Urteil des EuGH vom 14.11.2002

EuGH: verordnung, kommission, mitgliedstaat, quote, regierung, kontrolle, flagge, verwaltungsverfahren, spanien, erhaltung

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
14. November 200
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Fischerei - Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen
- Maßnahmen zur Kontrolle des Fischereitätigkeit“
In der Rechtssache C-454/99
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland
im Beistand von M. Hoskins, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
wegen Feststellung, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in jedem der Jahre 1985
bis 1988 und 1990 gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des
Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und
Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1), Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr.
2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der
Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten (ABl. L 220, S. 1) für die Zeit bis zum 1. August 1987 und
Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter
Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit (ABl. L 207, S. 1) für die Zeit danach sowie aus Artikel 10
Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 und Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87, Artikel 9 der
Verordnung Nr. 2241/87, Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 oder Artikel 1 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2241/87 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 verstoßen hat,
indem es
- keine besonderen Einzelheiten für die Nutzung der ihm zugeteilten Quoten festgelegt hat,
- nicht die nach den einschlägigen Gemeinschaftsverordnungen vorgesehenen Inspektionen und anderen
Kontrollen durchgeführt hat,
- den Fischfang bei bestimmten Beständen nicht bis auf weiteres untersagt hat, als die Quoten erschöpft
waren,
- (nur 1988) keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um unrichtige Erklärungen über die
Anlandung von Makrelen zu verhindern, und
- keine Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen die Kapitäne von Schiffen, die gegen die Verordnungen
verstoßen haben, oder gegen jeden anderen für diese Verstöße Verantwortlichen eingeleitet hat,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. La Pergola
(Berichterstatter), P. Jann und S. von Bahr,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 5. März 2002,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. November 1999
bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf
Feststellung, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland in jedem der Jahre 1985
bis 1988 und 1990 gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr.
170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die
Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1), Artikel 1 Absatz 1 der
Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen
zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten (ABl. L 220, S. 1) für die Zeit bis
zum 1. August 1987 und Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli
1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit (ABl. L 207, S. 1) für
die Zeit danach sowie aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 und Artikel 11 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2241/87, Artikel 9 der Verordnung Nr. 2241/87 und Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung
Nr. 2057/82 oder Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2
der Verordnung Nr. 170/83 verstoßen hat, indem es
- keine besonderen Einzelheiten für die Nutzung der ihm zugeteilten Quoten festgelegt hat,
- nicht die nach den einschlägigen Gemeinschaftsverordnungen vorgesehenen Inspektionen und
anderen Kontrollen durchgeführt hat,
- den Fischfang bei bestimmten Beständen nicht bis auf weiteres untersagt hat, als die Quoten
erschöpft waren,
- (nur 1988) keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um unrichtige Erklärungen über die
Anlandung von Makrelen zu verhindern, und
- keine Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen die Kapitäne von Schiffen, die gegen die
Verordnungen verstoßen haben, oder gegen jeden anderen für diese Verstöße Verantwortlichen
eingeleitet hat.
Rechtlicher Rahmen
2.
Die Verordnung Nr. 170/83, die durch die Verordnung (EWG) Nr. 3760/92 des Rates vom 20.
Dezember 1992 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Fischerei und die Aquakultur
(ABl. L 389, S. 1) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 aufgehoben wurde, sollte nach ihrem Artikel 1 Absatz
1 dem „Schutz der Fanggründe, [der] Erhaltung der biologischen Meeresschätze und [der]
Gewährleistung ihrer ausgewogenen Nutzung auf einer dauerhaften Basis unter angemessenen
sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen“ dienen.
3.
Nach den Artikeln 2 Absatz 2 Buchstabe d und 3 der Verordnung Nr. 170/83 konnten die im Rahmen
dieser Regelung erlassenen Maßnahmen die Einschränkung des Fischereiaufwands, insbesondere
durch Beschränkung der „zulässigen Gesamtfangmenge“ (im Folgenden: TAC), vorsehen. Werden TAC
für erforderlich gehalten, werden sie jährlich Ende Dezember durch Verordnungen des Rates, der auf
Vorschlag der Kommission tätig wird, festgelegt. Diese Verordnungen legen für das folgende
Kalenderjahr die TAC für die gesamte Gemeinschaft und die jedem Mitgliedstaat zugeteilte Quote fest.
Die TAC und die Quoten werden je Bestand festgelegt, d. h. je Art für ein bestimmtes Gebiet.
4.
Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten legen in Übereinstimmung mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die
Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten fest ...“
5.
Mit der Verordnung Nr. 2057/87 wurden für Fänge durch Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines
Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, Kontrollvorschriften für die
Einhaltung der Einschränkungen der Fischereimöglichkeiten festgelegt. Diese Verordnung enthielt
Vorschriften über die Kontrolle der Fischereifahrzeuge und der Fischereitätigkeit durch die Behörden
der Mitgliedstaaten sowohl auf See als auch in den Häfen sowie über die Übermittlung der Ergebnisse
dieser Kontrollen an die Kommission.
6.
Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2057/82 lautete:
„(1) Jeder Mitgliedstaat kontrolliert in den in seinem Gebiet gelegenen Häfen und in den seiner
Souveränität oder Hoheitsgewalt unterstehenden Meeresgewässern Fischereifahrzeuge, die die
Flagge eines Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, im Hinblick auf die
Einhaltung aller bestehenden Vorschriften bezüglich der Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen.
(2) Stellen die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats als Ergebnis einer von ihnen gemäß
Absatz 1 durchgeführten Kontrolle fest, dass ein Fischereifahrzeug, das die Flagge eines
Mitgliedstaats führt oder in einem Mitgliedstaat registriert ist, die bestehenden Vorschriften
hinsichtlich der Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen nicht einhält, so leiten sie gegen den Kapitän
dieses Fahrzeugs ein Straf- oder Verwaltungsverfahren ein.“
7.
