Urteil des BVerwG vom 16.07.2008

BVerwG (daten, anschrift, name, unternehmen, gerichtshof, verfügung, entgelt, verzeichnis, anbieter, identifizierung)

Rechtsquellen:
TKG §§ 45m, 47, 104
URL Art. 5, 25
Stichworte:
Telefondienst, Auskunftsdienst, Teilnehmerverzeichnis, Teilnehmerdaten,
Teilnehmerdatenbank, Überlassung, Entgelt, Missbrauch, Kosten, Kos-
tenorientierung, Datentransfer.
Leitsatz:
Die Entgelte, die ein Anbieter von Sprachtelefondienst für die Überlas-
sung von Teilnehmerdaten an Herausgeber von Teilnehmerverzeichnis-
sen und Anbieter von Telefonauskunftsdiensten erhebt (§ 47 Abs. 1, 2
und 4 TKG), dürfen gemäß Art. 25 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie die
Kosten des reinen Datentransfers nicht übersteigen, soweit es sich um
Namen, Anschrift und Telefonnummer der eigenen Kunden des Telefon-
dienstanbieters handelt. Für die Überlassung sonstiger Teilnehmerdaten
gilt diese Entgeltbeschränkung nicht.
Urteil des 6. Senats vom 16. Juli 2008 - BVerwG 6 C 2.07
I. VG Köln vom 13.12.2006 - Az.: VG 21 K 5175/05 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 2.07
VG 21 K 5175/05
Verkündet
am 16. Juli 2008
Mitschke
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als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge,
Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom
13. Dezember 2006 und der Beschluss der Bundesnetz-
agentur vom 17. August 2005 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Klägerin Entgelte dafür
verlangen kann, dass sie Anbietern von Teilnehmerverzeichnissen und Aus-
kunftsdiensten Teilnehmerdaten überlässt.
Die Klägerin bietet Sprachtelefondienstleistungen für die Öffentlichkeit an und
vergibt Rufnummern an Endnutzer. Zudem betreibt sie - über Tochtergesell-
schaften - einen bundesweiten telefonischen Auskunftsdienst sowie einen In-
ternetauskunftsdienst und gibt Teilnehmerverzeichnisse wie Telefonbücher und
Branchenverzeichnisse heraus. Für die letztgenannten Zwecke erhebt und ver-
waltet sie Teilnehmerdaten. Die Teilnehmerdatenbank der Klägerin enthält über
die Daten eigener Endkunden hinaus auch Daten von Kunden anderer Tele-
fondienstanbieter, die sie aufgrund vertraglicher Vereinbarung im Rahmen ihrer
eigenen Teilnehmerverzeichnisse und Auskunftsdienste veröffentlicht.
Die in der Teilnehmerdatenbank erfassten Daten stellt die Klägerin anderen
Auskunftsdienstleistern und Herausgebern von Teilnehmerverzeichnissen zur
Verfügung. Grundlage hierfür ist der „Vertrag über die Überlassung von Teil-
nehmerdaten“ (Standardvertrag); er bezieht sich auf die bei der Klägerin ver-
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fügbaren Teilnehmerdaten unter Einschluss der „Teilnehmerdaten anderer An-
bieter von Sprachtelekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit“,
soweit diese der Weitergabe zugestimmt oder nicht widersprochen haben.
Welche Daten im Einzelnen überlassen werden, ergibt sich aus der dem Ver-
trag als Anlage C beigefügten „Schnittstellenbeschreibung“, in der die einzelnen
Datenfelder nach Inhalt und Form beschrieben sind. Die von den Abnehmern
hierfür an die Klägerin zu zahlenden Entgelte sind in § 4 des Standardvertrages
in der Weise vereinbart, dass die Klägerin für die Datenüberlassung zur telefo-
nischen oder elektronischen Auskunftserteilung pro Anruf bzw. Zugriff (Nut-
zungsfall) - unabhängig von der Anzahl der überlassenen Teilnehmerdatensät-
ze - einen Preis von netto 0,0907 € und für die Datenüberlassung zur Heraus-
gabe von gedruckten oder elektronischen Teilnehmerverzeichnissen pro Ver-
zeichnis einer Auflage bzw. pro vergebener Lizenz (Nutzungsfall) einen Preis
von netto 0,1360 € vorläufig berechnet. Nach Ablauf eines Kalenderjahres er-
mittelt die Klägerin das tatsächlich zu entrichtende Entgelt auf der Grundlage
ihrer berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten und der Gesamtnutzungsfälle;
Überzahlungen bzw. Minderzahlungen werden ausgeglichen.
Die Aufwendungen, die die Klägerin auf die Datenabnehmer umlegt, umfassen
drei Kostenkategorien: In die Kostenkategorie 1 fallen die jährlichen Kosten für
die Datenbank unter Berücksichtigung von Kapitalkosten, Betriebskosten und
Datenbankentwicklungskosten. Zur Kostenkategorie 2 gehören die Prozesskos-
ten für die Pflege des Standardeintragsbestandes, bestehend aus den Kosten
für das manuelle Bearbeiten der Teilnehmerdaten bei der erstmaligen Aufnah-
me, der etwaigen Aufbereitung sowie der Löschung von Teilnehmerdaten. In
der Kostenkategorie 3 weist die Klägerin die Kosten für die Überlassung der
Teilnehmerdatensätze aus; dabei handelt es sich um die Kosten für die Betreu-
ung der Datenabnehmer, die Auftragsannahme, Auftragsabwicklung und die
Fakturierung sowie um die Kosten für die technische Schnittstelle, über die die
Teilnehmerdaten übermittelt werden. Nach einer Prüfung durch das Bundeskar-
tellamt ging die Klägerin seit dem Jahr 2003 von jährlichen Gesamtkosten in
Höhe von 49 Millionen € aus, die sie seither in der vereinbarten Weise ihren
Abrechnungen gegenüber den Datenabnehmern zugrunde legt.
