Urteil des BVerwG vom 14.03.2017

BVerwG: öffentliche sicherheit, satzung, kreuzung, begriff, rasse, beschränkung, halter, zugehörigkeit, verfahrensmangel, gefahr

Rechtsquellen:
GG
Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 105 Abs. 2 a
VwGO
§ 132 Abs. 2 Nr. 3
EG
Art. 234
Stichworte:
Hundesteuer; Erhöhung des Steuersatzes für Kampfhunde; Begriff der Kreuzung von
Hunderassen; Bestimmtheitsgebot; Gleichbehandlung mit individuell gefährlichen
Hunden; steuerliche Diskriminierung im Europarecht; Nicht-Vorlage an den EuGH als
Verfahrensfehler.
Leitsätze:
1. Es kann mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit in Einklang stehen, wenn eine
Gemeinde in einer Hundesteuersatzung nur die Hunde bestimmter, als gefährlich
eingestufter Rassen und deren Kreuzungen einer erhöhten Steuer unterwirft, nicht
aber zugleich die Hunde, die sich individuell als gefährlich erwiesen haben.
2. Es begründet keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO,
wenn ein Berufungsgericht eine europarechtliche Frage nicht dem Europäischen Ge-
richtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorlegt und auch nicht die Revisi-
on zulässt.
Beschluss des 10. Senats vom 22. Dezember 2004 - BVerwG 10 B 21.04
I. VG Arnsberg vom 25.01.2002 - Az.: VG 3 K 1689/01 -
II. OVG Münster vom 17.06.2004 - Az.: OVG 14 A 953/02 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 21.04
OVG 14 A 953/02
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2004
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und
Prof. Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Juni 2004 wird zurückge-
wiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 1 325,27 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Be-
schwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Sache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche
Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
a) Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig,
ob es mit dem sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Bestimmtheitsgebot ver-
einbar ist, die Regelung einer Hundesteuersatzung, die lautet:
"Kampfhunde im Sinne dieser Satzung sind: American Staffordshire Ter-
rier, Pitbull Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier, Mastino Napolitano,
Mastino Espanol, Bordeaux Dogge, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Römi-
scher Kampfhund, Chinesischer Kampfhund, Bandog und Tosa Inu sowie
Kreuzungen dieser Rassen und Kreuzungen dieser Rassen mit Hunden
anderer Rassen oder Mischlingen"
dahingehend auszulegen, dass mit dem Begriff "Kreuzung" jeder Mischlings-
hund zu verstehen ist, in dem sich Anteile der besonders angeführten Hunde-
rassen finden, und zwar unabhängig davon, ob dies auf den Willensakt eines
Menschen zurückgeht und in welcher Generation es zu der Einmischung dieses
Anteils gekommen ist.
Diese Frage würde in dem von der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren
nicht zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stehen und kann deshalb
nicht zur Zulassung der Revision führen. Bei der in Streit stehenden Bestimmung der
Hundesteuersatzung (im Folgenden HS) handelt es sich um nicht revisibles Landes-
recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). An die Auslegung des Landesrechts durch das Beru-
fungsgericht ist das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich gebunden (§ 173
VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Es kann eine solche Auslegung revisionsgerichtlich nur
darauf überprüfen, ob sie selbst oder ihr Ergebnis gegen Bundesrecht verstoßen.
Weder das eine noch das andere ist von der Beschwerde hier schlüssig aufgezeigt
und für den Senat in der Sache auch nicht erkennbar.
