Urteil des BSG vom 16.05.2018

Vertragsärztliche Versorgung - Berufsausübungsgemeinschaft - Ermittlung des Zuschlags zum Regelleistungsvolumen in den Jahren 2009 und 2010 - Ermächtigung eines Praxispartners zur gerichtlichen Geltendmachung von Honorarforderungen der Gemeinschaft bzw Ge

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 16.5.2018, B 6 KA 15/17
R
ECLI:DE:BSG:2018:160518UB6KA1517R0
Vertragsärztliche Versorgung -
Berufsausübungsgemeinschaft - Ermittlung des Zuschlags
zum Regelleistungsvolumen in den Jahren 2009 und 2010 -
Ermächtigung eines Praxispartners zur gerichtlichen
Geltendmachung von Honorarforderungen der Gemeinschaft
bzw Gesellschaft im eigenen Namen
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 13. April 2016
wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
1 Der Kläger macht gegenüber der beklagten Kassenärztlichen
Vereinigung (KÄV) die Zuerkennung eines höheren
Regelleistungsvolumens (RLV) für eine
Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in den Quartalen IV/2009 und
I/2010 geltend.
2
Der im Bezirk der beklagten KÄV als Facharzt für Urologie zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger war ab dem
1.10.2009 als dritter Arzt in einer ursprünglich aus zwei Fachärzten
für Urologie bestehenden BAG tätig. In den Quartalen IV/2009 und
I/2010 erhöhte die Beklagte das RLV der BAG allein bezogen auf
die Anteile am RLV, die auf die beiden bereits vor dem 1.10.2009 in
der BAG tätigen Ärzte entfielen, um 10 vH (sog BAG-Zuschlag). Den
Antrag des Klägers, auch seine Zugehörigkeit zur BAG bei der
Ermittlung des zehnprozentigen Zuschlags zu berücksichtigen,
lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass dieser in den für
die Berechnung des RLV maßgebenden Vorjahresquartalen noch in
Einzelpraxis tätig gewesen sei. Für ihn bestehe deshalb nicht der
Nachteil, der mit der Gewährung eines BAG-Zuschlags
ausgeglichen werden solle, nämlich dass die von mehreren
ärztlichen Mitgliedern gleichzeitig betreuten Patienten nur einmal in
die Berechnung des RLV einfließen könnten
(Bescheide vom 29.9.2009 und vom 18.12.2009). Den hiergegen
eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück
(Widerspruchsbescheid vom 24.3.2010).
3
Die dagegen erhobene Klage wies das SG mit der Begründung ab,
dass der BAG-Zuschlag nach den einschlägigen Bestimmungen nur
zu gewähren sei, wenn der jeweilige Arzt auch schon in dem für die
Ermittlung des RLV maßgebenden Vorjahresquartal in einer BAG
tätig gewesen sei (Urteil vom 21.11.2012). Dies ergebe sich zwar
nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmungen, die eine
solche Einschränkung nicht enthielten. Nach Auffassung der
Kammer würden sich jedoch nicht zu rechtfertigende Widersprüche
ergeben, wenn die Gewährung des Zuschlags nicht an die
Zugehörigkeit zu einer BAG im Aufsatzquartal anknüpfen würde.
Ohne die Zuschlagsgewährung würde sich für BAGen ein Nachteil
bei der Berechnung des RLV dadurch ergeben, dass bei der BAG
innerhalb eines Behandlungsfalles eine Behandlung auch durch
mehrere Ärzte erfolgen könne und dieser erhöhte
Behandlungsaufwand bei der Berechnung des RLV keinen
Niederschlag finde. Wenn man auch denjenigen Ärzten einen
Zuschlag auf ihr RLV gewähren würde, die im Aufsatzquartal noch in
Einzelpraxis tätig gewesen seien, würden diese keinen Ausgleich
erhalten, sondern sie würden über die Gewährung des Zuschlags
sowohl gegenüber Ärzten, die weiterhin in Einzelpraxis tätig seien,
als auch gegenüber Ärzten, die bereits im Aufsatzquartal in einer
BAG praktiziert hätten, ohne sachliche Rechtfertigung bevorzugt.
4 Auf die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das LSG
Niedersachsen-Bremen das Urteil des SG sowie die angefochtenen
Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "das
Regelleistungsvolumen des Klägers in den Quartalen IV/2009 und
I/2010 um einen Zuschlag iHv 10 vH zu erhöhen"
(Urteil vom 13.4.2016). Der Kläger sei prozessführungsbefugt.
Maßgebend dafür sei, dass die beklagte KÄV den BAG-Zuschlag in
Niedersachsen nicht auf das praxis-, sondern auf das arztbezogene
RLV berechnet habe. Daher sei durch die Entscheidung der
Beklagten unmittelbar auch nur der Kläger und nicht die BAG, der er
angehört habe, beschwert.
5
Die Klage sei auch begründet. Der Kläger habe einen Anspruch
darauf, dass sein RLV für die Quartale IV/2009 und I/2010 um den
BAG-Zuschlag erhöht werde. Nach dem Wortlaut der insoweit
maßgebenden Beschlüsse des (Erweiterten)
Bewertungsausschusses (BewA) sei bei einer fach- und
schwerpunktgleichen BAG das "praxisbezogene
Regelleistungsvolumen" (und nicht das arztbezogene RLV) um den
BAG-Zuschlag zu erhöhen. Die Höhe des auf die Arztpraxis
bezogenen RLV ergebe sich dabei aus der Addition der RLV aller
Ärzte, die in der Arztpraxis tätig seien. Der BAG-Zuschlag fließe in
die Berechnung des RLV erst ein, nachdem die zunächst
arztbezogen ermittelten RLV der aktuell in der BAG tätigen Ärzte
zusammengezählt worden seien. Erst ein nach diesen Vorgaben
berechnetes RLV werde von der KÄV "praxisbezogen" zugewiesen.
