Urteil des EuG vom 08.11.2000

EuG: kommission, gericht erster instanz, fernschreiben, genehmigung, verfahrensordnung, lieferung, verordnung, immaterieller schaden, russische föderation, ausschreibung

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
8. November 2000
„Nothilfe der Gemeinschaft für die Staaten der ehemaligen Sowjetunion - Ausschreibung - Nichtigkeitsklage -
Schadensersatzklage“
In den verbundenen Rechtssachen T-485/93, T-491/93, T-494/93 und T-61/98
Société anonyme Louis Dreyfus & Cie
Rechtsanwalt R. Saint-Esteben, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalt A. May, 398, route
d'Esch, Luxemburg,
Glencore Grain Ltd,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. V. F. Bos und J. G. A. van Zuuren, Rotterdam, Zustellungsanschrift:
Kanzlei des Rechtsanwalts M. Loesch, 11, rue Goethe, Luxemburg,
Compagnie Continentale (France)
P. Chabrier, Paris, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts E. Arendt, 8-10, rue Mathias Hardt,
Luxemburg,
Klägerinnen,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
B. J. Drijber und N. Khan, Juristischer Dienst, dann durch Frau Jonczy und H. van Vliet, Juristischer Dienst, als
Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner,
Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 1. April 1993 über Verträge zwischen den
einzelnen Klägerinnen und der Firma Exportkhleb und wegen Ersatzes der angeblich durch die Entscheidung
entstandenen Schäden
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter A. Potocki und A. W. H. Meij,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2000,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1.
Nachdem der Rat festgestellt hatte, dass es erforderlich sei, der Sowjetunion und ihren Republiken
Nahrungsmittelhilfe und medizinische Hilfe zu gewähren, erließ er am 16. Dezember 1991 den
Beschluss 91/658/EWG über ein mittelfristiges Darlehen für die Sowjetunion und ihre Republiken (ABl. L
362, S. 89). Artikel 4 Absatz 3 dieses Beschlusses bestimmt:
„Die Einfuhr der Erzeugnisse, die durch das Darlehen finanziert wird, erfolgt zu Weltmarktpreisen. Der
freie Wettbewerb muss für den Kauf und die Lieferung der Erzeugnisse gewährleistet sein, die den
international anerkannten Qualitätsnormen entsprechen müssen.“
2.
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1897/92 vom 9. Juli 1992 beschloss die Kommission die Modalitäten
für die Abwicklung des durch den Beschluss 91/658 gewährten mittelfristigen Darlehens (ABl. L 191, S.
22). Nach Artikel 4 dieser Verordnung dienen die den Republiken der ehemaligen Sowjetunion von der
Kommission gewährten Darlehen nur zur Finanzierung von Käufen und Lieferungen im Rahmen von
Verträgen, vorausgesetzt die Kommission hat anerkannt, dass diese Verträge dem Beschluss 91/658
und den Abkommen zwischen den Republiken und der Kommission zur Gewährung der betreffenden
Darlehen entsprechen. Nach Artikel 5 der Verordnung Nr. 1897/92 ist diese Anerkennung an die
Erfüllung insbesondere folgender Bedingungen gebunden:
„1. Die Auftragsvergabe erfolgt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs. Zu diesem Zweck
holen die Beschaffungsstellen der Republiken bei der Auswahl von Lieferunternehmen aus der
Gemeinschaft die Angebote von mindestens drei voneinander unabhängigen Unternehmen ... ein ...
2. Der Vertrag bietet die günstigsten Preisbedingungen, die normalerweise auf dem Weltmarkt erzielt
werden.“
3.
Am 9. Dezember 1992 schlossen die Europäische Gemeinschaft, die Russische Föderation und
deren Finanzmakler, die Vnesheconombank (im Folgenden: VEB), gemäß der Verordnung Nr. 1897/92
ein „Memorandum of Understanding“ (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), aufgrund dessen die
Europäische Gemeinschaft der Russischen Föderation das im Beschluss 91/658 vorgesehene
Darlehen gewähren sollte. Diese Rahmenvereinbarung wiederholt in ihrem Artikel 7 siebter und
zwölfter Gedankenstrich die oben zitierten Bestimmungen des Artikels 5 der Verordnung Nr. 1897/92.
4.
Am selben Tag schlossen die Kommission und die VEB den in der Verordnung Nr. 1897/92 und der
Rahmenvereinbarung vorgesehenen Darlehensvertrag. Dieser Vertrag legt den Mechanismus der
Auszahlung des Darlehens fest. Er bestimmt in seinem Artikel 5.1 Buchstabe a, dass der von der VEB
bei der Kommission gestellte Genehmigungsantrag insbesondere dem Muster in Anlage 2-A zum
Vertrag entsprechen muss. Aus dieser Anlage geht hervor, dass die VEB dem Antrag eine Kopie des
Liefervertrags und die drei vor Abschluss des Liefervertrags an unabhängige Unternehmen
gerichteten Aufforderungen zur Abgabe von Angeboten sowie die entsprechenden Antworten
beifügen muss.
5.
Am 15. Januar 1993 schloss die Kommission gemäß Artikel 2 des Beschlusses 91/658 als
Darlehensgeber im Namen der Gemeinschaft einen Darlehensvertrag mit einem vom Crédit Lyonnais
angeführten Bankenkonsortium.
Sachverhalt
6.
In den letzten vier Monaten des Jahres 1992 wurden die Klägerinnen, internationale
Handelsgesellschaften, im Rahmen einer von der Firma Exportkhleb, der von der Russischen
Föderation mit den Verhandlungen über den Ankauf von Weizen beauftragten staatlichen
Gesellschaft, veranstalteten informellen Ausschreibung angesprochen.
7.
Mit Verträgen vom 27. und 28. November 1992 kamen die Klägerinnen und Exportkhleb über
Folgendes überein: Die Aktiengesellschaft Louis Dreyfus & Cie (im Folgenden: Louis Dreyfus)
verpflichtete sich, eine Menge von 325 000 t Müllereiweizen zum Preis von 140,50 USD/t cif frei Ostsee-
Außenhafen zu liefern. Die Gesellschaft Glencore Grain schloss einen Vertrag über die Lieferung von
700 000 t Müllereiweizen zum Preis von 140 USD zu den gleichen Bedingungen. Die Compagnie
Continentale (France) unterzeichnete zwei Verträge. Der Erste betraf die Lieferung von 500 000 t
Müllereiweizen - von denen 50 000 später gestrichen wurden - zum Preis von 140,40 USD/t cif frei
Ostsee-Außenhafen, der Zweite die Lieferung von 20 000 t Hartweizen zum Preis von 145 USD/t cif frei
Schwarzes Meer-Außenhafen. Dieser zweite Vertrag wurde am 2. Dezember 1992 geändert und die
Lieferung weiterer 15 000 t Hartweizen zum Preis von 148 USD/t cif frei Schwarzes Meer-Außenhafen
vereinbart. Nach den Verträgen sollte die Ware in den Monaten Januar und Februar 1993 verladen
werden.
