Urteil des BSG vom 20.03.2018

Landwirtschaftliche Unfallversicherung - Verletztenrente - mitarbeitender Familienangehöriger - Mindest-MdE-Höhe von 30 vH gem § 80a Abs 1 S 1 SGB 7 - Verfassungsmäßigkeit - Eigentumsgarantie - Schutzbereich - durch Eigenleistungen erworbene Anwartschaft

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 20.3.2018, B 2 U 11/17 R
ECLI:DE:BSG:2018:200318UB2U1117R0
Landwirtschaftliche Unfallversicherung - Verletztenrente -
mitarbeitender Familienangehöriger - Mindest-MdE-Höhe von
30 vH gem § 80a Abs 1 S 1 SGB 7 - Verfassungsmäßigkeit -
Eigentumsgarantie - Schutzbereich - durch Eigenleistungen
erworbene Anwartschaft - Gleichheitssatz - sachlicher Grund
- Beitragsstabilisierung und Haushaltskonsolidierung -
geringere Schutzwürdigkeit bei gesonderter Einbeziehung in
den Unfallversicherungsschutz - Wie-Beschäftigung -
Sonderbeziehung zum landwirtschaftlichen Unternehmer
Leitsätze
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der
Anspruch auf eine Verletztenrente eines nicht nur vorübergehend
mitarbeitenden versicherten Familienangehörigen eines
landwirtschaftlichen Unternehmers eine Minderung der
Erwerbsfähigkeit nicht nur von 20 vH, sondern von mindestens
30 vH voraussetzt.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen
Landessozialgerichts vom 22. November 2016 wird
zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand
1
Die Kläger ist der Schwager der Ehefrau eines landwirtschaftlichen
Unternehmers, sog Schwippschwager. Er wendet sich dagegen, dass
ihm wegen der Sonderregelung in § 80a Abs 1 S 1 SGB VII kein
Anspruch auf eine Verletztenrente zusteht, weil die gesundheitlichen
Folgen eines während seiner Mitarbeit in dem landwirtschaftlichen
Unternehmen erlittenen Arbeitsunfalls nur eine Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) unter 30 vH bedingen.
2
Der Kläger half regelmäßig, teilweise zwei- bis dreimal pro Woche, im
landwirtschaftlichen Unternehmen des Ehemanns der Schwester
seiner Ehefrau, seines Schwippschwagers, aus. Zu seinem
Schwippschwager bestand neben dieser familiären auch eine
freundschaftliche Beziehung. Der Kläger erlitt am 24.5.2008 einen
Unfall, als er mit einer Bandsäge Weidezaunpfähle anspitzte, die für
das landwirtschaftliche Unternehmen seines Schwippschwagers
bestimmt waren. Er verletzte sich an der linken Hand, weshalb später
der Mittelfinger des Klägers in Höhe des Grundgliedes amputiert
werden musste. Die Beklagte erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an.
Die Gewährung einer Verletztenrente lehnte sie ab, weil die
Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 30 vH gemindert sei und
abweichend von § 56 Abs 1 SGB VII § 80a SGB VII für nach § 2 Abs
1 Nr 5 Buchst b SGB VII versicherte, in landwirtschaftlichen
Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende
Familienangehörige ein Rentenanspruch eine MdE von 30 vH
voraussetze
(Bescheid vom 22.9.2009 und Widerspruchsbescheid vom
8.12.2010)
.
3
Das SG hat die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide verurteilt,
dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH ab dem
13.4.2009 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat
den Kläger als mitarbeitenden Ehegatten iS des § 2 Abs 1 Nr 5
Buchst a SGB VII angesehen und ausgeführt, die MdE betrage zwar
nur 20 vH, § 80a Abs 1 SGB VII verstoße jedoch gegen Art 3 Abs 1
GG, soweit diese Vorschrift für den Rentenanspruch - anders als
nach § 56 Abs 1 SGB VII - eine höhere MdE als 20 vH voraussetze.
