Urteil des BSG vom 14.03.2018

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Bühnenkünstler - Opernchorsänger - Bühnenauftritt - lediglich Rahmenvorgaben hinsichtlich Ort, Zeit und groben Inhalts der Darbietung - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 14.3.2018, B 12 KR 3/17
R
ECLI:DE:BSG:2018:140318UB12KR317R0
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Bühnenkünstler -
Opernchorsänger - Bühnenauftritt - lediglich
Rahmenvorgaben hinsichtlich Ort, Zeit und groben Inhalts
der Darbietung - abhängige Beschäftigung - selbstständige
Tätigkeit
Leitsätze
Bühnenkünstler stehen nicht in einer abhängigen Beschäftigung,
wenn sich die Tätigkeit im Wesentlichen im Bühnenauftritt
erschöpft und lediglich Rahmenvorgaben hinsichtlich Ort und Zeit
der Aufführung sowie des "groben" Inhalts der Darbietung,
innerhalb derer die übernommene Dienstleistung zu erbringen ist,
zu beachten sind (Anschluss an BSG vom 20.3.2013 - B 12 R
13/10 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 19).
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen
Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird
zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu
erstatten.
Tatbestand
1
Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen
Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er
wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) im Opernchor der
zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344
Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch
zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er
eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von
der musikalischen Strichfassung. Die Aushilfstätigkeit wurde von der
Beigeladenen zu 1. aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im
Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film-
und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige
Beschäftigung gemeldet.
2
Der Kläger beantragte im März 2012 die Klärung seines
sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Beklagte stellte daraufhin
fest, dass die Tätigkeit als Opernchoraushilfe am 23. und 30.12.2011
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt
worden sei und insoweit Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestehe
(Bescheid vom 21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 27.2.2013)
.
3
Das SG Kassel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.9.2014). Das
Hessische LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der
Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der
Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Er sei nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, sondern
lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und
dabei nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf der
Beigeladenen zu 1. eingegliedert gewesen. Eine Gebundenheit
hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Dienstleistung habe lediglich
während der jeweiligen Aufführung bestanden. Anders als fest
angestellte Opernchorsänger habe er nicht an Proben teilnehmen
und sich eigenständig sowie selbstverantwortlich vorbereiten müssen.
Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen
Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung
komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung
des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in
einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für
den vorliegenden Fall nicht zu folgen (Urteil vom 15.12.2016).
4
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 7 SGB IV.
Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen
eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen
erkrankten Künstler einspringe und deshalb regelmäßig nicht an
Proben teilnehmen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG stehe
weder der Wunsch nach nur vorübergehenden Engagements an
verschiedenen Bühnen noch die Möglichkeit einer
eigenverantwortlichen Tätigkeitsverrichtung einer abhängigen
Beschäftigung entgegen. Auch komme es nicht auf die häusliche
Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des
jeweiligen Engagements an. An beiden Vorstellungsabenden habe
wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie
hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante
Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein
Unternehmerrisiko getragen. Die nicht individuell ausgehandelte
Vergütung sei nicht erfolgs-, sondern zeitbezogen gewährt und
eigenes Kapital sei nicht eingesetzt worden. Unabhängig davon
hätten einem solchen Risiko keine größere Freiheiten beim Einsatz
der eigenen Arbeitskraft und größere Verdienstchancen
gegenübergestanden.
5
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember
2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des
Sozialgerichts Kassel vom 17. September 2014 zurückzuweisen.
6
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
7
8
Die Beigeladene zu 4. hat sich dem Revisionsvorbringen
angeschlossen. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
9 Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher
zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 S 1 SGG).
10
Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG sowie die angefochtenen
Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und festgestellt, dass der
Kläger am 23. und 30.12.2011 in seiner Tätigkeit als
Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund
einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung
versicherungspflichtig war. Der Bescheid der Beklagten vom
21.9.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
27.2.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
11
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen
Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
(§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 und 2 Nr 1 SGB XI sowie § 1
S 1 Nr 1 SGB VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur
Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006
926>, § 25 Abs 1 S 1 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-
Gesetzes vom 10.12.2001 )
der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn in seiner
Tätigkeit als Opernchorsänger für die Beigeladene zu 1. nicht
abhängig beschäftigt.
12
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine
Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige
Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers
Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei
Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht
dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch
das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene
Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder
selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das
Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen
(stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR
14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom
31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN,
jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil
vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13
mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG
Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11)
. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum
rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in
Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem
Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik
entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen
werden
(BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr
4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)
.
13
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen
den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die
Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen
schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit
zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente
Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend,
soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die
Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und
auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen
"Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des §
117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der
Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch
verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage
der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der
Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des
Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren
Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine
hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen
(BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN)
.
14
Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht abhängig
beschäftigt. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der
Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk-
und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige
Personen lediglich Beurteilungshilfen enthält. Daran sind die
Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall nicht
gebunden
(BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr
19 RdNr 20)
. Nach einer Gesamtschau der vom Berufungsgericht festgestellten,
von der Beklagten nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen
angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachen
(§ 163 SGG) ist es auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass
die gegen eine Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen.
Der Kläger war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht
weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation
eingegliedert (dazu 1.). Dem steht weder die Rechtsprechung des
Senats (dazu 2.) noch ein fehlendes Unternehmerrisiko entgegen
(dazu 3.).
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1. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. kam ein
schriftlicher Vertrag nicht zustande. Vielmehr war mündlich lediglich
dessen (krankheitsbedingte) Mitwirkung im Opernchor während zwei
bestimmter Aufführungen vereinbart worden. Unabhängig davon
wurde der Kläger unmittelbar vor seinen Auftritten szenisch
eingewiesen und über die musikalische Strichfassung informiert.
