Urteil des EuG vom 18.03.2015

Sad, Bern, Europäische Kommission, Delegation

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)
18. März 2015
)
„Öffentliche Lieferaufträge – Ausschreibungsverfahren – Lieferung von Tollwut-
Impfstoffen nach Serbien – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Auftragsvergabe an
einen anderen Bieter – Auswahlkriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“
In der Rechtssache T‑30/12
IDT
Biologika
GmbH
mit
Sitz
in
Dessau-Roßlau
(Deutschland),
Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte R. Gross und T. Kroupa, dann
Rechtsanwalt R. Gross und Rechtsanwältin A. Mekdam,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission,
Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Delegation der Europäischen Union in der
Republik Serbien vom 5. Oktober 2011 (ABl. 2011/S 222-359832), den Auftrag
EuropeAid/130686/C/SUP/RS für die Lieferung eines Tollwut-Impfstoffs für
Impfkampagnen in Serbien an das Konsortium unter der Leitung der Bioveta a. s. zu
vergeben und das Angebot der Klägerin abzulehnen,
erlässt
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimod Nielsen sowie der Richter F. Dehousse
(Berichterstatter) und A. M. Collins,
Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12.
September 2014
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Im Rahmen des Vergabeverfahrens EuropeAid/130686/C/SUP/RS schrieb die
Europäische Union, vertreten durch ihre Delegation in der Republik Serbien (im
Folgenden: Delegation), durch eine am 6. November 2010 im Supplement zum Amtsblatt
der Europäischen Union (ABl. 2010/S 216-330589) veröffentlichte Bekanntmachung im
offenen Verfahren einen Auftrag aus, der fünf Lose umfasste. Das im vorliegenden Fall in
Rede stehende erste Los betraf die Beschaffung von Tollwutimpfkörpern in einem
festgelegten Gebiet Serbiens. Diese Operation fiel in den Rahmen von Kampagnen zur
Impfung von Füchsen, die sodann im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 durchgeführt
wurden. Nachdem das Verfahren in Bezug auf das erste Los am 7. Juni 2011 für nichtig
erklärt worden war, wurde am 27. August 2011 im Supplement zum Amtsblatt der
Europäischen
Union
(ABl.
2011/S
164-269805)
im
Rahmen
des
Ausschreibungsverfahrens
EuropeAid/130686/C/SUP/RS
eine
neuerliche
Bekanntmachung für das erste Los veröffentlicht.
2
Aus den Ausschreibungsunterlagen geht hervor, dass sich die Auswahlkriterien auf die
wirtschaftliche und finanzielle Lage der Bieter sowie auf deren berufliche und technische
Leistungsfähigkeit (unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen, der
Fachgebiete und der Erfahrung) bezogen. Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis.
Außerdem mussten die Angebote die technischen Spezifikationen der Ausschreibung
erfüllen und insbesondere in Bezug auf das erste Los eine den technischen
Spezifikationen entsprechende detaillierte Beschreibung der Impfstoffe sowie alle
sonstigen relevanten Unterlagen enthalten. Die Angebote mussten bis spätestens 19.
September 2011 eingereicht werden.
3
Nach den Bestimmungen in den die technischen Spezifikationen betreffenden
Anhängen II und III der Ausschreibungsunterlagen musste der Impfstoff 15
Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere musste der Impfstoff den Vorgaben der
Monografie Nr. 746 des Europäischen Arzneibuchs für Lebendimpfstoffe für die
Schluckimpfung von Füchsen entsprechen und entweder bei der Europäischen
Arzneimittelagentur (EMA) oder bei einer vergleichbaren Zulassungsbehörde eines
Mitgliedstaats registriert sein (erste Voraussetzung). Die Verwendung des Impfstoffs
musste zudem vor der Lieferung von der serbischen Agentur für Arzneimittel und
Medizinprodukte genehmigt worden sein (zweite Voraussetzung). Der Impfstoff musste
darüber hinaus sicher für Ziel- und Nichtzieltierarten sein (fünfte Voraussetzung).
