Urteil des EuGH vom 24.02.2005

EuGH: kommission, verordnung, regierung, mitgliedstaat, republik, verlängerung der frist, erleichterung der beweislast, kontrolle vor ort, beihilfe, identifizierung

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)
24. Februar 2005()
„EAGFL – Ackerkulturen – Verordnung (EWG) Nr. 729/70 – Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c –
Abweichungen zwischen den jährlichen Ausgabenerklärungen und den beihilfefähigen Ausgaben – Frist
von 24 Monaten – Einbehaltung des Betrages der Beihilfe an die Landwirte“
In der Rechtssache C-300/02
betreffend eine Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 230 EG, eingereicht am 21. August 2002 ,
Hellenische Republik,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Beistand: N. Korogiannakis, dikigoros, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Lenaerts, der Richterin N. Colneric
(Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und M. Ilešič,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2004,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge
über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Die Hellenische Republik beantragt in ihrer Klageschrift die Nichtigerklärung der Entscheidung
2002/524/EG der Kommission vom 26. Juni 2002 zum Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten
zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung
Garantie, getätigter Ausgaben von der gemeinschaftlichen Finanzierung (bekannt gegeben unter dem
Aktenzeichen K[2002] 2281) (ABl. L 170, S. 77; im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
2 Mit dieser Entscheidung hat die Kommission im Sektor Ackerkulturen eine „Pauschale Berichtigung
[wegen] unzulängliche[r] Schlüsselkontrollen“ vorgenommen und einen Betrag in Höhe von
103 513 610 Euro für die Haushaltsjahre 1996 bis 1999 von der gemeinschaftlichen Finanzierung
ausgeschlossen.
3 Die spezifischen Gründe für diese finanziellen Berichtigungen sind im Zusammenfassenden Bericht
AGRI 60720/2002‑DE‑Final über die Ergebnisse der Kontrollen im Rahmen des Rechnungsabschlusses
für den EAGFL, Abteilung Garantie, gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr.
729/70 und Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 in Bezug auf Obst und Gemüse,
Milcherzeugnisse, die Tierprämien, die landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, die Entwicklung des
ländlichen Raums und die Zahlungsfristen (im Folgenden: Zusammenfassender Bericht)
zusammengefasst worden.
4 Die vorliegende Klage betrifft drei Arten von Berichtigungen:
– eine Berichtigung in Höhe von 49 385 195 Euro wegen der Diskrepanzen zwischen den erklärten
Ausgaben und den mitgeteilten beihilfefähigen Flächen für die Wirtschaftsjahre 1994, 1995,
1996 und 1998;
– eine pauschale Berichtigung in Höhe von 5 % wegen der die Einrichtung des integrierten
Verwaltungs‑ und Kontrollsystems betreffenden Mängel für die Wirtschaftjahre 1998 und 1999,
d. h. 44 591 189 Euro;
– eine pauschale Berichtigung in Höhe von 2 % wegen der von den landwirtschaftlichen
Genossenschaftsverbänden vorgenommenen Einbehaltungen für die Wirtschaftsjahre 1998 und
1999, d. h. 18 200 485 Euro.
Rechtlicher Rahmen
5 Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die
Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) in der durch die Verordnung (EG) Nr.
1287/95 des Rates vom 22. Mai 1995 (ABl. L 125, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden:
Verordnung Nr. 729/70) bestimmt:
„Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b) werden die Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte
finanziert, die nach Gemeinschaftsvorschriften im Rahmen der gemeinsamen Organisation der
Agrarmärkte vorgenommen werden.“
6 Artikel 5 der Verordnung Nr. 729/70 regelt den Abschluss der Jahresrechnungen, die von den
nationalen Stellen vorgelegt werden, die dazu befugt sind, in diesem Zusammenhang Ausgaben zu
tätigen.
7 Artikel 5 Absätze 1 und 2 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission in regelmäßigen Zeitabständen die folgenden
Auskünfte, die die in Artikel 4 genannten zugelassenen Zahlstellen sowie die Koordinierungsstellen
betreffen und sich auf die von der Abteilung Garantie des EAGFL finanzierten Maßnahmen beziehen:
a) Ausgabenerklärungen und Voranschläge für den Finanzbedarf;
b) Jahresrechnungen mit den für ihren Abschluss notwendigen Auskünften sowie eine
Bescheinigung über die Vollständigkeit, Genauigkeit und Richtigkeit der übermittelten
Rechnungen.
(2) Die Kommission, nach Anhörung des Fondsausschusses,
b) schließt vor dem 30. April des auf das betreffende Haushaltsjahr folgenden Jahres die
Rechnungen der zugelassenen Zahlstellen auf der Grundlage der Auskünfte gemäß Absatz 1
Buchstabe b) ab.
Die Rechnungsabschlussentscheidung bezieht sich auf die Vollständigkeit, Genauigkeit und
Richtigkeit der übermittelten Rechnungen.
Sie greift späteren Entscheidungen gemäß Buchstabe c) nicht vor;
c) bestimmt die Ausgaben, die von der in den Artikeln 2 und 3 genannten gemeinschaftlichen
Finanzierung auszuschließen sind, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung
mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt worden sind.
Vor jeder Entscheidung über eine Ablehnung der Finanzierung werden die Ergebnisse der
Überprüfungen der Kommission sowie die Antworten des betreffenden Mitgliedstaats jeweils
schriftlich übermittelt; danach bemühen sich beide Parteien, zu einem Einvernehmen hinsichtlich
der zu ziehenden Folgerungen zu gelangen.
Wird kein Einvernehmen erzielt, so kann der Mitgliedstaat die Eröffnung eines Verfahrens
beantragen, um die jeweiligen Standpunkte innerhalb von vier Monaten miteinander in Einklang
zu bringen; die Ergebnisse dieses Verfahrens werden in einem Bericht erfasst, der an die
Kommission übermittelt und von dieser geprüft wird, bevor eine Finanzierung abgelehnt wird.
Die Kommission bemisst die auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung
der Tragweite der festgestellten Nichtübereinstimmung. Die Kommission trägt dabei der Art und
Schwere des Verstoßes sowie dem der Gemeinschaft entstandenen finanziellen Schaden
Rechnung.
Die Ablehnung der Finanzierung kann sich nicht auf Ausgaben beziehen, die über vierundzwanzig
Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen
Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat. Diese Bestimmung gilt
jedoch nicht für die finanziellen Auswirkungen
– der Fälle von Unregelmäßigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 2,
– der einzelstaatlichen Beihilfen oder Verstöße, deretwegen das Verfahren nach Artikel 93
oder das Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages eingeleitet wurde.“
8 Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 729/70 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten treffen gemäß den einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die
erforderlichen Maßnahmen, um
– sich zu vergewissern, dass die durch den Fonds finanzierten Maßnahmen tatsächlich und
ordnungsgemäß durchgeführt worden sind,
– Unregelmäßigkeiten zu verhindern und zu verfolgen,
– die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge
wiedereinzuziehen.“
9 Artikel 8 Absatz 2 dieser Verordnung sieht vor:
„Erfolgt keine vollständige Wiedereinziehung, so trägt die Gemeinschaft die finanziellen Folgen der
Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse; dies gilt nicht für Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse, die
den Verwaltungen oder Einrichtungen der Mitgliedstaaten anzulasten sind.
Die Widereingezogenen Beträge fließen den zugelassenen Zahlstellen zu, die sie von den durch den
Fonds finanzierten Ausgaben abziehen. Die Zinsen für Widereingezogene oder zu spät entrichtete
Beträge fließen dem Fonds zu.“
10 Artikel 9 Absatz 1 dieser Verordnung lautet:
„Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission alle für das Funktionieren des Fonds erforderlichen
Auskünfte zur Verfügung und treffen alle Maßnahmen, die geeignet sind, etwaige Kontrollen –
einschließlich Prüfungen an Ort und Stelle – zu erleichtern, deren Durchführung die Kommission im
Rahmen der Abwicklung der gemeinschaftlichen Finanzierung als zweckmäßig erachtet.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die sie zur
Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsakte erlassen haben, welche sich auf die gemeinsame
Agrarpolitik beziehen, sofern diese Rechtsakte finanzielle Auswirkungen für den Fonds haben.“
11 Das in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 angesprochene
Schlichtungsverfahren wird durch die Entscheidung 94/442/EG der Kommission vom 1. Juli 1994 zur
Schaffung eines Schlichtungsverfahrens im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL – Abteilung
Garantie (ABl. L 182, S. 45) geregelt. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 dieser Entscheidung wird eine
Schlichtungsstelle geschaffen. Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a greift der „Standpunkt der
Schlichtungsstelle … der endgültigen Entscheidung der Kommission über den Rechnungsabschluss“
nicht vor.