Der Anwendungsbereich des § 80a Abs 1 SGB VII sei in
verfassungskonformer Auslegung auf die Fälle zu beschränken, in
denen der Lebensunterhalt des jeweils versicherten Verletzten allein
durch die versicherte landwirtschaftliche Tätigkeit gesichert werde
(Urteil vom 11.9.2012). Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben
und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Kläger habe zum Unfallzeitpunkt Sägearbeiten für das
landwirtschaftliche Unternehmen seines Schwippschwagers als nicht
nur vorübergehend mitarbeitender Familienangehöriger und damit
nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII Versicherter verrichtet. Die
unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage weniger als 30
vH, sodass gemäß § 80a SGB VII kein Rentenanspruch bestehe. §
80a Abs 1 S 1 SGB VII verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die
Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII trage dem
Umstand Rechnung, dass es in der Landwirtschaft selbstverständlich
sei, dass Familienmitglieder unentgeltlich mitarbeiten. Dieser
Personenkreis stehe deshalb unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung, wenn er nicht nur vorübergehend für das
landwirtschaftliche Unternehmen tätig werde. Seien in einem
landwirtschaftlichen Unternehmen Tätige dagegen Beschäftigten
nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs 2
SGB VII, werde ihnen weiterhin gemäß § 56 SGB VII eine
Verletztenrente bereits ab einer MdE in Höhe von 20 vH gewährt. Zu
diesen Versicherten gehöre der Kläger allerdings nicht
(Urteil vom 22.11.2016).
4
Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des Art 3 Abs 1
GG. Er werde als in einem landwirtschaftlichen Unternehmen nicht
nur vorübergehend mitarbeitender Familienangehöriger ohne
rechtfertigenden Grund schlechter gestellt als sonstige Versicherte.
Insbesondere könne die mit der Regelung des § 80a Abs 1 S 1 SGB
VII bezweckte finanzielle Entlastung der landwirtschaftlichen
Unternehmer die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.
5
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November
2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil
des Sozialgerichts Fulda vom 11. September 2012 zurückzuweisen.
6
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
8 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG
das der Klage teilweise stattgebende Urteil des SG aufgehoben und
die Klage im vollen Umfang abgewiesen. Der Bescheid der
Beklagten vom 22.9.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 8.12.2010 ist rechtmäßig, soweit die
Beklagte in ihm die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt hat.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente, weil bei
ihm die von § 80a Abs 1 S 1 SGB VII geforderte MdE von 30 vH
nicht vorliegt.
9
1. Zu entscheiden war im Revisionsverfahren über die
Rechtmäßigkeit der Verfügung in dem Bescheid vom 22.9.2010 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.12.2010, mit der die
Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt und die
der Kläger mit einer zulässigen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG)
angegriffen hat, sowie über den Anspruch des Klägers auf
Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH ab dem
13.4.2009, den er zulässig mit einer kombinierten Leistungsklage
(§ 54 Abs 4 SGG)verfolgt hat. Nicht mehr Gegenstand des
Revisionsverfahrens ist die Gewährung einer Verletztenrente nach
einer MdE von 30 vH, die der Kläger erstinstanzlich beantragt hatte.
Insoweit hat das SG die Klage rechtskräftig abgewiesen und der
Kläger im Berufungs- und Revisionsverfahren dieses Begehren nicht
mehr verfolgt.
10
2. Der Kläger hat gemäß § 80a Abs 1 S 1 SGB VII keinen Anspruch
auf Gewährung einer Verletztenrente, weil seine Erwerbsfähigkeit
infolge des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom
24.5.2008 nicht um wenigstens 30 vH gemindert ist. Anspruch auf
Verletztenrente haben gemäß § 56 Abs 1 S 1 SGB VII Versicherte,
deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26.
Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH
gemindert ist. Abweichend von § 56 Abs 1 S 1 SGB VII haben
gemäß der durch Art 1 Nr 7 des Gesetzes zur Modernisierung des
Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung
(LSVMG - vom 18.12.2007, BGBl I 2984)mit Wirkung zum 1.1.2008
geschaffenen Regelung des § 80a Abs 1 S 1 SGB VII Versicherte
nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a und b SGB VII nur Anspruch auf eine
Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls
über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um
wenigstens 30 vH gemindert ist. Gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a
und b SGB VII versichert sind Unternehmer eines
landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Betrieb
mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner (Buchst a)sowie die
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend
mitarbeitenden Familienangehörigen (Buchst b). § 80a SGB VII ist
auf Versicherungsfälle anzuwenden, die nach dem 31.12.2007
eingetreten sind (§ 221 Abs 2 SGB VII). Die für einen Anspruch auf
Verletztenrente erforderlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften
erfüllt der Kläger nicht.
11
Der Kläger hat zwar am 24.5.2008 einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs
1 SGB VII und damit einen Versicherungsfall erlitten. Dessen
gesundheitliche Folgen bedingten jedoch keine MdE von
wenigstens 30 vH. § 80a Abs 1 S 1 SGB VII schließt einen Anspruch
des Klägers auf Verletztenrente damit aus. Der Kläger gehörte zum
Unfallzeitpunkt als nicht nur vorübergehend mitarbeitender
Familienangehöriger zum Kreis der Versicherten gemäß § 2 Abs 1
Nr 5 Buchst b SGB VII, die nach § 80a Abs 1 S 1 SGB VII einen
Anspruch auf Rente erst ab einer MdE in Höhe von mindestens 30
vH haben, sodass ein Anspruch auf eine Verletztenrente nicht
besteht (dazu unter a). Die Regelung des § 80a Abs 1 S 1 SGB VII
begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken
(dazu unter b).
12
a) Der Arbeitsunfall des Klägers gemäß § 8 Abs 1 SGB VII ist am
24.5.2008 eingetreten, was aufgrund des insoweit nicht
angefochtenen Bescheides vom 22.9.2009 für die Beteiligten
bindend feststeht (vgl § 77 SGG). Nach den Feststellungen des LSG
bedingten die Folgen des Arbeitsunfalles eine MdE von weniger als
30 vH. Diese tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Grad der
MdE sind für den Senat gemäß § 163 SGG bindend, weil sie nicht
mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen
worden sind
(vgl dazu BSG vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R - BSGE 122, 232 =
SozR 4-2700 § 56 Nr 4, RdNr 15 f mwN)
. § 80a Abs 1 S 1 SGB VII ist im vorliegenden Fall auch gemäß §
221 Abs 2 SGB VII anwendbar, weil der Versicherungsfall nach dem
31.12.2007 eingetreten ist.
13
Der Kläger hat den Arbeitsunfall als nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b
SGB VII Versicherter erlitten. Er war zum Unfallzeitpunkt nicht nur
vorübergehend mitarbeitender Familienangehöriger in einem
landwirtschaftlichen Unternehmen iS des § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b
SGB VII, weil er nach den bindenden Feststellungen des LSG im
landwirtschaftlichen Unternehmen seines Schwippschwagers nicht
nur vorübergehend mitarbeitete und den Unfall bei dieser Tätigkeit
erlitt.
14
Als Schwippschwager des landwirtschaftlichen Unternehmers war
der Kläger Familienangehöriger iS des § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB
VII. Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift sind gemäß § 2
Abs 4 Nr 2 SGB VII Verschwägerte bis zum zweiten Grade der
Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner. Nach §
1590 Abs 1 S 1 BGB sind Verwandte eines Ehegatten mit dem
anderen Ehegatten verschwägert. Familienangehörige eines
Unternehmers in diesem Sinne ist damit auch der Schwager des
Ehegatten eines Unternehmers und damit der sog
Schwippschwager des Unternehmers. Der Kläger war zum Zeitpunkt
des Unfalles der Schwippschwager des Unternehmers, denn er war
mit dessen Ehefrau verschwägert. Diese war die Schwester seiner
Ehefrau.