Außerdem musste die Sicherheit des Impfstoffs für Menschen durch
Unschädlichkeitstests an Primaten überprüft worden sein (sechste Voraussetzung).
4
Am 26. September 2011 forderte die Delegation eine der Bieterinnen, die Bioveta a. s.
(im Folgenden: Bioveta), auf, eine Bestätigung einer zuständigen Behörde eines
Mitgliedstaats dafür beizubringen, dass die Änderung der Bezeichnung des für die
Herstellung der Impfstoffe verwendeten Virusstamms von „SAD-Bern“ in „SAD-Bern MSV
Bio 10“ nicht eine neuerliche Registrierung notwendig machte und das Inverkehrbringen
des Produkts unter einer anderen Bezeichnung nicht eine Verletzung der ursprünglichen
Genehmigung für das Inverkehrbringen darstellte.
5
Mit Schreiben vom 29. September 2011 teilte Bioveta mit, dass der Virusstamm ihres
5
Mit Schreiben vom 29. September 2011 teilte Bioveta mit, dass der Virusstamm ihres
Impfstoffs seit 1992 unverändert geblieben sei und dem entspreche, der in den von den
zuständigen Behörden der Tschechischen Republik und der Republik Serbien
genehmigten Unterlagen benannt sei. Die in ihrem Angebot dargestellten Tests an nicht-
menschlichen Primaten seien, wie vom Arzneibuch empfohlen, anhand der ersten
Passagierung des MSV-Bio-10 SAD-Bern durchgeführt worden, aus dem auch der von
ihr angebotene Impfstoff Lysvulpen hergestellt werde. Dabei ermögliche die
Bezeichnung „MSV-Bio-10 SAD Bern“ eine Unterscheidung des Virusstamms, den sie
für Lysvulpen nutze, von jenen anderer Hersteller von Tollwutimpfstoffen, die ihre
Virusstämme ebenfalls als SAD-Bern bezeichneten. Bioveta legte eine Bestätigung der
zuständigen tschechischen Behörde vom 29. September 2011 vor, wonach das von ihr
hergestellte Lysvulpen das attenuierte Virus SAD-Bern enthalte, das seit 1992 aus MSV-
Bio-10 SAD-Bern hergestellt worden sei, und wonach die Bezeichnung „MSV-Bio-10
SAD-Bern“ seither für alle Registrierungen und Erneuerungen von Genehmigungen für
das Inverkehrbringen angegeben worden sei. Sie legte außerdem ein
Genehmigungsprotokoll vor, und die Delegation kam am 29. September 2011 zu der
Auffassung, dass diese Klarstellung ausreichend sei.
6
Mit Entscheidung vom 5. Oktober 2011, die der Klägerin, der IDT Biologika GmbH,
durch Schreiben vom 9. November 2011 übermittelt und am 18. November 2011 im
Amtsblatt veröffentlicht wurde (ABl. 2011/S 222-359832), lehnte die Delegation das
Angebot der Klägerin ab und vergab das erste Los an das Konsortium unter der Leitung
von Bioveta (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Verfahren und Anträge der Parteien
7
Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 19. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
8
Durch Beschluss des Präsidenten der Sechsten Kammer des Gerichts vom 28. Oktober
2013 ist das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über das Rechtsmittel der
Klägerin gegen das Urteil vom 25. Oktober 2012, IDT Biologika/Kommission (T‑503/10,
EU:T:2012:575), ausgesetzt worden.
9
Nach dem Erlass des Beschlusses vom 7. November 2013, IDT Biologika/Kommission
(C‑6/13 P, EU:C:2013:743), mit dem das Rechtsmittel zurückgewiesen wurde, ist das
Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wieder aufgenommen worden.
10
Am 20. November 2013 hat das Gericht die Parteien aufgefordert, zur Frage einer
möglichen Auswirkung des vorgenannten Beschlusses IDT Biologika/Kommission
(EU:C:2013:743) auf die vorliegende Rechtssache Stellung zu nehmen, was die
Parteien innerhalb der ihnen gesetzten Frist getan haben.
