Urteil des BSG vom 03.05.2018

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers -Vermittlungsvertrag - Schriftform - unwirksame Vereinbarung - schriftlicher Vermittlungsvertrag erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages - keine Bestätigung ei

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 3.5.2018, B 11 AL 11/17 R
ECLI:DE:BSG:2018:030518UB11AL1117R0
Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein -
Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers -
Vermittlungsvertrag - Schriftform - unwirksame Vereinbarung
- schriftlicher Vermittlungsvertrag erst nach Abschluss des
Arbeitsvertrages - keine Bestätigung eines nichtigen
Rechtsgeschäfts
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen
Landessozialgerichts vom 3. November 2016 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die
diese selbst zu tragen hat.
Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin, die eine gewerbliche Personalvermittlung betreibt,
begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vergütung von 1000
Euro aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS).
2
Die Beklagte erteilte der Beigeladenen, der sie bis einschließlich dem
6.10.2012 Alg gewährte, am 17.9.2012 einen AVGS, der zur Auswahl
"eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung)" berechtigte.
Dieser enthielt mit "Nebenbestimmungen" überschriebene Hinweise
unter anderem zur zeitlichen Befristung ("Gültigkeitsdauer" vom
19.9.2012 bis zum 6.10.2012) und zur Vermittlungsvergütung.
Klägerin und Beigeladene trafen am 24.10.2012 eine schriftliche
Vermittlungsvereinbarung. Unter dem 12.2.2013 bestätigte ein
Arbeitgeber, auf Vermittlung der Klägerin am 4.10.2012 mit der
Beigeladenen einen Arbeitsvertrag über eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15
Wochenstunden für die Dauer vom 29.10.2012 bis zum 29.4.2013
geschlossen zu haben; das Beschäftigungsverhältnis habe
ununterbrochen vom 29.10.2012 bis zum 10.1.2013 bestanden.
3
Unter Vorlage des AVGS und der Vermittlungs- und
Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers beantragte die Klägerin
bei der Beklagten die Zahlung einer Vergütung von 1000 Euro als
erste Rate für die Vermittlung der Beigeladenen
(Antrag vom 15.2.2013). Die Beklagte lehnte den Antrag mit der
Begründung ab, die Beigeladene habe die Beschäftigung nicht
innerhalb der zeitlichen Befristung des AVGS aufgenommen
(Bescheid vom 2.5.2013; Widerspruchsbescheid vom 20.6.2013).
4
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.6.2014), das LSG
hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 3.11.2016).
Zum einen sei der nach § 296 Abs 1 Satz 1 SGB III erforderliche
schriftliche Vermittlungsvertrag vom 24.10.2012 für den zuvor
vereinbarten Arbeitsvertrag nicht kausal geworden. Zum anderen
habe die Beigeladene nicht innerhalb des Geltungszeitraums des
AVGS die Beschäftigung tatsächlich aufgenommen.
5
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision macht die Klägerin eine
Verletzung des § 45 und § 296 SGB III geltend. Der von § 45 SGB III
vorausgesetzte Vergütungsanspruch beruhe auf dem
Vermittlungserfolg, der mit dem abgeschlossenen Arbeitsvertrag
vorliege. Darauf, dass der schriftliche Vermittlungsvertrag erst nach
Abschluss des vermittelten Arbeitsvertrags unterzeichnet worden sei,
komme es nicht an, weil nach § 141 Abs 1 BGB von einer
Bestätigung der mündlichen Absprache auszugehen und die
Beklagte nach § 141 Abs 2 BGB einstandspflichtig sei.
6
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3.11.2016
sowie des Sozialgerichts Chemnitz vom 26.6.2014 aufzuheben und
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2.5.2013 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.6.2013 zu verurteilen,
eine Vergütung für die Vermittlung der Beigeladenen in Höhe von
1000 Euro zu zahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
9
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
10
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG)
. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des
SG zu Recht zurückgewiesen, denn es besteht kein Anspruch auf
Zahlung einer Vergütung aus dem der Beigeladenen erteilten AVGS.
11
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den
vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid der Beklagten vom
2.5.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.6.2013,
mit dem die Beklagte die Zahlung der ersten Rate in Höhe von 1000
Euro als Vergütung aus dem gegenüber der Beigeladenen erteilten
AVGS abgelehnt hat. Wie vom Senat bereits entschieden, ist die
Ablehnung der Zahlung einer Vermittlungsvergütung gegenüber
dem Vermittler als Verwaltungsakt gemäß § 31 Satz 1 SGB X zu
qualifizieren
(vgl BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R - vorgesehen für BSGE
und SozR 4-4300 § 326 Nr 1, RdNr 15 ff)
. Gegen die Ablehnung wendet sich die Klägerin deshalb
zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und
Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG).
