Urteil des BSG vom 13.03.2018

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung - Sperrzeitbeginn -sperrzeitbegründendes Ereignis - Eintritt der Beschäftigungslosigkeit

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 13.3.2018, B 11 AL 12/17
R
ECLI:DE:BSG:2018:130318UB11AL1217R0
Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei verspäteter
Arbeitsuchendmeldung - Sperrzeitbeginn -
sperrzeitbegründendes Ereignis - Eintritt der
Beschäftigungslosigkeit
Leitsätze
Die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beginnt
nicht bereits mit dem Versäumnis dieser Obliegenheit, sondern
mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2017 wird
zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren
außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren noch Alg für den Zeitraum
vom 1.1.2013 bis 7.1.2013. Streitig ist insbesondere, ob der Anspruch
auf Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter
Arbeitsuchendmeldung geruht hat.
2
Der Kläger war seit Dezember 2007 bei der Firma B M, N (im
Folgenden: Arbeitgeberin) als Kraftfahrer beschäftigt. Die
Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum
31.12.2012 und informierte ihn über seine Pflicht, sich frühzeitig
arbeitsuchend zu melden (Schreiben vom 5.7.2012). Der Kläger
meldete sich jedoch erst am 22.10.2012 bei der beklagten
Bundesagentur für Arbeit (BA) zum 1.1.2013 arbeitslos und
beantragte Alg. Am 7.1.2013 legte er eine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) seines
behandelnden Arztes mit attestierter Arbeitsunfähigkeit (AU) am
4.1.2013 und am 9.1.2013 eine AU-Bescheinigung über eine AU vom
8.1.2013 bis 11.1.2013 vor.
3
Die Beklagte stellte wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter
Arbeitsuchendmeldung von einer Woche (1.1.2013 bis 7.1.2013) das
Ruhen des Alg-Anspruchs in diesem Zeitraum sowie die Minderung
der Anspruchsdauer um sieben Tage fest (Bescheid vom 30.1.2013).
Ab 12.1.2013 bewilligte sie Alg (Bescheid vom 31.1.2013). Der
Widerspruch gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg
(Widerspruchsbescheid vom 24.4.2013).
4
Das SG hat die auf die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1.1.2013
bis 11.1.2013 gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung
zugelassen (Urteil vom 4.3.2015). Das LSG hat die Berufung
zurückgewiesen (Urteil vom 26.1.2017). Zur Begründung seiner
Entscheidung hat es ausgeführt, dass der Kläger in dem Zeitraum
vom 1.1.2013 bis zum 7.1.2013 keinen Anspruch auf Alg habe, weil
eine einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung
eingetreten sei, die erst ab dem 1.1.2013 begonnen habe. Auch für
den Zeitraum vom 8.1.2013 bis zum 11.1.2013 bestehe kein
Anspruch auf Alg, weil der Kläger durch die Vorlage der AU-
Bescheinigungen jedenfalls seine fehlende subjektive Verfügbarkeit
zum Ausdruck gebracht habe. Mangels eines vorangegangenen
rechtmäßigen Leistungsbezugs sei keine Fortzahlung des Alg bei AU
möglich.
5
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine
Verletzung des § 159 Abs 2 SGB III. Ausgehend von dessen Wortlaut
beginne die Sperrzeit mit dem Tag der verspäteten
Arbeitsuchendmeldung. Daher solle festgestellt werden, dass die
Sperrzeit nicht in der Zeit vom 1.1.2013 bis 7.1.2013, sondern in der
Zeit vom 2.10.2012 bis 8.10.2012 eingetreten sei. Im
Revisionsverfahren begehre er nur noch Alg für den Zeitraum vom
1.1.2013 bis 7.1.2013.
