Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG: anrechenbares einkommen, angemessener zeitraum, auszahlung, erwerb, öffentlich, deckung, entstehungsgeschichte, vermögensbildung, einkommensgrenze, gesetzesmaterialien

Rechtsquellen:
BSHG
§ 76 Abs. 1, § 77 Abs. 1
DVO zu
§ 76 BSHG §§ 3, 8, 11
Eigenheimzulagengesetz
§ 1 ff.
SGB III
§ 194 Abs. 3 Nr. 4
Stichworte:
Anrechnung, Eigenheimzulage als Einkommen;
Anrechnungszeitraum bei einmaligem Einkommenszufluss;
ausdrückliche Nennung Leistungszweck;
Eigenheimzulage, Anrechnung als Einkommen;
Einkommen, Zufluss von - bei Nachzahlung;
Einkommensbegriff, zweckgleiche Leistung;
Leistung, zweckbestimmte;
Zufluss, normativer;
Eigenheimzulage, Zweck der;
Zweckbestimmung, ausdrückliche -, für Leistung.
Leitsätze:
1. Die nach dem Eigenheimzulagengesetz bewilligte Eigenheimzulage ist Einkommen im
Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG. Sie wird nicht im Sinne des § 77 Abs. 1 BSHG zu einem aus-
drücklich genannten Zweck gewährt und ist daher bei der Bemessung der Hilfe zum Le-
bensunterhalt zu berücksichtigen.
2. Bei Auszahlung einer bewilligten Eigenheimzulage ist diese von dem Monat an, in dem die
Auszahlung erfolgt (Zuflusszeitpunkt), als Einkommen zu berücksichtigen; sie ist grundsätz-
lich auf einen Zeitraum von zwölf Monaten aufzuteilen und mit dem entsprechenden Teilbe-
trag als Einkommen anzusetzen.
Urteil des 5. Senats vom 28. Mai 2003 - BVerwG 5 C 41.02
I. VG Hannover vom 04.01.2001 - Az.: VG 9 A 3742/00 -
II. OVG Lüneburg vom 14.08.2002 - Az.: OVG 4 LB 128/02 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 5 C 41.02
OVG 4 LB 128/02
- 2 -
In der Verwaltungsstreitsache
- 3 -
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
ohne mündliche Verhandlung am 28. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t, Dr. R o t h k e g e l,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichts vom 14. August 2002 wird zurückgewie-
sen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskos-
ten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
I.
Die Kläger begehren die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Anrechnung einer
zugeflossenen Eigenheimzulage als Einkommen.
Die Kläger erhielten seit längerem Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Kläger
zu 1 und 2, die Eltern der Kläger zu 3 und 4, erwarben Ende des Jahres 1999 gemeinsam
mit der Mutter des Klägers zu 1 ein bebautes Hausgrundstück; der auf sie entfallende Kauf-
preisanteil wurde kreditfinanziert. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 5. April 2000 die
den Klägern zu 1 und 2 für die Jahre 1999 bis 2006 zu bewilligende Eigenheimzulage auf die
Höhe von jährlich 4 667,00 DM fest. Die Eigenheimzulage für die Jahre 1999 und 2000 wur-
den den Klägern zu 1 und 2 im April 2000 in Höhe von 9 328,00 DM ausbezahlt; auf den
Anspruch für das Jahr 1999 wurde mit einem Steuerrückstand in Höhe von 6,00 DM aufge-
rechnet.
Die von der Beklagten zur Durchführung ihrer Aufgaben herangezogene Stadt B. stellte mit
Bescheid vom 26. April 2000 fest, dass die den Klägern zu 1 und 2 für die Jahre 1999 und
2000 bewilligte Eigenheimzulage bei der Ermittlung der den Klägern monatlich zustehenden
Sozialhilfe in der Zeit von Mai 2000 bis April 2001 mit je einem Zwölftel des im April 2000
ausbezahlten Betrages als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen sei, und berücksichtig-
te bei den Einkommens- und Bedarfsberechnungen in den Bescheiden, welche in der Folge-
zeit die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe regelten, jeweils einen Betrag in Höhe
von 777,33 DM als sonstiges Einkommen.
