Urteil des EuGH vom 01.02.2001
EuGH: verordnung, kommission, republik, kontrolle, regierung, erhaltung, quote, mitgliedstaat, bewirtschaftung, flagge
WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
1. Februar 2001
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Gemeinschaftliche Regelung für die Erhaltung und
Bewirtschaftung der Fischereiressourcen - Überwachung des Fischfangs und der damit
zusammenhängenden Tätigkeiten - Kontrolle der Fischereifahrzeuge und Überwachung der Anlandung
(Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung [EWG] Nr. 170/83 und 1 Absatz 1 der Verordnung [EWG] Nr. 2241/87) -
Vorläufiges Verbot des Fischfangs (Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung [EWG] Nr. 2241/87) - Straf- oder
Verwaltungsverfahren gegen die Personen, die für Zuwiderhandlungen gegen die Gemeinschaftsregelung
zur Erhaltung und Überwachung verantwortlich sind (Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung [EWG] Nr. 170/83 und
1 Absatz 2 der Verordnung [EWG] Nr. 2241/87)“
In der Rechtssache C-333/99
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Französische Republik,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der
Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen
Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1) in Verbindung mit
Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter
Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit (ABl. L 207, S. 1), aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung
(EWG) Nr. 2241/87 und aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2
der Verordnung Nr. 2241/87 verstoßen hat, indem sie
- nicht die erforderlichen Einzelheiten für die Nutzung der ihr für die Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und
1990 zugeteilten Quoten festgelegt hat,
- in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 nicht durch eine ausreichende Überwachung der
Fischereitätigkeiten und eine angemessene Kontrolle der Fangflotte, der Anlandung und der Registrierung
der Fänge für die Einhaltung der Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischarten gesorgt hat,
- in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 die Fangtätigkeit von Fischereifahrzeugen aus, die die
französische Flagge führen oder in Frankreich registriert sind, nicht bis auf weiteres untersagt hat, obwohl
aufgrund der Fänge die entsprechende Quote als ausgeschöpft galt, und die Fangtätigkeit schließlich
untersagt hat, nachdem die Quote bei weitem überschritten war,
und
- gegen den Kapitän oder jede andere Person, die für die nach dem Fangverbot für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 fortgesetzten Fischereitätigkeiten verantwortlich waren, keine
Straf- oder Verwaltungsverfahren eingeleitet hat,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter M. Wathelet, D. A. O. Edward
(Berichterstatter), P. Jann und L. Sevón,
Generalanwalt: S. Alber
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. September 2000,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 9. September 1999
bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage auf Feststellung
erhoben, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der
Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen
Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1) in
Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur
Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit (ABl. L 207, S. 1), aus Artikel
11 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 und aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83
in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verstoßen hat, indem sie
- nicht die erforderlichen Einzelheiten für die Nutzung der ihr für die Fischereiwirtschaftsjahre 1988
und 1990 zugeteilten Quoten festgelegt hat,
- in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 nicht durch eine ausreichende Überwachung der
Fischereitätigkeiten und eine angemessene Kontrolle derFangflotte, der Anlandung und der
Registrierung der Fänge für die Einhaltung der Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischarten
gesorgt hat,
- in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 die Fangtätigkeit von Fischereifahrzeugen aus,
die die französische Flagge führen oder in Frankreich registriert sind, nicht bis auf weiteres untersagt
hat, obwohl aufgrund der Fänge die entsprechende Quote als ausgeschöpft galt, und die
Fangtätigkeit schließlich untersagt hat, nachdem die Quote bei weitem überschritten war,
und
- gegen den Kapitän oder jede andere Person, die für die nach dem Fangverbot für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 fortgesetzten Fischereitätigkeiten verantwortlich waren,
keine Straf- oder Verwaltungsverfahren eingeleitet hat.
Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
2.
Die Verordnung Nr. 170/83 dient nach ihrem Artikel 1 dem Schutz der Fanggründe, der Erhaltung
der biologischen Meeresschätze und der Gewährleistung ihrer ausgewogenen Nutzung auf einer
dauerhaften Basis unter angemessenen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen.
3.
Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 170/83 sieht die Festlegung der zur Erreichung dieser Ziele
erforderlichen Bestandserhaltungsmaßnahmen vor. Artikel 2 Absatz 2 lautet:
Die Maßnahmen des Absatzes 1 können für jede Art oder Artengruppe insbesondere folgendes
vorsehen:
a) die Schaffung von Zonen, in denen der Fischfang untersagt oder auf bestimmte Zeiträume,
Schiffsarten, Fanggeräte oder Verwendungsarten der Fänge beschränkt ist,
b) die Festsetzung von Normen für die Fanggeräte,
c) die Festsetzung einer Mindestgröße oder eines Mindestgewichts je Fischart,
d) die Einschränkung des Fischereiaufwands, insbesondere durch Beschränkung der Fänge.
