Urteil des EuGH vom 14.07.2005

EuGH: kommission, verordnung, wto, rat der europäischen union, rechtsmittelgrund, klage auf nichtigerklärung, world trade organization, niederlande, erlass, quote

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
14. Juli 2005()
„Rechtsmittel – Regelung über die Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete – Einfuhr von
Zucker und Zucker-Kakao-Mischungen – Verordnung (EG) Nr. 465/2000 – Schutzmaßnahmen – Artikel
109 des ÜLG-Beschlusses – Ermessen der Kommission – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit –
Begründung“
In der Rechtssache C-41/03 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 29. Januar
2003,
Rica Foods (Free Zone) NV
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Königreich der Niederlande
in Luxemburg,
Königreich Spanien
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Französische Republik
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta
sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter), G. Arestis und J. Klučka,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Februar 2005
folgendes
Urteil
1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rica Foods (Free Zone) NV (im Folgenden: Rica Foods oder
Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften vom 14. November 2002 in den Rechtssachen T‑94/00, T‑110/00 und T‑159/00 (Rica
Foods u. a./Kommission, Slg. 2002, II‑4677, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage
auf Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 465/2000 der Kommission vom 29. Februar 2000 zur
Einführung von Schutzmaßnahmen betreffend Einfuhren von Erzeugnissen des Zuckersektors aus
überseeischen Ländern und Gebieten mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG (ABl. L 56, S. 39, im
Folgenden: angefochtene Verordnung oder Verordnung) abgewiesen worden ist.
Rechtlicher Rahmen
2 Mit der Verordnung (EG) Nr. 2038/1999 vom 13. September 1999 über die gemeinsame
Marktorganisation für Zucker (ABl. L 252, S. 1) kodifizierte der Rat der Europäischen Union die zuvor
mehrfach geänderte Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 vom 30. Juni 1981 (ABl. L 177, S. 4), mit der diese
gemeinsame Marktorganisation eingeführt worden war. Die Marktorganisation regelt den Zuckermarkt
der Gemeinschaft mit dem Ziel, die Beschäftigung und den Lebensstandard der Zuckererzeuger in der
Gemeinschaft zu erhöhen.
3 Die Stützung der Gemeinschaftsproduktion durch garantierte Preise ist auf nationale
Produktionsquoten (A- und B-Quote) beschränkt, die der Rat gemäß der Verordnung Nr. 2038/1999
den Mitgliedstaaten zuteilt, die sie dann ihrerseits unter ihren Erzeugern aufteilen. Zucker der B-Quote
(so genannter B-Zucker) unterliegt einer höheren Produktionsabgabe als Zucker der A-Quote (so
genannter A‑Zucker). Über die A- und B-Quote hinaus erzeugter Zucker wird als „C‑Zucker“ bezeichnet
und darf innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nicht verkauft werden, es sei denn, er wird wieder
in die A- oder B-Quote der folgenden Saison aufgenommen.
4 Für außergemeinschaftliche Ausfuhren werden, ausgenommen für C‑Zucker, Ausfuhrerstattungen
gemäß Artikel 18 der Verordnung Nr. 2038/1999 gewährt, die den Unterschied zwischen dem Preis auf
dem Gemeinschaftsmarkt und dem Weltmarktpreis ausgleichen.
5 Die Zuckermenge, für die eine Ausfuhrerstattung gezahlt werden darf, und der jährliche Gesamtbetrag
der Ausfuhrerstattungen werden durch die Übereinkünfte der Welthandelsorganisation (World Trade
Organization – WTO) (im Folgenden: WTO-Übereinkünfte) geregelt, denen die Gemeinschaft beigetreten
ist (genehmigt durch Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der
Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde [1986–1994] im
Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche,
ABl. L 336, S. 1). Spätestens vom Wirtschaftsjahr 2000/01 an mussten die mit Erstattungen
ausgeführte Zuckermenge auf 1 273 500 Tonnen und der Gesamtbetrag der Ausfuhrerstattungen auf
499,1 Millionen Euro beschränkt werden, was eine Verringerung um 20 % und 36 % gegenüber dem
Wirtschaftsjahr 1994/95 bedeutet.
6 Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe s EG umfasst die Tätigkeit der Gemeinschaft die Assoziierung der
überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (ÜLG), „um den Handelsverkehr zu steigern und die
wirtschaftliche und soziale Entwicklung durch gemeinsame Bemühungen zu fördern“.
7 Die Niederländischen Antillen und Aruba gehören zu den ÜLG.
8 Die Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft ist im Vierten Teil des EG-Vertrags geregelt.
9 Auf der Grundlage von Artikel 136 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 187 EG) wurden mehrere
Beschlüsse erlassen, darunter der Beschluss 91/482/EWG des Rates vom 25. Juli 1991 über die
Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(ABl. L 263, S. 1), der nach seinem Artikel 240 Absatz 1 für einen am 1. März 1990 beginnenden
Zeitraum von zehn Jahren gilt.
10 Verschiedene Bestimmungen dieses Beschlusses wurden durch den Beschluss 97/803/EG des Rates
vom 24. November 1997 zur Halbzeitänderung des Beschlusses 91/482 (ABl. L 329, S. 50) geändert.
Mit dem Beschluss 2000/169/EG des Rates vom 25. Februar 2000 (ABl. L 55, S. 67) wurde die Geltung
des Beschlusses 91/482 in der Fassung des Beschlusses 97/803 (im Folgenden: ÜLG-Beschluss) bis
zum 28. Februar 2001 verlängert.
11 Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses bestimmt:
„Waren mit Ursprung in den ÜLG sind frei von Einfuhrabgaben zur Einfuhr in die Gemeinschaft
zugelassen.“
12 Artikel 102 des ÜLG-Beschlusses sieht vor:
„Unbeschadet [des Artikels] 108b wendet die Gemeinschaft bei der Einfuhr von Ursprungswaren der
ÜLG keine mengenmäßigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung an.“
13 Artikel 108 Absatz 1 erster Gedankenstrich des ÜLG-Beschlusses verweist für die Bestimmung des
Begriffes Ursprungswaren und die Methoden für die Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesem
Gebiet auf Anhang II des Beschlusses. Gemäß Artikel 1 des Anhangs II gilt ein Erzeugnis als
Ursprungsware der ÜLG, der Gemeinschaft oder der Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (im
Folgenden: AKP-Staaten), wenn es dort entweder vollständig hergestellt oder gewonnen oder in
ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden ist.
