Urteil des BVerwG vom 02.10.1961

BVerwG (rechtliches gehör, beschwerde, verfahrensmangel, vereinbarung, landrat, verhandlung, notariat, rechtsfrage, bundesverwaltungsgericht, verfügung)

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 7 B 10.07
VGH 9 B 04.1233
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Februar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 15. September 2006 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beige-
ladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 3 195 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I
Der Kläger begehrt als Käufer einiger Grundstücke die Aufhebung eines Be-
scheids, mit dem der Beklagte das Vorkaufsrecht nach dem Bayerischen Natur-
schutzgesetz zugunsten des beigeladenen Marktes ausübte. Das Verwaltungs-
gericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen
gerichtete Berufung mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen und zur Be-
gründung u.a. ausgeführt, das Vorkaufsrecht sei rechtzeitig ausgeübt worden.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird
nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 1). Ob
ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) prozessordnungsgemäß dar-
gelegt wird, kann dahinstehen. Jedenfalls liegt kein geltend gemachter Verfah-
rensmangel vor (vgl. 2).
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1. Grundsätzlich bedeutsam i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssa-
che nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer
bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Be-
schwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der
Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO),
d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage
des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre
Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl.
u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90
<91>).
Davon kann hier keine Rede sein. Eine für klärungsbedürftig gehaltene Rechts-
frage lässt sich dem Vorbringen der Beschwerde weder ausdrücklich noch
sinngemäß entnehmen.
2. Ein geltend gemachter Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt
nicht vor.
a) Der Verwaltungsgerichtshof hat die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86
Abs. 1 VwGO) nicht verletzt.
Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte weiteren Beweis erheben
müssen zu der Frage, ob es eine Vereinbarung zwischen dem Notariat und
dem Landratsamt gab, wonach für die Belange des Naturschutzes und des
Gutachterausschusses nur eine einzige Abschrift von Vertragsurkunden beim
Landratsamt eingereicht wird. Es wird in der Beschwerdebegründung nicht aus-
drücklich angegeben, welches Beweismittel hierfür zur Verfügung gestanden
hätte, sondern lediglich auf einen früheren „Beweisantritt" Bezug genommen.
Ob damit eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO)
prozessordnungsgemäß dargelegt wird (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), kann da-
hinstehen.
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Jedenfalls hat das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht nicht verletzt.
Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 19. November 2004 behauptet, es
habe eine Vereinbarung zwischen dem Landratsamt und dem Notariat dahin-
gehend gegeben, dass für die Belange des Naturschutzrechts und des Gutach-
terausschusses stets nur eine Abschrift notarieller Urkunden gefertigt und beim
Landratsamt eingereicht werde. Diese Abrede sei „unter" dem damaligen Land-
rat zustande gekommen. Gemäß dieser Abrede werde seit mehr als 10 Jahren
verfahren. Als Beweis wurde insoweit die Vernehmung zweier Zeugen angebo-
ten. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 2. Februar 2005 den Vortrag
des Klägers dahingehend interpretiert, dass dieser sich auf eine Absprache
zwischen dem früheren Landrat und dem Notariat berufe. Dem hat der Kläger
nicht widersprochen. Daraufhin hat der Verwaltungsgerichtshof den Beteiligten
mitgeteilt, er beabsichtige, den früheren Landrat zu dieser Frage zu hören.
Auch hierzu hat der Kläger nicht Stellung genommen. Anschließend hat das
Gericht den früheren Landrat gehört. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom
22. Februar 2005 erklärt, er sei sich sicher, eine derartige Vereinbarung nicht
abgeschlossen zu haben und auch nie mit dieser Frage befasst gewesen zu
sein.
Dies schließt zwar nicht aus, dass eine solche Vereinbarung - ohne Kenntnis
des Landrats - von einer Stelle des Landratsamts getroffen wurde. Die Beweis-
aufnahme hat aber nichts ergeben, was für die Richtigkeit der Behauptung des
Klägers spricht. Trotzdem hat es der Kläger - ausweislich der Sitzungsnieder-
schrift – unterlassen, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsge-
richtshof hierzu einen Beweisantrag zu stellen. Angesichts dessen musste sich
dem Berufungsgericht eine weitere Beweisaufnahme zu der Frage, ob eine
derartige Vereinbarung abgeschlossen worden war, nicht aufdrängen. Dies gilt
umso mehr, als der Kläger in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge zu
anderen Fragen gestellt und damit auch zu erkennen gegeben hat, zu welchen
Fragen er im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch einen weiteren Auf-
klärungsbedarf gesehen hat.
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Weiter meint die Beschwerde, es hätte geklärt werden müssen, wer den Stem-
pelaufdruck „für den Gutachterausschuss“ auf der notariellen Urkunde aufge-
bracht hat. Insoweit wird weder dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), welches
Beweismittel zur Klärung dieser Frage zur Verfügung gestanden hätte noch wa-
rum sich dem Verwaltungsgerichtshof ohne Beweisantrag des Klägers eine Be-
weiserhebung hierzu hätte aufdrängen müssen.
Soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den von
ihr vermissten Beweiserhebungen die materiellrechtliche Auffassung des Beru-
fungsgerichts und dessen tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung
angreift, wird kein Verfahrensmangel dargelegt.
Die Ausführungen im Schriftsatz vom 14. Februar 2007 können schon deshalb
nicht berücksichtigt werden, weil er nach Ablauf der zweimonatigen Frist zur
Begründung der Beschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) eingegangen ist.
b) Es kann dahinstehen, ob die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Ge-
hör (§ 108 Abs. 2 VwGO) prozessordnungsgemäß dargelegt wird (§ 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO). Jedenfalls liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht
vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Voraussetzung einer begründeten Rüge der
Versagung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) ist die (erfolglose) Aus-
schöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge
tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr, vgl.
u.a. Urteil vom 3. Juli 1992 - BVerwG 8 C 58.90 - Buchholz 310 § 108 VwGO
Nr. 248 S. 96 <99>, BVerfGE 74, 220 <225>). Eine Partei, die von einer sol-
chen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann sich später nicht darauf
berufen, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden (vgl. Urteil vom 6. Februar
1987 - BVerwG 4 C 2.86 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 38). So liegt
der Fall hier. Obwohl dem Kläger der Schriftsatz des Beklagten vom 5. Sep-
tember 2006 und die damit eingereichte Urkunde bereits vor der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vorlag, hat er - ausweislich der
Sitzungsniederschrift - nicht die Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu ver-
schaffen, ausgeschöpft. Insbesondere hat er in der Sache selbst verhandelt,
ohne beispielsweise eine Vertagung zu beantragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Sailer Krauß Neumann
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