Mit der am 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Verordnung (EWG) Nr. 3723/85 des Rates vom 20.
Dezember 1985 zur Änderung der Verordnung Nr. 2057/82 (ABl. L 361, S. 42) wurde die in Artikel 1
Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 vorgesehene Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einleitung
von Straf- oder Verwaltungsverfahren wegen Verstößen gegen die Erhaltungs- und
Kontrollmaßnahmen dahin erweitert, dass ihnen ausdrücklich auferlegt wurde, nicht nur den Kapitän,
sondern auch „jede andere verantwortliche Person“ zu verfolgen.
8.
Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2057/82 wurde erneut geändert durch die Verordnung
(EWG) Nr. 4027/86 des Rates vom 18. Dezember 1986 (ABl. L 376, S. 4). Artikel 1 Absätze 1 und 2 der
Verordnung Nr. 2057/82 in der geänderten Fassung trat am 1. Januar 1987 in Kraft und lautet wie
folgt:
„(1) Im Hinblick auf die Einhaltung aller geltenden Vorschriften bezüglich Erhaltungs- und
Kontrollmaßnahmen überwacht jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet und den seiner Hoheitsgewalt
oder Gerichtsbarkeit unterstehenden Meeresgewässern die Ausübung des Fischfangs und der damit
zusammenhängenden Tätigkeiten. Er kontrolliert die Fischereifahrzeuge und alle Tätigkeiten, durch
deren Überwachung die Durchführung dieser Verordnung nachgeprüft werden kann, einschließlich der
Anlandung, des Verkaufs und der Einlagerung von Fisch sowie der Registrierung von Anlandung und
Verkäufen.
(2) Stellen die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates als Ergebnis einer gemäß Absatz 1
durchgeführten Überwachung oder Kontrolle fest, dass die bestehenden Vorschriften hinsichtlich der
Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen nicht eingehalten worden sind, so leiten sie gegen den Kapitän
des betroffenen Schiffes oder gegen jeden anderen Verantwortlichen ein Straf- oder
Verwaltungsverfahren ein.“
9.
Artikel 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2057/82 bestimmte:
„(1) Alle Fänge von Beständen oder Bestandsgruppen, die einer Quotenregelung unterliegen, durch
Fischereifahrzeuge, welche die Flagge eines Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat
registriert sind, werden unabhängig vom Anlandeort von der Quote in Abzug gebracht, die dem
betreffenden Mitgliedstaat für den jeweiligen Bestand oder die jeweilige Bestandsgruppe zugeteilt ist.
(2) Jeder Mitgliedstaat setzt den Zeitpunkt fest, an dem aufgrund der Fänge aus einem Bestand
oder einer Bestandsgruppe, die einer Quotenregelung unterliegen, durch Fischereifahrzeuge, welche
die Flagge dieses Mitgliedstaats führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, die diesem für
den Bestand oder die Bestandsgruppe zugeteilte Quote als ausgeschöpft gilt. Er untersagt von
diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser
Bestandsgruppe durch diese Fischereifahrzeuge sowie die Aufbewahrung an Bord, das Umladen und
die Anlandung von Fängen, die nach diesem Zeitpunkt gemacht worden sind, und legt einen
Zeitpunkt fest, bis zu dem das Umladen und die Anlandungen oder die letzten Mitteilungen über die
Fänge noch möglich sind. Diese Maßnahme wird unverzüglich der Kommission mitgeteilt, welche die
anderen Mitgliedstaaten hiervon unterrichtet.“
10.
Die Verordnung Nr. 2057/82 wurde mit Wirkung vom 1. August 1987 durch die Verordnung Nr.
2241/87 ersetzt, mit der die Verordnung Nr. 2057/82 im Interesse der Klarheit kodifiziert wurde,
nachdem sie hinsichtlich der in ihr vorgesehenen Kontrolle und Überwachung der Fischereitätigkeit
wesentliche Änderungen erfahren hatte. Die Verordnung Nr. 2241/87, die ihrerseits zum 1. Januar
1994 durch die Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer
Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik (ABl. L 261, S. 1) aufgehoben wurde, enthielt
insbesondere die Artikel 1 und 11, die mit den Artikeln 1 und 10 der Verordnung Nr. 2057/82 in der
Fassung der Verordnung Nr. 4027/86 wörtlich übereinstimmten.
11.
Artikel 9 der Verordnung Nr. 2241/87 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle Anlandungen eines Bestandes oder einer
Bestandsgruppe, die einer TAC oder Quote unterliegen, durch Fischereifahrzeuge, welche die Flagge
eines Mitgliedstaats führen oder in einem Mitgliedstaat registriert sind, in einem Register verzeichnet
werden ...
(2) Vor dem 15. jedes Monats teilt jeder Mitgliedstaat der Kommission die im Vormonat
angelandeten Mengen der Bestände oder Bestandsgruppen, die einer TAC oder Quote unterliegen,
sowie jede gemäß den Artikeln 7 und 8 eingegangene Information mit.
Die Mitteilungen an die Kommission müssen Angaben über den Ort der Fänge gemäß den Artikeln 5
und 6 sowie über die Staatszugehörigkeit der jeweiligen Fischereifahrzeuge enthalten.
Unbeschadet der übrigen Vorschriften dieses Absatzes teilen die Mitgliedstaaten der Kommission auf
deren Anforderung ausführlichere oder häufigere Informationen mit, als sie in diesem Absatz
vorgesehen sind, wenn die Fänge für einen Bestand oder eine Bestandsgruppe, die einer TAC oder
Quote unterliegen, die Höhe der TAC oder Quote erreichen können.
