Urteil des BVerwG vom 15.07.2009

Verfahrensmangel, Soldat, Rüge, Veröffentlichung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WNB 1.09
TDG S 6 BLc 10/08
In der Disziplinarsache
des Herrn Oberstleutnant d. R. ...,
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 15. Juli 2009 beschlossen:
Die Beschwerde des früheren Soldaten gegen die
Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss
des Truppendienstgerichts Süd vom 3. März 2009 wird
zurückgewiesen.
Der frühere Soldat trägt die Kosten des
Beschwerdeverfahrens.
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G r ü n d e :
Die statthafte, fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene
Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung
der Sache (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO) wird von der Beschwerde nicht
prozessordnungsgemäß dargelegt (1.). Der weiter geltend gemachte
Verfahrensmangel (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) liegt nicht vor (2.).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung der Revisionssenate des
Bundesverwaltungsgerichts ist eine Rechtssache nur dann grundsätzlich
bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn in dem angestrebten
Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in
ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall
hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu
erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs.
3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom
2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>), dass und
inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen
Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten
Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. auch Beschluss vom 24. Januar 2008 -
BVerwG 6 BN 2.07 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 85 Rn. 14).
Dies gilt auch für die § 132 Abs. 2 Nr. 1 und § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
nachgebildeten (vgl. dazu BTDrucks 16/7955 S. 36 zu Nr. 18) Regelungen des
§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO und des § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO (vgl. Beschluss vom
1. Juli 2009 - 1 WNB 1.09 - ).
An einer solchen Darlegung fehlt es hier. Die nach Art einer
Berufungsbegründung abgefasste Beschwerde formuliert schon keine
vermeintlich klärungsbedürftige Rechtsfrage im dargelegten Sinne. Stattdessen
macht sie unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, die
Entscheidung des Truppendienstgerichts sei fehlerhaft. Damit kann aber die
Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache nicht erreicht werden.
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2. Soweit die Beschwerde weiter „Verfahrensfehler im Disziplinarverfahren“
rügt, kann dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen.
Nach § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die
Entscheidung beruhen kann. Da sich die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des Truppendienstgerichts richtet (§ 22a Abs. 1 WBO), können nur
Verfahrensmängel des gerichtlichen Verfahrens zur Zulassung der
Rechtsbeschwerde führen. Dagegen können Mängel des vorgerichtlichen
Verfahrens mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden (vgl. zu §
132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Beschluss vom 27. Juni 1994 - BVerwG 6 B 17.94 -
Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 3 S. 2; Pietzner, in:
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Oktober 2008, § 132 Rn. 95).
Ein solcher Verfahrensmangel wird von der Beschwerde nicht erfolgreich
dargetan.
a) Die Beschwerde beanstandet, dass „die persönlichen finanziellen
Gegebenheiten“ des früheren Soldaten weder erfragt noch berücksichtigt
worden seien. Ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel liegt insoweit
aber nicht vor. Zwar hat das Truppendienstgericht den Sachverhalt von Amts
wegen aufzuklären (§ 42 WDO i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 1 WBO); eine Pflicht zur
Aufklärung besteht aber nur hinsichtlich solcher entscheidungserheblicher
Tatsachen, deren Klärungsbedürftigkeit sich dem Gericht insbesondere nach
dem Vorbringen des betroffenen Soldaten oder aus dem sonstigen Akteninhalt
aufdrängt. Hier ergab sich aus den Akten, dass der frühere Soldat im Zeitpunkt
der Verhängung der Disziplinarbuße Dienstbezüge der Besoldungsgruppe A 15
und Auslandsverwendungszuschläge bezog. Anhaltspunkte dafür, dass seine
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz dieser Bezüge der
Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 800 € entgegenstehen könnten,
waren demgegenüber nicht ersichtlich. Insbesondere hat der frühere Soldat
weder in seiner Beschwerdebegründung noch in seinem Antrag auf
Entscheidung des Truppendienstgerichts auf solche Umstände hingewiesen.
Vielmehr hat er nur allgemein geltend gemacht, die Höhe der Geldbuße sei im
Hinblick auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe unangemessen. Soweit er in der
Beschwerdebegründung eher beiläufig erwähnt hat, er befinde sich in der
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Freistellungsphase der Altersteilzeit, geschah dies nicht im Zusammenhang mit
seiner finanziellen Situation, sondern diente erkennbar dazu, sein Engagement
für den Auslandseinsatz zu unterstreichen. Unter diesen Umständen musste
sich dem Truppendienstgericht eine weitere Aufklärung der persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten trotz der Regelung in § 24
Abs. 2 WDO nicht aufdrängen.
b) Hinsichtlich der weiteren Rüge der Beschwerde, das besondere Engagement
des früheren Soldaten sei unberücksichtigt geblieben, ist kein Mangel des
gerichtlichen Verfahrens ersichtlich. Vielmehr betrifft dies die Frage der
materiellen Richtigkeit der Entscheidung. Damit kann aber kein
Verfahrensmangel im Sinne des § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO begründet werden
(vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG
9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18; Pietzner, a.a.O. Rn. 87).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 139 Abs. 2 WDO.
Golze Dr. Müller Dr. Deiseroth
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