12
Anspruchsgrundlage ist § 45 SGB III
(in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur
Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom
20.12.2011 - BGBl I 2854)
. Diese Vorschrift regelt im Einzelnen, dass Arbeitslose bei
Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden können, die ihre
berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine
versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen
(Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, § 45
Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III)
. Die Agentur für Arbeit kann dem Berechtigten das Vorliegen der
Voraussetzung für eine Förderung nach Abs 1 bescheinigen und
Maßnahmeziel und -inhalt durch einen AVGS festlegen
(§ 45 Abs 4 Satz 1 SGB III). Ein AVGS kann - wie vorliegend - zur
Auswahl eines Trägers berechtigen, der eine ausschließlich
erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in
versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet
(§ 45 Abs 4 Satz 3 Nr 2 SGB III). Bei einer erfolgreichen
Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung
durch einen vom Berechtigten ausgewählten Träger iS von § 45 Abs
4 Satz 3 Nr 2 SGB III beträgt die Vergütung 2000 Euro
(§ 45 Abs 6 Satz 3 SGB III). Diese Vergütung wird in Höhe von 1000
Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer
sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt
(§ 45 Abs 6 Satz 5 SGB III). Der ausgewählte Träger hat der Agentur
für Arbeit den AVGS nach erstmaligem Vorliegen der
Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen
(§ 45 Abs 4 Satz 5 SGB III). Nach § 45 Abs 6 Satz 2 SGB III gilt § 83
Abs 2 SGB III entsprechend.
13
Nach ständiger Rechtsprechung steht der aus diesen Vorschriften
abzuleitende öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch des privaten
Arbeitsvermittlers gegenüber der BA nicht in deren Ermessen
(vgl BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R - vorgesehen für BSGE
und SozR 4-4300 § 326 Nr 1, RdNr 19; zur früheren Rechtslage:
BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 = SozR 4-
4300 § 421g Nr 1, RdNr 15; BSG vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 8/07 R -
BSGE 100, 238 = SozR 4-4300 § 421g Nr 3, RdNr 11; BSG vom
11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR 4-4300 §
421g Nr 5, RdNr 14).
Soweit eingewandt wird, § 45 SGB III in seiner ab dem 1.4.2012
geltenden Fassung weiche mit der Bezugnahme auf § 83 Abs 2
SGB III von der Vorgängerregelung ab, aufgrund derer die
Rechtsprechung des BSG auf einen eigenen Zahlungsanspruch
des Vermittlers geschlossen habe
(vgl Bieback, jurisPR-SozR 21/2017 Anm 3), trifft dies zwar zu, führt
aber zu keiner anderen Beurteilung.
14
Vor der Neufassung des § 45 SGB III bestimmte der mittlerweile
aufgehobene § 421g SGB III
(in seiner bis zum 31.3.2012 geltenden letzten Fassung des
Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am
Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl I 2854)
seinem Wortlaut nach eine ausdrückliche Pflicht der BA, den
Vergütungsanspruch des vom Arbeitnehmer eingeschalteten
Vermittlers gegen den Arbeitnehmer zu erfüllen (Abs 1 Satz 4).
Dieser war bis zur Zahlung der BA gestundet, das heißt gegen den
Arbeitnehmer nicht durchsetzbar
(§ 296 Abs 4 Satz 2 SGB III, der in seiner bis zum 31.3.2012
geltenden Fassung auf § 421g SGB III Bezug genommen hatte und
nunmehr auf § 45 Abs 6 SGB III Bezug nimmt)
. Die Zahlung erfolgte unmittelbar an den Vermittler
(§ 421g Abs 2 Satz 4 SGB III). Diese ausdrückliche Regelung zur
Direktzahlung ist mit der Neufassung des § 45 SGB III zum 1.4.2012
entfallen. Nunmehr ordnet § 45 Abs 6 Satz 2 SGB III die
entsprechende Anwendung von § 83 Abs 2 SGB III an, der die
Zahlung von Weiterbildungskosten regelt und dem bisherigen § 79
SGB III aF entspricht (vgl BT-Drucks 17/6277 S 101).
