Urteil des BSG vom 14.03.2018

Urteil vom 14.03.2018

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 14.3.2018, B 12 R 5/16 R
ECLI:DE:BSG:2018:140318UB12R516R0
Parallelentscheidung zu dem Urteil des BSG vom 14.3.2018 - B
12 KR 13/17 R.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2016
wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als
Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund Beschäftigung der
Sozialversicherungspflicht unterliegt.
2
Der Kläger ist als selbstständiger Rechtsanwalt und als
stellvertretender ärztlicher Direktor einer Universitätsklinik, Abteilung
Sportmedizin (Teilzeit zu 40 %), tätig. Darüber hinaus ist er
Gesellschafter und Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen GmbH.
An deren Stammkapital sind mit je 20 % zwei juristische Personen
sowie mit je 12 % fünf Ärzte, darunter der Kläger, beteiligt. Beschlüsse
der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der
abgegebenen Stimmen gefasst, im Einzelnen genannte Beschlüsse -
ua über die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung -
bedürfen einer 3/4-Mehrheit.
3
Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-
Geschäftsführer stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung
Bund im Rahmen eines vom Kläger initiierten
Statusfeststellungsverfahrens gegenüber dem Kläger und der
Beigeladenen zu 1. fest, dass der Kläger ab 1.2.2010 aufgrund
Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterliegt
(Bescheide vom 1. und 23.4.2012; Widerspruchsbescheid vom
19.9.2012)
.
4
Das SG hat die auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten
gerichtete Klage des Klägers abgewiesen
(Gerichtsbescheid vom 24.2.2016). Das LSG hat die Berufung des
Klägers zurückgewiesen. Zwar sprächen die Regelungen im
Geschäftsführervertrag und ihre gelebte Praxis nur bezüglich des
festen Monatsgehalts von 600 Euro für Beschäftigung; die Arbeitszeit
sei nicht näher festgelegt worden und der Kläger habe seine Tätigkeit
frei und eigenverantwortlich gestalten können. Gleichwohl sei nach
dem Gesamtbild Beschäftigung anzunehmen, weil der Kläger auch
aufgrund seiner nur 12%igen Beteiligung am Stammkapital als
Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit an
Gesellschafterbeschlüsse gebunden sei und für bestimmte
bedeutende Geschäfte sogar die vorherige Zustimmung von
Gesellschafterversammlung bzw Aufsichtsrat erforderlich sei
(Urteil vom 18.10.2016).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 7 Abs 1
SGB IV, § 25 Abs 1 SGB III und § 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Er könne seine
Geschäftsführertätigkeit für die Beigeladene zu 1. in jeglicher Hinsicht
nach Ort, Zeitpunkt, Dauer und Art der Ausführung vollkommen frei
ausüben und sei insoweit auch nicht in die Arbeitsprozesse der
Beigeladene zu 1. eingegliedert. Er erhalte lediglich ein geringes
festes Entgelt in Höhe von monatlich 600 Euro, welches ihm auch erst
im Folgejahr in Gänze für das zurückliegende Jahr überwiesen
würde. Darüber hinaus erhalte er für seine weitere ärztliche Tätigkeit
für die Beigeladene zu 1. ein umsatzabhängiges - verglichen mit dem
Entgelt als Geschäftsführer relativ hohes - variables Gehalt, welches
sich nach dem Unternehmenserfolg richte. Er trage daher ein
unternehmerisches Risiko.
6
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18.
Oktober 2016, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn
vom 24. Februar 2016 und die Bescheide der Beklagten vom 1. und
23. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.
September 2012 aufzuheben.
7
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
8
Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladene
zu 3. teilt die rechtliche Argumentation im angefochtenen Urteil.
Entscheidungsgründe
9 Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht
haben die Vorinstanzen die Anfechtungsklage als unbegründet
abgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide der Beklagten
rechtmäßig sind. Als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit
einem Anteil am Stammkapital von 12 % und ohne eine im
Gesellschaftsvertrag (Satzung) geregelte umfassende
("echte"/"qualifizierte") Sperrminorität unterliegt der Kläger in dieser
Tätigkeit aufgrund Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht.
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1. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen
Widerspruchsbescheids vom 19.9.2012 unterlagen Personen, die
gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der GRV sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht
(vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur
Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006
und § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-
Gesetzes vom 10.12.2001 )
.
11
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine
Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige
Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei
Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht
dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch
das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene
Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder
selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das
Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen
(stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR
14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom
31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN,
jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil
vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13
mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG
Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11)
Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11)
. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum
rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in
Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem
Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik
entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen
werden
(BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr
4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)
.