8.
Nach Unterzeichnung des Darlehensvertrags beantragte die VEB bei der Kommission die
Genehmigung der zwischen Exportkhleb und den Klägerinnen geschlossenen Verträge.
9.
Nachdem die Kommission von den Klägerinnen bestimmte unerlässliche zusätzliche Auskünfte
erhalten hatte, die insbesondere den Wechselkurs ECU/USD betrafen, der in den Verträgen nicht
festgesetzt worden war, erteilte sie am 27. Januar 1993 ihre Genehmigung in Form von an die VEB
gerichteten Bestätigungsschreiben.
10.
Nach dem Vorbringen der Klägerinnen traten die Akkreditive, auf deren Grundlage die Finanzierung
erfolgen sollte, erst in der zweiten Hälfte Februar 1993, also nur wenige Tage vor Ablauf des in den
Verträgen vorgesehenen Verladezeitraums, in Kraft.
11.
Zwar sei ein bedeutender Teil der Ware geliefert oder verladen worden, es habe sich jedoch klar
abgezeichnet, dass nicht die gesamte Ware vor Ende Februar 1993 würde geliefert werden können.
12.
Mit Fernschreiben vom 19. Februar 1993 berief Exportkhleb die Exporteure zu einer Sitzung in
Brüssel ein, die am 22. und 23. Februar 1993 abgehalten wurde. Im Laufe dieser Sitzung verlangte
Exportkhleb von den Exporteuren neue Preisangebote für die Lieferung der von ihr so genannten
„vorhersehbaren Restmenge“, d. h. der Mengen, bei denen vernünftigerweise vorhersehbar war, dass
sie nicht vor dem 28. Februar 1993 geliefert würden. Nach dem Vorbringen der Klägerinnen stieg der
Weizenpreis auf dem Weltmarkt von November 1992, dem Zeitpunkt des Abschlusses der
Kaufverträge, bis Februar 1993, dem Zeitpunkt der neuen Verhandlungen, erheblich.
13.
Nach dieser Sitzung in Brüssel vereinbarten die Klägerinnen mit Exportkhleb neue
Weizenlieferungen, die vor Ende April 1993 zu erfolgen hatten. Der Gesellschaft Louis Dreyfus wurde
ein Zuschlag über 185 000 t Müllereiweizen zum Preis von 155 USD erteilt. Glencore Grain verpflichtete
sich zur Lieferung von 450 000 t Müllereiweizen zum gleichen Preis; die Compagnie Continentale
(France) sollte 300 000 t Müllereiweizen, davon 120 000 t zum ursprünglich vereinbarten Preis und
180 000 t zum Preis von 155 USD, sowie 20 000 t Hart- oder Müllereiweizen zum Preis von 155 USD
liefern.
14.
Nach dem Vorbringen der Klägerinnen wurde wegen der Dringlichkeit, die sich aus den
Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelversorgung in Russland ergab, auf Bitten der Exportkhleb
beschlossen, diese Änderungen durch einfache Zusätze zu den ursprünglichen Verträgen formell
niederzulegen.
15.
Am 9. März 1993 teilte Exportkhleb der Kommission mit, dass die mit fünf ihrer Lieferanten
geschlossenen Verträge geändert worden seien und dass die ausstehenden Lieferungen nunmehr
zum Preis von 155 USD/t (cif frei Ostsee-Außenhafen) bei einem ECU-Kurs von 1,17418 USD (also zum
Preis von 132 ECU/t) erfolgen würden.
16.
Mit Telefax vom 12. März 1993 wies der Leiter der Generaldirektion Landwirtschaft (GD VI)
Exportkhleb darauf hin, dass die Kommission, da der Höchstwert dieser Verträge bereits durch das
Bestätigungsschreiben der Kommission festgesetzt worden sei und sämtliche für Weizen verfügbaren
Kredite bereits vergeben seien, einem solchen Antrag nur stattgeben könne, wenn der Gesamtwert
der Verträge beibehalten würde, was durch eine entsprechende Kürzung der noch zu liefernden
Mengen erreicht werden könne. Der Antrag auf Genehmigung der Änderungen könne von der
Kommission nur berücksichtigt werden, wenn er von der VEB förmlich gestellt werde.
17.
Nach dem Vorbringen der Klägerinnen wurden diese Informationen als Bestätigung des
grundsätzlichen Einverständnisses der Kommission ausgelegt, vorbehaltlich einer Prüfung für die
formale Genehmigung, sobald die Akten von der VEB übersandt würden.
18.
Daraufhin wurden die Zusätze zu den Verträgen förmlich vereinbart, aber auf den 22. Februar 1993,
den Tag der Sitzung in Brüssel, vordatiert. Der am 9. März 1993 mitgeteilte Preis/t blieb unverändert,
doch wurden die Mengen angepasst, um zu vermeiden, dass der Gesamtbetrag den ursprünglich
vorgesehenen überstieg. Die Klägerinnen nahmen daraufhin ihre Lieferungen wieder auf oder setzten
sie fort.
19.
Die Unterlagen mit den neuen Angeboten und den Vertragsänderungen wurden der Kommission
von der VEB förmlich am 22. und 26. März 1993 übersandt.
20.
Mit einem Schreiben des für Agrarfragen zuständigen Kommissionsmitglieds vom 1. April 1993
unterrichtete die Kommission die VEB von ihrer Weigerung, die Änderungen der ursprünglichen
Verträge zu genehmigen.
21.
In diesem Schreiben teilte der Verfasser mit, dass die Kommission nach Prüfung der Änderungen
der zwischen Exportkhleb und bestimmten Lieferanten geschlossenen Verträge diejenigen
anerkennen könne, die sich auf den Aufschub der Fälligkeit von Lieferung und Zahlung bezögen.
Hingegen sei „der Umfang der Preiserhöhungen ... so groß, dass wir sie nicht als eine notwendige
Anpassung betrachten können, sondern als eine wesentliche Änderung der ursprünglich
ausgehandelten Verträge. Das gegenwärtige Niveau der Preise auf dem Weltmarkt (Ende März 1993)
unterscheidet sich nämlich nicht signifikant von demjenigen in dem Zeitpunkt, zu dem die Preise
ursprünglich vereinbart wurden (Ende November 1992).“ Die Notwendigkeit, zum einen den freien
Wettbewerb zwischen potenziellen Lieferanten und zum anderen möglichst günstige Kaufbedingungen
zu gewährleisten, sei einer der wichtigsten Faktoren für die Genehmigung von Verträgen durch die
Kommission. Im vorliegenden Fall seien die Änderungen unmittelbar mit den betroffenen Unternehmen
vereinbart worden, ohne dass diese dem Wettbewerb mit anderen Lieferanten ausgesetzt worden
seien. Daher könne die „Kommission ... derart wichtige Änderungen, die durch einfache Zusätze zu
den bestehenden Verträgen vorgenommen werden, nicht genehmigen ... [Sollte] es für notwendig
erachtet [werden], die Preise oder die Mengen zu ändern, so [müssten] neue Verträge ausgehandelt
werden ..., die der Kommission in Anwendung des üblichen vollständigen Verfahrens (einschließlich
der Einreichung mindestens dreier Angebote) zur Genehmigung ... vorgelegt werden [müssten].“
22.