12 Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1663/95 der Kommission vom 7. Juli 1995 mit
Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung Nr. 729/70 des Rates bezüglich des
Rechnungsabschlussverfahrens des EAGFL, Abteilung Garantie (ABl. L 158, S. 6), bestimmt:
„Kommt die Kommission aufgrund von Nachforschungen zu dem Schluss, dass bestimmte Ausgaben
nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt wurden, so teilt sie dem
betreffenden Mitgliedstaat ihre Feststellungen mit und gibt die zu treffenden Korrekturmaßnahmen,
die künftig die Beachtung der vorgenannten Vorschriften sicherstellen sollen, sowie eine Schätzung
der Beträge an, die möglicherweise gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c) der Verordnung (EWG) Nr.
729/70 ausgeschlossen werden. Diese Mitteilung muss auf die vorliegende Verordnung Bezug nehmen.
Der Mitgliedstaat antwortet innerhalb von zwei Monaten, und die Kommission kann ihren Standpunkt
dementsprechend ändern. In begründeten Fällen kann sie einer Verlängerung der Frist zur
Beantwortung zustimmen.
Nach Ablauf dieser Frist führt die Kommission bilaterale Gespräche; beide Parteien versuchen
einvernehmlich die zu ergreifenden Maßnahmen festzulegen. Anschließend teilt die Kommission dem
Mitgliedstaat förmlich ihre Schlussfolgerungen unter Bezugnahme auf die Entscheidung 94/442/EG der
Kommission mit.“
13 Nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1663/95 sind die Entscheidungen gemäß Artikel 5 Absatz 2
Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 nach Prüfung der von der Schlichtungsstelle gemäß der
Entscheidung 94/442 erstellten Berichte zu treffen.
14 Die Richtlinien für die Anwendung der pauschalen Berichtigungen sind im Dokument Nr. VI/5330/97 der
Kommission vom 23. Dezember 1997 mit dem Titel „Richtlinien zur Berechnung der finanziellen
Auswirkungen im Rahmen der Vorbereitung der Entscheidung über den Rechnungsabschluss des
EAGFL‑Garantie“ (im Folgenden: Dokument Nr. VI/5330/97) festgelegt worden. Lassen sich anhand der
durch die Untersuchung beigebrachten Informationen die der Gemeinschaft entstandenen Verluste
durch eine Extrapolation dieser Verluste, mit statistischen Mitteln oder durch Bezugnahme auf andere
überprüfbare Daten nicht bewerten, so kommt eine pauschale Berichtigung in Frage. Der
angewendete Berichtigungssatz hängt von der Bedeutung der bei der Durchführung der Kontrollen
festgestellten Mängel ab.
15 In Anhang 2 dieses Dokuments mit dem Titel „Finanzielle Auswirkungen von Mängeln der
mitgliedstaatlichen Kontrollen im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL‑Garantie“
unterscheidet die Kommission zwei Kategorien von Kontrollen:
„– Schlüsselkontrollen; dies sind die körperlichen und administrativen Kontrollen, die erforderlich
sind, um die wesentlichen Elemente eines Antrags zu überprüfen, insbesondere die Existenz der
Person, die den Antrag stellt, die Erzeugnismenge und die qualitativen Merkmale einschließlich
der Einhaltung der Fristen, Ernteauflagen, Haltungszeiträume usw. Diese Schlüsselkontrollen
werden vor Ort und durch Gegenkontrollen mit unabhängigen Daten wie den
Liegenschaftsbüchern vorgenommen.
– Zusatzkontrollen sind die administrativen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Anträge
korrekt zu bearbeiten, also beispielsweise die Überprüfung der Einhaltung der
Einreichungsfristen, die Erkennung von Doppelbeantragungen, die Risikoanalyse, die
Anwendung von Sanktionen und die angemessene Überwachung der Verfahren.“
16 Nach Anhang 2 des Dokuments Nr. VI/5330/97 wendet die Kommission bei pauschalen Berichtigungen
folgende Sätze an:
„Werden eine oder mehrere Schlüsselkontrollen nicht oder nur so unzulänglich bzw. so selten
vorgenommen, dass es absolut unmöglich ist, die Förderfähigkeit eines Antrags zu beurteilen oder
eine Unregelmäßigkeit zu verhüten, ist eine Berichtigung in Höhe von 10 % gerechtfertigt, weil in
diesem Fall der Schluss zulässig ist, dass nach vernünftigem Ermessen die Gefahr eines sehr hohen
und generalisierten Verlustes zum Schaden des EAGFL bestand.
Wurden zwar alle Schlüsselkontrollen vorgenommen, jedoch nicht in der nach den Verordnungen
vorgeschriebenen Zahl, Häufigkeit oder Intensität, so ist eine Berichtigung in Höhe von 5 %
gerechtfertigt, weil in diesem Fall der Schluss zulässig ist, dass die Kontrollen nach vernünftigem
Ermessen keine ausreichende Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der Anträge bieten und dass die
Gefahr eines Verlustes zum Nachteil des Fonds bestand.
Hat der Mitgliedstaat zwar die Schlüsselkontrollen in angemessener Weise vorgenommen, aber es
vollständig versäumt, eine oder mehrere Zusatzkontrollen durchzuführen, so ist eine Berichtigung in
Höhe von 2 % gerechtfertigt, da ein geringeres Verlustrisiko für den Fonds bestand und auch der
Verstoß weniger gravierend war.“
17 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines
integrierten Verwaltungs‑ und Kontrollsystems (im Folgenden: IVKS) für bestimmte gemeinschaftliche
Beihilferegelungen (ABl. L 355, S. 1) wurde ein neues integriertes System geschaffen, das u. a. für die
finanzielle Stützungsregelung im Sektor der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen gilt.
18 Artikel 2 dieser Verordnung lautet:
„Das integrierte System umfasst folgende Bestandteile:
a) eine informatisierte Datenbank,
b) ein alphanumerisches System zur Identifizierung der landwirtschaftlich genutzten Parzellen,
c) ein alphanumerisches System zur Identifizierung und Erfassung von Tieren,
d) Beihilfeanträge,
e) ein integriertes Kontrollsystem.“
19 Nach Artikel 7 dieser Verordnung gilt das integrierte Kontrollsystem für alle Beihilfeanträge,
insbesondere hinsichtlich der Verwaltungskontrollen, der Kontrollen vor Ort und gegebenenfalls der
Überprüfung per Fernerkundung mit Luftaufnahmen oder über Satellit.
20 Artikel 8 der Verordnung lautet:
„(1) Der Mitgliedstaat überprüft die Beihilfeanträge im Wege der Verwaltungskontrolle.
(2) Die Verwaltungskontrollen werden durch Stichprobenkontrollen vor Ort in ausgewählten
Landwirtschaftsbetrieben ergänzt. Für die gesamten Kontrollen stellt der Mitgliedstaat einen
Stichprobenplan auf.
(3) Jeder Mitgliedstaat bezeichnet eine Behörde, die die Koordinierung der in dieser Verordnung
vorgesehenen Kontrollen sicherstellt.
(4) Zur Feststellung der Fläche der landwirtschaftlich genutzten Parzellen sowie zur Bestimmung
ihrer Nutzung und ihres Zustandes können die einzelstaatlichen Behörden unter noch festzulegenden
Bedingungen die Fernerkundung einsetzen.