12
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen
den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die
Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen
schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit
zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente
Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend,
soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die
Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und
auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen
"Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des §
117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der
Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch
verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage
der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der
Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des
Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren
Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine
hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen
(BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN)
.
13
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH
(vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-
2400 § 7 Nr 28 RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR
23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 17 ff)
, und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der
Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrags. Dem steht
nicht die Vorschrift des § 5 Abs 1 S 3 ArbGG entgegen (dazu a).
Vielmehr kommt es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit
zunächst darauf an, dass der Geschäftsführer am
Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog Gesellschafter-
Geschäftsführer). Ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog
Fremdgeschäftsführer) ist ausnahmslos abhängig beschäftigt
(dazu b). Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer
müssen zudem über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 vH oder
eine "echte" Sperrminorität verfügen (dazu c). Außerhalb des
Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, sich auf die
Stimmverteilung auswirkende Abreden sind für die
sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung
(dazu d). Gemessen daran ist der Kläger abhängig beschäftigt
(dazu e).
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a) Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist nicht
bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs 1 S 3 ArbGG
Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags
allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung einer
juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten.
Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine
Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu
den Beschäftigten der juristischen Person steht auch nicht
entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen
Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen
(BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr
20 S 78 f)
.
15
b) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige
Tätigkeit generell aus
(BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr
20 S 79)
. Die frühere sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach ein
Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und
ausnahmsweise auch ein Angestellter unterhalb der
Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär
verbunden ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden
ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der
Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt
hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten, hat der Senat
ausdrücklich aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen,
nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren
Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der
Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher
Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-
Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall
eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende
Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen
(BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 29 f mwN; BSG Urteil vom 29.8.2012 -
B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr
32)
.
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c) Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am
Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der
Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn
ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches
Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und
selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist
nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig,
sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu
werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht
besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung
die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche
Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50
vH der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht
über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als
Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig
beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger
anzusehen, wenn er exakt 50 vH der Anteile am Stammkapital hält
oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem
Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"),
die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität
eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-
Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von
Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht
genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern
können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte
Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die
erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln
(vgl BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R - SozR 4-2400 § 7
Nr 27 RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R
- SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 24 mwN; BSG Urteil vom 29.6.2016 -
B 12 R 5/14 R - Juris RdNr 39 ff; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 7 RAr
12/92 - SozR 3-4100 § 168 Nr 8 S 16)
.
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d) Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige
Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage
versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest
ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein.
Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende
wirtschaftliche Verflechtungen
(vgl hierzu BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE
119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 27; BSG Urteil vom
29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7
Nr 17, RdNr 26; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - Juris
RdNr 30)
, Stimmbindungsabreden
(vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE
120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 25)
oder Veto-Rechte
(vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-
2400 § 7 Nr 28 RdNr 26)
zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen
Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen.
Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden
Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher
Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit
genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen nicht
dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und
beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der
Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der
(fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder
abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären,
weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern
auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und
die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt
(BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 27 mwN)
.
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e) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht
selbstständig tätig, sondern abhängig beschäftigt. Der Kläger verfügt
nur über einen 12%igen Anteil am Stammkapital der Beigeladenen
zu 1. und nicht über eine im Gesellschaftsvertrag (Satzung)
geregelte umfassende ("echte"/"qualifizierte") Sperrminorität.
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2. Das Vorbringen der Revision führt zu keinem anderen Ergebnis:
Dass der Kläger die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer nicht in
Vollzeit, sondern neben anderen Tätigkeiten verrichtet hat, spielt für
das Vorliegen von Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV in dieser
konkreten Tätigkeit keine Rolle. Ebenso ist ein relevantes
Unternehmerrisiko beim Kläger schon deshalb nicht anzuerkennen,
weil er nach seinem eigenen Vorbringen die unmittelbar
erfolgsabhängigen Einnahmen nicht als GmbH-Geschäftsführer,
sondern in einer weiteren Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. als Arzt
erzielt, während er für die vorliegend zu prüfende Tätigkeit als
GmbH-Geschäftsführer ein regelmäßiges Gehalt von 600 Euro pro
Monat erhält, was - selbst bei jahresweiser Auszahlung - für
Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV spricht. Die nach dem
Vorbringen des Klägers faktische arbeitskraft- und inhaltsbezogene
Weisungsfreiheit vermag an der durch die gesellschaftsrechtliche
Ausgangslage bedingten Abhängigkeit von der
Gesellschafterversammlung und der fehlenden Rechtsmacht des
Klägers nichts zu ändern. Schließlich kommt vorliegend noch hinzu,
dass für bestimmte bedeutende Geschäfte sogar die vorherige
Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit qualifizierter
Mehrheit bzw eine Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist.
20
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.