15
In § 83 Abs 2 Satz 1 SGB III ist - für Weiterbildungskosten - geregelt,
dass Leistungen unmittelbar an den Träger der Maßnahme
ausgezahlt werden "können", soweit diese bei dem Träger
unmittelbar entstehen. Doch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass
der Gesetzgeber mit der entsprechenden Anwendung dieser
Vorschrift auf Maßnahmen der Aktivierung und Vermittlung gemäß §
45 Abs 6 Satz 2 SGB III eine Novellierung der Rechtsbeziehungen
der drei Akteure - Arbeitsuchender, privater Arbeitsvermittler und
Bundesagentur - zu Lasten der privaten Arbeitsvermittler bezweckt
hat. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zielt die Neufassung
vornehmlich darauf ab, die bis zum 31.3.2012 durch § 421g Abs 4
Satz 1 SGB III aF befristete Regelung zum Vermittlungsgutschein zu
entfristen und damit die Planungssicherheit der privaten
Arbeitsvermittler zu stärken (vgl BT-Drucks 17/6277 S 92 f). Ohne
die Möglichkeit der Direktzahlung könnte der private Arbeitsvermittler
eine Zahlung nur aus abgetretenem Recht des Arbeitsuchenden
fordern. Deshalb begünstigt § 83 Abs 2 Satz 1 SGB III den
Arbeitsvermittler als dritten Akteur und dieser kann sich auf eine
eigene Rechtsposition berufen
(vgl Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 45 RdNr 16, 218,
Stand Juli 2013; B. Schmidt in Eicher/ Schlegel, SGB III nF, § 83
RdNr 39 f, Stand Mai 2015; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K
§ 83 RdNr 56, Stand Juli 2016; Reichel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB III, 1. Aufl 2014, § 83 RdNr 25, mit Verweis auf BT-Drucks
13/4941 S 169)
.
16
Der Arbeitsuchende wiederum ist - wie bisher - durch die
Begrenzung der Höhe der Vergütung (§ 296 Abs 3 SGB III) und
durch die Stundung des gegen ihn aus dem schuldrechtlichen
Verhältnis gerichteten Anspruchs geschützt. Eine Auszahlung an ihn
ist deshalb von vornherein nicht geboten. Eine rechtsfehlerfreie
Ablehnung einer Auszahlung des Vergütungsanspruchs an den
Arbeitsvermittler ist daher ausgeschlossen, wenn die
Anspruchsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs vorliegen. In
diesem Fall steht dem privaten Arbeitsvermittler unmittelbar die
Gewährung der Leistung zu
(so bereits Sächsisches LSG vom 10.3.2016 - L 3 AL 58/14 - juris
RdNr 35; LSG Berlin-Brandenburg vom 28.4.2016 - L 32 AS 846/15 -
juris RdNr 51 f; LSG Sachsen-Anhalt vom 26.10.2016 - L 2 AL 9/16 -
juris RdNr 22, 28; LSG Hamburg vom 8.2.2017 - L 2 AL 58/16 - juris
RdNr 30; vgl auch Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 45
RdNr 216, Stand Juli 2013; Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 45
SGB III, RdNr 342, 361, Stand März 2013; Herbst in
Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 45 RdNr 395.1)
.
17
Ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung einer Vergütung für eine
Arbeitsvermittlung besteht hier jedoch nicht. Entsprechend der
Vorgängerregelung in § 421g SGB III aF hat der Zahlungsanspruch
des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte nach § 45 SGB III
zusammenfassend folgende Voraussetzungen: Erstens die
Ausstellung eines AVGS; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der
Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher
Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch
des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; drittens die erfolgreiche
Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit
mindestens 15 Wochenstunden innerhalb der Geltungsdauer des
AVGS; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine
sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
(vgl zuletzt BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R - vorgesehen für
BSGE und SozR 4-4300 § 326 Nr 1, RdNr 25)
.
18
Hier fehlt es bereits an einem vor Beginn der Vermittlungstätigkeit
abgeschlossenen schriftlichen Vermittlungsvertrag zwischen der
Klägerin und der Beigeladenen. Bei dem Vertrag des Vermittlers mit
dem zu Vermittelnden handelt es sich um einen durch öffentlich-
rechtliche Normen modifizierten Maklervertrag iS des § 652 BGB.
