Urteil des FG Baden-Württemberg vom 22.07.2016

vollziehung, aussetzung, einspruch, rechtliches gehör

FG Baden-Württemberg Urteil vom 22.7.2016, 13 K 65/16
Prozessunfähigkeit eines Beteiligten
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
I. Vorausgegangene Verfahren
2
1. Verfahren 13 K 84/07
3 Der Kläger ist seit Jahren Halter des Fahrzeugs xx-xx xxx. Mit Bescheid vom 14. Juni 2006 wurde für dieses
Fahrzeug ab dem 7. Juni 2006 Kraftfahrzeugsteuer i.H.v. jährlich 302 EUR festgesetzt. Hiergegen erhob der
Kläger zum damaligen Zeitpunkt Einspruch, beantragte, die Kraftfahrzeugsteuer aus persönlichen
Billigkeitsgründen zu erlassen, hilfsweise, die Steuer entsprechend der geringen
Straßennutzungsmöglichkeit eines „Alg2-Empfängers“ abweichend festzusetzen und die abweichend
festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer zu stunden, weiterhin die Kraftfahrzeugsteuer bis zum Abschluss diverser
finanzgerichtlicher Verfahren zu stunden, hilfsweise hierzu die Kraftfahrzeugsteuer bis zu den ersten
tragenden Einkünften zu stunden, hilfsweise Monatsraten festzusetzen, hilfsweise Quartalsraten
festzusetzen, die Vollziehung auszusetzen sowie hilfsweise die Zwangsvollstreckung einstweilen
einzustellen. Mangels Entscheidung des damaligen Beklagten über den Einspruch sowie die
Billigkeitsanträge erhob der Kläger Untätigkeitsanfechtungs- und Untätigkeitsverpflichtungsklage. Mit Urteil
des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2010 wurde die Klage abgewiesen; die Rechtmäßigkeit
des Kraftfahrzeugsteuerbescheides wurde bestätigt. Auf das Verfahren 13 K 84/07 wird insoweit verwiesen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beim Bundesfinanzhof für ein Verfahren wegen
Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 abgelehnt.
4
2. Außergerichtliches Verfahren zum Verfahren 13 K 3382/13
5
a. Antrag des Klägers auf Stundung und Aussetzung der Vollziehung
6 Mit Schreiben vom 11. Juni 2013 beantragte der Kläger Stundung - hilfsweise Aussetzung der Vollziehung -
der Kraftfahrzeugsteuer bis zum Abschluss eines seit 12 Jahren andauernden Verfahrens wegen Sozialhilfe,
da er mit der ausstehenden Sozialhilfe die Kraftfahrzeugsteuer bezahlen könne. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 des
Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) dürfe er ein Fahrzeug halten. Eine Ansparung der
Kraftfahrzeugsteuer während dieser langen Verfahrensdauer sei ihm nicht möglich, da sein
Arbeitslosengeld II aufgrund seiner hyperlipidämiebedingter Ernährungsmehrkosten und seiner Kosten für
seine Selbstvertretung in rechtlichen Angelegenheiten belastet sei.
7
b. Ablehnung Stundungsantrag zu a.
8 Mit Bescheid vom 14. Juni 2013 teilte das Finanzamt X dem Kläger mit, dass seinem Stundungsantrag nicht
entsprochen werden könne, da die Kraftfahrzeugsteuer als Verkehrsteuer ohne Rücksicht auf die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Halters erhoben werde. Bei Nutzung müsse er, der
Kläger, mit der Steuer - wie auch mit anderen anfallenden Kosten - rechnen. Die Fälligkeit der Steuer sei
ferner absehbar, so dass es möglich sei, die erforderlichen Mittel hierfür bereitzustellen.
9
c. Einspruch zu b. und (erneuter) Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu b.
10 Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger form- und fristgerecht Einspruch, beantragte Aussetzung der
Vollziehung, hilfsweise die abweichende Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer auf 50% und monatliche
Zahlweise. Der Besitz eines Pkw sei nach Sozialgesetzbuch ausdrücklich gestattet; aufgrund der geringen
Höhe des Arbeitslosengeldes II könne dieser jedoch nicht realisiert werden, was einem Verbot der Nutzung
eines Kraftfahrzeugs gleichkomme. Von einem „Alg2-Abhängigen“ könne nicht der gleiche Betrag verlangt
werden wie von Durchschnittsverdienern oder Reichen, da diese die Straßen auch deutlich mehr nutzten.