11
Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters die Eröffnung des
mündlichen Verfahrens beschlossen und die Europäische Kommission im Rahmen
prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung zur Beantwortung
zweier Fragen aufgefordert. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgerecht
nachgekommen.
12
Die Parteien haben in der Sitzung vom 12. September 2014 mündlich verhandelt und
Fragen des Gerichts beantwortet.
13
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
14
Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
15
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der in Rede stehende öffentliche Lieferauftrag
die Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates vom 17. Juli 2006 zur Schaffung eines
Instruments für Heranführungshilfe (ABl. L 210, S. 82) zur Rechtsgrundlage hat. Er gehört
zu den aus dem Haushalt der Union finanzierten Maßnahmen im Außenbereich im Sinne
des Titels IV des Zweiten Teils der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates
vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der
Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung).
16
Art. 167 Abs. 1 der Haushaltsordnung in deren Zweiten Teil Titel IV sieht vor:
„Vorbehaltlich der in den Durchführungsbestimmungen vorgesehenen besonderen
Bestimmungen zu den Schwellenwerten und Modalitäten der Auftragsvergabe für
Maßnahmen im Außenbereich gelten für Aufträge nach diesem Titel Artikel 56 und die
Allgemeinen Bestimmungen für die Auftragsvergabe in Kapitel 1 des Titels V des Ersten
Teils. Öffentliche Auftraggeber im Sinne dieses Kapitels sind
a) die Kommission im Namen und für Rechnung eines oder mehrerer Empfänger,
…“
17
Der Zweite Teil der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23.
Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357,
S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) enthält im Titel III („Maßnahmen im
Außenbereich“) ein Kapitel 3 (Art. 231 bis 252) mit Bestimmungen über die
Auftragsvergabe.
18
Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe, die auf die Nichtigerklärung der
angefochtenen Entscheidung gerichtet sind. Die Gesellschaft Bioveta, der der Auftrag für
das erste Los erteilt worden sei, habe die technischen Spezifikationen der
Ausschreibung nicht eingehalten, und zwar sowohl in Bezug auf die Nichtvirulenz des
Impfstoffs (erster Klagegrund) als auch in Bezug auf die geforderten Genehmigungen
(zweiter Klagegrund), so dass ein Verstoß gegen Art. 252 Abs. 3 der
(zweiter Klagegrund), so dass ein Verstoß gegen Art. 252 Abs. 3 der
Durchführungsbestimmungen vorliege.
19
Art. 252 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen sieht vor:
„Angebote, die nicht alle in den Ausschreibungsunterlagen verlangten wesentlichen
Angaben enthalten oder die nicht den darin enthaltenen spezifischen Anforderungen
entsprechen, werden abgelehnt.
Gleichwohl kann der Bewertungsausschuss bzw. der öffentliche Auftraggeber unter
Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung einen Bewerber oder Bieter
auffordern, binnen einer vom Ausschuss bzw. Auftraggeber festgesetzten Frist die
Unterlagen, die die Ausschluss- und Auswahlkriterien betreffen, durch weitere
Unterlagen zu ergänzen oder zu präzisieren.“
20
Darüber hinaus verfügt der öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung der
Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen
Auftrags zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen. Insoweit muss sich die
Kontrolle durch das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften
und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde
und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl.
Urteil vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg,
EU:T:2005:274, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
21
Insoweit beschränkt zwar in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, in
dem wie im vorliegenden Fall der Bieter den Zuschlag erhält, dessen Angebot den
administrativen und technischen Anforderungen entspricht und das preisgünstigste ist,
der öffentliche Auftraggeber sein Ermessen hinsichtlich der Erteilung des Zuschlags auf
das Angebot, das unter den anforderungsgerechten Angeboten das preisgünstigste ist.