4.
Nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 170/83 werden, wenn sich zeigt, dass die Fangmenge einer
bestimmten Art begrenzt werden muss, die zulässige Gesamtfangmenge je Bestand oder
Bestandsgruppe sowie der Anteil der Gemeinschaft hieran jährlich festgelegt. Nach Artikel 4 der
Verordnung wird der Fanganteil der Gemeinschaft zwischen den Mitgliedstaaten so aufgeteilt, dass für
jeden Mitgliedstaateine relative Stabilität der Fischereitätigkeit bei jedem der in Betracht gezogenen
Bestände gewährleistet wird.
5.
Aufgrund dieser Bestimmung wurden Frankreich mit der Verordnung (EWG) Nr. 3977/87 des Rates
vom 21. Dezember 1987 über die zulässigen Gesamtfangmengen und über Fangbedingungen für
bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen (1988) (ABl. L 375, S. 1) bzw. mit der Verordnung
(EWG) Nr. 4047/89 des Rates vom 19. Dezember 1989 über die zulässige Gesamtfangmenge und über
Fangbedingungen für bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen (1990) (ABl. L 389, S. 1)
Fangquoten für die Jahre 1988 bzw. 1990 zugeteilt.
6.
Zur Quotenverwaltung bestimmt Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83: „Die Mitgliedstaaten
legen in Übereinstimmung mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die Einzelheiten für die
Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten fest.“
7.
Die Erfordernisse zur Erfüllung dieser Verpflichtung sind in der Verordnung Nr. 2241/87 aufgeführt,
deren Artikel 1 lautet:
„(1) Im Hinblick auf die Einhaltung aller geltenden Vorschriften bezüglich Erhaltungs- und
Kontrollmaßnahmen überwacht jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet und in den Meeresgewässern
unter seiner Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit die Ausübung des Fischfangs und der damit
zusammenhängenden Tätigkeiten. Er kontrolliert die Fischereifahrzeuge und alle Tätigkeiten, durch
deren Überwachung die Durchführung dieser Verordnung nachgeprüft werden kann, einschließlich der
Anlandung, des Verkaufs und der Einlagerung von Fisch sowie der Registrierung von Anlandung und
Verkäufen.
(2) Stellen die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats als Ergebnis einer gemäß Absatz 1
durchgeführten Überwachung oder Kontrolle fest, dass die bestehenden Vorschriften hinsichtlich der
Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen nicht eingehalten worden sind, so leiten sie gegen den Kapitän
des betroffenen Schiffes oder gegen jeden anderen Verantwortlichen ein Straf- oder
Verwaltungsverfahren ein.
(3) Im Interesse einer möglichst wirksamen, jedoch mit möglichst geringen Kosten verbundenen
Kontrolle koordinieren die Mitgliedstaaten ihre Überwachungstätigkeit und führen Maßnahmen ein,
nach denen ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen ihren zuständigen Stellen und mit der
Kommission erfolgt.“
8.
Artikel 11 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2241/87 bestimmt:
„(1) Alle Fänge von Beständen oder Bestandsgruppen, die einer Quotenregelung unterliegen, durch
Fischereifahrzeuge, welche die Flagge eines Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat
registriert sind, werden unabhängig vom Anlandeort vonder Quote in Abzug gebracht, die dem
betreffenden Mitgliedstaat für den jeweiligen Bestand oder die jeweilige Bestandsgruppe zugeteilt ist.
(2) Jeder Mitgliedstaat setzt den Zeitpunkt fest, an dem aufgrund der Fänge aus einem Bestand
oder einer Bestandsgruppe, die einer Quotenregelung unterliegen, durch Fischereifahrzeuge, welche
die Flagge dieses Mitgliedstaats führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, die diesem für
den Bestand oder die Bestandsgruppe zugeteilte Quote als ausgeschöpft gilt. Er untersagt von
diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser
Bestandsgruppe durch diese Fischereifahrzeuge sowie die Aufbewahrung an Bord, das Umladen und
die Anlandung von Fängen, die nach diesem Zeitpunkt gemacht worden sind, und legt einen
Zeitpunkt fest, bis zu dem das Umladen und die Anlandungen oder die letzten Mitteilungen über die
Fänge noch möglich sind. Diese Maßnahme wird unverzüglich der Kommission mitgeteilt, welche die
anderen Mitgliedstaaten hiervon unterrichtet.“
Sachverhalt und Vorverfahren
9.
