Urteil des BVerfG vom 17.09.2016

Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Abänderung eines unbefristeten Umgangsausschlusses durch das Familiengericht erfolglos

Bundesverfassungsgericht
Sie sind hier:
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1547/16 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn B…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwältin Katja Ebert
in Sozietät Rechtsanwaltskanzlei Kaiser & Rössler,
Essenweinstraße 22, 76131 Karlsruhe -
gegen a) den Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 25. Mai 2016 - 5 UF 145/15 -,
b) den Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Februar 2016 - 5 UF 145/15 -,
c) den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Oktober 2015 - 2 F 29/15 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Eichberger
und die Richterin Britz
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 17. September 2016 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
I.
1
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung der Abänderung eines
unbefristeten Umgangsausschlusses mit seiner im Jahr 2003 geborenen Tochter im Rahmen eines von Amts wegen
aufgenommenen Überprüfungsverfahrens nach § 166 Abs. 2 FamFG.
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1. a) Kurz nach der Geburt des Kindes trennten sich die Eltern. Seit April 2004 versucht der Beschwerdeführer in einer
Vielzahl von Verfahren, ein Umgangsrecht mit seiner Tochter zu erwirken. Der letzte Umgang zwischen Vater und Tochter
fand im Jahr 2008 statt. Im Dezember 2008 wurde der Umgang bis zum 31. Dezember 2009 ausgesetzt. Seither lehnt das
Mädchen Kontakte mit dem Beschwerdeführer vehement ab. Ein auf Antrag des Beschwerdeführers eingeleitetes weiteres
Umgangsverfahren führte im Oktober 2012 zu einem unbefristeten Umgangsausschluss. Auf die Individualbeschwerde des
Beschwerdeführers gegen die Bundesrepublik Deutschland hin stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit
Urteil vom 28. April 2016 keinen Verstoß gegen Art. 8 EMRK fest (vgl. EGMR, Buchleither v. Deutschland, Urteil vom 28.
April 2016, Nr. 20106/13). Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
3
b) Im Februar 2015 leitete das Amtsgericht von Amts wegen ein Überprüfungsverfahren des Umgangsausschlusses nach §
166 Abs. 2 FamFG ein. Hierzu holte es die Stellungnahmen der Eltern, der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts ein
und hörte die Eltern, die Verfahrensbeiständin und das Kind persönlich an.
4
Mit Beschluss vom 16. Oktober 2015 stellte das Amtsgericht fest, dass eine Abänderung des Umgangsausschlusses gemäß
§ 1696 Abs. 2 BGB derzeit nicht veranlasst sei, da die zum Umgangsausschluss führende Kindeswohlgefährdung weiterhin
vorliege. Dabei sei maßgeblich der Wille des inzwischen zwölfjährigen Kindes zu berücksichtigen, welches jetzt wie auch
bereits im vorangegangenen Verfahren konstant und vehement jegliche Umgangskontakte mit dem Beschwerdeführer
ablehne. Das Jugendamt sei nach Kontaktaufnahme mit dem Kind ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass nach wie vor
eine massive Weigerung des Kindes gegen eine Umgangsausübung mit dem Vater vorliege, die ernst zu nehmen und zu
respektieren sei. Auch die Verfahrensbeiständin sei nach persönlicher Kontaktaufnahme mit dem Kind der Auffassung, dass
dessen geäußerter Wille eine über Jahre andauernde Konstanz zeige und auch zum derzeitigen Zeitpunkt keinen Wunsch
nach Kontakt zum Vater erkennen lasse. Dabei könne das Mädchen seine Anliegen und Wünsche gut formulieren und wirke
in ihren Äußerungen authentisch und selbstbestimmt. Ihr sei zuzutrauen, dass sie eine Möglichkeit finden werde, Kontakt
zum Vater aufzunehmen, sollte dieser Wunsch mit zunehmendem Alter Gestalt annehmen. Das Gericht folge diesen
Einschätzungen der Fachkräfte auch aufgrund seines persönlichen Eindrucks, den es anlässlich der Anhörung des Kindes
gewonnen habe. Das Mädchen lehne hiernach einen Umgang mit dem Vater nach wie vor vehement ab. Das Kind nenne
seinen Vater „Herr B.“ und habe als Grund hierfür angegeben, dass sie diesen nicht als ihren Vater ansehe und ihn nicht
möge. Ihre mitgeteilten Erinnerungen an ihn deckten sich im Wesentlichen mit den Erinnerungen, die das Kind bereits
