Urteil des BSG vom 15.03.2018
Krankenversicherung - Hilfsmittelversorgung - Inkontinenzmaterial - keine Freistellung von den Entsorgungskosten
BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 15.3.2018, B 3 KR 4/17 R
ECLI:DE:BSG:2018:150318UB3KR417R0
Krankenversicherung - Hilfsmittelversorgung -
Inkontinenzmaterial - keine Freistellung von den
Entsorgungskosten
Leitsätze
Versicherte, die von ihrer Krankenkasse mit Inkontinenzmaterial
versorgt werden, können nicht auch die Freistellung von den
Kosten für dessen Entsorgung beanspruchen.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Schleswig-
Holsteinischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2016 wird
zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Erstattung bzw Übernahme von
Kosten für die Entsorgung von Inkontinenzmaterial.
2
Die beklagte Krankenkasse versorgt den bei ihr versicherten Kläger
ua mit Inkontinenzmaterial. Am 27.12.2012 beantragte er die
Übernahme der Mehrkosten für die Entsorgung dieser Materialien und
machte geltend, diese Kosten fielen bei bestimmungsgemäßem
Gebrauch an - ähnlich wie Stromkosten für einen Elektrorollstuhl-Akku
- und seien seiner Ansicht nach von der Hilfsmittelversorgung mit
umfasst. Er benötige für die Entsorgung eine 120-Liter-Restmülltonne
mit 14-tägiger Leerung anstelle der für seinen Haushalt sonst
ausreichenden 40-Liter-Mülltonne (Kosten 8 Euro monatlich statt 3
Euro monatlich).
3
Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme ab, da die Versorgung
mit Hilfsmitteln deren Entsorgung nicht mit umfasse; die Entsorgung
unterliege der Eigenverantwortung des Versicherten
(Bescheide vom 14.1. und 1.7.2013; Widerspruchsbescheid vom
4.12.2013)
.
4
Das dagegen angerufene SG hat die Klage abgewiesen, da es keine
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf sämtliche mit der
Hilfsmittelversorgung verbundenen Kosten gebe. Lediglich die
Versorgung mit dem Hilfsmittel selbst, nicht aber auch dessen
Entsorgung könne in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
beansprucht werden (Urteil vom 12.5.2016).
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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Versicherte
hätten bezüglich der Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 Abs 1 S 4
SGB V zwar auch Anspruch auf die notwendige Änderung,
Instandsetzung und Ersatzbeschaffung, die Ausbildung in ihrem
Gebrauch und die zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der
technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und Kontrollen. Nach
dem Wortlaut dieser Vorschrift seien dagegen Kosten der
"Entsorgung" nicht vom Begriff der "Versorgung" erfasst. Es gehe dort
stets nur um den "bestimmungsmäßigen Gebrauch". Dass mit dem
Gebrauch der Inkontinenzmaterialien auch Entsorgungskosten
verbunden seien, führe nicht zu einem Anspruch auf deren
Erstattung. § 27 SGB V lege - anders als die Vorgängervorschrift des
§ 182 Abs 1 Nr 1 RVO - den Leistungskatalog der GKV abschließend
fest; dort nicht erfasste Maßnahmen würden der Eigenverantwortung
des Versicherten nach § 2 Abs 1 S 1 SGB V zugerechnet. Eine
Krankenkasse müsse nicht für alles aufkommen, was die Gesundheit
fördere und mit der Behandlung im Zusammenhang stehe
(Beschluss vom 19.10.2016).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 33 SGB V,
dessen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen er als erfüllt ansieht.
Der Leistungsanspruch umfasse auch Nebenleistungen der
Hilfsmittelversorgung im Rahmen des bestimmungsmäßigen
Gebrauchs, zB notwendiges Zubehör und hilfsmittelnahe
Dienstleistungen. Der Gesetzgeber habe in diesem Sinne eine
umfassende Versorgung des Leistungsberechtigten sicherstellen
wollen. Hier beinhalte die Versorgung mit dem für einen einmaligen
Einsatz zum Ausgleich der Behinderung vorgesehenen Hilfsmittel
"Inkontinenzmaterial" als unmittelbare "logische Folge" der
Versorgung auch die Entsorgung über den Hausmüll. Die Versorgung
sei insoweit vergleichbar mit den auch von der Leistungspflicht
umfassten Betriebs- und Energiekosten als Folgekosten des
konkreten Hilfsmittels (zB Strom für den Elektrorollstuhl; Versorgung
eines Blindenführhundes). Eine gegenteilige Sichtweise empfinde er
(der Kläger) demgegenüber als ungerechtfertigte
Ungleichbehandlung.
