Urteil des EuGH vom 19.06.2003

EuGH: kommission, regierung, verordnung, beihilfe, berechnung der frist, erleichterung der beweislast, spanien, daten, klagegrund, mitgliedstaat

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
19. Juni 200
„EAGFL - Rechnungsabschluss - Haushaltsjahre 1996 und 1997 - Ausgleichsbeihilfe für Bananenerzeuger“
In der Rechtssache C-329/00
Königreich Spanien,
Luxemburg,
Kläger,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte im Beistand von J. Guerra Fernández, abogado, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/449/EG der Kommission vom 5. Juli 2000 über den
Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zu Lasten des Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, getätigter Ausgaben von der
gemeinschaftlichen Finanzierung (ABl. L 180, S. 49), soweit diese Entscheidung für die vom Königreich
Spanien bei der Ausgleichsbeihilfe für Bananenerzeuger in den Wirtschaftsjahren 1995 und 1996
gemeldeten Ausgaben eine finanzielle Berichtigung vorsieht,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters D. A. O. Edward in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften
Kammer sowie der Richter A. La Pergola, P. Jann, S. von Bahr (Berichterstatter) und A. Rosas,
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Oktober 2002
folgendes
Urteil
1.
Das Königreich Spanien hat mit Klageschrift, die am 8. September 2000 bei der Kanzlei des
Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 230 Absatz 1 EG die Nichtigerklärung der Entscheidung
2000/449/EG der Kommission vom 5. Juli 2000 über den Ausschluss bestimmter von den
Mitgliedstaaten zu Lasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft
(EAGFL), Abteilung Garantie, getätigter Ausgaben von der gemeinschaftlichen Finanzierung (ABl. L
180, S. 49; im Folgenden: angefochtene Entscheidung) beantragt, soweit diese Entscheidung für die
vom Königreich Spanien bei der Ausgleichsbeihilfe für Bananenerzeuger in den Wirtschaftsjahren 1995
und 1996 gemeldeten Ausgaben eine finanzielle Berichtigung vorsieht.
Rechtlicher Rahmen
2.
Die Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der
gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1287/95 des Rates
vom 22. Mai 1995 (ABl. L 125, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 729/70)
bestimmt in Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben b und c:
„Die Kommission, nach Anhörung des Fondsausschusses,
...
b) schließt vor dem 30. April des auf das betreffende Haushaltsjahr folgenden Jahres die
Rechnungen der zugelassenen Zahlstellen auf der Grundlage der Auskünfte gemäß Absatz 1
Buchstabe b) ab.
...
Die Rechnungsabschlussentscheidung ... greift späteren Entscheidungen gemäß Buchstabe c)
nicht vor;
c) bestimmt die Ausgaben, die von der in den Artikeln 2 und 3 genannten gemeinschaftlichen
Finanzierung auszuschließen sind, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit
den Gemeinschaftsvorschriften getätigt worden sind.
...
Die Kommission bemisst die auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung der
Tragweite der festgestellten Nichtübereinstimmung. Die Kommission trägt dabei der Art und Schwere
des Verstoßes sowie dem der Gemeinschaft entstandenen finanziellen Schaden Rechnung.
Die Ablehnung der Finanzierung kann sich nicht auf Ausgaben beziehen, die über vierundzwanzig
Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die
Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat. ...“
3.
Die Leitlinien der Kommission zur finanziellen Berichtigung sind im Dokument Nr. VI/5330/97 vom 23.
Dezember 1997 „Orientierungen betreffend die Berechnung des Abzuges bei der Vorbereitung des
EAGFL-Rechnungsabschlusses“ (im Folgenden: Dokument Nr. VI/5330/97) definiert. Wenn die bei der
Untersuchung erhaltenen Informationen nicht ausreichen, um die der Gemeinschaft entstandenen
Verluste zu ermitteln, kann auf eine pauschale Berichtigung zurückgegriffen werden. Die anwendbaren
Berichtigungssätze betragen 2 %, 5 % und 10 % je nach dem Umfang des Verlustrisikos. In
Ausnahmefällen können höhere Berichtigungen, die bis zum vollständigen Ausschluss der Ausgaben
von der gemeinschaftlichen Finanzierung gehen können, beschlossen werden.
4.
Die Gewährung von Beihilfen im Bananensektor ist insbesondere in der Verordnung (EWG) Nr.
404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABl. L
47, S. 1) und in der Verordnung (EWG) Nr. 1858/93 der Kommission vom 9. Juli 1993 mit
Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates hinsichtlich der
Beihilferegelung zum Ausgleich der Erlöseinbußen bei der Vermarktung von Bananen (ABl. L 170, S. 5)
in der durch die Verordnung (EG) Nr. 796/95 der Kommission vom 7. April 1995 (ABl. L 80, S. 17)
geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1858/93) geregelt.
5.
Nach der Verordnung Nr. 404/93 wird den Bananenerzeugern in der Gemeinschaft eine Beihilfe zum
Ausgleich möglicher Einkommensverluste infolge der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation
für Bananen gewährt.
6.
Artikel 12 Absätze 1, 3 bis 7 der Verordnung Nr. 404/93 sieht vor:
„(1) Den Erzeugern in der Gemeinschaft, die Mitglied einer anerkannten Erzeugerorganisation sind
und die den gemeinsamen Normen entsprechende Bananen auf dem Gemeinschaftsmarkt
vermarkten, wird zum Ausgleich etwaiger Erlöseinbußen eine Beihilfe gewährt. ...
...
(3) Die Ausgleichsbeihilfe wird berechnet anhand der Differenz zwischen
- dem .pauschalen Referenzerlös‘ für in der Gemeinschaft erzeugte und vermarktete Bananen und
- dem .durchschnittlichen Erlös aus der Bananenerzeugung‘, der auf dem Markt der Gemeinschaft in
dem betreffenden Jahr für in der Gemeinschaft erzeugte und vermarktete Bananen erzielt wurde.
