Urteil des EuGH vom 21.03.2000

EuGH: verordnung, wirtschaftliche tätigkeit, verlängerung der frist, erwerb von grundstücken, ablauf der frist, vorsteuerabzug, steuerpflichtiger, regierung, steuerverwaltung, fälligkeit

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
21. März 2000
„Begriff des nationalen Gerichts im Sinne von Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) - Zulässigkeit -
Mehrwertsteuer - Auslegung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG - Vorsteuerabzug -
Tätigkeiten vor der gewohnheitsmäßigen Ausführung wirtschaftlicher Vorgänge“
In den verbundenen Rechtssachen C-110/98 bis C-147/98
betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Tribunal Económico-
Administrativo Regional de Cataluña (Spanien) in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten
Gabalfrisa SL u. a.
gegen
Agencia Estatal de Administración Tributaria (AEAT)
vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida
(Berichterstatter), L. Sevón und R. Schintgen sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, C. Gulmann, J. -P. Puissochet,
G. Hirsch, P. Jann, H. Ragnemalm und M. Wathelet,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Tarragona 161 SA (C-112/98 und C-136/98), vertreten durch die Rechtsanwälte F. Alonso Fernández
und E. Andres sowie Rechtsanwältin M. A. Azpeitia Gamazo, Madrid,
- der Gran Vía Zaragoza SA (C-116/98 und C-118/98 bis C-120/98), vertreten durch M. Laborda Aured als
Bevollmächtigten,
- der Savigi 89 SA (C-123/98), vertreten durch Rechtsanwalt G. Galiano Quesada, Barcelona,
- der Plácida Jiménez SL (C-125/98), vertreten durch J. Jiménez Cano als Bevollmächtigte,
- von Jesús Corral García, (C-132/98), der sich selbst vertritt,
- der Gesba SA (C-137/98), vertreten durch M. Casasus Camps als Bevollmächtigten,
- der Estació de Servei El Trevol SL (C-138/98), vertreten durch Rechtsanwalt J. Gibert Canet, Barcelona,
- der Bungy Fun Germany GBDR (C-147/98), vertreten durch Rechtsanwalt F. Marcos, Tarragona,
- der spanischen Regierung, vertreten durch Abogado del Estado M. López-Monís Gallego als
Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, Rechtsberater der Eingangsstufe im
Juristischen Dienst des Staates, und A. Rokofyllou, Rechtsberaterin in der Sonderabteilung des
Außenministeriums für Rechtsfragen der Europäischen Gemeinschaften, als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater M. Díaz-Llanos La
Roche und C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Oktober 1999,
folgendes
Urteil
1.
Das Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña hat mit Beschlüssen vom 19.
Dezember 1997 (C-110/98 bis C-115/98, C-117/98, C-120/98 und C-125/98 bis C-146/98), vom 30.
Januar 1998 (C-121/98 bis C-124/98 und C-147/98) und vom 25. Februar 1998 (C-116/98, C-118/98 und
C-119/98), beim Gerichtshof eingegangen am 14. April 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt
Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des
Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung
vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen mehreren Unternehmern oder
Selbständigen und verschiedenen Dienststellen der Agencia Estatal de Administración Tributaria
(staatliche Steuerverwaltung; im folgenden: AEAT), in denen es um den Abzug der Mehrwertsteuer
geht, die für vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit vorgenommene Umsätze entrichtet worden ist.
Die Sechste Richtlinie
3.
Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Sechsten Richtlinie, die den Begriff des Steuerpflichtigen definieren,
lauten:
„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten
selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem
Ergebnis.
(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers,
Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie
der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine
Leistung, die dieNutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen
Erzielung von Einnahmen umfaßt.“
4.
In Artikel 17 der Sechsten Richtlinie, der das Recht auf Vorsteuerabzug regelt, heißt es:
„(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer
entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze
verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende
Beträge abzuziehen:
a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm
von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden
oder erbracht werden,
...“
5.
In Artikel 22 der Sechsten Richtlinie, der die Pflichten der Steuerpflichtigen im inneren
Anwendungsbereich regelt, heißt es:
„(1) Jeder Steuerpflichtige hat die Aufnahme, den Wechsel und die Beendigung seiner Tätigkeit als
Steuerpflichtiger anzuzeigen.
...
(8) Unbeschadet der nach Artikel 17 Absatz 4 zu erlassenden Vorschriften können die
Mitgliedstaaten weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um die genaue Erhebung
der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden.