anlässlich der Anhörung im vorangegangenen Verfahren gemacht habe. An den Zeitpunkt, an dem sie ihn das letzte Mal
gesehen habe, könne sich das Mädchen schon gar nicht mehr erinnern. Seine Briefe öffne sie nicht. Auch ein betreutes
Umgangsrecht lehne sie deutlich ab. Sie habe vielmehr mitgeteilt, dass das Umgangsrecht ausgeschlossen werden solle, bis
sie 18 Jahre alt sei. Auch danach wolle sie keinen Kontakt zu ihrem Vater haben. Gegen etwaige Zwangsmaßnahmen zur
Durchsetzung des Umgangs habe sie sich vehement gesträubt. Bereits im vorangegangenen Verfahren sei auf Grundlage
eines Sachverständigengutachtens festgestellt worden, dass das Kind reif genug sei, die Entscheidung gegen den Vater
bewusst zu treffen und deren Tragweite und Konsequenzen zu ermessen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass diese Einsichtsfähigkeit des Kindes zur autonomen Willensbildung mittlerweile nicht mehr gegeben sein könnte, zumal
das Kind inzwischen drei Jahre älter und damit weiter gereift sei. Dem Mädchen sei die Bedeutung des Verfahrens deutlich
gewesen. Sie sei sicher und sehr bestimmend aufgetreten und habe sehr deutlich gemacht, dass ihr Wille, den Vater nicht
sehen zu wollen, respektiert werden solle.
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Damit träfen die im vorangegangenen Verfahren festgestellten Erwägungen nach wie vor zu. Das Kind erlebe den Vater
weiterhin als Bedrohung und sehe aufgrund des anhaltenden Konflikts seiner Eltern seine Beziehung und Bindung zur
Mutter als Hauptbezugsperson durch einen Umgang mit dem Vater gefährdet. Hierbei sei in den Blick zu nehmen, dass das
Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch gemacht habe und seinem Willen
mit zunehmendem Alter vermehrt Bedeutung zukomme. Da selbst ein auf einer bewussten oder unbewussten Beeinflussung
beruhender Wunsch des Kindes beachtlich sein könne, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen sei,
komme es daher auch nicht darauf an, ob der Wunsch des Kindes durch die Mutter beeinflusst worden sei. Auch sei es ohne
Belang, ob die negativen Erinnerungen des Kindes an den Vater auf realen Erinnerungen oder Suggestionen der Mutter
basierten. Jedenfalls resultiere der geäußerte Wille des Kindes auf einer subjektiv verständlichen und vom Kind aufgrund
seines Reifezustands zu überblickenden Entscheidung und sei damit zu respektieren.
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Weniger einschneidende Maßnahmen als ein fortbestehender Umgangsausschluss seien nach wie vor nicht vorhanden. Eine
Umgangspflegschaft habe das Kind bereits im vorangegangenen Verfahren nicht zu einem Umgang mit dem Vater bewegen
können. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass sich dies geändert haben könnte. Auch die Durchführung eines begleiteten
Umgangskontakts werde von dem Mädchen vehement abgelehnt, dies obwohl das Gericht ihr erläutert habe, dass sie in
diesem Rahmen die Möglichkeit hätte zu überprüfen, ob ihre Erinnerungen an den Vater der Realität entsprächen oder -
aus Sicht des Kindes - ob sich der Vater mittlerweile positiv geändert hätte. All dies sei für das Kind jedoch keinerlei Option
gewesen. Auch würde das Mädchen jeglichen Druck zur Ausübung des Umgangsrechts auf die Mutter nach wie vor in
erheblichem Maße auch als Druck auf sie selbst wahrnehmen und Zwangsmaßnahmen ihr gegenüber als Bedrohung ihres
etablierten Familiensystems sehen. Insbesondere habe sie dem Gericht mitgeteilt, dass sie es „hasse“, wenn sie zu
Umgängen gezwungen würde wie in der Vergangenheit, wo sie sich versteckt habe. Hierbei sei für das Gericht die
Verängstigung des Kindes deutlich zu spüren gewesen, in Zukunft mit Zwangsmaßnahmen gegen sie oder die Mutter zu
einem Umgang mit dem Vater gezwungen zu werden. Zwangsmittel wären aus Sicht des Gerichts vorliegend auch deshalb
kontraproduktiv, da sie eine weitere Steigerung der feindseligen Konfrontation der Eltern bedeuten würden mit der Folge,
dass sich die ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem Vater noch verstärken würde. Im Übrigen erscheine bei
Kindern ab dem zwölften Lebensjahr bei einer Ablehnung des Umgangsrechts aus subjektiv beachtlichen Gründen die
erzwungene Durchsetzung des Umgangsrechts mit dessen Zweck ebenso unvereinbar wie mit dem Persönlichkeitsrecht des
Kindes.
