Urteil des EuG vom 12.02.2015

Muster Und Modelle, Marke, Beschwerdekammer, Verwechslungsgefahr

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)
12. Februar 2015
)
„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der
Gemeinschaftswortmarke Klaes – Ältere Gemeinschaftsbildmarke Klaes – Relatives
Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung
(EG) Nr. 207/2009“
In der Rechtssache T‑453/13
Horst Klaes GmbH & Co. KG
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. Dix,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)
vertreten durch A. Pohlmann als Bevollmächtigten,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin
vor dem Gericht:
Klaes
Kunststoffe
GmbH
Sitz
in
Neuenrade
(Deutschland),
Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt J. Schneider, dann Rechtsanwalt
S. Schweyer,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des
HABM vom 6. Juni 2013 (Sache R 1206/2012‑1) zu einem Widerspruchsverfahren
zwischen der Horst Klaes GmbH & Co. KG und der Klaes Kunststoffe GmbH
erlässt
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse und
A. M. Collins (Berichterstatter),
Kanzler: E. Coulon,
aufgrund der am 26. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klageschrift,
aufgrund der am 13. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung des HABM,
aufgrund der am 9. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung der Streithelferin,
aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach
der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer
mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters
gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne
mündliche Verhandlung zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Am 9. November 2010 meldete die Klägerin, die Horst Klaes GmbH & Co. KG, beim
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) nach
der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die
Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) eine Gemeinschaftsmarke an.
2
Die Marke, deren Eintragung beantragt wurde, ist das Wortzeichen Klaes.
3
Die Marke wurde für folgende Dienstleistungen der Klasse 42 des Abkommens von
Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die
Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung
angemeldet: „Aktualisierung (Update) von Software; Benutzer- und Rechteverwaltung in
Computernetzwerken; Computerberatungsdienste; Computersystemanalyse; Design von
Computersoftware; Design von Computersystemen; Dienstleistungen eines EDV-
Programmierers; elektronische Datensicherung; Entwurf und Entwicklung von
Computersoftware; Erstellen (Programmierung) von Computeranimationen; Erstellen von
Programmen für die Datenverarbeitung; Hard- und Software-Beratung; Implementierung
von EDV-Programmen in Netzwerke; Installieren von Computerprogrammen,
Konfigurieren von Computernetzwerken durch Software; Konvertieren von
Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderungen); Kopieren
von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; Serveradministration;
Vermietung von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Wiederherstellung
von Computerdaten“.
4
Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 236/2010 vom
16. Dezember 2010 veröffentlicht.
5
Am 17. Februar 2011 erhob die Streithelferin, die Klaes Kunststoffe GmbH, gegen die
Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen
Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009.
6
Der Widerspruch, der mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 begründet
wurde, wurde auf die nachfolgend dargestellte ältere Gemeinschaftsbildmarke
Nr. 7 499 387 gestützt, die am 5. Dezember 2008 angemeldet und am 29. Juli 2009
eingetragen worden war:
7
Diese Marke bezeichnet u. a. folgende Dienstleistungen der Klasse 42:
„Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und diesbezügliche
Designerdienstleistungen und Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Entwicklung
und
Herstellung
von
Kunststofferzeugnissen
sowie
der
diesbezüglichen
Werkzeugentwicklung“.
8
Mit Entscheidung vom 18. Mai 2012 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch
für alle streitigen Dienstleistungen statt, da sie die Gefahr einer Verwechslung zwischen
den einander gegenüberstehenden Zeichen als gegeben ansah.
9
Am 29. Juni 2012 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der
Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim
HABM Beschwerde ein.
10
Mit Entscheidung vom 6. Juni 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung)
bestätigte die Erste Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der
Widerspruchsabteilung. Die Beschwerdekammer nahm in Rn. 16 der angefochtenen
Entscheidung an, dass die Zeichen einander hochgradig ähnlich seien. In Bezug auf die
betroffenen Dienstleistungen stellte sie in den Rn. 17 bis 22 ein Ergänzungsverhältnis
zwischen ihnen und somit eine gewisse Ähnlichkeit fest. Eine Verwechslungsgefahr sah
die Beschwerdekammer in den Rn. 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung in
Anbetracht der nahezu identischen Zeichen trotz der geringen Ähnlichkeit der
Dienstleistungen und unbeschadet des erhöhten Aufmerksamkeitsgrads der
angesprochenen Verkehrskreise als gegeben an.
Anträge der Parteien
11
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– den Widerspruch gegen ihre Anmeldung zurückzuweisen.
