Urteil des EUGöD vom 24.09.2015

Wider Besseres Wissen, Verlängerung der Frist, Parlament, Daten

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER
EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)
24. September 2015
)
„Öffentlicher Dienst – Beamte – Schadensersatzklage –Außervertragliche Haftung der Union –
Inhalt einer einem Beamten im Ruhestand von der Verwaltung übermittelten E-Mail – Verletzung
der Ehre des Klägers – Fehlen – Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers an
dessen Rechtsanwalt durch die Bevollmächtigten des Organs im Rahmen eines Verfahrens vor
dem Gericht – Verstoß gegen die Verordnung Nr. 45/2001 – Unzutreffende
Tatsachenbehauptungen“
In der Rechtssache F‑92/14
betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag
gilt,
Roderich Weissenfels,
Freiburg im Breisgau (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Maximini,
Kläger,
gegen
Europäisches Parlament,
Beklagter,
erlässt
DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Van Raepenbusch, des Richters K. Bradley
(Berichterstatter) und der Richterin M. I. Rofes i Pujol,
Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2015
folgendes
Urteil
1
Mit Klageschrift, die am 10. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
begehrt Herr Weissenfels die Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Parlaments vom
5. März 2014, mit der sein Antrag auf Ersatz immateriellen Schadens zurückgewiesen wurde.
Dieser Schaden soll ihm zum einen durch Behauptungen, die in einer E‑Mail der
Parlamentsverwaltung an ihn enthalten sind, und zum anderen durch die Übermittlung
bestimmter Dokumente mit ihn betreffenden personenbezogenen Daten an seinen
Rechtsanwalt entstanden sein.
Rechtsanwalt entstanden sein.
Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt
2
Beim Kläger handelt es sich um einen ehemaligen Beamten des Parlaments, dessen Ort der
dienstlichen Verwendung Luxemburg (Luxemburg) war und der am 1. Dezember 2008 in den
Ruhestand versetzt wurde.
3
Nachdem der Kläger nach seinem Eintritt in den Ruhestand nach Freiburg im Breisgau
(Deutschland) gezogen war, beantragte er am 24. November 2011 die
Wiedereinrichtungsbeihilfe gemäß Art. 6 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der
Europäischen Union in der damals geltenden Fassung (im Folgenden: Statut).
4
Das Parlament vertrat die Auffassung, der Kläger habe keine hinreichenden Belege dafür
beigebracht, dass seine Familie zurück nach Freiburg im Breisgau gezogen sei, und gewährte
ihm daher mit Entscheidung vom 29. März 2012 eine Wiedereinrichtungsbeihilfe in Höhe
lediglich eines Monatsgrundgehalts (im Folgenden: Entscheidung vom 29. März 2012).
5
Am 30. März 2012 übermittelte der Kläger dem Parlament Unterlagen, um zu belegen, dass
seine Familie mit ihm zurück nach Freiburg im Breisgau gezogen sei.
6
Mit E-Mail vom 3. April 2012 wurde er von dem für ihn zuständigen Sachbearbeiter des
Referats „Individuelle Rechte und Bezüge“ der Generaldirektion Personal des Parlaments
gebeten, beglaubigte Kopien der für seinen Antrag auf Wiedereinrichtungsbeihilfe vorgelegten
Unterlagen einzureichen, „afin de [lui] permettre de revoir [l’]indemnité de réinstallation“ („damit
[die] Wiedereinrichtungsbeihilfe noch einmal überprüft werden [könne]“).
7
Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach. Am 10. April 2012 leitete er die E-Mail vom 3.
April 2012 allein mit dem fett gedruckten Vermerk „Pour info et avis, s.v.p.!“ („Mit der Bitte um
Kenntnis- und Stellungnahme!“) an den Leiter des Referats „Individuelle Rechte und Bezüge“
(im Folgenden: Referatsleiter) weiter. Dieser antwortete ihm am selben Tag mit einer E-Mail, in
der er die Begründung der Entscheidung vom 29. März 2012 erläuterte (im Folgenden: E-Mail
vom 10. April 2012).