14 Artikel 3 Absatz 3 des Anhangs II führt eine Reihe von Be- und Verarbeitungen auf, die als nicht
ausreichend angesehen werden, um den Ursprung eines Erzeugnisses u. a. in den ÜLG zu begründen.
15 Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II enthält jedoch folgende Regelung für die so genannte
„Ursprungskumulierung EG/ÜLG und AKP/ÜLG“:
„Wenn vollständig in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene
Erzeugnisse in den ÜLG be- oder verarbeitet werden, gelten sie als vollständig in den ÜLG hergestellt.“
16 Nach Artikel 6 Absatz 4 des Anhangs II gilt diese Regelung der Ursprungskumulierung EG/ÜLG und
AKP/ÜLG für „jede in den ÜLG vorgenommene Be- oder Verarbeitung einschließlich der in Artikel 3
Absatz 3 genannten Behandlungen“.
17 Durch den Beschluss 97/803 wurde in den ÜLG-Beschluss ein Artikel 108b eingefügt, nach dessen
Absatz 1 die „in Anhang II Artikel 6 genannte Ursprungskumulierung AKP/ÜLG für eine Jahresmenge von
3 000 Tonnen Zucker zugelassen“ wird. Hingegen wurde die Geltung der Regelung für die
Ursprungskumulierung EG/ÜLG durch den Beschluss 97/803 nicht beschränkt.
18 Nach Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses kann die Kommission der Europäischen
Gemeinschaften „die notwendigen Schutzmaßnahmen“ treffen, wenn „die Anwendung [des ÜLG-
Beschlusses] ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder
mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringt oder deren äußere finanzielle Stabilität gefährdet oder wenn
Schwierigkeiten auftreten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder
einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten“. Dabei muss die Kommission jedoch nach Artikel 109
Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses „Maßnahmen … wählen, die die geringsten Störungen für das
Funktionieren der Assoziation und der Gemeinschaft mit sich bringen“. Außerdem dürfen „[d]iese
Maßnahmen … nicht über das zur Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt
erforderliche Maß hinausgehen“.
19 Auf der Grundlage von Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr.
2423/1999 vom 15. November 1999 zur Einführung von Schutzmaßnahmen betreffend Zucker des KN-
Codes 1701 und Zucker-Kakao-Mischungen der KN-Codes 1806 10 30 und 1806 10 90 mit Ursprung in
den überseeischen Ländern und Gebieten (ABl. L 294, S. 11).
20 Mit dieser bis zum 29. Februar 2000 geltenden Verordnung unterwarf die Kommission Einfuhren von
Zucker mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG einer Mindestpreisregelung und Einfuhren von Zucker-
Kakao-Mischungen (im Folgenden auch: Mischungen) mit Ursprung in den ÜLG dem gemeinschaftlichen
Überwachungsverfahren nach den Modalitäten von Artikel 308d der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der
Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des
Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1).
21 Auch die angefochtene Verordnung wurde von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 109 des
ÜLG-Beschlusses erlassen.
22 In der ersten, vierten, fünften, sechsten und siebten Begründungserwägung der angefochtenen
Verordnung wird ausgeführt:
„(1) Die Kommission hat festgestellt, dass die Einfuhren von Zucker (KN-Code 1701) und Zucker-
Kakao-Mischungen … aus den [ÜLG], insbesondere mit kumuliertem EG-/ÜLG-Ursprung, seit 1997
stark zugenommen haben. Diese Einfuhren sind von 0 Tonnen im Jahr 1996 auf mehr als 48 000
Tonnen im Jahr 1999 angestiegen. …
(4) In den letzten Jahren sind auf dem gemeinschaftlichen Zuckermarkt Schwierigkeiten
aufgetreten. Dieser Markt ist durch Überschüsse gekennzeichnet. Der Zuckerverbrauch
stagniert bei rund 12,7 Mio. Tonnen. Die Erzeugung liegt zwischen 16,7 und 17,8 Mio. Tonnen.
Daher hat jede Einfuhr von Zucker in die Gemeinschaft eine entsprechende Menge
Gemeinschaftszucker verdrängt, der nicht auf diesem Markt abgesetzt werden kann. Für diesen
Zucker werden — im Rahmen bestimmter Quoten — Ausfuhrerstattungen gezahlt, die zu Lasten
des Gemeinschaftshaushalts gehen (zur Zeit etwa 520 EUR/t). Die Ausfuhren mit Erstattungen
sind jedoch durch das im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde
geschlossene Übereinkommen über die Landwirtschaft mengenmäßig begrenzt und wurden von
1 555 600 Tonnen im Wirtschaftsjahr 1995/1996 auf 1 273 500 Tonnen für das Wirtschaftsjahr
2000/2001 gesenkt.
(5) Es besteht die Gefahr, dass die gemeinsame Marktorganisation für Zucker in hohem Maße
destabilisiert wird. Unter Zugrundelegung der vorsichtigsten derzeit vorliegenden Schätzungen
ist vorgesehen, die Quoten der Gemeinschaftserzeuger für das am 1. Juli 2000 beginnende
Wirtschaftsjahr 2000/2001 um etwa 500 000 Tonnen … zu senken. Jede zusätzliche Einfuhr von
Zucker und Erzeugnissen mit hohem Zuckergehalt aus den ÜLG erfordert eine deutliche
Verringerung der Quoten der Gemeinschaftserzeuger und [führt] zu einem entsprechend
höheren Verlust ihrer Einkommensgarantie.
(6) Aufgrund der Gültigkeitsdauer der Lizenzen erfolgen die Einfuhren etwa drei Monate nach
Beantragung der Lizenzen. Daher verändert jeder Anstieg der Einfuhren, selbst wenn sie in den
Monaten vor Beginn des Wirtschaftsjahres 2000/2001 erfolgen, die Marktbedingungen während
dieses Wirtschaftsjahres und führt zu den unter Randnummer 5 genannten nachteiligen
Auswirkungen.
(7) Die Schwierigkeiten, die eine Gefahr der Störung eines Wirtschaftszweigs in der Gemeinschaft
mit sich bringen, bestehen somit fort.“
23 Artikel 1 der angefochtenen Verordnung bestimmt:
„Für die Erzeugnisse der KN-Codes 1701, 1806 10 30 und 1806 10 90 ist während der
Anwendungsdauer dieser Verordnung die Ursprungskumulierung EG/ÜLG gemäß Anhang II Artikel
6 des [ÜLG-Beschlusses] bis zu einer Menge von 3 340 Tonnen Zucker zulässig.
