Urteil des EuGH vom 16.09.1999

EuGH: projekt, umweltverträglichkeitsprüfung, mitgliedstaat, provinz, self executing, auswärtige angelegenheiten, flughafen, regierung, anwendungsbereich, entziehen

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
16. September 1999
„Umwelt — Richtlinie 85/337/EWG — Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten
Projekten“
In der Rechtssache C-435/97
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Verwaltungsgericht,
Autonome Sektion für die Provinz Bozen (Italien), in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
World Wildlife Fund (WWF) u. a.
gegen
Autonome Provinz Bozen u. a.
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom
27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten
(ABl. L 175, S. 40)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. J. G. Kapteyn sowie der Richter J. L. Murray und H. Ragnemalm
(Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
— des World Wildlife Fund (WWF) u. a., vertreten durch Rechtsanwalt W. Wielander, Bozen,
— der Autonomem Provinz Bozen, vertreten durch die Rechtsanwälte H. Heiss und R. von Guggenberg,
Bozen,
— der Südtiroler Transportstrukturen AG, vertreten durch die Rechtsanwälte C. Baur, Bozen, und S.
Weber, Wien,
— der Airport Bolzano — Bozen AG, vertreten durch Rechtsanwalt P. Platter, Bozen,
— der italienischen Regierung, vertreten durch Professor U. Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso
diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten im Beistand von Avvocato dello Stato P. G. Ferri,
Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
— der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins, Assistant Treasury Solicitor, als
Bevollmächtigten im Beistand von D. Wyatt, QC,
— der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater G. zur Hausen als
Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des World Wildlife Fund (WWF) u. a., der Autonomen Provinz
Bozen, der Südtiroler Transportstrukturen AG, der Airport Bolzano — Bozen AG, der italienischen Regierung,
der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission in der Sitzung vom 18. März 1999,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. April 1999,
folgendes
Urteil
1.
Das Verwaltungsgericht, Autonome Sektion für die Provinz Bozen, hat mit Beschluß vom 3. Dezember
1997, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt
Artikel 234 EG) sechs Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni
1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl.
L 175, S. 40; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in einem Verfahren über eine Anfechtungsklage, die die Kläger des
Ausgangsverfahrens, bei denen es sich um natürliche Personen, die Anrainer des Flughafens von
Bozen-St. Jakob sind, und um zwei Umweltschutzverbände handelt, gegen den Beschluß Nr. 1230 der
Landesregierung der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol vom 27. März 1997 und gegen das Schreiben
des Landeshauptmanns vom 11. April 1997, durch die ein Projekt zur Umstrukturierung dieses
Flughafens genehmigt wurde, erhoben haben.
3.
Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß Gegenstand des Projekts die Umwandlung eines seit
1925/26 militärisch, sportfliegerisch und während eines kurzen Zeitraums auch beschränkt zivil
genutzten Flugplatzes in einen kommerziell nutzbaren Flugplatz mit dem Ziel ist, Linienflüge,
Charterflüge und Frachtflüge durchzuführen.
4.
Im wesentlichen sind folgende Arbeiten und Einrichtungen vorgesehen: Erneuerung der
bestehenden Piste, Errichtung der Zufahrten und Parkplätze, Errichtung eines Kontrollturms mit
flugsicherungstechnischen Anlagen, Bau eines Abfertigungsgebäudes, eines Hangars, Errichtung der
notwendigen Anschlüsse und Ableitungen usw. sowie die Verlängerung der Piste von 1 040 m auf 1
400 m. Unstreitig waren die letztgenannten Arbeiten bei Erlaß des Vorlagebeschlusses noch nicht
genehmigt, weil erst der Bauleitplan geändert werden mußte.
5.
Dieser Ausbau des Flughafens Bozen war in dem durch das Gesetz Nr. 3 der Autonomen Provinz
Bozen vom 18. Januar 1995 (im folgenden: Gesetz Nr. 3/95) genehmigten Landesentwicklungs- und
Raumordnungsplan vorgesehen, der u. a. eine Umweltverträglichkeitsstudie vorschrieb. Diese Studie,
die von dem Projektträger, der Südtiroler Transportstrukturen AG, an eine Sachverständigengruppe
vergeben worden war, wurde mit Datum vom Juni 1996 ausgearbeitet. Außerdem wurden verschiedene
Stellen, darunter die Umweltagentur, konsultiert, die betroffenen Gemeinden unterrichtet und
Stellungnahmen angefordert.
6.
Insbesondere wurde das Projekt aus Anlaß einer dieser Anforderungen von Stellungnahmen von
der Amtsdirektorenkonferenz begutachtet; diese gab eine
Stellungnahme in einem vom vorlegenden Gericht als „vereinfachte Umweltverträglichkeitsstudie“
bezeichneten Verfahren ab, das in den Artikeln 11 bis 13 des Landesgesetzes Nr. 27 der Autonomen
Provinz Bozen vom 7. Juli 1992 zur Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in seiner zu der für
das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit geltenden Fassung (, ordentliches Beiblatt, 28.
Juli 1992, Nr. 31; im folgenden: Gesetz Nr. 27/92) vorgesehen ist. Es ist jedoch unstreitig, daß das
Verfahren, in dem die angefochtenen Akte erlassen wurden, mit Ausnahme der Verlängerung der
Piste, die noch nicht genehmigt worden war, nicht das in der Richtlinie vorgesehene Verfahren war.
Rechtlicher Rahmen
7.
Gegenstand der Richtlinie ist gemäß ihrem Artikel 1 Absatz 1 die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt
haben.
8.
Gemäß Artikel 1 Absatz 2 versteht man unter
„Projekt:
— die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen;
— sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von
Bodenschätzen“.
9.
Nach Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie fallen Projekte, die „den Zwecken der nationalen Verteidigung
dienen, nicht unter die Richtlinie“; nach Absatz 5 gilt die Richtlinie „nicht für Projekte, die im einzelnen
durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden, da die mit dieser
Richtlinie verfolgten Ziele einschließlich des Zieles der Bereitstellung von Informationen im Wege des
Gesetzgebungsverfahrens erreicht werden“.