6
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des
Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2017 sowie
des Urteils des Sozialgerichts Koblenz vom 4. März 2015 und der
Bescheide vom 30. Januar 2013 und 31. Januar 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2013 zu verurteilen, dem
Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 7. Januar 2013
Arbeitslosengeld zu zahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
9 Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet und daher
zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht
entschieden, dass der Kläger wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei
verspäteter Arbeitsuchendmeldung keinen Anspruch auf Alg für den
Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 hat.
10
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den
Entscheidungen der Vorinstanzen die Bescheide vom 30.1.2013
und 31.1.2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 24.4.2013. Mit dem Bescheid vom 30.1.2013 hat die Beklagte
die Bewilligung von Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom
1.1.2013 bis 7.1.2013 und das Ruhen des Anspruchs auf Alg für
diesen Zeitraum abgelehnt und gleichzeitig über die
Anspruchsdauer durch Feststellung ihrer Minderung um insgesamt
sieben Tage verfügt. Diese Verfügungen korrespondieren mit
denjenigen des Bewilligungsbescheids vom 31.1.2013 über die
Zahlung von Alg erst ab 12.1.2013 mit einer Anspruchsdauer von
nur noch 353 Kalendertagen. Alle Bescheide stellen eine
einheitliche Regelung dar
(BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225, 227 = SozR
3-4100 § 119 Nr 17 S 78; vgl zuletzt BSG vom 12.10.2017 - B 11 AL
17/16 R - SozR 4-4300 § 159 Nr 4 RdNr 11)
. Im Revisionsverfahren hat der Kläger sein Begehren beschränkt,
weil er sich nicht mehr dagegen wendet, dass die Beklagte die
Zahlung von Alg für den Zeitraum vom 8.1.2013 bis 11.1.2013
abgelehnt hat. Auch wendet er sich im Revisionsverfahren nicht
mehr gegen die Minderung der Anspruchsdauer. Dies entnimmt der
Senat in Auslegung des Revisionsbegehrens (§ 123 SGG) dem
Umstand, dass der Kläger ausdrücklich nur Alg für den begrenzten
Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 begehrt und damit weder in
seinem Revisionsantrag noch in seinem Revisionsvorbringen auf die
Verfügungen der Beklagten zur Minderung des Anspruchs auf Alg
Bezug nimmt.
11
Zwar hat der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung am 1.1.2013 ein
Stammrecht auf Alg erworben, weil er die Regelvoraussetzungen
des Anspruchs auf Alg erfüllte. Nach den Feststellungen des LSG,
an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hat er sich am
22.10.2012 mit Wirkung zum 1.1.2013 arbeitslos gemeldet
(§§ 137 Abs 1 Nr 2, 141 SGB III), die Anwartschaftszeit erfüllt
(§§ 137 Abs 1 Nr 3, 142 SGB III) und war auch arbeitslos
(§§ 137 Abs 1 Nr 1, 138 SGB III). Insbesondere war seine
Verfügbarkeit als Merkmal der Arbeitslosigkeit iS des § 138 Abs 1 Nr
3 SGB III iVm § 138 Abs 5 SGB III zum Zeitpunkt der Entstehung
des Anspruchs nicht durch eine zuvor bestehende und noch
andauernde AU eingeschränkt. Das Berufungsgericht ist jedoch zu
Recht davon ausgegangen, dass der Auszahlungsanspruch auf Alg
in dem Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013 wegen des Eintritts einer
Sperrzeit geruht hat.
