003, Bl. 19 Gerichtsakte) deutlich wird. Es wird in dem Architektenvertrag auch
ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass die Baumaßnahmen das Grundstück M-
Straße in L betreffen und Eigentümer des Grundstücks die Geschwister A und E sind
(Anlage K 3 des Schriftsatzes vom 10.11.2005, Bl. 23-28 Gerichtsakte). Der
Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag vom 21.12.1993 mit der Stadt L wurde im
Namen von E und A geschlossen und auch von beiden unterschrieben (Anlage K 4 des
Schriftsatzes vom 10.11.2005, Bl. 29-38 Gerichtsakte). Die Klägerin hat ferner typisierte
„Ausschreibungsunterlagen für die Modernisierung und Instandsetzung und den Umbau
des Wohn- und Geschäftshauses“ in der M-Straße in L vorgelegt (Anlage K 5 des
Schriftsatzes vom 10.11.2005, Bl. 39-44 Gerichtsakte), in denen als „Bauherr“ zwar nur
A ausgewiesen wird und als Rechnungsanschrift die Adresse von A (über das
Architekturbüro) genannt ist, ohne dass insoweit die Grundstücksgemeinschaft erwähnt
würde. Es wird aber ebenfalls deutlich, dass sich die ausgeschriebenen Leistungen auf
das gesamte Bauvorhaben beziehen sollten. Dies ergibt sich auch aus den
Bauverträgen, die zwar ebenfalls A als den Bauherrn und Auftraggeber nennen (der bei
Abschluss der Verträge durch das Planungsbüro Y vertreten wurde), allerdings als
Gegenstand des Vertrags „Modernisierung, Instandsetzung und Umbau des
Barockhauses, M-Straße, L“ bezeichnen.
Dass mit den geschlossenen Verträgen Verpflichtungen für die gesamte
Grundstücksgemeinschaft begründet werden sollten, erschließt sich auch aus der von E
erteilten Vollmacht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu in der
mündlichen Verhandlung nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass E die Verträge nicht
mitgezeichnet habe, weil sie aufgrund ihres Alters von 79 Jahren mit der Angelegenheit
nicht weiter habe belastet werden wollen.
Aufgrund dieser besonderen Umstände ist der Senat im Streitfall zu der Auffassung
gelangt, dass als Leistungsempfänger nicht der unmittelbare Rechnungsadressat A,
sondern die Grundstücksgemeinschaft M-Straße anzusehen ist, da andernfalls das Recht
auf Vorsteuerabzug vereitelt würde. Da die Mitglieder der Grundstücksgemeinschaft
nicht jeweils für sich unternehmerisch tätig geworden sind, kann von ihnen - und
insbesondere auch vom Rechnungsempfänger A - auch der Vorsteuerabzug nicht
geltend gemacht werden.
Der Vorsteuerabzug scheitert auch nicht daran, dass die streitigen Rechnungen nicht
Bezug auf die Grundstücksgemeinschaft nehmen.
Wie der EuGH in dem Urteil vom 21.04.2005 (Rs. C-25/03 HE, EuGHE I 2005, 3123, BStBl
II 2007, 23) im Hinblick auf die Anforderungen, die an eine Rechnung zu stellen sind, aus
welcher das Recht auf Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann, ausgeführt hat
(siehe Rdnrn. 76 bis 80), ergebe es sich aus Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der 6. EG-
Richtlinie sowohl in ihrer ursprünglichen Fassung als auch in der Fassung nach der
Richtlinie 91/680, dass die Rechnung für die Zwecke der Ausübung des Rechts auf
Vorsteuerabzug getrennt den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze
entfallenden Steuerbetrag ausweisen müsse. Somit schreibe die 6. EG-Richtlinie über
diese Mindesterfordernisse hinaus keine weiteren Angaben vor. Die Mitgliedstaaten
könnten zwar gemäß Art. 22 Abs. 3 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie Kriterien festlegen,
nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden könne, und sie könnten
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nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden könne, und sie könnten
gemäß Art. 22 Abs. 8 weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachteten, um
eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu
verhindern. Wie jedoch die Kommission ausgeführt habe, dürfe nach ständiger
Rechtsprechung die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nur insoweit davon
abhängig gemacht werden, dass die Rechnung über die in Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b
der Sechsten Richtlinie geforderten Angaben hinaus noch weitere Angaben enthalte, als
dies erforderlich sei, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch
die Finanzverwaltung zu sichern. Außerdem dürften solche Angaben nicht durch ihre
Zahl oder ihre technische Kompliziertheit die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug
praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteil vom 14.07.1988 in den
Rs. 123/87 und 330/87, Jeunehomme und EGI, EuGHE 1988, 4517, Rdnr. 17). Ferner
dürften die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 dieser Richtlinie
erlassen dürften, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und
Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung
dieser Ziele erforderlich sei. Sie dürften daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die
Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellten, die ein Grundprinzip des durch das
einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
sei (Urteile vom 21.03.2000 in den Rs. C-110/98 bis C-147/98, Gabalfrisa u.a., EuGHE I
2000, 1577, Rdnr. 52, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2000, 456, und
vom 19.09.2000 in der Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, EuGHE I 2000,