Das Berufungsgericht hat seine Auslegung des Begriffs "Kreuzung" in § 2 Abs. 2 HS
unter Heranziehung von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte dieser
Bestimmung vorgenommen und hierbei vergleichend die entsprechenden Regelun-
gen in § 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefähr-
licher Hunde in das Inland - Hundeverbringungs- und -Einfuhrbeschränkungsgesetz
(HundVerbEinfG) - vom 12. April 2001 (BGBl I S. 530), in § 3 Abs. 2 Landeshunde-
gesetz Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2002 (GV NRW S. 656) sowie in der
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durch dieses Gesetz abgelösten Landeshundeverordnung und die jeweils einschlä-
gigen Materialien dieser Vorschriften in den Blick genommen (UA S. 8 ff.). Dass das
Berufungsgericht bei Anwendung dieser anerkannten Auslegungsmethoden willkür-
lich vorgegangen wäre oder im Ergebnis ein mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 HS
schlechterdings nicht vereinbares Verständnis des Begriffs "Kreuzungen" gewonnen
und damit die Grenzen zulässiger Rechtsprechung verletzt hätte, vermag der Senat
nicht zu erkennen. Die Beschwerde stellt der Auslegung des Berufungsgerichts für
ihre gegenteilige Auffassung letztlich lediglich ihr abweichendes Verständnis des
Kreuzungsbegriffs entgegen, ohne jedoch dadurch einen Bundesrechtsverstoß des
Berufungsgerichts dartun zu können.
Nach Auffassung des Senats genügt der Begriff einer Kreuzung im Sinne des § 2
Abs. 2 HS jedenfalls in der konkretisierten Gestalt, die er durch die Auslegung des
Berufungsgerichts erhalten hat - wonach darunter auch jeder Mischlingshund zu ver-
stehen ist, in dem sich Anteile der in der Satzung aufgeführten Hunderassen befin-
den, und zwar unabhängig davon, ob dies auf den Willensakt eines Menschen zu-
rückgeht, und abhängig davon, in welcher Generation es zu der Einmischung dieses
Anteils gekommen ist (UA S. 8 ) - auch dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot
(Art. 20 Abs. 3 GG), zumal das Berufungsgericht in Anknüpfung an § 3 Abs. 2 Satz 2
LHundG NRW ergänzend darauf abstellt, dass eine "Vermischung eingetreten ist,
die das Hervortreten des Erscheinungsbildes einer bestimmten Rasse bewirkt" (UA
S. 9). Substantiierte Zweifel hieran hat auch die Beschwerde nicht geäußert.
Soweit die Beschwerde weiter als rechtsgrundsätzlich bedeutsam geklärt wissen will,
ob es mit Art. 1 §§ 1 und 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung gefährlicher
Hunde vom 12. April 2001 vereinbar ist, den Begriff "Kreuzung" dahingehend
auszulegen, dass darunter jeder Mischlingshund zu verstehen ist, in dem sich
Anteile der besonders angeführten Hunderassen finden, und zwar unabhängig
davon, ob dies auf eine von einem Menschen gezielte oder ungewollte, zufälli-
ge Verpaarung von Hunden zurückgeht und in welcher Generation es zu der
Einmischung dieses Anteils gekommen ist,
genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO. Denn die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern es für die Entscheidung des
Rechtsstreits, der allein die Heranziehung des Klägers zur Hundesteuer nach Maß-
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gabe der Hundesteuersatzung des Beklagten, nicht aber ein Verbringungs- oder Ein-
fuhrverbot im Sinne des genannten Gesetzes zum Gegenstand hat, auf die Beant-
wortung dieser Frage ankommen könnte. Unabhängig von der fehlenden Darlegung
vermag der Senat auch in der Sache nicht zu erkennen, weshalb der Kreuzungsbe-
griff der §§ 1, 2 Abs. 1 HundVerbEinfG oder - was die Beschwerde womöglich in
Wahrheit meint - die Vereinbarkeit der Auslegung des Kreuzungsbegriffs in § 2
Abs. 2 HS durch das Berufungsgericht mit dem Begriff der Kreuzung in §§ 1, 2
Abs. 1 HundVerbEinfG für die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Hun-
desteuerpflicht des Klägers von Bedeutung sein könnte.
b) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob eine Hundesteuersatzung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, die das Halten
von Hunden bestimmter Rassen höher besteuert, für gefährliche Einzelhunde
anderer Rassen jedoch keine erhöhte Steuer vorsieht.