15
Der Kläger erlitt den Unfall während einer nicht nur
vorübergehenden Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen
seines Schwippschwagers. Nicht nur vorübergehend ist eine
Mitarbeit in einem landwirtschaftlichen Unternehmen iS des § 2 Abs
1 Nr 5 Buchst b SGB VII, wenn sie auf eine gewisse Dauer
ausgerichtet ist
(Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Juli 2017, § 2 RdNr 60). Eine
nicht nur vorübergehende Mitarbeit liegt in der Regel bei 21 vollen
Arbeitstagen im Jahr vor, ohne dass dies die absolute
Mindestanzahl an Tagen darstellt
(vgl BSG vom 20.10.1983 - 2 RU 49/82 - BAGUV RdSchr 3/84; BSG
vom 27.6.1969 - 2 RU 52/67 - SozR Nr 1 zu § 780 RVO)
. Maßgebend ist das Verhältnis der Mitarbeit zu den Erfordernissen
des landwirtschaftlichen Unternehmens im Wirtschaftsjahr.
Demgegenüber kommt es weder auf die tägliche Arbeitszeit noch
auf den absoluten Umfang der Tätigkeit im Allgemeinen
entscheidend an. Die regelmäßige Mitarbeit kann auch neben einer
Hauptbeschäftigung und in geringem Umfang erfolgen
(vgl Kruschinsky in Krasney/Becker/Burchardt/
Kruschinsky/Heinz/Bieresborn, SGB VII, Stand 10/17, § 2 RdNr 412;
vgl BSG vom 31.10.1978 - 2 RU 87/76 - BSGE 47, 137 = SozR 2200
§ 573 Nr 9)
. So handelt es sich nur um eine vorübergehende Mitarbeit, wenn
die objektiven Umstände dafür sprechen, dass die Mitarbeit von
vornherein zeitlich begrenzt und nicht regelmäßig sein soll
(vgl Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, §
2 SGB VII RdNr 124)
. Durch die regelmäßige Tätigkeit, mit welcher der Unternehmer
ständig rechnen kann, unterscheidet sich der mitarbeitende
Familienangehörige von einem Familienangehörigen, der nur
vorübergehend, etwa während der Ernte, im elterlichen
landwirtschaftlichen Unternehmen tätig wird
(vgl BSG vom 27.6.1969 - 2 RU 52/67 - SozR Nr 1 zu § 780 RVO).
16
Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen
angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden Feststellungen
des LSG (vgl § 163 SGG)half der Kläger wegen der Erkrankung der
Schwester seiner Ehefrau regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche
im landwirtschaftlichen Betrieb seines Schwippschwagers aus.
Aufgrund dieser regelmäßigen Tätigkeit lag eine nicht nur
vorübergehende Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen vor.
17
Der Kläger erlitt den Unfall auch nicht aufgrund einer anderen
versicherten Tätigkeit, die möglicherweise nach § 135 SGB VII der
Versicherung gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII vorgehen
könnte, sodass in der Folge auch § 80a Abs 1 S 1 SGB VII nicht zur
Anwendung käme. Der Kläger war während der zum Unfall
führenden Verrichtung insbesondere nicht als Beschäftigter gemäß
§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und auch nicht als Wie-Beschäftigter iS des
§ 2 Abs 2 S 1 SGB VII tätig.
18
Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ist nach § 7 SGB
IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine
Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung liegt
zunächst immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie
kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn der
Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und seine
konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers
insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung
unterordnet
(vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-
2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff)
. Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden
tatsächlichen Verhältnisse an
(BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr
16; vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U
15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14)
. Den Feststellungen des LSG sind keine Anhaltpunkte dafür zu
entnehmen, dass zwischen dem Kläger und seinem
Schwippschwager ein Arbeitsvertrag bestand oder er in dessen
landwirtschaftlichen Betrieb eingegliedert war. Vielmehr beruhte
seine Mithilfe nach den bindenden Feststellungen des LSG allein
auf einem verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Verhältnis.
