Urteil des BSG vom 14.03.2018

Sozialversicherung - berufsmäßiger Schauspieler - Darstellervertrag - Vereinbarung mehrerer kurzzeitiger Arbeitseinsätze - festgelegte Drehtage - unständige Beschäftigung - Feststellung als Statusfrage aufgrund einer Prognose zu Beginn der Beschäftigung -

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 14.3.2018, B 12 KR 17/16
R
ECLI:DE:BSG:2018:140318UB12KR1716R0
Sozialversicherung - berufsmäßiger Schauspieler -
Darstellervertrag - Vereinbarung mehrerer kurzzeitiger
Arbeitseinsätze - festgelegte Drehtage - unständige
Beschäftigung - Feststellung als Statusfrage aufgrund einer
Prognose zu Beginn der Beschäftigung - Betrachtung von
nicht als einheitliche Beschäftigung zusammenhängenden
potentiellen Arbeitseinsätzen von insgesamt mehr als einer
Woche - berufsmäßige Ausübung
Leitsätze
1. Ob eine unständige Beschäftigung vorliegt, ist als Statusfrage
aufgrund einer Prognose zu Beginn der Beschäftigung
festzustellen.
2. Nicht als einheitliche Beschäftigung zusammenhängende
potentielle Arbeitseinsätze von zusammen mehr als einer Woche
sind jeweils isoliert zu betrachten und schließen mehrere
unständige Beschäftigungen nicht aus.
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen
Landessozialgerichts vom 26. Januar 2016 und des
Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2013 sowie der
Bescheid der Beklagten vom 12. November 2009 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2010 aufgehoben und
die Beklagte verpflichtet, bei der Beigeladenen zu 1. über die
bereits gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge hinaus
weitere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den
Monat März 2009 aus 3030 Euro Arbeitsentgelt und für den
Monat April 2009 aus 6060 Euro Arbeitsentgelt jeweils bis zur
monatlichen Beitragsbemessungsgrenze einzuziehen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsstreits. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Der Kläger ist Schauspieler. Er schloss mit der zu 1. beigeladenen B.
GmbH (jetzt: B. GmbH) als Arbeitgeberin einen Darstellervertrag für
die Fernsehproduktion "Rosenheim-Cops". Voraussichtliche
Drehtage sollten der 31.3., 16.4. und 22.4.2009 sein. Dazu musste
sich der Kläger in der Zeit vom 30./31.3., 16./17.4. und 21. bis
23.4.2009 (sog Vertragszeit) ua für Dreharbeiten zur Verfügung
halten. Der Kläger erhielt je Drehtag ein Arbeitsentgelt von 3030 Euro
(insgesamt 9090 Euro). Die beigeladene Arbeitgeberin ermittelte auf
Grundlage einer kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze von
180 Euro für die Vertragszeit anteilige monatliche
Beitragsbemessungsgrenzen. Für die Zeit vom 30. bis 31.3.2009
sowie 16. bis 17.4.2009 führte sie jeweils für zwei Arbeitstage bis zu
einer anteiligen Beitragsbemessungsgrenze von (2 x 180 Euro =) 360
Euro aus einem Bruttoarbeitsentgelt von 3030 Euro Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung
ab. Für die drei Tage umfassende Vertragszeit vom 21. bis 23.4.2009
berechnete sie die Beiträge auf Grundlage einer anteiligen
Beitragsbemessungsgrenze von (3 x 180 Euro =) 540 Euro. Beiträge
zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung wurden
nicht entrichtet.
2
Der Kläger wandte sich am 17.9.2009 mit dem Antrag an die beklagte
Krankenkasse, sie möge bei der beigeladenen Arbeitgeberin
Rentenversicherungsbeiträge aufgrund der Bestimmungen für
"berufsmäßig unständig Beschäftigte" bis zur monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze (5400 Euro) einziehen. Die beklagte
Krankenkasse lehnte dies ab. Die Voraussetzungen unständiger
Beschäftigung lägen bei drehtagsverpflichteten Film- und
Fernsehschauspielern nicht vor, wenn ein Vertrag mehrere
Beschäftigungszeiten (Vertragszeiten) umfasse. Dies gelte auch
dann, wenn die einzelnen Beschäftigungszeiten in der Summe zwar
weniger als eine Woche umfassen, jedoch bereits von vornherein
über einen längeren Zeitraum vereinbart werden
(Bescheid vom 12.11.2009, Widerspruchsbescheid vom 27.4.2010).