- 4 -
Das Verwaltungsgericht hat die nach Zurückweisung des Widerspruchs (Widerspruchsbe-
scheid vom 12. Juli 2000) erhobene Klage auf Gewährung weiterer Leistungen der Sozialhil-
fe für die Zeit vom 1. Mai bis 12. Juli 2000 als unbegründet abgewiesen (Urteil vom
4. Januar 2001). Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit im Wesentlichen folgen-
der Begründung zurückgewiesen: Die nach dem Eigenheimzulagengesetz gewährte Eigen-
heimzulage sei nicht als zweckgebundene öffentlich-rechtliche Leistung bei der Einkom-
mensberechnung unberücksichtigt zu lassen. Sie werde nach Gesetzeswortlaut und Entste-
hungsgeschichte nicht zu einem ausdrücklich benannten Zweck gewährt, stehe zur freien
Verwendung des Empfängers und sei insbesondere nicht von dem Nachweis abhängig,
dass mit dem Erwerb eines Eigenheimes für den Leistungsempfänger durch Aufnahme von
Fremdmitteln eine wirtschaftliche Belastung verbunden sei. Die Anrechnung der zugeflosse-
nen Eigenheimzulage über einen Zeitraum von zwölf Monaten sei gerechtfertigt, weil es sich
ungeachtet der regelmäßigen, jährlichen Auszahlung im Sinne der Einkommensanrech-
nungsregelungen um eine einmalige Leistung handele, die auf einen angemessenen Zeit-
raum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen sei. Von
der Anrechnung sei wegen des Zuflusses im April 2000 auch nicht die für das Jahr 1999
bewilligte Eigenheimzulage auszunehmen.
Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, ihnen Leistungen der Sozialhilfe
ohne Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen zu gewähren. Sie rügen eine Verlet-
zung der §§ 77, 76 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 8 Abs. 1 Satz 3 DVO zu
§ 76 BSHG.
Die Beklagte sowie der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht
unterstützen das Berufungsurteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstan-
den erklärt.
II.
Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheiden kann (§ 141 Satz 1 i.V.m. mit § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2
VwGO), ist nicht begründet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Eigenheim-
zulage als Einkommen anzurechnen (1.) und in Höhe des tatsächlichen Zuflusses über ei-
nen Zeitraum von zwölf Monaten anzurechnen (2.) sei, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1
Nr. 1 VwGO) nicht.
- 5 -
1. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass die den Klägern
bewilligte und ausgezahlte Eigenheimzulage nicht nach § 77 Abs. 1 BSHG bei der Berech-
nung des zu berücksichtigenden Einkommens (§§ 11, 76 Abs. 1 BSHG) unberücksichtigt zu
bleiben habe. Die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz - EigZulG - vom
15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1783) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März
1997 (BGBl I S. 734), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz
vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2671), ist im Sinne des § 77 Abs. 1 BSHG bereits keine
Leistung, "die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten
Zweck gewährt" wird, so dass sich die Frage nicht stellt, ob es sich um eine mit der Hilfe
zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz zweckidentische Leistung im Sinne
von § 77 BSHG handelt.
Die Voraussetzung, unter der nach § 77 Abs. 1 BSHG eine aufgrund öffentlich-rechtlicher
Vorschriften gewährte Leistung nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, nämlich dass
sie zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt wird, der ein anderer ist als derjenige,
zu dem die im Einzelfall in Frage stehende Sozialhilfe gewährt wird, liegt in Bezug auf die
Eigenheimzulage nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats (BVerwGE 69, 177; siehe
auch Beschluss vom 12. Februar 1987 - BVerwG 5 C 24.85 -, Buchholz 436.0 § 76 BSHG
Nr. 16) ist bei der Anwendung des § 77 Abs. 1 BSHG in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in
den öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist. Da-
zu braucht das Wort "Zweck" nicht verwendet zu sein. Eine ausdrückliche Nennung des
Zwecks kommt aber z.B. so zum Ausdruck: "Zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen
und familiengerechten Wohnens ..." (§ 1 WoGG), "Ausbildungsförderung wird für den Le-
bensunterhalt und die Ausbildung geleistet" (§ 11 Abs. 1 BAföG), "Der ... Wehrpflichtige und
seine Familienangehörigen erhalten Leistungen zur Sicherung ihres Lebensbedarfs" (§ 1
Abs. 1 Satz 1 USG). Hat sich danach der Zweck der anderen Leistung als ausdrücklich ge-
nannt feststellen lassen, ist in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehen-
den Sozialhilfeleistung festzustellen. In einem dritten Schritt sind die so festgestellten Zwe-
cke der beiden Leistungen einander gegenüberzustellen. Fehlt es an der Identität der Zwe-
cke, ist die andere Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Ein-
kommen zu berücksichtigen. Im anderen Fall ist sie zu berücksichtigen. Berücksichtigt wer-
den muss sie aber auch dann, wenn die andere Leistung ohne ausdrückliche Nennung eines
Zwecks, also "zweckneutral" gewährt wird. Dann bleibt es bei dem Grundsatz, dass Einkünf-
te in Geld als Einkommen zu berücksichtigen sind.