(3) Die Kommission übermittelt den Mitgliedstaaten die gemäß diesem Artikel eingegangenen
Mitteilungen innerhalb einer Frist von höchstens 10 Tagen vom Zeitpunkt des Eingangs der
Mitteilungen an gerechnet.
(4) Jeder Mitgliedstaat bewahrt die Dokumente auf oder lässt die Dokumente aufbewahren, die
gemäß den Artikeln 5 und 6 und den besonderen Regeln für die Anwendung dieser Artikel den
zuständigen Behörden vorgelegt werden, und er stellt sicher, dass die in Absatz 2 genannten
Mitteilungen an die Kommission für einen Zeitraum von drei Jahren ab Beginn des Jahres, das auf das
Anlandejahr folgt, bis zu diesen Dokumenten zurückverfolgt werden können.“
Vorverfahren
12.
Die Kommission richtete gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Mahnschreiben an das
Vereinigte Königreich, und zwar am 2. Oktober 1986, 13. Mai 1987 und 26. März 1991 bezüglich der
Überfischung bestimmter Bestände im Jahr 1985, am 28. September 1987 und 26. März 1991
bezüglich der Überfischung bestimmter Bestände im Jahr 1986, am 10. April 1989 und 26. März 1991
bezüglich der Überfischung bestimmter Bestände im Jahr 1987, am 28. Mai 1991 bezüglich der
Überfischung bestimmter Bestände im Jahr 1988 und am 18. Februar 1993 bezüglich der Überfischung
bestimmter Bestände im Jahr 1990.
13.
In diesen Schreiben warf die Kommission dem Vereinigten Königreich vor, dass die Fänge der
diesem Mitgliedstaat unterstehenden Fischer in den betreffenden Jahren die dem Vereinigte
Königreich zugeteilten Mengen überschritten hätten, und insbesondere, dass das Vereinigte
Königreich die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung dieser Überfischung unter Verstoß gegen
die geltenden Gemeinschaftsvorschriften nicht oder zu spät ergriffen habe. Die Behörden des
Vereinigten Königreichs wurden mit diesen Schreiben aufgefordert, sich binnen eines Monats nach
deren Erhalt zu äußern.
14.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs beantwortete die verschiedenen Mahnschreiben am 9.
Dezember 1986, 11. Juni 1987 und 16. Mai 1991 bezüglich der Überfischung von 1985, am 10.
November 1987 und 16. Mai 1991 bezüglich der Überfischung von 1986, am 28. Juni 1989 und 16. Mai
1991 bezüglich der Überfischung von 1987, am 22. Juli 1991 bezüglich der Überfischung von 1988 und
am 19. April 1993 bezüglich der Überfischung von 1990.
15.
In ihren Antwortschreiben führte die Regierung zahlreiche Gründe zur Erklärung der fraglichen
Überfischungen an, wie unvorhersehbare und unerwartete Anlandungen, schlechte
Witterungsverhältnisse sowie verspätete Erklärungen über Anlandungen in Spanien durch
Fischereifahrzeuge, die zwar die Flagge des Vereinigten Königreichs führten oder in diesem
Mitgliedstaat registriert seien, deren wahrer Eigentümer aber in Spanien ansässig sei und die ihre
Tätigkeit von spanischen Häfen aus ausübten (im Folgenden: von Spanien aus operierende Schiffe).
16.
Da die Kommission der Ansicht war, dass die Behörden des Vereinigten Königreichs nicht die
geeigneten Maßnahmen getroffen hätten, um die beanstandeten Überfischungsprobleme zu lösen,
übersandte sie diesen Behörden vier mit Gründen versehene Stellungnahmen, und zwar am 21.
November 1988 bezüglich der angeblichen Verstöße von 1985, am 9. Februar 1989 bezüglich der
angeblichen Verstöße von 1986, am 1. Oktober 1992 bezüglich der angeblichen Verstöße von 1985,
1986 und 1987 sowie am 17. April 1996 bezüglich der angeblichen Verstöße von 1988 und 1990.
17.
In diesen mit Gründen versehenen Stellungnahmen führte die Kommission aus, dass keines der
Argumente, die die Behörden des Vereinigten Königreichs auf ihre Mahnschreiben hin geltend
gemacht hätten, den Mitgliedstaat von seiner Verantwortung für die Überfischung in den fraglichen
Zeiträumen befreien könne.
18.
Die Behörden des Vereinigten Königreichs antworteten auf die mit Gründen versehenen
Stellungnahmen mit Schreiben vom 8. Februar 1989, 17. April 1989 und 5. Februar 1993 zu den
Vorwürfen hinsichtlich der Jahre 1985 bis 1987 sowie mit Schreiben vom 13. Juni 1996 zu den
Vorwürfen hinsichtlich der Jahre 1988 und 1990. Sie führten aus, dass die Probleme in der Zeit von
1985 bis 1987 auf den Tätigkeiten der von Spanien aus operierenden Schiffe beruht hätten und dass
das System der Kontrolle und Überwachung dieser Fischereifahrzeuge verbessert worden sei, was sich
daran zeige, dass 1991 keine Überfischung durch diese Schiffe festgestellt worden sei. Das Vereinigte
Königreich vertrat somit die Ansicht, es habe die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um eine weitere
Überfischung zu verhindern. Im Übrigen sei die Überfischung von 1990, zu der es trotz des Erlasses
der erforderlichen Maßnahmen vor Ausschöpfung der betreffenden Quoten gekommen sei, die Folge
unvermittelter und unerwarteter Anlandungen gewesen.