19
Der Kläger war aber auch nicht als Wie-Beschäftigter iS des § 2 Abs
2 S 1 SGB VII tätig, als er die Weidezäune für den Betrieb seines
Schwippschwagers anspitzte. Voraussetzung einer Wie-
Beschäftigung nach § 2 Abs 2 S 1 SGB VII ist, dass eine einem
fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von
wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen
wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen
verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis stehen. Arbeitnehmerähnlichkeit setzt
nicht voraus, dass alle Voraussetzungen eines
Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sein müssen. Das Gesamtbild
der Tätigkeit muss aber in einem größeren zeitlichen
Zusammenhang eine beschäftigungsähnliche Tätigkeit ergeben
(BSG vom 13.8.2002 - B 2 U 33/01 R - in HVBG-INFO 2002, 2818).
Der Senat hat dabei in ständiger Rechtsprechung das Vorliegen
einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs 2 SGB VII
(bzw zuvor nach § 539 Abs 2 RVO) verneint, wenn die konkrete
Tätigkeit durch eine Sonderbeziehung des Handelnden zu dem
Unternehmer geprägt war
(vgl hierzu auch zuletzt BSG vom 20.3.2018 - B 2 U 16/16 R mwN).
Eine solche Sonderbeziehung, die eine arbeitnehmerähnliche
Tätigkeit iS des § 2 Abs 2 SGB VII ausschließt, liegt bei Erfüllung
gesellschaftlicher, insbesondere familiärer, freundschaftlicher,
nachbarschaftlicher, mitgliedschaftlicher, gesellschaftsrechtlicher
oder körperschaftlicher Art vor
(vgl BSG vom 24.3.1998 - B 2 U 13/97 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 41;
BSG vom 20.4.1993 - 2 RU 38/92
-SozR 3-2200 § 539 Nr 25; BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 4/89 -
SozR 2200 § 539 Nr 134; BSG vom 5.8.1987 - 9b RU 18/86 -
SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 68/84 -
BSGE 59, 284, 287 = SozR 1500 § 45 Nr 2 = SGb 1986, 376; BSG
vom 12.5.1981 - 2 RU 40/79
-
BSGE 52, 11 = SozR 2200 § 539 Nr 18; BSG vom 26.10.1978 - 8
RU 14/78
-
SozR 2200 § 539 Nr 49; BSG vom 31.7.1962 - 2 RU 110/58 - BSGE
17, 211, 216 = SozR Nr 30 zu § 537 RVO)
.
BSG vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 = SozR Nr 1 zu
§ 798 RVO).
Auch bei einer solchen "Sonderbeziehung" sind allerdings alle
Umstände des Einzelfalls zu würdigen, sodass die konkrete
Verrichtung auch außerhalb dessen liegen kann, was im Rahmen
enger Verwandtschafts- oder Freundschaftsbeziehungen
selbstverständlich getan oder erwartet wird
selbstverständlich getan oder erwartet wird
(BSG vom 27.3.2012 - B 2 U 5/11 R - RdNr 57, Juris; vgl BSG vom
30.11.1962 - 2 RU 174/60 - BSGE 18, 143 = SozR Nr 33 zu § 537
RVO, SozR Nr 33 zu § 537 RVO, RdNr 20; Kruschinsky in
Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn,
Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 1/2018, § 2 RdNr 858;
Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung, Stand 2/17, § 2
RdNr 644; Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl
2014, § 2 SGB VII RdNr 399 ff)
.
20
Der Senat teilt insofern die Rechtsansicht des LSG, das davon
ausging, dass der Kläger die Weidezaunpfähle zum Unfallzeitpunkt
vorrangig aufgrund der engen verwandtschaftlichen und
freundschaftlichen Beziehungen zwischen ihm und seinem
Schwippschwager anspitzte. Das LSG hat bindend festgestellt, dass
zwischen dem Kläger und seinem Schwippschwager eine intakte
familiäre und freundschaftliche Beziehung bestand, welche durch
ein wechselseitiges Geben und Nehmen bestimmt war. Der Kläger
half in dessen landwirtschaftlichen Unternehmen aus, wenn seine
Mitarbeit für besondere Arbeiten außerhalb der laufenden
Betriebstätigkeit benötigt wurde. Diese Hilfeleistung war für den
Kläger selbstverständlich. Damit ist der Subsumtionsschluss des
LSG, dass die Hilfstätigkeit des Klägers ihr Gepräge durch die
Sonderbeziehung der wechselseitig verbundenen Familien im
landwirtschaftlichen Bereich fand, nicht zu beanstanden. Eine nach
§ 2 Abs 2 S 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Wie-Beschäftigter
gemäß § 2 Abs 2 S 1 SGB VII lag damit nicht vor.