7
Etwaige erfolgversprechende Therapien für das Kind oder die Mutter seien, ungeachtet des Umstands, dass eine
zwangsweise Anordnung gegenüber der Mutter rechtlich nicht möglich sei, nicht ersichtlich.
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Beratungsgespräche oder sonstige Mediationen mit den Eltern hätten nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens
unstreitig nicht stattgefunden. Zu einer spürbaren Annäherung der Eltern sei es nicht gekommen, wovon das Gericht
aufgrund der persönlichen Anhörung der Eltern überzeugt sei. Eine entsprechende Anordnung des Gerichts zur Teilnahme
an einer Beratung wäre mit Zwangsmitteln nicht durchzusetzen (§ 156 Abs. 1 Satz 5 FamFG).
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Im Hinblick darauf, dass das Kind einen Umgangsausschluss bis zur Volljährigkeit begehre und einen Reifegrad erreicht
habe, wonach sein Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einer Missachtung dieses
Willens entgegenstehe, sei eine zeitliche Begrenzung des Umgangsausschlusses nach wie vor nicht veranlasst.
10
Es sei weiterhin nicht ausgeschlossen, dass das Kind mit weiter zunehmendem Alter doch noch in der Lage sein werde, sich
aus eigener Kraft aus dem Konfliktfeld der Eltern zu lösen, aus eigenem Antrieb auf den Vater zuzugehen und den Kontakt
mit ihm zu suchen.
11
c) Auf die Beschwerde des Verfassungsbeschwerdeführers holte das Oberlandesgericht Stellungnahmen der
Verfahrensbeiständin und der Mutter ein.
12
Mit Beschluss vom 23. Februar 2016 wies das Oberlandesgericht die Beschwerde zurück. Das Familiengericht habe
überzeugend dargelegt, warum es nach wie vor von einer Kindeswohlgefährdung ausgehe, die eine Umgangsgewährung
ausschließe. Insbesondere habe sich die Ablehnungshaltung des Kindes gegenüber dem Vater nicht nur nicht verringert,
sondern sogar noch weiter verfestigt. Da das Kind mittlerweile mehr als drei Jahre älter als zum Zeitpunkt der
vorangegangenen Entscheidung sei, komme dem geäußerten Willen des Kindes auch ein erheblich höheres Gewicht zu,
zumal bereits zum damaligen Zeitpunkt die Qualität des Kindeswillens geeignet gewesen sei, den angeordneten
Umgangsausschluss zu rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass dies bei dem mittlerweile älteren Kind anders sein könnte,
lägen nicht vor. Vor diesem Hintergrund habe auch keine Veranlassung bestanden, eine erneute
Sachverständigenbegutachtung des Kindes anzuordnen. Das Familiengericht habe zutreffend festgestellt, dass eine
Aufklärung der Ursachen der Haltung des Kindes nicht entscheidungserheblich sei. Es werde nicht verkannt, dass im
Regelfall umgangsablehnende Elternteile durch Zwangsmaßnahmen zu der geforderten Mitwirkung anzuhalten seien. Ein
solches Vorgehen könne aber nur in Betracht kommen, wenn es mit dem Kindeswohl zu vereinbaren sei, was vorliegend
nicht festgestellt werden könne. Das Familiengericht habe zutreffend dargestellt, dass das Kind Zwangsmaßnahmen zum
Zwecke der Durchführung von Umgangskontakten als Bedrohung seines etablierten Familiensystems ansehe. Dies sei
nachvollziehbar und überzeugend, insbesondere wenn man berücksichtige, dass die Beteiligten bereits seit Jahren über die
gegenständliche Umgangsproblematik stritten und das Kind diesbezüglich erkennbar unter hohem Leidensdruck stehe.
Angesichts dessen komme bei angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des mittlerweile zwölfjährigen Kindes eine
Verhängung von Zwangsmitteln gegen die Mutter nicht in Betracht.
13
zurück.
14
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer - unter anderem - eine Verletzung seiner Grundrechte aus
Art. 6 Abs. 2 GG allein und in Verbindung mit Art. 8 EMRK.