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Nachdem die Bundesnetzagentur ein Verfahren der nachträglichen Überprü-
fung der Entgelte für die Datenüberlassung eingeleitet hatte, traf sie mit Be-
schluss vom 17. August 2005 gegenüber der (als Betroffene bezeichneten)
Klägerin folgende Regelungen:
1. Es wird festgestellt, dass die Entgelte der Betroffenen für die Über-
lassung von Teilnehmerdaten gemäß § 4 des Standardvertrags über
die Überlassung von Teilnehmerdaten bzw. entsprechender Einzel-
verträge (Offline-Nutzung), die gleiche oder höhere Entgelte vorse-
hen, missbräuchlich sind und nicht den Maßstäben des § 28 TKG
genügen,
1.1 soweit sie unbeschadet der Gesamtabrechnung nach Ablauf ei-
nes Kalenderjahres zur Ermittlung von Erstattungen oder Nach-
zahlungen
1.1.1 bei der Überlassung zur telefonischen Auskunftserteilung
oder zur Auskunftserteilung über elektronische Online
Dienste € 0,001282 pro Nutzungsfall überschreiten,
1.1.2 bei der Nutzung für physikalische oder elektronische Aus-
kunftsanfragen 1/5 des oben genannten Betrags von
€ 0,001282 pro angefragtem Teilnehmerdatensatz über-
schreiten,
1.1.3 bei der Überlassung zur Herausgabe von gedruckten Teil-
nehmerverzeichnissen oder von Teilnehmerverzeichnis-
sen auf elektronischen Datenträgern € 0,001924 pro Nut-
zungsfall überschreiten und
1.2 soweit der Gesamtabrechnung nach Ablauf eines Kalenderjahres
zur Ermittlung von Erstattungen oder Nachzahlungen berück-
sichtigungsfähige Gesamtkosten von mehr als € 770.000 jährlich
zugrunde gelegt werden. (…)
2. Der Betroffenen wird untersagt, höhere als die in Ziffer 1 genannten
Entgelte zu fordern oder zu vereinbaren.
3. Die beanstandeten Entgelte werden ab dem Zeitpunkt der Feststel-
lung (17.08.2005) für unwirksam erklärt, soweit sie die in Ziffer 1 ge-
nannten Grenzen überschreiten.
Die Bundesnetzagentur begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit,
dass die Entgelte für die Überlassung von Teilnehmerdaten, die insgesamt der
nachträglichen Regulierung unterlägen, in der von der Klägerin geforderten Hö-
he missbräuchlich seien. Denn sie genügten nicht den Anforderungen des § 47
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Abs. 4 TKG und des ergänzend heranzuziehenden Art. 25 Abs. 2 der Univer-
saldienstrichtlinie. Da hinsichtlich aller Teilnehmerdaten einschließlich der
Fremddaten anderer Telefondienstleister (sog. „Carrier-Daten“) eine gesetzli-
che Pflicht zur Überlassung bestehe, dürften nur die Kosten für das tatsächli-
che Zurverfügungstellen der Daten (Kostenkategorie 3) in Rechnung gestellt
werden, nicht dagegen diejenigen Kosten, die dem Anbieter für den Erhalt und
die Verwaltung dieser Daten (Kostenkategorien 1 und 2) entständen. Die be-
rücksichtigungsfähigen Überlassungskosten beliefen sich auf der Grundlage
der von der Klägerin vorgelegten Kostenunterlagen und sonstiger Erkenntnisse
auf jährlich 770 000 €, die nach Maßgabe des von der Klägerin angewandten
Abrechnungssystems auf die Nutzungsfälle zu verteilen seien.
Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Dazu
hat es ausgeführt, die Entgelte für die Daten, die die Klägerin Dritten gemäß
den Regelungen des Standardvertrages überlasse, unterfielen jedenfalls weit
überwiegend der nachträglichen Entgeltregulierung nach § 47 Abs. 4 TKG. Eine
Aufspaltung in regulierungspflichtige und - möglicherweise - regulierungsfreie
Entgeltbestandteile sei nach der gewählten Vertragsgestaltung ausgeschlos-
sen. Das von der Klägerin für die Datenüberlassung erhobene Entgelt über-
schreite insgesamt die Missbrauchsschwelle. Denn es berücksichtige nicht,
dass nach der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
jedenfalls in Bezug auf die „Basisdaten“ Name, Anschrift und Telefonnummer
nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen der Daten in Rechnung
gestellt werden dürften.
Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision hat die
Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, das dem angefochtenen Beschluss
der Bundesnetzagentur zugrunde liegende Verständnis überlassungspflichtiger
Teilnehmerdaten stehe mit Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang. Unter Be-
rücksichtigung des Art. 25 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie sei der deutsche
Gesetzgeber nicht berechtigt, die Weitergabe anderer Daten als Name, An-
schrift und Telefonnummer vorzuschreiben. Ebenso wenig dürfe er zur Weiter-
gabe solcher Daten verpflichten, die nicht von den eigenen Endnutzern des in
Anspruch genommenen Unternehmens, sondern von Endnutzern anderer Tele-
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fondienstanbieter stammten. Das zur Herausgabe verpflichtete Unternehmen
könne von den Datenabnehmern ein Entgelt verlangen, welches nicht nur die
Kosten des Datentransfers, sondern auch die Kosten für die Teilnehmerdaten-
bank und die Datenpflege abdecke. Etwas anderes gelte allenfalls für eine sehr
begrenzte Anzahl von Teilnehmerdaten, die unverändert und damit ohne zu-
sätzlichen Aufwand aus dem Kundendatenbestand übernommen würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Dezember
2006 und den Beschluss der Bundesnetzagentur vom
17. August 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihren Beschluss sowie das angefochtene Urteil.
II
Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des
Verwaltungsgerichts sowie des Beschlusses der Bundesnetzagentur. Das an-
gefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht und stellt sich
nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4
VwGO). Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, denn der
angegriffene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren
Rechten.
