Urteil des BVerwG vom 13.02.2009

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 7.09
OVG 4 A 11188/08
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und
Vormeier
beschlossen:
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung
der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwal-
tungsgerichts Rheinland-Pfalz (Fachsenat für Personal-
vertretungssachen - Bund -) vom 13. Februar 2009 wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbe-
schwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
1. Die Gehörsrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift
nicht durch. Der Senat vermag anhand der Ausführungen in der Beschwerde-
begründung nicht festzustellen, dass das Oberverwaltungsgericht den Vortrag
der Beteiligten in den zitierten Schriftsätzen nicht zur Kenntnis genommen oder
nicht in Erwägung gezogen hat.
a) Das Oberverwaltungsgericht ist auf S. 7 des angefochtenen Beschlusses
zum Ergebnis gelangt, dass sich aus drei von ihm zitierten Erlassen des Bun-
desministeriums der Verteidigung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Been-
digung der Ausbildung (23. Januar 2008) ein modifizierter Einstellungsstopp
ergab. In vier der fünf in der Beschwerdebegründung zitierten Schriftsätze ha-
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ben sich die Beteiligten auf den angegebenen Seiten nicht mit der Thematik
des Einstellungsstopps befasst. Lediglich im Schriftsatz vom 5. Februar 2009
ist dies geschehen; an der angegebenen Stelle auf S. 3 oben dieses Schriftsat-
zes findet sich jedoch lediglich ein Zitat aus einer Entscheidung des Verwal-
tungsgerichts Koblenz, welches kritisch zu den Auswirkungen eines Einstel-
lungsstopps auf die Weiterbeschäftigung von Jugendvertretern Stellung nimmt.
Wie angesichts dessen die Feststellung eines modifizierten Einstellungstopps
durch das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall den Anspruch der Be-
teiligten auf rechtliches Gehör verletzt haben soll, vermag der Senat nicht
nachzuvollziehen. Abgesehen davon besteht nicht schon deswegen, weil ein
Gericht für einen Beteiligten nachteilige Feststellungen trifft, Anlass für die An-
nahme, es habe entgegenstehenden Vortrag dieses Beteiligten nicht berück-
sichtigt.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die beiden Dienstposten
TE 130 Z 102 und 112 für eine Besetzung mit dem Beteiligten zu 1 im maßgeb-
lichen Zeitpunkt des Ausbildungsendes nicht zur Verfügung standen, weil sie
für Mitarbeiter im Personalüberhang des Bundeswehrdienstleistungszentrums
M. freizuhalten waren. Zur Begründung Ihrer Gehörsrüge stützen sich die Betei-
ligten auf dieselben Passagen in den bereits zitierten Schriftsätzen. Dort haben
sich die Beteiligten jedoch mit der Thematik des Überhangpersonals nicht be-
fasst. Abgesehen davon gilt auch hier, dass die für die Beteiligten nachteilige
Würdigung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch das Oberverwal-
tungsgericht nicht die Annahme begründet, dieses habe ihren schriftsätzlichen
Vortrag außer Acht gelassen.
c) Im Übrigen erschöpfen sich die Ausführungen der Beteiligten zur Begrün-
dung der Gehörsrüge weitgehend darin, die nach ihrer Auffassung falsche
Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zu kritisieren und dieser die eigene
Würdigung entgegenzusetzen. Damit kann den Anforderungen an die Darle-
gung einer Gehörsrüge nicht Rechnung getragen werden (§ 72a Abs. 3 Satz 2
Nr. 3, § 92a Satz 2 ArbGG).
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2. Mit ihrer Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG
kommen die Beteiligten gleichfalls nicht zum Zuge.
a) Die Beteiligten wollen geklärt wissen, ob und inwieweit ein Einstellungsstopp
sich bei „struktursicheren“ Dienstposten auf den Weiterbeschäftigungsanspruch
des Jugendvertreters auswirkt. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich,
weil der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts im Ergebnis nicht davon ab-
hängt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Erlasslage dahin gewürdigt, dass freie
Dienstposten ungeachtet des Einstellungsstopps mit Auszubildenden nach er-
folgreichem Abschluss ihrer Ausbildung besetzt werden können, soweit Über-
hangpersonal nicht zur Verfügung steht. Folgerichtig hat das Oberverwaltungs-
gericht dem Weiterbeschäftigungsbegehren des Beteiligten zu 1 im Ergebnis
nicht den Einstellungsstopp, sondern den Vorrang des Überhangpersonals ent-
gegengehalten.
b) Soweit die Beteiligten Fragen aufwerfen, die sich für sie aus dem erstin-
stanzlichen Beschluss ergeben, ist dies ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
Die Grundsatzrüge muss sich auf Rechtsfragen beziehen, die sich nach dem
Beschluss des Beschwerdegerichts stellen; allein dieser Beschluss steht im
Rechtsbeschwerdeverfahren zur Überprüfung an.
c) Der Senat entnimmt den Ausführungen in der Beschwerdebegründung
- insbesondere auch mit Blick auf die Bemerkung in ihrem vorletzten Absatz -,
dass es den Beteiligten letztlich um die Klärung der Frage geht, ob die Weiter-
beschäftigung eines Jugendvertreters auf einer freien Stelle Vorrang hat vor
deren Besetzung mit einem Beschäftigten im Personalüberhang. Diese Frage
ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen, so dass es der Klä-
rung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.