19.
Da die Kommission der Ansicht war, dass das Vereinigte Königreich in den fraglichen fünf Jahren
den Verpflichtungen aus der anwendbaren gemeinschaftlichen Regelung nicht nachgekommen sei,
hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Klage
20.
Die Kommission führt in ihrer Klageschrift in tabellarischen Übersichten die Bestände auf, bei denen
es zu 27 Fällen von Überfischung oder von Fischerei in Gebieten gekommen sei, für die das Vereinigte
Königreich über keine Quote verfügt habe. In jeder Übersicht sind die streitigen Bestände, die dem
Vereinigten Königreich zugeteilte Quote - oder das Fehlen dieser Quote - und die Menge der
Überfischung für jedes der fraglichen Jahre verzeichnet.
21.
Die Kommission hat für die Zeit von 1985 bis 1988 und für 1990 gegenüber dem Vereinigten
Königreich fünf Rügen geltend gemacht:
- Fehlen besonderer Einzelheiten für die Nutzung der Quoten unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 2
der Verordnung Nr. 170/83,
- Fehlen von Kontrollmaßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr.
2057/82 für die Zeit bis zum 1. August 1987 und Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87 für die
Zeit danach,
- verspätetes Fangverbot unter Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 für
die Zeit bis zum 1. August 1987 und Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit
danach,
- (nur 1988) Fehlen ausreichender Maßnahmen zur Verhinderung falscher Erklärungen über die
Anlandung von Makrelen unter Verstoß gegen Artikel 9 der Verordnung Nr. 2241/87 und
- Fehlen von Straf- oder Verwaltungsverfahren unter Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2057/82 in den nacheinander geltenden Fassungen in der Zeit bis zum 1. August
1987 und Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 in der Zeit danach.
22.
Die erste und die zweite Rüge sind gemeinsam zu prüfen.
Vorbringen der Parteien
23.
Die Kommission trägt vor, das Vereinigte Königreich habe nicht dafür gesorgt, dass die Fischer alle
Fänge den zuständigen Behörden meldeten. Außerdem habe es das Vereinigte Königreich
unterlassen, ein System der raschen Analyse sämtlicher gesammelter Informationen einzuführen, so
dass der Fischfang rechtzeitig bis auf weiteres hätte verboten werden können, um jede
Quotenüberschreitung zu verhindern, und das Vereinigte Königreich habe sich nicht vergewissert,
dass die Fischer den Fischfang und die Anlandung von der Anwendung des Verbotes an tatsächlich
einstellten, sowie nicht dafür gesorgt, dass die von Spanien aus operierenden Schiffe regelmäßig das
Vereinigte Königreich anliefen, um sich einer Kontrolle zu unterziehen.
24.
Die Kommission macht insoweit geltend, die in der Klageschrift beschriebenen 27 Fälle von
Überfischung oder von Fischerei in Gebieten, für die das Vereinigte Königreich über keine Quote
verfügt habe, könnten nicht etwa als isolierte Vorfälle in einem ganz und gar einwandfreien Kontext
angesehen werden, sondern veranschaulichten die systematischen Unzulänglichkeiten der von
diesem Mitgliedstaat eingeführten allgemeinen Regelung.
25.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs stellt die Feststellung nicht in Frage, dass in jedem der
fünf streitigen Jahre eine erhebliche Überfischung erfolgt sei, und akzeptiert mit zwei Ausnahmen die
von der Kommission in der Klageschrift genannten Zahlen. Dagegen bestreitet die Regierung, dass
die zuständigen nationalen Behörden nicht für die Einhaltung der von der Kommission genannten
Vorschriften gesorgt hätten und dass die Nichteinhaltung der Fangquoten somit das Resultat von
Verstößen gegen präzise Verpflichtungen aus den gemeinschaftlichen Vorschriften gewesen sei.
26.
Die Kommission sei nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, den Beweis für die allgemeinen
Behauptungen zu erbringen, die die Grundlage für den vorgeworfenen Verstoß seien. Insbesondere
habe sie ihre Klage auf eine begrenzte Zahl von festgestellten Überfischungsfällen gestützt. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofes könne sich die Kommission aber nicht auf eine Vermutung stützen,
um zu beweisen, dass ein Mitgliedstaat gegen seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen
verstoßen habe. Außerdem hätte die Kommission das Vereinigte Königreich eigens darauf hinweisen
müssen, dass es bestimmte Maßnahmen zu erlassen habe, wenn sie deren Nichterlass zum
Gegenstand ihrer Vertragsverletzungsklage habe machen wollen.
Würdigung durch den Gerichtshof
27.
Zunächst ist zu bemerken, dass die Kommission nach Artikel 226 EG stets ein
Vertragsverletzungsverfahren einleiten kann, wenn ein Mitgliedstaat nach ihrer Auffassung gegen eine
Gemeinschaftsverpflichtung verstoßen hat, ohne dass sie nach Art oder Bedeutung des Verstoßes
unterscheiden müsste, da ein solches Verfahren auf der objektiven Feststellung des Verstoßes gegen
die Verpflichtungen beruht, die einem Mitgliedstaat nach dem EG-Vertrag oder einem sekundären
Rechtsakt obliegen (Urteile vom 1. März 1983 in der Rechtssache 301/81, Kommission/Belgien, Slg.
1983, 467, Randnr. 8, vom 27. November 1990 in der Rechtssache C-209/88, Kommission/Italien, Slg.
1990, I-4313, Randnr. 13, vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-71/97, Kommission/Spanien, Slg.