Allein diese Umstände lassen weder ein umfassendes
Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1. hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort
und Art der Aufführung noch eine mit einem Arbeitnehmer
vergleichbare Einbindung in deren Arbeitsorganisation erkennen.
Bei einer Mitwirkung an Theateraufführungen ergibt sich wegen den
mit der vertraglich vereinbarten Dienstleistung verbundenen
Notwendigkeiten sowohl die zeitliche und örtliche Abhängigkeit als
auch eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung aus der
besonderen Eigenart der Tätigkeit
(vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 =
SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 mwN)
. Die Gebundenheit an den Ort der Spielstätte, die festgesetzte
Spielzeit und den "groben" Inhalt einer Darbietung ist der Tätigkeit
eines Bühnenkünstlers immanent. Hierbei handelt es sich nicht um
konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen, sondern um
Rahmenvorgaben, innerhalb derer die übernommene Dienstleistung
zu erbringen ist. Das gilt auch für die von der Beklagten geltend
gemachte - vom LSG allerdings nicht festgestellte -
Weisungsgebundenheit hinsichtlich Maske und Kostüm.
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Das Fehlen eines die Tätigkeitsverrichtung betreffenden
Weisungsrechts und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers wird dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht
verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich
eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte.
Diesen Gesichtspunkt hat das LSG zu Recht als wesentliches,
gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz
berücksichtigt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass
für die Prüfung der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die
Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des einzelnen
Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen
(BSG Urteil vom 31.3.2016 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163
Nr 1 RdNr 29, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)
. Daraus folgt aber nicht, dass die im Einzelfall vereinbarten oder
eine bestimmte Tätigkeit typischerweise charakterisierenden
Rahmenbedingungen bei der notwendigen Gesamtschau
unbeachtlich wären. Die Annahme des LSG, dass als Arbeitnehmer
beschäftigte Opernchorsänger regelmäßig an Chorproben
teilnehmen (müssen) und das Fehlen einer solchen Probenpflicht im
Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung als einer
abhängigen Beschäftigung entgegenstehender Umstand zu werten
ist, ist daher nicht zu beanstanden. Dass wegen des kurzfristig
vereinbarten Auftritts eine Probe möglicherweise - da vom LSG nicht
festgestellt - schon zeitlich nicht in Betracht kam, ändert daran
nichts. Der Umstand, dass der Kläger kurzfristig und ohne
Chorprobe einen erkrankten Sänger ersetzen sollte, bestätigt
vielmehr, dass bei ihm nicht die von einem beschäftigten
Opernchorsänger geschuldete weisungsgebundene Arbeitskraft,
sondern besondere gesangliche, künstlerisch-gestaltende
Fähigkeiten und damit eigenständige Gesangs-sowie
Darstellerleistungen im Vordergrund seines Bühnenauftritts standen.
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2. Mit dem hier gefundenen Ergebnis setzt sich der Senat nicht in
Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.3.2013
(B 12 R 13/10 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 19)zu den als "Gäste"
beschäftigten Bühnenkünstlern. Danach wurde eine Beschäftigung
während einzelner Auftritte ua deshalb angenommen, weil das
Weisungsrecht des Theaters "wegen der Notwendigkeit des
Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen
Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser 'Eckpunkte' der
Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den 'groben' Inhalt
der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw
Schauspieler hinausging". Gerade ein solches über die "Eckpunkte"
und den "groben" Inhalt der Auftritte des Klägers hinausgehendes
Weisungsrecht hat das LSG nicht festgestellt. Wie bereits ausgeführt
wurde, unterlag der Kläger lediglich vereinbarten Rahmenvorgaben,
nicht aber konkreten arbeitskraftbezogenen Weisungen durch die
Beigeladene zu 1. Unabhängig davon war die im Urteil vom
20.3.2013 beurteilte Tätigkeit durch eine Vielzahl von detaillierten
"Vertraglichen Vereinbarungen" gekennzeichnet.
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3. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe eigenes Kapital
nicht eingesetzt und damit das für eine Selbstständigkeit
sprechende Unternehmerrisiko nicht getragen, führt zu keiner
anderen Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eines
solchen Unternehmerrisikos überhaupt noch bedarf, wenn schon
eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der
Arbeitsausführung nicht festzustellen ist. Maßgebliches Kriterium für
ein solches Unternehmerrisiko ist zwar die Ungewissheit des Erfolgs
des Einsatzes sächlicher oder persönlicher Mittel. Allerdings ist
unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen gerade
nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder
Arbeitsmaterialien verbunden
(BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Das
auch bei einer Tätigkeit als Opernchorsänger typische Fehlen
solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für
eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches
Tätigwerden.
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Auch die Vereinbarung eines festen Honorars spricht nicht als
Ausdruck eines fehlenden Unternehmerrisikos zwingend für
abhängige Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist
bei reinen Dienstleistungen, anders als bei der Erstellung eines
materiellen Produkts, ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der
Eigenheiten der zu erbringenden Leistung regelmäßig nicht zu
erwarten
(BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30
RdNr 48 mwN)
. Dies gilt insbesondere für Bühnenkünstler aufgrund deren
künstlerischen, schöpferisch-gestaltenden Tätigkeit, und zwar
unabhängig davon, dass die Honorare nicht frei ausgehandelt,
sondern entsprechend gebräuchlicher Sätze festgelegt werden
(BSG aaO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.