12
Das HABM beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
13
Die Streithelferin beantragt,
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
Rechtliche Würdigung
14
Die Klägerin bringt in ihrer Klageschrift zum Ausdruck, dass sie den bei der
Beschwerdekammer am 13. September 2012 eingereichten Schriftsatz zur „Vermeidung
von Wiederholungen“ als Bestandteil ihres Vorbringens im Rahmen der vorliegenden
Klage gewertet sehen möchte. Nach gefestigter Rechtsprechung kann gemäß Art. 44 § 1
der Verfahrensordnung des Gerichts, der nach Art. 130 § 1 und Art. 132 § 1 dieser
Verfahrensordnung im Bereich des geistigen Eigentums gilt, die Klageschrift zwar in
einzelnen Punkten durch Verweisungen auf bestimmte Stellen beigefügter Schriftstücke
gestützt und ergänzt werden; eine allgemeine Verweisung auf andere Schriftstücke kann
jedoch das Fehlen wesentlicher Bestandteile des Rechtsvortrags in der Klageschrift
nicht ausgleichen, die nach den vorgenannten Bestimmungen in der Klageschrift selbst
angeführt sein müssen (Urteil vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij
u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94,
T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg, EU:T:1999:80, Rn. 39). Daher ist die Klage,
soweit in der Klageschrift pauschal auf die von der Klägerin beim HABM eingereichten
Schriftsätze Bezug genommen wird, unzulässig, da diese Bezugnahme nicht mit einem
in der Klageschrift vorgetragenen Klagegrund in Beziehung gesetzt werden kann.
15
In der Sache macht die Klägerin als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8
Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie beschränkt sich im
Wesentlichen auf die Rüge, die von der Beschwerdekammer vorgenommene
vergleichende Analyse der in Rede stehenden Dienstleistungen sei falsch. Diese
Dienstleistungen wiesen nämlich keine Ähnlichkeit miteinander auf.
16
Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
17
Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke
auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder
Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das
Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere
Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein,
dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
18
Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn die
Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus
demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander
verbundenen Unternehmen stammen (Urteile vom 10. September 2008, Boston
Scientific/HABM – Terumo [CAPIO], T‑325/06, EU:T:2008:338, Rn. 70, und vom
31. Januar 2012, Cervecería Modelo/HABM – Plataforma Continental [LA VICTORIA DE
MEXICO], T‑205/10, EU:T:2012:36, Rn. 23; vgl. auch entsprechend Urteile vom
29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg, EU:C:1998:442, Rn. 29, und vom 22. Juni
1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg, EU:C:1999:323, Rn. 17).
19
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für die Öffentlichkeit ist außerdem unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (Urteil CAPIO,
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (Urteil CAPIO,
oben in Rn. 18 angeführt, EU:T:2008:338, Rn. 71; vgl. auch entsprechend Urteile vom
11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg, EU:C:1997:528, Rn. 22, und Canon, oben in
Rn. 18 angeführt, EU:C:1998:442, Rn. 16).
20
Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen
den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der
Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein
geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch
einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt
(Urteile vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg,
EU:C:2007:514, Rn. 48, vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla
Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg, EU:T:2002:261, Rn. 25; vgl. auch entsprechend
Urteil Canon, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:1998:442, Rn. 17). Die Wechselbeziehung
zwischen den Faktoren kommt im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009
zum Ausdruck, wonach der Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die
Verwechslungsgefahr auszulegen ist, deren Feststellung ihrerseits von zahlreichen
Faktoren abhängt, u. a. von dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der
gedanklichen Verbindung, die zwischen ihr und dem benutzten oder eingetragenen
Zeichen hergestellt werden kann, und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und
dem Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen (vgl. Urteil vom 18. September 2012, Scandic Distilleries/HABM –
Bürgerbräu, Röhm & Söhne [BÜRGER], T‑460/11, EU:T:2012:432, Rn. 26 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
21
Ferner ist bei der umfassenden Beurteilung der Ähnlichkeit der einander
gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck
abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und
dominierenden Bestandteile zu berücksichtigen sind. Aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 1
Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, der darauf abstellt, dass „für das Publikum die
Gefahr von Verwechslungen … besteht“, geht nämlich hervor, dass es für die
umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr entscheidend darauf ankommt, wie
die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der fraglichen Art von Waren oder
Dienstleistungen wirkt. Denn der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke
normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten
(Urteil BÜRGER, oben in Rn. 20 angeführt, EU:T:2012:432, Rn. 27; vgl. auch
entsprechend Urteil SABEL, oben in Rn. 19 angeführt, EU:C:1997:528, Rn. 23).