Die Bundesnetzagentur kann ihren Beschluss nicht auf § 47 Abs. 4 Satz 1
Halbs. 2 TKG stützen. Danach unterliegt das Entgelt für die Überlassung von
Teilnehmerdaten der nachträglichen Regulierung nach Maßgabe des § 38
Abs. 2 bis 4 TKG, soweit es nicht ausnahmsweise - bei beträchtlicher Markt-
macht des überlassungspflichtigen Unternehmens - nach § 47 Abs. 4 Satz 2
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TKG der Genehmigungspflicht unterworfen wird. Gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1
TKG hat die Bundesnetzagentur, sofern sie feststellt, dass Entgelte nicht den in
§ 28 TKG genannten Maßstäben des Missbrauchsverbots genügen, das verbo-
tene Verhalten zu untersagen und die beanstandeten Entgelte ab dem Zeit-
punkt der Feststellung für unwirksam zu erklären.
Die Ermächtigung zur Entgeltregulierung in § 47 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 TKG
bezieht sich nach Gesetzeswortlaut und -systematik auf die in § 47 Abs. 1 TKG
angeordnete Datenüberlassungspflicht. Danach muss jedes Unternehmen, das
Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt und Rufnummern an
Endnutzer vergibt, jedem Unternehmen Teilnehmerdaten zum Zwecke der Be-
reitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerver-
zeichnissen zur Verfügung stellen. Teilnehmerdaten sind nach der Begriffsbe-
stimmung des § 47 Abs. 2 Satz 1 TKG die nach Maßgabe des § 104 TKG in
Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichten Daten. Hierzu gehören neben der
Nummer die zu veröffentlichenden Daten wie Name, Anschrift und zusätzliche
Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer, soweit sie
dem Unternehmen vorliegen (§ 47 Abs. 2 Satz 2 TKG), ferner die von den Be-
teiligten als „Annexdaten“ bezeichneten Informationen, Verknüpfungen, Zuord-
nungen und Klassifizierungen, die zur Veröffentlichung der vorgenannten Daten
technisch notwendig sind (§ 47 Abs. 2 Satz 3 TKG).
Die in § 47 TKG getroffenen Regelungen dienen der Umsetzung des Art. 25
Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte
bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten - Universaldienstricht-
linie, URL -; danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Unternehmen,
die Teilnehmern Telefonnummern zuweisen, auf Antrag die relevanten Informa-
tionen zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunfts-
diensten und Teilnehmerverzeichnissen zu gerechten, objektiven, kostenorien-
tierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung stellen. Bei ge-
meinschaftsrechtskonformer Anwendung des § 47 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m.
§ 38 Abs. 4 Satz 1 TKG ergibt sich, dass die Überlassungsentgelte zwar - in-
soweit übereinstimmend mit der Auffassung der Beklagten - allein die Kosten
für den reinen Datentransfer berücksichtigen dürfen, soweit es sich um die Ba-
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sisdaten Name, Anschrift und Telefonnummer der eigenen Kunden der Kläge-
rin handelt (1.). Dieser Maßstab gilt aber nicht für die Entgelte, die sich auf die
Überlassung zusätzlicher Daten der Telefonkunden der Klägerin sowie auf die
Teilnehmerdaten von Kunden anderer Netzbetreiber beziehen (2.). Da der an-
gefochtene Beschluss dies verkennt und nicht teilbar ist, ist er insgesamt auf-
zuheben (3.).
1. Soweit ein Unternehmen, das Telekommunikationsdienste für die Öffentlich-
keit erbringt, die Basisdaten Name, Anschrift und Telefonnummer seiner eige-
nen Endkunden gemäß § 47 Abs. 1 TKG an Verzeichnis- und Auskunfts-
dienstleister weitergibt, darf es dafür nur ein Entgelt verlangen, das die Kosten
des reinen Zurverfügungstellens der Daten (Kategorie 3 der von den Beteiligten
übereinstimmend beschriebenen Kostenkategorien) nicht übersteigt.
a) Bei den genannten Basisdaten (einschließlich der gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3
TKG zu ihrer Veröffentlichung notwendigen Annexdaten) handelt es sich ohne
Weiteres um Teilnehmerdaten im Sinne der Begriffsbestimmung des § 47
Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. § 104 Satz 1 TKG. Diese Daten sind zugleich dieje-
nigen, deren Eintragung in ein - nicht notwendig anbietereigenes - Teilnehmer-
verzeichnis bzw. Verzeichnis für Auskunftsdienste jeder Teilnehmer von seinem
Telefondienstanbieter verlangen kann (s. § 45m Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 TKG
i.d.F. vom 18. Februar 2007, BGBl I S. 106; eine entsprechende Regelung war
zuvor in § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 der Telekommunikations-Kunden-
schutzverordnung vom 11. Dezember 1997, BGBl I S. 2910, enthalten). Sie
unterliegen stets der Herausgabepflicht nach § 47 Abs. 1 TKG.
Auch Art. 25 Abs. 2 URL gebietet, dass jedenfalls die Basisdaten Name, An-
schrift und Telefonnummer zum Zwecke der Bereitstellung von Teilnehmerver-
zeichnissen und Auskunftsdiensten herausgegeben werden müssen. So hat
der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. November 2004
- Rs. C-109/03 - (Slg. 2004, I-11273) entschieden, dass die Organisationen, die
Telefonnummern vergeben, den vorbezeichneten Datenabnehmern die für die
Identifizierung der gesuchten Teilnehmer benötigten Daten zu übermitteln ha-
ben; diese Daten umfassen stets den Namen und die Anschrift der Teilnehmer
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sowie die Telefonnummer oder die Telefonnummern, die die betreffende Orga-
nisation an sie vergeben hat (a.a.O. Rn. 34). Zwar ist dieses Urteil nicht zu
Art. 25 Abs. 2 URL ergangen, sondern zu der Vorgängerbestimmung, die in
Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG vom 26. Februar 1998 über die Anwen-
dung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Uni-
versaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten
Umfeld - ONP-Sprachtelefondienstrichtlinie, ONP-RL - enthalten war. Zwischen
den Beteiligten besteht aber zu Recht Einigkeit darüber, dass die Erwägungen
des Europäischen Gerichtshofs, zumindest was die Herausgabepflicht der ge-
nannten Basisdaten anlangt, auf Art. 25 Abs. 2 URL übertragbar sind.