8
Auf die E-Mail vom 10. April 2012 antwortete der Kläger mit E-Mail vom 11. April 2012, in der er
die Berechtigung der Aufforderung zur Vorlage beglaubigter Kopien der Belege zu seinem
Antrag auf Wiedereinrichtungsbeihilfe in Zweifel zog und vom Referatsleiter für eine in der E-
Mail enthaltene Behauptung, durch die der Eindruck erweckt werde, dass er und seine Familie
bestimmte Leistungen rechtswidrig bezogen hätten, „umgehend eine Entschuldigung“ verlangte.
9
Am 13. Dezember 2012 erhob der Kläger beim Gericht Klage auf Aufhebung der Entscheidung
vom 29. März 2012 (Rechtssache F‑150/12). Mit Entscheidung vom 17. Januar 2013 gab das
Parlament dem Antrag des Klägers aber schließlich statt, so dass dieser seine Klage
zurücknahm und die Rechtssache F‑150/12 im Register des Gerichts gestrichen wurde
(Beschluss vom 24. Juni 2013, Weissenfels/Parlament, F‑150/12, EU:F:2013:87).
10
Am 16. Dezember 2013 verlangte der Kläger auf der Grundlage von Art. 90 Abs. 1 des Statuts
einen Betrag von 15 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens, den er durch die
Verletzung seiner Ehre durch die E-Mail vom 10. April 2012 erlitten habe, und einen Betrag von
10 000 Euro, weil sein Recht auf Schutz personenbezogener Daten im Rahmen des
Gerichtsverfahrens in der Rechtssache F‑150/12 verletzt worden sei.
11
Mit Entscheidung von 5. März 2014 wies das Parlament den Schadensersatzantrag des
Klägers zurück.
12
Am 24. März 2014 legte der Kläger gegen die Entscheidung vom 5. März 2014 gemäß Art. 90
Abs. 2 des Statuts Beschwerde ein. Diese wurde vom Generalsekretär des Parlaments mit
Entscheidung vom 29. Juli 2014 ausdrücklich zurückgewiesen.
Entscheidung vom 29. Juli 2014 ausdrücklich zurückgewiesen.
Anträge der Parteien und Verfahren
13
Der Kläger beantragt,
– die Entscheidung des Parlaments vom 5. März 2014, mit der sein Antrag auf
Schadensersatz vom 16. Dezember 2013 abgelehnt wurde, und die stillschweigende
Ablehnung seiner dagegen am 24. März 2014 eingelegten Beschwerde sowie, hilfsweise,
die nachgeschobene Ablehnungsentscheidung „eines nicht erkennbaren Ausstellers“ vom
29. Juli 2014 aufzuheben;
– das Parlament zu verurteilen, an ihn als immateriellen Schadensersatz 30 000 Euro nebst
Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank aus 25 000 Euro seit dem 1. Februar 2014 und aus 5 000 Euro
seit dem 1. Mai 2014 zu zahlen;
– dem Parlament die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens sowie
sämtliche notwendigen Aufwendungen und Auslagen des Klägers aufzuerlegen.
14
Das Parlament beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
15
Mit Schreiben der Kanzlei vom 4. Mai 2015 hat das Gericht bei den Parteien angefragt, ob sie
zur Aufnahme von Verhandlungen über eine etwaige gütliche Beilegung des Rechtsstreits bereit
seien. Da die Parteien nicht zu einer Einigung gelangt sind, hat das Gericht das Scheitern des
Versuchs einer gütlichen Beilegung festgestellt, worüber die Parteien mit Schreiben der Kanzlei
vom 22. Mai 2015 unterrichtet worden sind.
16
Auf eine vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage hat der Kläger erklärt,
dass er keine Einwände gegen die Erwähnung seines Namens in den Veröffentlichungen des
Gerichts habe.
Rechtliche Würdigung
Vorbemerkungen
17
Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach Art. 1 des Anhangs I der Satzung des
Gerichtshofs der Europäischen Union lediglich für Streitsachen zwischen der Union und deren
Bediensteten gemäß Art. 270 AEUV, einschließlich Streitsachen über Schadensersatz,
zuständig ist, und zwar in den Grenzen und unter den Voraussetzungen, wie sie durch das
Statut und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen
Union festgelegt sind.