Zum Zwecke der Einhaltung dieser Beschränkung wird für andere Erzeugnisse als unverarbeiteter
Zucker der Zuckergehalt des eingeführten Erzeugnisses zugrunde gelegt.“
24 Nach der neunten Begründungserwägung der Verordnung setzte die Kommission diese Quote von
3 340 Tonnen unter Berücksichtigung der „Summe der höchsten jährlichen Einfuhrvolumen [fest], die
in den drei Jahren vor 1999 bei den betreffenden Erzeugnissen verzeichnet“ worden seien, denn „[i]m
Jahr 1999 [seien] die Einfuhren exponentiell angestiegen, und es [sei] eine OLAF-Untersuchung wegen
des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten im Gang“.
25 Nach Artikel 2 der Verordnung ist bei der Einfuhr der in ihrem Artikel 1 genannten Erzeugnisse eine
Einfuhrlizenz vorzulegen, die unter entsprechender Anwendung der Artikel 2 bis 6 der Verordnung (EG)
Nr. 2553/97 der Kommission vom 17. Dezember 1997 mit den Modalitäten für die Erteilung von
Einfuhrlizenzen für bestimmte Erzeugnisse der KN-Codes 1701, 1702, 1703 und 1704 mit
Ursprungskumulierung AKP/ÜLG (ABl. L 349, S. 26) erteilt wird.
26 Nach ihrem Artikel 3 trat die angefochtene Verordnung am 1. März 2000 in Kraft und galt bis zum
30. September 2000.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil
27 Mit Klageschriften, die am 19. und 28. April und 9. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen
sind, haben Rica Foods und zwei weitere in den ÜLG (Aruba und Niederländische Antillen) ansässige
zuckerverarbeitende Unternehmen (im Folgenden zusammen: Klägerinnen) Klagen auf Nichtigerklärung
der angefochtenen Verordnung und Ersatz des angeblich durch die Verordnung verursachten
Schadens erhoben (Rechtssachen T‑94/00, T‑110/00 und T‑159/00).
28 Der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts hat mit Beschluss vom 12. Juli 2000 das Königreich der
Niederlande zur Unterstützung der Anträge von Rica Foods und mit Beschlüssen vom 11. Juli 2000 und
16. Oktober 2001 das Königreich Spanien und die Französische Republik zur Unterstützung der
Anträge der Kommission u. a. in der Rechtssache T‑94/00 als Streithelfer zugelassen.
29 Rica Foods hat ihre Klage auf die drei Klagegründe eines Verstoßes gegen Artikel 109 Absatz 1 des
ÜLG-Beschlusses, einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und einer Verletzung des
den ÜLG nach dem EG-Vertrag zukommenden Präferenzstatus gestützt.
30 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klagen, die es zuvor verbunden hatte, als
unbegründet abgewiesen.
31 Das Gericht hat zu den drei genannten Klagegründen die nachstehend zusammengefassten
Ausführungen gemacht.
32 Das Gericht hat zunächst daran erinnert, dass die Gemeinschaftsorgane bei der Anwendung von
Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses über ein weites Ermessen verfügten. Angesichts dieses Ermessens
habe sich der Gemeinschaftsrichter auf die Prüfung zu beschränken, ob die Gemeinschaftsorgane bei
der Ausübung dieses Ermessens keinen offensichtlichen Irrtum oder Ermessensmissbrauch begangen
oder die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hätten (Urteil des Gerichtshofes
vom 22. November 2001 in der Rechtssache C‑110/97, Niederlande/Rat, Slg. 2001, I‑8763, Randnr. 61
und die dort zitierte Rechtsprechung) (Randnrn. 86 und 87 des angefochtenen Urteils).
33 Im vorliegenden Fall sei die Schutzmaßnahme nach der zweiten Alternative des Artikels 109 Absatz 1
des ÜLG-Beschlusses erlassen worden. Die Gesichtspunkte, die die Kommission, insbesondere in der
vierten Begründungserwägung der Verordnung, zur Rechtfertigung der erlassenen Schutzmaßnahme
anführe, seien sachlich zutreffend. So sei es richtig, dass jede zusätzlich importierte Tonne angesichts
der Überschusssituation auf dem Markt zu einer Erhöhung der Ausfuhrerstattungen führe, die
ihrerseits die nach den WTO-Übereinkünften zulässigen Grenzen zu überschreiten drohten (Randnrn.
95 bis 105 des angefochtenen Urteils). Insgesamt ergebe sich aus diesen Umständen, dass
Schwierigkeiten im Sinne von Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses aufgetreten seien (Randnrn.
108 bis 121 des Urteils).
34 Die Kommission sei daher zu der in der fünften und sechsten Begründungserwägung der Verordnung
zum Ausdruck gebrachten Annahme berechtigt gewesen, dass die erhöhten Einfuhren von Zucker und
Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG die gemeinsame Marktorganisation für Zucker in
hohem Maße zu destabilisieren drohten (Randnrn. 122 bis 155 des Urteils).
35 Die Klägerinnen haben dazu verschiedene Argumente vorgetragen.
36 So machten sie erstens geltend, der Rat hätte beim Erlass des Beschlusses 91/482 berücksichtigen
müssen, dass die Einfuhren von Agrarerzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft
möglicherweise mit zusätzlichen Ausgaben aus den Haushaltsmitteln für die gemeinsame Agrarpolitik
verbunden sein würden. Die Erhöhung der Einfuhren sei unmittelbare Konsequenz des ÜLG-
Beschlusses.
37 Dazu hat das Gericht festgestellt, dass die Vorhersehbarkeit zunehmender Einfuhren bereits im Jahr
1991 ohne Bedeutung für die Beurteilung der Frage sei, ob die im Februar 2000 getroffene Maßnahme
eine geeignete und verhältnismäßige Reaktion zur Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten im
Sinne des Artikels 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses darstelle (Randnr. 162 des angefochtenen
Urteils).
38 Die Klägerinnen haben zweitens geltend gemacht, es sei von der Kommission verkannt worden, dass
eine Schutzmaßnahme ihrem Wesen nach nur vorübergehend gelten könne.