Auch diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO.
Der beschließende Senat hat in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 (BVerwG 11 C
8.99 - BVerwGE 110, 265) diese Frage nicht ausdrücklich entschieden. Gegenstand
jener Entscheidung war eine Satzung, die sowohl das Halten der in einer Rasseliste
aufgezählten Hundearten einer erhöhten "Kampfhundesteuer" unterwarf als auch
das Halten von solchen Hunden, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung,
Erziehung oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Per-
sonen bestand oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen
konnte (a.a.O. S. 266). Folglich konnte der Senat damals davon ausgehen, dass in
jedem Fall die erhöhte Besteuerung des Haltens solcher Hunde gewährleistet er-
scheine, die in der Öffentlichkeit als erhöhte Gefahr aufgefallen seien (a.a.O.
S. 273).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob es mit dem Grundsatz der Steuer-
gerechtigkeit vereinbar sei, das Halten von Hunden bestimmter Rassen höher zu
besteuern, ohne zugleich auch für das Halten erwiesenermaßen gefährlicher Einzel-
hunde anderer Rassen ebenfalls eine erhöhte Steuer zu erheben, hatte sich für den
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Senat daher in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 nicht gestellt. Sie lässt sich indes
auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung durch Auslegung der beanstande-
ten Satzungsregelung anhand der anerkannten Auslegungsmethoden ohne weiteres
beantworten, so dass es hierfür nicht der Zulassung der Revision bedarf.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend
verschieden zu behandeln. Damit ist dem Normgeber allerdings nicht jede Differen-
zierung untersagt. Ebenso wenig ist er gehalten, Ungleiches unter allen Umständen
ungleich zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleich-
heit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung
unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber
weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuer-
recht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuerge-
rechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pau-
schalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen -
durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt
sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit
noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisie-
rung steht (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O. S. 272). Die mit der Typisie-
rungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Normgeber allerdings
sachgerecht ausüben. Eine von der Norm bewirkte Ungleichbehandlung muss sich
im Ergebnis auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs, auf einen vernünftigen
oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwen-
dung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht
allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des kon-
kreten Sachbereichs, der geregelt wird (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch BVerfG, Urteil
vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - NVwZ 2004, 597 = juris Rn. 92 f. m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die von der Beschwerde mit der
Grundsatzrüge angegriffene Regelung der Hundesteuersatzung nicht als gleich-
heitswidrig. Die vom Berufungsgericht für die Rechtmäßigkeit der Regelung ange-
führten Erwägungen (UA S. 15 ff.) sind tragfähig und bundesrechtlich nicht zu bean-
standen. Nach der den Senat bindenden (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO), insoweit
von der Beschwerde auch nicht substantiiert angegriffenen Auslegung durch das
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Berufungsgericht will der Satzungsgeber neben der Einnahmeerzielung lenkend Ein-
fluss auf die künftige Entwicklung der Hundepopulation in der Stadt nehmen (UA
S. 9). Er verfolgt mit der erhöhten Besteuerung der Hunde bestimmter Rassen und