...“
Die nationale Mehrwertsteuerregelung
6.
Artikel 100 des Gesetzes 37/1992 vom 28. Dezember 1992 über die Mehrwertsteuer (BOE Nr. 312
vom 29. Dezember 1992; Berichtigung: BOE Nr. 33 vom 8. Februar 1999) sieht vor, daß der Anspruch
auf Vorsteuerabzug binnen fünf Jahren nach seiner Entstehung verjährt.
7.
In Artikel 111 des Gesetzes 37/1992 in der Fassung des Artikels 10 Absatz 7 des Gesetzes 13/1996
vom 30. Dezember 1996 über steuerliche, Verwaltungs- und soziale Maßnahmen (BOE Nr. 315 vom 31.
Dezember 1996; im folgenden: Gesetz 37/1992) heißt es:
„1. Unternehmer oder freiberuflich Tätige können die Steuer, die sie vor dem Beginn ihrer
unternehmerischen oder freiberuflichen Tätigkeiten entrichtet haben, vom Zeitpunkt der
tatsächlichen Aufnahme dieser Tätigkeiten oder gegebenenfalls eines Teilbereichs dieser Tätigkeiten
an abziehen, sofern der Anspruch auf Abzug dieser Steuern nicht durch Ablauf der Frist gemäß Artikel
100 dieses Gesetzes verfallen ist.
...
5. Abweichend von den Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels müssen die Unternehmer oder
freiberuflich Tätigen, die beabsichtigen, die Steuern, die sie vor dem Beginn ihrer Tätigkeiten
entrichtet haben, gemäß Artikel 93 Absatz 3 dieses Gesetzes abzuziehen, folgende Voraussetzungen
erfüllen:
1. Sie müssen vor der Entrichtung der Steuern und vor der Aufnahme der unternehmerischen
oder freiberuflichen Tätigkeiten oder eines Teilbereichs dieser Tätigkeiten eine Erklärung in einer
Form abgegeben haben, die durch Verordnung bestimmt wird ...
2. Sie müssen die unternehmerischen oder freiberuflichen Tätigkeiten binnen einer Frist von
einem Jahr von der Einreichung der Erklärung im Sinne von Nr. 1 an aufgenommen haben.
Unbeschadet dessen kann die Verwaltung in einer Form, die durch Verordnung geregelt wird, die
erwähnte Frist von einem Jahr verlängern, wenn die Art der künftig auszuübenden Tätigkeiten oder die
bei der Aufnahme der Tätigkeit eingetretenen Umstände dies rechtfertigen.
Sind die angegebenen Voraussetzungen nicht erfüllt, so können die entrichteten Vorsteuern erst
von der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeiten an abgezogen werden, und der Steuerpflichtige ist
verpflichtet, die Abzüge, die er gegebenenfalls vorgenommen hat, zu berichtigen.
Absatz 5 findet keine Anwendung auf die Steuern, die beim Erwerb von Grundstücken entrichtet
werden; diese können erst von dem Zeitpunkt an abgezogen werden, zu dem die unternehmerischen
oder freiberuflichen Tätigkeiten oder gegebenenfalls die Tätigkeiten des Teilbereichs tatsächlich
aufgenommen werden. In diesem Fall entsteht das Recht auf Abzug zum Zeitpunkt der Aufnahme der
erwähnten Tätigkeiten.“
8.
Die zweite Übergangsbestimmung des Gesetzes 13/1996 lautet:
„Das Verfahren des Abzugs der vor der Aufnahme der unternehmerischen oder freiberuflichen
Tätigkeiten entrichteten Steuern, das vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet worden ist,
regelt sich nach dessen Bestimmungen.
Diese Übergangsbestimmung findet ausschließlich auf Steuern Anwendung, die innerhalb von fünf
Jahren vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entrichtet worden sind.“
9.
In Artikel 28 der Königlichen Verordnung 1624/1992 vom 29. Dezember 1992 über den Erlaß der
Mehrwertsteuerregelung (BOE Nr. 314 vom 31. Dezember 1992) heißt es:
„1. Die Steuerpflichtigen können die folgenden Anträge stellen und die folgenden
Wahlmöglichkeiten ausüben:
...
4. Antrag auf Verlängerung der Frist von Artikel 111 Absatz 1 des Gesetzes für die Aufnahme der
unternehmerischen oder freiberuflichen Tätigkeiten.