7
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts
vom 19. Oktober 2016 und das Urteil des Sozialgerichts Schleswig
vom 12. Mai 2016 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung
ihrer Bescheide vom 14. Januar und 1. Juli 2013 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2013 zu verurteilen, ihm
seit 27. Dezember 2012 die für die Bestellung einer größeren
Mülltonne anfallenden Zusatzkosten von jährlich 60 Euro zu erstatten
und ihn künftig von diesen Kosten freizustellen,
hilfsweise,
den Beschluss des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält den Beschluss des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
10
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
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Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass der Kläger auf
seinen im Dezember 2012 hin gestellten Antrag von der beklagten
Krankenkasse die Übernahme von Entsorgungskosten für das ihm
gewährte Inkontinenzmaterial nicht beanspruchen kann, weil eine
Rechtsgrundlage dafür nicht existiert.
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1. Gemäß § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 iVm S 1 SGB V
(= Ursprungsfassung des Gesetzes zur Strukturreform im
Gesundheitswesen vom
20.12.1988, BGBl I 2477)
umfasst der Anspruch Versicherter auf Krankenbehandlung ua die
"Versorgung mit Hilfsmitteln". § 33 Abs 1 S 1 SGB V
(hier anzuwenden idF des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190)
bestimmt dazu näher, dass Versicherte Anspruch auf Versorgung
mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen
Hilfsmitteln haben, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg
der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung
vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die
Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des
täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V
ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 S 4 SGB V
(idF des Gesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) umfasst der
Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und
Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem
Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor
unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem
Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der
technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen
Kontrollen.
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Zwar ist der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf
Versorgung mit Inkontinenzmaterial als Hilfsmittel dem Grunde nach
zwischen den Beteiligten zu Recht außer Streit; insbesondere
handelt es sich dabei in Bezug auf Erwachsene nicht um
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens
(stRspr zur Hilfsmitteleigenschaft von Einmalwindeln bei
Erwachsenen vgl bereits BSG SozR 2200 § 182b Nr 24; BSGE 66,
245 = SozR 3-2500 § 33 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 S 129 f;
vgl ebenso aus Sicht des SGB XII, die Leistungspflicht der GKV
betonend BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 13/14 R, juris RdNr-
21)
. Aus den vorgenannten Regelungen ergibt sich indessen nach
Wortlaut (dazu 2.), Gesetzessystematik (dazu 3.),
Entstehungsgeschichte (4.) sowie nach Sinn und Zweck unter
Berücksichtigung der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des
Senats (5.) kein Anspruch des Klägers auf die Beteiligung der
Beklagten an der Entsorgung des Inkontinenzmaterials
(ebenso - Bezug nehmend auf das hier angefochtene Urteil des
LSG - Beck/Pitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, §
33 RdNr 97.1, aktualisiert am 4.1.2017)
.
14
2. Schon nach dem Wortlaut von § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 und § 33 Abs
1 S 1 SGB V umfasst der Anspruch Versicherter auf
Krankenbehandlung nur die "Versorgung" mit Hilfsmitteln, während
im Gesetzestext von einer "Entsorgung" von (benutzten bzw nicht
mehr funktionsfähigen) Hilfsmitteln nicht die Rede ist.
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3. Nach der in § 33 Abs 1 SGB V zum Ausdruck kommenden
Gesetzessystematik kann ebenfalls nicht angenommen werden,
dass der Anspruch Versicherter der GKV auf Versorgung mit
Hilfsmitteln auch die Entsorgung nicht mehr gebrauchsfähiger
Hilfsmittel umfasst. Zwar spricht § 33 Abs 1 S 4 SGB V in der oa
Fassung auch einzelne Nebenleistungen der Versorgung mit dem
von der Krankenkasse zur Verfügung zu stellenden Hilfsmittel an
und unterstellt diese gleichermaßen der Leistungspflicht. Darin
werden jedoch nur "auch die notwendige Änderung, Instandsetzung
und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem
Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor
unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem
Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der
technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen
Kontrollen" hervorgehoben. Diese Regelung ist auch nicht etwa so
gefasst, dass angenommen werden könnte, hiermit werde - etwa
nach der Art bloßer "Regelbeispiele" - kein abschließender
Leistungskatalog umschrieben. Im Übrigen gewährt auch das
Rehabilitations- bzw Teilhaberecht nicht die vom Kläger begehrten
Ansprüche; in den einschlägigen Regelungen ist vielmehr nur noch
von der notwendigen "Instandhaltung" die Rede
(vgl § 31 Abs 2 SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden bzw § 47
Abs 2 SGB IX in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung des Gesetzes
vom 17.7.2017, BGBl I 2541; s dazu auch - allerdings bereits die
Hilfsmitteleigenschaft verneinend - Senatsurteil vom 25.1.2017 - B 3
P 4/16 R, juris RdNr 14 ff
Türöffnungssystems>)
.
