Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

FG Berlin: wirtschaftliche identität, teleologische auslegung, verlustabzug, körperschaft, verlustvortrag, unternehmen, form, kapitalgesellschaft, erwerb, betrug

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Gericht:
FG Berlin 8. Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
2000, 2001, 2002
Aktenzeichen:
8 K 8465/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 10d EStG 2002, § 8 Abs 4 S 2
KStG 2002
(Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 KStG bei Zuführung neuen
Betriebsvermögens unmittelbar vor Anteilsübertragung)
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin gemäß § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes -KStG- im
Jahr 2000 ihre wirtschaftliche Identität verloren hat und demzufolge die bis dahin
gesondert festgestellten verbleibenden Verluste vom Verlustabzug ausgeschlossen sind.
Umstritten ist insbesondere, ob die Zuführung neuen Betriebsvermögens auch dann
schädlich im Sinne von § 8 Abs. 4 KStG ist, wenn sie zeitlich vor der Übertragung der
Geschäftsanteile erfolgt.
Die Klägerin ist ein als Treuhandbetrieb fortgeführtes Nachfolgeunternehmen des
früheren xxx. Sie hatte neben der Beteiligung an Unternehmen der Textilbranche den
Handel mit Baumwolle zum Unternehmensgegenstand. Aus der aktiven Handelstätigkeit
resultierten erhebliche Verlustvorträge. Zum 31.12.1999 stellte das damals zuständige
Finanzamt xxx einen Körperschaftsteuerverlustvortrag in Höhe von 25.006.643 DM fest.
Zuvor war der Geschäftsbetrieb im Jahr 1998 nahezu vollständig zum Erliegen
gekommen. Die Klägerin beschäftigte sich nur noch mit der Abwicklung der
Altforderungen/ Altverbindlichkeiten und dem Halten von Beteiligungen an anderen
Firmen.
Gesellschafter der Klägerin waren Anfang des Jahres 2000 die Firmen xxx (Kuty/
Slowakei) - xxx - mit 77,78 % und die xxx (Berlin) mit 22,22 % der Anteile. Am 19. Juli
2000 kaufte Herr xxx von der Fa. xxx, deren alleiniger Gesellschafter- Geschäftsführer er
ebenfalls ist, den gesamten Anteil der seit 1999 von der xxx gehaltenen
Geschäftsanteile an der Klägerin (77.78 %). Die Klägerin erwarb kurze Zeit davor mit
Vertrag vom 15. Juni 2000 von ihrem Gesellschafter- Geschäftsführer xxx zum 1. Juli
2000 seinen 100 % Kommanditanteil an der xxx . Aus dieser Beteiligung erzielte die
Klägerin Gewinne von 140.000 DM für 2000, 330.000 DM für 2001 und 36.000 Euro für
2002. Das Aktivvermögen der Klägerin betrug nach den Feststellungen der bei der
Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung zum 1. Juli 2000 553.586 DM, nach Angaben
der Klägerin 606.374 DM, während das Aktivvermögen der xxx zu diesem Zeitpunkt
unstreitig 830.997 DM betrug.
Die Klägerin erklärte zum 31.12.2001 unter Berücksichtigung eines Verlustabzuges in
Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte von 75.854 DM einen verbleibenden
Verlustvortrag in Höhe von 25.008.389 DM und für 2002 in Höhe von 24.895.851 DM.
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine die Jahre 2000 bis 2002 betreffende
Außenprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die entstandenen Verluste
nach § 8 Abs. 4 KStG als nicht mehr vortragsfähig zu beurteilen und die Verlustvorträge
entsprechend zu kürzen seien (vergl. Tz. 1.17 und 2.1 sowie Anlage 10 zum
Prüfungsbericht).
Auf Grund der im Prüfungsbericht vom 7. Dezember 2004 getroffenen Feststellungen
änderte das Finanzamt xxx am 24. März 2005 die zunächst unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung ergangenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000 und 2001 und
stellte die verbleibenden Verlustvorträge auf 14.979 DM (2000) und auf Null DM (2001)
fest. Für 2002 hob das Finanzamt den zunächst ergangenen Bescheid vom 5. Juli 2004
am 24. März 2005 auf.
