Urteil des EUGöD vom 05.11.2013

Grundsatz der Gleichbehandlung, Zahl, Beförderung, Ratio Legis

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer)
5. November 2013(
)
„Öffentlicher Dienst – Beamte – Beförderung – Beförderungsverfahren 2011 –
Multiplikationssätze“
In der Rechtssache F‑14/12
betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der für den EAG-Vertrag gemäß dessen
Art. 106a gilt,
Peter Schönberger,
wohnhaft in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
O. Mader,
Kläger,
gegen
Rechnungshof der Europäischen Union,
und B. Schäfer als Bevollmächtigte, dann durch B. Schäfer und I. Ní Riagáin Düro
als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kreppel (Berichterstatter) sowie der Richter
E. Perillo und R. Barents,
Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29.
Januar 2013
folgendes
Urteil
1
Mit Klageschrift, die am 4. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, beantragt Herr Schönberger die Aufhebung der Entscheidung, mit
der der Rechnungshof der Europäischen Union es abgelehnt hat, ihn im Rahmen
des Beförderungsverfahrens 2011 zu befördern.
Rechtlicher Rahmen
2
Art. 5 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut)
bestimmt:
„(1) Die Dienstposten im Sinne des Statuts sind nach Art und Bedeutung der
ihnen entsprechenden Aufgaben zwei Funktionsgruppen zugeordnet, und zwar der
Funktionsgruppe Administration (‚AD‘) und der Funktionsgruppe Assistenz (‚AST‘).
(2) Die Funktionsgruppe AD umfasst zwölf Besoldungsgruppen für Personal, das
mit leitenden oder konzeptionellen Aufgaben bzw. mit Studien, Aufgaben im
Sprachendienst oder Aufgaben im Forschungsbereich beauftragt ist. Die
Funktionsgruppe AST umfasst elf Besoldungsgruppen für Personal, das mit
ausführenden, technischen oder Bürotätigkeiten befasst ist.“
…“
3
Art. 6 des Statuts lautet:
„(1) Die Anzahl der Planstellen je Besoldungs- und Funktionsgruppe ist in einem
Stellenplan festgelegt, der dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes Organ
beigefügt ist.
(2) Um die Äquivalenz zwischen einer durchschnittlichen Laufbahn in der vor
dem 1. Mai 2004 geltenden Laufbahnstruktur (im Folgenden ‚alte Laufbahnstruktur‘)
und einer durchschnittlichen Laufbahn in der Laufbahnstruktur ab dem 1. Mai 2004
(im Folgenden ‚neue Laufbahnstruktur‘) zu sichern, gewährleistet dieser Stellenplan
unbeschadet des in Artikel 45 festgelegten Grundsatzes einer Beförderung aufgrund
der Verdienste, dass für jedes Organ die Zahl der zum 1. Januar eines jeden Jahres
freien Stellen in jeder Besoldungsgruppe des Stellenplans der Zahl der Beamten im
aktiven Dienst entspricht, die sich zum 1. Januar des Vorjahres in der jeweils
niedrigeren Besoldungsgruppe befanden, wobei die letztgenannte Zahl mit den in
Anhang I Abschnitt B für diese Besoldungsgruppe festgelegten Sätzen multipliziert
wird. Diese Sätze werden ab dem 1. Mai 2004 auf der Grundlage eines
Fünfjahresdurchschnitts angewandt.
(3) Die [Europäische] Kommission legt der Haushaltsbehörde auf der Grundlage
der in Absatz 5 festgelegten Methode alljährlich einen Bericht über die Entwicklung
der durchschnittlichen Laufbahnen in den zwei Funktionsgruppen in allen Organen
vor, aus dem hervorgeht, ob der Äquivalenzgrundsatz eingehalten oder in welchem
Umfang dagegen verstoßen wurde. Wenn der Grundsatz nicht eingehalten wurde,
Umfang dagegen verstoßen wurde. Wenn der Grundsatz nicht eingehalten wurde,
kann die Haushaltsbehörde zur Korrektur geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen,
um die Äquivalenz wieder herzustellen.