(4) Der .pauschale Referenzerlös‘ errechnet sich aus
- dem Durchschnitt der Preise für Bananen, die während eines nach dem Verfahren des Artikel 27 zu
bestimmenden, vor dem 1. Januar 1993 liegenden Referenzzeitraums in der Gemeinschaft erzeugt und
vermarktet wurden,
- abzüglich der durchschnittlichen Transportkosten und der durchschnittlichen Kosten bis zur fob-
Stufe.
...
(5) Der .durchschnittliche Erlös aus der Bananenerzeugung‘ in der Gemeinschaft errechnet sich jedes
Jahr aus
- dem Durchschnitt der Preise für in dem betreffenden Jahr in der Gemeinschaft erzeugte und
vermarktete Bananen,
- abzüglich der durchschnittlichen Transportkosten und der durchschnittlichen Kosten bis zur fob-
Stufe.
(6) Die Ausgleichsbeihilfe wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 27 vor dem 1.
März eines jeden Jahres für das Vorjahr festgesetzt.
(7) Auf der Grundlage der jeweils im Vorjahr gewährten Ausgleichsbeihilfe können gegen Stellung
einer Sicherheit Vorschusszahlungen geleistet werden.“
7.
Artikel 4 Absätze 1, 3 und 5 der Verordnung Nr. 1858/93 bestimmt:
„(1) Anträge auf Vorschusszahlungen können nach dem in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Zeitplan
gestellt werden.
...
(3) Der Vorschuss wird nur bezahlt, wenn eine Sicherheit gestellt ist. Diese Sicherheit beläuft sich auf
50 % des Vorschusses.
...
(5) Die Sicherheit wird zu dem Zeitpunkt freigegeben, zu dem die endgültige Beihilfe durch die
zuständigen Behörden ausgezahlt wird.“
8.
Nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1858/93 ist der Antrag für die Zahlung des
Beihilfesaldos spätestens am 31. Januar nach dem Jahr, für das die Beihilfe beantragt wurde,
einzureichen. Der Saldo umfasst die Beihilfen für Bananen, die im November und Dezember des Jahres
vermarktet wurden, für das die Beihilfe beantragt wird, sowie gegebenenfalls die Berichtigung der für
die Bananen gewährten Beträge, die in den Monaten Januar bis Oktober dieses Jahres unter
Zugrundelegung der endgültigen Beihilfe vermarktet werden.
9.
Artikel 10 der Verordnung Nr. 1858/93 sieht vor:
„Nach Überprüfung der Beihilfeanträge und der Belege zahlen die zuständigen einzelstaatlichen
Behörden innerhalb von zwei Monaten nach dem Monat der Einreichung des Antrags den Vorschuss
bzw. die endgültige Beihilfe aus.“
10.
Gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 404/93 wurden Qualitätsnormen für Bananen erlassen. Sie
finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 2257/94 der Kommission vom 16. September 1994 zur
Festsetzung von Qualitätsnormen für Bananen (ABl. L 245, S. 6).
Sachverhalt und Vorverfahren
11.
Anlässlich eines im Januar 1997 durchgeführten Kontrollbesuchs stellten die Dienststellen der
Kommission fest, dass in den Jahren 1995 und 1996 erhebliche Bananenmengen, die bei der
Berechnung der Ausgleichsbeihilfe berücksichtigt wurden, auf dem örtlichen Markt der Kanarischen
Inseln zu äußerst niedrigen Preisen, die unter 10 ESP pro Kilo lagen und sogar bis auf 1 ESP pro Kilo
sinken konnten, verkauft worden waren. Nach Ansicht der mit dem Kontrollbesuch betrauten
Kontrolleure war es möglich, dass diese Bananen nicht wirklich vermarktet worden waren oder dass
sie die für die Gewährung der Beihilfe vorgeschriebenen Mindestqualitätsvoraussetzungen nicht
erfüllten, d. h. die in der Verordnung Nr. 2257/94 festgelegten Qualitätsnormen, und hätten die
spanischen Behörden in Anbetracht der Preisangaben zusätzliche Qualitätskontrollen durchführen
müssen.
12.
Für die 1995 vermarkteten Bananen erhielten die Erzeuger im Laufe des Jahres Vorschusszahlungen
im Hinblick auf die Gewährung einer Ausgleichsbeihilfe. Im folgenden Jahr, 1996, wurde der endgültige
Betrag der Beihilfe festgesetzt und der Saldo ausgezahlt.
13.
Mit Schreiben vom 8. Juli 1997 teilte die Kommission dem Königreich Spanien die Feststellungen
ihrer Dienststellen bei deren Kontrollbesuch und ihre Zweifel daran mit, dass die in den Jahren 1995
und 1996 durchgeführten Verkäufe den durch die Gemeinschaftsregelung vorgeschriebenen
Voraussetzungen entsprochen hätten.
14.
Im November 1997 führten die Dienststellen der Kommission einen weiteren Kontrollbesuch durch.
15.
Bei einer bilateralen Besprechung am 31. März 1998 erklärte die Kommission sich gegenüber den
Behörden der Comunidad Autónoma der Kanarischen Inseln damit einverstanden, dass diese
diejenigen Unternehmen einer Wirtschaftsprüfung unterzogen, von denen angenommen wurde, dass
sie im Wirtschaftsjahr 1996 Bananen zu einem ermäßigten Preis gekauft hatten. Die Kontrollen wurden
im Mai 1998 bei einer Reihe der Unternehmen durchgeführt, die in den Monaten Juli und August 1996
Bananen bei den Erzeugern gekauft hatten. Aus dem der Kommission am 2. Juli 1998 übermittelten
Prüfungsbericht ergab sich kein einziger Posten, der von diesen Zwischenhändlern an die
Einzelhändler unter 10 ESP pro Kilo vermarktet worden wäre.
16.
Die Dienststellen der Kommission sahen durch diesen Bericht ihre Untersuchungen bestätigt.
17.
Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 schlug die Kommission eine finanzielle Berichtigung vor, der die
Differenz zwischen der an die spanischen Erzeuger ausbezahlten Ausgleichsbeihilfe und dem Betrag
zugrunde lag, der ihnen ausbezahlt worden wäre, wenn die zu äußerst niedrigen Preisen verkauften
Bananenmengen und entsprechenden Preise ganz oder teilweise von der Berechnung der
durchschnittlichen gemeinschaftlichen Hilfe ausgeschlossen worden wären.