Ihre am 20. April 2005 dagegen eingelegten Einsprüche vom 18. April 2005 begründete
die Klägerin dahingehend, dass die im Streitfall gegebene Zuführung neuen
Aktivvermögens in Form der Übernahme des Kommanditanteils zeitlich vor dem
Anteilserwerb den Tatbestand des § 8 Abs.4 KStG nicht erfülle. Das Finanzamt kehre die
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Anteilserwerb den Tatbestand des § 8 Abs.4 KStG nicht erfülle. Das Finanzamt kehre die
gesetzlich vorgegebene Reihenfolge um und konstruiere so eine schädliche Zuführung.
Zu Unrecht stütze es sich dabei auf Textziffer 31 des BMF- Schreibens zu § 8 Abs. 4
KStG vom 16. April 1999, wonach unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise der
Gesellschafterwechsel und die Vermögenszuführung in untrennbaren Zusammenhang
gebracht und damit der Identitätsverlust unterstellt werde. Denn sowohl das BMF-
Schreiben als auch die hierzu ergangene Rechtsprechung betreffe ausschließlich
Sachverhalte, bei denen die Gestaltung der Rechtsgeschäfte nicht dem tatsächlichen
Willen und den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Hierunter fielen Sachverhalte,
bei denen zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse eine vom Wollen
abweichende Abwicklung gewählt werde, weil nur so der angesetzte wirtschaftlicher Erfolg
erreicht werden könne. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Bei objektiver
Betrachtungsweise habe Herr XXX keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Vor- und
Nachteile, gleichgültig, ob er die Kommanditbeteiligung mittelbar oder unmittelbar halte.
Der Gesellschafterwechsel von der mittelbaren zur unmittelbaren Beteiligung an der
Klägerin sei für den Verlustvortrag unschädlich.
Der Beklagte wies die Rechtsbehelfe mit Einspruchsentscheidung vom 27. September
2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Unstrittig sei, dass mehr
als 50 Prozent der Anteile an der Klägerin übertragen wurden. Ebenfalls Einvernehmen
bestehe über den überwiegenden Wert des zugeführten Aktivvermögens. Entgegen der
Auffassung der Klägerin aber habe diese ihre wirtschaftliche Identität eingebüßt, obwohl
sie die Beteiligung noch vor dem Anteilseignerwechsel zugeführt hatte. Im Einzelfall
könne nach Textziffer 31 des BMF-Schreibens die Zuführung neuen Betriebsvermögens
nämlich auch dann schädlich sein, wenn sie vor dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung
beginnt oder sogar schon abgeschlossen ist, z. B. im Fall des kollusiven
Zusammenwirkens von Veräußerer und Erwerber der Anteile. Da im vorliegenden Fall
der Alleingesellschafter der Veräußerin der GmbH-Anteile und der Erwerber dieser
Anteile ein und dieselbe Person ist, stehe zweifelsfrei fest, dass hierbei gleichgerichtete
Interessen vorhanden waren. Es liege der idealtypische Fall eines kollusiven
Zusammenwirkens vor. Hinzu komme, dass Herr xxx in der Lage war, die zeitliche
Reihenfolge der hierzu beurteilenden Handlungen allein zu bestimmen. Im übrigen habe
der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 13. August 1997 (BStBl II 1997,829) entschieden,
dass auch Betriebsvermögenszuführungen, die zeitlich vor der Anteilsübertragung lagen,
ausnahmsweise mit einzubeziehen sind, wenn der spätere Anteilserwerber bereits im
Zeitpunkt der Zuführung neuen Betriebsvermögens in Bezug auf die erst später
übertragenen Anteile eine Rechtsposition innehat, die der eines Anteilsinhabers sehr
nahe kommt. Dies treffe auf den Streitfall zu, da Herr xxx im Zuführungszeitpunkt über
die Firma xxx ohnehin schon an der Klägerin mittelbar beteiligt war. Der Wechsel von der
mittelbaren zu unmittelbare Beteiligung stehe dem Verlust der wirtschaftliche Identität
nicht entgegen (BFH Urteil vom 20. August 2003, BStBl II 2004, 614).