Dem Wortlaut der hier maßgebenden Beschlüsse des (E)BewA
lasse sich an keiner Stelle ein Hinweis darauf entnehmen, dass die
Zuschlagsregelung auf solche Ärzte beschränkt sei, die bereits im
Vorjahresquartal Mitglied einer BAG gewesen seien. Etwas anderes
lasse sich auch nicht aus Sinn und Zweck des BAG-Zuschlags
herleiten. Dieser Zuschlag sei ab dem 1.7.2009 "zur Förderung der
vertragsärztlichen Versorgung in Berufsausübungsgemeinschaften"
und nicht in erster Linie zum Ausgleich von sog
"Fallzählungsverlusten" geregelt worden. Unabhängig davon sei
davon auszugehen, dass es zumindest bei fachgleichen BAGen
allenfalls in Ausnahmefällen zu Fallzählungsverlusten bei der
Berechnung der RLV komme. Von der in den Beschlüssen des
EBewA eröffneten Möglichkeit, in Gesamtverträgen Anfangs- und
Übergangsregelungen für Neuzulassungen von Vertragsärzten und
die Umwandlung der Kooperationsform zu vereinbaren, hätten die
Gesamtvertragspartner bezogen auf die vorliegende Konstellation
keinen Gebrauch gemacht.
6 Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Entgegen der
Auffassung des LSG seien die in den streitbefangenen Quartalen
maßgeblichen Beschlüsse des BewA dahin auszulegen, dass der
Aufschlag auf das RLV mit Bezug auf die Zahl der im
Vorjahresquartal in der BAG tätigen Ärzte berechnet werde. Der
BAG-Zuschlag sei keine von der Gesamtkonzeption des jeweils
maßgeblichen Beschlusses des BewA losgelöste Besserstellung im
Sinne einer Bevorzugung der kooperativen Tätigkeit. Die
Berechnung des RLV baue auf der Tätigkeit des Arztes im
Vorjahresquartal auf. Dies müsse auch für den Zuschlag gelten.
7 Auch die Formulierung "Zuschläge" im Plural in Nr 5 der Anlage 2
des maßgebenden Beschlusses des BewA spreche für ihre
Auffassung. Nur in dem Fall, dass der Zuschlag derart ermittelt
werde, könnten sich mehrere Zuschläge auf das RLV - nämlich
entsprechend der Anzahl der Ärzte der BAG - ergeben. Diese
Auslegung werde durch die Systematik und die historische
Entwicklung gestützt. In dem Beschluss des EBewA aus seiner 7.
Sitzung vom 27./28.8.2008 werde zunächst kein BAG-Zuschlag für
das Quartal I/2009 geregelt. Wegen der Einführung der
Kennzeichnung der Abrechnung unter Angabe einer Arztnummer
erst zum Quartal III/2008 sei eine Übergangsregelung
aufgenommen worden, nach der zur Umsetzung des Arztbezugs für
aufgenommen worden, nach der zur Umsetzung des Arztbezugs für
das 1. und 2. Quartal 2009 auf die Arztfälle des 1. und 2. Quartals
2008 zurückzugreifen sei. Bezogen auf fachgleiche BAGen werde
näher bestimmt, dass die Zahl der Arztfälle der Zahl der
Behandlungsfälle dividiert durch die Anzahl der Ärzte der Arztpraxis
entspreche. Unter Bezugnahme auf diese Übergangsbestimmung
habe der BewA in seiner 164. Sitzung mit Beschluss vom
17.10.2008 geregelt, dass bei der Fallzählung im 1. Halbjahr 2008
für die Bildung des RLV in fachgleichen BAGen, Medizinische
Versorgungszentren (MVZ) und Praxen mit angestellten Ärzten ein
Aufschlag von 10 % in diese Rechnung einzustellen sei. Mithin sei
diese Aufschlagsregelung eingeführt worden, um Auswirkungen bei
der Fallzählung in fachgleichen BAGen zu kompensieren. Der BAG-
Zuschlag sei damit schon immer (auch) ein Nachteilsausgleich. Das
ergebe sich ebenfalls aus den Beschlüssen des BewA in seiner
180. Sitzung vom 20.4.2009 (DÄ 2009, A-942) und in seiner 199.
Sitzung vom 22.9.2009 (DÄ 2009, A-2103). Im Zusammenhang mit
der Einführung der lebenslangen Arztnummern sei eine geänderte
Fallzählung in Nr 2.3 Teil F des og BewA-Beschlusses eingeführt
worden. Danach führe die kooperative Tätigkeit von zwei Ärzten in
einer BAG bei der Behandlung eines Patienten im selben
Behandlungsfall zu einer geringeren RLV-relevanten
Behandlungsfallzahl des einzelnen Arztes. Diese kooperative
Behandlung sei jedoch seit den Änderungen durch das Gesetz zur
Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom
14.11.2003 (BGBl I 2190) politisch gewollt. Um einen Ausgleich zu
den in Einzelpraxis tätigen Ärzten herzustellen, bei denen weiterhin
die Arztfallzahl für das RLV relevant sei, seien die in Nr 1.2.4 des
BewA-Beschlusses der Höhe nach geregelten Zuschläge auf das
RLV eingeführt worden. Dabei stelle Nr 1.2.4 ausdrücklich einen
Bezug zu der ab dem Quartal I/2008 unter Vorbehalt eingeführten
Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschale her. Die Annahme
des LSG Niedersachsen, dass Fallzählungsverluste bei
fachgleichen BAGen im Verhältnis zu den in Einzelpraxis tätigen
Ärzten nicht bestehen würden, sei fehlerhaft.