18.
Mit Schreiben vom 4. August 1999 beantragten die spanischen Behörden die Eröffnung des
Schlichtungsverfahrens.
19.
Die Schlichtungsstelle gab ihren Abschlussbericht am 4. Februar 2000 ab. Sie führt darin aus, dass
es äußerst schwierig sei, den Streit zwischen den Parteien zu schlichten, da ihre Positionen eher auf
Schlussfolgerungen als auf erwiesenen Fakten beruhten. Nach den der Schlichtungsstelle bekannten
Tatsachen lasse sich nicht ausschließen, dass die Qualität der fraglichen Bananen unter den
gemeinsamen Normen gelegen habe; aber es sei wenig wahrscheinlich, dass der Qualitätsmangel die
gesamte betroffene Menge erfasst habe. Es sei auch möglich, dass hinsichtlich der tatsächlich
verkauften Mengen Betrug vorliege, jedoch sei der Schlichtungsstelle insoweit kein konkreter Beweis
vorgelegt worden.
20.
Die Argumentation der spanischen Behörden war deshalb nach Ansicht der Schlichtungsstelle
ebenso plausibel. Insbesondere sei es möglich, dass - im Übrigen beschränkte - Mengen den
gemeinsamen Normen entsprechender Bananen unter dem Selbstkostenpreis verkauft worden seien,
da ihr Verkauf es den Erzeugern erlaube, die Ausgleichsbeihilfe zu erhalten, die sie sonst verloren
hätten. Eine derartige Praxis sei nicht verboten.
21.
Die Schlichtungsstelle kam zu dem Schluss, dass es ihr nicht gelungen sei, eine Annäherung
zwischen den Standpunkten der beiden Parteien zu erreichen. Sie forderte die Kommission jedoch auf,
die Grundlagen ihres Vorschlags für eine finanzielle Berichtigung im Licht ihrer Ausführungen zu
überprüfen.
22.
Am 15. Mai 2000 gab die Kommission ihren zusammenfassenden Bericht ab. Sie stellte fest, dass es
den spanischen Behörden nicht gelungen sei zu beweisen, dass die 1995 und 1996 zu äußerst
niedrigen Preisen getätigten Verkäufe tatsächlich ausgeführt worden seien oder dass sie die
vorgeschriebenen gemeinsamen Qualitätsnormen erfüllten. Die Kommission schlug eine finanzielle
Berichtigung in Höhe von 100 % der denjenigen Bananen entsprechenden Ausgleichsbeihilfe vor, die
für weniger als 5 ESP pro Kilo vermarktet worden waren, und in Höhe von 25 % der denjenigen
Bananen entsprechenden Ausgleichsbeihilfe, die für zwischen 5 und 10 ESP pro Kilo vermarktet
worden waren. Diese Berichtigung enthalte außerdem die Neuberechnung des Ausgleichsbetrags
nach Abzug für die betreffende Ware, um den durchschnittlichen Preis ab Lager zu bestimmen und zu
verhindern, dass die angeblich durchgeführten Verkäufe Auswirkungen auf den Endbetrag der
Ausgleichsbeihilfe hätten. Der Gesamtbetrag der Berichtigung belief sich auf 428 882 534 ESP.
23.
Am 5. Juli 2000 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, in der die im
zusammenfassenden Bericht genannte finanzielle Berichtigung festgesetzt wurde.
Zum ersten Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung der Berichtigung auf die 1995
vorgenommenen Zahlungen
24.
Die spanische Regierung vertritt die Auffassung, die angefochtene Entscheidung erstrecke sich zu
Unrecht auf die zwischen dem 1. Januar und dem 15. Oktober 1995 als Ausgleichsbeihilfe gezahlten
Beträge, da diese bereits durch die Entscheidung 1999/187/EG der Kommission vom 3. Februar 1999
über den Rechnungsabschluss der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 1995 finanzierten
Ausgaben (ABl. L 61, S. 37) rechnerisch abgeschlossen gewesen seien. Die angefochtene
Entscheidung verstoße daher gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und gegen den
Grundsatz der Rechtssicherheit.
25.
Die spanische Regierung weist das Vorbringen der Kommission zurück, wonach die 1995 gezahlten
Beträge als Vorschusszahlungen anzusehen seien, die nicht durch die Entscheidung 1999/187
rechnerisch abgeschlossen werden könnten. Die Prämisse, auf die die Kommission sich stütze, dass
nämlich die Ausgleichsbeihilfe nicht als endgültig bezogen angesehen werden könne, bevor der
Restbetrag der Beihilfe gezahlt worden sei, und dass kein vor der Zahlung des Saldos der Beihilfe
ausgezahlter Betrag Gegenstand eines Rechnungsabschlusses sein könne, sei falsch.
26.
Die spanische Regierung ist der Auffassung, anders als bei der für Beihilfen zur Entwicklung des
ländlichen Raumes geltenden Regelung, die eine Sonderregelung darstelle, wie insbesondere aus
Artikel 7 Absatz 4 Unterabsatz 5 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17.
Mai 1999 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 103) hervorgehe, seien
die verschiedenen bis zur endgültigen Zahlung im Rahmen der Ausgleichsbeihilfe im Bananensektor
vorgenommenen Zahlungen keine Vorauszahlungen und könnten rechnerisch abgeschlossen werden.
27.
Die spanische Regierung weist auch die Argumente zurück, mit denen die Kommission - gestützt auf
die zwölfte und die letzte Begründungserwägung der Entscheidung 1999/187 - behauptet, die
Rechnungsabschlussentscheidung in bestimmten Punkten ändern zu können.
28.
Was die zwölfte Begründungserwägung der Entscheidung 1999/187 angeht, stellt die spanische
Regierung fest, dass diese auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 verweise,
aufgrund dessen die Kommission innerhalb einer bestimmten Frist getätigte Ausgaben mit der
Begründung von der Gemeinschaftsfinanzierung ausschließen könne, dass sie gegen die
gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften verstießen. Da diese Vorschrift jedoch auf einer in die
Verordnung Nr. 729/70 durch die Verordnung Nr. 1287/95 eingeführten Änderung beruhe, die erst
vom Haushaltsjahr 1996 an in Kraft getreten sei, gelte sie nicht für die im Haushaltsjahr 1995
vorgenommenen Zahlungen.