18
Bei der Entscheidung über die Streitsachen des Rechts des öffentlichen Dienstes, für die es
zuständig ist, wendet das Gericht allein das Recht des öffentlichen Dienstes der Union an, nicht
irgendwelche nationalen Rechtsvorschriften. Daher sind die Verweise des Klägers auf das
deutsche Recht in der vorliegenden Rechtssache, in der es um die Entscheidung über die
außervertragliche Haftung des Parlaments durch das Gericht geht, irrelevant und braucht dem
vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, ein Sachverständigengutachten
über die Frage einzuholen, ob die Handlungen, die er den Bevollmächtigten des Parlaments im
Rahmen des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache F‑150/12 vorwirft, nach deutschem Recht
strafbar sind, nicht stattgegeben zu werden.
19
Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Auslösung der außervertraglichen Haftung der
19
Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Auslösung der außervertraglichen Haftung der
Verwaltung nach ständiger Rechtsprechung an das Zusammentreffen dreier kumulativer
Voraussetzungen geknüpft ist: Die Verwaltungshandlung oder das den Organen vorgeworfene
Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und
zwischen der Handlung oder dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden
muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Für die Abweisung einer Schadensersatzklage
genügt es, dass eine dieser drei Voraussetzungen nicht vorliegt (Urteil vom 19. Mai 2015,
Brune/Kommission, F‑59/14, EU:F:2015:50, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zum Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, der durch eine Verletzung der Ehre des
Klägers durch die E-Mail vom 10. April 2012 entstanden sein soll
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Der Kläger macht geltend, die E-Mail vom 10. April 2012 enthalte folgende, in französischer
Sprache verfasste Behauptung: „[N]ous n’avons que des preuves indirectes qui nous font voir
que votre enfant et votre épouse sont restés à Luxembourg (à cause de la prise en charge de
votre enfant par le Fonds de solidarité)“ („[Uns liegen] lediglich indirekte Beweise dafür [vor],
dass Ihr Kind und Ihre Ehefrau in Luxemburg geblieben sind [wegen der Gewährung von
Leistungen an Ihr Kind durch den Fonds de solidarité]“) (im Folgenden: streitige Behauptung).
21
Der Kläger vertritt die Auffassung, durch die wider besseres Wissen abgegebene streitige
Behauptung werde der Eindruck erweckt, dass sein Sohn mit der Mutter in Luxemburg
geblieben sei, um eine Sozialleistung zu beziehen, die bestimmten Personen mit ständigem
Wohnsitz in Luxemburg gewährt werde. Mit einer solchen Anspielung werde er letztlich eines
versuchten Betrugs zum Nachteil des Parlaments bezichtigt. Der Referatsleiter, der die E-Mail
vom 10. April 2012 verfasst habe, habe ihn daher in seiner Ehre verletzt und ihm damit einen
Schaden zugefügt, der durch die Zahlung eines Mindestbetrags von 15 000 Euro
wiedergutgemacht werden könne.
22
Als Erstes ist festzustellen, dass der Kläger weder bestreitet, dass es einer Verwaltungspraxis
des Parlaments entspricht, systematisch entweder die Originaldokumente zum Nachweis des
Anspruchs des Empfängers auf eine Geldleistung oder beglaubigte Kopien davon zu verlangen,
noch, dass es sich dabei um eine allgemein geübte Praxis handelt.
23
Als Zweites ist festzustellen, dass die Argumentation, auf die der Kläger seinen
Schadensersatzantrag stützt, auf einer verkürzenden, aus dem Zusammenhang reißenden
Darstellung der streitigen Behauptung beruht.
24
Der Passus, zu dem die streitige Behauptung gehört, lautet nämlich:
„Comme pour l’instant, nous n’avons que des preuves indirectes qui nous font voir que votre
enfant et votre épouse sont restés à Luxembourg (à cause de la prise en charge de votre
enfant par le Fonds de solidarité), nous devons maintenir la décision de paiement d’une
[indemnité de ré]installation simple.
Si vous pouvez réunir des preuves suffisantes d’une [ré]installation avec vous en Allemagne,
soit de votre épouse, soit de votre enfant, soit des deux, il n’y aura pas de problème pour vous
accorder le doublement de l’indemnité. C’est pour cette raison que mon collègue vous
demandait, par exemple des preuves de factures médicales ou de paiement d’une pension en
Allemagne.“
(„Da uns derzeit lediglich indirekte Beweise dafür vorliegen, dass Ihr Kind und Ihre Ehefrau in
Luxemburg geblieben sind [wegen der Gewährung von Leistungen an Ihr Kind durch den Fonds
de solidarité], ist an der Entscheidung, eine einfache [Wiedereinrichtungsbeihilfe] zu zahlen,
festzuhalten.