(4) Um die Übereinstimmung des Systems mit dem Stellenplan, mit der
erforderlichen Äquivalenz zwischen der alten und der neuen Laufbahnstruktur sowie
mit der Haushaltsdisziplin zu erhalten, werden die in Anhang I Abschnitt B
festgelegten Sätze am Ende des am 1. Mai 2004 beginnenden Fünfjahreszeitraums
auf der Grundlage eines Berichts der Kommission an den Rat [der Europäischen
Union] und eines Vorschlags der Kommission überprüft.
Das Europäische Parlament und der Rat beschließen gemäß Artikel 336 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
(5) Die Äquivalenz zwischen einer durchschnittlichen Laufbahn vor dem 1. Mai
2004 und einer durchschnittlichen Laufbahn der ab diesem Datum eingestellten
Beamten wird durch eine Gegenüberstellung von Beförderungen und Dienstalter für
einen bestimmten Bezugszeitraum und ausgehend von einer konstanten
Beschäftigtenzahl beurteilt.“
4
Art. 45 Abs. 1 des Statuts bestimmt:
„Die Beförderung wird durch Verfügung der Anstellungsbehörde unter
Berücksichtigung von Artikel 6 Absatz 2 ausgesprochen. Sie bewirkt, dass der
Beamte in die nächsthöhere Besoldungsgruppe seiner Funktionsgruppe ernannt
wird. Sie wird ausschließlich aufgrund einer Auslese unter den Beamten
vorgenommen, die in ihrer Besoldungsgruppe eine Mindestdienstzeit von zwei
Jahren abgeleistet haben; die Auslese erfolgt nach Abwägung der Verdienste der
Beamten, die für die Beförderung infrage kommen. Bei der Abwägung der
Verdienste berücksichtigt die Anstellungsbehörde insbesondere die Beurteilung des
Beamten, die Benutzung anderer Sprachen in der Ausübung seines Amtes als der
Sprache, in der der Beamte gemäß Artikel 28 Buchstabe f) gründliche Kenntnisse
nachgewiesen hat, und gegebenenfalls das Maß der von ihm getragenen
Verantwortung.“
5
Anhang I Abschnitt B des Statuts, der die Multiplikationssätze für die Äquivalenz
durchschnittlicher Laufbahnen betrifft, enthält folgende Tabelle:
Besoldungsgruppe Funktionsgruppe
Assistenz
Funktionsgruppe
Administration
13
20 %
12
25 %
11
25 %
10
20 %
25 %
9
20 %
25 %
8
25 %
33 %
7
25 %
33 %
6
25 %
33 %
5
25 %
33 %
4
33 %
3
33 %
2
33 %
1
33 %
6
Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts lautet:
„Abweichend von Anhang I [Abschnitt] B des Statuts gelten vom 1. Mai 2004 bis
zum 30. April 2011 für Beamte der Besoldungsgruppen AD12 und AD13 sowie AST
10 folgende Prozentsätze gemäß Artikel 6 Absatz 2 des Statuts:
Besoldungs-
gruppe
1. Mai 2004 bis
30.4.
2005
30.4.
2006
30.4.
2007
30.4.
2008
30.4.
2009
30.4.
2010
30.4.
2011
A*/AD 13
5 %
10 %
15 %
20 %
20 %
A*/AD 12
5 %
5 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
B*/AST 10
5 %
5 %
5 %
10 %
15 %
20 %
20 %
Sachverhalt
7
Der Kläger war als damaliger Beamter des Europäischen Parlaments der
Besoldungsgruppe A 5 in der Generaldirektion „Ausschüsse und Delegationen“ ab
dem 1. Januar 2002 im dienstlichen Interesse zum Rechnungshof abgeordnet.
8
Am 1. Mai 2004 wurde die Besoldungsgruppe A 5 des Klägers in A*11 umbenannt.
8
Am 1. Mai 2004 wurde die Besoldungsgruppe A 5 des Klägers in A*11 umbenannt.
9
Am 1. Januar 2005 wurde der Kläger vom Parlament nach Besoldungsgruppe
A*12 befördert, die mit Wirkung vom 1. Mai 2006 in AD 12 umbenannt wurde.
10
Seit dem 1. Januar 2007 ist der Kläger Beamter des Rechnungshofs.