8
Der Vorjahresbezug der Zuschlagsregelung werde durch den Inhalt
des Beschlusses bestätigt, den der BewA in seiner 245. Sitzung am
22.12.2010 (DÄ 2011, A-125) für die Zeit ab dem 1.7.2011 getroffen
habe. Danach hänge der Anspruch auf den Zuschlag bei
standortübergreifenden BAGen auch vom Kooperationsgrad ab.
Auch insoweit werde auf das Vorjahresquartal Bezug genommen.
Da das RLV in den hier maßgebenden Quartalen nach § 87b Abs 5
SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Wettbewerbsstärkungsgesetz ) spätestens vier
Wochen vor Beginn der Geltungsdauer habe zugewiesen werden
müssen, wäre die Regelung überhaupt nicht umsetzbar gewesen,
wenn für den Anspruch auf den Zuschlag die tatsächlichen
Verhältnisse in dem Quartal maßgebend wären, für das das Honorar
gezahlt werde. Der zehnprozentige Zuschlag zum RLV für BAGen
stelle eine Kompensation dafür dar, dass bestimmte Pauschalen
innerhalb der BAG nur einmal abgerechnet werden könnten,
während mehrere in Einzelpraxis tätige Ärzte die Pauschale
mehrfach abrechnen könnten.
9 Die Auffassung des LSG, nach der auch für BAG-Mitglieder, die in
dem für die Bemessung des RLV maßgebenden Vorjahresquartals
noch in Einzelpraxis tätig gewesen seien, ein BAG-Zuschlag zu
berechnen sei, sei mit Art 3 Abs 1 GG nicht vereinbar, weil diese
Ärzte gegenüber solchen, die weiterhin in Einzelpraxis tätig seien,
ungerechtfertigt bessergestellt würden.
10
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom
13.4.2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das
Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21.11. 2012
zurückzuweisen.
11
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
12
Die Revisionsklägerin hätte die Gewährung des BAG-Zuschlags auf
das RLV nicht auf die Mitglieder der BAG beschränken dürfen, die
bereits im Vorjahresquartal kooperativ tätig gewesen sind. Der
Zuschlag werde nach der maßgebenden Regelung in Teil F Nr 1.2.4
in der hier maßgebenden Fassung der Beschlüsse des BewA vom
20.4.2009 und vom 22.9.2009 auf das praxisbezogene RLV addiert
und nicht auf die im ersten Schritt ermittelten arztbezogenen RLV.
Die prospektive Ermittlung des RLV stehe dem nicht entgegen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten diene der Zuschlag nicht
allein dem Ausgleich von Fallzählungsverlusten, sondern auch der
Förderung der kooperativen Tätigkeit. Zudem sei das
Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es zumindest
bei fachgleichen BAGen allenfalls in Ausnahmefällen zu den von der
Beklagten angeführten Fallzählungsverlusten komme. Damit führe
die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsauffassung auch nicht
zu dem von der Beklagten bezeichneten Verstoß gegen den
Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG.
Entscheidungsgründe
13
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG
hat das klagabweisende Urteil des SG und die angefochtenen
Bescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben und diese
(sinngemäß) verurteilt, den Kläger bei der Berechnung des
zehnprozentigen Zuschlags zum RLV für die BAG, in der er tätig
war, zu berücksichtigen.
14
1. Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die
von dem Kläger persönlich und nicht von der BAG erhobene Klage
zulässig ist. Dies folgt entgegen der Auffassung des LSG allerdings
nicht bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte die
angefochtenen Bescheide, mit denen sie die Berücksichtigung des
Klägers bei der Berechnung des Zuschlags auf das RLV abgelehnt
hatte, an diesen persönlich gerichtet hat. Daraus könnte allein die
Zulässigkeit der Anfechtungsklage hergeleitet werden, nicht jedoch
die damit verbundene Verpflichtung der Beklagten zur Zuweisung
eines höheren RLV an die BAG. Die von dem Kläger als
(ehemaligem) Mitglied der BAG erhobene Anfechtungs- und
Verpflichtungsklage ist indes insgesamt zulässig, weil der Kläger
hier von der BAG ermächtigt worden ist, ihre Rechte im vorliegenden
Verfahren geltend zu machen.
15
Nach der Rechtsprechung des Senats ist jeder Partner einer BAG
berechtigt, eine gegen die BAG gerichtete Regressforderung auch
allein abzuwehren
(BSG Urteil vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr
26 RdNr 16)
. Der Senat hat das in erster Linie damit begründet, dass der
Praxispartner als Gesellschafter auch für die gegen die BAG
gerichteten Forderungen in eigener Person einzustehen hat
(vgl BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 =
SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 30)
. Auf die hier streitige Geltendmachung von Honorar ist diese
Rechtsprechung zwar nicht unmittelbar übertragbar, weil der
einzelne Arzt nicht ohne Weiteres berechtigt ist, die Zahlung des
gesamten Honorars der BAG an sich zu verlangen
(BGH Urteil vom 12.10.1987 - II ZR 21/87 - NJW 1988, 1585 = Juris
RdNr 12; zur Anwaltssozietät vgl BGH Urteil vom 20.6.1996 - IX ZR
248/95 - NJW 1996, 2859)
. Vielmehr steht der Honoraranspruch der BAG zu, die der KÄV wie
ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenübertritt
(BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - BSGE 121, 154 = SozR
4-2500 § 103 Nr 19, RdNr 14 mwN)
. Allerdings können die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR) zusammengeschlossenen Partner einer BAG einen
Praxispartner ermächtigen, die Rechte der BAG auch im
Praxispartner ermächtigen, die Rechte der BAG auch im
gerichtlichen Verfahren im eigenen Namen geltend zu machen. Eine
solche gewillkürte Prozessstandschaft wird nach der neueren
Rechtsprechung des BSG im sozialgerichtlichen Verfahren nicht
mehr generell ausgeschlossen
(vgl zB BSG Urteil vom 2.7.2013 - B 1 KR 18/12 R - BSGE 114, 36 =
SozR 4-2500 § 130a Nr 9, RdNr 10; vgl auch Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 11