(5) Beauftragen die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats spezialisierte Stellen oder
Unternehmen mit einem Teil der gemäß dieser Verordnung durchzuführenden Arbeiten, so müssen sie
die Leitung und Verantwortung behalten.“
21 Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3508/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2466/96 des
Rates vom 17. Dezember 1996 (ABl. L 335, S. 1) geänderten Fassung bestimmt:
„(1) Das integrierte System ist anwendbar
a) ab 1. Februar 1993 hinsichtlich der Beihilfeanträge und eines alphanumerischen Systems zur
Identifizierung und Registrierung von Rindern sowie des integrierten Kontrollsystems nach Artikel
7;
b) hinsichtlich der anderen in Artikel 2 genannten Komponenten spätestens ab
– 1. Januar 1998 für Österreich, Finnland und Schweden,
– 1. Januar 1997 für die übrigen Mitgliedstaaten.“
22 Die Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer
Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 181, S. 12) sieht
in Artikel 15 Absatz 3 vor:
„Die Zahlungen gemäß dieser Verordnung sind den Begünstigten ungeschmälert auszuzahlen.“
23 Nach Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23.
Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs‑ und Kontrollsystem für
bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 391, S. 36) in der durch die Verordnung (EG)
Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 (ABl. L 156, S. 27) geänderten Fassung wird, wenn es sich
um falsche Angaben handelt, die absichtlich oder aufgrund grober Fahrlässigkeit gemacht wurden, der
betreffende Betriebsinhaber von der Gewährung der betreffenden Beihilfe für das betreffende
Kalenderjahr ausgeschlossen.
Begründetheit
Zur angeblichen Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben
24 Aus dem Zusammenfassenden Bericht geht unter B.7.3.1.1 hervor, dass die Dienststellen der
Kommission für die Wirtschaftsjahre 1994, 1995, 1996 und 1998 nach einem Vergleich der von der
Hellenischen Republik im Rahmen ihrer jährlichen Erklärungen gemeldeten Ausgaben mit den Flächen,
die nach der von den griechischen Behörden vorgelegten abschließenden Mitteilung über die
Grundflächen beihilfefähig waren, enorme Abweichungen (Mehrausgaben von insgesamt
49 385 195 Euro) festgestellt haben.
– Vorbringen der Parteien
25 Die griechische Regierung vertritt die Auffassung, aufgrund einer fehlerhaften Auslegung und
Anwendung des Artikels 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70 in Verbindung mit Anhang
2 des Dokuments Nr. VI/5330/97 habe die Kommission angenommen, dass die zwischen den jährlichen
Ausgabeerklärungen und den beihilfefähigen Ausgaben bestehenden Diskrepanzen reale
Diskrepanzen und Verluste für den EAGFL darstellten. Die Kommission habe von der
gemeinschaftlichen Finanzierung den entsprechenden Betrag abgezogen und diesen der Hellenischen
Republik als finanzielle Berichtigung angelastet. Dieses Vorgehen begründe sie damit, dass diese
Diskrepanzen rein rechnerische Folgen des Fehlens eines gemeinsamen EDV‑Netzes seien und keine
Beträge darstellten, die genauen von dem Mitgliedstaat unter Verstoß gegen bestimmte
gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zum Nachteil der Mittel der Gemeinschaft getätigten Ausgaben
entsprächen. Es handele sich aber nicht um reale, sondern um fiktive Diskrepanzen, die die auf dem
Fehlen
eines
einheitlichen
gemeinsamen
EDV‑Systems
beruhenden
Schwächen
des
Verwaltungssystems widerspiegelten.
26 Die griechische Regierung macht in diesem Zusammenhang geltend,
– entweder seien Angaben nicht verlässlich und die Unterschiede zwischen ihnen daher fiktiv
– oder aber sie seien verlässlich und die Unterschiede zwischen ihnen seien real.
27 Diese beiden Hypothesen könnten in dem Sinne nicht nebeneinander Bestand haben, dass Angaben,
die nicht verlässlich seien, nicht zu Unterschieden führen könnten, die real seien, wie die Kommission
behaupte.
28 Außerdem bedeute das Vorliegen von Unterschieden bei den Angaben nicht notwendigerweise, dass
die Zahlungen, die über die normalen ordnungsgemäßen Zahlungen hinausgingen, real seien. Dies
gelte erst recht, wenn diese Angaben deshalb nicht verlässlich seien, weil ein gemeinsames
kompatibles EDV‑System fehle. Daraus folge, dass die Partei, die behaupte, dass die Unterschiede
real seien, auch den Beweis für ihre Behauptung erbringen müsse. Die Stellungnahme der
Kommission, die darin bestehe, sich lediglich auf das Vorliegen dieser Unterschiede zu berufen,
entspreche diesem Erfordernis nicht.
29 Dass die geltend gemachten Diskrepanzen nicht real seien, werde im Übrigen durch die die Ernte
1997 betreffenden Untersuchungen belegt, die von den griechischen Behörden nach der bilateralen
Besprechung mit den Dienststellen der Kommission am 27. März 2001 durchgeführt worden seien und
deren Ergebnisse von diesen Dienststellen mit der Folge als richtig angesehen worden seien, dass ein
Betrag von 24 160 441 768 GRD nicht von der gemeinschaftlichen Finanzierung im Haushaltsjahr 1997
ausgeschlossen worden sei.
30 Die Kommission trägt vor, die griechische Regierung erkenne an, dass es Abweichungen zwischen den
gemäß den jährlichen Erklärungen getätigten Ausgaben und den Flächen gebe, für die nach der von
den griechischen Behörden vorgelegten abschließenden Mitteilung über die Grundflächen ein
Anspruch auf Zahlungen bestehe, und sie bestreite die Höhe dieser Abweichungen nicht. Die
griechische Regierung lege keine anderen Angaben vor, die den Betrag der Ausgaben und die Flächen
belegten und die ihres Erachtens genau und verlässlich seien.
31 Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang fest, das auf „fiktive Abweichungen“ gestützte
Argument der griechischen Regierung laufe auf die Behauptung hinaus, dass entweder der Betrag,
den diese nach ihrer eigenen Erklärung an die Erzeuger gezahlt habe, nicht richtig sei oder dass die
Flächen, die sie als beihilfefähig gemeldet habe, nicht richtig seien oder dass beide Angaben falsch
seien. Was auch immer das damit vorgebrachte Argument sein möge, es sei Sache der Hellenischen
Republik, den Dienststellen der Kommission die „richtigen“ Zahlen vorzulegen.
– Würdigung durch den Gerichtshof
32 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der EAGFL nur die nach Gemeinschaftsvorschriften
vorgenommenen Interventionen im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte finanziert
(vgl. u. a. Urteile vom 6. März 2001 in der Rechtssache C‑278/98, Niederlande/Kommission, Slg. 2001,
I‑1501, Randnr. 38, und vom 8. Mai 2003 in der Rechtssache C‑349/97, Spanien/Kommission, Slg. 2003,
I‑3851, Randnr. 45).
33 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Kommission ist, das Vorliegen einer Verletzung
der Regeln der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte nachzuweisen (vgl. u. a. Urteil vom 19.
Februar 1991 in der Rechtssache C‑281/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I‑347, Randnr. 19). Folglich
muss die Kommission ihre Entscheidung rechtfertigen, mit der sie feststellt, dass der betroffene
Mitgliedstaat keine oder mangelhafte Kontrollen durchgeführt hat (vgl. Urteil Spanien/Kommission,
Randnr. 46).
34 Die Kommission ist jedoch nicht verpflichtet, die Unzulänglichkeit der von den nationalen Verwaltungen
durchgeführten Kontrollen umfassend darzulegen, sondern braucht nur glaubhaft zu machen, dass an
diesen Kontrollen oder diesen Zahlen berechtigte Zweifel bestehen (vgl. Urteil vom 21. Januar 1999 in
der Rechtssache C‑54/95, Deutschland/Kommission, Slg. 1999, I‑35, Randnr. 35).
35 Der betroffene Mitgliedstaat kann die Feststellungen der Kommission nur dadurch erschüttern, dass
er seine Behauptungen auf Umstände stützt, mit denen das Vorhandensein eines zuverlässigen und
funktionierenden Kontrollsystems nachgewiesen wird. Gelingt dem Mitgliedstaat der Nachweis, dass
die Feststellungen der Kommission unzutreffend sind, nicht, so können diese Feststellungen
ernsthafte Zweifel begründen, ob ein angemessenes und wirksames System von Maßnahmen zur
Überwachung und Kontrolle eingeführt worden ist (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache
C‑253/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I‑7529, Randnr. 7).
36 Diese Erleichterung der Beweislast der Kommission beruht darauf, dass der Mitgliedstaat am besten in
der Lage ist, die für den Rechnungsabschluss des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und
nachzuprüfen, so dass es ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Kontrollen oder seiner Zahlen eingehend
und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Feststellungen der
Kommission darzutun (Urteile Deutschland/Kommission, Randnr. 35, und Niederlande/Kommission,
Randnr. 41).