11
In der Mitteilung an das Personal Nr. 76/2010 vom 15. Dezember 2010 über die
Beförderungskriterien im Beförderungsverfahren 2011 wies der Generalsekretär des
Rechnungshofs in Abschnitt IV („Die vom Paritätischen Beförderungsausschuss
erlassenen Kriterien“) auf den Grundsatz der Abwägung der Verdienste hin und
führte aus: „Nach den Statutsbestimmungen wird für normale Laufbahnen eine
durchschnittliche Beförderungsrate im Vier- bis Fünfjahresrhythmus zugrunde
gelegt.“ Dabei führte er als einschlägige Statutsbestimmungen in einer Fußnote
insbesondere Art. 6 Abs. 2 des Statuts und Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts an.
12
In der Mitteilung an das Personal Nr. 37/11 vom 11. April 2011 über die
Beförderungen nach den Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 im
Beförderungsverfahren 2011 gab der Generalsekretär des Rechnungshofs bekannt,
dass für die Beförderung nach Besoldungsgruppe AD 13 drei Stellen zur Verfügung
stünden. Weiter hieß es in dieser Mitteilung, dass die einzelnen
Beförderungsentscheidungen „jeweils auf der Grundlage eines Vorschlags einer
Vorbereitungsgruppe [ergehen]“ und dass die Vorbereitungsgruppe „die vom
Paritätischen Beförderungsausschuss für das Beförderungsverfahren 2011
festgelegten, in der Mitteilung an das Personal Nr. 76/2010 vom 15. Dezember 2010
bekanntgegebenen Kriterien [anwendet]“.
13
In der Mitteilung an das Personal Nr. 43/2011 vom 26. Mai 2011 gab der
Generalsekretär des Rechnungshofs die vom Rechnungshof als Anstellungsbehörde
erstellte Liste der drei nach Besoldungsgruppe AD 13 beförderten Beamten bekannt.
Der Name des Klägers stand nicht auf dieser Liste (im Folgenden: streitige
Entscheidung).
14
Mit Vermerk vom 30. Juli 2011 legte der Kläger gegen die streitige Entscheidung
Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein.
15
Mit Entscheidung vom 18. November 2011 wies der Rechnungshof die
Beschwerde zurück.
Verfahren und Anträge der Parteien
16
Die vorliegende Klage ist am 4. Februar 2012 erhoben worden.
17
Der Kläger beantragt,
– die streitige Entscheidung aufzuheben;
– die Entscheidung vom 18. November 2011 über die Zurückweisung seiner
Beschwerde aufzuheben;
Beschwerde aufzuheben;
– dem Rechnungshof die Kosten aufzuerlegen.
18
Der Rechnungshof beantragt,
– die Klage als unzulässig abzuweisen;
– hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;
– dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
Zum Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 18. November 2011 über die
Zurückweisung der Beschwerde
19
Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt ein formal gegen die Entscheidung über
die Zurückweisung einer Beschwerde gerichteter Aufhebungsantrag, dass das
Gericht, wenn diese Entscheidung keinen eigenständigen Inhalt hat, mit der
Maßnahme befasst wird, gegen die sich die Beschwerde richtet (vgl. in diesem
Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87,
Randnr. 8).
20
Da die Entscheidung über die Zurückweisung der gegen die streitige Entscheidung
eingelegten Beschwerde im vorliegenden Fall keinen eigenständigen Inhalt hat, ist
die Klage als ausschließlich gegen die streitige Entscheidung gerichtet anzusehen.
Zum Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung
21
Der Kläger führt zwei Klagegründe an: erstens eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2
und Art. 45 Abs. 1 des Statuts und zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz
der Gleichbehandlung.
Zum ersten Klagegrund: Verletzung von Art. 6 Abs. 2 und Art. 45 Abs. 1 des
Statuts
– Vorbringen der Parteien
22
Der Kläger macht geltend, im Beförderungsverfahren 2011 hätten lediglich drei
Stellen für Beförderungen nach AD 13 zur Verfügung gestanden, obwohl gemäß
Art. 6 Abs. 2 des Statuts in Verbindung mit Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts
mindestens 13 Stellen zur Verfügung hätten stehen müssen. Mithin sei gegen diese
Bestimmungen verstoßen worden.