Die Kommission hat gegen die Französische Republik zwei getrennte Vertragsverletzungsverfahren
eingeleitet, die das Fischereiwirtschaftsjahr 1988 bzw. 1990 betreffen.
10.
Nach einem Schriftwechsel mit den französischen Behörden, der das Fischereiwirtschaftsjahr 1988
betraf, warf die Kommission aufgrund der Feststellung einer von den französischen Fischern in diesem
Wirtschaftsjahr bei 14 Beständen verursachten Überfischung der Französischen Republik mit
Schreiben vom 1. Oktober 1990 vor, ihren Pflichten bezüglich der Kontrolle der Fischereitätigkeiten
gemäß der Verordnung Nr. 2241/87 nicht nachgekommen zu sein, und forderte sie auf, sich hierzu
binnen zwei Monaten von der Zustellung dieses Schreibens an zu äußern.
11.
Zum einen hatten die französischen Behörden nach Ansicht der Kommission kein ausreichendes
System zur Überwachung der Bewirtschaftung der Bestände eingeführt, wie es nach Artikel 5 Absatz 2
der Verordnung Nr. 170/83 erforderlich sei, insbesondere wenn die Überfischung durch die
Anlandungen im letzten Monat des Jahres 1988 herbeigeführt worden sei.
12.
Zum anderen hätten die französischen Behörden - trotz mehrerer fernschriftlicher Warnungen der
Kommission, die eine große Anzahl von Beständen betroffen hätten - die Fangtätigkeit nicht bis auf
weiteres untersagt, als aufgrund der Fänge durch die unter französischer Flagge fahrenden Schiffe
die entsprechende Quote als ausgeschöpft gegolten habe, oder möglicherweise die Fischereitätigkeit
schließlich untersagt, nachdem die Quote bei weitem überschritten gewesen sei, was einen Verstoß
gegen die Verpflichtungen aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 darstelle.
13.
In ihrer Antwort vom 27. November 1990 räumten die französischen Behörden ein, dass die
Quotenüberschreitungen auf eine verspätete Einstellung der Fischereitätigkeit zurückzuführen sei und
führten hierfür Schwächen ihres statistischen Systems zur Kontrolle der Fangmenge an, die zu
Verzögerungen bei den monatlichen Fangmeldungen und damit zu Schwierigkeiten bei der Verfolgung
der weiteren Entwicklung geführt hätten. Schon 1988 hätten sie alles daran gesetzt, die Probleme der
Fristen und der Zuverlässigkeit in den Griff zu bekommen.
14.
Am 29. September 1992 richtete die Kommission an die Französische Republik eine mit Gründen
versehene Stellungnahme, in der sie ihre Vorwürfe der fehlenden Überwachung der Bewirtschaftung
der Bestände und der verspäteten Einstellung der Fischereitätigkeit aufrechterhielt. Zu dem zweiten
Vorwurf wies die Kommission darauf hin, dass Schwierigkeiten der Durchführung einer
Gemeinschaftsregelung wie etwa Unzulänglichkeiten des statistischen Systems des betreffenden
Mitgliedstaats Verstöße gegen diese Regelung nicht rechtfertigen könnten.
15.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1992 wies die französische Regierung in ihrer Antwort auf die mit
Gründen versehene Stellungnahme darauf hin, dass die Mitteilung der Daten über die Fänge sich seit
Juni 1991 gebessert habe.
16.
Nach einem Schriftwechsel mit den französischen Behörden, der das Fischereiwirtschaftsjahr 1990
betraf, warf die Kommission aufgrund ihrer Feststellung, dass Frankreich sechs der ihm für dieses
Wirtschaftsjahr zugeteilten Quoten überschritten habe, der Französischen Republik mit Schreiben vom
25. Januar 1993 wiederum vor, ihren Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 2241/87 bei der
Überwachung der Fischereitätigkeiten nicht nachgekommen zu sein, und forderte sie auf, sich hierzu
binnen zwei Monaten von der Zustellung des Schreibens ab zu äußern.
17.
Die Kommission machte geltend, es seien keine Maßnahmen getroffen worden, um die
Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen, als die Quoten aufgrund der Fänge als ausgeschöpft
gegolten hätten. Zudem seien die Daten der Kommission immer noch - wenn auch nicht im gleichen
Maße - verspätet übermittelt worden.
18.