21
b) § 80a Abs 1 S 1 SGB VII verstößt nach Überzeugung des Senats
nicht gegen höherrangiges Recht, sodass eine Vorlage an das
BVerfG gemäß Art 100 GG ausscheidet. Ebenso bedarf es keiner
verfassungskonformen Auslegung der Norm zugunsten des
Klägers, denn die Regelung ist in ihrer Anwendung auf den Kläger
verfassungsgemäß. Insbesondere ist er nicht in seinem
Eigentumsgrundrecht (Art 14 Abs 1 GG) verletzt (dazu unter aa). Der
Ausschluss der Rentenansprüche für nicht nur vorübergehend
mitarbeitende Angehörige eines landwirtschaftlichen Unternehmers,
deren Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 30 vH gemindert ist,
berührt zwar den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
Die Regelung ist jedoch durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (dazu unter bb).
22
aa) Anders als Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen
Rentenversicherung
(BVerfG vom 11.1.2011 - 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - BVerfGE
128, 128 = SozR 4-2600 § 77 Nr 9; BVerfG vom 28.2.1980 - 1 BvL
17/77 ua - BVerfGE 53, 257; BVerfG vom 1.7.1981 - 1 BvR 874/77
ua - 58, 81 <109>; BVerfG vom 4.6.1985 - 1 BvL 12/83 - BVerfGE
70, 101 <110>; stRspr)
oder Ansprüche auf Arbeitslosengeld
(BVerfGE vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - BVerfGE 74, 203; BVerfG
vom 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 - BVerfGE 72, 9)
, die teilweise durch einkommensbezogene eigene Beiträge der
Versicherten finanziert werden, ist zweifelhaft, ob Ansprüche auf
Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt
dem Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG unterliegen
(wie hier offengelassen BVerfG vom 16.3.2011 - 1 BvR 591/08, 1
BvR 593/08 - NZS 2011, 895; BVerfG vom 18.2.1988 - 1 BvR
1017/87 - SozR 2200 § 568 Nr 9; BSG vom 10.10.2002 - B 2 U
10/02 R - HVBG-INFO 2002, 3454; bejahend Papier in Maunz/Dürig,
GG, Stand September 2017, Art 14 RdNr 142)
. Der erkennende Senat hat dies hinsichtlich des Ausschlusses
einer Verletztenrente bei einer MdE von weniger als 30 vH bei
(selbst) versicherten landwirtschaftlichen Unternehmern
offengelassen, weil selbst dann, wenn diese Unternehmer durch die
langjährige Versicherung und die Zahlung von Beiträgen bereits ein
durch Art 14 Abs 1 GG geschütztes Anwartschaftsrecht erworben
hätten, ihr Eigentumsgrundrecht nicht verletzt wäre, weil § 80a Abs 1
S 1 SGB VII dann jedenfalls eine zulässige Inhalts- und
Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG darstellt
(vgl Urteil vom 20.3.2018 - B 2 U 6/17 R - zur Veröffentlichung in
SozR 4 bestimmt)
.