29.
Selbst wenn die Verordnung Nr. 1287/95 im vorliegenden Fall anwendbar wäre, könnten auf jeden
Fall nur die Ausgaben nach dem 8. Juli 1995 berücksichtigt werden, d. h. diejenigen, die weniger als
24 Monate vor dem Schreiben vom 8. Juli 1997 getätigt worden seien, das die erste schriftliche
Mitteilung der Kommission an das Königreich Spanien über das Ergebnis ihrer Überprüfungen
darstelle. Zu diesem Zeitpunkt sei der größte Teil der Ausgaben des Haushaltsjahres 1995 aber
bereits getätigt gewesen. Daraus folge, dass das Verfahren der finanziellen Berichtigung verjährt sei,
soweit es sich auf die Mehrzahl der 1995 getätigten Ausgaben beziehe.
30.
Zur letzten Begründungserwägung der Entscheidung 1999/187, nach der diese Entscheidung
„etwaigen finanziellen Folgen nicht vor[greift], die bei einem späteren Rechnungsabschluss durch die
Kommission zu ziehen sind im Zusammenhang mit zum Zeitpunkt dieser Entscheidung laufenden
Untersuchungen“, d. h. am 3. Februar 1999, trägt die spanische Regierung vor, niemand bestreite,
dass die die Haushaltsjahre 1996 und 1997 betreffenden Untersuchungen zu diesem Zeitpunkt nicht
abgeschlossen gewesen seien. Diese Untersuchungen hätten jedoch keineswegs die Ausgaben des
Haushaltsjahres 1995 betroffen, die rechnerisch abgeschlossen und gebilligt gewesen seien.
31.
Die Kommission macht erstens geltend, da die Beihilfe endgültig im Jahr 1996 gezahlt worden sei,
würden die 1995 getätigten Vorauszahlungen durch die das Haushaltsjahr 1995 betreffende
Entscheidung 1999/187 nicht rechnerisch abgeschlossen.
32.
Um die Berechtigung eines Beihilfeanspruchs aufgrund der Verordnung Nr. 1858/93 prüfen zu
können, müsse die Kommission über alle Daten verfügen, die den geprüften, dem Wirtschaftsjahr
entsprechenden jährlichen Bezugszeitraum beträfen, der vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des
betreffenden Jahres laufe. Erst wenn die Kommission am Ende des Jahres im Besitz dieser Daten sei,
prüfe sie, ob die die Zahlung der Beihilfe rechtfertigenden Umstände tatsächlich vorlägen, ob also die
Einnahmen aus der Erzeugung niedriger als die Referenzeinnahmen seien, und lege den
Beihilfebetrag fest. Erst in diesem Zeitpunkt sei es möglich, den Saldo zu begleichen und die
Sicherheiten freizugeben. Die vor der Festsetzung der Beihilfe ausgezahlten Beträge seien lediglich als
vorläufige Anzahlungen anzusehen, die einer späteren Überprüfung unterlägen und daher nicht
rechnerisch abgeschlossen werden könnten.
33.
Zweitens weist die Kommission das auf die Auslegung des Artikels 7 Absatz 4 Unterabsatz 5
Buchstabe b der Verordnung Nr. 1258/1999 gestützte Vorbringen der spanischen Regierung mit der
Begründung zurück, dass zum einen diese Verordnung erst auf die ab 1. Januar 2000 getätigten
Ausgaben anwendbar sei und es daher nicht möglich sei, daraus eine Auslegung herzuleiten, die auf
den vorliegenden Fall übertragen werden könne, und dass zum anderen die von der spanischen
Regierung herangezogene Vorschrift einen anderen Sektor, nämlich den der Beihilfen zur Entwicklung
des ländlichen Raumes, betreffe.
34.
Drittens weist die Kommission die Behauptung der spanischen Regierung zurück, dass die
finanzielle Berichtigung aufgrund von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 auf
jeden Fall nicht auf die vor dem 8. Juli 1995 getätigten Ausgaben angewendet werden könne, die den
wesentlichen Teil der im Jahr 1995 im Rahmen der Ausgleichsbeihilfe getätigten Ausgaben darstellten.
Zwar seien die Vorauszahlungen 1995 erfolgt, die Beihilfe im eigentlichen Sinne sei aber erst 1996
ausgezahlt worden. Die Wiedereinziehung dieser Beihilfe sei folglich nicht verjährt.
35.
Schließlich vertritt die Kommission viertens entgegen dem Vorbringen der spanischen Regierung die
Auffassung, da ihre Untersuchung über die streitige Ausgleichsbeihilfe am 3. Februar 1999, als die
Entscheidung 1999/187 erlassen worden sei, eindeutig noch nicht abgeschlossen gewesen sei, sei es
auch nur deshalb, weil sie das endgültige Resultat dieser Untersuchung den spanischen Behörden
noch nicht mitgeteilt habe, hindere sie diese Entscheidung aufgrund der letzten
Begründungserwägung nicht daran, diese Beihilfe in Frage zu stellen, und zwar einschließlich der 1995
ausgezahlten Beträge.
36.
Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70, der im Übrigen in der zwölften
Begründungserwägung der Entscheidung 1999/187 genannt wird, kann die Kommission Ausgaben, die
den gemeinschaftlichen Vorschriften nicht entsprechen und die in den 24 Monaten vor dem Zeitpunkt
getätigt wurden, in dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer
Überprüfung schriftlich mitgeteilt hat, von der gemeinschaftlichen Finanzierung ausschließen.
37.
Diese Regelung, durch die der Gesetzgeber ein einer Frist von 24 Monaten unterliegendes
Berichtigungsverfahren eingeführt hat, ist in die Verordnung Nr. 729/70 durch die Verordnung Nr.
1287/95 eingefügt worden.
38.