10.
Gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten „die erforderlichen Maßnahmen,
damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art,
ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer
Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert“.
11.
Artikel 4 unterscheidet zwischen zwei Arten von Projekten.
12.
Nach Artikel 4 Absatz 1 werden Projekte der in Anhang I aufgeführten Klassen vorbehaltlich des
Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen. Unter den Projekten, die
unter Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie fallen,
ist in Anhang I Punkt 7 der „Bau ... von Flugplätzen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 1
200 m und mehr“ aufgeführt.
13.
Für die anderen Projektarten sieht Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie folgendes vor:
„Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10
unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern.
Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer
Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand
deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer
Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden sollen.“
14.
Unter den Projekten im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Richtlinie ist in Anhang II Punkt 10
Buchstabe d der „Bau von ... Flugplätzen (nicht unter Anhang I fallende Projekte)“ aufgeführt. Anhang
II Punkt 12 der Richtlinie nennt außerdem die Änderung von Projekten des Anhangs I der Richtlinie.
15.
Die Artikel 5 bis 9 der Richtlinie, auf die Artikel 4 verweist, sehen im wesentlichen folgendes vor:
Artikel 5 bestimmt, welche Angaben der Projektträger mindestens vorzulegen hat, Artikel 6 begründet
u. a. die Verpflichtung des Projektträgers, die Behörden und die Öffentlichkeit zu unterrichten, Artikel
8 nennt die Verpflichtungen der zuständigen Behörden, die im Rahmen des Prüfungsverfahrens
eingeholten Angaben zu berücksichtigen, und Artikel 9 verpflichtet die zuständigen Behörden, die
Öffentlichkeit über die getroffene Entscheidung und die gegebenenfalls damit verbundenen
Bedingungen zu unterrichten.
16.
Das Gesetz Nr. 27/92 hat zwei Anhänge, Anhang I und Anhang II, in denen verschiedene Projekte
aufgezählt und in Verbindung mit den Vorschriften des Gesetzes die Voraussetzungen festgelegt
werden, unter denen diese Projekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind.
17.
Nach dem Gesetz Nr. 27/92, Anhang II Punkt 11 Buchstabe e, sind alle Projekte, die den Neubau
von Flughäfen betreffen, diesem Prüfungsverfahren zu unterziehen.
18.
Dagegen fällt die Erweiterung oder der Umbau von bestehenden Flughäfen wie alle anderen
Erweiterungs- oder Umbauprojekte unter Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 27/92, wonach eine
Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl bei den Projekten, die die in Anhang II genannten
Schwellenwerte um mehr als 20 % überschreiten, als auch für die Projekte vorgeschrieben ist, für die
Anhang I dieses Gesetzes eine solche Prüfung vorsieht.
19.
Für Flughafenprojekte sieht Anhang II des Gesetzes Nr. 27/92 keinen Schwellenwert vor, während
nach Anhang I des Gesetzes eine Prüfung nur für Flughafenprojekte mit einer Start- und
Landebahngrundlänge von 2 100 m oder mehr vorgeschrieben ist.
Das Ausgangsverfahren
20.
Die Kläger des Ausgangsverfahrens haben vor dem nationalen Gericht die Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Akte bestritten und geltend gemacht, das zur Genehmigung des Projekts
durchgeführte Verfahren stehe nicht in Einklang mit den Erfordernissen der Richtlinie. Da das Projekt
aufgrund seiner Art, seiner Größe und seines Standorts erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt
haben könne, falle es unter Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie und hätte einem Prüfungsverfahren
gemäß Artikel 4 Absatz 2 in Verbindung mit Anhang II der Richtlinie unterzogen werden müssen und
nicht einer bloßen „Umweltverträglichkeitsstudie“, gefolgt von einer Prüfung des Projekts durch die
Amtsdirektorenkonferenz, was den Erfordernissen der Richtlinie nicht entspreche.
21.
Die Beklagten des Ausgangsverfahrens sind dagegen der Auffassung, die Richtlinie sei aus drei
wesentlichen Gründen auf das streitige Projekt nicht anwendbar.
22.
Zunächst handele es sich nur um ein Projekt zur Verbesserung eines Flughafens mit beschränktem
Umfang, das keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt habe, weil es den Flugbetrieb
verbessern und die durch ihn entstehende Umweltbelastung beheben solle; außerdem sei die
Verlängerung der Landebahn von 1 040 m auf 1 400 m noch nicht genehmigt worden.
23.
Sodann sei das Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie nicht zu
unterziehen, weil sich aus den Vorschriften des Gesetzes Nr. 27/92 ergebe, daß es unter die im
Anhang II der Richtlinie aufgeführten Projekte falle, die nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie dem
Prüfungsverfahren der Artikel 5 bis 10 nur dann unterlägen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der
Mitgliedstaaten dies erforderten; daraus folge, daß das Gesetz Nr. 27/92, das im Rahmen des den
Mitgliedstaaten durch Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie eingeräumten Ermessensspielraums erlassen
worden sei, in Einklang mit dieser Vorschrift stehe.
24.
Da das streitige Projekt zum einen sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken diene und zum
anderen im Gesetz Nr. 3/95 zur Genehmigung des Landesentwicklungs- und Raumordnungsplans
vorgesehen sei, fänden schließlich auch die Ausnahmen der Artikel 1 Absätze 4 und 5 der Richtlinie
Anwendung.
25.
Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind diesem Vorbringen entgegengetreten und haben geltend
gemacht, das Gesetz Nr. 27/92 erlaube den nationalen Behörden, ein Projekt, das erhebliche
Auswirkungen auf die Umwelt habe, einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu unterziehen; es
stehe daher nicht in
Einklang mit der Richtlinie und müsse zugunsten der Anwendung der einschlägigen Vorschriften der
Richtlinie außer Betracht bleiben.