16
4. Das gleiche Ergebnis folgt aus der Entstehungsgeschichte der
Regelungen des SGB V über die Hilfsmittelversorgung. So heißt es
schon in der Begründung zum Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP zum GRG
(BT-Drucks 11/2237, S 170 Zu § 27 - Krankenbehandlung), dass mit
Einführung des SGB V in Abkehr zu der den Leistungskatalog der
GKV allgemein betreffenden Vorgängerregelung des bis 31.12.1988
geltenden § 182 Abs 1 Nr 1 RVO, das Wort "insbesondere" bewusst
wegfallen und der Leistungsinhalt "jetzt abschließend beschrieben"
werden sollte
(dazu auch Fahlbusch in Schlegel/Voelzke, aaO, § 27 RdNr 71 mwN
in Fn 158)
. Ob allein daraus allerdings - mit dem LSG
(im Anschluss an Rechtsprechung des 1. Senats des BSG, BSGE
81, 245, 248 = SozR 3-2500 § 28 Nr 3 S 10) -
ohne den jeweiligen Sicherungszweck des SGB V in den Blick zu
nehmen, auch entnommen werden kann, von der Aufzählung in §
27 SGB V nicht erfasste Maßnahmen würden dadurch generell iS
von § 1 S 2, § 2 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB V der Eigenverantwortung
des Versicherten zugerechnet, muss vorliegend nicht weiter vertieft
werden
(anders etwa bezogen auf die Hörgeräteversorgung gegen die
generelle Begrenzung des GKV-Leistungskatalogs durch
Festbetragsregelungen BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2)
. Diese Auslegung steht jedenfalls in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des BVerfG, wonach es keinen übergesetzlichen
(verfassungsrechtlichen) Anspruch auf bestimmte Leistungen der
Krankenbehandlung bzw auf alles gibt, was an Mitteln zur Erhaltung
oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist
(BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27). Die
Auslegung steht darüber hinaus auch in Einklang mit § 31 SGB I,
wonach Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des
SGB nur begründet werden dürfen, soweit ein Gesetz es (positiv)
vorschreibt oder zulässt. An einer solchen, die Leistungspflicht der
Krankenkassen für die Entsorgung von Hilfsmitteln allgemein bzw
Inkontinenzmaterial im Besonderen ermöglichenden Regelung fehlt
es hier.
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Aus dem Umstand, dass der Wortlaut des neuen § 33 Abs 1 S 5
SGB V mit Wirkung zum 11.4.2017
(Gesetz vom 4.4.2017, BGBl I 778) durch das Gesetz zur Stärkung
der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und
Hilfsmittelversorgungsgesetz - HHVG) dahin gefasst wurde, dass
der Anspruch auf ein Hilfsmittel "auch zusätzlich zur Bereitstellung
des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die
notwendige Änderung ..." umfasst, folgt nichts anderes. Zwar wurde
der Wortlaut der Regelung damit nunmehr "offener" als zuvor im
Sinne beispielhafter Leistungen formuliert. Den Gesetzesmaterialien
dazu kann jedoch nicht entnommen werden, dass dadurch eine
Erweiterung des Leistungskatalogs bezogen auch auf die
Entsorgung von Hilfsmitteln erfolgen sollte. Vielmehr ging es insoweit
nur um "zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende
notwendige Leistungen" mit dem Ziel, eine redaktionelle
Angleichung an die Regelungen der Qualitätssicherung bei
Hilfsmitteln in § 139 Abs 2 S 3 SGB V herbeizuführen
(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum vorgenannten Gesetz,
BR-Drucks 490/16 S 22 Zu Nummer 2 <§ 33>)
. Unbeschadet dessen war im Falle des Klägers der
Streitgegenstand ohnehin grundsätzlich durch die zum Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz
(hier: 19.10.2016) geltende Sach- und Rechtslage begrenzt
(vgl dazu allgemein zB BSG SozR 4-3300 § 42 Nr 1 RdNr 14 mwN;
BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 29; Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 34
mwN).