b) In Bezug auf die Höhe der für die Überlassung dieser Basisdaten berechne-
ten Entgelte ist § 47 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 38 Abs. 4 Satz 1, § 28
Abs. 1 TKG so auszulegen, dass ein das Einschreiten der Bundesnetzagentur
rechtfertigender Preishöhenmissbrauch immer dann vorliegt, wenn das Über-
lassungsentgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, bezogen auf
das reine „Zurverfügungstellen“ bzw. die Lieferung oder den Transfer der Da-
ten, überschreitet. Zwar können nach nationalem Recht die Entgelte „für die
Überlassung“ grundsätzlich nicht nur die Transportkosten, sondern auch eine
Gegenleistung für den Nutzen umfassen, den der Empfänger aus der Überlas-
sung zieht. Als Maßstab für eine etwaige Entgeltüberhöhung (§ 28 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 TKG) ist regelmäßig ein „Als-Ob-Wettbewerbspreis“ zugrunde zu
legen, d.h. ein hypothetischer Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf
dem betreffenden Markt ergeben würde; missbräuchlich überhöht sind die Ent-
gelte eines regulierten Unternehmens wegen des mit dem Missbrauchsbegriff
verbundenen Unrechtsurteils grundsätzlich erst dann, wenn sie den hypotheti-
schen Preis erheblich überschreiten (s. Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C
15.07 - Rn. 68 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - KVR
17/04 - BGHZ 163, 282 <295 f.>). Dieser Missbrauchsmaßstab des nationalen
Rechts wird aber im Anwendungsbereich des Art. 25 Abs. 2 URL eingeschränkt
durch den darin normierten Maßstab der Kostenorientierung.
Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. November 2004 zu
dem identischen, bereits in Art. 6 Abs. 3 ONP-RL vorgegebenen Kostenmaß-
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stab entschieden hat, sind die mit dem Erhalt oder der Zuordnung der Basisda-
ten Name, Anschrift und Telefonnummer verbundenen Kosten, im Gegensatz
zu den reinen Transferkosten, die berechnet werden, um diese Daten Dritten
zur Verfügung zu stellen, vom Anbieter eines Sprachtelefondienstes zu tragen
und bereits in den Kosten und Einnahmen eines solchen Dienstes enthalten
(a.a.O. Rn. 38 ff.). Daraus folgt im Einklang mit der Rechtsauffassung der Be-
klagten, dass nach den Wertungen des Gemeinschaftsrechts die mit dem Er-
halt oder der Zuordnung der Basisdaten verbundenen Kosten dem Sprachtele-
fondienst und nur die mit dem Zurverfügungstellen, also der Lieferung bzw.
dem Transfer der Daten verbundenen Kosten den Anbietern von Teilnehmer-
verzeichnissen und Auskunftsdiensten zugeordnet sind. Zu den Tätigkeiten, die
das Gemeinschaftsrecht danach unter dem Kostengesichtspunkt dem Telefon-
dienst zuweist, zählt insbesondere auch die „Führung einer Datenbank mit den
im Verzeichnis aufgeführten … Informationen“; das erklärt sich daraus, dass es
„für die Anbieter von Sprachtelefondiensten von äußerster Wichtigkeit (ist),
dass ihre Teilnehmer in den Telefonverzeichnissen aufgeführt sind, da dies die
Nutzung ihrer Dienste fördert“ (s. Schlussanträge des Generalanwalts zu dem
Urteil vom 25. November 2004 a.a.O. Rn. 48).
Diese wertende Zurechnung, die dem Art. 25 URL ebenso zugrunde liegt wie
dem früheren Art. 6 ONP-RL, wird hinsichtlich der Basisdaten Name, Anschrift,
Telefonnummer nach nationalem Recht bestätigt durch den Rechtsgedanken
des § 45m TKG. Wie bereits erwähnt, haben nach dieser Vorschrift, die der
Umsetzung der universaldienstbezogenen Teilnehmerrechte nach Art. 25
Abs. 1 URL dient, die Teilnehmer gegenüber ihrem Telefondienstleister einen
Anspruch darauf, mit Rufnummer, Namen und Anschrift in ein - nicht notwendig
anbietereigenes - Teilnehmerverzeichnis bzw. Verzeichnis für Auskunftsdienste
aufgenommen zu werden. Auch daraus folgt, dass die Vorhaltung entspre-
chend aufbereiteter Teilnehmerdaten, die den Anbieter von Telefondienst
überhaupt erst in den Stand versetzen, diesen Anspruch ihrer Kunden zu erfül-
len, ein rechtlich notwendiger Bestandteil des Telefondienstes ist. Die von der
Klägerin eingerichtete Teilnehmerdatenbank erfüllt demnach bezüglich der von
ihren Endkunden stammenden Basisdaten den Zweck, ihre eigene Verpflich-
tung als Telefondienstleisterin zu erfüllen.
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Wenn die Klägerin diese Zuordnung nur für die begrenzte Anzahl derjenigen
Teilnehmerdaten gelten lassen will, die sie unverändert aus ihrer Kundenda-
tenbank in die Teilnehmerdatenbank übernimmt, verkennt sie den Zurech-
nungsgrund, der aus dem Gemeinschaftsrecht in der Auslegung durch den Eu-
ropäischen Gerichtshof folgt und sich ebenso aus § 45m TKG herleiten lässt:
Die Vorhaltung der betreffenden Daten in einer dafür geeigneten Teilnehmerda-
tenbank wird dem Telefondienstleister nicht deswegen zugerechnet, weil (und
soweit) die Daten in identischer Form bereits als Kundendaten vorliegen und
deshalb keinen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand fordern. Der Zurechnungs-
grund liegt vielmehr darin, dass jeder Telefondienstanbieter gehalten
ist, diese Daten in kundengerechter Form in ein eigenes Teilnehmerverzeichnis
bzw. Verzeichnis für Auskunftsdienste einzustellen oder sich hierfür (auf eigene
Rechnung) eines anbieterfremden Verzeichnisses zu bedienen. Für den Fall
der Datenüberlassung an nachfragende Verzeichnis- und Auskunfts-
dienstleister folgt daraus, dass nicht die Datenabnehmer, sondern die Datenlie-
feranten diejenigen sind, die die mit der kundengerechten Aufbereitung der von
ihnen generierten Daten und mit deren Pflege und Speicherung verbundenen
„Ohnehin-Kosten“ zu tragen haben.