2. ...
Der Antrag ist innerhalb folgender Fristen einzureichen:
...
4. im Falle der Nummer 4 des vorhergehenden Absatzes zwei Monate vor Ablauf der vorgesehenen
Frist von einem Jahr.“
Der Sachverhalt der Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage
10.
Mehrere Stellen der AEAT verweigerten den Klägern der Ausgangsverfahren den Abzug der
Mehrwertsteuer, die für vor Beginn ihrer Tätigkeit erfolgte Umsätze, insbesondere Bauarbeiten,
entrichtet worden war, da die Voraussetzungen des Artikels 111 des Gesetzes 37/1992 oder des
Artikels 28 der Königlichen Verordnung 1624/1992 nicht erfüllt seien.
11.
Die Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren legten gegen die Bescheide der verschiedenen
Stellen der AEAT einen Rechtsbehelf beim Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña
ein, da sie der Ansicht sind, die Voraussetzungen in Artikel 111 des Gesetzes 37/1992 verstießen
gegen Artikel 17 Absätze 1 und 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie.
12.
Nach dem Vorlagebeschluß ist ein Tribunal Económico-Administrativo gemäß einem Beschluß des
Tribunal Económico-Administrativo Central vom 29. März 1990 ein Gericht im Sinne von Artikel 177 des
Vertrages. Denn diese Einrichtung erfülle die fünf von der Rechtsprechung des Gerichtshofes insoweit
aufgestellten Voraussetzungen, nämlich gesetzliche Grundlage, ständiger Charakter,obligatorische
Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren und Anwendung von Rechtsnormen.
13.
Das Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña hat, da es Zweifel an der
Vereinbarkeit des Gesetzes 37/1992 mit Artikel 17 der Sechsten Richtlinie hat, das Verfahren
ausgesetzt und dem Gerichtshof in jeder Rechtssache die folgende Frage zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
Ist in bezug auf die von einem Steuerpflichtigen vor Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme
besteuerter Umsätze entrichtete Mehrwertsteuer davon auszugehen, daß es die Ausgestaltung des in
Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 erlaubt, die Ausübung
dieses Rechts zur Verhinderung betrügerischer Verhaltensweisen von der Erfüllung bestimmter
Voraussetzungen - wie der Stellung eines ausdrücklichen Antrags vor Fälligkeit der entsprechenden
Steuern und dem Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme der besteuerten Umsätze innerhalb
einer bestimmten Frist vom Zeitpunkt der Stellung des erwähnten Antrags an - abhängig zu machen
und die Nichterfüllung dieser Voraussetzungen mit dem Verlust des Rechts auf Abzug oder zumindest
damit zu ahnden, daß dieses Recht erst von dem Zeitpunkt an ausgeübt werden kann, zu dem die
gewohnheitsmäßige Vornahme der besteuerten Umsätze begonnen hat?
14.
Der Präsident des Gerichtshofes hat mit Beschluß vom 8. Mai 1998 die Rechtssachen C-110/98 bis
C-147/98 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung
verbunden.
Zur Zulässigkeit
15.
Vorab ist zu prüfen, ob das Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña ein Gericht im
Sinne von Artikel 177 des Vertrages ist.
16.
Nach Artikel 90 des Allgemeinen Abgabengesetzes 230/1963 vom 28. Dezember 1963 (BOE vom 30.
Dezember 1963) sind die Verwaltung, Berechnung und Erhebung der Steuern und Abgaben einerseits
und die Behandlung von Rechtsbehelfen andererseits verschiedenen Einrichtungen anvertraut.
17.
Nach Artikel 163 des Gesetzes 230/1963 sind für Rechtsbehelfe in Steuersachen die Tribunales
Económico-Administrativos zuständig.
18.
Nach Artikel 1 der Königlichen Verordnung 391/1996 vom 1. März 1996 zur Billigung der
Verfahrensordnung für Rechtsbehelfe in Steuersachen (BOE Nr. 72 vom 23. März 1996; Korrigendum in
BOE Nr. 168 vom 12. Juli 1996) werdensolche Rechtsbehelfe nach den geltenden Rechtsvorschriften
und der erwähnten Verordnung behandelt und entschieden.
19.
Artikel 3 der Verordnung bestimmt:
„Für die Entscheidung über Rechtsbehelfe in Steuersachen sind zuständig:
1. der Minister für Wirtschaft und Finanzen;
2. das Tribunal Económico-Administrativo Central;
3. die Tribunales Económico-Administrativos Regionales;
4. die Tribunales Económico-Administrativos Locales Ceuta und Melilla.“
20.
