Urteil des BVerwG vom 21.03.2013

BVerwG: gebäude, grundstück, hotel, bebauungsplan, ermessen, gemeinde, bestätigung, ermächtigung, kunst, rechtswidrigkeit

BVerwG 4 C 14.11
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 C 14.11
VG Oldenburg - 18.05.2009 - AZ: VG 4 A 2072/07
Niedersächsisches OVG - 20.10.2011 - AZ: OVG 1 LC 115/09
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem von ihm betriebenen Hotel bebaut
ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes C „Gartenstraße/Polderweg“
der beigeladenen Gemeinde. Der Bebauungsplan setzt für das klägerische Grundstück ein
Sondergebiet Hotel fest und enthält unter den textlichen Festsetzungen folgende Regelungen:
„9. Gebäude als Nebenanlagen i.S. § 14 BauNVO:
9.1 Sondergebiete für Familienerholung/Sondergebiet Hotel
Gebäude als Nebenanlagen i.S. § 14 BauNVO sind auf den nicht überbaubaren
Grundstücksflächen unzulässig.
9.2 Allgemeine Wohngebiete und Sondergebiete für Fremdenbeherbergung ...“.
2 Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt errichtete der Kläger auf seinem Grundstück an
der südlichen Grundstücksgrenze eine Blockhütte mit einer Grundfläche von 4,76 m mal 4,90 m
bei mehr als 40 m³ Brutto-(Raum-)Inhalt. Hierfür beantragte er die Erteilung einer
entsprechenden Baugenehmigung (Errichtung eines Blockhauses als Abstellraum). Den
Bauantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. November 2006 ab, weil das Vorhaben nicht
den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans in Nr. 9.1 entspreche. Widerspruch, Klage
und Berufung blieben erfolglos. Die vom Kläger eingelegte Revision hat das
Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom heutigen Tag - BVerwG 4 C 15.11 - zurückgewiesen.
3 Nachdem der Kläger angehört worden war, verpflichtete ihn der Beklagte mit Bescheid vom 6.
November 2006 zur Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Blockhütte und drohte für den
Fall der Nichtbefolgung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 000 € an. Mit
Bescheid vom selben Tag setzte er gegenüber dem Kläger die Kosten auf 120 € fest. Die gegen
die Bescheide erhobenen Widersprüche blieben erfolglos. Die daraufhin vom Kläger zum
Verwaltungsgericht erhobene Klage blieb im Wesentlichen erfolglos. Der Einzelrichter hob zwar
den Gebührenbescheid auf, soweit vom Kläger mehr als 54 € verlangt wurden; im Übrigen wies
er die Klage jedoch ab. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung wies das
Oberverwaltungsgericht zurück.
4 Gegen das Urteil hat der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision
eingelegt. Zur Begründung führte er aus, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
verletze Bundesrecht, weil sein Vorhaben genehmigt werden könne. Wie der Hilfsbegründung
im Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen sei, sei es immerhin möglich, dass das
Gebäude zumindest teilweise zugelassen werde. Der Beklagte hätte daher überlegen müssen,
ob er nicht lediglich einen Teilabriss der Blockhütte verlange oder ob er dem Kläger wenigstens
als Austauschmittel anheim stelle, seine Blockhütte auf 15 m² Grundfläche zu reduzieren bzw.
insoweit von der Anordnung der Beseitigung absehe, falls er, der Kläger, dieses Austauschmittel
anbiete.
5 Beklagter und Beigeladene verteidigen das angefochtene Urteil.
II
6 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts
vom 20. Oktober 2011 steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.
7 1. Das Berufungsgericht hat die verfahrensgegenständliche Beseitigungsanordnung an § 89
Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 der Niedersächsischen Bauordnung (BauO Nds., seit 1.
November 2012: § 79 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 BauO Nds.) gemessen. Danach kann die
Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Beseitigung von baulichen Anlagen
oder von Teilen baulicher Anlagen anordnen, wenn diese dem öffentlichen Baurecht
widersprechen. Die Auslegung und Anwendung dieser Norm betrifft irrevisibles Landesrecht.
Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil kann die
Beseitigung angeordnet werden, wenn das Blockhaus formell (Errichtung ohne die erforderliche
Baugenehmigung) und materiell (das Vorhaben kann auch nicht genehmigt werden)
baurechtswidrig ist.
8 Das vom Kläger errichtete Blockhaus ist formell illegal, weil der Kläger die erforderliche
Baugenehmigung nicht inne hat. Ob eine bauliche Anlage einer Genehmigung bedarf, richtet
sich nach Landesrecht, das gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 560 ZPO irrevisibel
ist. Jedenfalls das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der
Blockhütte auseinandergesetzt und diese in Hinblick auf § 68 Abs. 1 BauO Nds. (seit 1.
November 2012: § 59 BauO Nds.) und § 69 Abs. 1 BauO Nds. i.V.m. Nr. 1.1 des Anhangs (seit 1.
November 2012: § 60 Abs. 1 BauO Nds. i.V.m. Nr. 1.1 des Anhangs) bejaht, da das Gebäude
einen Brutto-(Raum-)Inhalt von mehr als 40 m³ aufweise. Die Genehmigungspflichtigkeit der
klägerischen Blockhütte ist im Übrigen unstreitig.
9 Die Blockhütte ist auch materiell illegal. Sie steht - seit ihrer Errichtung - zu dem
Bebauungsplan C „Gartenstraße/Polderweg“ der beigeladenen Gemeinde in Widerspruch. Sie
kann auch nicht im Wege einer Ausnahmeentscheidung nach § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen
werden. Auf die entsprechenden Ausführungen im Urteil des Senats vom heutigen Tag -
BVerwG 4 C 15.11 - wird verwiesen.
10 Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorliegen von Ermessensfehlern verneint. Auch dies
lässt einen Verstoß gegen Bundesrecht nicht erkennen, zumal dem Landesrecht zu entnehmen
ist, wie bei Erlass einer Beseitigungsanordnung das Ermessen entsprechend dem Zweck der
Ermächtigung auszuüben ist und wo die Grenzen des Ermessens liegen (stRspr, vgl. z.B.
Beschlüsse vom 24. Mai 1988 - BVerwG 4 B 93.88 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 80 und
vom 11. Oktober 1994 - BVerwG 4 B 202.94 - juris Rn. 6). Entsprechende Rügen hat der Kläger
zudem nicht erhoben.
11 2. Steht hiernach das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts bezüglich der
Beseitigungsanordnung mit Bundesrecht im Einklang, dann erweist sich auch die Revision
gegen die vorinstanzliche Bestätigung des Gebührenfestsetzungsbescheids, soweit er noch
verfahrensgegenständlich ist, als unbegründet. Gründe für eine nur diesem Bescheid anhaftende
Rechtswidrigkeit sind nicht ersichtlich und auch von Klägerseite nicht vorgetragen worden.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
B e s c h l u s s :
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Prof. Dr. RubelDr. GatzDr. BumkePetzDr. Decker
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Bumke
Petz
Dr. Decker