Die Steuer sei daher auf ein angemessenes Verhältnis in Bezug auf die Straßennutzung herabzusetzen.
Ferner seien alle übrigen anfallenden Kosten deutlich geringer, die Kraftfahrzeugsteuer sei das teuerste von
allem. Aufgrund eines Schufa-Eintrags sei ihm keine Kreditaufnahme möglich. Es sei außerdem unbillig, von
ihm eine Vorleistung für ein ganzes Jahr zu verlangen. Die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sei nur
tagsüber und nicht in alle Richtungen vertretbar. Die Bundesregierung sei ferner nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 des
Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) ermächtigt, Ausnahmen von der Besteuerung zur Beseitigung von
Unbilligkeiten in Härtefällen durch Rechtsverordnung zuzulassen. Falls eine solche Verordnung nicht
existiere, stelle dies ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 und Art. 20 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) dar.
11 d. Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zu a. und c.
12 Mit Bescheid vom 21. Juni 2013 lehnte das Finanzamt X die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab, da
die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nach summarischer Prüfung nicht ernstlich zweifelhaft sei.
13 e. Einspruch gegen d)
14 Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein und bat um Entscheidung
über seine Hilfsanträge auf abweichende Festsetzung und monatliche Zahlungsweise. Der Bescheid enthalte
hinsichtlich der Aussetzung der Vollziehung keine ausreichende Begründung. Mit Schreiben vom 27. Juni
2013 (ohne Rechtsmittelbelehrung) teilte das Finanzamt X mit, dass eine abweichende Festsetzung
aufgrund der seitens des Klägers geschilderten Gründe nicht in Betracht komme. Eine Zahlung in sechs
Raten könne gewährt werden; falls dies gewünscht sei, werde aufgrund bereits überschrittener Fälligkeit um
baldige Nachricht gebeten. Eine Antwort des Klägers bezüglich dieser angebotenen Ratenzahlung erfolgte
nicht.
15 f. Weiterer Antrag des Klägers
16 Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 beantragte er die „behördliche Feststellung der Erstattungspflicht von auf
Energiesteuer erhobener Mehrwertsteuer“ und Verrechnung mit der erhobenen Kraftfahrzeugsteuer. Die
auf die Energiesteuer erhobene „Mehrwertsteuer“ sei verfassungswidrig, weshalb sie zurückzuerstatten sei.
17 g. Ablehnung Antrag zu f.
18 Mit Schreiben vom 15. Juli 2013 (ohne Rechtsmittelbelehrung) teilte das Finanzamt X dem Kläger mit, dass
die gewünschte behördliche Feststellung der Erstattungspflicht mangels gesetzlicher Grundlage nicht
möglich sei und mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 226 der Abgabenordnung (AO) eine
Aufrechnung nicht möglich sei. Hinsichtlich der bereits angebotenen Ratenzahlung wurde erneut um
Kontaktaufnahme gebeten. Eine Reaktion des Klägers bezüglich dieser angebotenen Ratenzahlung erfolgte
weiterhin nicht.
19 Mit Schreiben vom 30. Juli 2013 teilte der Kläger mit, dass vor einer Vollstreckung über seinen
Stundungsantrag sowie seinen Antrag auf abweichende Festsetzung der Steuer zu entscheiden sei.
20 3. Verfahren 13 V 2816/13
21 Nachdem am 7. August 2013 eine Vollstreckungsankündigung an den Kläger versandt wurde, stellte dieser
mit am 20. August 2013 bei Gericht eingegangenem Schreiben einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für
einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Einstellung der Zwangsvollstreckung, soweit mehr als 50% der
für den Zeitraum 7. Juni 2013 bis 6. Juni 2014 fälligen Steuer und mehr als eine quartalsmäßige Vorleistung
verlangt werde. Der Kläger hat hierbei im Wesentlichen seinen Vortrag aus den früheren Schreiben
wiederholt und ferner zunächst darauf hingewiesen, dass eine Einspruchsentscheidung bezüglich der
Stundungsablehnung bislang nicht ergangen sei; über seine Hilfsanträge bezüglich einer abweichenden
Festsetzung der Steuer und bezüglich der Erstattung der auf Energiesteuer erhobenen Umsatzsteuer und
die damit zusammenhängende Verrechnungsstundung sei nicht durch rechtsmittelfähige Bescheide
entschieden.