26.
In seinem Vorlagebeschluß führt das nationale Gericht aus, das streitige Projekt gehöre, da es
einen Flughafen mit einer Landebahn unter 2 100 m betreffe, zu den im Anhang II der Richtlinie
genannten Projekten und falle unter Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie; das Gesetz Nr. 27/92 schreibe für
Erweiterungs- und Umbauprojekte bei Flughäfen, deren Landebahnlänge weniger als 2 100 m
betrage, keine Umweltverträglichkeitsprüfung vor, da für Flughafenprojekte kein Schwellenwert
festgesetzt sei. Das streitige Projekt könne jedoch aufgrund seiner Art und Größe und wohl auch
seines Standorts in einem Talkessel in unmittelbarer Nähe eines Industrie- und Wohngebiets eine
erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben.
27.
In Anbetracht des festgestellten Sachverhalts und der daraus hergeleiteten Erwägungen, des
Vorbringens der Parteien sowie der streitigen gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften
hat das Verwaltungsgericht, Autonome Sektion für die Provinz Bozen, Zweifel in bezug auf die
Auslegung der Richtlinie; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337/EWG dahin auszulegen, daß
a) bestimmte Klassen der in Anhang II aufgeführten Projekte von vornherein insgesamt nach freiem
Ermessen der Mitgliedstaaten von der Pflicht einer UVP ausgenommen werden können,
oder
b) der Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten durch die in Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie
festgelegte Pflicht begrenzt ist, die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe
oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, auf jeden Fall
einer UVP zu unterziehen?
c) Gestatten es Artikel 4 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie, daß ein
Mitgliedstaat Arten von Projekten oder Kriterien und/oder Schwellenwerte derart bestimmt (oder nicht
bestimmt), daß die Umstrukturierung eines Flugplatzes bis unter 2 100 m Landebahn von vornherein
einer UVP entzogen wird, obwohl eine erhebliche Umweltrelevanz vorliegt bzw. wird dadurch der
Ermessensspielraum des Mitgliedstaats, über den er nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie verfügt
(wenn b positiv zu beantworten ist), überschritten?
2. Ist Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 dahin auszulegen, daß die
UVP-Pflichtigkeit auch für Erweiterungen und Umstrukturierungen der Vorhaben des Anhangs II gilt
(oder nicht), wenn mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, bzw. gestatten es
Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie, daß von vornherein Umstrukturierungsprojekte
mit Umweltrelevanz ausdrücklich oder implizit (z. B. durch eine für Flugplätze nicht anwendbare
Regelung) von einer UVP ausgeschlossen werden?
3. Inwieweit gestattet es Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie, auch in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2,
daß die Mitgliedstaaten alternative (zur ordentlichen UVP) Prüfungsverfahren einführen (bzw. sich ihrer
bedienen) und im Falle einer positiven Antwort auf diese Frage:
a) Welche wesentlichen Erfordernisse bzw. Mindesterfordernisse muß diese Prüfung erfüllen, um
den Zielen der Richtlinie zu entsprechen und, im besonderen,
b) ist die Beteiligung der Öffentlichkeit im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie ein wesentliches
Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung?
4. Kann Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie 85/337 dahin ausgelegt werden, daß auch Projekte darunter
fallen, die zwar von einer programmatischen Gesetzesnorm vorgesehen sind, aber in einem
getrennten Verwaltungsverfahren genehmigt werden?
Welche umweltprüfungsmäßigen Mindesterfordernisse muß das „Gesetzgebungsverfahren“
enthalten, um die mit der Richtlinie „verfolgten Ziele einschließlich des Zieles der Bereitstellung von
Informationen“ zu erreichen?
5. Ist der Ausschluß aus der Richtlinie gemäß Artikel 1 Absatz 4 anzuwenden, wenn ein Flugplatz
sowohl zivil als auch militärisch genutzt wird?
Gilt vielleicht als Kriterium die oder genügt für den Ausschluß, daß der
Flugplatz militärisch genutzt wird?
6. Entfalten im Falle einer nicht richtlinientreuen Umsetzung der Richtlinie Artikel 4 Absatz 2 in
Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie eine unmittelbare vertikale Wirkung (self executing) in
dem Sinne, daß die Behörden des Mitgliedstaats verpflichtet sind, die in Rede stehenden Projekte
einer Prüfung auf ihre Umweltverträglichkeit zu unterziehen (oder nicht)?
Vorbemerkungen
28.
In ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof tragen die Kläger des Ausgangsverfahrens vor, das
vorlegende Gericht habe mit einem anderen Beschluß, der aufgrund ihres Antrags auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung nach Abschluß dieses zum Hauptsacheverfahren akzessorischen Verfahrens
erlassen worden sei, das streitige Projekt mit der Begründung ausgesetzt, daß keine
Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe; gegen diesen Beschluß hätten die Beklagten des
Ausgangsverfahrens ein Rechtsmittel eingelegt; der Consiglio di Stato habe ihn mit Urteil Nr. 1411/97
vom 29. August 1997 mit der Folge aufgehoben, daß die streitigen Ausbauarbeiten seither fortgesetzt
worden seien. In diesem Zusammenhang ersuchen die Kläger des Ausgangsverfahrens den
Gerichtshof, zum einen über die Frage zu entscheiden, ob die Aussetzung der Vollziehung der
angefochtenen Maßnahme, die das vorlegende Gericht ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall zu
Recht beschlossen hatte, vom Consiglio di Stato hätte bestätigt werden müssen, und zum anderen,
für den Fall, daß der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung
erforderlich gewesen sei, darüber zu entscheiden, welche praktischen Folgen seine eigene
Entscheidung in diesem Zusammenhang nach sich ziehe.
29.