3
Klage und Berufung hiergegen sind ohne Erfolg geblieben. Die
Beklagte habe den Kläger zu Recht nicht als unständig Beschäftigten
eingestuft; der Kläger könne daher nicht beanspruchen, dass die
Beklagte aus der Beschäftigung höhere Beiträge für ihn einziehe.
Eine unständige Beschäftigung liege nicht vor, weil die Tätigkeit des
Klägers zwar sowohl der Natur der Sache nach als auch gemäß dem
Darstellervertrag auf voraussichtlich drei Beschäftigungstage
(Drehtage) innerhalb des Vertragszeitraumes beschränkt war, sich die
Vertragszeit aber auf die Zeit vom 30./31.3., 16./17.4. und 21. bis
23.4. und damit auf mehr als eine Woche erstreckt habe. Die
Beschäftigung in der Zeit vom 30.3. bis 23.4. sei auf die eine
Wochenlänge überschreitende Dauer geplant und als einheitliches
Beschäftigungsverhältnis angelegt gewesen
(Urteil des SG vom 24.10.2013; Urteil des LSG vom 26.1.2016).
4
Der Kläger hat Revision eingelegt. Bei ihm seien Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung nach den Vorschriften für unständig
Beschäftigte zu entrichten. Das LSG sei zu Unrecht davon
ausgegangen, dass die einzelnen Drehzeiträume
zusammenzuzählen seien und er damit mehr als eine Woche bei der
beigeladenen Arbeitgeberin beschäftigt gewesen sei.
5
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26.1.2016 und
des Sozialgerichts München vom 24.10.2013 sowie den Bescheid
der Beklagten vom 12.11.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 27.4.2010 aufzuheben und die Beklagte
zu verpflichten, bei der Beigeladenen zu 1. über die bereits gezahlten
Gesamtsozialversicherungsbeiträge hinaus weitere Beiträge zur
Rentenversicherung für den Monat März 2009 aus 3030 Euro
Arbeitsentgelt und für den Monat April 2009 aus 6060 Euro
Arbeitsentgelt jeweils bis zur monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze einzuziehen.
6
Die Beklagte hält das angegriffene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
7
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
8 Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das LSG hat die
Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Unrecht
zurückgewiesen. Das LSG hätte die Klage nicht abweisen dürfen.
Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtswidrig und
verletzt den Kläger in seinen Rechten.
9
1. Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
ist zulässig. Ist ein Beschäftigter der Ansicht, sein Arbeitgeber
müsse aus der Beschäftigung höhere
Gesamtsozialversicherungsbeiträge als tatsächlich gezahlt
entrichten, kann er - wie dies hier geschehen ist - durch einen Antrag
bei der Beitragseinzugsstelle ein Beitragseinzugsverfahren nach §
28h SGB IV einleiten, im Rahmen dessen die Einzugsstelle über
Versicherungspflicht und Beitragshöhe zu entscheiden hat. Bleibt
dieses Verfahren erfolglos, kann der Beschäftigte sodann in einem
Rechtsstreit vor den Sozialgerichten die Verpflichtung der
Einzugsstelle zu einem entsprechenden Beitragseinzug gerichtlich
klären lassen
(vgl BSG Urteil vom 12.9.1995 - 12 RK 63/94 - SozR 3-2400 § 28h
Nr 5; BSG Urteil vom 26.9.1996 - 12 RK 37/95 - SozR 3-2400 § 28h
Nr 7)
.
10
2. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist auch begründet. Die
Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, für den Kläger in den
Monaten März und April 2009 Beiträge bis zur monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze zu erheben.
11
a) Der Kläger war bei der beigeladenen Arbeitgeberin im Zeitraum
vom 30.3. bis 23.4.2009 an insgesamt sieben Tagen zeitlich befristet
iS von § 7 Abs 1 SGB IV abhängig beschäftigt; davon hatte er an
drei Tagen tatsächlich zu arbeiten. Aufgrund abhängiger
Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt unterlag er damit jedenfalls
auch in der gesetzlichen Rentenversicherung, um deren Beiträge
allein gestritten wird, der Versicherungs- und Beitragspflicht
(vgl § 1 S 1 Nr 1, §§ 161 Abs 1, 163 Abs 1 SGB VI, § 168 Abs 1 Nr
1, § 174 Abs 1 SGB VI, §§ 28d ff SGB IV)
.