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Nach diesen Grundsätzen lässt sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat -
bereits nicht feststellen, dass die Eigenheimzulage "zu einem ausdrücklich genannten
Zweck" gewährt wird. Für die Gewährung der Eigenheimzulage ist in keiner der Vorschriften
des Eigenheimzulagengesetzes im Sinne des oben Dargelegten ein bestimmter Zweck aus-
drücklich genannt. Die Zweckneutralität der Eigenheimzulage folgt vielmehr aus den in §§ 2,
4 und 5 EigZulG geregelten Anspruchsvoraussetzungen, vor allem dem Umstand, dass die
Eigenheimzulage ohne jeden "Verwendungsnachweis" und unabhängig davon gewährt wird,
ob bzw. in welchem Umfange sie tatsächlich zur Finanzierung eines Eigenheims verwendet
wird (bzw. wegen der Aufnahme eines Kredites verwendet werden soll). Der Anspruch auf
die Eigenheimzulage entfällt auch dann nicht, wenn sie nachweislich nicht zur Deckung der
mit dem Erwerb oder der Fertigstellung eines begünstigten Objekts verbundenen Aufwen-
dungen eingesetzt wird. Bei einer Änderung der Verhältnisse, insbesondere bei Wegfall der
Voraussetzungen der §§ 1, 2, 4 und 6 EigZulG, ist die Eigenheimzulage nicht für die Ver-
gangenheit zurückzuzahlen, sondern allein eine Neufestsetzung für die Zukunft vorzuneh-
men (§ 11 Abs. 2 und 3 EigZulG). Es handelt sich mithin um eine kausal an den Erwerb bzw.
die Fertigstellung eines im Sinne von § 2 EigZulG begünstigten Objekts geknüpfte, an eine
Einkommensgrenze (§ 5 EigZulG) gebundene generell-abstrakte Leistung, deren Verwen-
dung im Belieben des Empfängers steht, nicht aber um eine Leistung, die final der Deckung
eines bestimmten Bedarfs dient. Die subjektive Zweckbestimmung durch die Empfänger und
eine tatsächliche Verwendung der Eigenheimzulage zur Herstellung oder Anschaffung
selbstgenutzten Wohneigentums können die erforderliche ausdrückliche Zweckbestimmung
durch das Gesetz nicht ersetzen.
Dieses durch Wortlaut und Systematik gestützte Ergebnis, dass die Eigenheimzulage nicht
zu einem bestimmten Zweck gewährt wird, wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt.
Das Berufungsgericht hat in zutreffender Auswertung der Gesetzesmaterialien (BTDrucks
13/2235; 13/2476) dargelegt, dass das allgemeine Ziel der Eigenheimzulage, die Vermö-
gensbildung für einkommensschwache Personen und insbesondere die steuerrechtliche
Förderung der sog. "Schwellenhaushalte" durch eine progressionsunabhängige Förderung
zu unterstützen, nicht für, sondern gegen eine Zweckbestimmung im Sinne des § 77 Abs. 1
BSHG spricht. Der Erwerb oder die Fertigstellung eines begünstigten Objekts ist zwar auslö-
sender Grund, nicht aber zweckbestimmtes Ziel ihrer Gewährung. Wird als Zweckbestim-
mung der Eigenheimzulage die Vermögensbildung unterstellt, wäre dies gerade nicht Zweck
der Sozialhilfe (vgl. auch BVerwGE 41, 22 <25>; 48, 182 <184 f.>; 106, 105 <110>; Urteil
des Senats vom 10. September 1992 - BVerwG 5 C 25.88 - Buchholz 436.0 § 69 BSHG
Nr. 20).
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Keine andere Beurteilung rechtfertigt die von den Klägern herangezogene Fiktion des § 194
Abs. 3 Nr. 4 SGB III, nach der die Eigenheimzulage, soweit sie nachweislich zur Herstellung
oder Anschaffung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in einem im Inland
gelegenen Haus oder in einer eigenen Eigentumswohnung oder zu einem Ausbau oder einer
Erweiterung einer solchen Wohnung verwendet wird, bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rah-
men der Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht als Einkommen gilt. Diese Regelung ist im
Sozialhilferecht weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Verfassungsrechtlichen
Bedenken begegnet dies nicht. Die ausdrückliche, von bestimmten Verwendungsvorausset-
zungen abhängige Fiktion des § 194 Abs. 3 Nr. 4 SGB III unterstreicht überdies, dass nach
dem Eigenheimzulagengesetz selbst die Verwendung der Eigenheimzulage im Belieben des
Empfängers steht und nicht im Sinne des § 77 Abs. 1 BSHG zu einem ausdrücklich genann-
ten Zweck gewährt wird.