15
Eine konkrete Kindeswohlgefährdung sei weder im vorangegangenen noch im hiesigen Verfahren festgestellt worden. Die
zwischenzeitliche Entwicklung des Kindes sei nicht berücksichtigt worden. Der Umgangsausschluss habe nicht auf den
Willen des Kindes gestützt werden dürfen, da dieser von der Mutter beeinflusst und nicht durch ein aktuelles
Sachverständigengutachten ermittelt worden sei. Die Gerichte hätten die negativen Folgen des Umgangssauschlusses sowie
mildere Mittel zu einem Umgangsausschluss nicht berücksichtigt. Der unbefristete Ausschluss des Umgangs sei
verfassungsrechtlich unzulässig und stehe ebenso wie die fehlende Verhängung von Zwangsmaßnahmen gegen die Mutter
im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
II.
16
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2
BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet
17
1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 6 Abs. 2 GG.
18
a) Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Es ermöglicht dem
umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung
fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, einer
Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 31, 194 <206 f.>; 64, 180 <187
f.>).
19
aa) Die Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechts kommen in Betracht, wenn nach den Umständen des
Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung
abzuwehren (vgl. BVerfGE 31, 194 <209 f.>). Entsprechend kann nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB eine Einschränkung oder
ein Ausschluss des Umgangs für längere Zeit angeordnet werden, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Einschränkung oder den Ausschluss des Umgangs sowohl die betroffenen
Grundrechtspositionen des Elternteils als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger zu
berücksichtigen (vgl. BVerfGE 31, 194 <205 f.>; 64, 180 <187 f.>).
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Hierbei ist auch in den Blick zu nehmen, dass das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur
Selbstbestimmung Gebrauch macht (vgl. BVerfGK 15, 509 <515>) und seinem Willen mit zunehmendem Alter vermehrt
Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGK 9, 274 <281>; 10, 519 <524>). Ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes
erzwungener Umgang kann durch die Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit unter Umständen mehr
Schaden verursachen als Nutzen bringen (vgl. BVerfGK 6, 57 <59>). Selbst ein auf einer bewussten oder unbewussten
Beeinflussung beruhender Wunsch kann beachtlich sein, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist.
Das Außerachtlassen des beeinflussten Willens ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn die manipulierten Äußerungen des
Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten
Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 3326/14 -, juris, Rn. 17 m.w.N.).
21
bb) Der Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht
muss ein Kindschaftsverfahren in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, eine möglichst zuverlässige
Grundlage für die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung zu erlangen (vgl. zum Umgangsausschluss BVerfG, Beschluss
der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 746/08 -, juris, Rn. 52; Beschluss der 2. Kammer des Ersten
Senats vom 29. November 2012 - 1 BvR 335/12 -, juris, Rn. 25; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 13.
Dezember 2012 - 1 BvR 1766/12 -, juris, Rn. 21; für die elterliche Sorge BVerfGE 55, 171 <182>) und damit der
Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen (vgl. BVerfGE 84, 34 <49>).
22
Soweit das bei einem Elternteil lebende Kind den Umgang mit dem nichtsorgeberechtigten Elternteil verweigert, ist es auch
Aufgabe der Gerichte, die Gründe für diese Einstellung zu ermitteln und sie in ihre Entscheidung einzubeziehen (vgl.
BVerfGE 64, 180 <191>). Hierbei bleibt es grundsätzlich den Fachgerichten überlassen, wie sie den Willen des Kindes
ermitteln. Das Bundesverfassungsgericht prüft die hierzu von den Fachgerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen
grundsätzlich nicht nach, der verfassungsgerichtlichen Prüfung unterliegt jedoch, ob fachgerichtliche Entscheidungen auf
einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen; die Intensität
dieser Prüfung hängt davon ab, in welchem Maße von der Entscheidung Grundrechte beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 13. Dezember 2012 - 1 BvR 1766/12 -, juris, Rn. 22 m.w.N.).
23
b) Daran gemessen sind die angegriffenen Entscheidungen sowohl in materieller (aa) als auch in verfahrensrechtlicher
Hinsicht (bb) mit dem Grundgesetz vereinbar.
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aa) Gestützt auf die Erkenntnisse des Sachverständigen aus dem vorangegangenen Verfahren, auf die Anhörung des Kindes
sowie auf die Stellungnahmen des Jugendamts und der Verfahrensbeiständin haben die Gerichte die Ablehnung der
Abänderung des unbefristeten Umgangsausschlusses mit der Fortdauer der bereits im vorangegangenen Verfahren
festgestellten Kindeswohlgefährdung (1) und dem Fehlen geeigneter milderer Mittel zur Abwendung dieser
Kindeswohlgefährdung (2) umfassend und nachvollziehbar begründet.