12
Versicherungsfreiheit wegen zeitlich geringfügiger Beschäftigung
nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV lag nicht vor. Nach dieser Vorschrift war
im streitigen Zeitraum eine Beschäftigung versicherungsfrei, wenn
sie innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder
50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im
Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung
berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat
übersteigt. Das war hier der Fall. Eine Beschäftigung oder Tätigkeit
wird dann berufsmäßig ausgeübt iS von § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV,
wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter
wirtschaftlicher Bedeutung ist und er damit seinen Lebensunterhalt
überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass
seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser
Beschäftigung beruht
(vgl Schlegel in Küttner, Personalbuch, 24. Aufl 2017, Geringfügige
Beschäftigung RdNr 77; BSG Urteil vom 28.10.1960 - 3 RK 31/56 -
SozR Nr 1 zu § 166 RVO; BSG Urteil vom 26.9.1972 - 12 RJ 352/71
- SozR Nr 11 zu § 1228 RVO)
. Zwar hat der Kläger im Jahr 2009 Einkünfte aus selbstständiger
Arbeit in Höhe von 65 182 Euro und aus nichtselbständiger Arbeit in
Höhe von 26 488 Euro Bruttolohn erzielt. Dennoch war sein für die
Dreharbeiten gezahltes Arbeitsentgelt von 9090 Euro geeignet,
wesentlich zu seinem Lebensunterhalt und seiner Vorsorge in der
Sozialversicherung beizutragen.
13
b) Für den unständig beschäftigten Kläger
(zur unständigen Beschäftigung vgl unter c) waren zur gesetzlichen
Rentenversicherung Beiträge aus seinem von der beigeladenen
Arbeitgeberin gezahlten Arbeitsentgelt bis zur monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen.
14
Das Arbeitsentgelt des Klägers war bis zur monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze beitragspflichtig
(vgl § 157, § 162 S 1 Nr 1 SGB VI). Die jährliche
Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung
betrug 2009 im Westen 64 800 Euro, die monatliche
Beitragsbemessungsgrenze 5400 Euro
(§ 159 SGB VI iVm § 3 Abs 1 S 1 Nr 1 Sozialversicherungs-
Rechengrößenverordnung 2009 vom 2.12.2008, BGBl I 2336)
. Die beigeladene Arbeitgeberin hat insoweit zu Unrecht eine nach §
1 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) mögliche kalendertägliche
Beitragsbemessungsgrenze von 180 Euro gebildet und von 3030
Euro Arbeitsentgelt im März 2009 nur 360 Euro sowie im April von
6060 Euro Arbeitsentgelt nur 900 Euro verbeitragt. Nach § 1 BVV
werden der Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die
Beitragsbemessungsgrenzen je Kalendermonat für diejenigen
Kalendertage berechnet, an denen eine versicherungspflichtige
Beschäftigung besteht (Sozialversicherungstage). Diese Vorschrift
kommt aufgrund der für unständig Beschäftigte geltenden
Sonderbestimmung des § 163 Abs 1 S 2 SGB VI vorliegend jedoch
nicht zur Anwendung. § 163 Abs 1 S 1 SGB VI ordnet für unständig
Beschäftigte an, dass als beitragspflichtige Einnahme ohne
Rücksicht auf die Beschäftigungsdauer das innerhalb eines
Kalendermonats erzielte Arbeitseinkommen bis zur Höhe der
monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen ist. Die
Beklagte hat es damit zu Unrecht unterlassen, bei der beigeladenen
Arbeitgeberin höhere Beiträge nachzufordern.
15
c) Der Kläger war in seiner Tätigkeit für die beigeladene
Arbeitgeberin als Schauspieler unständig beschäftigt. Unständig ist
eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche entweder der
Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den
Arbeitsvertrag befristet ist
(§ 163 Abs 1 S 2 SGB VI, gleichlautend § 232 Abs 3 SGB V für die
gesetzliche Krankenversicherung)
. Dies ist hier der Fall.
16
aa) Wie der Senat in seinem Urteil vom 31.3.2017
(B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1, auch zur
Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)
entschieden hat, ist bei der Bestimmung des Umfangs
beitragspflichtiger Einnahmen von unständig Beschäftigten in der
gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsmäßigkeit ihrer
Tätigkeit nicht zu fordern. Damit ist die Frage, ob der Kläger für die
beigeladene Arbeitgeberin unständig beschäftigt war, insoweit
unabhängig von seiner Hauptbetätigung als in der
Künstlersozialversicherung rentenversicherter selbstständiger
Schauspieler zu beurteilen.