Wenn Sie hinreichende Belege dafür beibringen können, dass Ihre Ehefrau oder Ihr Kind oder
beide mit Ihnen [zurück] nach Deutschland gezogen sind, steht der Gewährung der doppelten
Beihilfe nichts entgegen. Das ist der Grund, warum mein Kollege Sie z. B. um Belege für
Arztrechnungen oder die Zahlung einer Pension in Deutschland gebeten hat.“)
Arztrechnungen oder die Zahlung einer Pension in Deutschland gebeten hat.“)
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Das Gericht ist der Auffassung, dass die streitige Behauptung in ihrem Zusammenhang
betrachtet offensichtlich in keiner Weise kränkend oder beleidigend ist und dass es dem
Verfasser, als er den Kläger aufforderte, weitere Belege zur Stützung seines Antrags auf
Leistungen vorzulegen, keinesfalls darum ging, den Kläger einer Täuschung oder eines Betrugs
zu bezichtigen, sondern schlicht darum, die ordnungsgemäße Verwendung der Unionsgelder
sicherzustellen.
26
Im Übrigen geht aus den Teilen der E-Mail vom 10. April 2012, die der Kläger in der
Klageschrift nicht wiedergegeben hat, klar hervor, dass es sich bei der Entscheidung, dem
Kläger eine Wiedereinrichtungsbeihilfe in Höhe eines Monatsgrundgehalts zu gewähren, nicht
um eine endgültige Entscheidung handelte. Der Verfasser der E-Mail wies nämlich darauf hin,
dass die Verwaltung „derzeit“ nicht über die erforderlichen Belege verfüge und dem Kläger die
beantragte Beihilfe, sobald diese vorlägen, gewährt werden könne.
27
Somit ist festzustellen, dass die streitige Behauptung, die in keiner Weise kränkend oder
beleidigend war, nicht geeignet war, beim Kläger einen Schaden hervorzurufen. Der erste
Schadensersatzantrag ist daher zurückzuweisen.
Zum Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, der durch eine Verletzung des Rechts auf
Schutz personenbezogener Daten entstanden sein soll
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Der Kläger vertritt die Auffassung, die Bevollmächtigten des Juristischen Dienstes des
Parlaments, die die Rechtssache F‑150/12 bearbeitet hätten, hätten ihm dadurch einen
Schaden zugefügt, dass sie gegen die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten
verstoßen hätten, insbesondere gegen die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft
und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8, S. 1).
29
Der Kläger wirft den Bevollmächtigten des Parlaments insbesondere vor, zunächst einem
Schreiben an seinen Rechtsanwalt, dann einem beim Gericht eingereichten Antrag auf
Verlängerung der Frist zur Einreichung der Klagebeantwortung und schließlich der seinem
Rechtsanwalt am 17. April 2013 zugestellten Klagebeantwortung in der Rechtssache F‑150/12
Abrechnungen über sein Ruhegehalt beigefügt zu haben, obwohl solche Dokumente völlig
überflüssig gewesen seien. Dadurch hätten die beiden betreffenden Bevollmächtigten sein
Recht auf Schutz personenbezogener Daten verletzt und ihm einen immateriellen Schaden
zugefügt, den er auf 15 000 Euro beziffert.
30
Hierzu ist festzustellen, dass der Kläger in seiner Klageschrift behauptete, „allen Mitgliedern
und Mitarbeitern der großen Gemeinschaftskanzlei[, der sein Rechtsanwalt angehöre, sei]
immer wieder und für alle sichtbar offenbart [worden], wie hoch [seine] monatlichen
Pensionsbezüge … [seien], welche Zulagen er in welcher Höhe [erhalte,] und anderes“. Auf eine
vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage hat der Kläger diese Behauptung
jedoch revidiert. Er hat erklärt, dass er nicht ausschließen könne – ohne es jedoch bestätigen zu
können –, dass andere Personen, die in derselben Rechtsanwaltskanzlei tätig gewesen seien
wie sein Rechtsanwalt, Zugang zu den genannten Informationen gehabt hätten. Damit hat er die
Tatsachen in Frage gestellt, auf denen sein zweiter Schadensersatzantrag beruht.