37 Anhand dieser Erwägungen sind die Beweismittel zu prüfen, die die griechische Regierung gegenüber
den Feststellungen vorgelegt hat, auf die die Kommission die angefochtene Entscheidung gestützt
hat.
38 Unstreitig besteht eine Abweichung zwischen den gemäß den jährlichen Erklärungen getätigten
Ausgaben und den Flächen, für die nach der als Grundlage für die Zahlungen dienenden
abschließenden Mitteilung über die Fläche, die der Kommission von den griechischen Behörden
vorgelegt worden ist, Zahlungen geleistet werden können.
39 Die Kommission hat dadurch, dass sie auf der Grundlage der von der griechischen Regierung
vorgelegten widersprüchlichen Zahlen die Ordnungsmäßigkeit der getätigten Beihilfezahlungen in
Frage stellt, glaubhaft gemacht, dass berechtigte Zweifel bestehen.
40 Demzufolge war es Sache der griechischen Behörden, eingehend und vollständig nachzuweisen, dass
diese Zahlungen nicht unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorgenommen worden sind.
41 Entgegen der Auffassung der griechischen Regierung ist es folglich nicht Sache der Kommission, den
Beweis dafür zu erbringen, dass die festgestellten Unterschiede real sind, indem sie verlässliche
Angaben über die beihilfefähige Fläche vorlegt.
42 Die griechische Regierung hat nicht dargetan, dass die Zahlungen nicht über diejenigen
hinausgegangen sind, die den Flächen entsprechen, für die die streitigen Beihilfen gewährt werden
können. Sie hat sich auf die Behauptung beschränkt, dass das Vorliegen widersprüchlicher Angaben
nicht notwendigerweise bedeute, dass die vorgenommenen Zahlungen tatsächlich über die normalen
ordnungsgemäßen Zahlungen hinausgegangen seien.
43 Nach alledem ist es der griechischen Regierung nicht gelungen, die Feststellungen der Kommission in
Bezug auf die Unterschiede zwischen den jährlichen Erklärungen über Zahlungen und den
beihilfefähigen Flächen zu entkräften.
Zur angeblichen Vornahme einer zweiten finanziellen Berichtigung aus denselben Gründen
– Vorbringen der Parteien
44 Die griechische Regierung macht geltend, pauschale Berichtigungen seien aus denselben Gründen
bereits für die Ernten der Jahre 1994, 1995 und 1996 vorgenommen worden. Pauschale finanzielle
Berichtigungen seien gegenüber der Hellenischen Republik bereits wegen der Mängel des IVKS
während des Zeitraums, der den Ernten der Jahre 1994, 1995, 1996 und 1998 entspreche, im Sektor
Ackerkulturen mit der Entscheidung 2000/449/EG der Kommission vom 5. Juli 2000 über den
Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zu Lasten des Europäischen Ausrichtungs‑ und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, getätigter Ausgaben von der
gemeinschaftlichen Finanzierung (ABl. L 180, S. 49) vorgenommen worden. Diese pauschalen
finanziellen Berichtigungen zu Lasten dieses Mitgliedstaats hätten sich zum einen auf 2 % für die 1994
und zum anderen, was die Ernten der Jahre 1995, 1996 und 1997 angehe, auf 5 % der erklärten
Ausgaben für die Anträge belaufen, die Gegenstand einer Kontrolle vor Ort gewesen seien, und auf
2 % für diejenigen, die Gegenstand einer Kontrolle per Fernerkundung gewesen seien. Diese
Berichtigungen seien wegen Unzulänglichkeiten und Verspätungen bei der Errichtung des IVKS
vorgenommen worden. Zu diesen Unzulänglichkeiten des IVKS gehöre das Fehlen eines gemeinsamen
Systems für die EDV‑Erfassung. Demzufolge sei davon auszugehen, dass die für die oben genannten
Ernten vorgenommenen pauschalen finanziellen Berichtigungen auch das Fehlen eines gemeinsamen
Systems für die EDV‑Erfassung abdeckten, was die Vornahme einer zweiten finanziellen Berichtigung
aus demselben Grund nicht zulasse.
45 Die griechische Regierung vertritt außerdem die Auffassung, die in Bezug auf die Ernte von 1997
festgestellten Diskrepanzen seien von der vorliegenden finanziellen Berichtigung ausgeschlossen
worden, ohne dass klar festgestellt worden sei, warum die für das Wirtschaftsjahr 1997 festgestellten
Unterschiede in Höhe von 77 Millionen Euro nicht von der gemeinschaftlichen Finanzierung
ausgeschlossen worden seien. Die Kommission gebe deutlich zu verstehen, dass die in den anderen
Erntejahren festgestellten Diskrepanzen mit Ausnahme des Jahres 1997 auf andere Gründe
zurückzuführen seien als das Fehlen eines gemeinsamen EDV‑Netzes. Um der Kommission zu folgen,
müsse man tatsächlich von dem am wenigsten überzeugenden Szenario ausgehen, wonach, während
die für die Wirtschaftsjahre 1994, 1995 und 1996 festgestellten Unterschiede real seien, tatsächlich
Zahlungen über die gemeinschaftlichen Zahlungen hinaus vorgenommen worden seien, wohingegen
für das Wirtschaftsjahr 1997 die gleichen Unterschiede auf das Fehlen eines gemeinsamen
kompatiblen EDV‑Systems zurückzuführen seien. Die letztgenannten Unterschiede seien demzufolge
nicht real, und die entsprechenden Beträge würden folglich nicht von der gemeinschaftlichen
Finanzierung ausgeschlossen. Danach, im Wirtschaftsjahr 1998, seien die festgestellten Unterschiede
aber erneut real, und es seien Zahlungen über die ordnungsgemäßen Zahlungen hinaus
vorgenommen worden.
46 Die griechische Regierung folgert daraus, dass die angefochtene Entscheidung gemäß Artikel 253 EG
wegen fehlender Begründung oder zumindest wegen unzulänglicher Begründung aufgrund eines
Tatsachenirrtums, fehlerhafter Beurteilung des Sachverhalts und Nichtberücksichtigung von
ausschlaggebenden Gesichtspunkten für nichtig zu erklären sei und, hilfsweise, dass diese
Entscheidung in der Weise abgeändert werden müsse, dass die den oben angesprochenen
Diskrepanzen entsprechenden Beträge nicht von der gemeinschaftlichen Finanzierung ausgeschlossen
würden.
47 Die Kommission widerspricht der Auffassung der griechischen Regierung, dass eine doppelte
finanzielle Berichtigung für dieselben Ernten und aus denselben Gründen vorliege. Die
vorhergehenden Berichtigungen seien auf die Risiken von Verlusten für den EAGFL gestützt, die sich
aus einer Gesamtheit von Unzulänglichkeiten ergäben, die in Griechenland im Zahlungs‑ und
Kontrollsystem auf der Grundlage des Dokuments VI/5330/97 festgestellt worden seien. In der Folge
hätten die Dienststellen der Kommission von der Hellenischen Republik nach der Verordnung (EG) Nr.
658/96 der Kommission vom 9. April 1996 über die Voraussetzungen für die Ausgleichszahlungen im
Rahmen der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 91,
S. 46) und dem Anhang VIII dieser Verordnung Angaben über die Ernten der Jahre 1994 und 1996
erhalten, die es ihnen ermöglicht hätten, Vergleiche zwischen den beihilfefähigen Flächen und den
erfolgten Zahlungen vorzunehmen und festzustellen, dass es erhebliche Unterschiede und reale
Verluste für den EAGFL gegeben habe. Die neuerliche Berichtigung stütze sich also auf die
Feststellung bestimmter Abweichungen, die zu nicht ordnungsgemäßen Ausgaben geführt hätten.
48 Was die Ernte von 1997 angeht, unterstreicht die Kommission, dass die griechische Regierung
Angaben und Erklärungen vorgelegt habe, die es ihr ermöglicht hätten, die finanziellen Auswirkungen
und die konkret festgestellten Probleme getrennt zu beurteilen. Derartige Angaben hätten auch für
die folgenden Jahre vorgelegt werden müssen. Es sei aber in diesem Zusammenhang keine Erklärung
oder Information vorgelegt worden. Dass im Jahr 1997 keine Abweichung festgestellt worden sei, lasse
ohne weitere Informationen nicht den Schluss zu, dass es, was die Jahre 1994, 1995, 1996 und 1998
angehe, keine Abweichungen gegeben habe.