Die französische Regierung antwortete in ihrem Schreiben vom 17. März 1993, dass ihr System zur
Erfassung der Fänge leistungsstark geworden sei und die Kommission die Daten rechtzeitig habe
erhalten können. Dagegen äußerte sich die französische Regierung nicht zu dem Vorwurf der
verspäteten Einstellung der Fangtätigkeit.
19.
Am 4. Juni 1997 richtete die Kommission an die Französische Republik eine mit Gründen versehene
Stellungnahme, in der sie folgende Vorwürfe erhob:
1. Die französischen Behörden hätten nicht die erforderlichen Einzelheiten für die Nutzung der
Frankreich für das Fischereiwirtschaftsjahr 1990 zugeteilten Quoten festgelegt;
2. sie hätten im Fischereiwirtschaftsjahr 1990 nicht durch eine ausreichende Überwachung der
Fischereitätigkeiten und eine angemessene Kontrolle der Anlandungen und der Registrierung der
Fänge für die Einhaltung der Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischarten gesorgt;
3. sie hätten die Fangtätigkeit von Fischereifahrzeugen aus, die die französische Flagge führten
oder in Frankreich registriert seien, nicht bis auf weiteres untersagt, als aufgrund der Fänge die
entsprechende Quote als ausgeschöpft gegolten habe, und
4. sie hätten gegen den Kapitän oder jede andere Person, die für die nach dem Fangverbot für
dieses Wirtschaftsjahr fortgesetzten Fischereitätigkeiten verantwortlich gewesen sei, keine Straf- oder
Verwaltungsverfahren eingeleitet.
20.
Mit Schreiben vom 22. August 1997 machte die französische Regierung geltend, die erforderlichen
Einzelheiten für die Nutzung der Frankreich zugeteilten Quoten seien durch die Verordnung Nr.
2413/90 vom 24. August 1990 über die Aufteilung bestimmter Frankreich für 1990 zugeteilter
Fangquoten festgelegt worden. Was die Kontrolle der Einhaltung der Gemeinschaftsregelung durch
die Wirtschaftsteilnehmer betreffe, so habe nur der Sardellenbestand im CIEM-Gebiet VIII für eine
Anordnung zur Einstellung der Befischung vor Ende 1990 in Betracht kommen können. Diese
Einstellung sei angeordnet und eingehalten worden, da die Fänge dieser Art im November 1990, nach
dem Zeitpunkt der Einstellung dieser Fangtätigkeit, sich nur noch auf etwa zehn Tonnen belaufen
hätten.
21.
Die Kommission ist aufgrund der Antworten der französischen Behörden auf ihre mit Gründen
versehenen Stellungnahmen vom 29. September 1992 und 4. Juni 1997 der Ansicht, dass die
Französische Republik nicht für die Einhaltung der gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und
Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gesorgt habe, und hat daher die vorliegende Klage erhoben.
Zulässigkeit der Klage
22.
Nach Ansicht der französischen Regierung ergibt sich aus dem Wortlaut und der Zielsetzung des
Artikels 226 EG, dass eine Vertragsverletzungsklage einen bestimmten und begrenzten Gegenstand
haben müsse, um ihren Endzweck zu erreichen, dass nämlich der beklagte Mitgliedstaat seinen
Verpflichtungen nachkomme. Dagegen könne nicht Ziel einer solchen Klage sein, eine eventuelle
grundsätzliche Verurteilung dieses Mitgliedstaats zu erreichen, wozu aber eine Klage führe, die wie im
vorliegenden Fall zehn Jahre nach den Ereignissen erhoben werde.
23.
Bei der Wahrnehmung der ihr in den Artikeln 211 EG und 226 EG eingeräumten Zuständigkeiten
braucht die Kommission kein Rechtschutzinteresse nachzuweisen, da ihr kraft ihres Amtes im
allgemeinen Interesse der Gemeinschaft die Aufgabe zufällt, die ordnungsgemäße Ausführung des
Vertrages durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und etwaige Verstöße gegen die sich hieraus
ergebenden Verpflichtungen feststellen zu lassen, damit sie abgestellt werden (Urteile vom 4. April
1974 in der Rechtssache 167/73, Kommission/Frankreich, Slg. 1974, 359, Randnr. 15, vom 11. August
1995 in der Rechtssache C-431/92 Kommission/Deutschland, Slg. 1995, I-2189, Randnr. 21, und vom
9. November 1999 in der Rechtssache C-365/97, Kommission/Italien, Slg. 1999, I-7773, Randnr. 59).
24.