Nach Artikel 40 des Gesetzesdekrets 2795/1980 vom 12. Dezember 1980 zur Durchführung des
Gesetzes 39/1980 zur Festlegung der Grundlagen des Rechtsbehelfsverfahrens in Steuersachen (BOE
vom 30. Dezember 1980) und nach den Artikeln 4 Absatz 2 und 119 Absätze 3 und 4 der Königlichen
Verordnung 391/1996 kann gegen die Entscheidungen der Tribunales Económico-Administrativos
Klage bei den Verwaltungsgerichten erhoben werden.
21.
Nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzesdekrets 2795/1980 und nach Artikel 8 Absatz 1 der
Königlichen Verordnung 391/1996 entscheidet der Minister für Wirtschaft und Finanzen insbesondere
über die Rechtsbehelfe in Steuersachen, bei denen das Tribunal Económico-Administrativo Central zu
der Ansicht gelangt ist, daß sie wegen ihrer Art, ihres Betrages oder ihrer Bedeutung vom Minister
entschieden werden sollten.
22.
Nach Artikel 5 Buchstabe c des Gesetzesdekrets 2795/1980 und Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b der
Königlichen Verordnung 391/1996 entscheidet das Tribunal Económico-Administrativo Central
insbesondere über die Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Tribunales Económico-
Administrativos Regionales.
23.
Nach Artikel 16 Absätze 1, 5 und 7 der Königlichen Verordnung 391/1996 sind die Tribunales
Económico-Administrativos Regionales aus einem Vorsitzenden, mindestens drei Beisitzern und einem
Urkundsbeamten zusammengesetzt, von denen jeder über eine Stimme verfügt. Der Präsident, die
Kammervorsitzenden und die Mitglieder werden durch Entscheidung des Ministers für Wirtschaft und
Finanzen aus den Reihen der Beamten der in der Beschreibung der Dienstposten erwähnten
Verwaltungen ernannt und entlassen. Der Urkundsbeamte ist Abogado del Estado.
24.
Nach den Artikeln 169 des Gesetzes 230/1963, 17 Absatz 1 des Gesetzesdekrets 2795/1980 und 40
Absatz 1 der Königlichen Verordnung 391/1996 ist die zuständige Stelle, wenn ein Rechtsbehelf in
Steuersachen eingelegt wird, befugt, sämtlicheFragen, die sich aus dem Zahlungsbescheid oder dem
Rechtsbehelf ergeben, zu prüfen, unabhängig davon, ob sie von den Betroffenen gestellt worden sind.
25.
Weiter kann nach Artikel 40 Absatz 2 der Königlichen Verordnung 391/1996 die zuständige Stelle
daher a) die angefochtene Maßnahme bestätigen, b) sie ganz oder teilweise aufheben oder c) die
maßgebenden Rechte und Pflichten erläutern oder den Verwaltungsstellen aufgeben, die Maßnahmen
zu ergreifen, die sich aus der aufgrund des Rechtsbehelfs erlassenen Entscheidung ergeben.
26.
Nach den Artikeln 17 Absatz 2 des Gesetzesdekrets 2795/1980 und 40 Absatz 3 der Königlichen
Verordnung 391/1996 unterrichtet die zuständige Stelle, wenn sie Fragen entscheiden will, die von
den Betroffenen nicht gestellt worden sind, diejenigen, die vertreten sind, und setzt ihnen eine Frist
von vierzehn Tagen zur Stellungnahme.
27.
Nach Artikel 35 Absatz 1 des Gesetzesdekrets 2795/1980 müssen die Tribunales Económico-
Administrativos über die ihnen vorgelegten Rechtsbehelfe entscheiden. Nach den Artikeln 23 Absatz 1
des Gesetzesdekrets 2795/1980 und 104 der Königlichen Verordnung 391/1996 gilt ein Rechtsbehelf
in Steuersachen als zurückgewiesen, wenn über ihn binnen eines Jahres von seiner Einlegung an,
unabhängig von der Instanz, nicht entschieden worden ist, so daß der Betroffene gegen diese
Zurückweisung Klage beim zuständigen Gericht erheben kann.
28.