23
Entgegen dem Vorbringen des Rechnungshofs in der Entscheidung über die
Zurückweisung der Beschwerde erlaube es Art. 6 Abs. 3 des Statuts einer
Verwaltung nicht, von den in Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts vorgegebenen
Prozentsätzen abzuweichen.
Prozentsätzen abzuweichen.
24
Zudem habe der Rechnungshof bei der Festsetzung der Zahl der im
Beförderungsverfahren 2011 für eine Beförderung nach AD 13 zur Verfügung
stehenden Stellen den Jahresdurchschnitt der von 2005 bis 2011, d. h. in einem
Zeitraum von sieben Jahren, beförderten Beamten zugrunde gelegt, während er bei
zutreffender Auslegung der Statutsbestimmungen den Fünfjahresdurchschnitt der
beförderten Beamten hätte heranziehen müssen.
25
Jedenfalls hätte der Rechnungshof, selbst wenn man seiner Auslegung folgen
würde, im Beförderungsverfahren 2011 mindestens fünf Stellen für die Beförderung
nach AD 13 zur Verfügung stellen müssen, und nicht nur, wie geschehen, drei
Stellen.
26
Der Rechnungshof macht zur Verteidigung in erster Linie geltend, der Klagegrund
sei unzulässig, weil der Kläger durch die behauptete Verletzung der
Statutsbestimmungen nicht unmittelbar und individuell beeinträchtigt werde. Die
durch die Haushaltsbehörde vorgenommene Festlegung der Zahl der Stellen in der
Besoldungsgruppe AD 13 beim Rechnungshof sei eine Entscheidung von
allgemeiner Tragweite, die den Kläger nicht unmittelbar und individuell
beeinträchtige.
27
Im Übrigen sei zweifelhaft, ob der Kläger an der Erhebung dieses Klagegrundes
ein Interesse habe. Selbst wenn nämlich mehr Beförderungsstellen zur Verfügung
gestanden hätten, wäre die Beförderung des Klägers nicht automatisch erfolgt. Zum
1. Januar 2011 seien 53 Beamte der Besoldungsgruppe AD 12 für eine Beförderung
nach Besoldungsgruppe AD 13 in Betracht gekommen, darunter 16 mit gleichem
(vier Beamte) oder höherem (zwölf Beamte) Dienstalter in der Besoldungsgruppe
(72 Monate am 1. Januar 2011) als der Kläger und 13 Beamte auf
Referatsleiterstellen. Außerdem sei entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht
erwiesen, dass seine Leistungen und seine Befähigung in seinen jährlichen
Beurteilungen als überdurchschnittlich bewertet worden seien. Auch sei der
Umstand, dass der Kläger ein hohes Maß an Verantwortung getragen habe, nur
eines der zu berücksichtigenden Kriterien.
28
Hilfsweise beantragt der Rechnungshof, den Klagegrund als unbegründet
zurückzuweisen
29
Er habe die im Beförderungsverfahren 2011 ausgesprochenen Beförderungen
nach Besoldungsgruppe AD 13 „verantwortungsbewusst, ausgewogen und unter
Beachtung der ratio legis der bestehenden Bestimmungen“ vorgenommen.
30
Der Auffassung des Klägers liege die Annahme zugrunde, dass jedes
Beförderungsjahr isoliert zu betrachten sei und dass die Multiplikationssätze strikt
und unabhängig davon anzuwenden seien, wie viele Beamte in den früheren
Beförderungsjahren befördert worden seien.
31
Diese Annahme sei aber falsch.
31
Diese Annahme sei aber falsch.
32
Nach dem Wortlaut und der ratio legis von Art. 6 Abs. 2 des Statuts seien die
Multiplikationssätze nämlich zeitraumbezogen anzuwenden. So gehe aus dieser
Bestimmung hervor, dass die Zahl der in einem Beförderungsjahr für eine
Beförderung verfügbaren Stellen manchmal höher und manchmal niedriger sein
könne als sich bei strikter Umsetzung der vorgesehenen Multiplikationssätze
ergeben würde, und zwar gerade um den Durchschnitt, bezogen auf den in Rede
stehenden Zeitraum, zu gewährleisten.