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5. Auch aus einer teleologischen Auslegung von § 27 Abs 1 S 2 Nr 3
und § 33 Abs 1 SGB V lässt sich das vom Kläger befürwortete
Ergebnis nicht herleiten. Insbesondere tragen die von ihm
gezogenen Parallelen zu bereits ergangener Rechtsprechung des 3.
Senats des BSG zur Leistungspflicht der Krankenkassen für
"hilfsmittelbezogene Nebenleistungen im Rahmen des
bestimmungsgemäßen Gebrauchs" in Bezug auf die Entsorgung
von Inkontinenzmaterialien nicht. Allein ein typischer
Zusammenhang zwischen einer bestimmten Krankheit und dem
Auftreten eines Bedarfs bei deren Krankenbehandlung bzw beim
Behinderungsausgleich durch ein Hilfsmittel begründet noch keinen
Anspruch auf Kostenübernahme für sämtliche Nebenleistungen
durch die Krankenkasse. Ein derartiges allgemeines Prinzip liegt
den gesetzlichen Regelungen nicht zugrunde.
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a) Letzteres wird schon an verschiedenen Einzelregelungen aus
dem Hilfsmittelbereich deutlich: So sind nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V
allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der
Leistungspflicht ebenso ausgenommen wie nach § 34 Abs 4 SGB V
iVm einer Rechtsverordnung ausgeschlossene Hilfsmittel von nur
geringem bzw umstrittenem therapeutischen Nutzen oder von
geringem Abgabepreis; eine gesetzliche Rückausnahme ist insoweit
allerdings für Hörgerätebatterien für Versicherte vorgesehen, die das
18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 34 Abs 4 S 3 SGB V).
Speziell für - im vorliegenden Fall betroffene - "zum Verbrauch
bestimmte Hilfsmittel" enthält zudem § 33 Abs 8 S 3 Halbs 2 SGB V
eine spezielle, die Versicherten ab dem 18. Lebensjahr
begünstigende Regelung. Diese hat jedoch nicht die Leistungspflicht
für die Entsorgung solcher Hilfsmittel zum Gegenstand, sondern
begrenzt den Zuzahlungsbetrag für solche Hilfsmittel auf höchstens
10 Euro für den gesamten Monatsbedarf (anstelle eines nach
Maßgabe des § 33 Abs 8 S 1 iVm § 61 S 1 SGB V zu errechnenden
Zuzahlungsbetrags für jedes abgegebene Hilfsmittel).
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Dass in § 33 Abs 1 S 4 SGB V (Änderung, Instandsetzung,
Ersatzbeschaffung, Ausbildung im Gebrauch, Wartung) einzelne
Bedarfssituationen und Nebenleistungen in Bezug auf das Hilfsmittel
ausdrücklich als von der Leistungspflicht umfasst hervorgehoben
werden, andere hingegen nicht, spricht ebenfalls gegen die Existenz
des von der Klägerseite präferierten vermeintlich geltenden Prinzips.
In die gleiche Richtung geht es schließlich, wenn durch § 33 Abs 2 S
4 und Abs 3 S 4 SGB V wiederum einzelne Leistungen
(Brillengestelle, Kontaktlinsenpflegemittel) von der Leistungspflicht
explizit ausgeschlossen sind, obwohl sie sogar für eine
ordnungsgemäße Verwendung des Hilfsmittels benötigt werden.
21
b) Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit
Erfolg auf Rechtsprechung des 3. Senats des BSG berufen. Daraus
kann nicht etwa hergeleitet werden, dass die Versorgung mit dem für
einen einmaligen Einsatz zum Ausgleich der Behinderung
vorgesehenen Hilfsmittel "Inkontinenzmaterial" als unmittelbare
"logische Folge" auch die Entsorgung über den Hausmüll gebiete.
Zwar hat das BSG in seiner Rechtsprechung nicht nur das Hilfsmittel
als solches sowie Teile und Zubehörteile, die zu dem Gebrauch des
Hilfsmittels erforderlich sind, als vom Leistungsumfang des § 33 Abs
1 SGB V umfasst angesehen. Der Anspruch erstreckt sich vielmehr
grundsätzlich auf all dasjenige, was erforderlich ist, um dem
Versicherten den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Hilfsmittels
zu ermöglichen, zB auf die Erstausstattung eines Hörgerätes mit
Batterien
(vgl BSGE 46, 183 = SozR 2200 § 182b Nr 7; aus dem Bereich der
Sozialhilfe
BSGE 103, 171 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; abweichend im Bereich
der privaten Krankenversicherung BGH Beschluss vom 13.5.2009 -
IV ZR 217/08, juris)
, auf die Unterhaltskosten für einen Blindenführhund
(BSGE 51, 206, 209 = SozR 2200 § 182b Nr 19 S 53 f), die Kosten
der gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung für einen
Elektrorollstuhl (BSGSozR 3-2500 § 33 Nr 11)sowie Energiekosten
für das Wiederaufladen des Akkus eines Elektrorollstuhls
(BSGE 80, 93, Leitsatz und S 95 =
SozR 3-2500 § 33 Nr 24, Leitsatz und S 137 f; ebenso für den
Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung BSG SozR 4-2700 § 31
Nr 1; für das soziale Entschädigungsrecht BSG SozR 3-3100 § 11
Nr 6; vgl auch aus dem Bereich des Beamtenversorgungsrechts
BayVGH Beschluss vom 10.4.2008 - 3 B 04.86, juris
eines Treppenlifters>).