22 4. Einspruchsentscheidung zu Einsprüchen 2 c. und e.
23 Mit Einspruchsentscheidungen, jeweils vom 3. September 2013, wies das Finanzamt X den Einspruch gegen
die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung sowie den Einspruch gegen die Ablehnung der Stundung als
unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung bezüglich der Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung
begründete es damit, dass die Rechtmäßigkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheides bereits gerichtlich
festgestellt sei, weshalb keine ernstlichen Zweifel bestünden. Die Einspruchsentscheidung bezüglich der
Stundungsablehnung wurde damit begründet, dass ein sachlicher Stundungsgrund mangels eines
ersichtlichen Gegenanspruchs nicht gegeben sei; ein noch nicht abgeschlossenes Klageverfahren stelle
keinen sachlichen Stundungsgrund dar. Ferner sei der Kläger nicht stundungswürdig, da er sich aufgrund der
jährlichen Fälligkeit auf den Zahlungstermin habe einstellen können. Im Übrigen sei eine Gefährdung des
Steueranspruchs aufgrund der Einlassungen des Klägers nicht unwahrscheinlich. Sicherheitsleistungen seien
keine angeboten worden. Insgesamt läge daher weder eine erhebliche Härte vor noch könne die
Anspruchsgefährdung verneint werden, weshalb die Stundung abzulehnen sei.
24 5. Verfahren 13 K 3382/13 (PKH für eine Klage gegen 4. und eine Unterlassungsklage wegen
Nichtentscheidung über einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO zu 2 c. und g.)
25 Mit weiterem Schreiben vom 7. Oktober 2013 beantragte der Kläger - form- und fristgerecht -
Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 3. September 2013
und wegen Nichtentscheidung über die beantragte abweichende Festsetzung und Nichtentscheidung über
die Umsatzsteuer-Rückerstattung im Zusammenhang mit einer Verrechnungsstundung. Aufgrund der
Vollstreckungsandrohung sei eine kürzere Sperrfrist als 6 Monate gegeben; es sei gemäß § 75 Satz 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) von einer Sperrfrist von 3 Monaten auszugehen. Hinsichtlich der
Stundung bestünden zahlreiche Gegenansprüche, insbesondere ein Anspruch auf abweichende Festsetzung
der Kraftfahrzeugsteuer auf 50%, ein Anspruch auf Rückerstattung von verfassungswidrig auf Energiesteuer
erhobener Umsatzsteuer, ein Anspruch auf etliche tausend Euro Sozialhilfe, ein Anspruch auf einige tausend
Euro Entschädigung für die unzumutbare Verfahrensdauer hinsichtlich des Verfahrens über Sozialhilfe und
ein Anspruch auf viele hundert Euro an ausstehendem Ernährungsmehrbedarf wegen
Ernährungsmehrkosten. Eine Stundung dürfe deshalb nicht verweigert werden.
26 a. Entscheidung zu 2 c. und g.
27 Im Rahmen des isolierten Prozesskostenhilfeverfahrens wurde über die Anträge auf abweichende
Festsetzung der Steuer sowie Erstattung von Umsatzsteuer förmlich durch mit Rechtsmittelbelehrung
versehenen Bescheiden vom 7. Januar 2014 entschieden. Für eine abweichende Festsetzung bestehe kein
Raum, da die Kraftfahrzeugsteuer mit Zulassung des Fahrzeugs entstehe und unabhängig von dem Umfang
der Nutzung zu bezahlen sei. Eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der Umsatzsteuer existiere nicht,
weshalb der Antrag auf Verrechnungsstundung ebenfalls abzulehnen sei. Gegen diese Bescheide legte der
Kläger wiederum form- und fristgerecht am 10. Februar 2014 Einsprüche ein. Das Finanzamt habe sich mit
seinen Einwendungen nicht hinreichend auseinandergesetzt, weshalb der Anspruch auf rechtliches Gehör
verletzt sei. Im Übrigen habe die Behörde gegen die Vorschrift des § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) verstoßen. Auf höherrangiges Recht - die Verfassung - sei überhaupt nicht eingegangen worden.
28 b. Umstellung des Antrags zu 5.