– Würdigung durch den Gerichtshof
49 Vorab ist festzustellen, dass die Rüge, die auf einen Begründungsmangel der angefochtenen
Entscheidung in Bezug auf die angebliche doppelte finanzielle Berichtigung gestützt ist, von der
griechischen Regierung nicht als ein unabhängiger Klagegrund geltend gemacht wird, sondern
vielmehr gegen die Gesamtheit der Beurteilung der Kommission gerichtet ist. Diese Rüge ist daher
nicht getrennt zu prüfen.
50 Wie in Randnummer 32 des vorliegenden Urteils ausgeführt, finanziert der EAGFL nur die nach
Gemeinschaftsvorschriften vorgenommenen Interventionen im Rahmen der gemeinsamen Organisation
der Agrarmärkte. Die Kommission ist nicht verpflichtet, das Bestehen eines Schadens nachzuweisen,
sondern kann sich darauf beschränken, ernsthafte Indizien hierfür anzugeben (Urteil
Spanien/Kommission, Randnr. 146).
51 Im vorliegenden Fall ist, was die Zahlungen angeht, die nicht auf beihilfefähige Flächen gestützt sind,
unstreitig, dass derartige Indizien von der Kommission vorgelegt worden sind und dass die griechische
Regierung die Ordnungsmäßigkeit dieser Zahlungen nicht hat nachweisen können.
52 Was die Ernte 1997 angeht, vertritt die Kommission zu Recht die Auffassung, dass der Umstand, dass
für dieses Jahr keine Abweichung festgestellt worden ist, als solcher ohne weitere Informationen nicht
den Schluss zulässt, dass es in den anderen Jahren keine Abweichungen gegeben hat.
53 Die bereits für die Ernten 1994, 1995 und 1996 vorgenommenen Berichtigungen sind wegen einer
Unzulänglichkeit des IVKS erfolgt und haben pauschalen Charakter, während die hier streitigen
Berichtigungen nicht pauschal, sondern ausgehend von einer genauen Ermittlung der Verluste
vorgenommen worden sind.
54 Gewiss kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die im Jahr 1994 und in den
folgenden Jahren festgestellten Risiken, die die Kommission dazu veranlasst haben, eine pauschale
Berichtigung zu verfügen, bereits das Risiko eingeschlossen haben, das mit den Abweichungen
zwischen den beihilfefähigen Flächen und den vorgenommenen Beihilfezahlungen verbunden ist.
55 Die Kommission hat jedoch eingehend dargetan, dass die im Rahmen der vorangehenden Jahre
vorgenommenen Berichtigungen nicht durch ein derartiges Risiko, sondern durch andere spezifische
Gründe motiviert waren.
56 Für das Jahr 1994 geht aus dem Zusammenfassenden Bericht unter B.7.3.1.5 hervor, dass die für
dieses Jahr vorgenommene Berichtigung sich nur auf Nebenaspekte des Kontrollsystems bezog und
das Fehlen eines kompatiblen gemeinsamen EDV‑Systems, das die Rechtfertigung der vorliegenden
finanziellen Berichtigung darstellt, nicht erfasste.
57 Die für die Wirtschaftsjahre 1995 und 1996 vorgenommenen Berichtigungen hingen mit den in Bezug
auf die Kontrollen vor Ort festgestellten Mängeln zusammen und waren nicht durch das Fehlen des
kompatiblen gemeinsamen EDV‑Systems motiviert. Wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung
vorträgt, ohne dass die griechische Regierung ihr widersprochen hat, betrafen die für die
Wirtschaftsjahre 1995 und 1996 vorgenommenen Berichtigungen nämlich u. a. Unzulänglichkeiten, die
mit Verzögerungen bei der Durchführung der Kontrollen per Fernerkundung und der Kontrollen vor Ort
sowie mit dem Fehlen eines Flurbuchs und von Gegenkontrollen zusammenhingen.
58 Diese Feststellungen sind von der griechischen Regierung, die im Einzelnen vorträgt, dass zu den
beanstandeten Unzulänglichkeiten auch das Fehlen eines gemeinsamen EDV‑Erfassungssystems
gehört habe, nicht entkräftet worden.
59 Nach der Entscheidung 2000/449 war die für die Haushaltsjahre 1996–1998 vorgenommene
Berichtigung durch das Risiko von Verlusten für den EAGFL infolge der „Mängel bei der Umsetzung des
IVKS“ begründet.
60 Zwar ist nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 3508/92 ein gemeinsames System der EDV‑Erfassung ein
Bestandteil des IVKS, doch hat dieses noch mehrere andere Bestandteile. Das IVKS umfasst nämlich
auch Verwaltungskontrollen, Kontrollen vor Ort und, gegebenenfalls, Überprüfungen per
Fernerkundung mit Luftaufnahmen oder über Satellit.
61 Die durch die Entscheidung 2000/449 verfügten Berichtigungen sind folglich auf eine Gesamtheit von
Unzulänglichkeiten gestützt. Die festgestellte Abweichung zwischen den vorgenommenen Zahlungen
und den beihilfefähigen Flächen war als solche bei den früheren Berichtigungen nicht berücksichtigt
worden.
62 Die Rüge, dass eine doppelte finanzielle Berichtigung für dieselben Zeiträume und aus denselben
Gründen vorgenommen worden sei, ist daher zurückzuweisen.
Zur angeblichen Unzuständigkeit der Kommission ratione temporis
– Vorbringen der Parteien
63 Die griechische Regierung trägt hilfsweise vor, nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr.
729/70 könne eine Ablehnung der Finanzierung sich nicht auf Ausgaben beziehen, die mehr als 24
Monate vor dem Zeitpunkt getätigt worden seien, zu dem die Kommission dem betroffenen
Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt habe.
64 Gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1663/95 setze das Recht der Kommission, während der
Dauer des Zeitraums, der 24 Monate vor der schriftlichen Mitteilung der Ergebnisse der Kontrolle an
den betroffenen Mitgliedstaat beginne, finanzielle Berichtigungen vorzunehmen, voraus, dass diese
schriftliche Mitteilung der während der Kontrolle durchgeführten Überprüfungen auch eine Schätzung
der Ausgaben enthalte, die nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 729/70
ausgeschlossen werden könnten. Eine Mitteilung der Ergebnisse der Kontrolle, die eine solche
Schätzung der Ausgaben, die ausgeschlossen werden könnten, nicht enthalte, erfülle folglich die
vorgeschriebenen rechtlichen Voraussetzungen nicht.
65 Die vorliegende finanzielle Berichtigung könne sich daher nicht auf die Ernten der Jahre 1994 bis 1996
und 1998 erstrecken, da sie sich gemäß diesem Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c nicht auf Ausgaben
beziehen könne, die mehr als 24 Monate vor der offiziellen Mitteilung der Schlussfolgerungen der
Kommission in Bezug auf die Ergebnisse der Kontrollen getätigt worden seien, die von den
Dienststellen der Kommission im Rahmen der unter den Nummern 214/99, 219/99 und 1/2000
registrierten Untersuchungen durchgeführt worden seien.
66 Die Kommission entgegnet, die Hellenische Republik könne keinen Nutzen daraus ziehen, da sie selbst
der Kommission die richtigen Angaben über diese Jahre nicht rechtzeitig vorgelegt habe. Die
Dienststellen der Kommission hätten in einem ständigen Dialog über die streitigen Abweichungen mit
den griechischen Behörden gestanden. Die Kommission nennt in diesem Zusammenhang u. a. ihr
Schreiben vom 23. Juni 1998 (Nr. VI/25149, griechische Fassung: EL 32539 vom 24. August 1998), in
dem sie die griechischen Behörden von ihrer Absicht unterrichtet habe, bestimmte Ausgaben von der
gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen. In ihrem Schreiben vom 5. Februar 2001 (Nr.
VI/003644) habe die Kommission angegeben, dass sie die Absicht habe, den Ausschluss der Ausgaben
vorzuschlagen, die den Anbauflächen für die Jahre 1994 bis 1998 nicht entsprochen hätten.
– Würdigung durch den Gerichtshof
67 Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c Unterabsatz 5 der Verordnung Nr. 729/70 kann eine „Ablehnung
der Finanzierung … sich nicht auf Ausgaben beziehen, die über vierundzwanzig Monate vor dem
Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer
Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat“.