17
bb) Die Beschäftigungen des Klägers bei der beigeladenen
Arbeitgeberin waren im Darstellervertrag auf weniger als eine Woche
befristet. Die Frage, ob eine unständige Beschäftigung iS von § 163
Abs 1 S 2 SGB VI vorliegt, ist als Statusfrage aufgrund einer
Prognose zu Beginn der Beschäftigung zu treffen. Nach den
Feststellungen des LSG war bereits im Darstellervertrag zwischen
dem Kläger und der beigeladenen Arbeitgeberin festgehalten, dass
voraussichtlich (nur) am 31.3., am 16.4. und am 22.4.2009
Dreharbeiten stattfinden würden. Damit war bei Beginn der
Beschäftigung davon auszugehen, dass die (voraussichtlichen)
Beschäftigungen im Zeitraum vom 30.3. bis 23.4.2009 jeweils auf
weniger als eine Woche befristet waren. Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob hierbei auf die Kalenderwoche oder die
Beschäftigungswoche
(siehe hierzu Klaus Peters in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB V, 3.
Aufl 2016, § 232 RdNr 20)
abzustellen ist, denn die streitgegenständlichen Arbeitstage lagen
jeweils sowohl in einer Kalender- als auch Beschäftigungswoche
(30./31.3.2009: Montag und Dienstag; 16.4./17.4.2009: Donnerstag
und Freitag; 21.4. bis 23.4.2009: Dienstag bis Donnerstag)
.
18
cc) Der Kläger stand auch nicht vom potentiell ersten (30.3.2009) bis
zum letzten denkbaren Drehtermin (23.4.2009) in einem
einheitlichen und damit mehr als eine Woche umfassenden
Beschäftigungsverhältnis.
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Der Kläger hatte sich vereinbarungsgemäß zur Arbeitsleistung nur
an den Tagen 30./31.3, 16.4./17.4. und 21.4. bis 23.4.2009 zur
Verfügung zu halten. In den Zwischenzeiten bestand keine
dauernde Arbeitsbereitschaft, sodass die Zeit vom 30.3.2009 bis
zum 23.4.2009 nicht als ein einheitliches und durchgehendes,
zeitlich befristetes Beschäftigungsverhältnis bewertet werden kann;
insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von der
Konstellation, über die der Senat im Urteil vom 20.3.2013
(B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19) zu entscheiden hatte.
Zwischen dem Kläger und der beigeladenen Arbeitgeberin sollte
gerade keine den ersten Drehtag (30.3.2009) bis zum denkbar
letzten Drehtag (23.4.2009) umfassende durchgehende
Arbeitsrechtsbeziehung begründet werden; andernfalls hätte es
angesichts des allgemeinen und umfassenden Weisungsrechts der
Arbeitgeberin der Festlegung konkreter einzelner Drehtage, an
denen sich der Kläger für Aufnahmen zur Verfügung halten musste,
nicht bedurft. Dementsprechend erstellte die beigeladene
Arbeitgeberin auch für die jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse
gesonderte Abrechnungen.
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Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu älterer
Rechtsprechung des BSG
(Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13;
Urteil vom 11.5.1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3-2400 § 8 Nr 3; Urteil
vom 21.1.1987 - 7 RAr 44/85 - Juris; Teilurteil vom 16.2.1983 - 12
RK 23/81 - SozR 2200 § 441 Nr 2)
. Danach kommt eine unständige Beschäftigung dann nicht in
Betracht, wenn von Beginn der Beschäftigung an fest steht, dass
sich die Arbeitseinsätze für den Arbeitgeber wiederholen werden,
insbesondere dies in Rahmenverträgen vorher festgelegt wurde. In
diesen Konstellationen liegt keine unständige Beschäftigung,
sondern eine regelmäßige Beschäftigung vor. Das BSG hat in den
benannten Entscheidungen ausgeführt, dass auch wiederholte
kurzfristige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber unständig
sein können, wenn sie, wie hier, von vornherein auf weniger als eine
Woche begrenzt sind. Hieran fehlt es, wenn die einzelnen
Beschäftigungen sich vereinbarungsgemäß in regelmäßigen
zeitlichen Abständen wiederholen oder wenn sog Kettenverträge zur
Umgehung einer ständigen Beschäftigung geschlossen werden. So
liegt der Fall hier gerade nicht. Denn es stand von vornherein fest,
dass der Kläger ausschließlich an drei Drehtagen für die
beigeladene Arbeitgeberin tätig wird, dazwischen Zeiträume liegen,
in denen die Vertragsparteien vertraglich ungebunden sind und
darüber hinaus kein Rahmenvertrag weitere Einsätze des Klägers
für eine andere Produktion der beigeladene Arbeitgeberin vorsah.
Die Beschäftigung des Klägers für die beigeladene Arbeitgeberin
war damit nicht regelmäßig.