29 Aufgrund der im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ergangenen Entscheidungen über die Anträge
änderte der Kläger sein Begehren dahingehend, dass nunmehr über seine Einsprüche vom 10. Februar 2013
gegen die Ablehnung des Antrags auf abweichende Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer auf 50% sowie
gegen die Ablehnung des Antrags auf Rückerstattung der verfassungswidrig auf Energiesteuer erhobenen
Umsatzsteuer nicht entschieden worden sei. In Fällen von sozialleistungsabhängigkeitsbedingter
Finanzschwäche sei von einer dreimonatigen Sperrfrist auszugehen.
30 6. Entscheidungen des Senats zu 3. und 5.
31 Die Prozesskostenhilfeanträge zu Ziffer 3. und 5. wurden mit Beschlüssen des Senats vom 4. August 2014
abgelehnt.
32 7. Verfahren 13 K 2841/14, 13 K 2843/14, 13 K 2845/14, 13 K 2846/14
33 Gegen die Beschlüsse des Senats zu Ziffer 6 erhob der Kläger jeweils Gegenvorstellung und Gehörsrüge
gemäß § 133a FGO, welche durch Beschlüsse des Senats vom 21. Oktober 2015 zurückgewiesen wurden.
34 8. Verfahren 13 K 1750/15 und 13 K 1757/15
35 Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage
gegen die Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2015 des Hauptzollamts Y gegen die Ablehnung eines
Antrags auf
a) abweichende Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer auf 50% aus persönlichen Billigkeitsgründen und
b) Verrechnungsstundung der Kraftfahrzeugsteuer mit einem angenommenen Rückerstattungsanspruch
von auf Energiesteuer erhobener Mehrwertsteuer.
36 Daneben beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für „einen beabsichtigten Antrag auf einstweilige
Einstellung der Zwangsvollstreckung der 50% der Kfz-Steuer übersteigenden Beträge bis zur rechtskräftigen
Entscheidung über den PKH-f.Klage-Antrag und über die Klage und über einen u.U. notwendig werdenden
PKH-f.NZB-Antrag.“
37 Zur Begründung bezieht er sich auf seine Schriftsätze im Einspruchsverfahren sowie in den PKH-
Antragsverfahren 13 V 2816/13, 13 K 3382/13. Daneben trägt er vor, dass § 7
Kraftfahrzeugsteuerdurchführungsverordnung (KraftStDV) Kraftfahrzeugsteuervergünstigungen vorsehe.
38 Mit weiterem Schriftsatz vom 8. November 2015 (eingegangen bei Gericht ebenfalls am 25. August 2014)
stellte der Kläger ein Ablehnungsgesuch gegen die Senatsmitglieder [ … ] wegen der Besorgnis der
Befangenheit. Zur Begründung trug er vor, die Senatsmitglieder hätten in dem Verfahren 13 K 2845/13 ihn
vor Verwerfung seiner Gehörsrüge nicht darüber informiert, dass seine Gehörsrüge beim Finanzgericht
verfristet eingegangen sei. Die Senatsmitglieder seien deswegen „böswillig“.
39 Mit Beschlüssen des Senat vom 23. November 2015 wurden die Anträge auf Prozesskostenhilfe mangels
Aussicht auf Erfolg abgelehnt und die Ablehnungsanträge wegen Befangenheit wegen
Rechtsmissbräuchlichkeit als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen.
40
II. Weitere Verfahren vor dem Finanzgericht und anderen Gerichten
41 Neben vorgenannten Verfahren führt bzw. führte der Kläger vor dem Finanzgericht und anderen Gerichten
unter anderem folgende Verfahren:
42 [ …… ]
43 • 20 weitere Verfahren vor dem Finanzgericht FG Baden-Württemberg,
44 • 160 Verfahren vor dem Sozialgericht X,
45 • 170 Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Y,
46 • 8 Verfahren vor dem Landgericht Z (seit 2014),
47 • 36 Verfahren vor dem Amtsgericht K und
48 • 52 Verfahren vor dem Landgericht K.