Die Gesellschaften Louis Dreyfus und Glencore Grain tragen vor, dass Exportkhleb sie am 5. April
1993 von der Weigerung der Kommission unterrichtet habe. Die Compagnie Continentale (France)
trägt vor, sie habe am selben Tag ein Fernschreiben von Exportkhleb erhalten, in dem ihr die
Weigerung mitgeteilt worden sei, der vollständige Text des Schreibens vom 1. April 1993 sei ihr aber
erst am 20. April 1993 zugesandt worden.
Verfahren
23.
Die Gesellschaften Louis Dreyfus, Glencore Grain und Compagnie Continentale (France) haben mit
Klageschriften, die am 9. Juni, 5. Juli und 22. Juni 1993 bei derKanzlei des Gerichtshofes eingegangen
sind, Klagen erhoben, die unter den Nummern C-311/93, C-343/93 und C-357/93 eingetragen worden
sind.
24.
Der Gerichtshof hat diese Verfahren mit Beschlüssen vom 27. September 1993 gemäß dem
Beschluss 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses
88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
verwiesen.
25.
Die Rechtssachen sind unter den Nummern T-485/93, T-491/93 und T-494/93 in das Register der
Kanzlei des Gerichts eingetragen worden.
26.
Mit Urteilen vom 24. September 1996 in den Rechtssachen T-485/93 (Dreyfus/Kommission, Slg.
1996, II-1101), T-491/93 (Richco/Kommission, Slg. 1996, II-1131) und T-494/93 (Compagnie
Continentale/Kommission, Slg. 1996, II-1157) hat das Gericht die Anträge der Klägerinnen auf
Nichtigerklärung als unzulässig abgewiesen und die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen, die
die Kommission gegen die Schadensersatzanträge der Gesellschaften Louis Dreyfus und Glencore
Grain erhoben hatte.
27.
Mit Rechtsmittelschriften, die zwischen dem 28. November und dem 23. Dezember 1996 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben die Klägerinnen Rechtsmittel gegen diese Urteile
eingelegt, soweit darin die Nichtigkeitsanträge für unzulässig erklärt wurden.
28.
Mit Beschlüssen vom 27. Januar 1997 hat das Gericht das schriftliche Verfahren bezüglich der
Schadensersatzanträge bis zum Erlass der Urteile des Gerichtshofes ausgesetzt.
29.
Mit Klageschrift, die am 8. April 1998 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die
Compagnie Continentale (France) eine weitere Klage erhoben, die auf Verurteilung der Kommission
zum Ersatz des Schadens gerichtet ist, der der Klägerin durch die Entscheidung vom 1. April 1993
entstanden sei. Diese Rechtssache ist unter der Nummer T-61/98 in das Register der Kanzlei des
Gerichts eingetragen worden.
30.
Mit Urteilen vom 5. Mai 1998 in den Rechtssachen C-386/96 P (Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, I-
2309), C-391/96 P (Compagnie Continentale/Kommission, Slg. 1998, I-2377) und C-403/96 P (Glencore
Grain/Kommission, Slg. 1998, I-2405) hat der Gerichtshof die Urteile des Gerichts, soweit darin die
Nichtigkeitsanträge für unzulässig erklärt wurden, aufgehoben, die Rechtssachen zur Entscheidung
über die Begründetheit an das Gericht zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.
31.
Gemäß Artikel 119 § 2 des Verfahrensordnung des Gerichts ist das schriftliche Verfahren vor dem
Gericht in dem Stadium, in dem es sich befand, fortgesetzt worden.
32.
Mit Beschluss vom 9. Juni 1998 hat das Gericht (Dritte Kammer) unter Hinweis darauf, dass es sich
im Urteil vom 24. September 1996 in der Rechtssache T-494/93 nicht zu der von der Kommission
behaupteten verspäteten Klageerhebung geäußert habe, die Entscheidung über den Antrag auf
Entscheidung über die Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten.
33.
Durch Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 11. Juni 1998 sind die
Rechtssachen T-494/93 und T-61/98 gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem
schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
34.
Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche
Verhandlung zu eröffnen.
35.
Durch Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 19. Januar 2000 sind die
Rechtssachen T-485/93, T-491/93, T-494/93 und T-61/98 gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung zu
gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden worden.
36.
Die Parteien haben in der Sitzung des Gerichts vom 23. Februar 2000 mündlich verhandelt und
Fragen des Gerichts beantwortet.
37.
Die Klägerinnen haben in der Sitzung erklärt, dass sie keine Einwände gegen die Verbindung der
Rechtssachen T-485/93, T-491/93, T-494/93 und T-61/98 zu gemeinsamer Entscheidung hätten.
38.
Gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung hat das Gericht beschlossen, diese Rechtssachen zu
gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.
Anträge der Parteien
39.
Die Klägerin in der Rechtssache T-485/93 beantragt,
- die Entscheidung vom 1. April 1993 für nichtig zu erklären;
- die Kommission zum Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden zu verurteilen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
40.
Die Klägerin in der Rechtssache T-491/93 beantragt,
- die Entscheidung vom 1. April 1993 für nichtig zu erklären;
- die Kommission zu verurteilen, ihr als Ersatz des Schadens, den sie durch diese Entscheidung
erlitten hat, 7 374 023,78 EUR zuzüglich Zinsen ab Eingang der Klage zu zahlen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
41.
Die Klägerin in den verbundenen Rechtssachen T-494/93 und T-61/98 beantragt,
- die Entscheidung der Kommission vom 1. April 1993 für nichtig zu erklären;
- die Kommission zu verurteilen, ihr als Ersatz des Schadens, den sie durch diese Entscheidung
erlitten hat, 1 858 987 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
42.
Die Kommission beantragt
- in der Rechtssache T-491/93, den Schadensersatzantrag als unzulässig, hilfsweise, als
unbegründet abzuweisen;
- in der Rechtssache T-494/93, die Nichtigkeitsklage als unzulässig, hilfsweise, als unbegründet
abzuweisen;
- den Nichtigkeitsantrag in der Rechtssache T-491/93 und die Klagen in den Rechtssachen T-485/93
und T-61/98 als unbegründet abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur verspäteten Erhebung der Nichtigkeitsklage in der Rechtssache T-494/93
43.
Die Kommission macht geltend, die am 22. Juni 1993 eingereichte Nichtigkeitsklage sei verspätet
erhoben worden.
44.