Der Gerichtshof hat entschieden, dass dieses Berichtigungsverfahren für die nach dem 16. Oktober
1992 liegenden Haushaltsjahre gelten soll, für die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1287/95
noch keine Rechnungsabschlussentscheidung getroffen worden ist (siehe Urteil vom 6. Dezember
2001 in der Rechtssache C-373/99, Griechenland/Kommission, Slg. 2001, I-9619, Randnr. 80). Da es
sich im vorliegenden Fall bei dem betreffenden Haushaltsjahr um 1995 handelt und die Entscheidung
über den Rechnungsabschluss für dieses Haushaltsjahr, d. h. die Entscheidung 1999/187, am 3.
Februar 1999 erlassen worden ist, d. h. nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1287/95, sollte
das Berichtigungsverfahren entgegen dem Vorbringen der spanischen Regierung folglich für dieses
Haushaltsjahr gelten.
39.
Die spanische Regierung vertritt jedoch die Auffassung, auch wenn das Berichtigungsverfahren für
das Haushaltsjahr 1995 habe gelten sollen, ergebe sich aus der Frist von 24 Monaten, die in diesem
Verfahren vorgesehen sei, dass die Berichtigung im vorliegenden Fall nicht für alle im Laufe dieses
Haushaltsjahres gezahlten Beträge habe gelten können.
40.
Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung die Frist von
24 Monaten gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 beachtet hat.
41.
Dabei stimmen die Parteien darin überein, dass die schriftliche Mitteilung der Kommission vom 8. Juli
1997 datiert und dass dieses Datum bei der Berechnung der Frist von 24 Monaten gemäß Artikel 5
Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 zugrunde zu legen ist. Die Kommission konnte daher
das Berichtigungsverfahren gegebenenfalls auf die vom Königreich Spanien ab dem 8. Juli 1995
getätigten Ausgaben anwenden.
42.
Auch bestreitet die spanische Regierung nicht, dass der endgültige Betrag der Ausgleichsbeihilfe
für im Jahr 1995 vermarktete Bananen 1996 festgesetzt und der Saldo in diesem Jahr ausgezahlt
wurde.
43.
Es ist aber davon auszugehen, dass dieses Datum für die Anwendung des Artikels 5 Absatz 2
Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 ausschlaggebend ist. Selbst wenn die im Laufe des
vorangehenden Jahres gezahlten Beträge in der Rechnungsabschlussentscheidung erscheinen
können, stellen sie, wie die Kommission zu Recht geltend macht, doch nur von der Stellung einer
Sicherheit abhängige vorläufige Zahlungen dar und sind daher für die Bestimmung des Zeitpunkts, in
dem die Beihilfeausgabe getätigt wird, für die Anwendung der Frist von 24 Monaten unerheblich.
44.
Es ist festzustellen, dass die Beihilfeausgabe 1996 getätigt wurde, d. h. innerhalb des Zeitraums
von 24 Monaten, der der schriftlichen Mitteilung der Kommission vom 8. Juli 1997 vorausgeht.
45.
Mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission, was die Berichtigung der
1996 im Rahmen des Wirtschaftsjahres 1995 festgesetzten Beihilfe angeht, folglich nicht gegen die
Regelung über die Frist von 24 Monaten in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70
verstoßen.
46.
Nach alledem ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung dadurch, dass sie eine 1996
getätigte Beihilfeausgabe, die 1995 vermarktete Bananen betrifft, berichtigt, nicht gegen die
Grundsätze der Rechtssicherheit und der Wahrung des Vertrauensschutzes zum Nachteil des
Königreichs Spanien verstoßen hat.
47.
Der erste Klagegrund der spanischen Regierung, der auf eine fehlerhafte Anwendung der
angefochtenen Entscheidung auf im Haushaltsjahr 1995 getätigte Zahlungen gestützt ist, ist daher
als nicht stichhaltig zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verwendung fehlerhafter Daten und Auslegungsfehler
48.
Die spanische Regierung macht an erster Stelle geltend, die Kommission habe zu Unrecht die Daten
über die Vermarktung während der Haushaltsjahre 1996 und 1997 verwendet und sie auf die
Wirtschaftsjahre 1995 und 1996 angewandt, die den Kalenderjahren entsprächen und zeitlich nicht
mit den gewählten Haushaltsjahren zusammenfielen.
49.
Die Kommission entgegnet, sie habe die Daten verwendet, die ihr die spanischen Behörden
mitgeteilt hätten, und macht geltend, sie habe diesen mehrere Male vorgeschlagen, ihr andere,
präzisere Daten zu liefern, wobei sie darauf hingewiesen habe, dass sie bereit sei, die Berechnungen
neu vorzunehmen.
50.
An zweiter Stelle weist die spanische Regierung die Schlussfolgerungen der Kommission zurück, die,
gestützt auf die Feststellung äußerst niedriger Verkaufspreise, die Auffassung vertritt, dass die
Kontrollen der nationalen Behörden sich auf administrative Kontrollen beschränkt hätten und dass ein
reales Risiko bestehe, dass die Rechnungen für nicht tatsächlich vermarktete Bananen oder für
Bananen von unter den gemeinsamen Normen liegender Qualität ausgestellt worden seien.
51.
Erstens trägt die spanische Regierung vor, die „reduzierten Preise“ beträfen nur ganz
unbedeutende Mengen. So machten für das Haushaltsjahr 1995 die zu einem Preis von weniger als 5
ESP pro Kilo verkauften Bananen und die zu einem Preis zwischen 5 und 10 ESP verkauften Bananen
0,48 % bzw. 0,4 % des Gesamtvolumens der Bananen aus, für die die Ausgleichsbeihilfe in diesem
Haushaltsjahr beantragt worden sei. Im Haushaltsjahr 1996 machten sie 0,9 % bzw. 0,5 % des
Gesamtvolumens der Bananen aus, für die die Ausgleichsbeihilfe in diesem Haushaltsjahr beantragt
worden sei.
52.