Der Senat hat bereits entschieden, dass der öffentliche Arbeitgeber einen Mit-
arbeiter nicht kündigen muss, um dem Jugendvertreter einen Arbeitsplatz zu
verschaffen (vgl. Beschluss vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 -
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BVerwGE 124, 292 <308> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 43), und
dass er eine im Zeitpunkt des Ausbildungsendes unbesetzte Stelle für eine aus
dem Erziehungsurlaub zurückkehrende Mitarbeiterin freihalten darf (vgl. Be-
schluss vom 11. März 2008 - BVerwG 6 PB 16.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG
Nr. 30 Rn. 4). Durch derartige Vorgänge wird nämlich der Normzweck des § 9
BPersVG nicht berührt. Dieser geht dahin, den Jugendvertreter vor nachteiligen
Folgen seiner Amtsausübung zu schützen (vgl. Beschlüsse vom 1. November
2005 a.a.O. S. 297 bzw. Rn. 23 und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 -
juris Rn. 26 und 30). Der Jugendvertreter kann dadurch diskriminiert werden,
dass statt seiner andere Absolventen der Berufsausbildung weiterbeschäftigt
oder externe Bewerber eingestellt werden. Hingegen liegt eine Benachteiligung
typischerweise nicht vor, wenn der öffentliche Arbeitgeber lediglich gegenüber
dem Stammpersonal seiner Weiterbeschäftigungspflicht nachkommt.
Ebenso verhält es sich, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zu einem sozial-
verträglichen Personalabbau entschlossen hat. Dieser geht dahin, frei werden-
de Stellen nach Möglichkeit mit Beschäftigten zu besetzen, die sich im Perso-
nalüberhang befinden. Eine solche Verfahrensweise richtet sich nicht gegen
den Jugendvertreter, der an seiner Weiterbeschäftigung interessiert ist. Sie
dient vielmehr ihrerseits dem sozialstaatlich anzuerkennenden Zweck, solche
Mitarbeiter sinnvoll weiterzubeschäftigen, die auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz
zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht mehr benötigt werden. Dem entspricht
die Grundsatzentscheidung des Haushaltsgesetzgebers (§ 19 HG 2008).
In den Ausführungen auf S. 7 bis 9 der Beschwerdebegründung kommt der
verständliche Wunsch der Personalräte zum Ausdruck, „ihren“ Jugendvertre-
tern, die in der Dienststelle eine qualifizierte Ausbildung durchlaufen und sich
überdies für die Belange anderer junger Beschäftigter eingesetzt haben, einen
sicheren Arbeitsplatz zu verschaffen. Dieser Wunsch findet jedoch in § 9
BPersVG keine Grundlage, soweit er sich von dem dort verankerten Gedanken
des Diskriminierungsschutzes vollständig löst. So aber liegt es, wenn zwischen
Jugendvertretern und anderen, festangestellten Beschäftigten zu entscheiden
ist.
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3. Die Abweichungsrüge ist unzulässig. Gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m.
§ 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann sich der Beschwerdeführer
zur Begründung einer Abweichungsrüge auf Entscheidungen von Oberverwal-
tungsgerichten nur stützen, solange eine Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
Die Beteiligten stützen sich hier wegen der allgemeinen Fragen bei der Weiter-
beschäftigung von Jugendvertretern auf den Beschluss des Oberverwaltungs-
gerichts Münster vom 30. Juli 2007 - 1 A 3871/06.PVB - und wegen Auswirkun-
gen eines Einstellungsstopps auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
Magdeburg vom 22. November 2000 - 5 L 6/00 -. Dazu liegt jedoch umfangrei-
che Senatsrechtsprechung vor (vgl. allgemein: Beschluss vom 1. November
2005 a.a.O. S. 295 f. bzw. Rn. 19 m.w.N.; zum Einstellungsstopp: Beschlüsse
vom 13. September 2001 - BVerwG 6 PB 9.01 - Buchholz 250 § 9 BPersVG
Nr. 22 und vom 30. Mai 2007 - BVerwG 6 PB 1.07 - Buchholz 250 § 9 BPersVG
Nr. 28 Rn. 4 jeweils m.w.N.).
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