Die Klägerin habe eingeräumt, dass sie bereits am 5. April 1993 durch ein Fernschreiben von
Exportkhleb von der angefochtenen Entscheidung erfahren habe. In diesem Fernschreiben würden
der Klägerin in klaren Worten Inhalt und Begründung des Standpunkts der Kommission mitgeteilt. Die
Klage hätte daher innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem 5. April 1993, also unter
Berücksichtigung der Entfernungsfrist spätestens am 11. Juni 1993, eingereicht werden müssen.
45.
Hilfsweise führt die Kommission aus, dass die Klägerin erst am 20. April 1993 eine Kopie der
Entscheidung erhalten habe. Aufgrund des klaren Wortlauts des Fernschreibens vom 5. April 1993,
der Dringlichkeit und den schwerwiegenden Folgen der mitgeteilten Informationen hätte ein
umsichtiges Unternehmen mit der Beschaffung des Textes der Entscheidung vom 1. April 1993 nicht
bis zum 20. April 1993 gewartet, sondern sich sofort darum bemüht.
46.
Nach Artikel 173 Absatz 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 230 Absatz 5 EG) ist eine Nichtigkeitsklage
binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der
betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem
Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.
47.
Gemäß Anlage II der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, auf den Artikel 102 § 2 der
Verfahrensordnung des Gerichts verweist, wird die Frist von zwei Monaten mit Rücksicht auf die
räumliche Entfernung für einen in Frankreich niedergelassenen Kläger um sechs Tage verlängert.
48.
Im vorliegenden Fall wurde die Entscheidung vom 1. April 1993 weder bekannt gegeben noch der
Klägerin mitgeteilt.
49.
Falls eine Bekanntgabe oder Mitteilung nicht vorliegt, muss derjenige, der Kenntnis vom Bestehen
eines ihn betreffenden Rechtsakts hat, dessen vollständigen Wortlaut binnen angemessener Frist
anfordern. Unter dieser Voraussetzung läuft die Klagefrist erst von dem Zeitpunkt an, zu dem der
betroffene Dritte genaue Kenntnis von Inhalt und Begründung des fraglichen Rechtsakts erlangt, so
dass er sein Klagerecht ausüben kann (Urteile des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-
465/93, Consorzio gruppo di azione locale „Murgia Messapica“/Kommission, Slg. 1994, II-361, Randnr.
29, vom 7. März 1995 in den Rechtssachen T-432/93 bis T-434/93, Socurte u. a./Kommission, Slg.
1995, II-503, Randnr. 49, und vom 13. Dezember 1995 in der Rechtssache T-109/94, Windpark
Groothusen/Kommission, Slg. 1995, II-3007, Randnr. 26). Der Begriff „genaue Kenntnis“ bedeutet nicht
Kenntnis sämtlicher Bestandteile der Entscheidung, sondern Kenntnis von ihrem wesentlichen Inhalt
(vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 10. Februar 1994 in der Rechtssache T-468/93,
Frinil/Kommission, Slg. 1994, II-33, Randnr. 32).
50.
Im vorliegenden Fall enthält das Fernschreiben von Exportkhleb vom 5. April 1993 an die Klägerin
nur zwei kurze Auszüge aus der Entscheidung vom 1. April 1993. Diese zudem verstümmelten Zitate
geben keine Auskunft über einen der wesentlichen Vorwürfe, die die Kommission in der Entscheidung
erhoben hat, nämlich dass die Zusätze zu den Verträgen vereinbart worden seien, ohne dass die
betroffenen Unternehmen dem Wettbewerb mit anderen Lieferanten ausgesetzt worden seien.
51.
Daher konnte die Klägerin dem Fernschreiben vom 5. April 1993 zwar entnehmen, dass sich die
Dienststellen der Kommission gegen die Vertragszusätze ausgesprochen hatten, aber nicht, aus
welchen Gründen.
52.
Die Klagefrist konnte somit nicht mit dem Eingang des Fernschreibens zu laufen beginnen.
53.
Was das Hilfsvorbringen der Beklagten betrifft, so ist unter den gegebenen Umständen der
Zeitraum von fünfzehn Tagen vom 5. April 1993, dem Tag des Eingangs des Fernschreibens von
Exportkhleb, bis zum 20. April 1993, dem Tag des Eingangs des Textes der Entscheidung, trotz der
aus den Auskünften von Exportkhleb erkennbaren Dringlichkeit der Situation nicht unangemessen im
Sinne der zitierten Rechtsprechung.
54.
Somit ist die mit einer verspäteten Klageerhebung begründete Einrede der Unzulässigkeit
zurückzuweisen.
Zum Nichtigkeitsantrag
55.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die neuen Bedingungen der Kaufverträge, die die Preise,
die Mengen und in einem Fall sogar die Art der zu liefernden Erzeugnisse betrafen, nur dann für eine
finanzielle Garantie der Gemeinschaft in Betracht kamen, wenn sie von der Kommission genehmigt
wurden. Insofern ist unerheblich, ob diese neuen Bedingungen als Zusätze zu den ursprünglichen
Verträgen oder als neue Verträge zu qualifizieren sind.
56.
Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass von den Voraussetzungen, die in den
einschlägigen Rechtsvorschriften für die Einholung der Genehmigung der Kommission festgelegt sind,
die eine den vereinbarten Preis und die andere die Wahrung des freien Wettbewerbs beim
Vertragsschluss betrifft. Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass nach Auffassung der
Kommission weder die eine noch die andere Voraussetzung erfüllt wurde.
57.
Im Übrigen bestreiten die Parteien nicht, dass diese beiden Voraussetzungen kumulativ sind und
dass die Entscheidung, die Verträge nicht zu genehmigen, bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine
Voraussetzung nicht erfüllt ist.
58.
Unter den gegebenen Umständen ist zunächst die zweite Voraussetzung zu prüfen.
Vorbringen der Parteien
59.
Die Klägerinnen machen geltend, dass die Voraussetzung der Wahrung des freien Wettbewerbs
entgegen den Ausführungen der Kommission in der angefochtenenEntscheidung beim Abschluss der
Verträge im Februar 1993 genauso erfüllt gewesen sei wie beim Abschluss der Verträge im November
1992.
60.
Sie erinnern insoweit an den Kontext - insbesondere an die Dringlichkeit -, in dem die
Verhandlungen in der Sitzung vom 22. und 23. Februar 1993 stattgefunden hätten (vgl. insbesondere
Urteil Dreyfus/Kommission vom 5. Mai 1998, Randnr. 50).
61.
Des Weiteren enthielten weder der Beschluss 91/658 noch die Verordnung Nr. 1897/92 besondere
Formvorschriften für die Aufforderung der Gemeinschaftslieferanten zum Wettbewerb. Im Übrigen sehe
Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1897/92 lediglich vor, dass Exportkhleb als Beschaffungsstelle
die Angebote von mindestens drei voneinander unabhängigen Unternehmen „einhole“.