mwN; aA noch BSG Urteil vom 29.4.1997 - 4 RA 98/95 - SozR 3-
8120 Kap VIII H III Nr 6 Nr 2 S 23 f).
Mit seiner Rechtsprechung, nach der die GbR, in der die Mitglieder
einer BAG zusammengeschlossen sind, formell zur Klagerhebung
berechtigt ist
(BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 45/03 R - SozR 4-1500 § 86 Nr
2 RdNr 8 = Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 29.11.2006 - B 6 KA
21/06 R - SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 12; vgl auch das Urteil des 3.
Senats des BSG vom 4.3.2004 - B 3 KR 12/03 R - SozR 4-5425 §
24 Nr 5 RdNr 12 = Juris RdNr 19)
, sodass es keiner Klagerhebung durch die einzelnen Gesellschafter
bedarf, hat sich der Senat an der Rechtsprechung des BGH
orientiert, nach der die GbR - obgleich sie nach §§ 705 ff BGB nicht
zu den juristischen Personen gehört - Rechtsfähigkeit besitzt, soweit
sie als Außengesellschaft durch Teilnahme am Rechtsverkehr
eigene Rechte und Pflichten begründet. Gleichzeitig geht der Senat
davon aus, dass die den Gesellschaftern einer GbR im Zivilprozess
grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, Rechte dieser GbR im Wege der
gewillkürten Prozessstandschaft gerichtlich geltend zu machen
(vgl BGH Urteil vom 20.6.1996 - IX ZR 248/95 - NJW 1996, 2859;
BGH Urteil vom 12.10.1987 - II ZR 21/87 - NJW 1988, 1585)
, auch den Mitgliedern einer BAG im sozialgerichtlichen Verfahren
zur Verfügung steht
(vgl bereits BSG Urteil vom 21.5.2003 - B 6 KA 33/02 R - MedR
2004, 172, Juris RdNr 17)
. Wenn - wie vorliegend - Honoraransprüche dieser BAG im Streit
stehen, bestehen auch keine Zweifel am Vorliegen des
erforderlichen eigenen Rechtsschutzinteresses des klagenden
Mitglieds der BAG.
16
2. Die Zulässigkeit der Klage wird nicht dadurch in Frage gestellt,
dass der Kläger (und die BAG, deren Mitglied er war) davon
abgesehen hat, auch gegen die nach der RLV-Festsetzung
ergangenen Honorarbescheide für die Quartale IV/2009 und I/2010
vorzugehen. Das Urteil vom 15.8.2012
(B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 1 RdNr 13 ff), mit dem der
Senat klargestellt hat, dass das rechtlich geschützte Interesse an
einer gesonderten Anfechtung der RLV-Zuweisung bei
Bestandskraft des Honorarbescheides entfällt, war zum Zeitpunkt
des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide noch nicht
ergangen. Daher ist hier von dem Erfordernis der Anfechtung der
Honorarbescheide unter dem Gesichtspunkt des
Vertrauensschutzes abzusehen
(vgl zuletzt BSG Urteil vom 24.1.2018 - B 6 KA 23/16 R -, zur
Veröffentlichung für SozR vorgesehen, RdNr 12).
17
3. In Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG ist die Klage
auch begründet. Der Kläger macht zu Recht geltend, dass der BAG-
Zuschlag nicht nur für die beiden Praxispartner zu berechnen war,
die bereits in den entsprechenden Quartalen des Vorjahres in der
BAG tätig waren, sondern dass er - als zum 1.10.2009
hinzugetretenes drittes Mitglied der BAG - bei der Berechnung hätte
berücksichtigt werden müssen. Für die Ermittlung des Zuschlags
kommt es auf die BAG in ihrer Zusammensetzung zum Zeitpunkt der
Leistungserbringung an. Die Erhöhung um 10 % bezieht sich also
auf das RLV, das der BAG als Ganzes zugeteilt wird. Eine
Reduzierung des Zuschlags in Fällen, in denen sich die
Zusammensetzung der BAG gegenüber dem entsprechenden
Quartal des Vorjahres verändert hat, ist nicht vorgesehen.
18
a) In den hier streitbefangenen Quartalen IV/2009 und I/2010
wurden die vertragsärztlichen Leistungen gemäß § 87b Abs 1 S 1
SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I, 378) abweichend
von § 85 SGB V von der KÄV auf der Grundlage der regional
geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs 2 SGB V
vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der
Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis waren gemäß § 87b Abs 2 S
1 SGB V aF arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen. Dabei
definierte § 87b Abs 2 S 2 SGB V aF ein RLV nach S 1 als die von
einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum
abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den
in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs 2 SGB V aF
enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen
zu vergüten ist. Abweichend von Abs 1 S 1 war die das RLV
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu
vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der
behandelten Versicherten konnte hiervon abgewichen werden
(§ 87b Abs 2 S 3 SGB V aF).