6973 Rdnr. 59, HFR 2000, 914).
Der EuGH ist schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass in einem Fall wie dem des
Ausgangsverfahrens jedoch keinerlei Gefahr bestehe, dass es zu Steuerhinterziehungen
oder Missbräuchen komme, da es um eine sehr spezifische Art von Gemeinschaft gehe,
nämlich eine bloße Miteigentümergemeinschaft zwischen Ehegatten, die selbst nicht
steuerpflichtig seien, und in der nur einer der Ehegatten wirtschaftlich tätig sei, so dass
es ausgeschlossen sei, dass die Rechnungen, selbst wenn sie an die “Eheleute [HE]”
gerichtet seien und die auf ihre Miteigentumsanteile entfallenden Teilbeträge des Preises
und der Mehrwertsteuer nicht ausweisen würden, vom nicht steuerpflichtigen Ehegatten
oder von der Gemeinschaft verwendet werden könnten, um denselben Vorsteuerbetrag
ein weiteres Mal abzuziehen. Unter diesen Umständen würde es mit dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit unvereinbar sein, dem steuerpflichtigen Ehegatten das Abzugsrecht
nur deshalb zu verweigern, weil die Rechnungen nicht die vom anwendbaren nationalen
Recht vorgeschriebenen Angaben enthalten würden (EuGH-Urteil vom 21.04.2005 Rs. C-
25/03 HE, EuGHE I 2005, 3123, BStBl II 2007, 23, Rdnr. 82).
Unter Berücksichtigung der vom EuGH entwickelten Grundsätze wäre es im Streitfall
ebenfalls mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar, der steuerpflichtigen
Klägerin das Abzugsrecht nur deshalb zu verweigern, weil die Rechnungen nicht die vom
anwendbaren nationalen Recht vorgeschriebenen Angaben enthalten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es unstreitig nur ein Grundstück M-Straße und eine
Grundstücksgemeinschaft M-Straße gibt, welche das Wohn- und Geschäftsgebäude zu
Vermietungszwecken nutzt. Die streitigen Rechnungen für die in den Jahren 1994 bis
1996 erbrachten Bauleistungen sind zwar nicht an die Grundstücksgemeinschaft M-
Straße, sondern an A unter der Adresse M-Straße adressiert, enthalten allerdings jeweils
einen Hinweis auf das konkrete Bauvorhaben. Auch wenn die Grundstücksgemeinschaft
nicht selbst in den Rechnungen bezeichnet ist, kann daher im Ergebnis kein Zweifel
daran bestehen, dass die abgerechneten Leistungen das Bauvorhaben der
Grundstücksgemeinschaft betrafen. Im Streitfall besteht auch keinerlei Gefahr, dass es
zu Steuerhinterziehungen oder Missbräuchen kommen könnte, weil es sich - ähnlich wie
in dem vom EuGH entschiedenen Fall - um eine sehr spezifische Art der Gemeinschaft
handelt, deren Mitglieder einzeln nicht unternehmerisch tätig sind. Unter diesen
Umständen reichen die auf A ausgestellten Rechnungen für das Bauvorhaben M-Straße
aus, um den Vorsteuerabzug für die Grundstücksgemeinschaft zu begründen.
Hiervon ausgehend sind die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.11.2007 geltend
gemachten Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG und Vorsteuerbeträge aus laufenden
Aufwendungen auch in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Neuberechnung durch die
Klägerin, die sich zutreffend auf den Anteil an der Gesamtfläche von 570 m² bezieht, ist
nicht zu beanstanden.
Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG
Nachdem der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.10.2005 den
Vorsteuerabzug aus der Architektenrechnung vom 06.11.1996 (ausgewiesene
Umsatzsteuer: 21 762,70 DM) zwar grundsätzlich anerkannt, eine Änderung für die Jahre
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Umsatzsteuer: 21 762,70 DM) zwar grundsätzlich anerkannt, eine Änderung für die Jahre
1997 bis 2002 jedoch an den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 UStDV hatte scheitern
lassen, hat er in der mündlichen Verhandlung die volle Anerkennung der hieraus geltend
gemachten Vorsteuerkorrekturen zugesagt, sodass er - ausgehend von einer
umsatzsteuerpflichtig vermieteten Fläche von 26,14 % für die Jahre 1997 bis 2002 und
von 34,91 % für das Jahr 2003 - im Ergebnis einen Korrekturbetrag in Höhe von jeweils
568,88 DM (= 290,86 €) für 1997 bis 2002 und in Höhe von 388,45 € (759,74 DM) für
2003 zugestanden hat.
Insgesamt sind die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.11.2007 errechneten
Vorsteuerkorrekturen von jeweils 5 520,81 DM für die Jahre 1997 bis 2001, 3 646,18 € für
das Jahr 2002 und 3 810,88 € für das Jahr 2003 in voller Höhe zu berücksichtigen. Wegen
der Berechnung der Beträge im Einzelnen wird auf die Anlagen K 8, K 11, K 12 und K 13
des Schriftsatzes der Klägerin vom 29.11.2007 Bezug genommen (Bl. 87, 90-92
Gerichtsakte).
Vorsteuerabzug nach § 15 UStG „laufende Kosten“
Der geltend gemachte Vorsteuerabzug aus laufenden Kosten wird jeweils durch
Rechnungen belegt, die wiederum vorwiegend A als Adressaten ausweisen (siehe
Anlagen zu den USt-Erklärungen in der UStA). Der Bezug zur Grundstücksgemeinschaft
M-Straße lässt sich dabei ebenfalls durch die Art der abgerechneten Lieferungen oder
Leistungen herstellen. Vereinzelt handelt es sich auch um Quittungen, die keinen
Adressaten ausweisen, aber als Kleinbetragsrechnungen im Sinne von § 33 UStDV
anzusehen sind. Eine anteilige Verwendung für die steuerpflichtige Vermietung erscheint
dem Senat insoweit auch nachvollziehbar und glaubhaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 136 Abs. 2 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung
mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO.
Wegen der Schwierigkeit der in dem Verfahren zu entscheidenden Tat- und Rechtsfragen
hat das Gericht die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für
notwendig erklärt, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen
worden, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
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