1998, I-5991, Randnr. 14, und vom 1. Februar 2001 in der Rechtssache C-333/99,
Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-1025, Randnrn. 32 und 33).
28.
Nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 haben die Mitgliedstaaten „in Übereinstimmung
mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten
Quoten“ festzulegen. In diesem Kontext sahen Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Verordnung Nr.
2057/82 in der Fassung der Verordnungen Nrn. 3723/85 und 4027/86 für die Zeit bis zum 1. August
1987 und Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach für die Mitgliedstaaten
die Verpflichtung vor, geeignete Kontrollmaßnahmen zu erlassen, mit denen die Einhaltung aller
Vorschriften gesichert werden konnte, die im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Regelung
für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen ergingen. Der Erlass dieser
Maßnahmen war somit erforderlich, um das Funktionieren dieser Regelung und insbesondere die
Einhaltung der den Mitgliedstaaten zugeteilten Quoten zu gewährleisten.
29.
Im vorliegenden Fall trägt die Kommission zur Begründung ihrer Klage substanziiert Tatsachen vor,
die die Bestände nach Fischarten und die jeweiligen Gebiete sowie die zugeteilten Quoten und die
festgestellten Tonnagen an Überfischungen oder nicht genehmigtem Fischfang betreffen. Diese
Tatsachen ermöglichen die Feststellung von sechs Überfischungsfällen mit insgesamt 1 217 t und drei
Fällen von Fischerei in nicht erlaubten Gebieten mit insgesamt 140 t im Jahr 1985, vier
Überfischungsfällen mit insgesamt 752 t und einem Fall von Fischerei in nicht erlaubten Gebieten mit
1 t im Jahr 1986, zwei Überfischungsfällen mit insgesamt 2 606 t und sechs Fällen von Fischerei in
nicht erlaubten Gebieten mit insgesamt 274,1 t im Jahr 1987, einem Fall der Überfischung von
Makrelen mit 23 620 t im Jahr 1988 und vier Überfischungsfällen mit insgesamt 389 t im Jahr 1990.
30.
Das Vereinigte Königreich stellt die Feststellung der Kommission nicht in Frage, dass in jedem der
fraglichen fünf Jahre eine erhebliche Überfischung eingetreten sei, und akzeptiert mit zwei Ausnahmen
die von der Kommission in der Klageschrift genannten Zahlen.
31.
Aus der Höhe dieser Zahlen und der Wiederholung der durch sie beschriebenen Situation ergibt
sich, dass es zu den Überfischungsfällen nur wegen des Fehlens geeigneter Modalitäten der Nutzung
der Fangquoten und aufgrund eines Verstoßes gegen die Kontrollpflichten des betreffenden
Mitgliedstaats kommen konnte (vgl. Urteil Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 35).
32.
Das Vorbringen der Regierung des Vereinigten Königreichs, die Kommission stütze sich auf eine
bloße Vermutung und auf eine begrenzte Zahl von Überfischungsfällen, geht daher fehl.
33.
Somit ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich in jedem der Jahre 1985 bis 1988 und 1990
gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83, Artikel 1 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 2057/82 in der Fassung der Verordnungen Nrn. 3723/85 und 4027/86 für die Zeit bis
zum 1. August 1987 und Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach verstoßen
hat, indem es nicht besondere Einzelheiten für die Nutzung der ihm zugeteilten Quoten eingeführt und
nicht die nach den einschlägigen Gemeinschaftsverordnungen vorgesehenen Inspektionen und
anderen Kontrollen durchgeführt hat.
Vorbringen der Parteien
34.
Die Kommission macht geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes seien die
Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 und Artikel 11 der Verordnung Nr.
2241/87 verpflichtet, rechtzeitig alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Überfischungen
durch Schiffe, die ihre Flagge führten oder in ihrem Hoheitsgebiet registriert seien, zu verhindern. Mit
praktischen Schwierigkeiten, aufgrund deren die zuständigen Behörden die unmittelbar
bevorstehende Ausschöpfung der Quoten nicht hätten vorhersehen können, könne ein Verstoß
gegen diese Verpflichtung nicht gerechtfertigt werden. Die Angabe der Fangmengen im Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Verbote für die Bestände, deren Quote ausgeschöpft sei, genüge im Übrigen der
Verpflichtung, den fraglichen Verstoß zu beweisen. Allein dieser Zeitpunkt sei im vorliegenden Fall
entscheidend.
35.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs bestreitet nicht, dass die Quoten in den fünf von der
Kommission beschriebenen Fällen überschritten gewesen seien, als die jeweiligen
Verbotsanordnungen in Kraft getreten seien. Dass der Fischfang nicht rechtzeitig verboten worden
sei, um eine Quotenüberschreitung zu verhindern, könne jedoch nur dann einen Verstoß darstellen,
wenn die Ausschöpfung der betreffenden Quote vorherzusehen gewesen sei. Die Kommission habe
mehrere Gesichtspunkte - wie die Anlandungen in Spanien sowie die Änderungen bei den in anderen
Mitgliedstaaten oder in Drittländern angelandeten Mengen - unberücksichtigt gelassen, die die
Regierung des Vereinigten Königreichs im Vorverfahren geltend gemacht habe und die zeigten, dass
die Ausschöpfung der betreffenden Quoten schwer vorherzusehen gewesen sei. Außerdem habe die
Kommission für die von ihr vertretene Ansicht, dass der Fischfang in den Jahren 1985 bis 1987
verspätet eingestellt worden sei, keine Zahlen vorgelegt.
Würdigung durch den Gerichtshof
36.
Erstens ist festzustellen, dass, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, die Mitgliedstaaten
nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 und Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr.