2. Das Gebot einer im vorgenannten Sinne strengen Kostenorientierung der
Überlassungsentgelte gilt aber nicht, soweit sich diese Entgelte über die Basis-
daten Name, Anschrift, Telefonnummer hinaus auf die Weitergabe zusätzlicher
Teilnehmerdaten von Endkunden der Klägerin beziehen. Es gilt ferner nicht für
die Entgelte, die die Klägerin für die Herausgabe der Fremddaten (Basisdaten
und Zusatzdaten) fordert, die nicht von ihren eigenen Endkunden, sondern von
Endkunden anderer Telefondienstanbieter stammen. Soweit § 47 Abs. 1, 2
TKG die Herausgabepflicht auch auf solche Daten erstreckt (a), beruht dies
nicht auf der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 25 URL (b). Unabhän-
gig davon, ob der im nationalen Recht vorgesehene Umfang der Datenüberlas-
sungspflicht mit Gemeinschaftsrecht in Einklang steht, gebietet Art. 25 Abs. 2
URL daher nicht, den vom Missbrauchsmaßstab des nationalen Rechts abwei-
chenden strengen Maßstab der Kostenorientierung auch auf die Entgelte für
die Überlassung dieser Daten anzuwenden (c).
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a) Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 TKG ergibt, um-
fassen die gemäß § 47 Abs. 1 TKG herausgabepflichtigen Teilnehmerdaten
alle nach Maßgabe des § 104 TKG in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlich-
tenDaten. Dazu gehören nach § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG neben den stets zu
veröffentlichenden Basisdaten Name, Anschrift, Telefonnummer auch zusätzli-
che Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer, soweit
sie dem herausgabepflichtigen Unternehmen vorliegen, sowie die darauf bezo-
genen Annexdaten (§ 47 Abs. 2 Satz 3 TKG). Daher sind Gegenstand des an-
gefochtenen Beschlusses der Bundesnetzagentur auch die - vom Standardver-
trag mit abgedeckten - Angaben zu Amts-, Berufs- und Geschäftsbezeichnun-
gen sowie zur Art des Anschlusses der Kunden.
Der Umstand, dass § 47 Abs. 1, 2 TKG über die für die Identifizierung der Teil-
nehmer notwendigen und deshalb auf deren Verlangen in Teilnehmerverzeich-
nissen zu veröffentlichenden Basisdaten (§ 45m Abs. 1 TKG) hinaus nur bei-
spielhaft aufgezählte Zusatzdaten als überlassungspflichtig bestimmt, erklärt
sich aus dem umfassenden Zweck der Norm. Die Vorschrift soll ein netz- und
diensteübergreifendes Angebot von Auskunftsdiensten und Teilnehmerver-
zeichnissen ermöglichen (BTDrucks 15/2316 S. 72). Sie dient nicht nur der Er-
reichung der Ziele der Universaldienstvorschriften, die ein Mindestangebot an
Diensten für die Öffentlichkeit vorsehen und dazu die Verfügbarkeit mindestens
eines öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses und öffentlichen Telefonaus-
kunftsdienstes zählen (§ 78 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG). Darüber hinaus
besteht der Zweck des § 47 Abs. 1 und 2 TKG vielmehr allgemein in der Si-
cherstellung des Gewährleistungsauftrages des Art. 87f Abs. 1 GG sowie ins-
besondere in der Förderung der Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG, na-
mentlich in Bezug auf die Verbraucherinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1) und die
Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Verzeichnis- und Auskunftsmärk-
te (§ 2 Abs. 2 Nr. 2). Diesem Zweck entspricht es, dass ein vertikal integriertes
Unternehmen wie die Klägerin, soweit es seine eigenen Teilnehmerverzeich-
nisse bzw. Auskunftsdienste für zusätzliche Angaben öffnet, auch einer ent-
sprechend erweiterten Herausgabepflicht gegenüber anderen Auskunfts- und
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Verzeichnisdienstleistern unterliegt (vgl. Maier, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG,
§ 47 Rn. 56; Wilms, in: BeckTKG, 3. Aufl. 2006, § 47 Rn. 27).
Nach Maßgabe des nationalen Rechts spricht manches dafür, dass sich die
Datenüberlassungspflicht des § 47 Abs. 1, 2 TKG auch auf die Fremddaten
(Basisdaten und Zusatzdaten einschließlich der zugehörigen Annexdaten) er-
streckt, die nicht von Endnutzern im Teilnehmernetz der Klägerin, sondern von
Endkunden alternativer Telefonanbieter stammen; nach den Feststellungen des
Verwaltungsgerichts handelt es sich bei rund 15 % der in der Teilnehmerdaten-
bank der Klägerin vorgehaltenen Daten um Fremddaten in diesem Sinne.Zwar
haben nach § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG nur die Telekommunikationsdienstleister,
die selbst Rufnummern an Endnutzer vergeben, Teilnehmerdaten zur Verfü-
gung zu stellen. Diese Verpflichtung ist dem Gesetzeswortlaut nach aber nicht
auf solche Teilnehmerdaten beschränkt, die das verpflichtete Unternehmen
gerade in seiner Eigenschaft als Telekommunikationsdienstleister anlässlich
der eigenen Rufnummernvergabe generiert. Der über den Universaldienstas-
pekt hinausgehende, wettbewerbsfördernde Normzweck des § 47 TKG streitet
für die Annahme, dass auch die der Klägerin vorliegenden Fremddaten von der
Überlassungspflicht mit umfasst sind. Denn damit wird tendenziell verhindert,
dass das pflichtige Unternehmen selbst informationshaltigere Teilnehmerver-
zeichnisse herausgibt bzw. Auskunftsdienste betreibt als die Wettbewerbsun-
ternehmen (vgl. Wilms a.a.O. Rn. 27; Maier a.a.O. Rn. 75).
b) Dem Gemeinschaftsrecht in Gestalt des bereits erwähnten Art. 25 Abs. 2
URL liegt aber ein engerer Begriff der überlassungspflichtigen Teilnehmerdaten
zugrunde, der weder über die Basisdaten hinausgehende zusätzliche Angaben
über Endkunden der Klägerin noch die in deren Teilnehmerdatenbank befindli-
chen Fremddaten anderer Telefondienstleister einschließt.