62.
Zudem sei beim Abschluss der Verträge im November 1992 die Aufforderung dreier voneinander
unabhängiger Unternehmen zur Abgabe von Angeboten durch einen einfachen Telefonanruf erfolgt.
Dagegen sei das Ausschreibungsverfahren bei der Vereinbarung der Vertragszusätze wesentlich
förmlicher gewesen, da die Aufforderung an die Unternehmen durch Fernschreiben erfolgt sei.
Darüber hinaus habe die Fachpresse über die Sitzung vom 22. und 23. Februar 1993 in Brüssel
berichtet. Da die Kommission keine Einwände gegen das Verfahren zum Abschluss der ursprünglichen
Verträge gehabt habe, sei ihre Kritik an dem Verfahren, das zur Vereinbarung der Vertragszusätze
geführt habe, nicht berechtigt.
63.
In der Sitzung vom 22. und 23. Februar 1993 in Brüssel seien die Verhandlungen zwar getrennt
geführt worden, hätten aber sämtliche Lieferanten veranlasst, den niedrigsten Preis, der den
russischen Behörden geboten worden sei, zu übernehmen.
64.
Schließlich habe Exportkhleb in der zweiten Ausschreibung verständlicherweise versucht, die
Lieferung der noch nicht erhaltenen Mengen sicherzustellen; der Umstand, dass die im Rahmen der
zweiten Ausschreibung angeforderten Mengen mit den nicht gelieferten Mengen übereinstimmten,
beweise daher nicht, dass in dem Verfahren kein Wettbewerb stattgefunden habe.
Würdigung durch das Gericht
65.
Die Voraussetzung der Wahrung des freien Wettbewerbs beim Abschluss von Verträgen ist
entscheidend für das ordnungsgemäße Funktionieren des von der Gemeinschaft eingeführten
Mechanismus des Darlehens. Sie soll nicht nur Betrugs- und Kollusionsgefahren beseitigen, sondern
allgemein eine optimale Verwendung der Mittel gewährleisten, die die Gemeinschaft für die
Unterstützung der Republiken der ehemaligen Sowjetunion bereitstellt. Sie soll mithin die
Gemeinschaft als Darlehensgeber genauso schützen wie die betreffenden Republiken als Empfänger
der Nahrungsmittelhilfe und der medizinischen Hilfe.
66.
Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist somit keine bloß formale Pflicht, sondern ein unentbehrlicher
Bestandteil der Durchführung des Mechanismus des Darlehens.
67.
Zu prüfen ist daher, ob die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung zu Recht
davon ausgegangen ist, dass die Erfüllung der Voraussetzung des freien Wettbewerbs bei der
Vereinbarung der Vertragszusätze nicht nachgewiesen sei. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung ist
anhand sämtlicher von der Kommission im betreffenden Bereich zu beachtender Vorschriften
einschließlich der mit den russischen Behörden getroffenen Vereinbarungen zu prüfen.
68.
Die mit den verschiedenen Gemeinschaftsunternehmen vereinbarten Vertragszusätze sind jeweils
Sonderverträge, von denen jeder Einzelne der Genehmigung durch die Kommission bedarf. Somit ist zu
prüfen, ob jede Klägerin bei der Vereinbarung der neuen Vertragsbedingungen mit Exportkhleb dem
Wettbewerb mit mindestens zwei unabhängigen Unternehmen ausgesetzt war.
69.
Zunächst kann das Fernschreiben von Exportkhleb an die Klägerinnen mit der Einladung zu einer
Sitzung am 22. und 23. Februar 1993 in Brüssel nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass jedes
Unternehmen vor Vereinbarung der Vertragszusätze dem Wettbewerb mit mindestens zwei
voneinander unabhängigen Unternehmen ausgesetzt war.
70.
Zwar sehen die anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften keine bestimmte Form für die
Ausschreibung vor. Doch geht es im vorliegenden Fall nicht darum, ob ein Fernschreiben eine gültige
Ausschreibung darstellen kann, sondern darum, ob durch dieses Fernschreiben nachgewiesen wird,
dass jedes Unternehmen vor Vereinbarung der neuen Bedingungen dem Wettbewerb mit anderen
Unternehmen ausgesetzt war. Durch das Fernschreiben von Exportkhleb, das allgemein gefasst ist
und insbesondere nicht die zu liefernden Mengen oder die Lieferbedingungen nennt, wird dieser
Beweis jedoch nicht erbracht.
71.
Auch die von den Klägerinnen vorgelegten Auszüge aus der Fachpresse, in denen über die Ankunft
von Vertretern von Exportkhleb in Europa zur Erörterung insbesondere der Beschaffung von Weizen im
Rahmen des Gemeinschaftsdarlehens berichtet wird, belegen in keiner Weise, dass die
Vertragszusätze mit Unternehmen vereinbart wurden, die zuvor dem Wettbewerb mit mindestens zwei
unabhängigen Unternehmen ausgesetzt waren.
72.
Wie die Klägerin Glencore Grain unterstrichen hat, verlangen zwar die anwendbaren Vorschriften
von Exportkhleb nur, mindestens drei konkurrierende Angebote „einzuholen“. Somit ist nicht
ausgeschlossen, dass bestimmte Unternehmen trotz Aufforderung auf die Abgabe eine Angebots
verzichten.
73.
Im vorliegenden Fall geht jedoch aus den Akten nicht einmal hervor, dass bei den schließlich
vereinbarten Vertragszusätzen mindestens zwei konkurrierende Drittunternehmen die Aufforderung
von Exportkhleb zurückgewiesen hätten.
74.
So hat Exportkhleb in ihrem Telefax an die Kommission vom 9. März 1993, in dem sie die
Vertragsänderungen mitteilte, lediglich die mit den einzelnen Unternehmen abgeschlossenen
Verträge angegeben. Bei den jeweiligen Verträgen werden nur das Angebot des Unternehmens, das
den Zuschlag erhalten hat, und die nach Verhandlungen zwischen Exportkhleb und diesem
Unternehmen vereinbarten Bedingungen genannt. Für keinen dieser Verträge ist von mindestens
zwei, wenn auch negativen, Antworten auf die Aufforderungen zur Angebotsabgabe die Rede. Aus dem
Telefax wird nur ersichtlich, dass jedes Unternehmen mit Exportkhleb einen Vertrag über die zum
Zeitpunkt der Sitzung in Brüssel jeweils noch zu liefernde Tonnage geschlossen hat. Zwar waren dem
Telefax vom 9. März 1993 Angebote beigefügt, doch handelte es sich um verschiedene Angebote für
verschiedene Verträge und nicht um ein und denselben Vertrag. Auch das Telefax ermöglicht somit
nicht den Nachweis, dass die Vertragszusätze nach einer Aufforderung von mindestens drei
voneinander unabhängigen Unternehmen zum Wettbewerb vereinbart wurden.
75.