19
Der gemäß § 87b Abs 4 S 1 SGB V aF zur Bestimmung des
Verfahrens zur Berechnung und zur Anpassung der RLV nach §
87b Abs 2 und 3 SGB V aF berufene BewA hat - als EBewA - in
seiner Sitzung am 27./28.8.2008 unter Teil F einen entsprechenden
Beschluss gefasst (DÄ 2008, A-1988). Nach Teil F Nr 1.2.1 des
vorgenannten Beschlusses werden die RLV nach Maßgabe von Nr
2. und 3. sowie den Anlagen 1 und 2 zu Teil F für das jeweilige
Abrechnungsquartal ermittelt. Den Rechenweg für die Bestimmung
des arztindividuellen RLV hat der EBewA in der Anlage 2 zu Teil F
Nr 1. des Beschlusses vom 27./28.8.2008 (DÄ 2008, A-1995)
vorgegeben.
20
Danach ist zwischen der arztbezogenen Ermittlung des RLV
(Teil F Nr 1.2.2) und dessen praxisbezogener Zuweisung
(Nr 1.2.4 S 1) zu unterscheiden. Die von der Beklagten betonte
Anknüpfung an das entsprechende Quartal des Vorjahres bezieht
sich nach Teil F Anlage 2 Nr 4 und 5 allein auf die arztbezogene
Ermittlung des RLV. Maßgebend für die Ermittlung des RLV ist der
arztgruppenspezifische Fallwert und die Fallzahl des einzelnen
Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres. Vereinfacht
dargestellt ergibt sich die Höhe des RLV aus der Multiplikation der
Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal mit dem
arztgruppenspezifischen Fallwert
(vgl BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 6/13 R - SozR 4-2500 § 87
Nr 29 RdNr 20)
. Auch die von der Beklagten in der Revisionsbegründung
angesprochene Übergangsregelung in Anlage 2 Nr 7 des
Beschlusses des EBewA vom 27./28.8.2008 und die Änderung von
2.3 durch Beschluss des BewA in seiner 180. Sitzung vom
20.4.2009 betreffen die arztbezogene Ermittlung des RLV und nicht
die Zuweisung an die BAG. Das ergibt sich insbesondere aus der
Bezugnahme auf Nr 1.2.2
("Zur Umsetzung des Arztbezuges gemäß 1.2.2 …"),der die
arztbezogene Ermittlung des RLV zum Gegenstand hat.
21
Für die in einem zweiten Schritt vorzunehmende Ermittlung und
Zuweisung des RLV der gesamten BAG wird ein entsprechender
Vorjahresbezug dagegen nicht geregelt. Teil F Anlage 2 Nr 5 letzter
Satz in der hier maßgebenden Fassung der Beschlüsse des BewA
vom 20.4.2009 (180. Sitzung, mWv 1.7.2009) und vom 22.9.2009
(199. Sitzung, mWv 1.1.2010) bestimmt, dass sich das
praxisbezogene RLV aus der Addition der Regelleistungsvolumen je
Arzt ergibt. Die Zuweisung dieses RLV erfolgt nach Teil F Nr 1.2.4
ausdrücklich praxisbezogen. Dabei ergibt sich die Höhe des
Regelleistungsvolumens einer Arztpraxis aus der Addition der
Regelleistungsvolumen je Arzt, die in der Arztpraxis tätig sind.
22
Nach Teil F Nr 1.2.4 wird das nach Teil F Anlage 2 Nr 5 ermittelte
praxisbezogene RLV um 10 % erhöht. Die Erhöhung um 10 %
bezieht sich also ausdrücklich nicht auf das im ersten Schritt zu
ermittelnde arztbezogene RLV, sondern auf das RLV, das der
gesamten BAG zugewiesen wird. Für einen Vorjahresbezug dieser
Zuweisung und der im Zusammenhang damit geregelten Erhöhung
um 10 % gibt es im Wortlaut der Regelung keinen Hinweis. Das wird
im Übrigen auch vom SG, das die Klage abgewiesen hatte, nicht in
Zweifel gezogen. Ein Vorjahresbezug ergäbe bezogen auf die
Zuweisung des RLV auch keinen Sinn: Wenn sich eine BAG nach
dem für die Ermittlung des arztbezogenen RLV maßgebenden
Vorjahresquartal aufgelöst hat, dann können den einzelnen Ärzten
für das aktuelle Quartal der Leistungserbringung nur noch ihre
jeweiligen arztbezogenen RLV zugewiesen werden und nicht ein
gemeinsames RLV der BAG. Umgekehrt muss einer neu
gegründeten BAG, deren Mitglieder im Vorjahr noch in Einzelpraxis
tätig waren, ein gemeinsames RLV für die gesamte BAG
zugewiesen werden.
23
b) Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten gebieten
Sinn und Zweck der Regelungen zum BAG-Zuschlag keine von
Wortlaut und Systematik abweichende Auslegung.
24
aa) Der Beurteilung, nach der der BAG-Zuschlag allein für die
Mitglieder der BAG zu ermitteln sei, die bereits im Vorjahr in einer
BAG tätig waren, liegt die Annahme zugrunde, dass der Sinn der
Zuschlagsregelung für BAGen im Wesentlichen darin bestehe,
"Fallzählungsverluste" zu kompensieren. Weil für die Berechnung
des RLV die Fallzahlen aus dem entsprechenden Quartal des
Vorjahres maßgebend seien, würden diese Verluste bei einem Arzt,
der zuvor in Einzelpraxis tätig gewesen ist, im ersten Jahr seiner
Tätigkeit in der BAG nicht auftreten. Indes kann der Sinn der
Regelung zum BAG-Zuschlag nicht auf das Ziel des Ausgleichs
einer Benachteiligung der BAG in Form von Fallzählungsverlusten
beschränkt werden
(so auch bereits: Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 9.5.2017
- L 4 KA 93/14 - Juris RdNr 40 ff; ähnlich SG Marburg Urteil vom
26.10.2016 - S 12 KA 59/15 - Juris RdNr 46; SG Marburg Urteil vom
14.4.2010 - S 11 KA 512/09 - Juris RdNr 34, 36; anders dagegen
LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 24.11.2016 - L 24 KA 10/15 -
Juris RdNr 22; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 18.3.2016 - L 24
KA 22/15 - Juris RdNr 55, 57, insoweit aufgehoben durch das Urteil
des Senats vom heutigen Tage zum Az: - B 6 KA 17/17 R -; SG
Berlin Urteil vom 19.9.2012 - S 83 KA 399/11 - Juris RdNr 101 f)
.
