Urteil des BVerwG vom 11.09.2009

BVerwG: rüge, gespräch, gerichtsakte, aufklärungspflicht, bewirtschaftung, meinung, aktenwidrigkeit, form, verfahrensmangel, beweiswürdigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 8 B 59.09
VG 1 K 1324/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
Dr. Hauser
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 21. Januar 2009 ergangenen Urteil des Verwaltungs-
gerichts Cottbus wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 19 895 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die weitgehend in Form einer Berufungsbegründung gehaltene Beschwerde
bleibt ohne Erfolg. Die allein gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO) sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO entsprechend
dargelegt bzw. liegen nicht vor.
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Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Sach- und Rechtslage nicht
richtig gewürdigt, kann ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar
1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4). Denn damit
wird die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts angegrif-
fen, die Teil der materiellrechtlichen Rechtsanwendung sind.
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Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht sei von einem aktenwidrigen Sachver-
halt ausgegangen, greift nicht durch. Die Frage, ob ein vom Verwaltungsgericht
festgestellter Sachverhalt aktenwidrig ist, beurteilt sich allein danach, ob ein
zweifelsfreier, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlicher Widerspruch
zwischen den Feststellungen des Gerichts und dem Akteninhalt vorliegt (stRspr;
z.B. Beschluss vom 16. März 1999 - BVerwG 9 B 73.99 - Buchholz 310 § 108
Abs. 2 VwGO Nr. 7). Die Ausführungen der Beschwerde zur vermeintlichen Ak-
tenwidrigkeit des festgestellten Sachverhalts beschränken sich aber auf eine
vom Verwaltungsgericht abweichende Bewertung der tatsächlichen Feststellun-
gen mit entsprechend abweichenden rechtlichen Schlussfolgerungen.
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Der Einwand, dass für den Kläger zu 1 im Jahr 1984 keine Pflicht zur Einbrin-
gung von Boden und zur Zahlung von Inventarbeiträgen bestanden habe, weil
der Boden von der Voreigentümerin bereits in die LPG Typ III eingebracht und
zur weiteren Bewirtschaftung an die LPG (P) übergeben worden sei, begründet
keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO). Das Verwaltungsgericht ist nicht von einem falschen oder unvollständi-
gen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht insoweit
„Vereinbarungen zwischen der Voreigentümerin der streitigen Flächen, Frau T.,
und Herrn G.“ unterstellt und hat ebenso auf „wohl schon eingebrachte Inven-
tarbeiträge für insgesamt 9,5 Hektar der hier maßgeblichen Liegenschaften“
hingewiesen (UA S. 9/10). Dies hat es aber nicht als ausreichend für die An-
nahme einer unlauteren Machenschaft angesehen, weil es sich nach den Aus-
führungen des Zeugen K. nicht belegen lasse, dass die Verantwortlichen der
LPG bereits vor dem Gespräch mit dem Kläger zu 1 hiervon gewusst und den-
noch den vollen Inventarbeitrag gefordert hätten.
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Ebenso wenig hat die Rüge Erfolg, dass das Verwaltungsgericht den Kern des
Vorbringens der Kläger verkannt habe. So habe das Verwaltungsgericht nicht
berücksichtigt, dass die LPG (T) S. keinen Anspruch auf Zahlung von Inventar-
beiträgen gehabt habe, weil der Kläger zu 1 nicht Mitglied dieser LPG gewesen
sei. Die damit angesprochene Verletzung der Pflicht zur Gewährung rechtlichen
Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), die verlangt, dass das Ge-
richt Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht,
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ist nicht gegeben. Denn die Kläger selbst haben in der ersten Instanz ausdrück-
lich vorgetragen, dass die LPG (T) S. von dem Kläger zu 1 die noch offenen
Inventarbeiträge habe fordern dürfen, obwohl dieser Mitglied der LPG (P) O.
habe werden wollen. Sie haben dies damit begründet, dass die eingebrachten
Flächen zwar von der LPG (P) O. bewirtschaftet, aber von der LPG (T) S. bilan-
ziert worden seien (vgl. Schriftsatz vom 4. Januar 2005, Gerichtsakte I 48 f.).
Insoweit liegt es auf der Hand, dass eine Versagung rechtlichen Gehörs von
vornherein ausscheidet.
Soweit der Beschwerde darüber hinaus noch eine Rüge der Verletzung der ge-
richtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) entnommen werden sollte, ist
nicht ersichtlich, welche weitergehenden Ermittlungen das Verwaltungsgericht
aufgrund seiner - hier allein maßgeblichen - materiellrechtlichen Rechtsauffas-
sung hätte durchführen sollen und welches Ergebnis daraus zu erwarten gewe-
sen wäre. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
21. Januar 2009 hatten die Beteiligten Gelegenheit, sich zum Ergebnis der
durchgeführten Beweisaufnahme, auf das das angefochtene Urteil gestützt ist,
zu äußern. Die Beschwerde lässt nicht erkennen, warum die auch erstinstanz-
lich anwaltlich vertretenen Kläger in diesem Zusammenhang die Gelegenheit
nicht genutzt haben, zusätzliche Beweisanträge zu stellen oder die Beiziehung
weiterer Akten anzuregen, wenn sie der Meinung waren, dass sich daraus ent-
scheidungsrelevanter Sachverhalt ergeben würde.
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Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO abgesehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die
Festsetzung des Streitwertes auf §§ 47, 52 GKG.
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Gödel Dr. von Heimburg Dr. Hauser