Urteil des BVerfG vom 29.03.2002

BVerfG: verfassungsbeschwerde, willkür, rechtsschutzinteresse, rechtswidrigkeit, wiederholungsgefahr, freiheitsentziehung, pauschal, grundrechtseingriff, presse, bibliothek

Entscheidungen
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 292/00 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn W...
gegen
a)
den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. Januar 2000 - Ws 1484/99
-,
b)
den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 26. Oktober 1999 - StVK 142/94
(54) -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Präsidentin Limbach
und die Richter Hassemer,
Mellinghoff
gemäß § 93c in Verbindung mit §§ 93a, 93b BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993
(BGBl I S. 1473) am 29. März 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
1
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2
BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde ist durch Wegfall des für jede Verfassungsbeschwerde
vorauszusetzenden Rechtsschutzinteresses (vgl. BVerfGE 9, 89 <92>; 50, 244 <247 f.>; 53, 152 <157 f.>)
unzulässig geworden.
2
War zunächst ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden, so ist die Frage, wie sich eine Änderung der Sachlage auf die
anhängige Verfassungsbeschwerde auswirkt, im Einzelfall unter Berücksichtigung der Art des angegriffenen
Hoheitsakts,
der
Bedeutung
der
Grundrechtsverletzung
und
der
Zwecksetzung
des
Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. BVerfGE 6, 389 <442 f.>; 50, 244 <248>). Auch wenn das
mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren als erledigt zu betrachten ist, kann ausnahmsweise ein
Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sein (vgl. BVerfGE 50, 244 <248>). Dies gilt etwa dann, wenn weiterhin eine
beeinträchtigende Wirkung besteht (vgl. BVerfGE 33, 247 <257 f.>) oder wenn es um einen gewichtigen
Grundrechtseingriff geht, wie etwa eine Freiheitsentziehung (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 -, in JURIS veröffentlicht). Das
bloße Kosteninteresse reicht hingegen nicht aus (vgl. BVerfGE 39, 276 <292>; 50, 244 <248>).
3
Nach diesen Grundsätzen ist das Rechtsschutzinteresse entfallen. Der Beschwerdeführer hat das begehrte Buch
erlangt, und er hält sich in einer anderen Justizvollzugsanstalt auf. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen können
nicht mehr aufgehoben werden (vgl. BVerfGE 9, 89 <93>). Ein berechtigtes Interesse des Beschwerdeführers an der
Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit besteht nicht; er trägt dazu auch nach dem Hinweis im Berichterstatterschreiben
vom 27. Februar 2002 nichts vor. Willkür in den angegriffenen Entscheidungen, die ausführlich begründet worden
waren, ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer behauptet Willkür in der landgerichtlichen Entscheidung nur
pauschal; warum die Prozessentscheidung des Oberlandesgerichts Grundrechte verletzen soll, ist nicht substantiiert
dargelegt worden (vgl. BVerfGE 89, 315 <321>). Diskriminierende Wirkung geht von der anfänglichen
Ablehnungsentscheidung der Justizvollzugsanstalt Straubing jedenfalls jetzt nicht mehr aus. Wiederholungsgefahr
besteht zumindest nach der Verlegung des Beschwerdeführers in eine andere Justizvollzugsanstalt nicht mehr.
4
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach
Hassemer
Mellinghoff