25
Zur Zulässigkeit von Vergütungsbestimmungen zur Förderung von
Gemeinschaftspraxen und deren Zielsetzung hat der Senat bereits
im Zusammenhang mit Zuschlägen Stellung genommen, die für die
Zeit vom 1.7.1997 bis zum 30.6.2003 unter A I Teil B Nr 1.6 der
Allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) geregelt waren
(vgl BSG Beschluss vom 28.1.2004 - B 6 KA 112/03 B - Juris RdNr
11 f; BSG Beschluss vom 10.3.2004 - B 6 KA 129/03 B)
. Der damals geltende EBM-Ä sah unter Nr 5.1 in Teil I der
Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä eine Privilegierung von
fachgleichen Gemeinschaftspraxen in Gestalt eines
zehnprozentigen Zuschlags bei der Berechnung der Fallpunktzahl
vor. Nach der Neufassung des EBM-Ä zum 1.4.2005 durch
Beschluss des BewA vom 29.10.2004 erfolgte die Förderung von
Gemeinschaftspraxen im EBM-Ä nicht mehr durch einen
prozentualen Aufschlag, sondern nach Teil I Nr 5.1 der Allgemeinen
Bestimmungen des EBM-Ä für arztgruppen- und
schwerpunktgleiche Gemeinschaftspraxen durch einen Aufschlag
von 60 Punkten auf den Ordinationskomplex. Daran anknüpfend
enthielt Nr 3.2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses
vom 29.10.2004 zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß §
85 Abs 4 SGB V idF des GMG (DÄ 2004, A-3129) begünstigende
Regelungen für Gemeinschaftspraxen ua in Gestalt einer Erhöhung
der Fallpunktzahl für arztgruppen- und schwerpunktgleiche
Gemeinschaftspraxen um 130 Punkte. Für die im vorliegenden
Verfahren streitbefangenen Quartale IV/2009 und I/2010 bestimmt
Nr 5.1 S 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä in der ab
2009 geltenden Fassung, dass in arztgruppen- und
schwerpunktgleichen (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften oder
Arztpraxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe/desselben
Schwerpunktes ein Aufschlag in Höhe von 10 % auf die jeweiligen
Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen vorzunehmen ist.
Sowohl den vom 1.7.1997 bis zum 30.6.2003 geregelten
prozentualen Aufschlag auf das Praxisbudget für
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prozentualen Aufschlag auf das Praxisbudget für
Gemeinschaftspraxen
(BSG Beschluss vom 28.1.2004 - B 6 KA 112/03 B - Juris; vgl dazu
auch den Kammerbeschluss des BVerfG vom 8.6.2004 - 1 BvR
507/04 -)
als auch den ab 1.4.2005 geltenden, in Punkten bemessenen
Aufschlag auf den Ordinationskomplex
(BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 41/08 R - BSGE 106, 49 = SozR
4-2500 § 87 Nr 21)
hat der Senat mit der Erwägung gebilligt, dass die Privilegierung der
Gemeinschaftspraxen durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt
sei. Die Regelung trage dem Bemühen Rechnung, den
interkollegialen Aufwand bzw die Kosten für konsiliarische
Rücksprachen zwischen den Partnern einer Gemeinschaftspraxis
abzugelten
(vgl dazu auch die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 87
Abs 2a S 1 durch das GMG, BT-Drucks 15/1525 S 105)
. Außerdem hat der Senat ausdrücklich die damaligen Erwägungen
des BewA gebilligt, generell die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis zu fördern
(BSG Beschluss vom 28.1.2004 - B 6 KA 112/03 B - Juris RdNr 12;
BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 41/08 R - BSGE 106, 49 = SozR
4-2500 § 87 Nr 21, RdNr 15, 22)
. In der gesundheits- und versorgungspolitischen Diskussion würden
zahlreiche unterschiedliche Aspekte angeführt, unter denen die
kooperative Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als sinnvoll
angesehen werde. Das betreffe zB die bessere Auslastung von
teuren medizinischen Geräten im fachärztlichen Bereich und eine
bessere Realisierbarkeit von ambulanten Operationen sowie der
belegärztlichen Tätigkeit durch Gemeinschaftspraxen. Im Kontext
mit einer hausärztlichen Tätigkeit könne die Gemeinschaftspraxis
den Patienten Vorteile durch längere Öffnungszeiten der Praxis und
geringere Zeiten der Vertretung wegen Urlaubs oder wegen
Erkrankung des Praxisinhabers bieten. Auch unter dem Aspekt der
Gewinnung ärztlichen Nachwuchses gerade im hausärztlichen
Bereich werde in dem Angebot von Gemeinschaftspraxen und
BAGen ein Vorteil gesehen, weil diese eher als die Einzelpraxen die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Ärztinnen und Ärzte gerade
zu Beginn ihrer Niederlassung erleichtern könnten. Die Annahme
eines oftmals größeren Behandlungsspektrums auch in
eines oftmals größeren Behandlungsspektrums auch in
fachgebietsgleichen Gemeinschaftspraxen im Vergleich zu
Einzelpraxen sei mindestens plausibel
(BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 41/08 R - BSGE 106, 49 = SozR
4-2500 § 87 Nr 21, RdNr 18 ff)
. Jenseits des von der Rechtsprechung gebilligten Förderzwecks
hinsichtlich kooperativer Formen der Ausübung der
vertragsärztlichen Tätigkeit spielt bei der Regelung zum 10-%-
Aufschlag auf das RLV eine Rolle, dass bestimmte
Ordinationskomplexe und Pauschalen in einer
Berufsausübungsgemeinschaft nur einmal je Behandlungsfall der
gesamten Praxis abgerechnet werden können
(BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 4/13 R - SozR 4-2500 § 87b Nr