In Bezug auf den früheren Art. 6 Abs. 3 ONP-RL, die Vorgängerbestimmung
des Art. 25 Abs. 2 URL, hat der Europäische Gerichtshof in seinem oben zitier-
ten Urteil vom 25. November 2004 entschieden, dass die Pflicht zur Datenüber-
lassung an Teilnehmerverzeichnis- und Auskunftsanbieter nur insoweit besteht,
als die Daten für die Bereitstellung des Universaldienstes nötig sind. Danach
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haben die Organisationen, die Telefonnummern vergeben, Dritten nur die Teil-
nehmerdaten zu übermitteln, die ausreichen, um den Nutzern des betreffenden
Verzeichnisses die Identifizierung der gesuchten Teilnehmer zu ermöglichen;
dabei handelt es sich grundsätzlich nur um den Namen, die Anschrift und die
Telefonnummer (a.a.O. Rn. 17 ff., 34). Ebenso lässt sich dem Urteil des Euro-
päischen Gerichtshofs entnehmen, dass die gemeinschaftsrechtliche Heraus-
gabepflicht auf die Eigendaten des in Anspruch genommenen Unternehmens
beschränkt ist, ihm etwa vorliegende Fremddaten von Wettbewerbern also nicht
einschließt. Denn herauszugeben sind die Daten der Teilnehmer, „die die
betreffende Organisation an sie vergeben hat“ (a.a.O. Rn. 36; s. dazu auch
ÖstVwGH, Erkenntnis vom 17. Dezember 2004 - 2004/03/0059 - Text-Nr. 2.5).
Auch diese Beschränkung erklärt sich daraus, dass eine weitergehende Über-
lassungspflicht zur Erreichung des Universaldienstzwecks nicht notwendig ist.
Da Unternehmen, die Teilnehmern Telefonnummern zuweisen, ihre Daten
zur Verfügung stellen müssen, bedarf es nicht zwingend des Datenbezuges
„aus einer Hand“.
Die zu Art. 6 Abs. 3 ONP-RL angestellten Erwägungen des Europäischen Ge-
richtshofs sind auf die Auslegung des Art. 25 Abs. 2 URL übertragbar (ebenso
ÖstVwGH a.a.O.). Der Wortlaut beider Vorschriften enthält keine wesentlichen
Unterschiede hinsichtlich des Gegenstandes der Datenüberlassungspflicht.
Zwar spricht Art. 25 Abs. 2 URL insoweit von den „relevanten Informationen“,
während in Art. 6 Abs. 3 ONP-RL von den „entsprechenden Informationen“ die
Rede war; eine inhaltliche Änderung liegt darin aber nicht. Auch aus dem
Normzweck und dem systematischen Zusammenhang der alten und der neuen
Richtlinienbestimmung ergeben sich keine überzeugenden Hinweise auf eine
Differenzierung. Der Europäische Gerichtshof hat sich bei der engen Auslegung
des Begriffs „entsprechende Informationen“ in Art. 6 Abs. 3 ONP-RL von der
darin enthaltenen Bezugnahme auf die Universaldienstverpflichtungen zur Vor-
haltung von Teilnehmerverzeichnissen (Art. 6 Abs. 2 Buchst. b ONP-RL) und
mindestens eines Telefonauskunftsdienstes (Art. 6 Abs. 2 Buchst. c ONP-RL)
leiten lassen. Zwar wird ein solcher Bezug in Art. 25 Abs. 2 URL unmittelbar
nicht mehr hergestellt, denn die betreffenden Universaldienstverpflichtungen
werden in dem nunmehr einschlägigen Art. 25 URL selbst nicht geregelt. Doch
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bildet der Universaldienst, die Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebo-
tes an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis (s. Art. 1
Abs. 2 Satz 2 sowie Erwägungsgrund 4 URL), den Grund dafür, dass Teilneh-
merverzeichnisse und Auskunftsdienste in die Universaldienstrichtlinie aufge-
nommen wurden; der Gemeinschaftsgesetzgeber sieht beide Dienstleistungen
als wesentliche Bestandteile des Universaldienstes an (s. Erwägungsgrund 11
URL). Die Pflicht zu ihrer Bereitstellung, die früher in Art. 6 Abs. 2 Buchst. b
und c ONP-RL geregelt war, ergibt sich jetzt aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. a URL
(Teilnehmerverzeichnis) und Art. 5 Abs. 1 Buchst. b URL (Telefonauskunfts-
dienst), auf die Art. 25 Abs. 1 und 3 URL ausdrücklich verweist. Infolge dieser
Verweisung ist der Zusammenhang zwischen den genannten Universaldienst-
pflichten und der Datenüberlassungspflicht der Telefondienstanbieter nach gel-
tendem Recht nicht weniger eng, als dies auf der Grundlage des früheren
Rechtszustandes der Fall war. Entgegen der Auffassung der Beklagten beste-
hen danach keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Datenüberlas-
sungspflicht in Art. 25 Abs. 2 URL im Unterschied zu dem früheren Art. 6 Abs. 3
ONP-RL über den Universaldienst hinaus erweitert werden sollte.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass das Gemeinschaftsrecht in der Auslegung
durch den Europäischen Gerichtshof keine vollständige Harmonisierung aller
Kriterien anstrebt, die zur Identifizierung der Teilnehmer notwendig sind; viel-
mehr können die Mitgliedstaaten nach dieser Rechtsprechung bestimmen, ob
in einem bestimmten nationalen Kontext bestimmte zusätzliche Daten zur Ver-
fügung zu stellen sind (Urteil vom 25. November 2004 a.a.O. Rn. 35). Auf den
so umschriebenen Umsetzungsspielraum lässt sich allerdings die aus § 47
Abs. 1, 2 TKG entnommene Ausweitung des Kreises überlassungspflichtiger
Daten nicht stützen. Das folgt daraus, dass sich die gemeinschaftsrechtliche
Datenüberlassungspflicht in der Auslegung durch den Europäischen Gerichts-
hof eng an den Erfordernissen des Universaldienstes orientiert und daher
grundsätzlich auf die Basisdaten Name, Anschrift, Telefonnummer beschränkt.