33
Im vorliegenden Fall habe die Zahl der vom Rechnungshof in den Jahren 2005 bis
2009 vorgenommenen Beförderungen nach Besoldungsgruppe AD 13 die Zahl, die
sich aus einer strikten Anwendung der in Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts
vorgesehenen Sätze ergeben hätte, überschritten.
34
Daher sei der Rechnungshof, um die nach Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts für
den gesamten Zeitraum 2005–2011 erforderliche Zahl von Beförderungen, konkret
42 Stellen, zu erreichen, zu „Korrekturmaßnahmen“ gezwungen gewesen. Er habe
zu diesem Zweck für die Beförderungsjahre 2010 und 2011 weniger Stellen
festgelegt, als sich für jedes dieser beiden Jahre bei strikter Anwendung der Sätze
von Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts ergeben hätte, und zwar vier (statt elf)
Stellen für 2010 und drei (statt 13) Stellen für 2011.
35
Die Zulässigkeit solcher „Korrekturmaßnahmen“ ergebe sich nicht nur aus Art. 6
Abs. 2 des Statuts, sondern auch aus den Abs. 3 und 4 dieses Artikels. Der
Rechnungshof sei um die Einhaltung der Haushaltsdisziplin bemüht gewesen und
habe bei seinen Beförderungsentscheidungen diesen Aspekt berücksichtigt.
36
Schließlich sei es richtig, dass im gesamten Zeitraum 2005–2011 40 Beamte nach
Besoldungsgruppe AD 13 befördert worden seien, während bei Anwendung der in
Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts vorgegebenen Multiplikationssätze 42 Beamte
befördert worden wären. Es sei jedoch beabsichtigt, dieses Defizit von zwei Stellen
in naher Zukunft zu korrigieren.
– Würdigung durch das Gericht
37
Wie der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat (vgl. u. a. Urteil vom
26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, Randnrn. 51 und 52), kann der
Unionsrichter prüfen, ob eine Klage im Interesse einer geordneten Rechtspflege
jedenfalls als unbegründet abzuweisen ist, ohne dass über ihre Zulässigkeit
entschieden werden müsste. Im vorliegenden Fall rechtfertigt es der Grundsatz
einer geordneten Rechtspflege, dass zuerst über die Begründetheit des
Klagegrundes entschieden wird.
38
Gemäß Art. 6 Abs. 1 des Statuts ist „[d]ie Anzahl der Planstellen je Besoldungs-
und Funktionsgruppe … in einem Stellenplan festgelegt, der dem Einzelplan des
Haushaltsplans für jedes Organ beigefügt ist“. Dieser Stellenplan gewährleistet nach
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Statuts „… unbeschadet des in Artikel 45 festgelegten
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Statuts „… unbeschadet des in Artikel 45 festgelegten
Grundsatzes einer Beförderung aufgrund der Verdienste, dass für jedes Organ die
Zahl der zum 1. Januar eines jeden Jahres freien Stellen in jeder Besoldungsgruppe
des Stellenplans der Zahl der Beamten im aktiven Dienst entspricht, die sich zum 1.
Januar des Vorjahres in der jeweils niedrigeren Besoldungsgruppe befanden, wobei
die letztgenannte Zahl mit den in Anhang I Abschnitt B für diese Besoldungsgruppe
festgelegten Sätzen multipliziert wird“. Schließlich heißt es in Art. 6 Abs. 2 Satz 2
des Statuts, dass die in Anhang I Abschnitt B des Statuts festgelegten Sätze „ab
dem 1. Mai 2004 auf der Grundlage eines Fünfjahresdurchschnitts angewandt
werden“.
39
Daraus geht hervor, dass die Organe nicht gewährleisten müssen, dass die Zahl
der für die Beförderung nach einer bestimmten Besoldungsgruppe vorhandenen
freien Stellen in jedem Beförderungsjahr genau der Zahl der Beamten im aktiven
Dienst entspricht, die sich zum 1. Januar des Vorjahrs in der jeweils niedrigeren
Besoldungsgruppe befanden, wobei die letztgenannte Zahl mit dem in Anhang I
Abschnitt B des Statuts für diese Besoldungsgruppe festgelegten Satz multipliziert
wird.