39 Insoweit hat das Gericht daran erinnert, dass die Gemeinschaftsorgane für die Anwendung von Artikel
109 des ÜLG-Beschlusses über ein weites Ermessen verfügten. Jedenfalls sei die angefochtene, vom
1. März bis zum 30. September 2000 geltende Verordnung, die die zollfreie, durch die
Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigte Einfuhr von Zucker und Mischungen in die Gemeinschaft in
einem Maß beschränkt habe, das mit der Lage dieses Marktes vereinbar gewesen sei, und die zugleich
auf mit den Zielen des ÜLG-Beschlusses abgestimmte Weise eine Vorzugsbehandlung für dieses
Erzeugnis beibehalten habe, zur Erreichung des von der Kommission verfolgten Zieles geeignet
gewesen und nicht über das dazu Erforderliche hinausgegangen (Randnrn. 166 bis 168 des
angefochtenen Urteils).
40 Drittens haben die Klägerinnen beanstandet, die Kommission habe in der angefochtenen Verordnung
nicht dargelegt, warum sie die Einführung eines Mindestpreises, wie ihn die Verordnung Nr. 2423/1999
vorsehe, für nicht länger geeignet gehalten habe, das verfolgte Ziel zu erreichen.
41 Dazu hat das Gericht festgestellt: „Die Klägerinnen haben nicht dargetan, dass die Kommission
dadurch, dass sie die durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten Einfuhren von Zucker
oder Mischungen in die Gemeinschaft für die Geltungsdauer der angefochtenen Verordnung auf 3 340
Tonnen beschränkt hat, eine offensichtlich ungeeignete Maßnahme ergriffen oder die Informationen,
über die sie zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung verfügte, offensichtlich falsch
bewertet hat … Jedenfalls [waren] die durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten
Zuckereinfuhren im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung höher als bei Erlass der
Verordnung Nr. 2423/1999, was die Wirksamkeit der durch die Verordnung Nr. 2423/1999 erlassenen
Maßnahme, nämlich die Festsetzung eines Einfuhrmindestpreises für das betreffende Erzeugnis,
fraglich erscheinen lässt“ (Randnrn. 171 und 172 des angefochtenen Urteils).
42 Die Klägerinnen haben viertens gerügt, die Festsetzung einer Höchstgrenze von 3 340 Tonnen Zucker
für einen Zeitraum von sieben Monaten verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da diese
Quote die Einfuhren im Jahr 1999 nicht berücksichtige, ihre Bemessung nicht nachvollziehbar sei und
sie nicht den rentablen Betrieb auch nur einer einzigen zuckerverarbeitenden Fabrik ermögliche.
43 Dazu hat das Gericht festgestellt, es sei vertretbar, dass die Kommission, die widerstreitende
Interessen habe abwägen müssen, die Quote, wie in der neunten Begründungserwägung der
Verordnung dargelegt, auf der Grundlage der höchsten Einfuhren der Erzeugnisse in den drei Jahren
vor 1999 und unter Berücksichtigung der im Verlauf des Jahres 1999 immer rascher gestiegenen
Einfuhren von Zucker und Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG, durch die eine
Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Zuckersektors gedroht habe, auf 3 340 Tonnen festgesetzt
habe (Randnrn. 176 bis 194 des angefochtenen Urteils).
44 Die Klägerinnen haben schließlich geltend gemacht, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde auch
durch Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung verletzt, wonach den „Anträgen auf Erteilung einer
Einfuhrlizenz … eine Kopie der Ausfuhrlizenz … beizufügen“ sei.
45 Dieses Vorbringen hat das Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass „diese Bedingung es
ermöglicht, sicherzustellen, dass die im Rahmen der angefochtenen Verordnung gestellten
Einfuhranträge Zucker betreffen, der tatsächlich durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigt
wird“ (Randnr. 196 des angefochtenen Urteils).
46 Dazu hat das Gericht entschieden, dass aus dem bloßen Erlass einer Schutzmaßnahme nach Artikel
109 des ÜLG-Beschlusses nicht auf eine Verletzung des Präferenzstatus der Erzeugnisse mit Ursprung
in den ÜLG geschlossen werden könne, da die Schutzmaßnahme geeignet sei, die aufgetretenen
Schwierigkeiten zu beseitigen oder zu mildern. Außerdem lege die angefochtene Verordnung keine
Höchstmenge für Einfuhren von Zucker mit Ursprung in den ÜLG nach den gewöhnlichen
Ursprungsregeln fest, falls es eine solche Erzeugung geben sollte (Randnrn. 202 bis 210 des
angefochtenen Urteils).
Das Rechtsmittel
47 Rica Foods beantragt,
– das Rechtsmittel für zulässig zu erklären;
– das angefochtene Urteil aufzuheben und ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen
stattzugeben.
48 Die Kommission beantragt,
– das Rechtsmittel für unbegründet zu erklären;
– der Rechtsmittelführerin die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.
49 Die spanische und die französische Regierung beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der
Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.
50 Rica Foods stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Rechtsmittelgründe:
– Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses, da das Gericht den
Gemeinschaftsorganen für die Anwendung dieser Bestimmung ein weites Ermessen zuerkannt
habe;
– Verletzung der Begründungspflicht;
– Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses, da das Gericht die Umstände, die die
Kommission zur Rechtfertigung des Erlasses der Schutzmaßnahme angeführt habe, fehlerhaft als
„Schwierigkeiten“ und „Beeinträchtigung“ im Sinne von Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-
Beschlusses gewertet habe;
– Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses;
– Verletzung des Präferenzstatus der ÜLG.
51 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft Rica Foods dem Gericht vor, es habe die Tragweite von Artikel
109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses dadurch verkannt, dass es der Kommission in Randnummer 86 des
angefochtenen Urteils für die Anwendung dieser Bestimmung ein weites Ermessen zuerkannt habe. Da
diese Bestimmung eine Ausnahme von dem in Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses
niedergelegten Grundsatz statuiere, dass Waren mit Ursprung in den ÜLG frei von Einfuhrabgaben zur
Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen seien, hätte sie restriktiv ausgelegt werden müssen.
52 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes die
Gemeinschaftsorgane bei der Anwendung des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses über ein weites
Ermessen verfügen (in diesem Sinne Urteile vom 11. Februar 1999 in der Rechtssache C‑390/95 P,
Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Slg. 1999, I‑769, Randnr. 48, sowie vom 22. November 2001 in der
Rechtssache C‑110/97, Niederlande/Rat, Randnr. 61, und in der Rechtssache C‑301/97,
Niederlande/Rat, Slg. 2001, I‑8853, Randnr. 73).