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(1) In verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise haben die Gerichte dargelegt, dass und weshalb die den
Umgangsausschluss auslösende und bereits im vorangegangenen Verfahren gegebene Gefahrenlage unverändert
fortbesteht und die festgestellte Kindeswohlgefährdung nicht entfallen ist.
26
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers war das Bestehen einer konkreten Kindeswohlgefährdung bereits im
vorangegangenen Verfahren unter Abwägung möglicher negativer Folgen eines Umgangsausschlusses umfassend
begründet worden. Demgemäß hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Feststellungen der Gerichte
nicht beanstandet (vgl. EGMR, Buchleither v. Deutschland, Urteil vom 28. April 2016, Nr. 20106/13, § 46). Gemäß dem im
vorangegangenen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten ergab sich die konkrete Kindeswohlgefährdung
insbesondere daraus, dass beide Eltern das Mädchen aufgrund ihres langjährigen Streits in einen, sie erheblich
belastenden Konflikt gebracht hätten, den sie dadurch zu lösen versuche, dass sie den Vater ablehne. Der Sachverständige
hat insoweit festgestellt, dass diese Konfliktlösungsstrategie die aus Sicht des Kindes „beste Lösung“ sei und Umgänge im
Konfliktfeld der Eltern ohne Beratungsgespräche oder Mediation mit den Eltern aufgrund „frustraner Wiederholungen“ zu
Belastungsstörungen des Kindes führen könnten. Die Ursache der Kindeswohlgefährdung war daher der beiden Eltern
zuzurechnende, ungelöste, massive Konflikt zwischen ihnen.
27
Im vorliegenden Verfahren haben die Fachgerichte den Fortbestand der Kindeswohlgefährdung mit dem fortwährenden
Elternkonflikt und dem hieraus resultierenden Willen des inzwischen zwölfjährigen Kindes begründet. Dass sich das
Verhältnis zwischen den Eltern inzwischen verbessert haben könnte, behauptet weder der Beschwerdeführer noch ist dies
mangels Durchführung von Beratungsgesprächen oder einer Mediation zwischen den Eltern ersichtlich. Soweit die
Fachgerichte auf den im Anhörungstermin erklärten Willen des Kindes abgestellt und ausgeführt haben, dass es den Vater
aufgrund des anhaltenden Konflikts der Eltern nach wie vor als Bedrohung seiner Beziehung und Bindung zur Mutter als
seiner Hauptbezugsperson ansehe und deshalb jeglichen Kontakt mit ihm ablehne, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Dass der Beschwerdeführer die Bindungen des Mädchens an seine Mutter als Hauptbezugsperson im
Beschwerdevorbringen negiert, zeigt, dass die Befürchtungen des Kindes hinsichtlich der Bedrohung seines etablierten
Familiensystems durch Kontakte zum Beschwerdeführer - auch objektiv - nicht von der Hand zu weisen sind. Darüber hinaus
macht die - unstreitig - fortdauernde Ablehnungshaltung des Mädchens deutlich, dass es ihr seit der Begutachtung im
vorangegangenen Verfahren nicht gelungen ist, sich aus dem elterlichen Konfliktfeld zu lösen und eine andere Strategie zur
Bewältigung ihres Dilemmas zu finden. Vielmehr ist inzwischen die vom Sachverständigen bereits im vorangegangenen
Verfahren prognostizierte Verstärkung ihrer Ablehnungshaltung im Falle des fortgesetzten Elternkonflikts eingetreten.
Demgemäß schlugen auch die Versuche des Familiengerichts im Anhörungstermin, das Mädchen zu Umgangskontakten mit
ihrem Vater zu bewegen, fehl. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGK 9, 274
<281>; 10, 519 <524>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 3326/14 -, juris, Rn.
17; stRspr) haben die Fachgerichte daher dem Willen des Kindes aufgrund seines Alters und seiner Reife zutreffend
entscheidende Bedeutung beigemessen.
28
(2) Die Fortdauer des Umgangsausschlusses ist verhältnismäßig.
29
(a) Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers haben die Gerichte das Vorliegen milderer Mittel zu einem
fortgesetzten Umgangsausschluss umfassend erörtert. Dass sie diese zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung nicht für
geeignet hielten, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
30
Geeignet sind nur solche Maßnahmen, die eine effektive Gefahrenabwehr gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1.
Kammer des Ersten Senats vom 22. Mai 2014 - 1 BvR 3190/13 -, juris, Rn. 30; BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2004 - XII
ZB 166/03 -, FamRZ 2005, S. 344).