Zweitens werde die Einhaltung der gemeinsamen Qualitätsnormen durch die Durchführung der
Kontrollen sichergestellt, die in der Verordnung (EG) Nr. 2898/95 der Kommission vom 15. Dezember
1995 mit Durchführungsbestimmungen zu den Qualitätskontrollen für Bananen (ABl. L 304, S. 17)
vorgesehen seien. Andere Kontrollen seien anlässlich von Konjunkturproblemen, von Anzeigen oder
von Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten durchgeführt worden. Außerdem gebe es ein „automatisches
Alarmsystem“, das spezifische Kontrollen vorsehe, sobald sich aus von den Dienststellen der
autonomen Verwaltung erstellten Berichten ergebe, dass die Preise einen bestimmten Schwellenwert
unterschritten.
53.
Abgesehen von diesen Kontrollen hätten die Intervención General de la Administración del Estado
(Innenrevision des Staates) und der Servicio de Inspección Financiera de la Comunidad Autónoma de
Canarias (Finanzinspektionsdienst der autonomen Region Kanarische Inseln) nachträgliche Kontrollen
bei den Empfängern der Ausgleichsbeihilfe durchgeführt. Durch diese Kontrollen habe sich feststellen
lassen, dass die Geschäfte zur Vermarktung von Bananen zu reduzierten Preisen tatsächlich
durchgeführt worden seien und dass die verkauften Bananen den gemeinsamen Qualitätsnormen
entsprochen hätten.
54.
Drittens verweist die spanische Regierung auf die Bemerkung der Schlichtungsstelle, wonach es
wenig wahrscheinlich sei, dass Bananen von einer unter den gemeinsamen Normen liegenden Qualität
in einer Situation zum Verkauf gelangt seien, in der ein Angebotsüberschuss herrsche. Unter
derartigen Voraussetzungen zögen die Käufer es nämlich vor, Bananen zu kaufen, die etwas teurer
seien, aber ihrer Qualität nach diesen Normen entsprächen.
55.
Viertens lasse sich die geringe Höhe der Preise auf dem insularen Markt durch verschiedene
konjunkturelle Gründe erklären, wie z. B. den Angebotsüberschuss auf dem kontinentalen Markt, den
Umstand, dass andere Ersatzfrüchte, die zu geringeren Preisen angeboten worden seien, auf den
Markt gelangt seien, sowie bestimmte klimatische Faktoren. Die erheblichen Preisschwankungen im
Laufe des Jahres würden durch die Listen der durchschnittlichen Großhandelspreise auf dem
kanarischen Markt belegt, die der Schlichtungsstelle vorgelegt und den Erklärungen vor dem
Gerichtshof beigefügt worden seien.
56.
Fünftens trägt die spanische Regierung vor, nach Auffassung der Schlichtungsstelle sei es
durchaus möglich, dass beschränkte Mengen den gemeinsamen Normen entsprechender Bananen zu
Preisen unter dem Selbstkostenpreis verkauft worden seien, soweit ihr Verkauf es den Erzeugern
erlaube, die Ausgleichsbeihilfe zu erhalten, die sie sonst nicht hätten erhalten können.
57.
Schließlich macht die spanische Regierung sechstens geltend, die nach dem Dokument Nr.
VI/5330/97 vorgeschriebenen Kriterien für die Vornahme einer pauschalen Berichtigung seien im
vorliegenden Fall keineswegs erfüllt.
58.
Die Notwendigkeit einer finanziellen Berichtigung ergibt sich nach Ansicht der Kommission aus den
Schlussfolgerungen, zu denen ihre Dienststellen aufgrund der Überprüfung einer zufällig
ausgewählten Stichprobe von 100 Zahlungsvorgängen gelangt seien. Einige der festgestellten Preise
unter 5 ESP oder zwischen 5 und 10 ESP habe man als „symbolisch“ bezeichnen können. Im Vergleich
dazu habe sich der jährliche mittlere Vermarktungspreis für Bananen auf 16 ESP je Kilo im Jahr 1995
und auf 22,7 ESP je Kilo im Jahr 1996 belaufen; wöchentlich habe das niedrigste Mittel im Jahr 1995 bei
10 ESP je Kilo und im Jahr 1996 bei 18 ESP je Kilo gelegen, auch wenn in der 14. Woche des Jahres
1996 der Preis auf 9,47 ESP je Kilo gefallen sei.
59.
Die Erklärungen der kanarischen Behörden hätten gezeigt, dass die Überprüfung der
Verkaufsvorgänge über ein rein administratives und oberflächliches Niveau nicht hinausgegangen sei.
Außerdem ergebe sich aus den geprüften Vorgängen, dass die Kontrollkapazitäten, über die die
regionale Landwirtschaftsverwaltung verfügt habe, wenig eingesetzt worden seien. Was das
„automatische Alarmsystem“ anbelange, so sei dieses erst 1997 in Kraft getreten, während die den
Gegenstand des Rechnungsabschlusses bildenden Wirtschaftsjahre, nämlich die Jahre 1995 und
1996, bereits abgelaufen gewesen seien.
60.
In Anbetracht dieser Umstände sei die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die symbolischen
Preise fiktiven Verkäufen entsprochen hätten oder Verkäufen von Produkten, die die gemeinsamen
Normen nicht erfüllt hätten, wobei sie akzeptiere, dass hinsichtlich der zwischen 5 und 10 ESP je Kilo
vermarkteten Menge vernünftige Zweifel bestehen könnten.
61.
Die Kommission habe sich bei einem bilateralen Treffen damit einverstanden erklärt, dass die
kanarischen Behörden eine Rechnungsprüfung mit dem Ziel durchführten, die Bananenankäufe von
Zwischenhändlern mit den später von diesen durchgeführten Verkäufen dieser Bananen zu
vergleichen. Aus dem auf diese Rechnungsprüfung hin erstellten Bericht, der mit den Monaten Juli bis
August 1996 auf einen Zeitraum bezogen gewesen sei, in dem die Preise sogar tendenziell
zurückgegangen seien, habe sich ergeben, dass sich die Preise für Bananen zweiter Wahl, mit
anderen Worten von minderer Qualität, in einer Bandbreite zwischen 10 und 50 ESP gehalten hätten.
Deshalb habe der Bericht nicht beweisen können, dass in Wirklichkeit Preise von unter 10 ESP
vorgekommen seien. Auch die später von Spanien mitgeteilten Erläuterungen zu diesem Bericht
hätten keinen Beweis dafür erbracht, dass es derartige Verkäufe tatsächlich gegeben habe.