Was diese Anträge angeht, so hat das nationale Gericht in diesem Zusammenhang keine Frage
vorgelegt; diese Anträge sind folglich nicht zu prüfen (siehe Urteile vom 15. Juni 1972 in der
Rechtssache 5/72, Grassi, Slg. 1972, 443, Randnr. 3, und vom 11. Oktober 1990 in der Rechtssache C-
196/89, Nespoli und Crippa, Slg. 1990, I-3647, Randnr. 23).
30.
Eine der Beklagten des Ausgangsverfahren, die Airport Bolzano — Bozen AG, bestreitet die
Darstellung einer Reihe der im Vorlagebeschluß vom nationalen Gericht festgestellten Tatsachen.
Außerdem verneint sie unter Berufung auf Vorschriften des nationalen Rechts, daß dieses Gericht für
eine Entscheidung in der Sache zuständig sei, und zwar mit der Begründung, daß die Zuständigkeiten
dieses Gerichts sich allein auf Rechtsfragen erstreckten.
31.
Was das Bestreiten einiger Tatsachen durch die Airport Bolzano — Bozen AG angeht, so ist der
Gerichtshof gemäß Artikel 177 EG-Vertrag, der auf einer klaren Trennung der Aufgaben zwischen den
nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom
nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung oder zur Gültigkeit einer
Gemeinschaftsvorschrift zu äußern (siehe u. a. Urteile vom 2. Juni 1994 in der Rechtssache C-30/93,
AC-ATEL Electronics, Slg. 1994, I-2305, Randnr. 16, und vom 1. Dezember 1998 in der Rechtssache C-
326/96, Levez, Slg. 1998, I-7835, Randnr. 25).
32.
In diesem Rahmen ist es nicht Sache des Gerichtshofes, sondern des nationalen Gerichts, die dem
Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen festzustellen und daraus die Folgerungen für seine
Entscheidung zu ziehen (vgl. Urteil vom 29. April
1982 in der Rechtssache 17/81, Pabst & Richarz, Slg. 1982, 1331, Randnr. 12, Urteil AC-ATEL
Electronics, Randnr. 17, und Urteil Levez, Randnr. 26).
33.
Was das Bestreiten der Zuständigkeit des nationalen Gerichts nach nationalem Recht betrifft, so
ist der Gerichtshof nach der Verteilung der Aufgaben zwischen ihm und den nationalen Gerichten
nicht befugt, nachzuprüfen, ob die Entscheidung, durch die er angerufen worden ist, den nationalen
Vorschriften über die Gerichtsorganisation und das Verfahren entspricht (siehe Urteil vom 3. März
1994 in den verbundenen Rechtssachen C-332/92, C-333/92 und C-335/92, Eurico Italia u. a., Slg.
1994, I-711, Randnr. 13).
Zur ersten und zur zweiten Frage
34.
Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, wirft das nationale
Gericht im wesentlichen zwei Probleme auf.
35.
Das erste besteht darin, ob die Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie einem
Mitgliedstaat die Befugnis einräumen, bestimmte Klassen der in Anhang II der Richtlinie aufgeführten
Projekte einschließlich ihrer Änderungen, wie z. B. Projekte zur Umstrukturierung eines Flughafens,
dessen Start- und Landebahn weniger als 2 100 m lang ist, von vornherein insgesamt von dem durch
die Richtlinie eingeführten Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung auszunehmen, selbst wenn
diese Projekte erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.
36.
Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten zwar die Befugnis ein,
nach ihrem Ermessen bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, zu
bestimmen oder einschlägige Kriterien und/oder Schwellenwerte aufzustellen. Dieses Ermessen wird
jedoch durch die in Artikel 2 Absatz 1 festgelegte Pflicht begrenzt, die Projekte, bei denen
insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf
die Umwelt zu rechnen ist, einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen (siehe Urteile vom
24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld u. a., Slg. 1996, I-5403, Randnr. 50, und
vom 22. Oktober 1998 in der Rechtssache C-301/95, Kommission/Deutschland, Slg. 1998, I-6135,
Randnr. 45).
37.
Der Gerichtshof hat demgemäß in bezug auf die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach
denen bestimmte Klassen der im Anhang II der Richtlinie aufgezählten Projekte insgesamt von der
Verpflichtung zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen waren, im Urteil vom 2. Mai 1996 in
der Rechtssache C-133/94 (Kommission/Belgien, Slg. 1996, I-2323, Randnr. 42) entschieden, daß mit
den in Artikel 4 Absatz 2 erwähnten Kriterien und/oder Schwellenwerten das Ziel verfolgt wird, die
Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projekts zu erleichtern, damit bestimmt werden kann, ob es
der Prüfungspflicht unterliegt; dagegen ist es nicht ihr Zweck, bestimmte Klassen der in Anhang II
aufgeführten
Projekte, die im Gebiet eines Mitgliedstaats in Betracht kommen, von vornherein insgesamt von dieser
Pflicht auszunehmen.
38.
Außerdem hat der Gerichtshof in dem Urteil Kraaijeveld u. a. in Randnummer 53 festgestellt, daß ein
Mitgliedstaat, der die Kriterien und/oder Schwellenwerte so festlegen würde, daß in der Praxis eine
gesamte Klasse von Projekten von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen
ausgenommen wäre, die Grenzen des Ermessens überschreiten würde, über das er nach Artikel 2
Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie verfügt, sofern nicht aufgrund einer pauschalen
Beurteilung aller ausgenommenen Projekte davon auszugehen ist, daß bei ihnen nicht mit erheblichen
Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.
39.
Zu Änderungen solcher Projekte hat der Gerichtshof im Urteil Kraaijeveld u. a. in Randnummer 40
ausgeführt, die bloße Tatsache, daß in der Richtlinie die Änderung von Projekten des Anhangs II im
Gegensatz zur Änderung von Projekten des Anhangs I nicht ausdrücklich erwähnt werde, lasse nicht
den Schluß zu, daß eine solche Änderung nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie falle.
40.
Der Anwendungsbereich der Richtlinie sei ausgedehnt und ihr Zweck sehr weitreichend. Daher
erfasse die Richtlinie unter dem Begriff „Änderung eines Projekts“ auch Projekte des Anhangs II.