Jedoch bleibt sein Ermessen in Bezug auf die Bewertung der Konformität der
abgegebenen Angebote, insbesondere der hierzu vorgelegten Unterlagen,
notwendigerweise ein weites Ermessen (Urteil vom 15. September 2011, CMB und
Christof/Kommission, T‑407/07, EU:T:2011:477, Rn. 116).
22
Die Klägerin macht geltend, der von Bioveta präsentierte Impfstoff habe nicht den
technischen Spezifikationen der in Rede stehenden Ausschreibung entsprochen. Es ist
somit zu prüfen, ob der öffentliche Auftraggeber, der das Angebot von Bioveta als mit den
technischen Spezifikationen der Ausschreibungsbedingungen konform ansah, damit
einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.
Zum
ersten
Klagegrund:
Verstoß
gegen
Art.
252
Abs.
3
der
Durchführungsbestimmungen in Bezug auf die Nichtvirulenz des Impfstoffs für Menschen
23
Die Klägerin trägt vor, dass das Angebot des Konsortiums unter der Leitung von
Bioveta, dem der Auftrag erteilt worden sei, nicht den technischen Anforderungen
entsprochen habe und hätte abgelehnt werden müssen. Der ausgewählte Impfstoff
Lysvulpen basiere, wie aus dem Schreiben von Bioveta vom 29. September 2011 und
dem Schreiben der tschechischen Behörden vom selben Tag hervorgehe, auf dem
Virusstamm SAD-Bern. Dieser Virusstamm sei aber für nicht-menschliche Primaten
pathogen. Daher bestehe bei dem Impfstoff, der auf diesem Virusstamm basiere, die
pathogen. Daher bestehe bei dem Impfstoff, der auf diesem Virusstamm basiere, die
Gefahr der Virulenz für den Menschen. Außerdem habe Bioveta die Nichtvirulenz von
Lysvulpen für Menschen nicht durch geeignete Tests an nicht-menschlichen Primaten
nachgewiesen. Das erfolgreiche Angebot entspreche daher nicht den in den
Ausschreibungsunterlagen festgelegten technischen Spezifikationen. In ihrer Erwiderung
macht die Klägerin geltend, dass das Angebot von Bioveta auch dann hätte abgelehnt
werden müssen, wenn man die von der Kommission mit ihrer Klagebeantwortung
vorgelegten Unterlagen zu Tests an Primaten berücksichtige, weil diese Unterlagen im
Widerspruch zu den Ergebnissen der vorangegangenen einschlägigen Tests stünden,
die außer Betracht geblieben seien.
24
Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
25
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die vorliegende Klage von der Rechtssache
unterscheidet, in der das Urteil IDT Biologika/Kommission (oben in Rn. 8 angeführt,
EU:T:2012:575) ergangen ist, da die technischen Spezifikationen der vorliegend in Rede
stehenden Ausschreibung eine Beurteilung der Sicherheit des Impfstoffs für Menschen
anhand von Unschädlichkeitstests an Primaten verlangten (siehe oben, Rn. 3), während
diese Voraussetzung in jener Rechtssache, nicht bestand. Daher kann die vorliegende
Rechtssache nicht, wie von der Kommission vorgeschlagen, durch einen Beschluss
nach Art. 111 der Verfahrensordnung entschieden werden.
26
Sodann stellt sich die Frage, ob die Delegation einen offensichtlichen
Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie davon ausging, dass die Voraussetzung
eines Unschädlichkeitstests an Primaten tatsächlich beachtet worden sei (vgl. die oben
in den Rn. 20 und 21 angeführte Rechtsprechung).
27
Die Kommission hat einen im Jahr 2011 in einer tschechischen Veterinärzeitschrift
veröffentlichten Artikel vorgelegt, in dem die in Rede stehenden Tests – unter Darlegung
der angewandten Methode und der erzielten Ergebnisse – dargestellt werden und aus
dem sich ergibt, dass der Virusstamm von Lysvulpen für die getesteten Primaten
ungefährlich ist. Aus den Akten geht hervor, dass dieser Artikel von Bioveta im Rahmen
ihrer Bewerbung auf die Ausschreibung zum Nachweis der Vornahme der Tests an
Primaten vorgelegt wurde.