ihrer Kreuzungen den Lenkungszweck, die Gattung von Hunden zurückzudrängen,
die als potenziell gefährlich eingeschätzt werden. Das Halten solcher Hunde soll we-
niger "attraktiv" sein als das sonstiger Hunde. Dabei wird die Hundepopulation, die
zurückgedrängt werden soll, nicht durch die individuelle Gefährlichkeit der Tiere, son-
dern durch Gruppenmerkmale charakterisiert, die bei ihnen auf eine vorhandene
genetische Veranlagung schließen lassen, welche der Satzungsgeber als Gefähr-
dungspotenzial einstuft. Eine derartige Gefahrenvorsorge vermittels einer Lenkungs-
steuer ist bundesrechtlich zulässig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000,
a.a.O. S. 268, 274 f.), und zwar auch dann, wenn der Satzungsgeber - wie hier -
darauf verzichtet, gleichzeitig das Halten sonstiger Hunde mit einer erhöhten Steuer
zu belegen, die im Einzelfall als gefährlich in Erscheinung getreten sind. Entgegen
der Ansicht der Beschwerde ist hierin kein Verstoß gegen den Grundsatz der Steu-
ergerechtigkeit zu sehen; denn die von der Beschwerde beanstandete Einschrän-
kung des Steuertatbestandes beruht auf der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts
und ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Mit gutem Grund durfte der Satzungsgeber davon ausgehen, dass die erhöhte Be-
steuerung der nach Rassemerkmalen als besonders gefährlich eingeschätzten Hun-
de den gewünschten Lenkungszweck erreichen wird. Denn der potenzielle Halter
solcher Hunde wird sich angesichts der voraussehbar hohen Steuerbelastung viel-
fach gegen die Anschaffung eines Hundes dieser Rassen oder einer Kreuzung hier-
von entscheiden. Eine vergleichbare Lenkungswirkung konnte er von der erhöhten
Besteuerung als individuell gefährlich erkannter Hunde durch Aufnahme einer ent-
sprechenden Generalklausel in die Satzung nicht erwarten. Denn die individuelle
Gefährlichkeit der Hunde wird in aller Regel erst nach ihrer Anschaffung offenbar.
Lenkend im Sinne einer Gefahrenvorsorge dürfte die erhöhte Besteuerung als indivi-
duell gefährlich in Erscheinung getretener Hunde - worauf die Beschwerde zu Recht
hinweist - daher allenfalls insofern wirken, als sie die Halter zu verstärkten Anstren-
gungen bei deren Haltung, namentlich zur Vermeidung aggressionssteigernder Ver-
haltensweisen, veranlassen kann. Ein Einfluss auf die Zusammensetzung der örtli-
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chen Hundepopulation in dem vom Satzungsgeber gewünschten Sinn ist damit aber
nicht verbunden.
Hinzu kommt, dass der Senat bereits in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 eine ge-
wisse Skepsis gegenüber einer Generalklausel zur erhöhten Besteuerung individuell
gefährlicher Hunde mit dem Hinweis darauf zum Ausdruck gebracht hat, dass sie
regelmäßig gewisse Anforderungen an die "Steuerehrlichkeit" des Hundehalters stel-
le (a.a.O. S. 273). In jedem Fall dürfte die Steuererhebung nach Maßgabe einer sol-
chen Generalklausel mit einem nicht unerheblichen Ermittlungsaufwand für die Ge-
meinde verbunden sein, dessen Vermeidung nach der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts bei der Ausgestaltung einer kommunalen Steuersatzung ange-
messen Rechnung getragen werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember
1999 - BVerwG 11 CN 1.99 - BVerwGE 110, 237 <243>).
Der Satzungsgeber ist folglich nicht verpflichtet, aus Gleichheitsgründen zugleich
auch als individuell gefährlich erkannte Hunde der erhöhten Steuer zu unterwerfen.
Die Beschränkung und sonstige Regulierung des Haltens individuell gefährlicher
Hunde darf er dem einschlägigen Ordnungsrecht überlassen, das effektiv wirkende
Befugnisse zur Lösung dieses Problems zur Verfügung stellt. Vor dem Hintergrund
der Lenkungssteuerkonzeption des Beklagten ist das Halten individuell gefährlicher
Hunde danach wesentlich Ungleiches gegenüber der Besteuerung des Haltens ge-
fährlicher Hunderassen und ihrer Kreuzungen.