12
Nach § 159 Abs 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die
Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer
versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen
Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159
Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III vor, wenn die oder der Arbeitslose der
Meldepflicht nach § 38 SGB III nicht nachgekommen ist (Sperrzeit
bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Nach § 38 Abs 1 Satz 1
SGB III sind Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis
endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen
Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu
melden. Über seinen Wortlaut hinaus setzt § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7
SGB III als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Verschulden
des Arbeitsuchenden voraus. Zwar gehört das Merkmal der
"Unverzüglichkeit" der Arbeitsuchendmeldung in der
Vorgängerregelung des § 37b SGB III in der Fassung des Ersten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom
23.12.2002 (BGBl I 4607), welches das BSG als rechtlichen
Ansatzpunkt für das Verschuldenserfordernis erachtet hat
(vgl nur BSG vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R - BSGE 95, 80 =
SozR 4-4300 § 140 Nr 2 mwN)
, nicht mehr zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der
Arbeitsuchendmeldung nach dem jetzigen § 38 SGB III. Gegenstand
einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung ist jedoch
weiterhin die Verletzung einer versicherungsrechtlichen
Obliegenheit. Dabei ist Anknüpfungspunkt einer
Obliegenheitsverletzung nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges
(etwa Arbeitslosigkeit), sondern das dem Erfolgseintritt vorgelagerte
schuldhafte Fehlverhalten
(vgl Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im
Sozialversicherungsrecht, 2004, S 222 ff)
. Insofern hat das BSG bezogen auf die Ausgestaltung der
versicherungsrechtlichen Obliegenheiten im Arbeitsförderungsrecht
bereits betont, dass dem Leistungsberechtigten eine
Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen
Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen
Leistungsanspruch - auch unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten
(s dazu BVerfG vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - BVerfGE 74, 203,
216 f = SozR 4100 § 120 Nr 2 S 4)
- nur entgegengehalten werden kann, wenn er gegen diese
subjektiv vorwerfbar verstößt
(vgl BSG vom 11.5.2000 - B 7 AL 54/99 R - BSGE 86, 147, 150 =
SozR 3-4300 § 156 Nr 1 S 5; BSG vom 27.5.2003 - B 7 AL 4/02 R -
BSGE 91, 90, 94 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3 S 12; BSG vom
25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R - BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 §
140 Nr 1, RdNr 11; BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE
95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3, RdNr 33)
.
13
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese
tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei
verspäteter Arbeitsuchendmeldung vorlagen. Da das der
Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigungsverhältnis des
Klägers zum 31.12.2012 endete und er sich erst am 22.10.2012 und
damit nicht - wie gesetzlich in § 38 Abs 1 Satz 1 SGB III gefordert -
drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
arbeitsuchend gemeldet hat, liegt eine verspätete
Arbeitsuchendmeldung vor. Der Kläger ist seiner Obliegenheit zur
frühzeitigen Meldung auch subjektiv vorwerfbar nicht
nachgekommen. Ein Verschulden ist zu bejahen, wenn der
Arbeitnehmer nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in
Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich
fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über
die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der
zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat
(vgl zur "doppelten Verschuldensprüfung": BSG vom 28.8.2007 - B
7/7a AL 56/06 R - SozR 4-4300 § 37b Nr 5, RdNr 13; Mutschler in
Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 5. Aufl
2017, § 159 SGB III RdNr 69 ff; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III
nF, § 159 RdNr 474 und 490, Stand Oktober 2015).
Insofern ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG,
an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), dass der Kläger in
einem im August 2012 geführten Telefongespräch mit der Beklagten
über seine Verpflichtung zur Arbeitsuchendmeldung bis spätestens
zum 1.10.2012, dem auf den 30.9.2012 nächstfolgenden Werktag
(vgl § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X), zutreffend informiert worden ist.
Anhaltspunkte dafür, dass er diese Informationen nicht verstehen
konnte oder es Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Meldung
gab, sind nicht erkennbar.
14
Der Kläger kann sich für sein pflichtwidriges Verhalten auch auf
keinen wichtigen Grund iS des § 159 Abs 1 Satz 1 SGB III berufen.
Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Versicherten unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter
Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der
Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet
werden kann
(vgl nur BSG vom 12.9.2017 - B 11 AL 25/16 R - juris, RdNr 16,
vorgesehen zur Veröffentlichung in SozR 4-4300 § 159 Nr 3)
. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG kommt es im Rahmen
dieser Gesamtabwägung nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten
des Arbeitsuchenden an, weil - wie dargelegt - bereits kein
versicherungswidriges Verhalten iS von § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7
SGB III gegeben ist, wenn der Leistungsberechtigte unverschuldet
der Meldepflicht des § 38 SGB III nicht nachgekommen ist
(ebenso Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 159 RdNr 493,
Stand Oktober 2015; Mutschler in
Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 5. Aufl
2017, § 159 SGB III RdNr 91; Giesen, NJW 2006, 721, 726 f; vgl
auch BSG vom 14.7.2004 - B 11 AL 67/03 R - BSGE 93, 105, 107 f
= SozR 4-4300 § 144 Nr 8 S 34 f und 35 zur Sperrzeit bei
Arbeitsablehnung; aA Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 159 SGB III
RdNr 337, Stand März 2015; Preis/Schneider, NZA 2006, 177, 179)
. Soweit aus der früheren Rechtsprechung etwas anderes abgeleitet
werden kann
(vgl insbesondere BSG vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R - SozR 4-
4300 § 144 Nr 22 RdNr 21)
, hält der Senat hieran nicht fest. Unzumutbare Umstände im
vorbezeichneten Sinne hat das LSG nicht festgestellt. Insbesondere
verfügte der Kläger über keine verbindliche Zusage für ein nahtloses
Anschlussbeschäftigungsverhältnis, was abhängig von weiteren
konkreten Umständen des Einzelfalls ggf zur Unzumutbarkeit einer
Arbeitsuchendmeldung führen kann
(vgl Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 159 RdNr 493, Stand
Oktober 2015)
.
15
Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, dass
die einwöchige Sperrzeit in dem Zeitraum vom 1.1.2013 bis 7.1.2013
eingetreten ist. Nach § 159 Abs 2 Satz 1 SGB III beginnt die
Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit
begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem
Ende dieser Sperrzeit. Das Ereignis iS des § 159 Abs 2 Satz 1 SGB
III, das den Lauf der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter
Arbeitsuchendmeldung in Gang setzt, ist nicht bereits die verspätete
Arbeitsuchendmeldung, sondern (erst) der Eintritt der
Beschäftigungslosigkeit
(ebenso Voelzke in Küttner, Personalbuch, 24. Aufl 2017, Sperrzeit
RdNr 23 aE; Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann,
Komm zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 SGB III RdNr 99a;
Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 159 RdNr 526, Stand März
2015; Karmanski in Brand, SGB III, 8. Aufl 2018, § 159 RdNr 153;
Scholz in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl
2017, § 159 RdNr 183; Rolfs, DB 2006, 1009, 1011; aA Lüdtke in
LPK-SGB III, 2. Aufl 2015, § 159 RdNr 46)
. Bereits der Wortlaut des § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III iVm § 159
Abs 2 Satz 1 SGB III verweist mit der Verwendung des Begriffs des
"Arbeitslosen" und der Vergangenheitsform der versäumten
Handlung ("Meldepflicht ... nicht nachgekommen ist") auf einen
(notwendigen) Zusammenhang zwischen der versäumten
Arbeitsuchendmeldung und dem Eintritt von
Beschäftigungslosigkeit. Beschäftigungslos ist ein Arbeitnehmer erst
nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im
leistungsrechtlichen Sinne. Dies folgt auch aus einer an Systematik,
Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen
orientierten Auslegung.