22
Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal
informierten
und
angemessen
aufmerksamen
und
verständigen
Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen. Außerdem ist zu
berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit
bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er
sich auf das unvollkommene Bild dieser Marken verlassen muss, das er im Gedächtnis
behalten hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des
Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen
unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil BÜRGER, oben in Rn. 20 angeführt,
EU:T:2012:432, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch entsprechend
Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, oben in Rn. 18 angeführt, EU:C:1999:323, Rn. 26).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die für die Beurteilung der
Verwechslungsgefahr maßgeblichen Verkehrskreise aus den Nutzern zusammensetzen,
die sowohl die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen als auch die
Dienstleistungen, die von der Anmeldemarke erfasst werden, nutzen können (Urteil vom
1. Juli 2008, Apple Computer/HABM – TKS-Teknosoft [QUARTZ], T‑328/05,
EU:T:2008:238, Rn. 23).
23
Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist die von der Beschwerdekammer
vorgenommene Beurteilung der Gefahr einer Verwechslung zwischen den Zeichen zu
überprüfen.
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen
24
In Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer angenommen,
dass sich die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen der Klasse 42 an
Fachleute und Gewerbetreibende richten würden, deren Aufmerksamkeitsgrad im
Allgemeinen hoch sei. Da es sich bei dieser Marke um eine Gemeinschaftsmarke
handelt, ging die Beschwerdekammer zudem davon aus, dass das für die Beurteilung
der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gebiet das gesamte Gebiet der Europäischen
Union sei. Dieser Beurteilung – die von den Verfahrensbeteiligten im Übrigen nicht
beanstandet worden ist – ist zuzustimmen.
Zum Vergleich der Zeichen
25
Erstens ist in visueller Hinsicht festzustellen, dass – wie die Beschwerdekammer in
Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – die ältere Marke aus
demselben Wortbestandteil besteht wie die Anmeldemarke. Das dominierende Element
der älteren Marke ist unbestreitbar dieser Wortbestandteil. Die Bildbestandteile dieser
Marke, nämlich der Schrifttyp und die blaue Farbe, können nicht als originell gewertet
werden (vgl. entsprechend Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages
jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg, EU:T:2007:387, Rn. 53). Somit ist die
angefochtene Entscheidung insoweit zu bestätigen, als die Beschwerdekammer dort
festgestellt hat, dass die Zeichen optisch nahezu identisch sind. Zweitens ist in
klanglicher Hinsicht zu bemerken, dass die Zeichen identisch ausgesprochen werden.
Drittens ist in begrifflicher Hinsicht festzustellen, dass der Wortbestandteil „klaes“ keine
bekannte Bedeutung hat und daher bei beiden Zeichen als Phantasiebestandteil
aufgefasst werden wird.
26
In Anbetracht dessen ist die Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen
Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt – ohne dass ihr im Übrigen die
Verfahrensbeteiligten insoweit widersprochen hätten –, dass die Zeichen eine hohe
Ähnlichkeit aufweisen.
Zum Vergleich der Dienstleistungen
27
Die Klägerin meint, dem HABM seien bei der vergleichenden Analyse der in Rede
stehenden Dienstleistungen insoweit Fehler unterlaufen, als die von der älteren Marke
erfassten Dienstleistungen und die Dienstleistungen, die von der Anmeldemarke erfasst
erfassten Dienstleistungen und die Dienstleistungen, die von der Anmeldemarke erfasst
würden, einander nicht ähnlich seien.
28
Der Gerichtshof hat in Rn. 23 des in der vorstehenden Rn. 18 angeführten Urteils Canon
(EU:C:1998:442) entschieden, dass bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen
Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind, die das
Verhältnis zwischen ihnen kennzeichnen. Er hat klargestellt, dass zu diesen Faktoren
insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als
miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen
gehören, und somit keineswegs angenommen, dass diese Faktoren die einzigen sind,
die berücksichtigt werden können, da sie nur beispielhaft aufgezählt wurden (Urteil vom
11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, Slg, EU:C:2006:310, Rn. 85). Der
Unionsrichter hat daher daraus abgeleitet, dass andere einschlägige Faktoren, die das
zwischen den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen möglicherweise
bestehende Verhältnis kennzeichnen, wie die Vertriebswege der betreffenden Waren,
ebenfalls berücksichtigt werden können (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte
Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg,
EU:T:2007:219, Rn. 37, und Urteil vom 15. Dezember 2010, Wind/HAB – Sanyang
Industry [Wind], T‑451/09, EU:T:2010:522, Rn. 18).