Nach Artikel 55 der Königlichen Verordnung 391/1996 können die endgültigen Entscheidungen der
Tribunales Económico-Administrativos außer in Fällen der Nichtigkeit oder der Einlegung einer
außerordentlichen Revision von der Verwaltung nicht widerrufen oder geändert werden.
29.
Die Artikel 30 und 32 des Gesetzesdekrets 2795/1980 sowie die Artikel 90 und 97 der Königlichen
Verordnung 391/1996 erlauben es den Betroffenen, Schriftsätze einzureichen und Beweise für ihr
Vorbringen vorzulegen; ferner können sie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragen.
30.
Nach den Artikeln 20 und 35 Absatz 2 des Gesetzesdekrets 2795/1980 sind die Entscheidungen der
Tribunales Económico-Administrativos in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit Gründen zu
versehen.
31.
Gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Königlichen Verordnung 391/1996 hat die Verwaltung, wenn sie
aufgrund einer Entscheidung eines Tribunal Económico-Administrativo Regional die Maßnahme, die
Gegenstand des Rechtsbehelfs war, zu berichtigen hat, dies binnen vierzehn Tagen zu tun. Gemäß
Artikel 110 Absatz 4 der Königlichen Verordnung 391/1996 hat ferner der Betroffene, wenn die
Verwaltung aufgrund einer Entscheidung eines Tribunal Económico-Administrativo Regional zu Unrecht
erhobene Beträge erstatten muß, Anspruch auf gesetzlicheZinsen von dem Zeitpunkt an, zu dem er
die ungerechtfertigte Zahlung geleistet hat.
32.
Nach Artikel 112 der Königlichen Verordnung 391/1996 überwachen die Urkundsbeamten der
Tribunales Económico-Administrativos Regionales die Durchführung der von diesen erlassenen
Entscheidungen und ergreifen die geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernissen, die ihrer
Durchführung entgegenstehen, bzw. schlagen dem Präsidenten den Erlaß der Maßnahmen vor.
33.
Zur Beurteilung der rein gemeinschaftsrechtlichen Frage, ob die vorlegende Einrichtung ein Gericht
im Sinne von Artikel 177 des Vertrages ist, stellt der Gerichtshof auf eine Reihe von Gesichtspunkten
ab, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit,
streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren
Unabhängigkeit (vgl. insbesondere Urteil vom 17. September 1997 in der Rechtssache C-54/96,
Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961, Randnr. 23, und die dort angeführte Rechtsprechung).
34.
Die Aufgabe der Tribunales Económico-Administrativos wird durch das Gesetz 230/1963 und das
Gesetzesdekret 2795/1980 festgelegt. Das Rechtsbehelfsverfahren in Steuersachen ist durch die
Königliche Verordnung 391/1996 geregelt. Das Gesetz 230/1963, das Gesetzesdekret 2795/1980 und
die Königliche Verordnung 391/1996 verleihen somit den Tribunales Económico-Administrativos eine
gesetzliche Grundlage und ständigen Charakter.
35.
Sodann haben nach Artikel 35 Absatz 1 des Gesetzesdekrets 2795/1980 die Tribunales Económico-
Administrativos über die ihnen vorgelegten Rechtsbehelfe zu entscheiden. Ferner ergibt sich aus
Artikel 163 des Gesetzes 230/1963, Artikel 40 des Gesetzesdekrets 2795/1980 sowie den Artikeln 4
Absatz 2 und 119 Absätze 3 und 4 der Königlichen Verordnung 391/1996, daß die Entscheidungen der
Steuerverwaltung vor den Verwaltungsgerichten erst dann angefochten werden können, wenn ein
Rechtsbehelf bei den Tribunales Económico-Administrativos eingelegt worden ist. Die Gerichtsbarkeit
dieser Tribunales ist daher obligatorisch.
36.
Ferner können nach den Artikeln 55 und 110 der Königlichen Verordnung 391/1996, abgesehen
von den Fällen der Nichtigkeit und der Einlegung einer außerordentlichen Revision, die endgültigen
Entscheidungen der Tribunales Económico-Administrativos von der Steuerverwaltung weder widerrufen
noch geändert werden; diese hat sie durchzuführen und gegebenenfalls die angefochtene Maßnahme
zu berichtigen oder die zu Unrecht erhobenen Beträge zu erstatten. Nach Artikel 112 dieses Dekrets
sorgen die Urkundsbeamten der Tribunales Económico-Administrativos für die Durchführung der
Entscheidungen dieser Tribunales und ergreifen die geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung
derHindernisse, die deren Durchführung entgegenstehen. Die endgültigen Entscheidungen der
Tribunales Económico-Administrativos sind daher verbindlich.