28
Außerdem stellte Bioveta die im vorliegenden Fall an nicht-menschliche Primaten
durchführten Tests in einer von der Klägerin vorgelegten Pressemitteilung vom 27.
Januar 2011 dar.
29
Schließlich hat die Klägerin im Hinblick auf den Artikel, den die Kommission im
Rahmen ihrer Klagebeantwortung vorgelegt hat, in ihrer Erwiderung die Ergebnisse
dieser Tests beanstandet. In der mündlichen Verhandlung hat sie darauf hingewiesen,
dass ihr Vorbringen folglich dahin zu verstehen sei, dass damit nicht mehr die Existenz
der geforderten Tests bestritten werde, sondern deren Gültigkeit und Bedeutung, was im
Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.
30
Vor diesem Hintergrund ist offensichtlich, dass die geforderten Tests an nicht-
menschlichen Primaten von Bioveta tatsächlich durchgeführt wurden, ohne dass über die
Frage entschieden werden müsste, ob die Durchführung dieser Tests von den
Frage entschieden werden müsste, ob die Durchführung dieser Tests von den
serbischen Behörden für die Zulassung der Tollwut-Schluckimpfstoffe auch in der Praxis
verlangt wurde.
31
In ihrer Erwiderung macht die Klägerin geltend, dass das Angebot von Bioveta auch
dann hätte abgelehnt werden müssen, wenn die von der Kommission mit ihrer
Klagebeantwortung vorgelegten Unterlagen zu Tests an Primaten zu berücksichtigen
wären, weil die Ergebnisse dieser Tests im Widerspruch zu den Ergebnissen der
vorangegangenen einschlägigen Tests stünden, die außer Betracht geblieben seien.
32
Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen. Die Tatsache, dass diese an Primaten
vorgenommenen Tests durchgeführt wurden und die Sicherheit des Impfstoffs für
Menschen belegen, genügt nämlich, damit die Delegation feststellen kann, dass die mit
der in Rede stehenden Ausschreibung aufgestellte Voraussetzung erfüllt wurde. Die
Feststellung, dass die Ergebnisse dieser Tests von denen vorangegangener Studien
abweichen, ist nicht geeignet, ihnen im Rahmen der Ausschreibung ihre Relevanz zu
nehmen.
33
Außerdem legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, weshalb die Ergebnisse dieser Tests
nicht gültig oder weniger beweiskräftig sein sollen als die von ihr angeführten früheren
Studien und Berichte.
34
Die Klägerin führt insoweit den Bericht der Kommission vom 23. Oktober 2002 und die
Studie des Laboratoriums der Agence française de sécurité sanitaire des aliments
(Französische Agentur für gesundheitliche Lebensmittelsicherheit, im Folgenden: Afssa),
Nancy (Frankreich), an. Sie macht geltend, die Kommission habe in ihrem Bericht vom
23. Oktober 2002 festgestellt, dass im Hinblick auf die nachgewiesene Virulenz des
Virusstamms SAD-Bern für Menschen nur bestimmte Impfpräparate auf Basis der
Virusstämme VRG, SAG 1 und SAG 2, SAD B19 sowie SAD P5/88 verwendet werden
sollten. Aus diesem Bericht geht jedoch nicht hervor, dass alle anderen Kategorien von
Impfstoffen ausgeschlossen wären. Zudem wird Lysvulpen im Ergebnis der Afssa-Studie
als einer der verfügbaren Impfstoffe angeführt.
35
Was die Sicherheit der Impfstoffe betrifft, wird in der Studie des Laboratoriums der
Afssa, Nancy, und im Bericht der Kommission vom 23. Oktober 2002 außerdem
aufgezeigt, dass in Anbetracht der Pathogenität des ursprünglichen Virusstamms SAD-
Bern bei oraler Verabreichung an Paviane der Liste der Arten, die Schluckimpfungstests
unterzogen werden, nicht-menschliche Primaten als Stellvertreter für den Menschen
hinzugefügt wurden. Mit den im vorliegenden Fall vorgesehenen und durchgeführten
Tests an nicht-menschlichen Primaten soll daher genau diesem Erfordernis genügt
werden.