49 Die Verfahren verliefen, soweit ersichtlich, allesamt im Kern erfolglos und enthielten, soweit sie die
Kraftfahrzeugsteuer betrafen, mit leichten Variationen in der Begründung und des Streitzeitraumes letztlich
dasselbe Klagebegehren. Daneben erhob der Kläger in diesen Verfahren zahlreiche unzulässige oder
unbegründete
50 · Befangenheitsanträge gegen den Senat,
51 · Anschuldigungen der Rechtsbeugung durch den Senat,
52 · Gehörsrügen und Gegenvorstellungen, die unter demselben Aktenzeichen wie die Hauptsache geführt
wurden,
53 · Dienstaufsichtsbeschwerden,
54 · Anträge auf Protokoll- oder Tatbestandsberichtigung,
55 · Anträge auf Terminverlegung auf einen späteren Termin als 12.00 Uhr, da er einen abweichenden
Schlafrhythmus hätte und bis 12.30 Uhr schliefe und
56 · Anträge auf Nachweise und Zusendung von Fundstellen.
57 Soweit ersichtlich verliefen auch die [ … ] Verfahren ebenfalls weitestgehend erfolglos. Gleiches gilt für die
in diesen Verfahren erhobenen Gegendarstellungen, Gehörsrügen und Rechtsmittel vor dem
Oberlandesgericht Z, dem Landessozialgericht Baden-Württemberg und dem Verwaltungsgerichtshof X.
III.
58 Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2015 hat der Kläger nunmehr Klage erhoben, mit der er sein zuvor unter
Az. 13 K 1750/15 als isoliertes Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verfolgtes Interesse weiter
verfolgt (vgl. oben I Nr. 8).
59 Der Schriftsatz hat erneut ein Ablehnungsgesuch gegen den Senat wegen der Besorgnis der Befangenheit
enthalten, welches mit Beschluss des Senats vom 21. März 2016 als rechtsmissbräuchlich und offensichtlich
unzulässig zurückgewiesen worden ist.
60 Ebenso hat der Kläger in der Klageschrift erneut Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf
„einstweilige Anordnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung des 50 % der Kfz-Steuer
übersteigenden Kfz-Steuer-Anteils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über hiesige Klage und über einen
PKH-f. NZB-Antrag beim BFH“ beantragt. Es handelt sich insoweit um denselben Antrag, der bereits im
Verfahren 13 V 1757/15 (vgl. oben I. 8.) durch den Senat mit Beschluss vom 23. November 2015 abgelehnt
wurde. Diese Verfahren hat der Senat mit Beschluss vom 20. Juli 2016 13 V 2191/16 abgetrennt und den
Antrag als unzulässig abgelehnt.
61 Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 29. März 2016 - zugestellt am 2. April 2016 - auf die
durchgreifenden Bedenken gegen dessen Prozessfähigkeit und deren prozessuale Folgen hingewiesen. Es ist
ferner Gelegenheit zur Stellungnahmen bezüglich eines erforderlichen psychologischen Gutachtens gegeben
worden. Dieses Schreiben ist unbeantwortet geblieben.
62 Mit Schreiben vom 4. April 2016 hat der Kläger einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, welcher durch den
Senat mit Beschluss vom 13. April 2016 aufgrund der nicht festgestellten Prozessfähigkeit des Klägers
abgelehnt worden ist. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde vor dem
Bundesfinanzhof ist mit Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 2. Juni 2016 II S 12/16 als unbegründet
abgelehnt worden.
63 In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger nicht erschienen. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2015 hat
er sinngemäß beantragt,
die Einspruchsentscheidung des Hauptzollamts Y vom 21. Mai 2015 dahingehend abzuändern, dass dieses
verpflichtet wird, nunmehr seine Kraftfahrzeugsteuer aus Billigkeitsgründen auf nur 50 % festzusetzen.
64 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
65 Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Akten mit den Aktenzeichen 13 V 1757/15, 13 K 1750/15,
13 K 2841/14, 13 K 2843/14, 13 K 2845/14, 13 K 2846/14, 13 K 3382/13, 13 V 2816/13 und 13 K 84/07
sind zum Verfahren beigezogen worden und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
66 Die Klage ist mangels feststellbarer Prozessfähigkeit des Klägers unzulässig.
67 Die Prozessfähigkeit der Beteiligten ist durch den Senat von Amts wegen zu prüfen. Eine Sachentscheidung
für oder gegen den Kläger kann nicht ergehen, wenn erhebliche Bedenken gegen die Prozessfähigkeit eines
der Beteiligten bestehen und sich nicht feststellen lässt, dass dieser Beteiligte prozessfähig ist (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001, VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651; BVerwG,
Beschluss vom 07. November 1986 – 5 B 58/86, 5 B 59/86, 5 B 60/86, 5 B 61/86, 5 B 62/86 –, juris; BGH,
Urteil vom 23. Februar 1990 – V ZR 188/88 –, BGHZ 110, 294). Klagen und Anträge, die eine
Prozesshandlung darstellen, sind in einem solchen Fall vielmehr als unzulässig abzuweisen.