Im Übrigen ist es Sache der Kommission, zu beurteilen, ob ein Einschreiten gegen einen
Mitgliedstaat zweckmäßig ist, die ihrer Ansicht nach verletzten Bestimmungen zu benennen und den
Zeitpunkt für die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens zu wählen, wobei die Erwägungen, die
für diese Wahl bestimmend sind, die Zulässigkeit der Klage nicht beeinflussen können (Urteile vom 1.
Juni 1994 in der Rechtssache C-317/92, Kommission/Deutschland, Slg. 1994, I-2039, Randnr. 4, und
vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C-35/96, Kommission/Italien, Slg. 1998, I-3851, Randnr. 27).
25.
Nach ständiger Rechtsprechung finden die Bestimmungen des Artikels 226 EG Anwendung, ohne
dass die Kommission eine bestimmte Frist zu wahren hätte (Urteile vom 10. April 1984 in der
Rechtssache 324/82, Kommission/Belgien, Slg. 1984, 1861, Randnr. 12, und vom 16. Mai 1991 in der
Rechtssache C-96/89, Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-2461, Randnr. 15). Im vorliegenden Fall
hat die französische Regierung nicht nachgewiesen, dass die ungewöhnliche Dauer des Verfahrens
ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt hätte. Somit gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die
Kommission ihr Ermessen, das ihr nach Artikel 226 EG zusteht, vertragswidrig ausgeübt hätte.
26.
Die Klage ist daher zulässig.
Begründetheit
27.
Die Kommission erhebt gegen die Französische Republik drei Vorwürfe, die nacheinander zu prüfen
sind:
- Fehlen von Kontrollmaßnahmen, was gegen Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in
Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87 verstoße;
- verspätete Einstellung der Fangtätigkeit, was gegen Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr.
2241/87 verstoße, und
- Fehlen von Straf- oder Verwaltungsverfahren, was gegen Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr.
170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verstoße.
28.
Die Kommission macht geltend, dass die Französische Republik in dreierlei Hinsicht gegen ihre
Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1
der Verordnung Nr. 2241/87 verstoßen habe. Erstens habe sie keine hinreichend differenzierten und
wirksamen Maßnahmen zur Verwaltung der Fangquoten erlassen; zweitens habe sie die Ausübung des
Fischfangs und der damit zusammenhängenden Tätigkeiten nicht ausreichend überwacht; schließlich
habe sie die Fischereifahrzeuge sowie Anlandung, Verkauf und Einlagerung des Fisches nicht
angemessen kontrolliert.
29.
Die Französische Republik bestreitet die Quotenüberschreitungen, die ihr für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 vorgeworfen werden, zwar nicht, verweist aber auf die
Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach die Kommission sich nicht auf eine bloße Vermutung
stützen könne, sondern genaue und konkrete Tatsachen anführen müsse (Urteile vom 5. Oktober
1989 in der Rechtssache 290/87, Kommission/Niederlande, Slg. 1989, 3083, Randnr. 17, vom 20. März
1990 in der Rechtssache C-62/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-925, Randnr. 37, und vom 31.
Januar 1991 in der Rechtssache C-244/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1991, I-163, Randnr. 35).
30.
In diesem Zusammenhang macht die französische Regierung geltend, dass ihr Handeln in
Übereinstimmung mit den Zielen der gemeinsamen Fischereipolitik stehe und die von ihr erlassenen
Reformen, um der Fortentwicklung der Gemeinschaftsregelung zu folgen, zu einer fortschreitenden
Verbesserung der Bewirtschaftung ihrer Fischereiressourcen geführt hätten.
31.
Im Einzelnen sei bei den Quotenüberschreitungen zwischen 1988 und 1998 ein Rückgang zu
verzeichnen gewesen, und zwar sowohl bei der Höhe der Überschreitung als auch bei der Zahl der
betroffenen Arten. Im übrigen hätten diese Überschreitungen weder das Gleichgewicht der
Fischereiressourcen gefährdet noch die der Stabilität dienenden Schlüssel für die Aufteilung der
Quoten unter den Mitgliedstaaten verändert.
32.
Hierzu ist zu bemerken, dass die Kommission nach Artikel 226 EG stets ein
Vertragsverletzungsverfahren einleiten kann, wenn ein Mitgliedstaat nach ihrer Auffassung gegen eine
Gemeinschaftsverpflichtung verstoßen hat, ohne dass sie nach Art oder Bedeutung des Verstoßes
unterscheiden müsste (Urteil vom 27. November 1990 in der Rechtssache C-209/88,
Kommission/Italien, Slg. 1990, I-4313, Randnr. 13).
33.