5 RdNr 13).
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Daraus wird deutlich, dass auch der im hier maßgebenden Zeitraum
geltende zehnprozentige BAG-Zuschlag auf das RLV keinesfalls auf
das Ziel reduziert werden kann, Fallzählungsverluste auszugleichen,
die in der BAG dadurch entstehen können, dass bestimmte
Pauschalen nur einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden
können. Diesen Aspekt hat der Senat zwar durchaus gesehen
(vgl BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 4/13 R - SozR 4-2500 §
87b Nr 5 RdNr 13; BSG Beschluss vom 28.1.2004 - B 6 KA 112/03
B - Juris RdNr 12)
. Die genannten Regelungen zur Privilegierung von BAGen hat er
aber jedenfalls nicht in erster Linie unter diesem Aspekt gebilligt,
sondern ist von einer darüber hinausgehenden Tendenz zur
Privilegierung der BAG durch die Normgeber ausgegangen und hat
diese ausdrücklich als sachlich gerechtfertigt angesehen.
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Vor diesem Hintergrund kann die zwischen den Beteiligten
umstrittene Frage dahingestellt bleiben, in welchem Umfang die von
der Beklagten in den Vordergrund gestellten Fallzählungsverluste
tatsächlich eintreten. Deren Umfang dürfte auch nur schwer zu
ermitteln sein. Jedenfalls kann nicht angenommen werden, dass die
sog Fallzählungsverluste stets genau dem Anteil entsprechen, mit
dem Patienten in einer fach- und schwerpunktgleichen BAG von
mehreren Mitgliedern der BAG behandelt werden. Wie oben
dargelegt, bietet die Behandlung in einer BAG für den Patienten
auch deshalb Vorteile, weil die Sprechzeiten durch die größere Zahl
von Ärzten erweitert werden können. Von den damit verbundenen
Vorteilen kann der Patient indes nur dann in vollem Umfang
profitieren, wenn er bereit ist, sich durch unterschiedliche Mitglieder
der BAG behandeln zu lassen. Patienten, die sich durch einen in
Einzelpraxis niedergelassenen Arzt behandeln lassen, haben diese
Möglichkeit von vornherein nicht, und es kann nicht angenommen
werden, dass die Zahl der Patienten, die den in Einzelpraxis
niedergelassenen Facharzt ausnahmsweise innerhalb eines
Quartals wechseln und dadurch neue Behandlungsfälle generieren,
mit der Zahl der Patienten übereinstimmt, die innerhalb eines
Quartals unterschiedliche Mitglieder einer BAG in Anspruch
nehmen. Auf die genaue Höhe eintretender Fallzählungsverluste
kommt es aber auch nicht an. Ausschlaggebend ist, dass die BAG-
Zuschläge ihre Rechtfertigung in erster Linie in dem Ziel der
Förderung der gemeinschaftlichen Berufsausübung von Ärzten
finden.
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Angesichts der dargestellten Zielsetzung des BAG-Zuschlags
erscheint die vom BewA getroffene Regelung, nach der das RLV
unabhängig davon um einen Zuschlag von 10 % erhöht wird, ob und
ggf mit welcher Mitgliederzahl die BAG im entsprechenden Quartal
des Vorjahres bestanden hat, sachgerecht und auch mit dem
allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG vereinbar.
30
bb) Darüber hinaus spricht der Umstand, dass der zehnprozentige
Zuschlag auf das RLV für fach- und schwerpunktgleiche
Gemeinschaftspraxen (Teil F Nr 1.2.4) an die im EBM-Ä geregelten
Aufschläge
(zehnprozentige Erhöhung der Versicherten-, Grund- oder
Konsiliarpauschale nach Nr 5.1 S 4 der Allgemeinen Bestimmungen)
anknüpft
(so bereits BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 4/13 R - SozR 4-
2500 § 87b Nr 5 RdNr 13)
, gegen eine Vorjahresanknüpfung beim RLV-Zuschlag. Wenn die
im EBM-Ä vorgesehenen Zuschläge keine Entsprechung in den
Bestimmungen zur Ermittlung des RLV gefunden hätten, könnten
diese nicht innerhalb des RLV mit den Preisen der Euro-
Gebührenordnung, sondern nur quotiert mit einem in der Regel sehr
viel niedrigeren Punktwert vergütet werden. Damit gewährleistet die
Erhöhung des RLV, dass der BAG die im EBM-Ä geregelten
Zuschläge auch tatsächlich zugute kommen.
31
Da es für die Zahlung der - für fachgleiche BAGen um 10 %
erhöhten - Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale auf die
Verhältnisse zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ankommt, ist es
naheliegend, dass auch für die damit korrespondierende Erhöhung
des RLV um ebenfalls 10 % auf die aktuellen Verhältnisse im
Quartal der Abrechnung und nicht auf diejenigen im entsprechenden
Quartal des Vorjahres abgestellt wird. Die von der Beklagten für
richtig gehaltene Auslegung würde dazu führen, dass Ärzte, die von
der Einzelpraxis in eine BAG wechseln, im ersten Jahr der Tätigkeit
in der BAG zwar Anspruch auf die Zuschläge auf die Versicherten-,
Grund- oder Konsiliarpauschale hätten, nicht jedoch auf die damit
korrespondierende Erhöhung des RLV. Umgekehrt würde ihnen
beim Austritt aus einer BAG im ersten Jahr der Tätigkeit in
Einzelpraxis ein Zuschlag auf das RLV gewährt, obwohl sie keine
erhöhte Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale mehr
erhalten.