Im Ergebnis zu Unrecht beruft sich die Beschwerde für ihren gegenteiligen Stand-
punkt auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 5. August 2002
(13 L 4102/00 - ZKF 2003, 37). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lü-
neburg, der zufolge eine Hundesteuersatzung gegen den allgemeinen Gleichheits-
satz verstoße, in welcher eine erhöhte Steuer lediglich für Hunde bestimmter Rassen
nach einer Positivliste erhoben wird, ohne dass die Satzung eine erhöhte Steuer-
pflicht auch für allgemein als gefährlich eingestufte Hunde enthält, ist der angefoch-
tenen Entscheidung des Berufungsgerichts schon deshalb im Ausgangspunkt nicht
uneingeschränkt vergleichbar, weil in der vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg zu
beurteilenden Satzung eine erhöhte Besteuerung von Kreuzungen der als gefährlich
bestimmten Hunderassen nicht vorgesehen war. Unabhängig hiervon trägt das Urteil
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des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg auch deshalb nicht die von der Beschwerde
daraus gezogenen Schlüsse, weil es sich seinerseits - aus den zuvor genannten
Gründen - von einem unzutreffenden Verständnis des Urteils des beschließenden
Senats vom 19. Januar 2000 (a.a.O. S. 273) zu seinem Standpunkt veranlasst gese-
hen hat.
c) Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie die Klärung der
Frage für erheblich hält,
ob es mit Art. 90 EG vereinbar ist, wenn eine Hundesteuerregelung, die im Inte-
resse einer Gefahrenvorbeugung in der Gemeinde die Zahl gefährlicher Hunde
im Verhältnis zu den Hunden, die als weniger gefährlich eingeschätzten Ras-
sen angehören, vermindern soll, nur die Haltung von Hunden, die aus
dem Europäischen Ausland importierten Rassen zugerechnet werden, einem
7,5-fachen Steuersatz unterwirft, während vergleichbare inländische Hunde
dieser Höherbesteuerung nicht unterworfen werden und obwohl es keinen wis-
senschaftlichen Nachweis dafür gibt, dass Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu
einer Rasse gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen.
Diese Frage kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie
von der tatsächlichen Annahme ausgeht, dass "es keinen wissenschaftlichen Nach-
weis dafür gibt, dass Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher
sind als Hunde anderer Rassen", die das Berufungsgericht so nicht festgestellt hat.
Dem Bundesverwaltungsgericht könnte sich daher in dem angestrebten Revisions-
verfahren die auf der zitierten Annahme beruhende Rechtsfrage nicht stellen, zumal
es als Revisionsgericht zur eigenen Tatsachenerhebung nicht berufen ist.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang lediglich ergänzend darauf hin, dass das
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16. März 2004, a.a.O., auf der
Grundlage eigener Tatsachenerhebungen zu der Feststellung gelangt ist, dass nach
dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zwar nicht allein aus der Zuge-
hörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse auf seine Gefähr-
lichkeit geschlossen werden kann, jedoch genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass Hunde der im Gesetz zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr ge-
fährlicher Hunde in das Inland aufgezählten Rassen für das menschliche Leben und
die menschliche Gesundheit - und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen
Faktoren wie Erziehung, Ausbildung und Haltung, situativen Einflüssen und Zuver-
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lässigkeit und Sachkunde des Halters - in besonderer Weise gefährlich werden kön-
nen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 74). Es spricht daher Einiges dafür, dass die von der
Beschwerde ihrer Rechtsfrage zugrunde gelegte tatsächliche Annahme auch in der
Sache nicht zutrifft (zur Vergleichbarkeit mit der Gefährlichkeit anderer Hunderassen
vgl. wiederum BVerfG, a.a.O., juris Rn. 95).
Vor diesem Hintergrund hält es der Senat zudem für zweifelhaft, ob die weitere An-
nahme in der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage zutrifft, dass "vergleichbare
inländische Hunde" dieser Höherbesteuerung nicht unterworfen werden. Es bedarf
hier jedoch letztlich keiner Entscheidung des Senats darüber, ob die niedriger be-
steuerten Hunde anderer als der in der angegriffenen Satzung aufgezählten Rassen
den dort der höheren Besteuerung unterworfenen Hunderassen, deren überwiegend
ausländischen Ursprung das Berufungsgericht unterstellt hat, im Sinne des Art. 90
Abs. 1 EG "gleichartig" sind, da die Zulassung der Revision wegen dieser Frage be-
reits aus dem zuerst genannten Grund scheitert.