31
Folglich ist der zweite Schadensersatzantrag des Klägers, da er auf offensichtlich
unzutreffende Tatsachenbehauptungen gestützt ist, als jeder rechtlichen Grundlage entbehrend
zurückzuweisen.
32
Im Übrigen müssen andere Parteien als Mitgliedstaaten oder Organe der Union nach Art. 19
der Satzung des Gerichtshofs jedenfalls durch einen Anwalt vertreten sein, weshalb die
Kommunikation zwischen den Parteien in einem Verfahren vor dem Gericht zwangsläufig über
ihre jeweiligen Vertreter erfolgt. Insofern kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben,
ihre jeweiligen Vertreter erfolgt. Insofern kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben,
dass die Übermittlung der Ruhegehaltsabrechnungen des Klägers an dessen Rechtsanwalt –
mit welcher Relevanz auch immer für die Entscheidung des Rechtsstreits zwischen den Parteien
– im Rahmen eines früheren Gerichtsverfahrens erfolgte.
33
Somit ist festzustellen, dass eine wie im vorliegenden Fall im Rahmen eines Gerichtsverfahrens
erfolgende Übersendung von Dokumenten durch die Bevollmächtigten eines Organs an einen
Rechtsanwalt, bei dem davon auszugehen ist, dass er das Vertrauen des betreffenden Beamten
oder Bediensteten besitzt, und der jedenfalls aufgrund der für jeden Rechtsanwalt geltenden
Berufspflichten verpflichtet ist, den eventuell vertraulichen Charakter der im Rahmen seines
Mandats erhaltenen Informationen zu beachten, nicht rechtswidrig ist (vgl. in diesem Sinne
Beschlüsse vom 6. Februar 2013, Marcuccio/Kommission, F‑67/12, EU:F:2013:12, Rn. 23 und
24 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Dezember 2013,
Marcuccio/Kommission, F‑133/12, EU:F:2013:212, Rn. 38 bis 40). Auf eine vom Gericht in der
mündlichen Verhandlung gestellte Frage hat der Kläger eingeräumt, dass ein Rechtsanwalt
nach dem deutschen Standesrecht die vertrauliche Behandlung der Dokumente und
Informationen sicherzustellen hat, die er im Rahmen der Ausübung seines Berufs erhält. Für
einen vom Kläger wegen der Verbreitung personenbezogener Daten eventuell erlittenen
immateriellen Schaden wäre also allenfalls sein Rechtsanwalt verantwortlich, nicht das
Parlament.
34
Folglich ist der zweite Schadensersatzantrag des Klägers zurückzuweisen und die Klage damit
insgesamt abzuweisen.
Kosten
35
Nach Art. 101 der Verfahrensordnung trägt die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen
Bestimmungen des achten Kapitels des zweiten Titels der Verfahrensordnung ihre eigenen
Kosten und ist auf Antrag zur Tragung der Kosten der Gegenpartei zu verurteilen. Aus Gründen
der Billigkeit kann das Gericht nach Art. 102 Abs. 1 der Verfahrensordnung entscheiden, dass
eine unterliegende Partei ihre eigenen Kosten trägt, aber nur zur Tragung eines Teils der
Kosten der Gegenpartei oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.
36
Wie oben ausgeführt, ist der Kläger mit seiner Klage unterlegen. Weiter hat das Parlament in
seinen Schriftsätzen ausdrücklich beantragt, den Kläger zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Da die Umstände des vorliegenden Falles nicht die Anwendung von Art. 102 Abs. 1 der
Verfahrensordnung rechtfertigen, hat der Kläger seine eigenen Kosten zu tragen und wird
verurteilt, die Kosten des Parlaments zu tragen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Herr Weissenfels trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die Kosten des
Europäischen Parlaments zu tragen.
Van Raepenbusch
Bradley
Rofes i Pujol
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2015.
Die Kanzlerin
Der Präsident
W. Hakenberg
S. Van Raepenbusch
Verfahrenssprache: Deutsch.