Würde nämlich der Begriff „Änderung des Projekts“ in der Weise bestimmt, daß bei einigen Arbeiten
oder Werken die Verpflichtung, eine Untersuchung der Auswirkungen vorzunehmen, entfiele, obwohl
bei ihnen aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die
Umwelt zu rechnen wäre, so würde die Erreichung dieses Zwecks beeinträchtigt (siehe Urteil
Kraaijeveld u. a., Randnr. 39).
41.
Das zweite vom nationalen Gericht aufgeworfene Problem besteht darin, ob Artikel 4 Absatz 2 und
Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie auch dann, wenn ein Flughafen der einzige ist, der in einer Provinz
umstrukturiert werden kann, einem Mitgliedstaat die Befugnis einräumen, von dem durch die Richtlinie
eingeführten Prüfungsverfahren ein spezifisches Projekt wie das im Ausgangsverfahren streitige als
ein Projekt, bei dem nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, entweder
aufgrund eines nationalen Gesetzes, im vorliegenden Fall des Gesetzes Nr. 27/92, oder auf der
Grundlage einer individuellen Prüfung diesesProjektes auszunehmen.
42.
Nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie können „die Mitgliedstaaten insbesondere
bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien
und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten
der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden
sollen“. In dieser Vorschrift werden also beispielhaft Methoden genannt, auf die die Mitgliedstaaten
zurückgreifen können, um zu bestimmen, welche von den Projekten des Anhangs II einer Prüfung im
Sinne der Richtlinie unterzogen werden müssen.
43.
Die Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang folglich ein Ermessen ein; sie
hindert sie daher nicht daran, andere Methoden zu verwenden, um die Projekte zu bestimmen, bei
denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie erforderlich ist. Die Richtlinie schließt
also eine Methode nicht aus, die nach der auf der Grundlage einer individuellen Untersuchung jedes
einzelnen betroffenen Projekts oder aufgrund eines nationalen Gesetzes ein spezifisches, unter
Anhang II der Richtlinie fallendes Projekt als ein Projekt bestimmt wird, das einem Verfahren zur
Prüfung seiner Auswirkungen auf die Umwelt nicht unterzogen zu werden braucht.
44.
Daß ein Mitgliedstaat über dieses Ermessen verfügt, genügt für sich allein jedoch nicht, um ein
bestimmtes Projekt vom Prüfungsverfahren im Sinne der Richtlinie auszunehmen. Andernfalls könnte
das den Mitgliedstaaten in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie eingeräumte Ermessen von diesen dazu
verwendet werden, ein spezifisches Projekt der Prüfungsverpflichtung zu entziehen, obwohl dieses
Projekt aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standorts erhebliche Auswirkungen auf die
Umwelt haben könnte.
45.
Daher darf die gewählte Methode unabhängig davon, welche Methode — die Bestimmung eines
spezifischen Projekts durch den Gesetzgeber oder die individuelle Untersuchung des Projekts — ein
Mitgliedstaat wählt, um zu bestimmen, ob ein spezifisches Projekt eine Prüfung erfordert, die
Erreichung des Zieles der Richtlinie nicht beeinträchtigen, kein Projekt, das erhebliche Auswirkungen
auf die Umwelt im Sinne der Richtlinie haben könnte, der Prüfung zu entziehen, es sei denn, das von
der Prüfung ausgenommene spezifische Projekt läßt nach einer Gesamtbeurteilung keine erheblichen
Auswirkungen auf die Umwelt besorgen.
46.
Für den Ausschluß des im Ausgangsverfahren streitigen Projekts von dem Prüfungsverfahren
aufgrund des Gesetzes Nr. 27/92 gilt, daß der Gesetzgeber dieses Projekt, selbst wenn es den
einzigen Flughafen der Provinz betrifft, der umstrukturiert werden kann, und es vom Gesetzgeber
tatsächlich genannt worden ist, nur dann der Prüfungsverpflichtung entziehen kann, wenn er bei Erlaß
des Gesetzes Nr. 27/92 in der Lage war, die möglichen Auswirkungen aller mit diesem Projekt
zusammenhängender Arbeiten auf die Umwelt insgesamt genau zu beurteilen.
47.
Was den Ausschluß des Projekts von Prüfungsverfahren aufgrund einer von den zuständigen
Behörden durchgeführten Einzelfallprüfung angeht, ergibt sich aus den Akten, daß den
angefochtenen Rechtsakten eine von einer Sachverständigengruppe erstellte
Umweltverträglichkeitsstudie vorausging, daß die betroffenen Gemeinden informiert wurden und daß
die Öffentlichkeit durch Pressemitteilungen unterrichtet wurde. Außerdem wurden die Umweltagentur
und die Amtsdirektorenkonferenz angehört.
48.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die zuständigen Behörden auf der Grundlage
der von ihnen durchgeführten Einzelfallprüfung, die dazu
geführt hat, daß das im Ausgangsverfahren streitige spezifische Projekt von dem durch die Richtlinie
geschaffenen Prüfungsverfahren ausgenommen wurde, die Erheblichkeit der Auswirkungen dieses
Projekts auf die Umwelt entsprechend der Richtlinie richtig beurteilt haben.
49.
Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, daß Artikel 4 Absatz 2 und Artikel
2 Absatz 1 der Richtlinie einem Mitgliedstaat weder die Befugnis verleihen, bestimmte unter Anhang II
der Richtlinie fallende Klassen von Projekten einschließlich der Änderung dieser Projekte von
vornherein allgemein von dem durch die Richtlinie geschaffenen Verfahren zur
Umweltverträglichkeitsprüfung auszunehmen, noch auch die Befugnis, ein spezifisches Projekt wie das
Projekt der Umstrukturierung eines Flughafens mit einer Start- und Landebahn von weniger als 2 100
m aufgrund entweder eines nationalen Gesetzes oder einer Einzelprüfung dieses Projekts einem
solchen Verfahren zu entziehen, sofern nicht diese Projektklassen oder das spezifische Projekt nach
einer Gesamtbeurteilung keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt besorgen lassen. Es ist
Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die zuständigen Behörden auf der Grundlage der von
ihnen durchgeführten Einzelfallprüfung, die dazu geführt hat, daß das betreffende spezifische Projekt
von dem durch die Richtlinie geschaffenen Prüfungsverfahren ausgenommen wird, die Erheblichkeit
der Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt entsprechend der Richtlinie richtig beurteilt haben.