53 Angesichts dieses Ermessens hat sich der Gemeinschaftsrichter auf die Prüfung der Frage zu
beschränken, ob den Gemeinschaftsorganen bei der Ausübung dieses Ermessens kein offensichtlicher
Irrtum oder Ermessensmissbrauch unterlaufen ist oder ob sie die Grenzen ihres Ermessens nicht
offensichtlich überschritten haben (Urteile Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Randnr. 48, C‑110/97,
Niederlande/Rat, Randnr. 62, und C‑301/97, Niederlande/Rat, Randnr. 74).
54 Diese Beschränkung der Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter ist insbesondere dann geboten,
wenn sich die Gemeinschaftsorgane wie im vorliegenden Fall veranlasst sehen, widerstreitende
Interessen gegeneinander abzuwägen und im Rahmen der in ihrem Verantwortungsbereich zu
treffenden politischen Entscheidungen eine bestimmte Wahl zu treffen (in diesem Sinne Urteil vom
8. Februar 2000 in der Rechtssache C-17/98, Emesa Sugar, Slg. 2000, I-675, Randnr. 53).
55 Demnach hat das Gericht Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses in den Randnummern 86 und 87
des angefochtenen Urteils fehlerfrei ausgelegt.
56 Der sich aus ihrem Wesen ergebende Ausnahmecharakter dieser Bestimmung verringert keineswegs
den Umfang des Ermessens, über das die Kommission verfügt, wenn sie im Rahmen ihrer eigenen
politischen Zuständigkeiten eine schwierige Abwägung zwischen widerstreitenden Interessen
vorzunehmen hat.
57 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
58 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt Rica Foods Begründungsmängel des angefochtenen Urteils.
Es enthalte folgende fehlerhafte oder unverständliche Behauptungen:
– Jede zusätzliche Einfuhr von Zucker mit Ursprung in den ÜLG nach der Regelung über die
Ursprungskumulierung EG/ÜLG erhöhe den Zuckerüberschuss auf dem Gemeinschaftsmarkt.
– Solche zusätzlichen Einfuhren belasteten den Gemeinschaftshaushalt mit zusätzlichen Kosten.
– Die Zuckereinfuhren mit Ursprung in den ÜLG im Wirtschaftsjahr 1999/2000 hätten Auswirkungen
darauf gehabt, ob die Gemeinschaft ihre Verpflichtungen aus der „Liste CXL – Europäische
Gemeinschaften“ im Anhang zu den WTO-Übereinkünften hätte einhalten können.
59 Soweit in dem angefochtenen Urteil erstens ausgeführt wird, dass die Zuckereinfuhren mit
Ursprungskumulierung EG/ÜLG eine Erhöhung des Zuckerüberschusses auf dem Gemeinschaftsmarkt
bewirkt hätten, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung nicht für
die Feststellung der Tatsachen zuständig und grundsätzlich nicht befugt ist, die Beweise zu prüfen, auf
die das Gericht seine Feststellungen gestützt hat. Sind Beweise ordnungsgemäß erhoben und die
allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren
eingehalten worden, ist es daher allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten
Beweismittel zu beurteilen (Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P,
Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 24). Diese Beurteilung ist somit, sofern die
Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes
unterliegt (u. a. Urteile vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C‑8/95 P, New Holland Ford/Kommission,
Slg. 1998, I‑3175, Randnr. 26, vom 7. November 2002 in den Rechtssachen C‑24/01 P und C‑25/01 P,
Glencore und Compagnie Continentale/Kommission, Slg. 2002, I‑10119, Randnr. 65, und vom 8. Mai
2003 in der Rechtssache C‑122/01 P, T. Port/Kommission, Slg. 2003, I‑4261, Randnr. 27).
60 Im vorliegenden Fall hat das Gericht
– in Randnummer 99 des angefochtenen Urteils auf der Grundlage der für es aus den Akten
ersichtlichen Umstände festgestellt, dass der Gemeinschaftsmarkt für Zucker durch
Überschüsse gekennzeichnet sei,
– in Randnummer 100 des Urteils weiter ausgeführt, dass die Gemeinschaft nach den WTO-
Übereinkünften eine bestimmte Zuckermenge aus Drittländern importieren müsse,
– und schließlich in Randnummer 101 des Urteils dargelegt, dass somit, wenn „die
Zuckererzeugung der Gemeinschaft nicht verringert wird, jede zusätzliche durch die
Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigte Einfuhr von Zucker den Zuckerüberschuss auf dem
Gemeinschaftsmarkt erhöhen und zu einer Zunahme der subventionierten Ausfuhren führen“
würde.
61 Daraus hat das Gericht in Randnummer 102 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, die
„Kommission [habe] zu Recht feststellen [können], dass ‚jede Einfuhr von Zucker in die Gemeinschaft
eine entsprechende Menge Gemeinschaftszucker verdrängt, der nicht auf diesem Markt abgesetzt
werden kann‘“.
62 Dazu ist festzustellen, dass die vom Gericht vorgenommene Beurteilung im Zusammenhang mit dem
Zuckerüberschuss auf dem Gemeinschaftsmarkt eine Würdigung von Tatsachen ist, die mit dem
Rechtsmittel nicht in Frage gestellt werden kann, da die Rechtsmittelführerin, wie der Generalanwalt in
Nummer 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, weder nachgewiesen noch auch nur dargelegt hat,
dass das Gericht die ihm vorliegenden Beweismittel verfälscht hätte.
63 Was zweitens die zusätzliche Belastung des Gemeinschaftshaushalts durch Zuckereinfuhren mit
Ursprungskumulierung EG/ÜLG angeht, so macht Rica Foods geltend, dass die Ausfuhrerstattungen für
A‑ und B‑Zucker vollständig durch die Beiträge der Erzeuger finanziert würden. Diese gäben die ihnen
daraus entstehenden Kosten jedoch an die Verbraucher weiter, so dass sich die streitigen Einfuhren
im Ergebnis nicht auf den Gemeinschaftshaushalt auswirkten.