29
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen
auf die objektiven Merkmale und Eigenschaften der in Rede stehenden
Dienstleistungen, wie sie im jeweiligen Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldemarke
und der älteren Marke aufgeführt sind, abzustellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom
22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg,
EU:T:2007:96, Rn. 85).
30
Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Ansicht, es bestehe eine gewisse
Ähnlichkeit zwischen – auf der einen Seite – den von der Anmeldemarke beanspruchten
Dienstleistungen der Klasse 42, zu denen nach der von der Klägerin selbst
vorgenommenen Beschreibung die „Aktualisierung, Erstellung und Pflege von Software“
gehören, und – auf der anderen Seite – folgenden von der älteren Marke erfassten,
gleichfalls zur Klasse 42 gehörenden Dienstleistungen: „Wissenschaftliche und
technologische Dienstleistungen und diesbezügliche Designerdienstleistungen und
Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Entwicklung und Herstellung von
Kunststofferzeugnissen sowie der diesbezüglichen Werkzeugentwicklung“. Die
Beschwerdekammer nahm insbesondere an, dass die Art der streitigen Dienstleistungen
zwar nicht dieselbe sei, aber zwischen ihnen eine Komplementarität bestehe, da die
Software für die Dienstleistungen der älteren Marke genutzt und entwickelt werde.
31
Erstens ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer – entgegen dem Vorbringen der
Klägerin – nicht angenommen hat, dass die Softwaredienstleistungen den von der
älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen „immanent“ und somit von ihrer
Eintragung „erfasst“ seien. In Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung hat die
Beschwerdekammer festgestellt, dass „die [von der Anmeldemarke beanspruchten]
Dienstleistungen nicht in den Oberbegriffen der älteren Marke enthalten“ seien. Auf der
Grundlage der von der Streithelferin vorgelegten Beweise ist die Beschwerdekammer
jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Benutzung von Software für die von der
älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der Entwicklung und
älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der Entwicklung und
Herstellung
von
Kunststofferzeugnissen
sowie
der
diesbezüglichen
Werkzeugentwicklung substanziell sei, spezifische Software zum Betreiben dieser
Dienstleistungen entwickelt werde und somit ein Ergänzungsverhältnis zwischen den
streitigen Dienstleistungen bestehe. Die Klägerin zieht weder diese Schlussfolgerungen
hinsichtlich der Verbindung zwischen den in Rede stehenden Dienstleistungen noch die
Beweise, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt hat, in Zweifel.
32
Wenn zweitens die Klägerin meint, dass die Reichweite des der älteren Marke
gewährten Schutzes allein auf der Grundlage der in der Eintragung angeführten
Dienstleistungsklassen festgelegt werden dürfe, so dass die Dienstleistungen, die von
der älteren Marke erfasst würden, die die von der Anmeldemarke beanspruchten
Dienstleistungen nicht erwähne, die letztgenannten Dienstleistungen nicht als
Unterstützungs- und Hilfsleistungen einschließen könnten, so kann diesem Vorbringen
nicht gefolgt werden. Zum einen ist es sachlich unzutreffend. Wie nämlich aus der
vorstehenden Rn. 31 hervorgeht, hat die Beschwerdekammer zu keiner Zeit behauptet,
dass die von der Anmeldemarke erfassten Softwaredienstleistungen in den von der
älteren Marke erfassten Dienstleistungen eingeschlossen seien. Zum anderen vermag
das Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, Slg,
EU:C:2012:361), auf das sich die Klägerin beruft, deren Vorbringen nicht zu stützen.
Denn die Waren oder Dienstleistungen, für die Schutz durch die Gemeinschaftsmarke
beantragt wird, müssen vom Anmelder hinreichend klar und eindeutig angegeben
werden, damit das HABM und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den
beantragten Schutzumfang bestimmen können. Gerade die Einhaltung dieses
Erfordernisses versetzt im Fall eines Widerspruchs die Widerspruchsabteilung und
gegebenenfalls die Beschwerdekammer in die Lage, den Grad der Ähnlichkeit der in
Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen selbst zu beurteilen, insbesondere wenn
es sich um Begriffe handelt, deren Inhalt weitgehend vom Kontext und von den
Merkmalen sowohl der Anmeldemarke als auch der älteren Marke abhängt (vgl. Urteil
vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – López Cabré [VOGUE],
T‑229/12, EU:T:2014:95, Rn. 36 und 37). Im vorliegenden Fall erfassen zum einen die
von der älteren Marke beanspruchten Dienstleistungen nicht sämtliche in der Überschrift
von Klasse 42 aufgezählten Oberbegriffe; zum anderen werden diese Dienstleistungen
hinreichend eindeutig beschrieben und beziehen sich klar auf einen speziellen Bereich,
nämlich die Entwicklung und Herstellung von Kunststofferzeugnissen.