Zur dritten Frage
50.
Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 2 Absätze 1 und 2 der Richtlinie bei
einem Projekt, für das eine Prüfung nach der Richtlinie erforderlich ist, einem Mitgliedstaat gestattet,
anstelle des durch die Richtlinie geregelten Verfahrens ein anderes Verfahren zu verwenden, und ob
dieses alternative Verfahren, wenn es in ein bestehendes oder nach Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie
zu schaffendes Verfahren eingegliedert wird, die Anforderungen der Artikel 3 und 5 bis 10 der
Richtlinie erfüllen muß, zu denen gemäß Artikel 6 der Richtlinie die Beteiligung der Öffentlichkeit
gehört.
51.
Das nationale Gericht äußert in seinem Vorlagebeschluß Zweifel daran, daß das in den Artikeln 11
bis 13 des Gesetzes Nr. 27/92 vorgesehene Genehmigungsverfahren geeignet sei, die Auswirkungen
des Projekts auf die Umwelt umfassend zu ermitteln. Dazu stellt es fest, daß zum einen weder die
Auswirkungen auf den Lärm noch diejenigen auf die Luft geprüft worden seien, wie es in diesem
Zusammenhang Artikel 3 der Richtlinie vorschreibe, und daß zum anderen die Öffentlichkeit an diesem
Verfahren entgegen Artikel 6 der Richtlinie nicht beteiligt worden sei.
52.
Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt: „Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den
Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur
Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen
anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu
entsprechen.“ Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß die Richtlinie nicht verbietet, das durch sie
eingeführte Prüfungsverfahren in ein bestehendes oder zu schaffendes nationales Verfahren
einzugliedern, wobei jedoch die Ziele der Richtlinie zu beachten sind.
53.
Ist bei einem Projekt jedoch eine Prüfung im Sinne der Richtlinie erforderlich, so darf ein
Mitgliedstaat, soll die Erreichung des Zieles der Richtlinie nicht beeinträchtigt werden, ein alternatives
Verfahren, auch wenn es in ein bestehendes oder zu schaffendes nationales Verfahren eingegliedert
ist, nicht dazu verwenden, dieses Projekt den Anforderungen der Artikel 3 und 5 bis 10 der Richtlinie
zu entziehen.
54.
Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, daß Artikel 2 Absätze 1 und 2 der Richtlinie es bei einem
Projekt, das eine Prüfung nach der Richtlinie erfordert, einem Mitgliedstaat gestattet, anstelle des
durch die Richtlinie eingeführten Verfahrens ein anderes Prüfungsverfahren zu verwenden, wenn
dieses alternative Verfahren in ein bestehendes oder ein nach Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie
einzuführendes nationales Verfahren eingegliedert ist. Bei einem solchen Verfahren sind jedoch die
Anforderungen der Artikel 3 und 5 bis 10 der Richtlinie, zu denen die Beteiligung der Öffentlichkeit
gemäß Artikel 6 der Richtlinie gehört, zu beachten.
Zur vierten Frage
55.
Die vierte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob unter Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie
auch ein Projekt wie das im Ausgangsverfahren streitige fällt, das zwar in einer programmatischen
Gesetzesnorm vorgesehen, aber in einem eigenen Verwaltungsverfahren genehmigt worden ist, und,
wenn ja, welche Anforderungen eine solche Norm sowie das Verfahren, in dem sie erlassen worden
ist, erfüllen müssen, damit die Ziele der Richtlinie einschließlich des Zieles der Bereitstellung von
Informationen erreicht werden.
56.
Nach Artikel 1 Absatz 5 gilt die Richtlinie „nicht für Projekte, die im einzelnen durch einen
besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden, da die mit dieser Richtlinie
verfolgten Ziele einschließlich des Zieles der Bereitstellung von Informationen im Wege des
Gesetzgebungsverfahrens erreicht werden“.
57.
Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß sie durch die Richtlinie erfaßte Projekte vom
Prüfungsverfahren freistellt, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen muß das Projekt im
einzelnen durch ein besonderes Gesetz genehmigt werden; zum anderen müssen die Ziele der
Richtlinie einschließlich des Zieles der Bereitstellung von Informationen im Wege des
Gesetzgebungsverfahrens erreicht werden.
58.
Was die erste Voraussetzung angeht, betrifft Artikel 1 Absatz 2 nicht die Gesetze, sondern die
Genehmigung, die er als „Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden,
aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält“, definiert. Erhält
der Projektträger daher aufgrund eines Gesetzes statt aufgrund einer Entscheidung der zuständigen
Behörden das Recht zur Durchführung des Projekts, so muß es sich bei dem Gesetz um einen
besonderen Akt handeln, der die gleichen Merkmale wie die Genehmigung im Sinne von Artikel 1
Absatz 2 der Richtlinie aufweist.
59.
Das ist dann der Fall, wenn das Gesetz das Projekt im einzelnen, d. h. so genau und abschließend
genehmigt, daß es wie eine Genehmigung alle für die Umweltverträglichkeitsprüfung erheblichen, vom
Gesetzgeber berücksichtigten Punkte des Projekts umfaßt.
60.