21
dd) Die Sonderregelungen für die Beitragsbemessung unständig
Beschäftigter können auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass
die Vertragsparteien innerhalb eines längeren Befristungsrahmens
zusätzlich zu den möglichen konkreten Arbeitstagen
(hier: Drehtagen) vorsorglich einen größeren zeitlichen Korridor um
diese Termine herum bilden, innerhalb dessen Arbeitseinsätze
abgerufen werden können. Bei derartigen Vereinbarungen sind für
die Frage, ob die Beschäftigung auf weniger als eine Woche
befristet ist, nicht sämtliche den zeitlichen Korridor umfassenden
Tage zusammenzuzählen. Der Kläger hatte sich zwar für eine
bestimmte Folge einer Fernsehserie an zweimal zwei und einmal
drei Tagen zu möglichen Arbeitseinsätzen für Dreharbeiten
verpflichtet, jedoch sind diese potentiellen Einsatztage nicht
zusammenzuzählen. Die potentiellen zeitlichen Drehkorridore sind
jeweils gesondert für sich zu betrachten und umfassen jeweils
weniger als eine Woche.
22
Sollte die Anzahl der tatsächlichen Arbeitseinsätze innerhalb eines
längeren Befristungszeitraumes - anders als im vorliegenden Fall -
noch nicht abschließend feststehen, würde Folgendes gelten:
Haben die Vertragsparteien innerhalb eines bestimmten Zeitraumes
(zB eines Kalendermonats, eines Quartals) für die möglichen
Arbeitstage nur Zeitkorridore festgelegt, sind bei der notwendigen
Prognose zu Beginn der Beschäftigung die einzelnen potentiellen
Arbeitseinsätze für die Frage unständiger Beschäftigung je für sich
zu betrachten; es ist zu prüfen, ob die einzelnen Zeitkorridore,
innerhalb derer Arbeit abgerufen werden kann, jeweils weniger als
eine Woche betragen. Eine Addition sämtlicher potentieller
Arbeitstage (Summe der Arbeitstage in sämtlichen festgelegten
Zeitkorridoren) scheidet aus. Andernfalls hätten es die
Arbeitsvertragsparteien in der Hand, durch Festlegung einer
bestimmter Anzahl von möglichen, nicht zeitlich
aufeinanderfolgenden bzw zusammenhängenden Arbeitstagen in
einem mehrere befristete Beschäftigungen
(befristete Arbeitseinsätze) umfassenden Rahmenvertrag selbst
darüber zu bestimmen, ob die Regeln über unständige
Beschäftigung Anwendung finden sollen oder nicht.
23
Dies wäre insbesondere in der gesetzlichen Krankenversicherung
und sozialen Pflegeversicherung sowie in der
Arbeitslosenversicherung nicht nur von beitragsrechtlicher, sondern
auch von statusrechtlicher Bedeutung. Die Arbeitsvertragsparteien
könnten selbst darüber entscheiden, ob in der
Arbeitslosenversicherung Versicherungsfreiheit eintreten soll oder
nicht (vgl § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III) und sie könnten durch
entsprechende Vertragsgestaltung erreichen, dass insbesondere in
der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung ggf
erhebliche Anteile des Arbeitsentgelts wegen Bildung einer
kalendertäglichen bzw anteiligen Beitragsbemessungsgrenze
beitragsfrei bleiben. Dies widerspräche Sinn und Zweck der für
unständig Beschäftigte geltenden Sonderregelungen.
24
ee) Für die - hier nur streitgegenständliche - gesetzliche
Rentenversicherung ordnet § 163 Abs 1 SGB VI an, dass bei
unständig Beschäftigten, die - wie der Kläger - an nur wenigen
Arbeitstagen im Kalendermonat ein ggf sehr hohes Arbeitsentgelt
erarbeiten, als beitragspflichtige Einnahme ohne Rücksicht auf die
Beschäftigungsdauer das innerhalb eines Kalendermonats erzielte
Arbeitsentgelt bis zur Höhe der monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen ist. Die Vorschrift
stellt damit sicher, dass das innerhalb eines Kalendermonats erzielte
Arbeitsentgelt unständig Beschäftigter insgesamt zum Aufbau
individueller Altersvorsorge heranzuziehen ist und es gerade nicht
darauf ankommt, an wie vielen Arbeitstagen innerhalb des
Kalendermonats tatsächlich gearbeitet wurde. Insoweit weist der
Kläger zutreffend darauf hin, dass bei Zugrundelegung einer nur
anteiligen Beitragsbemessungsgrenze zwar zum Vorteil seiner
Arbeitgeberin erhebliche Teile des Arbeitsentgelts wegen
Überschreitens dieser Beitragsbemessungsgrenze beitragsfrei
blieben, dadurch aber letztlich keine ausreichende Altersvorsorge in
der gesetzlichen Rentenversicherung für den Kläger möglich wäre.
25
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.