40
Die Organe brauchen lediglich dafür zu sorgen, dass die Gesamtzahl der freien
Stellen je Fünfjahreszeitraum der Summe der freien Stellen entspricht, die sich aus
der Anwendung des in Anhang I Abschnitt B des Statuts für die jeweilige
Besoldungsgruppe festgelegten Satzes auf jedes der fünf Beförderungsverfahren
dieses Fünfjahreszeitraums ergäbe.
41
Der Gesetzgeber hat allerdings für die Anwendung der in Anhang I Abschnitt B
des Statuts festgelegten Sätze auf die Beförderung nach der jeweils letzten
Besoldungsgruppe einer Laufbahn, nämlich den Besoldungsgruppen AD 14, AD 13
und AST 10 eine vorübergehende Ausnahme vorgesehen. So sieht Art. 9 des
Anhangs XIII des Statuts u. a. für Beförderungen nach Besoldungsgruppe AD 13 bis
zum 30. April 2011 jährlich steigende Sätze vor, die sich von denen in Anhang I
Abschnitt B des Statuts unterscheiden.
42
Aber auch Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts ist nicht so auszulegen, dass er die
Verwaltung verpflichten würde, für jedes von diesem Artikel erfasste
Beförderungsverfahren die Zahl der freien Stellen genau der Zahl der Beamten im
aktiven Dienst anzupassen, die sich zum 1. Januar des Jahres vor dem
Beförderungsverfahren in der Besoldungsgruppe AD 12 befanden, wobei die
letztgenannte Zahl mit dem in Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts für diese
Besoldungsgruppe festgelegten Satz multipliziert wird.
43
Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts ist nämlich im Licht der Zielsetzung des
Beförderungssystems zu sehen, mit dem gewährleistet werden soll, dass die
durchschnittlichen Laufbahnprofile in der neuen und der alten Struktur einander
entsprechen, und zugleich jedes Organ bei der Umsetzung der Multiplikationssätze
eine zeitraumbezogene Flexibilität erhalten soll.
44
Zudem sieht Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts zwar abweichend von Anhang I
Abschnitt B des Statuts für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 30. April 2011 in
Bezug auf die Besoldungsgruppen AD 13, AD 12 und AST 10 andere als die dort
genannten Sätze vor, doch enthält er keine Bestimmung, die darauf schließen ließe,
dass auch von der Regel in Art. 6 Abs. 2 des Statuts abzuweichen wäre, wonach
die Multiplikationssätze auf der Grundlage eines Fünfjahreszeitraums anzuwenden
sind.
45
Im vorliegenden Fall rügt der Kläger, der Rechnungshof habe dadurch, dass er im
Beförderungsverfahren 2011 drei und nicht 13 freie Stellen für die Beförderung nach
Besoldungsgruppe AD 13 zur Verfügung gestellt habe, gegen die Bestimmungen von
Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts verstoßen.
46
Der Kläger macht geltend, angesichts der Zahl der Beamten, die in
Besoldungsgruppe AD 12 im aktiven Dienst gestanden hätten und zum 1. Januar
2010 für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AD 13 in Betracht gekommen
seien, hätte der Rechnungshof im Beförderungsverfahren 2011 13 und nicht, wie
geschehen, nur drei Stellen für die Beförderung nach Besoldungsgruppe AD 13 zur
Verfügung stellen müssen.
47
Die in Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts festgelegten Multiplikationssätze sind
jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht strikt jahresbezogen, sondern auf der
Grundlage eines Fünfjahreszeitraums anzuwenden.
48
Da das Beförderungsjahr 2011 Teil des Fünfjahreszeitraums ist, der im Fall des
Rechnungshofs die Beförderungsjahre 2010 bis 2014 umfasst, stellt der Umstand,
dass im Jahr 2011 nur drei Beförderungsstellen zur Verfügung standen, deshalb für
sich genommen keinen Verstoß gegen Art. 9 des Anhangs XIII des Statuts dar.