Hiergegen richtet sich die am 25. Oktober 2005 erhobene Klage.
Zur Begründung führte die Klägerin aus: Nach Übertragung der Anteile von der xxx auf
Herrn xxx sei der Klägerin kein überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden,
denn das fragliche Betriebsvermögen sei bereits bei Anteilsübertragung vorhanden
gewesen. Die Vermögenszuführung im Zeitraum vor der Anteilsübertragung sei aber
unschädlich. Deshalb sei auch die wirtschaftliche Identität vor und nach dem Wechsel der
Anteile erhalten geblieben. Der Hinweis des Finanzamtes auf das Urteil des
Bundesfinanzhofes vom 13. August 1997 gehe fehl, weil im Urteilsfall die Zuführung
neuen Kapitals und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs nur deshalb mit der zeitlich
später erfolgten Übertragung der Anteile verbunden worden sei, um so den späteren
Erwerber in die wirtschaftliche Position eines beherrschenden Gesellschafters zu bringen.
Die spätere formelle Übertragung der Anteile sei nur der Abschluss eines wirtschaftlich
vorab bereits abgeschlossenen Vorganges gewesen. Im vorliegenden Fall aber habe es
keiner Verschleierung bedurft, weil Herr xxx vor der Zuführung bereits mittelbar beteiligt
war und somit die Klägerin beherrschte. Es
habe deshalb keiner besonderen kollusiven Zusammenarbeit von Veräußerer und
Erwerber bedurft, um die zeitlich vor der Übertragung der Anteile liegende Zuführung
von Betriebsvermögen wirtschaftlich für den Erwerber abzusichern. Der Wortlaut des § 8
Abs. 4 KStG sei in formalistischer und unveränderter Form anzuwenden.
Die Klägerin beantragt, die angefochtenen Bescheide betreffend ges.
Feststellung des verbleib. Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000, 2001
und 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 zu ändern
und unter Begrenzung der bis zum 31.12.1999 entstanden Verlustvorträge auf
5.868.000 DM, die Verlustvorträge zum 31.12.2000 auf 5.995.219 DM, zum 31.12.2001
auf 5.860.456 DM und zum 31.12.2002 auf 2.953.518 EUR festzustellen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision
zuzulassen.
.
Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:
Bei ihrer Ansicht, dass die Vermögenszuführung eindeutig dem Zeitraum vor
Anteilsübertragung zuzurechnen und daher unschädlich sei, übersehe die Klägerin, dass
eine zeitliche Reihenfolge nach der im Streitfall geltenden Fassung des § 8 Abs.4 KStG
nicht zwingend vorgeschrieben sei. Richtig sei vielmehr: Obwohl die
Vermögenszuführung vor der Anteilsübertragung erfolgte, habe die Klägerin ihre
wirtschaftliche Identität eingebüßt. Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13. August
1997 sei auch für den vorliegenden Fall einschlägig, weil der BFH klargestellt habe, dass
ein Identitätsverlust grundsätzlich nicht bereits dann auszuschließen sei, wenn
Betriebsvermögen noch vor der Anteilsübertragung zugeführt wird. Wie die Klägerin
zutreffend ausführe, habe Herr xxx Art, Umfang und Zeitpunkt der wirtschaftliche
Vorgänge allein bestimmt. Gerade deshalb seien für diese Handlungen die gleichen
Maßstäbe anzusetzen, wie sie für kollusiv zusammenwirkende Parteien gelten.
Dem Gericht haben die vom Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer xxx geführten
Steuerakten (3 Bände) vorgelegen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug
genommen wird.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten. Der Beklagte hat für die Streitjahre zu Recht die gesonderte Feststellung der
geltend gemachten Teilbeträge der bis zum 31.12.1999 aufgelaufenen Verlustvorträge
abgelehnt.