64 Dazu genügt der Hinweis, dass das Gericht in den Randnummern 118 bis 120 seines Urteils, auf die
sich Rica Foods speziell bezieht, keineswegs ausgeführt hat, dass die streitigen Einfuhren
Zusatzkosten für den Gemeinschaftshaushalt nach sich gezogen hätten. Vielmehr hat das Gericht
– zunächst in Randnummer 118 des angefochtenen Urteils daran erinnert, dass „die
Schwierigkeiten, die in der angefochtenen Verordnung erwähnt werden, die starke Zunahme der
durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten Einfuhren von Zucker oder Mischungen,
die zu subventionierten Ausfuhren führende Überschusssituation des Gemeinschaftsmarktes für
Zucker und die Verpflichtungen aus den WTO-Übereinkünften sind“, und
– anschließend in Randnummer 119 des Urteils festgestellt, dass „[a]ngesichts der
Überschusssituation des Gemeinschaftsmarkts … der eingeführte Zucker mit Ursprung in den
ÜLG an die Stelle des Gemeinschaftszuckers [tritt], der ausgeführt werden muss, um das
Gleichgewicht der gemeinsamen Marktorganisation zu erhalten“.
Daraus hat das Gericht dann in Randnummer 120 des Urteils folgenden Schluss gezogen: „Selbst
wenn die Ausfuhren von Gemeinschaftszucker zum großen Teil von der Zuckerindustrie der
Gemeinschaft und damit vom Verbraucher finanziert werden, ist festzustellen, dass die WTO-
Übereinkünfte die Ausfuhrsubventionen unabhängig von der Frage beschränken, wer letztlich die
Kosten dieser Subventionen trägt, und dass jede zusätzliche Einfuhr die Situation auf einem Markt, der
bereits durch Überschüsse gekennzeichnet ist, verschlechtert.“
65 Rica Foods macht schließlich geltend, dass die Einfuhren von Zucker mit Ursprungskumulierung
EG/ÜLG nicht geeignet gewesen seien, der Gemeinschaft bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus
den WTO-Übereinkünften Schwierigkeiten zu bereiten. Die Gemeinschaft habe über hinreichenden
Handlungsspielraum verfügt, um die Erhöhung der streitigen Einfuhren hinzunehmen.
66 Dazu hat das Gericht in den Randnummern 112 bis 115 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen
ausgeführt, angesichts der Überschusssituation auf dem Gemeinschaftsmarkt, infolge deren jede
zusätzliche Zuckereinfuhr in die Gemeinschaft eine entsprechend hohe Ausfuhr von
Gemeinschaftszucker nach sich ziehe, und in Anbetracht der Verpflichtungen aus den WTO-
Übereinkünften, nach denen die Ausfuhrerstattungen einzuschränken seien, stellten wachsende
Einfuhren von Zucker oder Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG eine „Schwierigkeit“ im
Sinne von Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses dar, zumal die in den WTO-Übereinkünften
vorgeschriebene Begrenzung von Ausfuhrerstattungen für Zucker schon eine erhebliche Herabsetzung
der gemeinschaftlichen Erzeugungsquoten im Wirtschaftsjahr 2000/01 erforderlich gemacht habe.
67 Wie insoweit festzustellen ist, hat selbst unter der unterstellten Voraussetzung, dass die durch
Zuckereinfuhren aus den ÜLG möglicherweise ausgelösten zusätzlichen subventionierten Ausfuhren
nicht die in den WTO-Übereinkünften festgelegten Beträge und Mengen erreicht hätten, doch Rica
Foods nicht nachgewiesen, dass das Gericht seine Begründungspflicht mit der Bewertung verletzte,
dass es keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission darstelle, wenn sie das Ziel der
WTO-Übereinkünfte, die Ausfuhrerstattungen schrittweise zu beschränken, berücksichtigt habe und
ferner davon ausgegangen sei, dass wachsende Einfuhren von Zucker mit Ursprungskumulierung
EG/ÜLG im Ergebnis den Gesamtbetrag der Ausfuhrerstattungen erhöhten und deshalb mit der Gefahr
einer Destabilisierung des gemeinschaftlichen Zuckersektors verbunden gewesen seien.
68 Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
69 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht Rica Foods geltend, dass das Gericht die von der
Kommission zur Rechtfertigung der Verordnung angeführten Umstände, d. h. die erhöhten Einfuhren
von Zucker und Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG in die Gemeinschaft, den
gemeinschaftlichen Erzeugungsüberschuss auf dem europäischen Zuckermarkt, die Verpflichtungen
aus den WTO-Übereinkünften und die sich für die gemeinsame Marktorganisation für Zucker
ergebenden Konsequenzen, zu Unrecht als „Schwierigkeiten“ und „Beeinträchtigung“ im Sinne von
Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses bewertet habe.
70 So verfälsche das Gericht diese von der Kommission gegebene Rechtfertigung, wenn es in
Randnummer 108 des angefochtenen Urteils ausführe, die Kommission habe niemals behauptet, dass
jede der von ihr aufgezeigten Schwierigkeiten für sich genommen den Erlass einer Schutzmaßnahme
rechtfertigen könne, sondern laut der Verordnung seien diese Schwierigkeiten eng miteinander
verknüpft.
71 Dazu ist festzustellen, dass die Kommission, wie die erste, vierte und fünfte Begründungserwägung
erkennen lassen, die Ursache für die Schwierigkeiten im Sinne von Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-
Beschlusses in einer Kombination verschiedener Faktoren sah, nämlich den erhöhten Einfuhren, der
Überschusssituation auf dem Gemeinschaftsmarkt und der sich aus den WTO-Übereinkünften
ergebenden Beschränkung der Ausfuhrerstattungen. Daher kann dem Gericht nicht angelastet
werden, es habe die Rechtfertigung verfälscht, die die Kommission für die in Frage stehende
Schutzmaßnahme gab.
72 Rica Foods macht zweitens geltend, es sei vorhersehbar gewesen und der Gemeinschaftsgesetzgeber
habe sogar gewollt, dass sich die streitigen Einfuhren infolge des ÜLG-Beschlusses erhöhen würden.
Die angeblichen „Schwierigkeiten“ und die „Beeinträchtigung“, auf die sich die Kommission berufen
habe und die vom Gericht bestätigt worden seien, hätten außerdem schon beim Erlass des
Beschlusses 91/482, jedenfalls aber bei dessen Änderung im Jahr 1997 bestanden. So gebe es im
Bereich der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker nicht nur bereits seit 1968 eine
Überschusssituation, sondern darüber hinaus seien seither mehrfach verschiedene neue
Produktionen und Einfuhren zugelassen worden.