Das Verfahren nach Artikel 226 EG hängt von der objektiven Feststellung des Verstoßes gegen die
Verpflichtungen ab, die einem Mitgliedstaat nach dem EG-Vertragoder einem sekundären Rechtsakt
obliegen (Urteile vom 1. März 1983 in der Rechtssache 301/81, Kommission/Belgien, Slg. 1983, 467,
Randnr. 8, und vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-71/97, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I-
5991, Randnr. 14).
34.
Im vorliegenden Fall hat die Kommission ihre Klage auf detailliert aufgeführte Tatsachen gestützt,
die im Einzelnen im Fischereiwirtschaftsjahr 1988 eine Überfischung von 57 % bei der Seezunge und
von 330 % beim Seeteufel und Fälle erheblicher Überfischung im Jahr 1990 zeigen. Darüber hinaus hat
sie darauf hingewiesen, dass bei mehreren Beständen die Anlandungen auch nach der nationalen
Anordnung zur Einstellung der Fangtätigkeit und sogar noch nach der Einstellung der Fangtätigkeit
durch die Kommission fortgesetzt wurden. Die französische Regierung hat die Richtigkeit dieser
Feststellungen nicht bestritten.
35.
Die Höhe dieser Zahlen und die Wiederholung der durch sie beschriebenen Situation zeigen, dass
die Fälle der Überfischung nur möglich waren, weil die französischen Behörden ihren Kontrollpflichten
nicht nachgekommen sind. Die Behauptung der französischen Regierung, die Kommission habe sich
nur auf eine bloße Vermutung gestützt, ist somit nicht begründet.
36.
Was die allmähliche Verbesserung der Bewirtschaftung der Fischereiressourcen angeht, so ist es
unerheblich, ob der betreffende Mitgliedstaat den Verstoß mit Absicht oder fahrlässig begangen hat
oder ob der Verstoß auf technischen Schwierigkeiten des Mitgliedstaats beruht (Urteil
Kommission/Spanien, Randnr. 15). Auch wenn solche Bemühungen zu einem Rückgang der
Quotenüberschreitungen geführt haben, können sie die festgestellten Verstöße nicht entschuldigen.
37.
Soweit die französische Regierung vorträgt, die Nichteinhaltung ihrer Verpflichtungen habe keinen
Schaden verursacht, ist festzustellen, dass selbst, wenn diese Behauptung bewiesen wäre, der
Verstoß gegen eine Verpflichtung aus einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts für sich allein schon
eine Vertragsverletzung darstellt; die Erwägung, dass dieser Verstoß keine nachteiligen Auswirkungen
gehabt hat, ist unerheblich (Urteil vom 27. November 1990, Kommission/Italien, Randnr. 14).
38.
Somit ist festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5
Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87
verstoßen hat, indem sie nicht die erforderlichen Einzelheiten für die Nutzung der ihr für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 zugeteilten Quoten festgelegt hat und in diesen beiden
Jahren nicht durch eine ausreichende Überwachung der Fischereitätigkeiten und eine angemessene
Kontrolle der Fangflotte, der Anlandung und der Registrierung der Fänge für die Einhaltung der
Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischarten gesorgt hat.
39.
Der Gerichtshof hat bereits mit Urteil vom 7. Dezember 1995 in der Rechtssache C-52/95
(Kommission/Frankreich, Slg. 1995, I-4443, Randnrn. 29 und 30) festgestellt, dass die Mitgliedstaaten
nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verpflichtet sind, schon vor der Ausschöpfung
der Quoten zwingende Maßnahmen zu ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu
untersagen.
40.
Im vorliegenden Fall hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie die französischen Behörden
im Fischereiwirtschaftsjahr 1988 mehrfach fernschriftlich auf die Erschöpfung der Bestände und die
Gefahr einer Überfischung besorgt hingewiesen habe. Im Fischereiwirtschaftsjahr 1990 habe sie
sechs Fälle der Überfischung gemeldet. Die französischen Behörden hätten keine Gegenmaßnahmen
ergriffen.
41.
Für das Fischereiwirtschaftsjahr 1988 hat die französische Regierung in ihrem Schreiben vom 23.
Oktober 1989 eingeräumt, dass sie die Quoten überschritten habe, ohne rechtzeitig ein Fangverbot
anzuordnen. Zur Rechtfertigung hat sie sich auf die Schwierigkeiten berufen, die sie im
Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Software und insbesondere bei Scholle, Seezunge
und Seeteufel mit der Verwaltung dieser Quoten gehabt habe, die sehr gering seien und die Fänge
einer sehr zerstreuten kleinen Flotte beträfen.
42.
Zum Fischereiwirtschaftsjahr 1990 hat die französische Regierung in ihrem Schreiben vom 22.