37.
Das Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens stellt kein absolutes Kriterium dar (Urteil
Dorsch Consult, Randnr. 31). Im vorliegenden Fall können die Betroffenen gemäß den Artikeln 30 und
32 des Gesetzesdekrets 2795/1980 sowie 90 und 97 der Königlichen Verordnung 391/1996
Schriftsätze einreichen, Beweise für ihr Vorbringen vorlegen und die Abhaltung einer öffentlichen
Sitzung beantragen. Ferner muß nach den Artikeln 17 Absatz 2 des Gesetzesdekrets 2795/1980 und
40 Absatz 3 der Königlichen Verordnung 391/1996 ein Tribunal Económico-Administrativo, das über
Fragen entscheiden wird, die von den Betroffenen nicht gestellt worden sind, diejenigen davon
unterrichten, die vertreten sind, und ihnen eine Frist von vierzehn Tagen zur Stellungnahme setzen.
Somit genügt das Rechtsbehelfsverfahren in Steuersachen dem Erfordernis eines kontradiktorischen
Verfahrens.
38.
Nach den Artikeln 20 und 35 Absatz 2 des Gesetzesdekrets 2795/1980 werden die Entscheidungen
der Tribunales Económico-Administrativos in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit Gründen
versehen. Gemäß Artikel 1 der Königlichen Verordnung 391/1996 entscheiden die Tribunales
Económico-Administrativos über die Rechtsbehelfe in Steuersachen gemäß den gesetzlichen
Bestimmungen und den Bestimmungen dieser Verordnung. Nach Artikel 40 Absatz 2 dieser
Verordnung bestätigen die Tribunales Económico-Administrativos entweder die angefochtene
Maßnahme, oder sie heben sie ganz oder teilweise auf bzw. erläutern die maßgebenden Rechte und
Pflichten, oder aber sie geben den Verwaltungsstellen auf, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Nach
allem wenden die Tribunales Económico-Administrativos Rechtsnormen an.
39.
Schließlich gewährleistet Artikel 90 des Gesetzes 230/1963 eine funktionale Trennung zwischen den
mit der Verwaltung, der Erhebung und der Berechnung der Abgaben betrauten Stellen der
Steuerverwaltung einerseits und den Tribunales Económico-Administrativos andererseits, die ohne
Weisungen der Steuerverwaltung über die Rechtsbehelfe entscheiden, die gegen die Entscheidungen
dieser Stellen eingelegt werden.
40.
Diese Garantien verleihen den Tribunales Económico-Administrativos im Unterschied zum Directeur
des contributions directes et des accises, um den es im Urteil vom 30. März 1993 in der Rechtssache
C-24/92 (Corbiau, Slg. 1993, I-1277, Randnrn. 15 und 16) ging, die Stellung eines Dritten im Verhältnis
zu den Stellen, die die mit dem Rechtsbehelf angefochtene Entscheidung erlassen haben, und die für
ihre Einstufung als Gerichte im Sinne von Artikel 177 des Vertrages erforderliche Unabhängigkeit.
41.
Nach alledem ist das Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña als Gericht im Sinne
von Artikel 177 des Vertrages zu betrachten, so daß die Vorlagefrage zulässig ist.
Zur Vorlagefrage
42.
Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage im Kern wissen, ob Artikel 17 der Sechsten
Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Steuerpflichtiger das Recht auf
Abzug der vor dem Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme der besteuerten Umsätze entrichteten
Mehrwertsteuer nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, wie der Stellung eines ausdrücklichen
entsprechenden Antrags vor Fälligkeit der Steuer und der Einhaltung einer Frist von einem Jahr
zwischen dieser Antragstellung und dem tatsächlichen Beginn der besteuerten Umsätze, ausüben
kann und die Nichterfüllung dieser Voraussetzungen zum Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug oder
dazu führt, daß dieses Recht erst vom tatsächlichen Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme der
besteuerten Umsätze an ausgeübt werden kann.
43.
Nach ständiger Rechtsprechung ist das in den Artikeln 17 ff. der Sechsten Richtlinie geregelte
Recht auf Vorsteuerabzug integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann
grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Dieses Recht kann für die gesamte Steuerbelastung der
vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden (vgl. insbesondere Urteil vom 6. Juli 1995 in
der Rechtssache C-62/93, BP Soupergaz, Slg. 1995, I-1883, Randnr. 18).