73 Vor diesem Hintergrund hätte das Gericht diese Umstände nicht als „Schwierigkeiten“ im Sinne von
Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses werten dürfen, die die „Beeinträchtigung eines
Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft nach sich ziehen könnten“.
74 Insoweit hat das Gericht in Randnummer 110 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die
Einfuhren von Zucker und Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG in die Gemeinschaft seit
1997, also nach dem Erlass des Beschlusses 91/482 im Jahr 1991 und sogar nach dessen Änderung
im Jahr 1997, sehr stark zugenommen hatten.
75 Selbst wenn es im Übrigen zuträfe, dass diese starke Zunahme beim Erlass des Beschlusses 91/482
vorhersehbar und sogar von der Gemeinschaft erwünscht war, stünde dies, wie der Generalanwalt in
Nummer 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht der Feststellung der Kommission entgegen,
dass diese Zunahme angesichts des Überschusses der Gemeinschaftserzeugung und der
Verpflichtungen aus den WTO-Übereinkünften eine Quelle für Schwierigkeiten im Sinne von Artikel 109
Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses bildete.
76 Mit der Bestätigung dieser von der Kommission vorgenommenen Beurteilung in den Randnummern
110 ff. des angefochtenen Urteils hat das Gericht daher nicht die Tragweite von Artikel 109 Absatz 1
des ÜLG-Beschlusses verkannt.
77 Rica Foods trägt drittens vor, dass sich die angeblich durch die streitigen Einfuhren ausgelöste
Herabsetzung der Erzeugungsquoten, anders als das Gericht in Randnummer 124 des angefochtenen
Urteils ausgeführt habe, nicht auf das Einkommen der Gemeinschaftserzeuger ausgewirkt habe. Eine
solche Herabsetzung habe nämlich nur zur Konsequenz, dass die Gemeinschaftserzeuger veranlasst
würden, ein anderes, ebenfalls von einer landwirtschaftlichen Regelung garantiertes Erzeugnis
anzubauen.
78 Dazu genügt der Hinweis, dass selbst dann, wenn die angebliche Möglichkeit, sich als
Gemeinschaftserzeuger anderen Anbauarten zuzuwenden, die vom Gericht in den Randnummern 122
bis 155 des angefochtenen Urteils vorgenommene Beurteilung in Frage stellen könnte, dass eine
tatsächliche oder drohende Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft vorlag, Rica
Foods doch vor dem Gericht für dieses Vorbringen keinerlei Beleg vorbrachte, so dass das Gericht es
zu Recht unberücksichtigt ließ.
79 Schließlich macht Rica Foods geltend, dass die aus den ÜLG eingeführten Zuckermengen und
Mischungen, die 1999 nur 0,32 % (bei Zucker) und 0,102 % (bei Mischungen) der
Gemeinschaftserzeugung ausgemacht hätten, keine ernste Gefahr einer Störung der gemeinsamen
Marktorganisation für Zucker hätten begründen können. Mit seiner gegenteiligen Beurteilung sei dem
Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen.
80 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Gemeinschaft, wie der Gerichtshof in Randnummer 56 des
Urteils Emesa Sugar festgestellt hat, bereits 1997 mehr Rübenzucker erzeugte als verbrauchte und
zusätzlich noch Rohrzucker aus den AKP-Staaten einführte, um die spezielle Nachfrage nach diesem
Erzeugnis zu decken und die WTO-Übereinkünfte zu erfüllen, die sie zur Einfuhr bestimmter
Zuckermengen aus Drittländern verpflichteten. Außerdem hatte sie – in den durch die WTO-
Übereinkünfte gezogenen Grenzen – Zuckerexporte durch Ausfuhrerstattungen zu subventionieren.
Unter diesen Umständen und angesichts der starken Zunahme der Einfuhren von Zucker mit Ursprung
in den ÜLG seit 1997 durfte die Kommission, wie das Gericht in den Randnummern 112 bis 115 des
angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, davon ausgehen, dass jede, selbst gemessen an der
Gemeinschaftserzeugung geringfügige Menge Zucker, die zusätzlich auf den Gemeinschaftsmarkt
gelangt wäre, die Gemeinschaftsorgane gezwungen hätte, entweder – innerhalb der genannten
Grenzen – die Ausfuhrsubventionierung zu erhöhen oder die Quoten für die europäischen Erzeuger zu
senken, was die in ihrem Gleichgewicht ohnehin empfindliche gemeinsame Marktorganisation für
Zucker gestört und den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik widersprochen hätte.
81 Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
82 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund wendet sich Rica Foods gegen den in den Randnummern 157 bis
197 des angefochtenen Urteils entwickelten Schluss, dass die Kommission mit der Begrenzung der
Einfuhren von Zucker und Mischungen mit Ursprungskumulierung EG/ÜLG auf 3 340 Tonnen nicht den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne von Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses verletzt
habe.
83 In Wirklichkeit habe die Kommission in Anbetracht der Interessen, die sie habe schützen wollen, die
von ihr gewählte Höhe der Einfuhrbegrenzung nicht rechtfertigen können. Diese sei im Verhältnis zu
der Erzeugung und den Ein- und Ausfuhren der Gemeinschaft zu vernachlässigen und außerdem völlig
unzureichend, um der Zuckerindustrie der ÜLG eine angemessene Zukunftsperspektive zu bieten. Das
Gericht habe seinerseits gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, indem es den
willkürlichen und unangemessenen Charakter der festgesetzten mengenmäßigen Beschränkung
verkannt habe, der außer Verhältnis zu den angeblichen Schwierigkeiten und der behaupteten
Beeinträchtigung stehe.
84 Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses bestimmt:
„[Es] sind vorzugsweise Maßnahmen zu wählen, die die geringsten Störungen für das Funktionieren
der Assoziation und der Gemeinschaft mit sich bringen. Diese Maßnahmen dürfen nicht über das zur
Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß hinausgehen.“
85 Wie das Gericht in Randnummer 158 des angefochtenen Urteils in Erinnerung gebracht hat, dürfen
nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des
Gemeinschaftsrechts gehört, die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht über die Grenzen
dessen hinausgehen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten
Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen,
die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu
den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteile vom 13. November 1990 in der Rechtssache C‑331/88,
Fedesa u. a., Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13, vom 5. Oktober 1994 in den Rechtssachen C‑133/93,
C‑300/93 und C‑362/93, Crispoltoni u. a., Slg. 1994, I‑4863, Randnr. 41, Antillean Rice Mills
u. a./Kommission, Randnr. 52, und vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C‑189/01, Jippes u. a., Slg.