Voraussetzung für den Abzug von Verlusten nach § 10 d EStG ist bei einer Körperschaft,
dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch
ist, die den Verlust erlitten hat. Die den Verlustabzug einschränkende Vorschrift des § 8
Abs. 4 KStG definiert den unbestimmten Rechtsbegriff "wirtschaftliche Identität" einer
Körperschaft nicht. Das Gesetz gibt in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG lediglich ein Regelbeispiel
für den Verlust der wirtschaftlichen Identität. Es beschreibt also nur beispielhaft, wann
eine wirtschaftliche Identität nicht mehr gegeben ist. Dies verdeutlicht der Wortlaut der
Norm durch den Gebrauch der Formulierung "insbesondere" (vergl. BFH vom 20. August
2003 I R 81/02 BStBl. II 2004,614). Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG fehlt einer
Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität dann, wenn bezogen auf das gezeichnete
Kapital mehr als 50 v.H. der Geschäftsanteile übertragen werden und überwiegend
neues Betriebsvermögen zugeführt wird. Die wirtschaftliche Identität eines
Unternehmens hängt folglich nicht nur vom Unternehmenszweck, der wirtschaftlichen
Bedeutung und den Anteilseignern ab, sondern auch wesentlich vom Betriebsvermögen
der jeweiligen Körperschaft (vergl. Frotscher in Frotscher/Maas Körperschaftsteuergesetz
§ 8 KStG Rz. 187 ff.). Das Unternehmen ist wirtschaftlich also nur dann ein anderes
Unternehmen, wenn sein Vermögen in wesentlichen Teilen ausgetauscht, oder vermehrt
wird.
Unter Zuführung neuen Betriebsvermögens im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist
nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 8. August 2001 I R 29/00
BStBl II 2002,392) nur die Zuführung neuen Aktivvermögens (Anlagevermögen) zu
verstehen. Der Bundesfinanzhof hat sich für die weiterhin umstrittene Frage, wann neues
Betriebsvermögen zugeführt ist, im Gegensatz zur Saldobetrachtung für die reine
Zugangsbetrachtung entschieden. Maßgeblich ist demnach die gegenständliche
Zuführung neuen Aktivvermögens. Die Neuzuführungen müssen den vor der Zuführung
bestehenden Bestand des restlichen Aktivvermögens übersteigen (BFH Urteil vom 8.
August 2001 a.a.O.).
Unter Anwendung dieser Kriterien liegen im Streitfall die Tatbestandsmerkmale des § 8
Abs. 4 KStG vor.
Indem Herr xxx mit Vertrag vom 19. Juli 2000 77,78 % der Anteile der Klägerin erwarb,
sind mehr als 50 % der Anteile übertragen worden. Der Senat folgt in diesem
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sind mehr als 50 % der Anteile übertragen worden. Der Senat folgt in diesem
Zusammenhang der vom Bundesfinanzhof im Urteil vom 20.08.2003 (I R 81/02, BStBl. II
2004.614) vertretenen Auffassung, dass - wie im Streitfall - auch der Wechsel von einer
mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung geeignet ist, den Verlustabzug nach § 8
Abs. 4 KStG auszuschließen. Maßgebend ist allein die vorliegend erfüllte zivilrechtliche
Übertragung der qualifizierten Anteilsmehrheit.
Weiterhin wurde durch den Erwerb des 100 %igen Kommanditanteils an der xxx durch die
Klägerin mit Vertrag vom 15. Juni 2000 Aktivvermögen zugeführt, das unstreitig den
Bestand des bisherigen Aktivvermögens übersteigt. Damit ist die wirtschaftliche Identität
der Klägerin im Jahr 2000 verloren gegangen.
Dem steht nicht entgegen, dass neues Aktivvermögen durch die Beteiligung an der xxx
nicht nach, sondern unmittelbar vor der Übertragung der Anteile erworben worden ist.