49
Der Rechnungshof wird letztlich im Rahmen des letzten Beförderungsjahrs des
streitigen Fünfjahreszeitraums, d. h. im Beförderungsjahr 2014, für die Beförderung
nach Besoldungsgruppe AD 13 eine so große Zahl von Stellen verfügbar zu machen
haben, dass die Zahl der in den Beförderungsjahren 2010‑2014 für eine Beförderung
nach Besoldungsgruppe AD 13 verfügbaren Stellen am Ende der Summe der Stellen
entspricht, die auf der Grundlage einer strikten Anwendung der in Art. 9 des
Anhangs XIII des Statuts und in Anhang I Abschnitt B des Statuts festgelegten
Sätze in jedem dieser aufeinanderfolgenden Beförderungsjahre zur Verfügung
gestellt worden wären.
50
Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass über seine Zulässigkeit
entschieden zu werden braucht.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung
– Vorbringen der Parteien
51
Der Kläger trägt vor, der Rechnungshof habe in zweifacher Hinsicht gegen den
51
Der Kläger trägt vor, der Rechnungshof habe in zweifacher Hinsicht gegen den
Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.
52
Zum einen sei er nämlich im Beförderungsverfahren 2011 gegenüber seinen
Kollegen, die in den früheren Beförderungsjahren zum Zuge gekommen und
befördert worden seien, schlechter gestellt worden.
53
Zum anderen habe der Rechnungshof ihn durch eine rechtswidrige Auslegung und
Anwendung von Art. 6 Abs. 2 des Statuts gegenüber den Bediensteten anderer
Organe schlechter gestellt.
54
Der Rechnungshof beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.
– Würdigung durch das Gericht
55
Nach ständiger Rechtsprechung verbietet der Grundsatz der Gleichbehandlung es
insbesondere, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche
Sachverhalte gleichzubehandeln, es sei denn, eine solche unterschiedliche bzw.
gleiche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 28.
April 2009, Balieu-Steinmetz und Noworyta/Parlament, F‑115/07, Randnr. 26 und die
dort angeführte Rechtsprechung).
56
Im vorliegenden Fall kann nicht angenommen werden, dass sich der Kläger in
einer vergleichbaren Situation wie die Beamten befindet, die in
Beförderungsverfahren vor dem des Jahres 2011 nach Besoldungsgruppe AD 13
befördert wurden. Jedes Beförderungsverfahren ist nämlich zwangsläufig von den
ihm vorangegangenen oder nachfolgenden Beförderungsverfahren unabhängig, da
die Beamten, deren Verdienste gegeneinander abzuwägen sind, und die für die
Vornahme dieser Abwägung festgelegten Kriterien jedem Beförderungsverfahren
eigen sind.
57
Im Übrigen können etwaige Unterschiede zwischen den Maßnahmen der Organe
nach ständiger Rechtsprechung von Beamten eines anderen Organs nicht zur
Stützung eines Klagegrundes angeführt werden, mit dem die Verletzung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung geltend gemacht wird (Urteil des Gerichts erster
Instanz vom 14. Februar 2007, Simões Dos Santos/HABM, T‑435/04, Randnr. 162
und die dort angeführte Rechtsprechung).
58
Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.
59
Da die beiden gegen die streitige Entscheidung angeführten Klagegründe
zurückgewiesen worden sind, ist auch der Antrag auf Aufhebung der streitigen
Entscheidung zurückzuweisen.
60
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Kosten
61
Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei
61
Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei
vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der
Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87
Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit
entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten
oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.
62
Aus den Gründen des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass der Kläger mit seiner
Klage unterlegen ist. Der Rechnungshof hat auch ausdrücklich beantragt, ihm die
Kosten aufzuerlegen. Da die Umstände des vorliegenden Falles die Anwendung von
Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, hat der Kläger seine
eigenen Kosten zu tragen und wird zur Tragung der dem Rechnungshof
entstandenen Kosten verurteilt.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Herr Schönberger trägt seine eigenen Kosten und wird zur Tragung der
dem Rechnungshof der Europäischen Union entstandenen Kosten
verurteilt.
Kreppel
Perillo
Barents
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. November 2013.
Die Kanzlerin
Der Präsident
W. Hakenberg
H. Kreppel
Der Text dieser Entscheidung sowie die Texte der darin zitierten
Der Text dieser Entscheidung sowie die Texte der darin zitierten
Entscheidungen der Gerichte der Europäischen Union sind auf der
Internetseite www.curia.europa.eu verfügbar.
Verfahrenssprache: Deutsch.