32
cc) Der Senat braucht hier nicht darüber zu entscheiden, ob die
Gesamtvertragspartner durch Teil F Nr 3.5 des Beschlusses des
EBewA vom 27./28.8.2008 ermächtigt worden sind, abweichende
Regelungen zur Ermittlung des RLV für den Fall des Eintritts in eine
oder des Austritts aus einer BAG zu treffen. Mit der genannten
Vorschrift wird den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit
eingeräumt, Anfangs- und Übergangsregelungen für
Neuzulassungen von Vertragsärzten und Umwandlung der
Kooperationsform zu treffen. Die Gesamtvertragspartner in
Niedersachsen haben keine Übergangsreglungen getroffen, die sich
auf die Berechnung des BAG-Zuschlags beziehen. An die
entsprechende Auslegung des Landesrechts durch das LSG, gegen
die sich im Übrigen auch keiner der Beteiligten gewandt hat, ist der
Senat nach § 162 SGG gebunden. Die unter Teil A Nr 4 von den
Gesamtvertragspartnern in der "Vereinbarung zur Umsetzung der
Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses zur
Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009" bzw "…
im Jahr 2010" für den Bezirk der Beklagten getroffenen Regelungen
zur Ausfüllung der ihnen durch Teil F Nr 3.5 des og Beschlusses
des BewA eingeräumten Spielräume beschränken sich insoweit auf
Anfängerregelungen zur Höhe des RLV für Neupraxen in den ersten
fünf Jahren ihres Bestehens.
33
dd) Der vom BewA getroffenen Regelung zum BAG-Zuschlag steht
auch nicht der Umstand entgegen, dass das RLV nach § 87b Abs 5
SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG vor
Beginn des Geltungszeitraums zuzuweisen war. Zwar trifft es zu,
dass sich die für die Bemessung des RLV maßgebenden Umstände
nach dem Zeitpunkt der Zuweisung ändern können. Das betrifft
indes nicht allein die Voraussetzungen für den Zuschlag zum RLV,
sondern gilt in gleicher Weise für eine Änderung der Zahl der
Mitglieder einer BAG und deren Bestand als Ganzes. Einer nach der
RLV-Zuweisung eintretenden Änderung der Verhältnisse kann die
Beklagte durch eine Änderung der RLV-Festsetzung jedenfalls mit
Wirkung für die Zukunft Rechnung tragen
(vgl dazu BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 7/17 R - SozR 4-2500 §
87b Nr 12 RdNr 70, 73)
.
34
ee) Ferner kann sich die Beklagte mit ihrer Auffassung nicht auf die
Verwendung des Begriffs der "Zuschläge" im Plural in Teil F Nr 5 der
Anlage 2 stützen. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass der
Zuschlag je Arzt und nicht je BAG zu berechnen sei. Die von der
Beklagten in Bezug genommene Regelung hat folgenden Wortlaut:
"Das praxisbezogene Regelleistungsvolumen ergibt sich gemäß
1.2.4 aus der Addition der Regelleistungsvolumen je Arzt, die in der
Arztpraxis tätig sind sowie der entsprechenden Zuschläge für
Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinischen
Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten." Die
Verwendung des Plurals ergibt sich danach zwanglos aus dem
Umstand, dass auch die Ärzte, die BAGen und die MVZ im Plural
("Zuschläge für Berufsausübungsgemeinschaften …")angesprochen
werden.
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ff) Aus den zum 1.7.2011 eingeführten Regelungen zum BAG-
Zuschlag in fach- und schwerpunktübergreifenden BAGen
(Beschluss des BewA nach § 87 Abs 1 S 1 SGB V in seiner 245.
Sitzung am 22.12.2010 zur Neuregelung der Zuschläge für die
Erbringung von ärztlichen Leistungen in
Berufsausübungsgemeinschaften)
kann die Beklagte schon deshalb nichts zur Stützung ihrer
Auffassung herleiten, weil hier die Zuschläge einer fachgleichen
BAG im Streit stehen, die sich zudem auf die Quartale IV/2009 und
I/2010 und damit nicht auf den Geltungszeitraum der in der 245.
Sitzung des BewA beschlossenen Regelung beziehen.
Entsprechendes gilt für die von der Beklagten in Bezug genommene
Übergangsregelung in Teil B Nr 1 des Beschlusses des BewA vom
17.10.2008 (164. Sitzung), die sich auf die ersten beiden Quartale
des Jahres 2009 bezieht. Auch wenn der Beklagten zuzugestehen
ist, dass in der Regelung das Wort "Fallzählung" im Zusammenhang
mit der Erhöhung des RLV um 10 % verwendet wird, vermag der
Senat der Formulierung nicht zu entnehmen, dass andere Zwecke
ausgeschlossen sind. Für die hier streitbefangenen Quartale
bestimmt Teil F Nr 1.2.4 in der Fassung der Beschlüsse des BewA
vom 20.4.2009 (180. Sitzung) und vom 22.9.2009 (199. Sitzung),
dass das RLV "zur Förderung der vertragsärztlichen Versorgung in
Berufsausübungsgemeinschaften" erhöht wird. Diese Formulierung
weist jedenfalls nicht auf einen unmittelbaren Zusammenhang des
Zuschlags mit Fallzählungsverlusten hin.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG
iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach
hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels
zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).