2241/87 verpflichtet sind, schon vor der Ausschöpfung der Quoten zwingende Maßnahmen zu
ergreifen, um jede Fangtätigkeit bis auf weiteres zu untersagen. Aus diesen Vorschriften ergibt sich,
dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, rechtzeitig alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um
die Überschreitung der betreffenden Quoten zu verhindern, damit die Einhaltung der ihnen zum Schutz
der Fischereiressourcen zugeteilten Quoten gewährleistet ist (Urteile vom 20. März 1990 in der
Rechtssache C-62/89, Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-925, Randnr. 17, vom 7. Dezember 1995 in
der Rechtssache C-52/95, Kommission/Frankreich, Slg. 1995, I-4443, Randnrn. 29 und 30, sowie vom
25. April 2002 in den Rechtssachen C-418/00 und C-419/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I-3969,
Randnr. 58).
37.
Insoweit genügt die Feststellung, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs zum einen nicht
bestreitet, dass in den fünf von der Kommission beschriebenen Fällen die Quoten im Zeitpunkt des
Inkrafttretens der jeweiligen Verbotsanordnungen bereits überschritten waren. Zum anderen
bestreitet diese Regierung in Bezug auf die anderen Überfischungsfälle nicht, dass die nationalen
Behörden vor der Überschreitung der Quoten kein Fangverbot angeordnet hatten.
38.
Zweitens kann sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf praktische
Schwierigkeiten berufen, um zu rechtfertigen, dass er nicht rechtzeitig geeignete Maßnahmen
ergriffen hat, um den Fischfang zu verbieten. Er ist vielmehr verpflichtet, diese Schwierigkeiten durch
den Erlass solcher Maßnahmen zu überwinden (Urteil vom 1. Februar 2001, Kommission/Frankreich,
Randnr. 44).
39.
Daraus folgt, dass die von der Regierung des Vereinigten Königreichs angeführten praktischen
Schwierigkeiten - wie die Anlandungen in Spanien und die Änderungen bei den in anderen
Mitgliedstaaten oder in Drittländern angelandeten Mengen -, nicht berücksichtigt werden können.
40.
Somit ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich in jedem der Jahre 1985 bis 1988 und 1990
gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 für die Zeit bis zum
1. August 1987 und aus Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach verstoßen
hat, indem es den Fischfang bei bestimmten Beständen nicht bis auf weiteres untersagt hat, als die
Quoten erschöpft waren.
Vorbringen der Parteien
41.
Die Kommission macht geltend, nach Artikel 9 der Verordnung Nr. 2241/87 habe jeder Mitgliedstaat
nicht nur die Anlandungen durch Fischereifahrzeuge, die die Flagge dieses Staates führten oder in
diesem Staat registriert seien, in einem Register zu verzeichnen und der Kommission vor dem 15.
jedes Monats mitzuteilen, sondern sich auch zu vergewissern, dass die Registrierung und die
Mitteilung die tatsächlichen Anlandungen widerspiegelten und dass die Fischereigebiete, in denen die
Fänge erfolgt seien, richtig angegeben seien. Die Behörden des Vereinigten Königreichs hätten keine
ausreichenden Maßnahmen getroffen, um 1988 falsche Registrierungen der Makrelenfänge zu
verhindern oder deren rechtzeitige Berichtigung zu ermöglichen.
42.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht geltend, die Kommission habe nicht bewiesen,
dass die Mitteilungen der Fänge von die Flagge des Vereinigten Königreichs führenden
Fischereifahrzeugen unrichtige Angaben über den Ort, an dem die Fänge erfolgt seien, enthielten. Die
Bestimmung der Höhe der über die Quote hinausgehenden Mengen durch die Kommission beruhe auf
einer Schätzung. Außerdem bestehe die wesentliche Verpflichtung, die den Mitgliedstaaten durch
Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 auferlegt werde, allein darin, der Kommission die
einschlägigen Daten auf der Grundlage der Informationen aus den Logbüchern und den
Anlandungserklärungen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung sei das Vereinigte Königreich pünktlich
nachgekommen.
43.
Die Behauptung, das Vereinigte Königreich habe gegen die Verpflichtung verstoßen, die
ursprünglich mitgeteilten Daten zu berichtigen, entbehre in Anbetracht der Tatsache jeder Grundlage,
dass es selbst dann unmöglich sei, die etwaige Menge von neu zuzuweisenden Fängen richtig zu
beziffern, wenn die nationalen Behörden und die Inspekteure der Kommission eine eingehende
Untersuchung durchgeführt hätten.
44.
Nach Ansicht der Kommission soll das System der Erklärung der Fänge ihr und den Mitgliedstaaten
in erster Linie eine genaue Vorstellung von der Gesamtentwicklung des Fischfangs verschaffen, so
dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden könnten, um jede Überschreitung der Quoten
zu verhindern. Die Mitgliedstaaten seien somit verpflichtet, möglichst zuverlässige Statistiken zu
liefern, wobei sie eine fehlende oder falsche Erklärung oder aber andere Probleme zu berücksichtigen
hätten, von denen sie gegebenenfalls Kenntnis hätten.
45.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs führt in ihrer Gegenerwiderung aus, die Klagegründe in
Bezug auf den angeblichen Verstoß gegen Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2241/87 seien
erstmals in der Erwiderung geltend gemacht worden und daher nach Artikel 42 § 2 der
Verfahrensordnung des Gerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
46.
Erstens ist festzustellen, dass das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinschaftlichen
Systems der TAC und der Fangquoten im Wesentlichen von der Wirksamkeit der Kontrollen der
Anlandungen und von der Zuverlässigkeit der von den Mitgliedstaaten gesammelten Daten abhängt,
die eine unerlässliche Voraussetzung dafür ist, dass auch die Erfüllung der Kontrollaufgaben der
Kommission gewährleistet wird.