68 Die Verordnung Nr. 1663/95, die die Durchführungsverordnung zur Verordnung Nr. 729/70 ist,
präzisiert in Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 1 den Inhalt dieser schriftlichen Mitteilung, mit der die
Kommission das Ergebnis ihrer Überprüfungen den Mitgliedstaaten mitteilt (vgl. Urteil vom 24. Januar
2002 in der Rechtssache C‑170/00, Finnland/Kommission, Slg. 2002, I‑1007, Randnr. 26).
69 Danach muss die Mitteilung die zu treffenden Korrekturmaßnahmen, die künftig die Beachtung der
betreffenden Vorschriften sicherstellen sollen, sowie eine Schätzung der Beträge, die möglicherweise
ausgeschlossen werden, angeben und auf die Verordnung Nr. 1663/95 Bezug nehmen.
70 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss die Kommission im Rahmen ihrer Beziehungen zu
den Mitgliedstaaten die Bedingungen erfüllen, die sie für sich selbst mit Durchführungsverordnungen
aufgestellt hat (Urteil Finnland/Kommission, Randnr. 34). Denn die Nichterfüllung dieser Bedingungen
kann, je nachdem, wie erheblich sie ist, der Verfahrensgarantie, die Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c der
Verordnung Nr. 729/70 mit der zeitlichen Begrenzung der Ausgaben, deren Finanzierung vom EAGFL
abgelehnt werden kann, den Mitgliedstaaten gewährt, ihren Inhalt nehmen (vgl. u. a. Urteil vom 13.
Juni 2002 in der Rechtssache C‑158/00, Luxemburg/Kommission, Slg. 2002, I‑5373, Randnr. 24).
71 Es ist daher zu prüfen, inwieweit das Schreiben vom 23. Juni 1998 den in Artikel 8 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 1663/95 aufgestellten Voraussetzungen entspricht.
72 In diesem Schreiben setzte die Kommission die griechischen Behörden unter Bezugnahme auf Artikel 8
der Verordnung Nr. 1663/95 von ihrer Absicht in Kenntnis, einen Teil der in einem Zeitraum von
höchstens 24 Monaten vor dem förmlichen Eingang dieses Schreibens gemäß Artikel 7 Absatz 1 der
Verordnung (EG) Nr. 296/96 der Kommission vom 16. Februar 1996 über die von den Mitgliedstaaten zu
übermittelnden Angaben, zur monatlichen Übernahme der vom Europäischen Ausrichtungs‑ und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, finanzierten Ausgaben und zur
Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2776/88 (ABl. L 39, S. 5) gemeldeten Ausgaben von der
gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen.
73 Was die Schätzung der Ausgaben angeht, teilte die Kommission den griechischen Behörden mit, dass
dieser Teil der Ausgaben auf der Grundlage der auf diesem Gebiet anwendbaren Vorschriften zu
bestimmen sei.
74 Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Begriff „Schätzung“ der Ausgaben in Artikel 8 Absatz 1
der Verordnung Nr. 1663/95, wie seine Entsprechungen in den verschiedenen Sprachfassungen, so
auszulegen ist, dass eine Bezifferung des Betrages der entsprechenden Ausgaben nicht notwendig ist
und dass es genügt, die Einzelheiten anzugeben, die die Berechnung dieses Betrages zumindest
annähernd ermöglichen (vgl. u. a. Urteil vom 13. September 2001 in der Rechtssache C‑375/99,
Spanien/Kommission, Slg. 2001, I‑5983, Randnr. 16).
75 Diese Wortlautauslegung wird dadurch bestätigt, dass der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die
für den Rechnungsabschluss des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen,
worauf in Randnummer 36 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist.
76 Im vorliegenden Fall wird in dem diesem Schreiben vom 23. Juni 1998 als Anlage beigefügten
Kontrollbericht mit der Überschrift „Kontrollbericht über den Rechnungsabschluss des EAGFL –
Abteilung Garantie – Ackerkulturen – Ernten 1996 und 1997“ in den Nummern 1.3.2, 3.7 und 3.8
ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass die erhaltenen Angaben gezeigt hätten, dass es
unmöglich sei, die aus den EDV‑Daten hervorgegangenen Gesamtbeträge mit den dem EAGFL während
des gleichen Zeitraums gemeldeten Ausgaben zu vereinbaren, und dass wesentliche Daten fehlten. Es
wurden erhebliche Unterschiede festgestellt.
77 Diese Informationen genügen aber nicht, um eine „Schätzung“ im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 1663/95 darzustellen. In dem Bericht werden zahlreiche Kritikpunkte in Bezug auf die
bei der Errichtung des IVKS festgestellten Mängel und die im Rahmen der Ernten von 1996 und 1997
aufgedeckten Funktionsstörungen genannt. In dem Schreiben wird nicht angegeben, dass die
Kommission eine nicht pauschale Berichtigung beabsichtigte. Was diese beiden Ernten angeht, waren
die griechischen Behörden daher nicht in der Lage, die Höhe der eventuellen Berichtigungen auch nur
annähernd zu berechnen. Außerdem wurden die Ernten von 1994 und 1995 weder in diesem
Schreiben noch in dem als Anlage beigefügten Bericht angesprochen.
78 Das Schreiben vom 23. Juni 1998 stellt daher keine Mitteilung im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 1663/95 dar.
79 Auch im Schreiben vom 13. Juni 2000 wird die Art der beabsichtigten Berichtigung nicht genannt.
80 Die erste Mitteilung der Kommission, die im vorliegenden Fall den Anforderungen dieser Vorschrift
entspricht, ist das Schreiben vom 20. August 2001.
81 Die Kommission muss sich die in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c Unterabsatz 5 der Verordnung Nr.
729/70 vorgesehene Frist entgegenhalten lassen und kann sich nicht darauf berufen, dass die
griechischen Behörden bei der Aufklärung der festgestellten Abweichungen nicht ausreichend
mitgewirkt hätten. Nichts hindert die Kommission nämlich daran, in der in dieser Vorschrift
vorgesehenen Mitteilung eine Schätzung der Verluste im Wege der Extrapolation ausgehend von
diesen Abweichungen vorzunehmen.
82 Die angefochtene Entscheidung ist folglich insoweit für nichtig zu erklären, als sie von der
gemeinschaftlichen Finanzierung Ausgaben ausschließt, die von der Hellenischen Republik im Sektor
Ackerkulturen vor dem 20. August 1999 getätigt worden sind, soweit diese Ausgaben von der
Berichtigung wegen der Diskrepanzen zwischen den gemeldeten Ausgaben und den mitgeteilten
beihilfefähigen Flächen erfasst sind.
83 Die Kommission legt im Zusammenfassenden Bericht unter B.7.3.1.1 im Einzelnen dar, dass die
Hellenische Republik das IVKS noch nicht eingerichtet habe.
Vorbringen der Parteien
84 Die Hellenische Republik trägt zunächst vor, der Prozentsatz der vor Ort vorgenommenen Kontrollen sei
doppelt so hoch gewesen wie der in der Verordnung Nr. 3887/92 vorgesehene Satz von 5 %. Im Jahr
1998 habe er sich auf 13,55 % der Beihilfeanträge belaufen. Diese Tatsache habe in Verbindung mit
der Zersplitterung der Flächen und der großen Zahl der eingereichten Beihilfeanträge die Forderung
der Kommission nach einer Erhöhung des Kontrollsatzes zum einen überflüssig und zum anderen in
Anbetracht der erheblichen administrativen und finanziellen Aufwendungen, die eine derartige
Erhöhung mit sich gebracht habe, missbräuchlich gemacht. Die Verspätungen bei der Durchführung
dieser Kontrollen, vor allem nach der Ernte, hätten eine wirksame Identifizierung der Anbauflächen, sei
es auch nach der Ernte, dank der noch in gutem Zustand vorhandenen Anbaureste, wegen der
erhöhten Temperatur und der Trockenheit nicht verhindert. Sowohl der Prozentsatz als auch die
Qualität der Kontrollen seien folglich zufrieden stellend gewesen.
85 Die festgestellten Abweichungen zwischen den den Dienststellen der Kommission gemeldeten und den
mit Methoden der Fernerkundung durchgeführten Kontrollen seien nicht real und auf Fehler
zurückzuführen, zu denen es bei der Computererfassung der Daten gekommen sei.