36
Außerdem lässt der im Jahr 2011 veröffentlichte Artikel, in dem Tests an nicht-
menschlichen Primaten dargestellt werden und den die Kommission im vorliegenden
Verfahren vorgelegt hat, entgegen der Behauptung der Klägerin die Frage nach der
Pathogenität des Virusstamms SAD-Bern nicht unberücksichtigt
.
Artikels zeigt insbesondere auf, dass in den Fällen, in denen sich der Virusstamm als
pathogen erwiesen habe, die Inokulation des Virus nasal (und nicht oral) habe erfolgen
können und dass bestimmte Informationen betreffend die Gesundheit und die
können und dass bestimmte Informationen betreffend die Gesundheit und die
Bedingungen der Haltung der getesteten Tiere fehlten. In dem Artikel wird darauf
hingewiesen, dass die Tests im konkreten Fall gemäß der guten Laborpraxis und den
Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation durchgeführt worden seien. Weiter wird
ausgeführt, dass die getesteten Affen nicht durch Betäubungsmittel anästhesiert oder
sediert worden seien, um eine inkorrekte nasale Inokulation zu vermeiden.
37
Schließlich hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in Beantwortung einer Frage
des Gerichts im Wesentlichen ausgeführt, dass er über keine wissenschaftlichen
Anhaltspunkte für die Anfechtung des im Jahr 2011 veröffentlichten Artikels, in dem die
durchgeführten Tests dargestellt werden, verfüge, was in der mündlichen Verhandlung
protokolliert worden ist.
38
Die Klägerin hat somit jedenfalls nicht nachgewiesen, dass dieser Artikel im
vorliegenden Fall hätte zurückgewiesen werden müssen.
39
Folglich hat die Delegation mit ihrer Annahme, dass die Voraussetzung erfüllt sei,
wonach die Sicherheit des Impfstoffs für Menschen anhand von Unschädlichkeitstests an
Primaten zu beurteilen sei, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.
40
Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 252 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002
in Bezug auf das Vorliegen der geforderten Genehmigungen
41
Die Klägerin macht geltend, für Lysvulpen liege keine der nach den
Ausschreibungsunterlagen erforderlichen Genehmigungen vor. Lysvulpen basiere auf
der Nutzung des Stammes SAD-Bern, der nicht neu und daher nicht für eine Zulassung
bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geeignet sei. Wenn hingegen die von
Bioveta beigebrachten Genehmigungen der Behörden der Mitgliedstaaten auf einem
vom ursprünglichen Virusstamm SAD-Bern abweichenden Impfstoffstamm basieren
sollten, so hätte der Impfstoff ein neuerliches Zulassungsverfahren durchlaufen müssen.
42
Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
43
Aus den technischen Spezifikationen der Ausschreibung geht hervor, dass der Impfstoff,
was die geforderten Genehmigungen anbelangt, bei der EMA oder einer vergleichbaren
Zulassungsbehörde eines Mitgliedstaats registriert sein musste und seine Verwendung
vor der Lieferung von den serbischen Behörden (der serbischen Agentur für Arzneimittel
und Medizinprodukte) genehmigt worden sein musste.
44
Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass für Lysvulpen in mehreren
Mitgliedstaaten Verkehrsgenehmigungen erteilt wurden, was durch die von der Klägerin
vorgelegten Dokumente belegt wird.
45
Lysvulpen war auch Gegenstand einer Entscheidung der serbischen Agentur für
Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. Juni 2011 – also vor der Lieferung der
Impfstoffe im Rahmen der streitigen Ausschreibung –, mit der seine Verwendung zu
tiermedizinischen Zwecken für die Dauer von fünf Jahren genehmigt worden war.