Die Kommission hat im Übrigen, ohne dass ihr in diesem Punkt widersprochen worden wäre,
vorgetragen, dass sie bei der offiziellen Mitteilung der neuen Vertragsbedingungen durch die VEB am
22. und 26. März 1993 nicht die positiven oder negativen Antworten von mindestens drei
unabhängigen Unternehmen erhalten habe.
76.
Die Klägerinnen machen jedoch geltend, dass der freie Wettbewerb gewahrt worden sei, da sie alle
den niedrigsten Preisvorschlag hätten übernehmen müssen.
77.
Zwar geht aus dem Telefax von Exportkhleb an die Kommission vom 9. März 1993 an die Kommission
hervor, dass die Preisangebote zwischen 155 und 158,50 USD lagen, doch vereinbarten schließlich
alle Unternehmen mit Exportkhleb einen Preis von 155 USD.
78.
Das zeigt jedoch höchstens, dass vor Abschluss der Verträge Verhandlungen zwischen Exportkhleb
und der jeweiligen Klägerin stattgefunden hatten. Dagegen wird dadurch auch unter Berücksichtigung
der bereits genannten Umstände nicht belegt, dass dieser Preis das Ergebnis eines Wettbewerbs von
mindestens drei voneinander unabhängigen Unternehmen um jeden zu vergebenden Auftrag war.
79.
Somit ist nicht nachgewiesen worden, dass die Kommission einen Fehler begangen hat, als sie
feststellte, dass der Grundsatz des freien Wettbewerbs bei der Vereinbarung der Vertragszusätze
nicht beachtet worden sei.
80.
Da eine der kumulativen Voraussetzungen der anwendbaren Regelung nicht erfüllt ist, ist der erste
Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen wäre, ob der in den Vertragszusätzen vereinbarte
Preis dem Weltmarktpreis entsprach.
Vorbringen der Klägerinnen
81.
Die Klägerin in der Rechtssache T-485/93 macht geltend, dass die Dienststellen der Kommission ihr
mündlich bestimmte Zusicherungen gemacht hätten, dass die Vertragszusätze genehmigt würden.
Aufgrund dessen habe sie auch am 4. März 1993 die Verschiffung von Weizen nach Russland wieder
aufgenommen.
82.
Ferner berufen sich sämtliche Klägerinnen auf das Schreiben des Generaldirektors der GD VI vom
12. März 1993 an Exportkhleb, das beim Leiter der russischen Behörden und später bei ihnen die
begründete Erwartung geweckt habe, das die in den Vertragszusätzen vorgesehene Preiserhöhung
akzeptiert werde. Aus diesem Schreiben gehe nämlich Folgendes hervor:
- Die Kommission stelle das Verhandlungsverfahren, das im Februar 1993 in Brüssel stattgefunden
habe und von dem sie unterrichtet worden sei, als solches nicht in Frage;
- es sei ein grundsätzliches Einverständnis mit dem Vertragszusatz und dem neuen Preis erteilt
worden, da der Gesamtbetrag des bereits gewährten Gemeinschaftsdarlehens habe unverändert
bleiben sollen, was eine Reduzierung der Mengen erforderlich gemacht habe;
- es sei an die Verpflichtung zur förmlichen Unterrichtung der Kommission vom Vertragszusatz
erinnert worden; diese sei innerhalb der folgenden Tage erfolgt.
83.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-491/93 und T-494/93 berufen sich ferner auf ein Schreiben
des für Agrarfragen zuständigen Kommissionsmitglieds vom 26. März 1993 an den stellvertretenden
Ministerpräsidenten der Russischen Föderation. Darin würden nicht die geringsten Zweifel an der
Vereinbarkeit des am 23. Februar 1993 vereinbarten Preises mit den Marktpreisen geäußert.
84.
Indem die Kommission am 1. April 1993 einen entgegengesetzten Standpunkt eingenommen habe
als zuvor zu den gleichen Punkten, habe sie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen
(vgl. insbesondere Urteil des Gerichts vom 14. September 1995 in der Rechtssache T-571/93, Lefebvre
u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2379, Randnr. 74).
Würdigung durch das Gericht
85.
Nach ständiger Rechtsprechung hat Anspruch auf Vertrauensschutz jeder Einzelne, der sich in
einer Situation befindet, aus der sich ergibt, dass die Gemeinschaftsverwaltung ihm bestimmte
Zusicherungen gegeben und dadurch bei ihm begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des
Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache Vlaamse Televisie Maatschappij/Kommission, T-266/97,
Slg. 1999, II-0000, Randnr. 71).
86.
Im vorliegenden Fall berufen sich die Klägerinnen auf mündliche Zusicherungen der Dienststellen
der Kommission, ein Schreiben des Generaldirektors der GD VI vom 12. März 1993 und ein Schreiben
des für Agrarfragen zuständigen Kommissionsmitglieds vom 26. März 1993.
87.
Zunächst finden sich in den Akten keine Beweise dafür, dass die von der Kommission bestrittenen
mündlichen Zusicherungen tatsächlich gegeben wurden, und erst recht nicht dafür, dass sie die
erforderlichen Merkmale aufwiesen, um ein berechtigtes Vertrauen zu wecken.
88.
Dieser Teil des Klagegrundes ist somit zurückzuweisen.
89.
Sodann berufen sich die Klägerinnen auf das Schreiben des Generaldirektors der GD VI vom 12.
März 1993 an Exportkhleb, aus dem hervorgehe, dass sich die Kommission bereit erklärt habe, die
Vertragsänderungen und insbesondere die Preiserhöhung zu genehmigen, sofern der Gesamtbetrag
des Vertrages nicht geändert werde, was eine Reduzierung der Liefermengen erforderlich mache.
90.
Dieses Schreiben enthält jedoch einen letzten Absatz mit folgendem Wortlaut:
„Um die geänderten Verträge prüfen und genehmigen zu können, benötigt die Kommission einen
dahin gehenden förmlichen Antrag [der VEB] durch schnellstmögliche Zusendung der geänderten
oder neuen Verträge.“
(„In order to be able to examine and to approve the amended contracts, the Commission needs an
official request from the [VEB] to do so by transmitting the amended or new contracts as soon as
possible.“)
91.
Die Klägerinnen machen geltend, dieser Satz sei so verstanden worden, dass der förmliche Antrag
nur eine Formalität sei.
92.
Der Wortlaut des Satzes spricht allerdings gegen eine solche Auslegung. Der Generaldirektor der
GD VI erklärt nämlich ausdrücklich, dass die Unterrichtung erforderlich sei, damit man die geänderten
Verträge „prüfen“ und „genehmigen“ könne.
93.