31
(aa) Dies haben die Gerichte vorliegend hinsichtlich der Anordnung von Zwangsmitteln gegenüber der Mutter verneint, weil
die Anwendung jeglichen Drucks gegenüber der Mutter von dem Mädchen als eigene Bedrohung ihres etablierten
Familiensystems angesehen würde. Insoweit haben die Gerichte nachvollziehbar ausgeführt, dass sich die Anordnung von
Zwangsmitteln gegenüber der Mutter sogar schädlich auswirken, zu einer Steigerung des Elternkonflikts und damit auch zu
einer weiteren Verstärkung der ablehnenden Haltung des Kindes führen würde. Dies entspricht auch den Feststellungen des
Sachverständigen im vorangegangenen Verfahren. Dieser hatte von Zwangsmaßnahmen gegenüber der Mutter aus
Kindeswohlgesichtspunkten ausdrücklich abgeraten und festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer vorgetragenen
Forderungen nach Ordnungsgeldern für das seelische Wohl des Kindes nichts bewirkten und nicht geeignet seien, einen
förderlichen Einfluss auf die Normalisierung der Lebenssituation oder die seelische Gesundheit des Kindes zu entfalten.
32
Aus denselben Gründen kamen auch keine Sorgerechtsmaßnahmen gegenüber der Mutter, wie die Entziehung der
elterlichen Sorge, in Betracht, zumal der Sachverständige im vorangegangenen Verfahren die für das Mädchen
bedeutsame Bindung zu ihrer Mutter als ihrer Hauptbezugsperson betont hat.
33
Da die Fachgerichte die Möglichkeit der Anordnung von Ordnungsmitteln ausdrücklich erörtert, diese jedoch aus
nachvollziehbaren Gründen für ungeeignet gehalten haben, liegt auch kein Konflkt mit der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vor. Denn auch nach dessen Rechtsprechung haben die Fachgerichte die
Anordnung von Ordnungsmitteln zwar zu prüfen, diese jedoch nur dann zu verhängen, wenn sie auch geeignet wären, zum
angestrebten Ergebnis zu führen (vgl. EGMR, Tsikakis v. Deutschland, Urteil vom 10. Februar 2011, Nr. 1521/06, § 80). Die
Anordnung ungeeigneter, unrealistischer oder gar kindeswohlgefährdender Zwangsmaßnahmen fordert auch der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht.
34
(bb) Zur Anordnung einer Umgangspflegschaft oder begleiteter Umgänge hat das Amtsgericht nachvollziehbar ausgeführt,
dass diese Maßnahmen bereits in der Vergangenheit am Widerstand des Kindes gescheitert seien. Es ist daher nicht
ersichtlich, wie diese angesichts der verfestigten Ablehnungshaltung des inzwischen zwölfjährigen Kindes nunmehr
erfolgversprechend sein könnten.
35
(cc) Anders als der Beschwerdeführer meint, hat das Bundesverfassungsgericht auch nicht seine Rechtsprechung zur
Unzulässigkeit der zwangsweisen Anordnung von Therapien gegenüber Eltern ohne Bestehen einer entsprechenden
gesetzlichen Rechtsgrundlage geändert. Die vom Beschwerdeführer in Bezug genommene Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGK 19, 295 <304>) bezieht sich ausschließlich auf die Anordnung einer Therapie des
Kindes. Eine solche setzt jedoch - wie der Sachverständige im vorangegangenen Verfahren ausgeführt hat - eine psychische
Erkrankung des Kindes voraus, für die keine Anhaltspunkte bestehen. Im Übrigen erscheint es weder sachgerecht noch
zielführend, das Kind ohne medizinische Indikation einer Therapie zu unterziehen, nur weil die Eltern als Verursacher der
Ablehnungshaltung des Kindes nicht in der Lage sind, ihren Konflikt zu lösen.
36
(b) Auch die fehlende Befristung des Umgangsausschlusses begegnet in dem hier vorliegenden Fall keinen Bedenken.
37
(aa) Es liegen besondere Umstände vor, die einer Befristung des Umgangsausschlusses entgegenstehen. Die Fachgerichte
haben die fehlende Befristung mit stichhaltigen Argumenten, nämlich mit dem eindringlich geäußerten Wunsch des
Mädchens nach einem Umgangsausschluss bis zu ihrem 18. Lebensjahr unter Hinweis auf ihr Persönlichkeitsrecht aus Art.