47.
In diesem Zusammenhang haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 9 Absätze 1 und 2 der
Verordnung Nr. 2241/87 dafür zu sorgen, dass alle Anlandungen von Beständen oder Gruppen von
Beständen, für die eine TAC oder eine Quotenregelung gilt, im Register verzeichnet werden, und diese
Informationen der Kommission mitzuteilen.
48.
Diese Vorschriften können somit nicht dahin ausgelegt werden, dass sie sich auf die Verpflichtung
zur fristgemäßen Übermittlung der von den Mitgliedstaaten gesammelten Daten beschränkten.
Vielmehr haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die übermittelten Daten richtig sind.
49.
Daher kann der Argumentation des Vereinigten Königreichs nicht gefolgt werden, dass die
Mitgliedstaaten nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 lediglich zur Übermittlung der in
den Logbüchern enthaltenen Informationen ohne Prüfung ihrer Richtigkeit verpflichtet seien, dass sich
die Kommission nur auf Schätzungen gestützt habe und dass es unmöglich gewesen sei, die Mengen,
die neu hätten zugewiesen werden müssen, richtig zu beziffern.
50.
Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass den Untersuchungen der Behörden des Vereinigten
Königreichs und der Kommission zufolge über 32 000 t der gesamten vom Vereinigten Königreich für
1988 gemeldeten Makrelenmengen nicht ordnungsgemäß in den Logbüchern oder
Anlandungserklärungen verzeichnet waren. Außerdem hat das Vereinigte Königreich selbst
eingeräumt, dass die im Register verzeichneten Angaben über den Ort der Fänge zumindest teilweise
unrichtig waren und dass es verschiedene Unstimmigkeiten zwischen den von den nationalen
Behörden bei den Untersuchungen erhobenen und anschließend der Kommission mitgeteilten
Angaben über die Orte der Makrelenfänge im Jahr 1988 und den Eintragungen in den Logbüchern
gab.
51.
Unter diesen Umständen kann aufgrund der von der Kommission in der Klageschrift vorgetragenen
Tatsachen festgestellt werden, dass das Vereinigte Königreich in Bezug auf das Jahr 1988 nicht dafür
gesorgt hat, dass alle Makrelenmengen von den nationalen Behörden ordnungsgemäß registriert
wurden.
52.
Ob es sich bei dem Klagegrund des Verstoßes gegen die Verpflichtung aus Artikel 9 Absatz 4 der
Verordnung Nr. 2241/87 hinsichtlich der Aufbewahrung der Dokumente, die die Grundlage der
Mitteilungen darstellen, um ein neues Angriffsmittel handelt, kann dahingestellt bleiben; insoweit
genügt der Hinweis, dass die Kommission jedenfalls nichts vorgetragen hat, womit der Verstoß gegen
die in dieser Vorschrift vorgesehene spezifische Verpflichtung dargetan werden könnte.
53.
Somit ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 9
Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2241/87 verstoßen hat, indem es (nur 1988) keine
ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um unrichtige Erklärungen über die Anlandung von
Makrelen zu verhindern.
Vorbringen der Parteien
54.
Die Kommission trägt vor, die Mitgliedstaaten seien nach Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr.
2057/82 in der Fassung der Verordnungen Nrn. 3723/85 und 4027/86 sowie Artikel 1 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2241/87 verpflichtet, Straf- oder Verwaltungsverfahren gegen jeden einzuleiten, der
gegen die gemeinschaftlichen Vorschriften über die Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen verstoßen
habe. Praktische Schwierigkeiten und die Tatsache, dass die für die fraglichen Überfischungen
verantwortlichen Schiffe nahezu ausschließlich außerhalb der Hoheitsgewässer des Vereinigten
Königreichs ihre Tätigkeit ausgeübt hätten, könnten die Nichteinleitung solcher Verfahren nicht
rechtfertigen.
55.
Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht geltend, die Kommission müsse nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofes für den Nachweis eines Verstoßes gegen die erwähnten
Vorschriften spezifische und konkrete Beweise dafür vorlegen, dass die zuständigen Behörden eines
Mitgliedstaats systematisch keine Maßnahmen gegen den Kapitän eines Schiffes oder gegen jeden
anderen für die fraglichen Verstöße Verantwortlichen ergriffen hätten, und zwar ungeachtet
ausreichender Beweise für die Einleitung eines Straf- oder Verwaltungsverfahrens.
56.
Zu dem Vorwurf, sie habe keine geeigneten Straf- oder Verwaltungsmaßnahmen gegen die
Verantwortlichen der von Spanien aus operierenden Schiffe ergriffen, trägt die Regierung des
Vereinigten Königreichs vor, die spanischen Behörden seien nicht in der Lage gewesen, ihr die
Angaben zu liefern, um die sie wiederholt in Bezug auf etwaige unrechtmäßige Anlandungen durch
diese im Vereinigten Königreich registrierten Schiffe gebeten habe.
57.
Die Kommission entgegnet, die Argumente des Vereinigten Königreichs könnten nicht
berücksichtigt werden, da die Anwendung von Straf- oder Verwaltungssanktionen durch die
zuständigen nationalen Behörden im vorliegenden Fall systematisch unterblieben sei und kein
Verfahren gegen irgendeinen Verantwortlichen eingeleitet worden sei, obwohl fünf Jahre lang
Verstöße begangen worden seien.
58.