44.
Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen
seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher, daß alle wirtschaftlichen Tätigkeiten
unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden,
sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. insbesondere Urteile vom 14.
Februar 1985 in der Rechtssache 268/83, Rompelman, Slg. 1985, 655, Randnr. 19, und vom 15. Januar
1998 in der Rechtssache C-37/95, Ghent Coal Terminal, Slg. 1998, I-1, Randnr. 15).
45.
Wie der Gerichtshof im Urteil Rompelman (Randnr. 23) und im Urteil vom 29. Februar 1996 in der
Rechtssache C-110/94 (INZO, Slg. 1996, I-857, Randnr. 16) für Recht erkannt hat, verlangt der
Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer hinsichtlich der Abgabenbelastung des Unternehmens,
daß schon die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens oder zu dessen
Verwirklichung getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden. Es würde diesem
Grundsatz zuwiderlaufen, wenn als Beginn der wirtschaftlichen Tätigkeiten erst der Zeitpunkt
angesetzt würde, von dem an das Grundstück tatsächlich genutzt wird, d. h. die zu versteuernden
Einkünfte entstehen. Bei jeder anderen Auslegung des Artikels 4 der Richtlinie würde der
Wirtschaftsteilnehmermit den Mehrwertsteuerkosten belastet, ohne daß er sie gemäß Artikel 17
abziehen könnte, und es würde willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor und während der
tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks unterschieden.
46.
Artikel 4 hindert jedoch die Abgabenverwaltung nicht, objektive Nachweise für die erklärte Absicht
zu verlangen, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Eigenschaft als Steuerpflichtiger nur dann endgültig
erlangt wird, wenn die Erklärung, die beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeiten aufnehmen zu wollen,
vom Betroffenen in gutem Glauben abgegeben wurde. In Fällen von Betrug oder Mißbrauch, in denen
der Betroffene z. B. die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur
vorgespiegelt, in Wirklichkeit jedoch versucht hat, Gegenstände, deren Erwerb zum Abzug berechtigt,
seinem Privatvermögen zuzuführen, kann die Steuerbehörde rückwirkend die Erstattung der
abgezogenen Beträge verlangen, da diese Abzüge aufgrund falscher Erklärungen gewährt wurden
(Urteile Rompelman, Randnr. 24, und INZO, Randnrn. 23 und 24).
47.
Daher muß als Steuerpflichtiger gelten, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat,
im Sinne von Artikel 4 der Sechsten Richtlinie eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig auszuüben,
und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Da er als Steuerpflichtiger handelt, hat er
nach den Artikeln 17 ff. der Sechsten Richtlinie das Recht auf sofortigen Abzug der für
Investitionsausgaben, die für die Zwecke seiner beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden
Umsätze getätigt wurden, geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer und braucht die Aufnahme
des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten.
48.
Die spanische Regierung macht jedoch geltend, Artikel 22 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 8 der
Sechsten Richtlinie erlaubten es, die Ausübung des Abzugsrechts von Voraussetzungen wie der
Stellung eines ausdrücklichen Antrags oder der Einhaltung einer Frist von einem Jahr zwischen einem
solchen Antrag und dem tatsächlichen Beginn der besteuerten Umsätze abhängig zu machen.
49.
Mit einer derartigen Erklärung werde der gleiche Kontrollzweck verfolgt wie mit der Anzeige der
Aufnahme, des Wechsels und der Beendigung der Tätigkeit im Sinne von Artikel 22 Absatz 1 der
Sechsten Richtlinie.
50.
Im übrigen schließt nach Ansicht der spanischen wie auch der griechischen Regierung die Befugnis
der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 22 Absatz 8 der Sechsten Richtlinie, weitere Pflichten vorzusehen,
um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, die
Befugnis ein, die Ausübung des Abzugsrechts von der Stellung eines ausdrücklichen Antrags und der
Einhaltung einer Frist von einem Jahr zwischen einem solchen Antrag und dem tatsächlichen Beginn
der besteuerten Umsätze abhängig zu machen.
51.
Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, sieht Artikel 22 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie nur
die Verpflichtung der Steuerpflichtigen vor, die Aufnahme, den Wechsel und die Beendigung ihrer
Tätigkeit anzuzeigen, er ermächtigt die Mitgliedstaaten jedoch nicht, wenn eine solche Anzeige nicht
erfolgt, die Ausübung des Abzugsrechts erst vom tatsächlichen Beginn der gewohnheitsmäßigen
Vornahme der besteuerten Umsätze zuzulassen oder dem Steuerpflichtigen die Ausübung dieses
Rechts zu versagen.
52.
Ferner dürfen die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 22 Absatz 8 der Sechsten
Richtlinie erlassen dürfen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und
Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele
erforderlich ist. Sie dürfen daher nicht so eingesetzt werden, daß sie systematisch das Recht auf
Vorsteuerabzug in Frage stellen, das ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht
geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember
1997 in den Rechtssachen C-286/94, C-340/95, C-401/95 und C-47/96, Molenheide u. a., Slg. 1997, I-
7281, Randnr. 47).
53.
Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung macht nicht nur die Ausübung des
Rechts auf Abzug der von einem Steuerpflichtigen vor Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme der
besteuerten Umsätze entrichteten Mehrwertsteuer von der Stellung eines ausdrücklichen Antrags und
der Einhaltung einer Frist von einem Jahr zwischen einem solchen Antrag und dem tatsächlichen
Beginn der besteuerten Umsätze abhängig, sondern ahndet auch die Nichteinhaltung dieser
Voraussetzungen systematisch damit, daß das Abzugsrecht erst vom tatsächlichen Beginn der
gewohnheitsmäßigen Vornahme der steuerbaren Umsätze an ausgeübt werden kann. Diese Regelung
kann sogar zum Verlust des Abzugsrechts führen, wenn die erwähnten Umsätze nicht vorgenommen
werden oder wenn das Abzugsrecht nicht binnen fünf Jahren vom Zeitpunkt der Entstehung dieses
Rechts an ausgeübt wird.
54.
Eine derartige Regelung geht deshalb über das hinaus, was zur Erreichung der Ziele erforderlich
ist, die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern.
55.
Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, daß Artikel 17 der Sechsten Richtlinie einer nationalen
Regelung entgegensteht, nach der ein Steuerpflichtiger das Recht auf Abzug der vor dem Beginn der
gewohnheitsmäßigen Vornahme besteuerter Umsätze entrichteten Mehrwertsteuer nur bei Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen, wie der Stellung eines ausdrücklichen entsprechenden Antrags vor
Fälligkeit der Steuer und der Einhaltung einer Frist von einem Jahr zwischen dieser Antragstellung und
dem tatsächlichen Beginn der besteuerten Umsätze, ausüben kann und die Nichterfüllung dieser
Voraussetzungen zum Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug oder dazu führt, daß dieses Recht erst
vom tatsächlichen Beginn der gewohnheitsmäßigen Vornahme der steuerbaren Umsätze an ausgeübt
werden kann.
Kosten
56.
Die Auslagen der spanischen und der griechischen Regierung sowie der Kommission der
Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in
den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssteitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher
Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Tribunal Económico-Administrativo Regional de Cataluña mit Beschlüssen vom 19.
Dezember 1997 (C-110/98 bis C-115/98, C-117/98, C-120/98 und C-125/98 bis C-146/98), vom 30.
Januar 1998 (C-121/98 bis C-124/98 und C-147/98) und vom 25. Februar 1998 (C-116/98, C-118/98 und
C-119/98) vorgelegte Frage für Recht erkannt:
Artikel 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein
Steuerpflichtiger das Recht auf Abzug der vor dem Beginn der gewohnheitsmäßigen
Vornahme besteuerter Umsätze entrichteten Mehrwertsteuer nur bei Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen, wie der Stellung eines ausdrücklichen entsprechenden
Antrags vor Fälligkeit der Steuer und der Einhaltung einer Frist von einem Jahr zwischen
dieser Antragstellung und dem tatsächlichen Beginn der besteuerten Umsätze, ausüben
kann und die Nichterfüllung dieser Voraussetzungen zum Verlust des Rechts auf
Vorsteuerabzug oder der dazu führt, daß dieses Recht erst vom tatsächlichen Beginn der
gewohnheitsmäßigen Vornahme der steuerbaren Umsätze an ausgeübt werden kann.
Rodríguez Iglesias
Moitinho de Almeida
Sevón
Schintgen
Kapteyn Gulmann
Puissochet
Hirsch
Jann Ragnemalm
Wathelet
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. März 2000.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias
Verfahrenssprache: Spanisch.