2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG begründet. Dies ist aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles und
angesichts des fortgeschrittenen Alters des Mädchens verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Hierbei ist insbesondere
zu berücksichtigen, dass das inzwischen zwölfjährige Mädchen von kurz nach ihrer Geburt bis heute durch das
kompromisslose Verhalten beider Elternteile einer Vielzahl von Verfahren ausgesetzt war, ohne dass es ihr möglich gewesen
wäre, sich diesen vor Gericht ausgetragenen Streitigkeiten zu entziehen. Demgemäß hatte bereits der Sachverständige im
vorangegangenen Verfahren deutlich gemacht, dass die Ablehnungshaltung des Kindes zwischenzeitlich auch als Versuch
der Stressbewältigung aufgrund ihrer ständigen Befragungen durch Gericht, Verfahrensbeistand und Sachverständigen
anzusehen sei. Die Anzahl der Verfahren hat sich daher über die Jahre als schädlich im Hinblick auf das vom
Beschwerdeführer gewünschte Ziel erwiesen und zur Verfestigung der Haltung des Mädchens beigetragen. Angesichts der
nunmehr achtjährigen Dauer ihrer Ablehnungshaltung und deren Funktion, sich vor dem durch beide
Eltern aufgebauten
Druck zu schützen und damit der Gefahr künftiger Belastungsstörungen zu entgehen, erscheint es sachgerecht, dass die
Fachgerichte auf diese besondere Sachlage nicht mit einer Aneinanderreihung befristeter Umgangsausschlüsse reagiert
haben, sondern die Fortdauer des Umgangsausschlusses von der Aufgabe der ablehnenden Haltung des Mädchens selbst
abhängig gemacht haben. Angesichts der negativen Auswirkungen fortgesetzter Gerichtsverfahren auf die Einstellung des
Mädchens ihrem Vater gegenüber, erscheint die Möglichkeit einer Aufgabe ihrer Ablehnungshaltung ohne Befristung -
wenngleich insgesamt gering - so doch eher wahrscheinlich als im Falle einer Befristung des Umgangsausschlusses. Denn
im letztgenannten Fall wäre für das Kind bereits jetzt absehbar, dass es nach Ablauf der Befristung erneut mit einem sie
belastenden Verfahren des Beschwerdeführers rechnen müsste.
38
(bb) Dass der Umgangsausschluss im Ausgangsfall nicht befristet wurde, schließt indessen seine Aufhebung und die
Anordnung einer Umgangsregelung in Zukunft nicht völlig aus. Liegen die Voraussetzungen eines Umgangsausschlusses -
eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB - nicht mehr vor, ist das Gericht nach § 1696 Abs. 2 BGB
vielmehr verpflichtet, den Umgangsausschluss aufzuheben (vgl. für den Fall eines befristeten Umgangsausschlusses bereits
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2015 - 1 BvR 3326/14 -, juris, Rn. 27). § 1696 Abs. 2 BGB
räumt den Gerichten insoweit kein Ermessen ein. Es besteht auch keine zusätzliche Änderungsschwelle wie in § 1696 Abs. 1
BGB (vgl. Coester, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1696 Rn. 116).
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Die materiellrechtliche Änderungsmaßgabe des § 1696 Abs. 2 BGB wird verfahrensrechtlich zum einen durch § 166 Abs. 2
FamFG abgesichert, der die Gerichte dazu verpflichtet, kinderschutzrechtliche Maßnahmen in angemessenen Abständen
von Amts wegen zu überprüfen. Zum anderen kann der vom Umgang ausgeschlossene Elternteil eine Abänderung nach §
1696 Abs. 2 BGB herbeiführen. Ungeachtet der umstrittenen Frage, ob es sich bei dem entsprechenden Begehren des
betroffenen Elternteils um einen Verfahrensantrag im engeren Sinne handelt, ist das Gericht nach § 1696 Abs. 2 BGB zur
Aufhebung des Umgangsausschlusses verpflichtet, wenn dessen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die Gerichte
unterliegen bei der Aufklärung eventueller Abänderungsgründe der Pflicht zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG.
Entscheidet das Gericht nach Durchführung eines Abänderungsverfahrens, den Umgangsausschluss aufrechtzuhalten,
kann der weiterhin vom Umgang ausgeschlossene Elternteil gegen diesen Beschluss Beschwerde erheben. Lehnt das Gericht
bereits die vom betroffenen Elternteil begehrte Einleitung eines Abänderungsverfahrens ab, kommt auch gegen diese
Ablehnung nach obergerichtlicher Rechtsprechung eine Beschwerde in Betracht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.
März 2015 - 5 UF 272/14 -, juris, Rn. 21 f.; s. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 6. Mai 2015 - 15 WF 91/15 -, juris, Rn.
3 ff.).