Denn eine vorgeschriebene Reihenfolge zwischen Anteilsübertragung und Zuführung
neuen Betriebsvermögens sieht § 8 Abs. 4 KStG in der für das Streitjahr maßgeblichen
Fassung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Dafür spricht der Wortlaut der
Vorschrift vor dem Hintergrund ihrer historischen Entwicklung. Durch Art. 2 Nr. 1 des
Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997
(Bundesgesetzblatt Teil I 1997, S.2590, 2591 f.) wurde auf das zuvor im Gesetz
geforderte Tatbestandsmerkmal "danach" verzichtet. Dem entgegen war nach der bis
zum Veranlagungszeitraum 1997 geltenden Fassung des Gesetzes die wirtschaftliche
Identität nur zu verneinen, wenn mehr als drei Viertel der Anteile an einer
Kapitalgesellschaft übertragen worden sind und die Gesellschaft danach ihren
Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt. Diese
zeitliche Reihenfolge ist nach dem Wortlaut der neuen Gesetzesfassung nicht mehr
erforderlich (so auch Frotscher, a.a.O., Rdnr.187). Dafür spricht auch die teleologische
Auslegung der Vorschrift. Die bisherige Fassung galt als anfällig für
Umgehungsmöglichkeiten und sollte aus diesem Grund durch die Gesetzesnovelle
weiter verschärft werden (vgl. Frotscher, a.a.O, Rdnr. 182 b).
Wenn nach diesen Grundsätzen eine bestimmte zeitliche Reihenfolge zwischen der
Übertragung der Gesellschaftsanteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens
nicht erforderlich ist, so muss doch insoweit ein zeitlicher Zusammenhang bestehen
(vgl. BFH Beschluss vom 15. Dezember 2004, I B 115/04, DStR 2005, S.517 sowie BFH
Urteil vom 26. Mai 2004, I R 112/03, BStBl. II, S. 1085, 1087). Ein derartiger zeitlicher
Zusammenhang zwischen der Übertragung der Geschäftsanteile und der Zuführung
neuen Betriebsvermögens liegt im Streitfall nach Auffassung des erkennenden Senats
deshalb vor, weil zwischen den Ereignissen lediglich wenige Tage liegen. Die
Anteilsveräußerung erfolgte zum 19. Juli 2000, der Vertrag über den Erwerb des
Aktivvermögens in Form der Beteiligung datiert vom 15.Juni 2000 mit Wirkung zum 1.Juli
2000. Dieser Abstand von wenigen Tagen ist für den gemäß § 8 Abs.4 KStG
erforderlichen zeitlichen Zusammenhang allemal ausreichend. Das gilt insbesondere
dann, wenn die Beteiligten es - wie im Streitfall Herr xxx - in der Hand haben, den
Zeitablauf betreffend Kapitalzuführung und Anteilsübertragung zu bestimmen. Es kann
für die Entscheidung des Streitfalls aufgrund der unmittelbaren zeitlichen Nähe der
Ereignisse dahingestellt bleiben, wie eng der zeitliche Zusammenhang sein muss (vgl.
hierzu BFH v. 26.05.2004, a.a.O. sowie BFH v. 15.12.2004, I B 115/04, DStR 2005, S.
517). Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 13.08.1997, I R
89/96, BStBl. II S. 830, 831 f. meint, dass sie vor Zuführung neuen Betriebsvermögens
keine einem Anteilsinhabers nahe kommende Rechtsposition innehatte, ist dies für die
Bejahung der zeitnah erfüllten Voraussetzungen des Verlustes der wirtschaftlichen
Identität unerheblich. Es kann im übrigen dahingestellt bleiben, ob für die Verneinung der
wirtschaftlichen Identität im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG bei Zuführung von
Betriebsvermögen vor Anteilsübertragung ein kollusives Zusammenwirken zwischen
Veräußerer und Erwerber notwendig ist. Denn hierauf kommt es wegen der unabhängig
davon vorliegenden Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG nicht an.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 115 Abs.2
Nr.1 FGO zugelassen.
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