2. Die Revision ist nicht wegen Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) von dem Ur-
teil des Senats vom 19. Januar 2000 (a.a.O.) zuzulassen.
Den Rechtssatz, den die Beschwerde jenem Urteil entnehmen zu können meint,
dass eine Hundesteuersatzung, die mit Lenkungsabsicht die durch die Hunde-
haltung verursachten erhöhten Gefahren einschränken soll, nicht mit Art. 3
Abs. 1 GG in Einklang steht bzw. rechtsfehlerhaft ist, wenn nach ihr allein Hal-
ter von Hunden bestimmter Rassen oder deren Kreuzungen erhöht besteuert
werden, sie aber nicht berücksichtigt, dass auch andere Züchtungen Hunde-
rassen hervorgebracht haben, die mit einem nicht zu unterschätzenden Ag-
gressionspotenzial ausgestattet sind,
hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil nicht aufgestellt. Er ergibt sich
entgegen der Auffassung der Beschwerde insbesondere auch nicht aus der Aussage
des Senats in dem Urteil, dass der Satzungsgeber rechtsfehlerfrei das Aggressions-
potenzial anderer Hunderassen dadurch berücksichtigt habe, dass er sonstige ge-
fährliche Hunde ebenfalls mit einer erhöhten Steuer belegt habe (BVerwG, a.a.O.
S. 276). Hierzu kann auf die entsprechenden Ausführungen im Zusammenhang mit
der Gleichheitsrüge (oben 1 b) verwiesen werden. Die Annahme der Divergenz des
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angefochtenen Urteils des Berufungsgerichts mit dem behaupteten Rechtssatz in
dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geht danach ins Leere.
3. Der von der Beschwerde gerügte Verfahrensmangel, dass das Berufungsgericht
hinsichtlich der beiden von ihr genannten Fragen keine Vorabentscheidung des
Europäischen Gerichtshofs nach Art. 234 EG eingeholt habe, liegt jedenfalls nicht
vor. Es kann daher offen bleiben, ob die Beschwerde insoweit den Darlegungsan-
forderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Nach Art. 234 Abs. 3 EG war das Berufungsgericht nicht zur Anrufung des Europäi-
schen Gerichtshofs verpflichtet, weil seine Entscheidung mit der Beschwerde gegen
die Nichtzulassung der Revision angefochten werden kann. Diese Beschwerde ist
ein Rechtsmittel im Sinne des Art. 234 Abs. 3 EG jedenfalls insoweit, als es um die
Auslegung und Anwendung revisiblen Rechts geht (BVerwG, Beschluss vom
10. Oktober 1997 - BVerwG 6 B 32.97 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 29 =
NVwZ-RR 1998, 752). Das ist im Hinblick auf das für die Entscheidung maßgebliche
Recht der Europäischen Gemeinschaften der Fall (im Ergebnis ebenso EuGH, Urteil
vom 4. Juni 2002 - C-99/00 - Lyckeskog - EuGHE 2002, I S. 4839 Rn. 16 f.; BFH,
Beschluss vom 5. Mai 2004 - XI B 107/03 - juris Rn. 9; Beschluss vom 28. August
2003 - VII B 259/02 - BFH/NV 2004, 68; BSG, Beschluss vom 25. August 2004
- B 10 KG 3/03 B - juris Rn. 7). Demgemäß liegt entgegen der Auffassung der Be-
schwerde kein Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht, obwohl es Ge-
meinschaftsrecht auszulegen hatte, sowohl von der Einholung einer Vorabentschei-
dung des Europäischen Gerichtshofs als auch von der Zulassung der Revision ab-
gesehen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts folgt aus § 72 Nr. 1 GKG n.F. i.V.m. § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 3 GKG a.F.
Hien Vallendar Prof. Dr. Eichberger