Die Mitgliedstaaten dürfen (lediglich) bestimmen, dass den Datenabnehmern
über die vorgenannten Basisdaten hinaus solche weiteren Daten zur Verfügung
gestellt werden müssen, die „in Anbetracht besonderer nationaler Gegebenhei-
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ten für die Identifizierung der Teilnehmer notwendig“ sind (Urteil vom
25. November 2004 a.a.O. Rn. 35 f.).
Eine derartige Erweiterung der Basisdaten mit dem Ziel, die Identifizierung der
Teilnehmer angesichts nationaler Besonderheiten zu gewährleisten, kann in der
beispielhaften Aufzählung überlassungspflichtiger Zusatzdaten in § 47 Abs. 2
Satz 2 TKG nicht gesehen werden. Denn sie dient anderen Zielen als der blo-
ßen Sicherstellung des Universaldienstes. Wie sich aus § 45m TKG ergibt, hält
nämlich (auch) der deutsche Gesetzgeber die Basisdaten Name, Anschrift,
Rufnummer zur Identifizierung der gesuchten Teilnehmer grundsätzlich für aus-
reichend. Ebenso wenig kann der besagte Umsetzungsspielraum für die Einbe-
ziehung der Fremddaten in die Überlassungspflicht herangezogen werden.
Zwar entspricht es dem mit der Universaldienstrichtlinie verfolgten Normzweck,
das Bedürfnis der Nutzer nach Vollständigkeit der Teilnehmerverzeichnisse und
Telefonauskunftsdienste zu befriedigen (s. Erwägungsgrund 11 URL). Doch
sind auch insoweit keine nationalen Besonderheiten erkennbar, die es unter
dem Universaldienstaspekt zwingend notwendig erscheinen lassen, dass die
Anbieter von Teilnehmerverzeichnissen und Auskunftsdiensten alle dafür benö-
tigten Daten aus einer Hand erhalten. Da jedes Unternehmen, das Telekom-
munikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt und Rufnummern an Endnut-
zer vergibt, gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG zur Datenüberlassung verpflichtet
ist, besteht vielmehr (auch) in Deutschland die Möglichkeit, dass sich die Teil-
nehmerverzeichnis- und Auskunftsdienstleister die Daten von den Telefon-
dienstanbietern einzeln beschaffen.
c) Da weder die (eigenen) Zusatzdaten der Klägerin noch die ihr vorliegenden
Fremddaten anderer Telefondienstanbieter der durch Art. 25 Abs. 2 URL ge-
meinschaftsrechtlich vorgegebenen Datenüberlassungspflicht unterliegen, kann
dieser Vorschrift auch nicht entnommen werden, dass auf die diesbezüglichen
Überlassungsentgelte der von dem Missbrauchsmaßstab des § 47 Abs. 4
Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 38 Abs. 4 Satz 1, § 28 TKG abweichende Maßstab der
strengen Kostenorientierung anzuwenden ist. Zwar lässt sich aus Art. 25 Abs. 2
URL nicht ohne Weiteres eine gemeinschaftsrechtliche Festlegung dahin ent-
nehmen, dass eine Pflicht der Telefondienstleister zur Überlassung der Teil-
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nehmerdaten zum Zweck und in den Grenzen des Universaldienstes gere-
gelt werden darf. Vielmehr spricht manches dafür, dass der nationale Gesetz-
geber unbeschadet des Art. 25 Abs. 2 URL berechtigt ist, zur Erreichung ande-
rer Zwecke eine weitergehende Datenüberlassungspflicht vorzuschreiben, wie
es in § 47 Abs. 1, 2 TKG geschehen ist. Diese Frage kann aber offenbleiben.
Selbst wenn dem Art. 25 Abs. 2 URL insoweit ein abschließender Charakter
nicht zukommen sollte, bleibt es doch dabei, dass sich die darin geforderte
Kostenorientierung der Überlassungsentgelte allein auf die gemeinschaftsrecht-
lich angeordnete Datenüberlassungspflicht bezieht, die wiederum - in der Aus-
legung durch den Europäischen Gerichtshof - dem Umfang nach auf die Not-
wendigkeiten des Universaldienstes beschränkt ist. Die Klägerin ist deshalb,
soweit es um die Überlassung von Zusatzdaten und von Fremddaten geht, bis
zur Missbrauchsgrenze (§ 38 Abs. 4, § 28 TKG) nicht daran gehindert, ein Ent-
gelt zu fordern, das über die Kosten des reinen Datentransfers (Kostenkatego-
rie 3) hinausgeht, insbesondere auch andere Kostenpositionen als entgeltrele-
vant berücksichtigt.
Die Beklagte will dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. November
2004 demgegenüber entnehmen, dass die strenge Kostenorientierung der
Überlassungsentgelte kraft Gemeinschaftsrecht unterschiedslos für alle
„Pflichtdaten“ gilt, für die die Rechtsordnung eine Überlassungspflicht begrün-
det. Dem ist nicht zu folgen. Zwar hat der Gerichtshof die ihm seinerzeit vorge-
legte, auf die Entgelthöhe bezogene Frage dahin beantwortet, dass der her-
ausgabepflichtige Telefondienstanbieter für „Daten wie“ Name, Anschrift und
Telefonnummer nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen der
Daten verlangen kann, während er für „zusätzliche Daten, die er Dritten nicht
zur Verfügung stellen muss“, zusätzliche Kosten in Rechnung stellen darf
(a.a.O. Rn. 42). Daraus lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten aber
nicht folgern, dass alle „Pflichtdaten“ - auf welchem Rechtsgrund auch immer
die Überlassungspflicht beruht - dem strengen Kostenmaßstab unterworfen
sind. Die Offenheit („Daten wie …“) in der Wortwahl des Urteils beruht vielmehr
erkennbar darauf, dass der Europäische Gerichtshof, wie bereits oben näher
ausgeführt, eine Überlassungspflicht kraft Gemeinschaftsrechts einerseits nur
für diejenigen Basisdaten anerkennt, die im engeren Sinn universaldienstrele-
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vant sind, diese aber andererseits einer begrenzten nationalen Erweiterung um
solche Daten für zugänglich erachtet, die im Hinblick auf besondere nationale
Gegebenheiten für die Identifizierung der Teilnehmer notwendig sind. Eine der-
artige, auf etwaige Erfordernisse des Universaldienstes bezogene Regelung ist
aber, wie schon ausgeführt, in § 47 Abs. 2 TKG nicht getroffen worden.