46
Somit sind die Voraussetzungen der technischen Spezifikationen als im vorliegenden
46
Somit sind die Voraussetzungen der technischen Spezifikationen als im vorliegenden
Fall erfüllt anzusehen.
47
Die Klägerin macht geltend, dass eine Veränderung des Virusstamms von Lysvulpen
eine neue Verkehrsgenehmigung erfordert hätte.
48
Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen. Zunächst einmal beziehen sich nämlich
die zu den Akten gegebenen Genehmigungen auf das im vorliegenden Fall in Rede
stehende Lysvulpen, was für den Nachweis genügt, dass die Ausschreibungsbedingung,
wonach diese Genehmigungen vorliegen mussten, erfüllt war.
49
Was sodann die Frage betrifft, ob am Virusstamm von Lysvulpen Veränderungen
vorgenommen wurden, trägt zum einen die Klägerin selbst in erster Linie vor, dass dies
nicht der Fall sei.
50
Zum anderen wurde nicht nachgewiesen, dass der Virusstamm von Lysvulpen in einer
Weise verändert worden wäre, die eine neue Verkehrsgenehmigung erfordert hätte.
Insoweit haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die
Impfstoffe auf pathogenen Elementen beruhten und dass der Begriff „attenuiert“ im
Wesentlichen bedeute, dass der Virusstamm der ursprüngliche Virusstamm bleibe, aber
dass sein pathogener Charakter abgemindert werde. Im vorliegenden Fall wurde der
ursprüngliche Virusstamm SAD-Bern dahin verändert, dass er zur Entwicklung von
Lysvulpen attenuiert wurde. Jedoch wurde nicht nachgewiesen, dass Lysvulpen, dessen
Inverkehrbringen in verschiedenen Mitgliedstaaten genehmigt wurde, anschließend
wesentliche Veränderungen erfahren hätte, die neue Genehmigungen erfordern würden.
51
Was insbesondere die Änderung der Bezeichnung des für die Herstellung der Impfstoffe
verwendeten Virusstamms von „SAD-Bern“ in „SAD-Bern MSV Bio 10“ betrifft, forderte
die Delegation Bioveta auf, sich klarstellend zur Notwendigkeit einer neuen
Registrierung zu äußern. Dem Antwortschreiben von Bioveta vom 29. September 2011
zufolge wurde nicht der Name des für Lysvulpen verwendeten Virusstamms verändert,
sondern die Bezeichnung SAD Bio 10 verwendet, um ihn von dem anderer
Impfstoffhersteller zu unterscheiden (siehe oben, Rn. 4 und 5). Bioveta legte eine
Bestätigung der zuständigen tschechischen Behörde vom 29. September 2011 vor,
wonach das von ihr hergestellte Lysvulpen das attenuierte Virus SAD-Bern enthalte, das
seit 1992 aus MSV-Bio-10 SAD-Bern hergestellt worden sei, und wonach die
Bezeichnung „MSV-Bio-10 SAD-Bern“ seither für alle Registrierungen und
Erneuerungen von Genehmigungen für das Inverkehrbringen angegeben worden sei.
52
Da sich die zu den Akten gegebenen Genehmigungen auf das im vorliegenden Fall in
Rede stehende Lysvulpen beziehen, ist es schließlich nicht Sache des Gerichts, die
wissenschaftliche Richtigkeit der von den zuständigen nationalen Stellen ausgestellten
Verkehrsgenehmigungen zu prüfen.
53
Nach alledem beruhte die Annahme der Delegation, dass Lysvulpen die im
vorliegenden Fall in den technischen Spezifikationen aufgestellten Voraussetzungen
betreffend die Genehmigungen erfüllte, nicht auf einem offensichtlichen
Beurteilungsfehler.
54
Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen, und die Klage ist somit insgesamt
abzuweisen.
Kosten
55
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem
Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die IDT Biologika GmbH trägt die Kosten.
Frimodt Nielsen
Dehousse
Collins
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. März 2015.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.