23
Die Anwartschaft des Klägers auf eine Verletztenrente der
gesetzlichen Unfallversicherung berührt jedoch bereits nicht den
Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG, weil sie nicht auf seinen
Eigenleistungen beruht. Voraussetzung ist, dass der
sozialversicherungsrechtlichen Position eine nicht unerhebliche
Eigenleistung zugrunde liegt, wobei als eigene Leistungen des
Versicherten nicht nur die von ihm selbst bezahlten Beiträge zu
berücksichtigen sind, sondern in aller Regel auch solche Beiträge,
die von Dritten zu seinen Gunsten dem Träger der
Sozialversicherung zugeflossen sind. Hieran fehlt es im Falle der
Versicherung des Klägers
(vgl zur Hinterbliebenenrenten BVerfG vom 18.2.1998 - 1 BvR
1318/86, 1 BvR 1484/86 - BVerfGE 97, 271)
. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung wird nicht durch Beiträge
der mitarbeitenden Familienangehörigen, sondern durch die
Beiträge der landwirtschaftlichen Unternehmer
(vgl § 183 SGB VII iVm § 150 SGB VII)sowie aus Steuermitteln
finanziert.
24
bb) Eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG liegt ebenfalls nicht vor.
Zwar wird der Kläger und die von ihm repräsentierte
Ausgangsgruppe der gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII
versicherten Familienangehörigen eines landwirtschaftlichen
Unternehmers, die nicht nur vorübergehend in dessen Betrieb
mitarbeiten, durch die Regelung des § 80a Abs 1 S 1 SGB VII
gegenüber den übrigen Versicherten in der gesetzlichen
Unfallversicherung ungleich behandelt, weil ein Rentenanspruch
erst ab einer MdE von 30 vH und nicht wie nach § 56 Abs 1 S 1 SGB
VII bereits ab einer MdE von 20 vH besteht. Diese
Ungleichbehandlung ist jedoch im Hinblick auf die Besonderheiten
der Versicherung der mitarbeitenden Angehörigen
landwirtschaftlicher Unternehmer gerechtfertigt.
25
Der allgemeine Gleichheitssatz iS des Art 3 Abs 1 GG gebietet zwar,
alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem
Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er
verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von
Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders
behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten
(BVerfG vom 27.2.2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 = SozR 4-
2600 § 58 Nr 7 - stRspr)
. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die
Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich je nach
Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen
unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten,
auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen
Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können
(BVerfG vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92 ua - BVerfGE 88, 87; BVerfG
vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267; BVerfG vom
6.7.2010 - 1 BvL 9/06; BVerfG vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -
BVerfGE 130, 240)
. Vorliegend hat eine über das bloße Willkürverbot hinausgehende,
an den Grundsätzen der freiheitsrechtlichen
Verhältnismäßigkeitsprüfung orientierte Prüfung zu erfolgen. Denn
die Regelung des § 80a Abs 1 S 1 SGB VII behandelt verschiedene
Personengruppen ungleich.
26
Gemessen am anzuwendenden Maßstab verhältnismäßiger
Gleichbehandlung bestehen für die Einschränkung des
Rentenanspruchs der mitarbeitenden Familienangehörigen
landwirtschaftlicher Unternehmer durch § 80a Abs 1 S 1 SGB VII
Gründe von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die
ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen. § 80a Abs 1 SGB VII wurde
durch Art 1 LSVMG vom 18.12.2007 in das SGB VII eingefügt und
trat zum 1.1.2008 in Kraft. Zweck des Gesetzes war eine
Weiterentwicklung und Reform des Rechts der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung mit den Zielen einer angemessenen
Beitragsbelastung und innerlandwirtschaftlicher
Beitragsgerechtigkeit im Hinblick auf den sich beschleunigenden
landwirtschaftlichen Strukturwandel und im Gesamtkontext der
Reformen der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Die
landwirtschaftliche Unfallversicherung erhält seit 1963
Bundeszuschüsse, um die Beiträge der zuschussberechtigten land-
und forstwirtschaftlichen Unternehmer zu senken und zu einer
Annäherung der Belastungsunterschiede zwischen den Regionen
beizutragen
(Gesetzentwurf der Bundesregierung - BT-Drucks 16/6520, S 2 f). Im
Interesse der Haushaltskonsolidierung sollte das weitere finanzielle
Engagement des Bundes in der mittelfristigen Finanzplanung von
200 Mio Euro auf 100 Mio Euro abgesenkt werden. Zielsetzung der
gesetzgeberischen Entscheidung war somit, Spielräume zu
schaffen, damit die Beiträge der Landwirtschaft ab 2011 trotz eines
auf 100 Mio Euro reduzierten Bundeszuschusses zur
landwirtschaftlichen Unfallversicherung entweder konstant gehalten
oder sogar gesenkt werden könnten. Hierbei handelt es sich um ein
legitimes Ziel, das im öffentlichen Interesse liegt. Denn die Regelung
dient dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der
landwirtschaftlichen Unfallversicherung im Interesse der versicherten
landwirtschaftlichen Unternehmer und ihrer Familienangehörigen im
Kontext veränderter Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft zu
erhalten (BT-Drucks 16/6520, S 1).