62.
Weder der Angebotsüberschuss noch das Vorhandensein von Ersatzprodukten auf dem Markt,
noch klimatische Faktoren erklärten, dass derart niedrige Preise auf dem Markt angewendet worden
seien.
63.
Die Kommission räumt ein, dass bestimmte Erzeuger möglicherweise ihre Produktion zu jedem
beliebigen Preis hätten verkaufen wollen, um eine Ausgleichsbeihilfe zu erhalten. Sie fügt jedoch
hinzu, dass ein solcher Verkauf auf jeden Fall real sein und Bananen von kontrollierter Qualität
betreffen müsse. Bei den Preisen, die festgestellt worden seien, erscheine es ihr aber nicht möglich,
dass diese beiden Bedingungen erfüllt seien.
64.
Die Kommission macht geltend, dass ihre Argumente in keiner Weise durch die Preislisten widerlegt
würden, die die spanische Regierung vorgelegt habe. Diese Listen zeigten zwar bedeutende
Preisschwankungen bei den Bananen der Kanaren, erklärten aber dadurch nicht die von den
Dienststellen der Kommission festgestellten außergewöhnlich niedrigen Preise. Im Übrigen bezögen
sich diese Listen auf Großhandelspreise, während die angeordnete Berichtigung ausgehend von den
Verkaufspreisen zwischen Erzeugern und Großhändlern berechnet sei.
65.
Die Hinweise der spanischen Regierung auf bestimmte im Dokument Nr. VI/5330/97 enthaltene
Kriterien seien nicht relevant, da sie sich auf Pauschalberichtigungen bezögen. Die Kommission habe
aber im vorliegenden Fall keine solchen Berichtigungen vorgenommen, da sie in der Lage gewesen
sei, den tatsächlich entstandenen Schaden zu veranschlagen.
66.
Was die angebliche Verwendung von unzutreffenden Daten angeht, ist festzustellen, dass die
Kommission die spanischen Behörden aufgefordert hat, ihr Angaben über die Jahre 1995 und 1996
vorzulegen. Nachdem sie Angaben über die Haushaltsjahre 1995 und 1996, die vom Monat Oktober
jedes Jahres bis zum Monat September des Folgejahres laufen, und nicht über die Wirtschaftsjahre,
die den Kalenderjahren entsprechen, erhalten hatte, forderte sie die spanischen Behörden wiederholt
auf, die mitgeteilten Angaben zu berichtigen. Diese haben jedoch keine Berichtigung übermittelt.
67.
Die Kommission hat daher keinen Fehler begangen, als sie die Angaben für die Jahre 1995 und
1996 angefordert und anschließend die einzigen Daten verwendet hat, die die spanischen Behörden
ihr vorgelegt und die sie nicht berichtigt hatten, auch nachdem sie von der Kommission dazu
aufgefordert worden waren.
68.
Was den angeblichen Fehler der Kommission bei der Auslegung der Ergebnisse ihrer Prüfungen
angeht, so hat die Kommission zum Nachweis eines Verstoßes gegen die Regeln der gemeinsamen
Organisation der Agrarmärkte die Unzulänglichkeit der von den nationalen Verwaltungen
durchgeführten Kontrollen oder die Unrichtigkeit der von diesen mitgeteilten Zahlen nicht umfassend
darzulegen, sondern sie braucht nur glaubhaft zu machen, dass an diesen Kontrollen oder diesen
Zahlen bei ihr ernsthafte und berechtigte Zweifel bestehen. Diese Erleichterung der Beweislast der
Kommission beruht darauf, dass der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den
Rechnungsabschluss des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen, so dass es
ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Kontrollen und seiner Zahlen eingehend und vollständig
nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun
(siehe u. a. Urteil vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C-247/98, Griechenland/Kommission, Slg.
2001, I-1, Randnrn. 7 bis 9).
69.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass bei der Kommission in Anbetracht der anomal
niedrigen Preise, die sie auf dem kanarischen Markt festgestellt hatte, ernsthafte Zweifel an der
Wirksamkeit der eingerichteten Kontrollen sowie daran bestehen konnten, dass die angeblich
durchgeführten Verkäufe tatsächlich erfolgt waren oder dass die verkauften Bananen den
gemeinsamen Qualitätsnormen entsprachen.
70.
Es war daher Sache der spanischen Regierung, den detailliertesten und vollständigsten Beweis
dafür zu erbringen, dass die angeblich durchgeführten Verkäufe tatsächlich stattgefunden hatten und
dass die abgesetzten Erzeugnisse den gemeinsamen Qualitätsnormen entsprachen. Sie hatte
insbesondere nachzuweisen, dass eventuelle Unregelmäßigkeiten mit dem geltenden Kontrollsystem
aufgedeckt worden wären.
71.
In diesem Zusammenhang hat die spanische Regierung Informationen vorgelegt, die sich zum einen
auf das bestehende Kontrollsystem und zum anderen auf die tatsächliche Durchführung der Verkäufe
sowie darauf beziehen, dass die verkauften Bananen den gemeinsamen Qualitätsnormen
entsprachen.
72.
Es ist zu prüfen, ob diese Informationen ausreichende Beweise darstellen.
73.
Was die Kontrollen angeht, ergibt sich erstens aus den Erklärungen der spanischen Regierung,
dass das „automatische Alarmsystem“ erst 1997 in Kraft getreten ist. Dieses System ist folglich für die
Prüfung, ob die die Jahre 1995 und 1996 betreffenden Kontrollen angemessen waren, unerheblich.
Zweitens gab es zwar ein allgemeines Kontrollsystem, aus diesen Erklärungen geht aber nicht hervor,
dass spezifische Kontrollen generell vorgesehen waren, wenn auf dem Markt anomal niedrige Preise
festgestellt wurden, noch dass derartige Kontrollen im vorliegenden Fall stattgefunden haben. Daraus
folgt, dass die Kommission zu Recht annehmen durfte, dass die durchgeführten Kontrollen
unzureichend waren.