Zudem erklärt der Generaldirektor in dem Schreiben weder, dass der neu festgesetzte Preis dem
Marktpreis entspreche, noch, dass das Verfahren zur Vereinbarung der Vertragszusätze unter den
Bedingungen des freien Wettbewerbsim Sinne der anwendbaren Rechtsvorschriften durchgeführt
worden sei. Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass diese beiden Umstände die Grundlage
der Entscheidung vom 1. April 1993 bilden. Die Entscheidung wird dagegen nicht darauf gestützt,
dass die Kommission selbst bei einer Reduzierung der Mengen nicht die Preiserhöhung genehmigen
könnte, was im Widerspruch zum Schreiben des Generaldirektors der GD VI stehen würde.
94.
Dass sich der Generaldirektor bereit erklärte, einer Preiserhöhung zuzustimmen, wenn die Mengen
entsprechend angepasst würden, bedeutet weder, dass dieser neue Preis marktkonform wäre, noch,
dass die Vertragszusätze unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs vereinbart wurden.
95.
Zwar machen die Klägerinnen geltend, dass das Schreiben des Generaldirektors der GD VI im
Kontext der damaligen Dringlichkeit zu verstehen sei, auf den der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 5.
Mai 1998 hingewiesen habe (vgl. z. B. Urteil Dreyfus/Kommission, Randnr. 50).
96.
Wie die Klägerinnen jedoch zur Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Klagen ausgeführt haben,
war die Genehmigung durch die Kommission im System der Verträge über Weizenlieferungen nach
Russland von entscheidender Bedeutung.
97.
Diesen engen Zusammenhang hat der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 5. Mai 1998
berücksichtigt. Er hat festgestellt, dass „davon ausgegangen werden [durfte], dass der Liefervertrag
nur nach Maßgabe der Verpflichtungen, die die Gemeinschaft ... übernommen hatte, geschlossen
werden konnte“ (u. a. Urteil Dreyfus/Kommission, Randnr. 50), und dass „die Bezahlung der
Getreidelieferungen nur mit den finanziellen Mitteln erfolgen konnte, die den Käufern von der
Gemeinschaft ... zur Verfügung gestellt wurden“ (a. a. O., Randnr. 51). Der Gerichtshof hat ferner
festgestellt, dass bei Fehlen der Finanzierungsgarantie der Gemeinschaft „die Möglichkeit, dass
Exportkhleb die Lieferverträge ... erfüllen ... würde, rein theoretisch [war]“ (a. a. O., Randnr. 52).
98.
Aufgrund der entscheidenden Bedeutung der Gemeinschaftsfinanzierung konnten sich die
Klägerinnen nicht auf ein - zudem an Exportkhleb und nicht an die VEB gerichtetes - Schreiben des
Generaldirektors der GD VI stützen, ohne die endgültige Entscheidung der Kommission abzuwarten.
99.
Nach alledem können die Klägerinnen nicht geltend machen, das Schreiben des Generaldirektors
der GD VI vom 12. März 1993 habe bei ihnen begründete Erwartungen im Sinne der Rechtsprechung
geweckt.
100.
Das Schreiben des für Agrarfragen zuständigen Kommissionsmitglieds vom 26. März 1993 schließlich
enthält folgende Feststellung:
„Wie Sie wissen, muss die VEB diese Änderungen [der Verträge] der Kommission zur Genehmigung
vorlegen. Der förmliche Antrag bezüglich dieser Vertragsänderungen ist gerade erst durch Telefax
(22. März) bei meinen Dienststellen eingegangen und wird zurzeit geprüft.“
(„As you are aware, these amendments must be presented by the VEB for approval to the
Commission. The official demand concerning such amendments to the contracts has only just reached
my services by fax [22/3] and is currently being studied.“)
101.
Zudem enthält dieses Schreiben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kommission der Auffassung
war, der freie Wettbewerb sei gewahrt worden und die Preise entsprächen den Marktpreisen.
102.
Das Schreiben vom 26. März 1993 konnte somit keine begründeten Erwartungen bei den
Klägerinnen wecken.
103.
Daher ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes
zurückzuweisen.
Vorbringen der Parteien
104.
Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission die Begründungspflicht im Sinne von Artikel
190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) verletzt (Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den
Rechtssachen T-371/94 und T-394/94, British Airways u. a. und British Midland Aiways/Kommission, Slg.
1998, II-2405, Randnrn. 89 und 95).
105.
In einer am 13. Mai 1993 in Brüssel abgehaltenen Sitzung von Vertretern der Kommission und
Vertretern des Komitees des Getreide- und Futtermittelhandels in der EWG (Coceral), dem die
Klägerinnen angehörten, habe sich herausgestellt, dass andere Gründe als die in der Entscheidung
genannten berücksichtigt worden seien. Wie aus dem Protokoll dieser Sitzung hervorgehe, seien die
in den Vertragszusätzen vereinbarten Preise nach Auffassung der Kommission das Ergebnis einer
vorherigen Absprache der Exporteure gewesen.
106.
Dieser Grund, dessen Richtigkeit nie nachgewiesen worden sei, werde in der Entscheidung nicht
erwähnt. Die Entscheidung vom 1. April 1993 nenne somit nicht alle - vor allem nicht die tatsächlichen
- Rechtfertigungsgründe für die Ablehnung.
107.
Die Klägerin in der Rechtssache T-491/93 bietet ergänzenden Beweis für die in der Sitzung vom 13.
Mai 1993 gefallenen Äußerungen durch die Vernehmung der damals anwesenden Personen an.
108.
Außerdem habe die Kommission in ihrer Klagebeantwortung bestätigt, dass es andere Gründe als
die in der Entscheidung genannten gegeben habe, da sie auf „weiter gehende Erwägungen
politischer und wirtschaftlicher Natur“ - die im Übrigen nicht näher ausgeführt worden seien -
verwiesen habe, die bei der Ablehnung der Vertragszusätze berücksichtigt worden seien.
109.
In den Rechtssachen T-485/93 und T-494/93 macht die Beklagte zunächst geltend, dass der
Klagegrund unzulässig sei, da er nicht die Voraussetzungen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der
Verfahrensordnung des Gerichts erfülle. Da die Entscheidung eine Begründung enthalte, sei im
Rahmen des Artikels 190 des Vertrages unerheblich, ob andere Gründe die Entscheidung ebenfalls
hätten rechtfertigen können. Daher gebe es keine Umstände, aus denen ersichtlich würde, inwiefern
im vorliegenden Fall gegen Artikel 190 des Vertrages verstoßen worden sei.
110.
Das von den Klägerinnen angeführte Sitzungsprotokoll sei von einem der Vertreter von Coceral
erstellt und von der Kommission nicht als richtig anerkannt worden.
111.
Darüber hinaus habe sie entgegen den Behauptungen der Klägerinnen in ihrer Klagebeantwortung
keineswegs behauptet, dass beim Erlass der Entscheidung andere Umstände berücksichtigt worden
seien.
112.