Januar 1992 ausgeführt, dass die Quotenüberschreitungen durch Unzulänglichkeiten des
seinerzeitigen statistischen Systems bedingt gewesen seien, die zu einer erheblichen Verzögerung bei
den monatlichen Fangmeldungen und zu Schwierigkeiten bei der Verfolgung ihrer weiteren
Entwicklung geführt hätten.
43.
Zu der Schwierigkeit der französischen Behörden, kleine Fangquoten zu verwalten, trägt die
Kommission zu Recht vor, dass eine solche Schwierigkeit schon bei der Erörterung und dem Erlass der
Verordnungen über die jährlichen Quoten vorhersehbar gewesen war. Zudem kann die französische
Regierung die verspätete Einstellung der Fangtätigkeit nicht mit der Unzulänglichkeit ihres
Kontrollsystems rechtfertigen, dessen Anwendungsmodalitäten nicht hinreichend den Besonderheiten
des Fischfangs der unter französischer Flagge fahrenden Schiffe angepasst war.
44.
Was die Probleme im Bereich der Informatik und der Statistik angeht, so kann sich ein Mitgliedstaat
nach ständiger Rechtsprechung zur Rechtfertigung eines Versäumnisses bei der Einführung eines
wirkungsvollen Kontrollmechanismus nicht auf praktische Schwierigkeiten berufen. Vielmehr obliegt es
den mit der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen im Bereich der Fischereierzeugnisse
betrauten Mitgliedstaaten, diese Schwierigkeit durch den Erlass geeigneter Maßnahmen zu
überwinden (Urteile vom 20. März 1990, Kommission/Frankreich, Randnr. 23, und vom 7. Dezember
1995, Kommission/Frankreich, Randnr. 28).
45.
Artikel 11 der Verordnung Nr. 2241/87 ist als allgemeine Vorschrift, die unerlässlich ist, um die
Wirksamkeit einer jeden Regelung über die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen
sicherzustellen, die auf der Aufteilung der der Gemeinschaftzur Verfügung stehenden Fangmenge in
Form von den Mitgliedstaaten zugeteilten Quoten beruht, für alle Mitgliedstaaten bindend.
Infolgedessen stellt das Versäumnis der französischen Behörden, den Fischfang rechtzeitig bis auf
weiteres zu untersagen, einen Verstoß gegen Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 dar.
46.
Die französische Regierung trägt zu ihrer Verteidigung vor, sie habe seit 1989 die Verwaltung der
nationalen Fangquoten verbessert, um sie zuverlässiger zu machen und rechtzeitig reagieren zu
können, wenn Überschreitungen drohten.
47.
Die Verbesserung der Effizienz der Kontrollen nach einem solchen Verstoß ändert jedoch nichts an
der Tatsache, dass in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 auf französischem Staatsgebiet
oder in den seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden Meeresgewässern mehrmals Quoten in erheblichem
Umfang überschritten wurden, ohne dass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen wurden, um den Fischfang
bis auf weiteres zu untersagen.
48.
Somit ist festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11
Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verstoßen hat, indem sie in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988
und 1990 die Fangtätigkeit von Fischereifahrzeugen aus, die die französische Flagge führen oder in
Frankreich registriert sind, nicht bis auf weiteres untersagt hat, obwohl aufgrund der Fänge die
entsprechende Quote als ausgeschöpft galt, und möglicherweise die Fangtätigkeit schließlich
untersagt hat, nachdem die Quote bei weitem überschritten war.
49.
Die Französische Republik verweist darauf, dass sie 1997 in das französische Recht ein System von
Verwaltungssanktionen bei der Überschreitung der Quoten aufgenommen habe, das sich an dem der
Verordnung (EG) Nr. 847/96 des Rates vom 6. Mai 1996 zur Festlegung zusätzlicher Bestimmungen für
die jahresübergreifende Verwaltung der TACs und Quoten (ABl. L 115, S. 3) orientiert habe.
50.
Wie die Kommission jedoch zu Recht ausgeführt hat, waren die Mitgliedstaaten schon vor Erlass der
Verordnung Nr. 847/96 verpflichtet, im Fall eines Verstoßes gegen die gemeinschaftliche Regelung
über die Erhaltung und Kontrolle der Fischereiressourcen gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr.
2241/87 Verwaltungsverfahren einzuleiten. Infolgedessen haben die französischen Behörden in den
Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 gegen diese Verpflichtung verstoßen.
51.