16
In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die
unmittelbare und regelmäßige Rechtsfolge des Ruhens des
Anspruchs auf Alg für sämtliche Sperrzeittatbestände nach § 159
Anspruchs auf Alg für sämtliche Sperrzeittatbestände nach § 159
Abs 1 Satz 1 SGB III einheitlich geregelt ist, wobei Unterschiede
hinsichtlich der Dauer der Sperrzeiten bestehen. Das BSG hat
bereits entschieden, dass die Sperrzeit kraft Gesetzes eintritt und
unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs und einer
Arbeitslosmeldung kalendermäßig abläuft
(BSG vom 25.4.1990 - 7 RAr 106/89 - SozR 3-4100 § 119 Nr 3 S 10)
. Für Beginn und Ablauf der Sperrzeit ist es daher unerheblich, wenn
ein Anspruch auf Alg - etwa wegen Ruhens des Anspruchs aus
anderen Gründen - nicht geltend gemacht werden kann. Der
Arbeitslose kann zB durch eine spätere Antragstellung die
unmittelbaren Rechtsfolgen des Ruhens seines Alg-Anspruchs
vermeiden, nicht jedoch den Eintritt einer Sperrzeit und das
kalendermäßige Ablaufen dieser Sperrzeit verhindern
(vgl BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225, 234 =
SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 86; BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 38/98 R
- SozR 3-4100 § 110 Nr 2 S 5 f)
. Vor Eintritt der objektiven Tatsache der faktischen
Beschäftigungslosigkeit als eines wesentlichen Elements der
Arbeitslosigkeit im rechtlichen Sinne des § 138 SGB III kann -
unabhängig vom Vorliegen der weiteren Merkmale der
Arbeitslosigkeit als Leistungsvoraussetzung (Verfügbarkeit,
Beschäftigungssuche) - von vornherein kein Anspruch iS von § 159
Abs 1 Satz 1 SGB III entstanden sein, der zum Ruhen gebracht
werden könnte
(BSG vom 25.4.2002 - B 11 AL 65/01 R - BSGE 89, 243, 249 =
SozR 3-4300 § 144 Nr 8 S 19; BSG vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01
R - SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 33)
. Für dieses Verständnis spricht auch die Regelung des § 159 Abs 4
Satz 2 SGB III, wonach im Falle der Ablehnung eines
Arbeitsangebots oder einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
während der frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 SGB III) die Sperrzeit
erst "mit der Entstehung des Anspruchs" auf Alg beginnt
(vgl auch Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm
zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 SGB III RdNr 115)
. Anders als der Kläger meint, ergibt sich aus den von ihm zitierten
Urteilen des 7. Senats des BSG nicht, dass eine Sperrzeit ablaufen
könne, ohne dass eine Beschäftigungslosigkeit begonnen hat.
Vielmehr wird in diesen Entscheidungen davon ausgegangen, dass
der Eintritt der Arbeitslosigkeit, die nach der dort zugrunde gelegten
der Eintritt der Arbeitslosigkeit, die nach der dort zugrunde gelegten
Regelung des § 101 AFG nur die Beschäftigungslosigkeit umfasste,
zum Tatbestand der Sperrzeit (bei Arbeitsaufgabe) gehöre, die nicht
ohne Arbeitslosigkeit (in diesem Sinne) beginnen könne
(BSG vom 25.4.1990 - 7 RAr 106/89 - BSGE 67, 26, 28 = SozR 3-
4100 § 119 Nr 3 S 10; BSG vom 5.8.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE
84, 225, 231 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 82).