86 Außerdem sei zur Qualität der Kontrollen per Fernerkundung anzumerken, dass in den Jahren 1998
und 1999 die Toleranz von +/– 6,2 m gemäß dem von der Gemeinsamen Forschungsstelle (Ispra)
ausgearbeiteten Lastenheft angewendet worden sei und dass diese Vorgehensweise in Griechenland
wegen der Zersplitterung der Flächen nicht zufrieden stellend funktioniert habe. Eine Pilotmaßnahme
zur Festlegung der optimalen Toleranz habe später gezeigt, dass die optimale Toleranz für
Griechenland +/– 3 m betrage, und diese Toleranz werde seit dem Jahr 2000 angewendet. Es sei davon
auszugehen, dass eventuell festgestellte Mängel nicht so schwerwiegend seien, dass sie den EAGFL
Risiken finanzieller Verluste ausgesetzt hätten.
87 Was die noch nicht abgeschlossene Anlegung des Flurbuchs und die damit zusammenhängende
Schwierigkeit der Identifizierung der landwirtschaftlichen Parzellen angehe, sei anzumerken, dass die
griechischen Behörden im Rahmen der Schaffung einer kartografischen Grundlage für das IVKS in
Zusammenarbeit mit den zuständigen Dienststellen der Europäischen Union und der Gemeinsamen
Forschungsstelle (Ispra) schon 1994 mit der Arbeit daran begonnen hätten, damit die Erklärungen des
IVKS zu etwa 90 % erfasst würden. Diese Arbeit habe die Erstellung von Orthofotografien und
Diapositiven von Einheiten eingeschlossen und sei im Jahr 1997 abgeschlossen worden, während sie
im Jahr 1998 in einigen Bezirken des Landes erprobt worden sei. Sie sei in vollem Umfang 1999
angewendet worden und habe etwa 75 % der landwirtschaftlichen Parzellen des IVKS erfasst.
88 Nach alledem und vor allem in Anbetracht des Grades der Fertigstellung der Anlegung der
Weinbaukartei und der Ölkartei, nämlich 75 %, und der Aussicht, dass der Abschluss der Anlegung
dieser Karteien unmittelbar bevorstehe, machen die griechischen Behörden geltend, der Umstand,
dass diese noch nicht vollständig angelegt seien, stelle keinen schwerwiegenden Mangel dar, aus dem
sich für die Gemeinschaftsmittel ein reales Verlustrisiko ergebe.
89 Was schließlich das Fehlen von Sanktionen und das Nichtbestehen eines geeigneten Kontrollsystems
angehe, seien zum einen die in Artikel 9 der Verordnung Nr. 3887/92 vorgesehenen Sanktionen in den
Fällen, in denen Flächen als bewässert gemeldet worden seien, obwohl die Erzeuger dafür keinen
Beweis erbracht hätten, mit der Begründung nicht angewandt worden, dass es die Kulturen gegeben
habe, dass es sich nicht um eine absichtlich falsche Erklärung gehandelt habe und dass derartige
Sanktionen auf jeden Fall erst vom Jahr 2000 an, als eine erhebliche gesonderte Fläche zum Anbau
von Mais geschaffen worden sei, angewendet würden.
90 Aus diesen Gründen vertritt die griechische Regierung die Auffassung, dass die Strukturen und das
nationale Kontrollsystem sich im Verhältnis zum vorherigen Zustand verbessert hätten und dass die
vorgenommene pauschale finanzielle Berichtigung in Höhe von 5 % unverhältnismäßig sei. Der gleiche
Berichtigungssatz sei für die vorangehenden Ernten angewendet worden.
91 Die Kommission macht geltend, im Jahr 1998 sei in einer erheblichen Zahl von Regionen ein hoher
Prozentsatz von erheblichen Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Die griechischen Behörden
hätten während dieses Jahres jedoch keine zusätzlichen Kontrollen durchgeführt, und der Prozentsatz
der überprüften Anträge im Jahr 1999 sei entgegen Artikel 9 der Verordnung Nr. 3887/92 nicht
gestiegen. Für die Jahre 1999 und 2000 seien die griechischen Behörden nicht in der Lage gewesen,
die statistischen Angaben über die Kontrollen vorzulegen, da die Computersoftware, die die
zentralisierten statistischen Daten enthalte, noch nicht in Betrieb gewesen sei.
92 Darüber hinaus führt die Kommission Mängel in Bezug auf die Prozentsätze und die Qualität der
Kontrollen per Fernerkundung, die Qualität der klassischen vor Ort durchgeführten Kontrollen, das
System der Identifizierung der landwirtschaftlichen Parzellen, die Kontrollen der bewässerten
Anbauflächen und die Gesamtüberwachung der Verfahren an.
93 Die griechische Regierung erkenne alle Schlussfolgerungen aus den Kontrollen sowie die
festgestellten Abweichungen und die Unzulänglichkeiten des Systems und der Kontrollen an und
räume sie ein. Sie erkenne insbesondere an, dass die Zahl der Kontrollen 1999 nicht zugenommen
habe, dass die gemeldete Zahl der Kontrollen per Fernerkundung unrichtig gewesen sei und dass die
Kontrollen vor Ort verspätet, ja sogar nach der Ernte durchgeführt worden seien, dass die zugelassene
Toleranz von 6,2 m für die Luftbildfotografie der Situation der in Griechenland angetroffenen kleinen
Anbauflächen nicht angepasst sei, dass die Anlegung des Flurbuchs während des betroffenen
Zeitraums keineswegs abgeschlossen gewesen sei und dass die in Artikel 9 der Verordnung Nr.
3887/92 vorgesehenen Sanktionen wegen willkürlicher Auslegungen dieser Vorschrift nicht verhängt
worden seien.
94 In Anbetracht des Ausmaßes der Lücken des Kontrollsystems während des streitigen Zeitraums und
des darauf beruhenden hohen Verlustrisikos für den EAGFL sei die Berichtigung in Höhe von 5 % als
gerechtfertigt anzusehen.
Würdigung durch den Gerichtshof
95 Nach der in den Randnummern 33 bis 35 des vorliegenden Urteils zitierten Rechtsprechung war es
Sache der griechischen Regierung, nachzuweisen, dass die Hellenische Republik für die
Wirtschaftsjahre 1998 und 1999 ein verlässliches und wirksames Kontrollsystem angewandt hatte und
dass die von der Kommission nach den von deren Dienststellen durchgeführten materiellen
Überprüfungen erhobenen Rügen nicht begründet waren.
96 Was die Errichtung des IVKS angeht, bestreitet die griechische Regierung nicht, dass die in den
Artikeln 2 und 3 der Verordnung Nr. 3508/92 vorgesehene informatisierte Datenbank innerhalb der
gesetzten Frist nicht geschaffen worden ist und während der hier betroffenen Wirtschaftsjahre nicht in
Betrieb war. Sie macht lediglich geltend, dass die Strukturen und das nationale Kontrollsystem
gegenüber dem vorherigen Zustand verbessert worden seien und dass die Tatsachen, auf die sich die
Kommission berufe, keinen schwerwiegenden Mangel darstellten, aus dem sich ein reales Verlustrisiko
Kommission berufe, keinen schwerwiegenden Mangel darstellten, aus dem sich ein reales Verlustrisiko
für die Mittel der Gemeinschaft ergebe.
97 In diesem Zusammenhang ist auf die Bedeutung der Errichtung des IVKS hinzuweisen, ohne dass die
Frage der Qualität der Kontrollen per Fernerkundung oder des Prozentsatzes der vor Ort
durchgeführten Kontrollen im Einzelnen geprüft zu werden brauchte. Die Identifizierung der
landwirtschaftlichen Parzellen – die in Griechenland noch nicht vollständig abgeschlossen ist – stellt
nämlich schon für sich allein einen entscheidenden Bestandteil der ordnungsgemäßen Anwendung
einer flächengebundenen Regelung dar. Das Fehlen eines verlässlichen Systems der Identifizierung
der Parzellen bringt als solches ein hohes Risiko eines Schadens für den Gemeinschaftshaushalt mit
sich.
98 Zu in der Verordnung Nr. 3887/92 vorgesehenen Sanktionen genügt die Feststellung, dass Erzeuger
ihre Flächen als bewässert gemeldet haben, ohne den Beweis dafür erbringen zu können. Die hierfür
in Artikel 9 Absatz 2 dieser Verordnung vorgesehene Sanktion besteht darin, die betroffenen Parzellen
von der gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen. Entgegen dem Vorbringen der griechischen
Regierung war diese Sanktion auf die hier betroffenen Haushaltsjahre bereits anwendbar.