3. Indem der angefochtene Beschluss der Bundesnetzagentur das von der Klä-
gerin für die Überlassung aller Daten geforderte Gesamtentgelt beanstandet,
soweit ihm ein Kostenansatz von mehr als 770 000 € zugrunde liegt, erweist er
sich insgesamt als rechtswidrig.
a) Der Beschluss kann sich nicht umfassend auf den Kostenmaßstab des
Art. 25 Abs. 2 URL stützen. Denn dieser ist, wie gezeigt, auf die (eigenen) Zu-
satzdaten der Klägerin ebenso wenig anwendbar wie auf die ihr vorliegenden
Fremddaten anderer Telefondienstanbieter. Insoweit unterliegen die umstritte-
nen Überlassungsentgelte diesem Maßstab auch nicht deshalb, weil die Kläge-
rin die Gesamtheit der bei ihr verfügbaren Teilnehmerdaten als Bündelprodukt
anbietet. Zwar hat der Senat bei einer für Teile eines Bündelproduktes gesetz-
lich angeordneten Entgeltgenehmigungspflicht angenommen, dass der Norm-
zweck deren Erstreckung auf das für das Bündelprodukt erhobene Gesamtent-
gelt rechtfertigen kann, soweit das zur Verhinderung von Umgehungen notwen-
dig ist (Urteil vom 19. Mai 2008 - BVerwG 6 C 42.07 - juris Rn. 15). Dieser Ge-
danke rechtfertigt es aber nicht, den materiellen Regulierungsmaßstab des
Art. 25 Abs. 2 URL auf ihm nicht unterworfene Entgeltteile zu erstrecken. Auch
aus dem Umstand, dass die Bundesnetzagentur bei gemeinschaftsrechtskon-
former Anwendung des § 38 Abs. 4 Satz 5 i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG be-
rechtigt sein könnte, die Klägerin zur Entbündelung ihres bislang ausschließlich
gebündelten Angebots zu verpflichten, folgt nicht, dass das für das Bündelan-
gebot geforderte Entgelt missbräuchlich überhöht ist, wenn es nicht insgesamt
die Grenzen des nur teilweise anwendbaren Art. 25 Abs. 2 URL einhält.
b) Der Senat kann das Urteil auch nicht auf eine Teilaufhebung des angefoch-
tenen Beschlusses der Bundesnetzagentur in dem Sinne beschränken, dass
der aufhebende Ausspruch auf die die Zusatzdaten bzw. Fremddaten betref-
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fenden Teile der Überlassungsentgelte begrenzt oder dem Gesamtentgelt ein
anderer Kostenansatz als die von der Bundesnetzagentur berücksichtigten
770 000 € zugrunde gelegt wird. Teilbar ist ein Verwaltungsakt nur, wenn die
rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren inneren Zusam-
menhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen; der rechtswidrige Teil des Ver-
waltungsaktes muss in der Weise selbständig abtrennbar sein, dass der Ver-
waltungsakt im Übrigen ohne Änderung seines Inhalts in sinnvoller und recht-
mäßiger Weise bestehen bleiben kann (Urteile vom 13. November 1997
- BVerwG 3 C 33.96 - BVerwGE 105, 354 <358> = Buchholz 451.513 Sonst.
Marktordnungsrecht Nr. 4 S. 30 und vom 8. Juli 2004 - BVerwG 5 C 5.03 -
Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 13 S. 4; Beschluss vom 2. Mai 2005
- BVerwG 6 B 6.05 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.).
Eine derartige Teilbarkeit ist hier nicht gegeben. Denn einerseits knüpft der
Standardvertrag, auf den sich der angefochtene Beschluss bezieht, ausschließ-
lich an Nutzungsfälle an und ermöglicht deshalb keine Differenzierung nach
einzelnen Datengruppen. Andererseits ergäbe sich, falls das Gesamtentgelt für
die Datenüberlassung an anderen - höheren - berücksichtigungsfähigen Ge-
samtkosten ausgerichtet würde, keine Regelung, die ohne (weitere) Inhaltsän-
derung rechtmäßigerweise Bestand haben könnte. Denn während sich das
Überlassungsentgelt hinsichtlich der (eigenen) Zusatzdaten der Klägerin und
der von ihr mit überlassenen Fremddaten innerhalb des gewählten Abrech-
nungssystems an einzelnen Nutzungsfällen orientieren darf und - wie schon
eingangs erwähnt - erst im Falle der erheblichen Überschreitung eines wettbe-
werbsanalogen Preises missbräuchlich (§ 28 TKG) überhöht ist, muss das Ent-
gelt für die Überlassung der Basisdaten, die Eigendaten der Klägerin sind, we-
gen der in Art. 25 Abs. 2 URL insoweit geforderten Kostenorientierung einem
anderen als dem im Standardvertrag vereinbarten Abrechnungssystem folgen.
Die von dem einzelnen Datenabnehmer insoweit ausschließlich zu erhebenden
Kosten des „Zurverfügungstellens“ dieser Daten sind nicht davon abhängig, wie
erfolgreich dieser seinen Verzeichnis- oder Auskunftsdienst betreibt (s. Maier
a.a.O. Rn. 166; Wilms a.a.O. Rn. 69). Deshalb kann die Zahl der Nutzungsfälle
insoweit kein dem Art. 25 Abs. 2 URL entsprechender Entgeltmaßstab sein.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dr. Bardenhewer
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf
4 600 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
Dr. Bardenhewer
Vormeier
Dr. Bier
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