In ihrer Gegenerwiderung macht die Regierung des Vereinigten Königreichs nähere Angaben zu
einzelnen Verfahren, die die nationalen Behörden gegen die Verantwortlichen für rechtswidrige
Tätigkeiten eingeleitet hätten, die in Gebieten, für die dieser Mitgliedstaat über keine Quote verfügt
habe, oder nach der Einstellung des Fischfangs für eine bestimmte Art ausgeübt worden seien. Sie
rechtfertigt den Umstand, dass sie diese Angaben der Kommission nicht im Vorverfahren mitgeteilt
habe, mit der verzögerten Einleitung des Verfahrens durch die Kommission, die die Einholung der
erbetenen Informationen erschwert habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
59.
Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats im Fall eines
Verstoßes gegen die Gemeinschaftsregelung im Bereich der Erhaltung und Kontrolle der
Fischereiressourcen nach den in den Randnummern 6 bis 10 des vorliegenden Urteils genannten
Vorschriften verpflichtet waren, gegen die Kapitäne der betroffenen Schiffe oder - vom 1. Januar 1986
an - gegen die Kapitäne dieser Schiffe oder gegen jeden anderen Verantwortlichen ein Straf- oder
Verwaltungsverfahren einzuleiten.
60.
Die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen und die einheitliche Durchführung der
gemeinsamen Fischereipolitik würden nämlich unterlaufen, wenn die zuständigen Behörden eines
Mitgliedstaats die Verfolgung der Verantwortlichen für derartige Verstöße systematisch unterließen
(Urteil vom 7. Dezember 1995, Kommission/Frankreich, Randnr. 35).
61.
Daraus folgt, dass das Vereinigte Königreich von den Zeitpunkten an, die die Kommission in den
fraglichen Jahren für das Fangverbot festgesetzt hatte, verpflichtet war, gegen diejenigen, die für die
Fortsetzung der unter eine Verbotsmaßnahme fallenden Fischereitätigkeiten verantwortlich waren, ein
Straf- oder Verwaltungsverfahren einzuleiten.
62.
Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass das Vereinigte Königreich auch unter
Berücksichtigung der von ihm mit seiner Gegenerwiderung vorgelegten Informationen der Kommission
offenbar keine Informationen über etwaige Straf- oder Verwaltungsverfahren mitteilen konnte, obwohl
in den fraglichen Jahren eine große Zahl von Fällen illegaler Fischerei festgestellt wurde. Das
Vorbringen des Vereinigten Königreichs in Bezug auf die für die Kommission bestehende
Notwendigkeit, spezifische Beweise zu erbringen, geht somit fehl (vgl. Urteil vom 7. Dezember 1995,
Kommission/Frankreich, Randnr. 36).
63.
Zum Vorbringen in Bezug auf die praktischen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben sollen, dass
die meisten der die Flagge des Vereinigten Königreichs führenden Schiffe, denen Überfischung
vorgeworfen werde, ihre Fangtätigkeit nicht in den Hoheitsgewässern dieses Mitgliedstaats ausgeübt
hätten, ist daran zu erinnern, dass sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf
Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die
Nichteinhaltung der sich aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen
zu rechtfertigen (Urteile vom 8. Juni 1993 in der Rechtssache C-52/91, Kommission/Niederlande, Slg.
1993, I-3069, Randnr. 36, und vom 25. April 2002, Kommission/Frankreich, Randnr. 59). Dieses
Vorbringen kann daher nicht berücksichtigt werden.
64.
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich in jedem der Jahre 1985
bis 1988 und 1990 gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 in
der Fassung der Verordnungen Nrn. 3723/85 und 4027/86 für die Zeit bis zum 1. August 1987 und
aus Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach verstoßen hat, indem es keine
Straf- oder Verwaltungsverfahren gegen die Kapitäne von gegen die Verordnungen verstoßenden
Schiffen oder gegen jeden anderen für diese Verstöße Verantwortlichen eingeleitet hat.
Kosten
65.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Vereinigten Königreichs in die Kosten
beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat in jedem der Jahre 1985
bis 1988 und 1990 gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung
(EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen
Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen, Artikel 1 Absatz
1 der Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung
bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der
Mitgliedstaaten für die Zeit bis zum 1. August 1987 und Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung
(EWG) Nr. 2241/87 des Rates vom 23. Juli 1987 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur
Kontrolle der Fischereitätigkeit für die Zeit danach sowie aus Artikel 10 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2057/82 für die Zeit bis zum 1. August 1987 und Artikel 11 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach, Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr.
2241/87 und Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 in der Fassung der
Verordnungen (EWG) Nr. 3723/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 und Nr. 4027/86 des
Rates vom 18. Dezember 1986 für die Zeit bis zum 1. August 1987 und Artikel 1 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 2241/87 für die Zeit danach verstoßen, indem es
- nicht besondere Einzelheiten für die Nutzung der ihm zugeteilten Quoten eingeführt
und nicht die nach den einschlägigen Gemeinschaftsverordnungen vorgesehenen
Inspektionen und anderen Kontrollen durchgeführt hat,
- den Fischfang bei bestimmten Beständen nicht bis auf weiteres untersagt hat, als
die Quoten erschöpft waren,
- (nur 1988) keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um unrichtige Erklärungen
über die Anlandung von Makrelen zu verhindern, und
- keine Straf- oder Verwaltungsverfahren gegen die Kapitäne von gegen die
Verordnungen verstoßenden Schiffen oder gegen jeden anderen für diese Verstöße
Verantwortlichen eingeleitet hat.
2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten des
Verfahrens.
Wathelet
Timmermans
La Pergola
Jann von Bahr
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. November 2002
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
M. Wathelet
Verfahrenssprache: Englisch.