99 Wenn auch Verbesserungen festzustellen sind, kann die griechische Regierung nicht geltend machen,
aufgrund dieser Feststellung und in Anbetracht dessen, dass früher bereits ein Berichtigungssatz von
5 % angewendet worden sei, müsse der Satz der vorzunehmenden Berichtigungen verringert werden.
Trotz dieser Verbesserungen, so anerkennenswert sie auch sein mögen, war das Risiko eines
Schadens für den EAGFL nämlich sehr hoch, und zwar seit dem Ablauf der für die Einrichtung des IVKS
gesetzten Frist, d. h. seit dem 1. Januar 1997, so dass die für die Jahre davor festgesetzte Berichtigung
von 5 % als milde angesehen werden könnte.
100 Die für die Jahre 1998 und 1999 vorgenommenen pauschalen Berichtigungen in Höhe von 5 %
entsprechen folglich den von der Kommission im Dokument VI/5330/97 aufgestellten Richtlinien.
101 Aus dem Zusammenfassenden Bericht geht unter B.7.3.1.5 hervor, dass die landwirtschaftlichen
Genossenschaftsverbände in den Jahren 1998 und 1999 etwa 2 % des Betrages der den Landwirten
gezahlten Beihilfe automatisch einbehalten haben, um ihre Verwaltungskosten zu decken.
Vorbringen der Parteien
102 Die griechische Regierung macht geltend, der nationale rechtliche Rahmen lasse den Einbehalt seit
den streitigen Ernten nicht mehr zu. Das Urteil vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C‑247/98
(Griechenland/Kommission, Slg. 2001, I‑1), nach dem ein derartiger Einbehalt verboten sei, beziehe
sich ausdrücklich auf Einbehaltungen vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 2538/97,
d. h. dem 1. Dezember 1997. Durch Artikel 37 dieses Gesetzes sei dem Artikel 2 des Gesetzes Nr.
1409/83 ein Absatz 2 hinzugefügt worden; dieser sehe vor: „Der Einbehalt des im vorstehenden Absatz
vorgesehenen Betrages betrifft nicht die Beträge, die zu Lasten des Europäischen Ausrichtungs‑ und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) gehen, soweit in gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften
nichts anderes bestimmt ist.“ Der nationale rechtliche Rahmen stehe also jedem Einbehalt von
Beihilfen des EAGFL unmittelbar entgegen.
103 Die griechische Regierung räumt ein, dass die Verpflichtung des Mitgliedstaats, die Zahlung des
Gesamtbetrags der Beihilfen sicherzustellen, sich nicht auf die Schaffung eines diesbezüglichen
nationalen rechtlichen Rahmens beschränke, sondern sich auch auf die strikte Beachtung dieses
Rahmens und auf dessen Anwendung in der Weise erstrecke, dass gegebenenfalls festgestellte
Einbehalte von Beihilfen mit der Begründung wiedererlangt werden könnten, dass sie ohne
Rechtsgrund oder rechtswidrig vorgenommen worden seien. Dieser letzte Punkt setze aber eine Klage
seitens des Empfängers der Beihilfe und allgemeiner das Fehlen einer entgegenstehenden
Vereinbarung zwischen den Landwirtschaftsverbänden und den Beihilfeempfängern voraus. Im
vorliegenden Fall liege kein Verstoß gegen eine nationale oder gemeinschaftliche Vorschrift vor, da
der Empfänger der gezahlten Beihilfe ausdrücklich dem Einbehalt eines Teils dieser Beihilfe zugestimmt
habe.
104 In der mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache hat die griechische Regierung
hinzugefügt, nach der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 2538/97 habe die Verwaltung alle auf diesem
Gebiet zuständigen Dienststellen durch verschiedene Rundschreiben unterrichtet, damit dieses Gesetz
genau beachtet und gegen Zuwiderhandelnde gerichtlich vorgegangen werde.
105 In Anbetracht der getroffenen Maßnahmen und der in diesem Bereich festgestellten Verbesserungen
sei es nicht begründet, zumindest aber äußerst ungerecht und unverhältnismäßig, von der
gemeinschaftlichen Finanzierung einen Teil der den Empfängern gezahlten Beihilfen in Höhe von 2 %
dieser Beihilfen auszuschließen.
106 Die Kommission macht geltend, die griechische Regierung erkenne an, dass der von den
landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbänden vorgenommene Einbehalt von 2 % gegen das
Gemeinschaftsrecht verstoße, und sie bestreite nicht das Ergebnis der Kontrollen der Kommission, die
belegten, dass diese Verbände einen Betrag in Höhe von 2 % der den Empfängern gezahlten Beihilfen
einbehielten.
107 Auch wenn die griechischen Behörden das Gesetz aufgehoben hätten, das die landwirtschaftlichen
Genossenschaftsverbände dazu ermächtigt habe, die mit der Verwaltung der Zahlung der Beihilfen
verbundenen Kosten dadurch auszugleichen, dass sie einen Betrag in Höhe von 2 % dieser Beihilfen
einbehielten, so hätten sie doch keine angemessenen Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass
diese Verbände diesen Einbehalt weiter vornähmen. Die Mitgliedstaaten müssten verhindern, dass die
Verpflichtung, die Beihilfe den Erzeugern ungeschmälert auszuzahlen, mit nicht transparenten
Praktiken unmittelbar oder mittelbar umgangen werde.
108 Die Kommission fügt hinzu, dass sie eine Reihe von Beschwerden von Erzeugern über diesen Einbehalt
erhalten habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
109 Nach Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 sind die Zahlungen gemäß dieser Verordnung
den Begünstigten ungeschmälert auszuzahlen.
110 Trotz des Erlasses des Gesetzes Nr. 2538/97, das einem somit verbotenen Einbehalt entgegensteht,
ist unstreitig, dass die landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbände in den Jahren 1998 und 1999
zur Deckung ihrer Verwaltungskosten automatisch einen etwa 2 % der den Landwirten gezahlten
Beihilfe entsprechenden Betrag einbehalten haben.
111 Die Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen sieht aber keine
Ausnahme vor, die einen solchen Einbehalt zulassen würde. Daher hat der Gerichtshof entschieden,
dass Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 es den nationalen Behörden verbietet, die
Zahlungen zu kürzen oder für die Bearbeitung der Anträge Verwaltungsgebühren zu erheben, die eine
Verringerung des Beihilfebetrags bewirken (Urteil vom 22. Oktober 1998 in den Rechtssachen C‑36/97
und C‑37/97, Kellinghusen, Slg. 1998, I‑6337, Randnr. 21). Das Gleiche gilt für die landwirtschaftlichen
Genossenschaftsverbände, die bei der Zahlung der hier betroffenen Beihilfen tätig werden.
112 Die sich aus Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1765/92 ergebende Verpflichtung ist eine solche
zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses, so dass es unerheblich ist, ob Beschwerden
eingegangen sind oder ob Vereinbarungen zwischen den Empfängern und den Genossenschaften
über den Einbehalt eines Teils der Beihilfe geschlossen worden sind.
113 Die von der Kommission festgesetzte Berichtigung in Höhe von 2 % entspricht dem von den
landwirtschaftlichen
Genossenschaftsverbänden
einbehaltenen
Prozentsatz.
Der
auf
die
Unverhältnismäßigkeit dieser Berichtigung gestützte Klagegrund kann daher keinen Erfolg haben.
114 Demzufolge hat die Kommission die streitige Berichtigung zu Recht vorgenommen.
115 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die Klage im Übrigen abzuweisen.
Kosten
116 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jedoch die
Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils
obsiegt, teils unterliegt. Da im vorliegenden Fall beide Parteien teilweise unterlegen sind, sind ihnen
jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung 2002/524/EG der Kommission vom 26. Juni 2002 zum Ausschluss
bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs‑ und
Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, getätigter
Ausgaben von der gemeinschaftlichen Finanzierung wird insoweit für nichtig erklärt,
als sie von der gemeinschaftlichen Finanzierung Ausgaben ausschließt, die von der
Hellenischen Republik im Sektor Ackerkulturen vor dem 20. August 1999 getätigt
worden sind, soweit diese Ausgaben von der Berichtigung wegen der Diskrepanzen
zwischen den gemeldeten Ausgaben und den mitgeteilten beihilfefähigen Flächen
erfasst sind.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften.
Verfahrenssprache:Griechisch.