Hilfsweise erinnert die Kommission daran, dass die durch Artikel 190 des Vertrages
vorgeschriebene Begründung von der Natur des betreffenden Rechtsakts abhänge (Urteil des
Gerichtshofes vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache C-48/96 P, Windpark/Kommission, Slg. 1998, I-
2873, Randnrn. 34 und 35) und dabei der Rahmen, in dem der Rechtsakt erlassen worden sei,
berücksichtigt werden müsse. Im vorliegenden Fall sei die Entscheidung im Rahmen eines
privatrechtlichen Rechtsverhältnisses ergangen, in dem die Kommission über uneingeschränktes
Ermessen verfüge. Daher sei keine besondere Begründung erforderlich, und zwar erst recht nicht
gegenüber der Klägerin, die im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 9. Dezember 1992 nur Dritte sei.
Würdigung durch das Gericht
113.
Nach Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung muss die Klageschrift insbesondere eine
kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Das ist vorliegend entgegen dem Vorbringen der
Beklagten der Fall. Die Einwände der Kommission fallen nämlich nicht unter die formelle Zulässigkeit
des Klagegrundes, sondern unter die Prüfung seiner Begründetheit.
114.
Der geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund ist somit zurückzuweisen.
115.
Die durch Artikel 190 des Vertrages vorgeschriebene Begründung, die eine wesentliche
Formvorschrift im Sinne von Artikel 173 des Vertrages ist, muss dieÜberlegungen der
Gemeinschaftsbehörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen,
dass die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen können und der Gerichtshof
seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.
116.
Im vorliegenden Fall geht aus der Entscheidung klar hervor, dass die Kommission die ihr
vorgelegten geänderten Verträge nicht für genehmigungsfähig hielt, da sie nicht die Voraussetzungen
der geltenden Rechtsvorschriften erfüllten, weil sie nicht unter Wahrung des Grundsatzes des freien
Wettbewerbs geschlossen worden waren und die neuen Preise nicht den Marktpreisen entsprachen.
117.
Die Klägerinnen bestreiten im Übrigen nicht, dass sie diese Argumentation verstanden haben, was
durch das Vorbringen bestätigt wird, auf das sie ihren ersten Klagegrund gestützt haben.
118.
Somit entspricht die Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages.
119.
Dagegen ist es nicht Sache des Gerichts, im Rahmen eines auf die Verletzung von Artikel 190 des
Vertrages gestützten Klagegrundes zu prüfen, ob die Entscheidung durch andere Gründe als die in ihr
genannten hätte gerechtfertigt werden können. Das ginge nämlich über die oben genannte Kontrolle
der Begründung hinaus.
120.
Der vorliegende Klagegrund ist somit zurückzuweisen.
Zum Antrag auf Ersatz des materiellen Schadens
121.
In der Rechtssache T-491/93 macht die Kommission geltend, dass der Antrag auf Ersatz des
materiellen Schadens nicht zulässig sei. Aus der Klageschrift ließen sich nämlich nicht die Bedeutung
des Antrags und insbesondere nicht die Art des behaupteten Schadens erkennen. Sie erfülle daher
nicht die Voraussetzungen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts.
122.
Nach dieser Vorschrift muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der
Klagegründe enthalten. Das ist vorliegend der Fall. Der Einwand der Kommission fällt nicht unter die
Prüfung der formellen Zulässigkeit der Klage, sondern unter die Prüfung der Begründetheit des
Schadensersatzantrags.
123.
Die Unzulässigkeitseinrede der Kommission ist somit zurückzuweisen.
124.
Die Haftung der Gemeinschaft ist an das Zusammentreffen mehrerer Bedingungen geknüpft; sie
setzt die Rechtswidrigkeit des dem Organ vorgeworfenen Verhaltens,das Vorliegen eines Schadens
und das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten und dem geltend
gemachten Schaden voraus (u. a. Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 1996 in der Rechtssache T-
336/94, Efisol/Kommission, Slg. 1996, II-1343, Randnr. 30).
125.
Im vorliegenden Fall decken sich die von den Klägerinnen geltend gemachten Fehler je nach Fall mit
allen oder einigen der Klagegründe, auf die sie ihre Nichtigkeitsklage gestützt haben.
126.
Da diese Klagegründe bereits zurückgewiesen wurden, ist den Klägerinnen nicht der Nachweis
gelungen, dass die Kommission einen Fehler begangen hat.
127.
Der Antrag auf Ersatz des angeblichen materiellen Schadens ist somit zurückzuweisen.
Zum Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens
128.
Die Klägerin in der Rechtssache T-485/93 macht geltend, ihr sei durch die Erklärungen des
Generaldirektors der GD VI vor Vertretern des Berufszweiges der Getreideexporteure der
Gemeinschaft in der Sitzung vom 13. Mai 1993 (siehe oben, Randnr. 105), mit denen unterstellt
worden sei, dass sich die Klägerin bei der Aushandlung des Vertragszusatzes an unzulässigen
Praktiken beteiligt habe, ein immaterieller Schaden entstanden.
129.
Als Wiedergutmachung für diesen Schaden verlangt die Klägerin die Verurteilung der Kommission
zur Zahlung eines Euro.
130.
Das Dokument, das die Klägerin als Beleg für den Fehler der Kommission anführt, ist ein von Coceral
erstelltes Protokoll der betreffenden Sitzung. Es handelt sich daher weder um ein amtliches Protokoll
noch um ein Protokoll, dem die Kommission zumindest auf die eine oder andere Weise zugestimmt
hätte.
131.
Die in diesem Dokument festgehaltenen Äußerungen, die von der Kommission bestritten werden,
können somit nicht als bewiesen gelten.
132.
Daher ist der in der Rechtssache T-485/93 gestellte Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens
zurückzuweisen.
133.
Die Klagen sind daher in vollem Umfang abzuweisen.
Kosten
134.
Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen,
dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teilsobsiegt, teils unterliegt. Im
vorliegenden Fall sind der Kommission sämtliche bis zur Verkündung der Urteile des Gerichtshofes vom
5. Mai 1998 entstandenen Kosten aufzuerlegen. Jede Klägerin trägt ihre eigenen nach der
Verkündung dieser Urteile entstandenen Kosten; die Klägerinnen tragen gesamtschuldnerisch die
nach der Verkündung entstandenen Kosten der Kommission.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Rechtssachen T-485/93, T-491/93, T-494/93 und T-61/98 werden zu gemeinsamer
Entscheidung verbunden.
2. Die Klagen werden abgewiesen.
3. Die Kommission trägt ihre eigenen bis zur Verkündung der Urteile des Gerichtshofes
vom 5. Mai 1998 entstandenen Kosten und die bis dahin entstandenen Kosten der
Klägerinnen. Jede Klägerin trägt ihre eigenen nach der Verkündung dieser Urteile
entstandenen Kosten; die Klägerinnen tragen gesamtschuldnerisch die nach der
Verkündung entstandenen Kosten der Kommission.
Pirrung
Potocki
Meij
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. November 2000.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. W. H. Meij
Verfahrenssprachen: Französisch und Niederländisch.