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(cc) Aufgrund der Abänderungsmöglichkeit nach § 1696 Abs. 2 BGB verstößt die fehlende Befristung vorliegend auch nicht
gegen Art. 8 EMRK (vgl. EGMR, Buchleither v. Deutschland, Urteil vom 28. April 2016, Nr. 20106/13, § 52 ff.).
41
(dd) Der Zulässigkeit des unbefristeten Umgangsausschlusses stehen hier auch nicht die vom Beschwerdeführer
angeführten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGK 6, 61 <63 f.>; 6, 153 <155 f.>) entgegen. Anders als in
den beiden zitierten, die Ablehnung einer Umgangsregelung mit Kleinkindern betreffenden Entscheidungen ist die fehlende
Befristung des Umgangsausschlusses vorliegend nicht mit Unsicherheiten hinsichtlich der Voraussetzungen verbunden,
unter denen der Beschwerdeführer eine erneute Prüfung seines Umgangsrechts begehren kann. Denn aus den
Entscheidungsgründen der Beschlüsse geht klar hervor, dass dies zum einen dann der Fall ist, wenn das Mädchen von
selbst auf den Vater zugeht - was in den beiden bereits entschiedenen Fällen des Bundesverfassungsgerichts aufgrund des
jungen Alters der betroffenen Kinder nicht möglich war, zum anderen wenn sich die Situation zwischen den Eltern
entspannt - einem Umstand, der vom Beschwerdeführer selbst beurteilt werden kann.
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bb) Die Gestaltung des Verfahrens durch die Fachgerichte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Fachgerichte haben alle notwendigen Ermittlungen durchgeführt, um über eine zuverlässige, am Kindeswohl orientierte
Entscheidungsgrundlage zu verfügen. Insbesondere haben die Gerichte die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin und
des Jugendamts eingeholt. Das Amtsgericht hat außerdem das Kind, die Eltern und die Verfahrensbeiständin persönlich
angehört.
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(1) Vorliegend bedurfte es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil alle maßgeblichen Umstände bereits
im vorangegangenen Verfahren gutachterlich festgestellt worden sind. Da sich die Rahmenbedingungen seit der
Begutachtung nicht verbessert haben, sondern sich die Ablehnungshaltung des Mädchens aufgrund des anhaltenden
Elternkonflikts sogar verschärft hat, ist nicht ersichtlich, weshalb die Feststellungen des Sachverständigen nunmehr
unzutreffend sein könnten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die im vorangegangenen Verfahren vom
Sachverständigen für den Fall des fortgesetzten Elternkonflikts prognostizierte Verstärkung der Ablehnungshaltung des
Kindes tatsächlich eingetreten ist. Bereits in diesem Verfahren hatte der Sachverständige festgestellt, dass durch eine
Exploration des Kindes nichts an der Hauptproblematik geändert werden könne, weil diese im Verhalten ihrer Eltern liege.
Dass die Fachgerichte sich von der erneuten Begutachtung des Kindes keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn versprachen,
ist daher nicht zu beanstanden. Eine erneute Begutachtung stünde außerdem außer Verhältnis zu den hiermit verbundenen
und bereits im vorangegangenen Verfahren gutachterlich festgestellten Belastungen des Kindes. Nach den Feststellungen
des Sachverständigen im vorangegangenen Verfahren wäre eine weitere Begutachtung schließlich auch schädlich in Bezug
auf das vom Beschwerdeführer verfolgte Ziel einer Annäherung an seine Tochter.
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Ungeachtet der Ausführungen des Sachverständigen, der bereits im vorangegangenen Verfahren festgestellt hatte, dass
das Kind reif genug sei, die Entscheidung gegen den Vater bewusst zu treffen und deren Tragweite und Konsequenzen zu
ermessen, hat sich das Amtsgericht durch die persönliche Anhörung des Kindes auch selbst den notwendigen Eindruck von
seinem Reifegrad verschafft. Aufgrund dieses Eindrucks ist es zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, dass
es die notwendige Reife für die Beurteilung der Tragweite eines unbefristeten Umgangsausschlusses besitzt.
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Schließlich haben sich auch das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin dafür ausgesprochen, den Willen des Kindes zu
respektieren.
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(2) Das Oberlandesgericht war verfassungsrechtlich nicht gehalten, einen Anhörungstermin durchzuführen, da das
Amtsgericht bereits alle notwendigen Ermittlungen durchgeführt hat und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist,
welchen weiteren Erkenntnisgewinn die erneute mündliche Anhörung der Beteiligten im Beschwerdeverfahren hätte haben
können.
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2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Eichberger
Britz