68 Der Senat hat aufgrund der Vielzahl der bisherigen Prozessaktivitäten des Klägers durchgreifende Bedenken
gegen die Prozessfähigkeit des Klägers. Gegen die Prozessfähigkeit spricht nicht nur das bisherige
Prozessverhalten mit einer kaum zu überschauenden Flut an Klagen und Anträgen vor vielen deutschen
Gerichten, sondern auch die Art und Weise, wie er die Verfahren führt:
69 1. Der Kläger splittet seine Prozessführung in eine Vielzahl von Einzelhandlungen auf, die nicht auf
Herbeiführung einer zeitnahen Sachentscheidung, sondern auf eine maximale Beschäftigung der
Behörden und Gerichte ausgerichtet sind. So führte der Kläger vor der streitgegenständlichen Klage
bereits zahlreiche – erfolglose – Einspruchs- und Antragsverfahren auf Prozesskostenhilfe wegen
Stundung, Untätigkeit (bereits 3 Monate nach Antragsstellung bzw. Einlegung des Rechtsmittels),
Aussetzung der Vollziehung, einstweilige Anordnung der Zwangsvollstreckung und Prozesskostenhilfe in
der Hauptsache. In diesen Verfahren erhob der Kläger zudem regelmäßig Anhörungsrüge,
Gegendarstellung, Befangenheitsanträge gegen den gesamten Senat sowie den Vorwurf der
Rechtsbeugung (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. August 2015, 26 K 4946/15, juris).
70 2. Gehörsrüge und Gegenvorstellung wurden selbst in den Verfahren wegen Untätigkeit, die prozessual
wegen Handelns der Behörde bereits überholt waren, noch erhoben.
71 3. Der Kläger erhebt regelmäßig nicht zielgerichtete, unzulässige oder unbegründete Anträge wie
„Berichtigung“ des Aktenzeichens, Terminsverlegung aufgrund vorgeblichem geändertem Schlafrhythmus
und ähnlichem (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. August 2015, 26 K 4946/15, juris).
72 4. Der Kläger hat inzwischen offenkundig jeden Überblick über seine Verfahren verloren, was gegen die
Prozessfähigkeit des Klägers spricht (vgl. Hessischer VGH, Entscheidung vom 1. Juni 1967 V OE 13/67,
juris). So stellte er im hiesigen Klageverfahren erneut denselben Antrag auf Prozesskostenhilfe für einen
beabsichtigten Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung, den der Senat nur wenige Wochen zuvor
bereits mit Beschluss vom 23. November 2015 13 V 1757/15 abgelehnt hatte. Daneben zeigt auch der in
diesem Verfahren gestellte Antrag auf „Berichtigung des Aktenzeichens“, dass der Kläger die
Aktenzeichen aufgrund der Vielzahl der von ihm parallel in nahezu gleicher Sache geführten Verfahren
nicht mehr zuordnen und unterscheiden kann.
73 Letztlich spricht auch die Aggressivität, mit der er seine Verfahren führt, gegen die Prozessfähigkeit des
Klägers.
74 Da der Senat keine Anhaltspunkte für die Prozessfähigkeit des Klägers hat und mangels diesbezüglicher
Mitwirkungsbereitschaft des Klägers diese auch nicht positiv feststellen kann, muss der Senat aufgrund der
Vielzahl der beim Kläger offen zu Tage scheinenden Symptome von einer krankhaften Form der Querulanz
und mithin Prozessunfähigkeit ausgehen (vgl. Urbaniok, FOTRES [2007] S. 370f.; BVerwG, Beschluss vom 7.
November 1986 5 B 58/86, 5 B 59/86, 5 B 60/86, 5 B 61/86, 5 B 62/86, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 7.
August 2015 26 K 4946/15, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 1. Juni 1967 V OE
13/67, NJW 1968, 70).