74.
Zu den vorgelegten Angaben über die streitigen Verkäufe trägt die spanische Regierung vor, die
wöchentlichen Preislisten für die Jahre 1995 und 1996 belegten erhebliche Preisschwankungen auf
dem Bananenmarkt. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Listen zwar in der Tat erhebliche
Preisschwankungen zeigen, sie beweisen aber nicht, dass die streitigen Verkäufe tatsächlich
durchgeführt worden sind. Darüber hinaus beziehen sie sich auf die von den Großhändlern
angewendeten und nicht auf die von den Erzeugern angewendeten Preise. Die Beihilfe wird aber den
Erzeugern nach Maßgabe ihrer Verkaufspreise und nicht auf der Grundlage der von den Großhändlern
in Rechnung gestellten Preise gewährt. Diese Listen stellen daher auf jeden Fall kein entscheidendes
Beweismittel dar.
75.
Die spanische Regierung stützt sich auch auf die Ergebnisse der internen Rechnungsprüfung für
die Monate Juli und August 1996. Da nach dieser Rechnungsprüfung die Preise sämtlich über 10 ESP
lagen, sind durch sie die anfänglichen Zweifel der Kommission aber verstärkt worden. Im Übrigen ist
es der spanischen Regierung nicht gelungen, konkret nachzuweisen, dass die Verkäufe, die
Gegenstand der Rechnungsprüfung waren, zu unter 10 ESP liegenden Preisen durchgeführt worden
sind.
76.
Auch die Anmerkungen der Schlichtungsstelle, auf die die spanische Regierung Bezug nimmt,
stellen keine Beweismittel dar, sondern lediglich mögliche Erklärungen für die auf dem Markt
festgestellten anomal niedrigen Preise.
77.
Somit ergibt sich, dass die spanische Regierung handfeste Beweise weder für die tatsächliche
Durchführung von Verkäufen zu anomal niedrigen Preisen noch für die Übereinstimmung der bei
diesen Verkäufen vermarkteten Bananen mit den gemeinsamen Qualitätsnormen vorgelegt hat. Unter
diesen Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als
sie ihre ursprüngliche Schlussfolgerung, dass es nicht wahrscheinlich sei, dass die streitigen Verkäufe
im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung durchgeführt worden seien, und dass es
notwendig sei, eine finanzielle Berichtigung anzuwenden, aufrechterhielt.
78.
Was die Höhe der vorgenommenen Berichtigung und insbesondere den von der spanischen
Regierung an die Kommission gerichteten Vorwurf angeht, die für pauschale Berichtigungen
geltenden Kriterien nicht beachtet zu haben, genügt die Feststellung, dass die im vorliegenden Fall
vorgenommene Berichtigung, wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, nicht pauschaler Art ist,
sondern auf einer Veranschlagung des vom EAGFL erlittenen Verlusts beruht. Die im Dokument Nr.
VI/5330/97 vorgesehenen Kriterien für die pauschale Berichtigung waren folglich nicht einschlägig.
79.
Der auf die Verwendung fehlerhafter Daten und einen Auslegungsfehler gestützte zweite
Klagegrund ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.
Zum dritten Klagegrund: Begründungsmangel
80.
Die spanische Regierung macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei unzureichend
begründet. Die Kommission habe weder während des dem Erlass der angefochtenen Entscheidung
vorausgehenden Verfahrens noch in dieser Entscheidung die Gründe erläutert, aus denen die
Prozentsätze der von der gemeinschaftlichen Finanzierung ausgeschlossenen Bananen 100 % für die
zu einem Preis unter 5 ESP je Kilo vermarkteten Bananen und 25 % für die zu einem Preis zwischen 5
und 10 ESP je Kilo vermarkteten Bananen betragen hätten. Diese Entscheidung entbehre insoweit
jeder Begründung, was die spanische Regierung daran hindere, zu erfahren, wie die getroffene
Maßnahme gerechtfertigt werde.
81.
Die Kommission bestreitet das Vorbringen der spanischen Regierung. Sie weist darauf hin, dass die
Rechtsprechung keine ausführliche Begründung verlange, wenn der Mitgliedstaat an dem Verfahren
zur Ausarbeitung der Entscheidung unmittelbar beteiligt sei. Im vorliegenden Fall habe die spanische
Regierung seit dem 15. Juni 1999 und sogar schon vorher gewusst, dass der Grund für die
Berichtigung in dem außergewöhnlich niedrigen Niveau der Verkaufspreise liege.
82.
Außerdem hätten die spanischen Behörden zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens die Methode zur
Bestimmung der Prozentsätze der Berichtigung in Frage gestellt und deren Gründe immer verstanden.
83.
Nach ständiger Rechtsprechung ist in dem besonderen Zusammenhang der Ausarbeitung der
Entscheidungen über den Rechnungsabschluss die Begründung einer Entscheidung dann als
ausreichend anzusehen, wenn der Mitgliedstaat, der Adressat der Entscheidung ist, an dem
Verfahren ihrer Ausarbeitung unmittelbar beteiligt war und die Gründe kannte, aus denen die
Kommission meinte, den streitigen Betrag nicht zu Lasten des EAGFL übernehmen zu müssen (siehe
Urteil vom 22. November 2001 in der Rechtssache C-147/99, Italien/Kommission, Slg. 2001, I-8999,
Randnr. 57).
84.
In diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem von der Kommission verfolgten und in den
Randnummern 10 bis 22 dieses Urteils wiedergegebenen Verfahren, dass die spanischen Behörden
an dem Verfahren der Ausarbeitung der Entscheidung unmittelbar beteiligt waren und dass sie die
Zweifel der Kommission und die Gründe kannten, aus denen diese beabsichtigte, eine finanzielle
Berichtigung anzuwenden. Die Kommission hat daher die Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG
nicht verletzt, und der dritte Klagegrund der spanischen Regierung ist als nicht stichhaltig
zurückzuweisen.
85.
Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Kosten
86.
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien beantragt hat und
dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
Edward
La Pergola
Jann
von Bahr Rosas
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Juni 2003.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
M. Wathelet
Verfahrenssprache: Spanisch.