2. Das Berufungsgericht hat weiterhin zutreffend entschieden, dass die hiernach als Ein-
kommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigende Eigenheimzulage (jeden-
falls) in der tatsächlich zugeflossenen Höhe als Einkommen zu berücksichtigen ist und hier-
bei nicht auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern maßgeblich auf den norma-
tiven Zufluss (dazu BVerwGE 108, 296 ff.) abzustellen ist.
Nach § 3 Abs. 3 und § 11 i.V.m. §§ 4, 6, 7 und 8 der Verordnung zur Durchführung des § 76
des Bundessozialhilfegesetzes (DVO zu § 76 BSHG) sind Sonderzuwendungen, Gratifikati-
onen und gleichartige Bezüge und Vorteile, die in größeren als monatlichen Zeitabständen
gewährt werden, sowie einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem
sie anfallen; sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen
angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag
anzusetzen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 8 Abs. 1 Satz 3 DVO zu § 76 BSHG). Das Beru-
fungsgericht hat zutreffend dahin erkannt, dass die Eigenheimzulage ungeachtet dessen,
dass sie nach § 3 EigZulG für einen mehrjährigen Förderzeitraum in Anspruch genommen
werden kann und sie hier durch Bescheid vom 5. April 2000 für die Jahre 1999 und 2000
bewilligt worden ist, den anderen, nicht regelmäßigen Einkünften im Sinne des § 8 Abs. 1
Satz 1 DVO zu § 76 BSHG zuzurechnen ist. Sie ist daher in entsprechender Anwendung des
§ 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 DVO zu § 76 BSHG auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen
und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag als Einkommen anzusetzen. Angesichts
der kalenderjahrbezogenen Bewilligung der Eigenheimzulage (§§ 3, 4 und 5 Abs. 1 EigZulG)
war die Beklagte berechtigt, die im April 2000 zugeflossene Zahlung als Einkommen auf
zwölf Monate zu verteilen. Für diesen Zeitraum spricht ungeachtet des in seinem Satz 2 an-
geordneten Vorrangs des § 8 Abs. 1 Satz 3 auch § 11 Abs. 1 Satz 1 DVO zu § 76 BSHG.
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Keine andere Beurteilung rechtfertigt der Umstand, dass im April 2000 die Eigenheimzulage
sowohl für das Jahr 1999 als auch für das Jahr 2000 ausgezahlt worden ist. Dass in dem
Anrechnungsbetrag ein Teilbetrag enthalten ist, der allein deswegen geleistet worden ist,
weil die Voraussetzungen für eine Gewährung der Eigenheimzulage bereits im Jahr 1999
erfüllt gewesen sind, führt nicht dazu, diesen erst im April 2000 zugeflossenen Teilbetrag bei
der Einkommensanrechnung unberücksichtigt zu lassen. Denn sozialhilferechtlich ist Ein-
kommen alles das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazuerhält (BVerwGE 108,
296), so dass auch eine rückwirkende Anrechnung auf die im Jahre 1999 gewährten Leis-
tungen der Sozialhilfe auszuscheiden hat. Da die Eigenheimzulage erst nach Prüfung der
tatbestandlichen Voraussetzungen bewilligt und ausgezahlt wird, steht die Auszahlung der
auf das Jahr 1999 bezogenen Eigenheimzulage auch nicht dem Fall der Auszahlung einer
Forderung gleich, die als fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht, son-
dern angespart wurde. Auf der anderen Seite ist die Aufteilung auf einen Zeitraum von ledig-
lich zwölf und nicht - wie von den Klägern angestrebt - vierundzwanzig Monaten wegen der
Zukunftsbezogenheit der nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DVO zu § 76 BSHG angeordneten Anrech-
nung zugeflossenen Einkommens nicht zu beanstanden, zumal nach Ablauf von zwölf Mo-
naten bereits die nächste Eigenheimzulage für 2001 fällig ist; § 11 Abs. 1 Satz 1 DVO zu
§ 76 BSHG weist systematisch darauf hin, dass für Fälle der vorliegenden Art ein Zeitraum
von zwölf Monaten regelmäßig ein nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DVO zu § 76 BSHG "angemesse-
ner Zeitraum" ist und ein den Jahreszeitraum übersteigender Anrechnungszeitraum nur bei
Vorliegen besonderer, hier nicht ersichtlicher Umstände im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 DVO
zu § 76 BSHG "angemessen" ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1
ZPO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker
Schmidt
Dr. Rothkegel
Dr. Franke
Prof. Dr. Berlit