Bezüglich der strafrechtlichen Sanktionen hat die französische Regierung die geringe Zahl
strafrechtlicher Verfolgungen damit gerechtfertigt, dass zum einen vorher ein ministerieller Erlass zur
Einstellung der Fangtätigkeit für jeweils eine Art und Fangzone ergehen müsse und zum anderen die
von einem vereidigten Bediensteten zu treffende Feststellung der Zuwiderhandlung, die meistens auf
See begangen werde, kaum möglich sei.
52.
Zu dem Nachweis einer Zuwiderhandlung auf See hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass die
Überschreitung der Quoten, die die Kontrollregelung zu verhindern sucht, nicht durch den Fang
bestimmter Fische, sondern durch die Anlandung oder Umladung von über die Quote hinausgehenden
Fängen bewirkt wird. Aus Artikel 1 der Verordnung Nr. 2241/87 ergibt sich nämlich, dass die von den
Gemeinschaftsbestimmungen vorgeschriebene Überwachung und Kontrolle für „alle Tätigkeiten ... der
Anlandung, des Verkaufs und der Einlagerung von Fisch sowie der Registrierung von Anlandung und
Verkäufen“ gilt. Infolgedessen handelt es sich bei den Verstößen gegen die Quotenregelung, die der
Anlandungs- oder Umladungsmitgliedsstaat gemäß Artikel 11c, der in die Verordnung Nr. 2241/87
durch die Verordnung (EWG) Nr. 3483/88 des Rates vom 7. November 1988 (ABl. L 306, S. 2) eingefügt
worden ist, zu verfolgen hat, um solche, die bei der Anlandung oder der Umladung von Fängen in
einem Hafen dieses Mitgliedstaats oder in Gewässern unter seiner Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit
begangen wurden (Urteil vom 27. März 1990 in der Rechtssache C-9/89, Spanien/Rat, Slg. 1990, I-
1383, Randnrn. 28 und 29).
53.
Daher muss die Zuwiderhandlung nicht auf See festgestellt werden, um eine strafrechtliche
Sanktion verhängen zu können, da die Zuwiderhandlung ohne weiteres bei der Entladung im Hafen
oder bei der Anlandung, beim Verkauf oder der Einlagerung festgestellt werden könnte.
54.
Im Übrigen sind es nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 die Mitgliedstaaten, die die
Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten einschließlich der
Anwendungsvoraussetzungen festlegen. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Mitgliedstaat
nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die
Nichteinhaltung der in einer Gemeinschaftsvorschrift festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu
rechtfertigen (Urteil vom 8. Juni 1993 in der Rechtssache C-52/91, Kommission/Niederlande, Slg. 1993,
I-3069, Randnr. 36).
55.
Somit ist festzustellen, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5
Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87
verstoßen hat, indem sie gegen den Kapitän oder jede andere Person, die für die nach dem
Fangverbot für die Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 fortgesetzten Fischereitätigkeiten
verantwortlich waren, keine Straf- oder Verwaltungsverfahren eingeleitet hat.
Kosten
56.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik beantragt hat
und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Französischen Republik die Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Französische Republik hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der
Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer
gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der
Fischereiressourcen in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87
des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der
Fischereitätigkeit, aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 und aus Artikel 5
Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung
Nr. 2241/87 verstoßen, indem sie
- nicht die erforderlichen Einzelheiten für die Nutzung der ihr für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 zugeteilten Quoten festgelegt hat und in diesen
beiden Jahren nicht durch eine ausreichende Überwachung der Fischereitätigkeiten und
eine angemessene Kontrolle der Fangflotte, der Anlandung und der Registrierung der
Fänge für die Einhaltung der Gemeinschaftsregelung zur Erhaltung der Fischarten gesorgt
hat,
- in den Fischereiwirtschaftsjahren 1988 und 1990 die Fangtätigkeit von
Fischereifahrzeugen, die die französische Flagge führen oder in Frankreich registriert
sind, nicht bis auf weiteres untersagt hat, obwohl aufgrund der Fänge die entsprechende
Quote als ausgeschöpft galt, und möglicherweise die Fischereitätigkeit schließlich
untersagt hat, nachdem die Quote bei weitem überschritten war, und
- gegen den Kapitän oder jede andere Person, die für die nach dem Fangverbot für die
Fischereiwirtschaftsjahre 1988 und 1990 fortgesetzte Fischereitätigkeit verantwortlich
war, keine Straf- oder Verwaltungsverfahren eingeleitet hat.
2. Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
La Pergola
Wathelet
Edward
Jann
Sevón
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Februar 2001.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünfte Kammer
R. Grass
A. La Pergola
Verfahrenssprache: Französisch.