17
Auch der entstehungsgeschichtliche Zusammenhang der hier
streitigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung mit der
Vorgängerregelung des § 140 SGB III
(idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607)
steht der vom Kläger begehrten Auslegung entgegen. Die als
versicherungsrechtliche Obliegenheit ausgestaltete Pflicht zur
frühzeitigen Arbeitslosmeldung (§ 37b SGB III aF) wurde erstmals
durch Art 1 Nr 6 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) mit Wirkung ab dem
1.7.2003 eingeführt. Die leistungsrechtlichen Folgen, die im Falle der
Arbeitslosigkeit eintraten, wenn Arbeitsuchende ihrer Meldepflicht
nicht genügten, ergaben sich aus § 140 SGB III aF. Danach
minderte sich in bestimmter Höhe das Alg, das dem Arbeitslosen
aufgrund des Anspruchs zustand, der nach der Pflichtverletzung
entstanden ist. Die Minderung trat demnach nicht vor Eintritt der
Beschäftigungslosigkeit ein und war in leistungsrechtlicher Hinsicht
zwingend
(vgl auch Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 159 RdNr 526,
Stand März 2015)
. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005
(BGBl I 3676) wurde die Vorschrift des § 140 SGB III aF aufgehoben
und die verspätete Arbeitsuchendmeldung zum 31.12.2005 als
eigenständiger Sperrzeittatbestand in § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB
III aF/§ 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III ausgestaltet. Die Begründung
des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bezeichnet dabei allein
die Vereinfachung und Überschaubarkeit des Rechts sowie eine
größere Einzelfallgerechtigkeit als das mit der Novellierung verfolgte
wesentliche Ziel (vgl BT-Drucks 16/109 S 7). Dass eine wesentliche
Besserstellung bei den Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung
der frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bezweckt war, lässt sich den
der frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bezweckt war, lässt sich den
in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Erwägungen nicht
entnehmen. Dementsprechend heißt es in der Entwurfsbegründung
ausdrücklich, dass "das die Sperrzeit begründende Ereignis der
Eintritt der Beschäftigungslosigkeit" ist
(vgl BT-Drucks 16/109 S 7; bestätigt in BT-Drucks 16/10810 S 38
anlässlich der Novellierung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III aF
durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente vom 21.12.2008 )
.
18
Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Bestimmungen
zum Sperrzeitenrecht dafür, den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit
als maßgebend für deren Beginn zu erachten. Durch die Sperrzeit
bei Arbeitsaufgabe soll die Gemeinschaft der Beitragszahler vor der
Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte geschützt werden,
die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst
herbeigeführt haben. Der Versicherte selbst soll durch die
Sperrzeitregelung an der Herbeiführung des Versicherungsfalls
gehindert werden
(BSG vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 69/04 R - BSGE 95, 232 =
SozR 4-4300 § 144 Nr 11, RdNr 18; BSG vom 2.5.2012 - B 11 AL
18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 29)
. § 38 SGB III, mit dem § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III logisch
verknüpft ist, verfolgt das vorrangige Ziel, auf das Verhalten des
Arbeitnehmers einzuwirken, um den Eintritt des Versicherungsfalls
der Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden bzw die Dauer der
Arbeitslosigkeit zu begrenzen
(vgl BT-Drucks 15/25 S 27; BSG vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04
R - BSGE 95, 8, 10 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 S 3; BSG vom
18.8.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R - BSGE 95, 80, 85 = SozR 4-4300 §
140 Nr 2 S 14 f)
. Diese Zielsetzung würde nicht in gleicher Weise verwirklicht, wenn
die Sperrzeit bereits am Tage nach der erforderlichen
Arbeitsuchendmeldung beginnen würde. Die Sperrzeit liefe dann
faktisch ins Leere, weil das Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis noch
mindestens drei Monate fortbesteht und sie wegen ihrer Dauer von
nur einer Woche (vgl § 159 Abs 6 SGB III) regelmäßig abgelaufen
wäre, bevor das Arbeitsverhältnis beendet bzw eine
Beschäftigungslosigkeit eingetreten ist. Die Sperrzeit hätte dann
allenfalls Bedeutung bei der das Stammrecht betreffenden Regelung
der Minderung des Anspruchs (§ 148 Abs 1 Nr 3 SGB III), ohne dass
hiermit zwingend leistungsrechtliche Folgen einhergehen müssten
(vgl Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 159 SGB III RdNr 445 f,
Stand September 2014; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III nF, §
159 RdNr 526, Stand März 2015).
19
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich aus der
Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I zur Beachtung der im SGB I
formulierten sozialen Rechte nicht, dass zu seinen Gunsten
entschieden werden müsste. Folgt - wie hier - bereits anhand der
üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation, dass die
überwiegenden Gründe für eine Begrenzung eines sozialen
Anspruchs sprechen, so tritt § 2 Abs 2 SGB I zurück
(vgl nur BSG vom 18.12.2008 - B 11 AL 48/07 R - SozR 4-4300 §
158 Nr 4 RdNr 21-22)
.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.