2001, I-5689, Randnr. 81).
86 Was die gerichtliche Kontrolle angeht, ob dieser Grundsatz eingehalten wurde, so kann angesichts
des weiten Ermessens, über das die Kommission insbesondere beim Erlass einer Schutzmaßnahme
verfügt, deren Rechtmäßigkeit, wie das Gericht in Randnummer 165 seines Urteils zutreffend
hervorgehoben hat, nur beeinträchtigt sein, wenn sie zur Verwirklichung des verfolgten Zieles
offensichtlich ungeeignet ist (Urteile C‑301/97, Niederlande/Rat, Randnr. 145, Fedesa, Randnr. 14,
Crispoltoni, Randnr. 42, und Jippes u. a., Randnr. 82).
87 Insoweit hat das Gericht in Randnummer 167 des angefochtenen Urteils festgestellt, „dass die
Kommission in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, dass Schwierigkeiten, die eine Gefahr der
Störung eines Wirtschaftszweigs in der Gemeinschaft mit sich bringen, bei Erlass der angefochtenen
Verordnung bestanden“. Laut Randnummer 171 des Urteils hatten die Klägerinnen „nicht dargetan,
dass die Kommission dadurch, dass sie die durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten
Einfuhren von Zucker oder Mischungen in die Gemeinschaft für die Geltungsdauer der angefochtenen
Verordnung auf 3 340 Tonnen beschränkt hat, eine offensichtlich ungeeignete Maßnahme ergriffen
oder die Informationen, über die sie zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung
verfügte, offensichtlich falsch bewertet hat“.
88 Was speziell die Höhe der streitigen Kontingentierung angeht, so stellte sie nach der vom Gericht in
Randnummer 182 des angefochtenen Urteils zitierten neunten Begründungserwägung der Verordnung
„die Summe der höchsten jährlichen Einfuhren [dar], die in den drei Jahren vor 1999 bei den
betreffenden Erzeugnissen verzeichnet wurden“. Nach der Prüfung der Statistiken des Statistischen
Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) und der von der Kommission vorgelegten Zahlen
in den Randnummern 183 bis 186 des angefochtenen Urteils ist das Gericht in Randnummer 187 des
Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die in der neunten Begründungserwägung der Verordnung
enthaltenen Ausführungen nicht zu beanstanden seien. Diese Beurteilung von Tatsachen kann, da die
vor dem Gericht vorgebrachten Beweismittel nicht verfälscht wurden, im Rahmen eines Rechtsmittels
nicht in Frage gestellt werden.
89 Das Gericht hat in Randnummer 193 des angefochtenen Urteils ergänzend festgestellt, „dass die
Kommission die Interessen der Zuckererzeuger der ÜLG berücksichtigt hat, indem sie die durch die
Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten Zuckereinfuhren nicht vollständig ausgesetzt“ und „in
Artikel 1 der angefochtenen Verordnung die Quote von 3 340 Tonnen auf der Grundlage des höchsten
Einfuhrniveaus von Zucker und Mischungen während der Zeit von 1996 bis 1998 festgesetzt [hat]“.
90 Rica Foods hat keinen Beleg dafür vorgebracht, dass das Gericht unter Berücksichtigung der Grenzen
der gerichtlichen Kontrollen in einem Bereich, in dem die Kommission eine schwierige Abwägung
widerstreitender Interessen vorzunehmen hat, mit diesen Darlegungen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verkannt hätte.
91 Auch der vierte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.
92 Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht Rica Foods geltend, das Gericht habe den den ÜLG
zukommenden Präferenzstatus verletzt, weil es in den Randnummern 198 bis 211 des angefochtenen
Urteils nicht berücksichtigt habe, dass mit der streitigen Schutzmaßnahme eine gravierende
Ungleichbehandlung zwischen der Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den AKP-Staaten, in den
meistbegünstigten Ländern und sogar in bestimmten weiteren Drittländern einerseits und der Einfuhr
von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG andererseits bewirkt werde.
93 Insoweit ist indessen den Randnummern 198 bis 210 des angefochtenen Urteils klar zu entnehmen,
dass das Gericht im Rahmen seiner Ausführungen, aus welchen Gründen die Verordnung den AKP-
Staaten und Drittländern keine im Vergleich zu den ÜLG günstigere Stellung im Wettbewerb verschaffe,
dieses Vorbringen von Rica Foods berücksichtigt hat.
94 So hat das Gericht in Randnummer 203 des angefochtenen Urteils darauf verwiesen, dass Artikel 109
des ÜLG-Beschlusses der Kommission den Erlass von Schutzmaßnahmen unter den in der Bestimmung
festgelegten Voraussetzungen gerade ermöglicht. Dass die Kommission eine solche Schutzmaßnahme
im Hinblick auf bestimmte Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG auch erließ, ist nicht geeignet, den in
Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses normierten Präferenzstatus von Erzeugnissen mit Ursprung
in den ÜLG in Frage zu stellen. Eine Schutzmaßnahme hat nämlich ihrem Wesen nach
Ausnahmecharakter und gilt nur vorübergehend.
95 Überdies betrifft die angefochtene Verordnung, wie das Gericht in Randnummer 205 des
angefochtenen Urteils bemerkt hat, nur die durch die Ursprungskumulierung EG/ÜLG begünstigten
Einfuhren von Zucker und Mischungen, legt aber keine Höchstmenge für Einfuhren von Zucker mit
Ursprung in den ÜLG nach den gewöhnlichen Ursprungsregeln fest, falls es eine solche Erzeugung
geben sollte.
96 Im Rahmen seines Rechtsmittels hat Rica Foods nicht dargetan, aus welchen Gründen diese
Darlegungen des Gerichts rechtlich fehlerhaft sein sollen.
97 Da auch der fünfte Rechtsmittelgrund nicht durchgreift, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Kosten
98 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 der Verfahrensordnung auch für das
Rechtsmittelverfahren gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu
verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung von Rica Foods beantragt hat und diese mit ihrem
Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen. Nach § 4 dieses Artikels, der nach Artikel
118 ebenfalls im Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, tragen das Königreich der Niederlande, das
Königreich Spanien und die Französische Republik ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Rica Foods (Free Zone) NV trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Königreich der Niederlande, das Königreich Spanien und die Französische
Republik tragen ihre eigenen Kosten.
Unterschriften.
Verfahrenssprache: Niederländisch.