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Mit diesen Fällen ist die Entsorgung des verwendeten
Inkontinenzmaterials indessen schon vom Sachverhalt her
ersichtlich nicht vergleichbar, sodass sich der Kläger auch nicht zu
Recht auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber
dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung begünstigten
Personenkreis berufen kann. Denn in seinem Fall geht es nicht
darum, dass die Funktionsfähigkeit und der bestimmungsgemäße
Gebrauch des Hilfsmittels überhaupt erst (ähnlich wie durch den
Einsatz von elektrischer Energie oder die Einhaltung behördlicher
oder versicherungsrechtlicher Erfordernisse) hergestellt werden
müsste. Inkontinenzmaterial als solches ist vielmehr sogleich ohne
Weiteres nach der Entnahme aus der Verpackung für den zu
erfüllenden Zweck einsatzfähig. Dem Kläger geht es stattdessen
erfüllenden Zweck einsatzfähig. Dem Kläger geht es stattdessen
darum, von ihm geltend gemachte, erst nach dem
bestimmungsgemäßen Gebrauch eintretende Folge-Mehrkosten der
Versorgung von der beklagten Krankenkasse zu bekommen bzw
davon freigestellt zu werden. Er befindet sich damit der Sache nach
in der gleichen Situation wie jeder andere Versicherte, der ein ihm
von der Krankenkasse gewährtes, aber zB durch Abnutzung oder
Verschleiß funktionsunfähig gewordenes Hilfsmittel entsorgen muss.
Das Gesetz sieht aber nach seinem begrenzten Wortlaut nicht für
alle mit der Versorgung verbundenen Folgekosten einen Anspruch
des Versicherten vor. Die vorliegende Sachlage ist insoweit vielmehr
ähnlich derjenigen, dass eine krankheits- oder behinderungsbedingt
eingetretene Bedarfslage in zumutbarer Weise so zu bewältigen ist,
wie in ähnlichen Situationen im täglichen Leben von nicht
gesundheitlich beeinträchtigten Menschen. Dies ist letztlich auch der
Grund, weswegen in ähnlicher Weise die Leistungspflicht der GKV
explizit für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens
ausgeschlossen ist. Auch in krankheits- bzw
behinderungsunabhängigen Lebenslagen kann indessen bei vielen
Menschen - abhängig von den jeweiligen individuellen
Lebensverhältnissen - die Situation eintreten, dass
inkontinenzbedingte erhöhte Reinigungskosten oder zusätzliche
Entsorgungskosten anfallen (etwa bei Kleinkindern). Diese Kosten,
die der Kläger mit zusätzlich fünf Euro im Monat errechnet hat,
erscheinen nicht derart außergewöhnlich hoch, als dass es trotz des
weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers
aus Gründen des einfachen Rechts oder des Verfassungsrechts
geboten wäre, insoweit zwingend eine zusätzliche Leistungspflicht
von Sozialleistungsträgern im Bereich der GKV vorzusehen.
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6. Ein anderes Ergebnis folgt schließlich auch nicht aus der vom
Kläger in der mündlichen Verhandlung ergänzend angeführten UN-
Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Danach stellen die
Vertragsparteien Menschen mit Behinderungen ua nach Art 25 S 3
Buchst a UN-BRK eine unentgeltliche oder erschwingliche
Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben
Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung wie anderen
Menschen. Die Regelungen der UN-BRK sind allerdings keine
geeignete Rechtsgrundlage für konkrete über das Leistungsrecht
des SGB V und die darin geregelten Leistungsausschlüsse und -
begrenzungen hinausgehende Ansprüche gegen die
Leistungsträger der GKV
(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 40 RdNr 24; BSGE 110, 194 =
SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 18 ff).
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.