Nur wenn diese Erfordernisse beachtet werden, können die Ziele, auf die sich die zweite in Artikel 1
Absatz 5 der Richtlinie vorgesehene Voraussetzung bezieht, im Wege des Gesetzgebungsverfahrens
erreicht werden. Umfaßt der „besondere Gesetzgebungsakt“, durch den ein einzelnes Projekt
genehmigt wird, nämlich nicht die Elemente des Projekts, die für die Prüfung seiner Auswirkungen auf
die Umwelt erheblich sein können, so wird die Erreichung der Ziele der Richtlinie gefährdet, da ein
Projekt ohne vorherige Prüfung seiner Auswirkungen auf die Umwelt genehmigt werden könnte,
obwohl es erhebliche derartige Auswirkungen haben könnte.
61.
Diese Auslegung wird durch die sechste Begründungserwägung der Richtlinie bestätigt. Danach
sollte die Genehmigung für öffentliche und Privatprojekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen
auf die Umwelt zu rechnen ist, erst nach Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen
dieser Projekte erteilt werden; diese Beurteilung hat anhand sachgerechter Angaben des
Projektträgers zu erfolgen, die gegebenenfalls von den Behörden und der Öffentlichkeit ergänzt
werden können, die möglicherweise von dem Projekt betroffen sind.
62.
Nach alledem wird ein Projekt nicht im Sinne von Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie im einzelnen durch
ein Gesetz genehmigt, wenn dieses Gesetz zum einen nicht die zur Prüfung der Auswirkungen des
Projekts auf die Umwelt erforderlichen Angaben enthält, sondern die Durchführung einer
entsprechenden Studie vorschreibt, und zum anderen vorsieht, daß der Projektträger das Recht zur
Durchführung des Projekts aufgrund des Erlasses anderer Akte erhält.
63.
Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, daß ein Projekt wie das im Ausgangsverfahren streitige,
das zwar in einer programmatischen Gesetzesnorm vorgesehen ist, aber in einem eigenen
Verwaltungsverfahren genehmigt worden ist, nicht unter Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie fällt. Die
Anforderungen, denen eine solche Norm sowie das Verfahren, in dem sie erlassen worden ist,
entsprechen muß, damit die Ziele der Richtlinie einschließlich des Zieles der Bereitstellung von
Informationen erreicht werden, bestehen in der Genehmigung dieses Projekts durch einen
besonderen Gesetzgebungsakt, der alle Angaben enthält, die im Hinblick auf die Prüfung der
Auswirkungen dieses Projekts auf die Umwelt erheblich sein können.
Zur fünften Frage
64.
Die fünfte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob ein Flughafen, der sowohl zivilen als auch
militärischen Zwecken dienen kann, der aber überwiegend kommerziell genutzt wird, nach Artikel 1
Absatz 4 der Richtlinie in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.
65.
Nach Artikel 1 Absatz 4 fallen „Projekte, die Zwecken der nationalen Verteidigung dienen“, nicht
unter die Richtlinie. Diese Vorschrift schließt vom Anwendungsbereich der Richtlinie und damit von
dem darin vorgesehenen Prüfungsverfahren Projekte aus, deren Zweck darin besteht, die
nationaleVerteidigung sicherzustellen. Diese Regelung enthält eine Ausnahme von der durch die
Richtlinie aufgestellten allgemeinen Regel einer vorherigen Umweltverträglichkeitsprüfung; sie ist
daher eng auszulegen. Nur Projekte, die in erster Linie den Zwecken der nationalen Verteidigung
dienen, können folglich von der Prüfungspflicht ausgenommen werden.
66.
Daraus folgt, daß in den Anwendungsbereich der Richtlinie Projekte wie das im Ausgangsverfahren
streitige fallen, deren Hauptziel, wie sich aus den Akten ergibt, darin besteht, einen Flughafen
umzustrukturieren, damit er kommerziell nutzbar wird, selbst wenn dieser Flughafen auch militärisch
genutzt werden kann.
67.
Auf die fünfte Frage ist folglich zu antworten, daß ein Flughafen, der sowohl zivilen als auch
militärischen Zwecken dienen kann, dessen überwiegende Nutzung aber kommerzieller Art ist, nach
Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.
Zur sechsten Frage
68.
Die sechste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob sich ein einzelner nach Artikel 4 Absatz
2 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie dann, wenn der Gesetzgeber oder die Verwaltung eines
Mitgliedstaats das durch diese Bestimmungen eingeräumte Ermessen überschreitet, gegenüber den
nationalen Stellen vor einem Gericht eines Mitgliedstaats auf diese Bestimmungen berufen und
dadurch erreichen kann, daß mit diesen Bestimmungen unvereinbare nationale Vorschriften oder
Maßnahmen außer acht gelassen werden, und ob es bejahendenfalls Sache des Mitgliedstaats ist, im
Rahmen seiner Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu
treffen, um die Projekte im Hinblick darauf zu überprüfen, ob bei ihnen erhebliche Auswirkungen auf
die Umwelt zu besorgen sind, und sie bejahendenfalls einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu
unterziehen.
69.
Zum Recht eines einzelnen, sich auf eine Richtlinie zu berufen, und des nationalen Gerichts, sie zu
berücksichtigen, hat der Gerichtshof bereits entschieden, daß es mit der den Richtlinien in Artikel 189
EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 EG) zuerkannten verbindlichen Wirkung unvereinbar wäre, grundsätzlich
auszuschließen, daß sich betroffene Personen auf die durch eine Richtlinie auferlegte Verpflichtung
berufen können. Insbesondere in den Fällen, in denen die Gemeinschaftsbehörden die
Mitgliedstaaten durch eine Richtlinie zu einem bestimmten Verhalten verpflichten, würde deren
praktische Wirksamkeit abgeschwächt, wenn die Bürger sich vor Gericht nicht auf sie berufen und die
nationalen Gerichte sie nicht als Bestandteil des Gemeinschaftsrechts berücksichtigen könnten, um
zu prüfen, ob der nationale Gesetzgeber im Rahmen der ihm vorbehaltenen Befugnis, Form und Mittel
für die Umsetzung der Richtlinie zu wählen, innerhalb des in der Richtlinie vorgesehenen
Ermessensspielraums geblieben ist (siehe Urteil vom 1. Februar 1977 in der Rechtssache 51/76,
Verbond van Nederlandse Ondernemingen, Slg. 1977, 113, Randnrn. 22 bis 24, und Urteil Kraaijeveld
u. a., Randnr. 56).