33
Drittens hat die Beschwerdekammer in Rn. 21 zutreffend festgestellt, dass die von der
Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen nicht auf einen spezifischen Bereich
beschränkt sind und daher auch diejenigen umfassen, die von den wissenschaftlichen
und technologischen Fachleuten, Designern und Ingenieuren für die Entwicklung und
Herstellung
von
Kunststofferzeugnissen
sowie
der
diesbezüglichen
Werkzeugentwicklung benutzt werden. Aus dem Auszug aus der Website der
Streithelferin, die diese ihrem Streithilfeschriftsatz an das Gericht als Anlage beigefügt
hat, geht ebenfalls hervor, dass die Entwicklung von Kunststofferzeugnissen und die
Werkzeugentwicklung digital mittels darauf ausgerichteter Software erfolgt. Die Klägerin
bestätigt dies, wenn sie in Rn. 14 der Klageschrift ausführt, dass „Computerprogramme
bzw. die entsprechenden Dienstleistungen hierzu … in nahezu allen Bereichen der
Industrie eingesetzt [werden]“. Zudem hat die Klägerin, wie das HABM anmerkt, das
Industrie eingesetzt [werden]“. Zudem hat die Klägerin, wie das HABM anmerkt, das
Dienstleistungsverzeichnis für die Anmeldemarke während des Verwaltungsverfahrens
nicht präzisiert.
34
Die streitigen Dienstleistungen sind zwar unterschiedlicher Natur; mangels eines
Beweises für das Gegenteil gibt es jedoch keinen Grund dafür, auszuschließen, dass die
von den in Rede stehenden Zeichen beanspruchten Aufgaben zu dem Spektrum von
Dienstleistungen gehören, die von derselben Art von Unternehmen angeboten werden
können. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass ein Unternehmen, das auf
technologische Dienstleistungen und Werkzeuge im Bereich der Entwicklung und
Herstellung von Kunststofferzeugnissen spezialisiert ist, möglicherweise auch über
Fachwissen hinsichtlich des Erstellens und der Aktualisierung von Software verfügt.
Mangels eines Beweises für das Gegenteil ist davon auszugehen, dass die streitigen
Dienstleistungen in Verwendungszweck und Nutzung übereinstimmen können. Der
Beschwerdekammer ist daher kein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie in den Rn. 21
und 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass zwischen ihnen ein
Ergänzungsverhältnis und somit eine gewisse Ähnlichkeit bestehe.
35
Aus alledem ergibt sich, dass eine schwache Ähnlichkeit zwischen den von der
Anmeldemarke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 und den von der älteren
Marke erfassten Dienstleistungen derselben Klasse besteht.
Zur Verwechslungsgefahr
36
Vorliegend ist in der vorstehenden Rn. 26 eine hohe Ähnlichkeit der streitigen Zeichen
und in der vorstehenden Rn. 35 eine schwache Ähnlichkeit der in Rede stehenden
Dienstleistungen festgestellt worden.
37
Im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird infolgedessen
der geringe Grad der Ähnlichkeit der streitigen Dienstleistungen dadurch ausgeglichen,
dass die Marken in visueller, klanglicher und begrifflicher Hinsicht nahezu identisch sind
(vgl. die in der vorstehenden Rn. 20 angeführte Rechtsprechung). Die
Beschwerdekammer hat daher in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung zu Recht
angenommen, dass trotz der erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen
Verkehrskreise die Gefahr einer Verwechslung zwischen den streitigen Zeichen besteht.
Ihrer Schlussfolgerung, dass Fachleute, die mit den streitigen Zeichen konfrontiert
würden, glauben würden, dass die fraglichen Dienstleistungen von denselben
Unternehmen stammten, da diese Dienstleistungen nicht vollkommen verschieden seien,
ist zuzustimmen.
38
Nach alledem ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die
vorliegende Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
39
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie vom
HABM beantragt, dessen Kosten aufzuerlegen.
40
Nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein
Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Da die Streithelferin insoweit keinen Antrag
gestellt hat, trägt sie ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2 . Die Horst Klaes GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten,
die dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und
Modelle) (HABM) entstanden sind.
3. Die Klaes Kunststoffe GmbH trägt ihre eigenen Kosten.
Frimodt Nielsen
Dehousse
Collins
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Februar 2015.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.