27
Die bezweckte Einschränkung der Leistungen auf der
Ausgabenseite ist geeignet, das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der
kurz- oder mittelfristigen Senkung des Umlagesolls der
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft trotz reduzierter
Bundeszuschüsse zu erreichen. Der hinreichende Sachgrund für die
Ungleichbehandlung folgt aus der Besonderheit der
landwirtschaftlichen Unfallversicherung.
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Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gruppe des Klägers
durch die Sonderregelung des § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII erst
privilegiert wird. Grundsätzlich sind in der gesetzlichen
Unfallversicherung Verrichtungen, die nicht als Beschäftigter iS des
§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII vorgenommen und die - wie hier - aufgrund
einer den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 S 1 SGB VII
ausschließenden freundschaftlichen und verwandtschaftlichen
ausschließenden freundschaftlichen und verwandtschaftlichen
Sonderbeziehung erbracht werden, nicht versichert. Eine Ausnahme
bilden die nicht nur vorübergehend mitarbeitenden
Familienangehörigen in landwirtschaftlichen Unternehmen. Ohne
Einbeziehung in die landwirtschaftliche Versicherung wäre diese
Personengruppe nicht versichert, denn anders als die Personen, die
nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder § 2 Abs 2 S 1 SGB VII versichert
sind, wird der durch § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII iVm § 2 Abs 4
SGB VII erfasste Personenkreis, zu dem der Kläger gehört,
regelmäßig aufgrund des verwandtschaftlichen Näheverhältnisses
zum landwirtschaftlichen Unternehmer tätig. Typischerweise helfen
diese Personen unentgeltlich im Betrieb mit, weil sie - ähnlich wie der
Unternehmer und sein Ehegatte selbst - Interesse am Ertrag des
Unternehmens haben. Folglich sind Personen, die wie der Kläger
tätig werden, in der Regel weder als Beschäftigte noch als Wie-
Beschäftigte nach § 2 Abs 1 S 1 bzw § 2 Abs 2 S 1 SGB VII
versichert und erlangen Versicherungsschutz nur durch die sie
insoweit privilegierende Norm des § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII.
Dieser Personengruppe wird erst dadurch Versicherungsschutz in
der landwirtschaftlichen Unfallversicherung gewährt. Es handelt sich
dabei um eine gemeinschaftliche Absicherung von
Gesundheitsgefahren durch die bei einem Versicherungsträger
zusammengeschlossenen landwirtschaftlichen Unternehmer auf
genossenschaftlicher Basis
(Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 2
RdNr 108; Schwerdtfeger in Lauterbach, SGB VII, Stand 6/2014, § 2
RdNr 193)
, die mit Steuermitteln bezuschusst wird. In deren Schutz sind durch
§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst b SGB VII die andernfalls nicht versicherten
Familienangehörigen - wie der Kläger - einbezogen. Dies rechtfertigt
es, diese - andernfalls in der Regel überhaupt nicht versicherte -
Gruppe hinsichtlich der Voraussetzungen einer Verletztenrente mit
den landwirtschaftlichen Unternehmern gleich zu behandeln, deren
Anspruch auf Verletztenrente ebenfalls abweichend von § 56 SGB
VII eine MdE von mindestens 30 vH voraussetzt
(vgl dazu BSG vom 20.3.2018 - B 2 U 6/17 R - zur Veröffentlichung
in SozR 4 vorgesehen)
.
29
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.