70.
Ist dieses Ermessen überschritten und haben daher die nationalen Bestimmungen insoweit außer
Betracht zu bleiben, so ist es folglich Sache der Träger öffentlicher Gewalt des Mitgliedstaats, im
Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu
treffen, um die Projekte im Hinblick darauf zu überprüfen, ob bei ihnen erhebliche Auswirkungen auf
die Umwelt zu besorgen sind, und sie bejahendenfalls einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu
unterziehen sind (siehe Urteil Kraaijeveld u. a., Randnr. 61).
71.
Auf die sechste Frage ist daher zu antworten, daß sich einzelne dann, wenn der Gesetzgeber oder
die Verwaltung eines Mitgliedstaats das ihnen durch Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 2 Absatz 1 der
Richtlinie eingeräumte Ermessen überschritten haben, vor dem Gericht eines Mitgliedstaats
gegenüber den nationalen Stellen auf diese Bestimmungen berufen und dadurch erreichen können,
daß diese nationale Vorschriften oder Maßnahmen außer Betracht lassen, die mit diesen
Bestimmungen unvereinbar sind. In einem solchen Fall ist es Sache der Träger öffentlicher Gewalt
eines Mitgliedstaats, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder
besonderen Maßnahmen zu treffen, um die Projekte im Hinblick darauf zu überprüfen, ob bei ihnen
erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu besorgen sind, und sie bejahendenfalls einer
Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen.
Kosten
72.
Die Auslagen der italienischen Regierung, der niederländischen Regierung, der Regierung des
Vereinigten Königreichs und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben,
sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem bei
dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses
Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
auf die ihm vom Verwaltungsgericht, Autonome Sektion für die Provinz Bozen, mit Beschluß vom 3.
Dezember 1997 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.
Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und
privaten Projekten verleihen einem Mitgliedstaat weder die Befugnis, bestimmte unter
Anhang II der Richtlinie fallende Klassen von Projekten einschließlich der Änderung dieser
Projekte von vornherein allgemein von dem durch die Richtlinie geschaffenen Verfahren
zur Umweltverträglichkeitsprüfung auszunehmen, noch auch die Befugnis, ein
spezifisches Projekt wie das Projekt der Umstrukturierung eines Flughafens mit einer
Start- und Landebahn von weniger als 2 100 m aufgrund entweder eines nationalen
Gesetzes oder einer Einzelprüfung dieses Projekts einem solchen Verfahren zu entziehen,
sofern nicht diese Projektklassen oder das spezifische Projekt nach einer
Gesamtbeurteilung keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt besorgen lassen. Es
ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die zuständigen Behörden auf der
Grundlage der von ihnen durchgeführten Einzelfallprüfung, die dazu geführt hat, daß das
betreffende spezifische Projekt von dem durch die Richtlinie geschaffenen
Prüfungsverfahren ausgenommen wird, die Erheblichkeit der Auswirkungen des Projekts
auf die Umwelt entsprechend der Richtlinie richtig beurteilt haben.
2. Artikel 2 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 85/337 gestattet es, bei einem Projekt, das
eine Prüfung nach der Richtlinie erfordert, einem Mitgliedstaat, anstelle des durch die
Richtlinie eingeführten Verfahrens ein anderes Prüfungsverfahren zu verwenden, wenn
dieses alternative Verfahren in ein bestehendes oder ein nach Artikel 2 Absatz 2 der
Richtlinie einzuführendes nationales Verfahren eingegliedert ist. Bei einem solchen
Verfahren sind jedoch die Anforderungen der Artikel 3 und 5 bis 10 der Richtlinie, zu denen
die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß Artikel 6 der Richtlinie gehört, zu beachten.
3. Ein Projekt wie das im Ausgangsverfahren streitige, das zwar in einer
programmatischen Gesetzesnorm vorgesehen ist, aber in einem eigenen
Verwaltungsverfahren genehmigt worden ist, fällt nicht unter Artikel 1
Absatz 5 der Richtlinie 85/337. Die Anforderungen, denen eine solche Norm sowie das
Verfahren, in dem sie erlassen worden ist, entsprechen muß, damit die Ziele der Richtlinie
einschließlich des Zieles der Bereitstellung von Informationen erreicht werden, bestehen
in der Genehmigung dieses Projekts durch einen besonderen Gesetzgebungsakt, der alle
Angaben enthält, die im Hinblick auf die Prüfung der Auswirkungen dieses Projekts auf die
Umwelt erheblich sein können.
4. Nach Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 85/337 fällt ein Flughafen, der sowohl zivilen als
auch militärischen Zwecken dienen kann, dessen überwiegende Nutzung aber
kommerzieller Art ist, in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
5. Haben der Gesetzgeber oder die Verwaltung eines Mitgliedstaats das ihnen durch
Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 eingeräumte Ermessen
überschritten, so kann sich der einzelne vor einem Gericht eines Mitgliedstaats
gegenüber den nationalen Stellen auf diese Bestimmungen berufen und dadurch
erreichen, daß diese nationale Vorschriften oder Maßnahmen außer Betracht lassen, die
mit diesen Bestimmungen unvereinbar sind. In einem solchen Fall ist es Sache der Träger
öffentlicher Gewalt eines Mitgliedstaats, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle
erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, um die Projekte im
Hinblick darauf zu überprüfen, ob bei ihnen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu
besorgen sind, und sie bejahendenfalls einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu
unterziehen.
Kapteyn
Murray
Ragnemalm
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. September 1999.
Der Kanzler
Der Präsident der Sechsten Kammer
R. Grass
P. J. G. Kapteyn
Verfahrenssprache: Deutsch.