Dessen Wirksamkeit und Ausgestaltung richtet sich zwar nach den
Vorschriften des BGB, diese sind jedoch überlagert von öffentlich-
rechtlichen Normen, insbesondere denen der §§ 296, 297 SGB III
(vgl BSG vom 11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR
4-4300 § 421g Nr 5, RdNr 14 mwN)
. Gemäß § 296 Abs 1 SGB III bedarf ein Vertrag, nach dem sich ein
Vermittler verpflichtet, einer oder einem Arbeitsuchenden eine
Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form (Satz 1). Wird die
erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist die Vereinbarung
unwirksam
(§ 297 Nr 1 Alt 3 SGB III; vgl BSG vom 23.2.2011 - B 11 AL 10/10 R -
juris RdNr 16)
. Die Klägerin und die Beigeladene haben nach den für den Senat
bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG eine schriftliche
Vermittlungsvereinbarung erst am 24.10.2012 geschlossen. Eine
Vermittlung der Beigeladenen, die durch die Klägerin erfolgt sein
soll, ist durch den bereits am 4.10.2012 geschlossenen
Arbeitsvertrag dokumentiert. Vor dem Abschluss der Vermittlung lag
ein schriftlicher Vermittlungsvertrag also noch nicht vor.
19
Selbst wenn es zuvor mündliche Absprachen über die Vermittlung
gegeben haben sollte, vermag die spätere schriftliche Vereinbarung
die Anspruchsvoraussetzung eines vor Beginn der
Vermittlungsaktivitäten abgeschlossenen schriftlichen
Vermittlungsvertrags nicht zu ersetzen. Dem steht der Zweck der in
§ 296 Abs 1 Satz 1 SGB III angeordneten Schriftform entgegen, den
Arbeitsuchenden vor der Ausnutzung seiner persönlichen und
wirtschaftlichen Notlage sowie seiner Unerfahrenheit zu schützen
und diesem im Sinne einer Warn- und Transparenzfunktion zu
verdeutlichen, welche Verpflichtungen ihn im Falle der Beauftragung
eines privaten Arbeitsvermittlers treffen
(vgl BT-Drucks 14/8546 S 6; LSG Niedersachsen-Bremen vom
12.6.2007 - L 7 AL 391/04 - juris RdNr 18 f; Rademacker in
Hauck/Noftz, SGB III, K § 296 RdNr 6, Stand Mai 2012; Neunhaber
in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 297 RdNr 19)
.
20
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus § 141 BGB nichts
anderes. Diese Vorschrift wird gleichfalls von den öffentlich-
rechtlichen Bestimmungen des SGB III überlagert. § 297 Nr 1 Alt 3
SGB III sieht als einzige Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der
Schriftform die Unwirksamkeit der Vereinbarung ohne Möglichkeit
der Bestätigung vor. Als speziellere Regelung geht sie den
zivilrechtlichen Vorschriften vor
(vgl Siefert in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 297 RdNr 22, Stand
Dezember 2014, die indes zu Unrecht - ua wegen § 141 BGB - §
297 Nr 1 Alt 3 SGB III neben § 125 BGB für überflüssig hält)
. Die Interessen der Arbeitsuchenden als Vertragspartner sind
zudem - wie bereits dargelegt - durch Begrenzung der Höhe der
Vergütung (§ 296 Abs 3 SGB III) und durch die Stundung des gegen
sie aus dem schuldrechtlichen Verhältnis gerichteten Anspruchs
(§ 296 Abs 4 Satz 2 SGB III) ausreichend geschützt, bedürfen also
keines weiteren Schutzes über § 141 BGB. Der Anwendung dieser
Vorschrift steht auch entgegen, dass die Risiken einer
Formunwirksamkeit vom Vermittler auf die BA, die nicht einmal
Vertragspartner ist, zu deren Lasten verlagert würden
(vgl zum Anwendungsausschluss bei einer benachteiligenden
Wirkung für Dritte BAG vom 13.9.2006 - 4 AZR 1/06 - juris RdNr 34)
. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass hier schon nicht
festgestellt ist, ob Klägerin und Beigeladene vor der angegebenen
Vermittlung überhaupt eine (mündliche) Vermittlungsvereinbarung
getroffen hatten. Zudem erscheint es sehr zweifelhaft, ob sie die
schriftliche Vereinbarung in Kenntnis der Nichtigkeit der
ursprünglichen Vereinbarung geschlossen haben, wie es § 141 Abs
1 BGB voraussetzt. Schließlich wäre zu berücksichtigen, dass eine
Bestätigung nach § 141 Abs 1 BGB Wirkung ohnehin nur für die
Zukunft entfalten würde.
21
Scheitert ein Zahlungsanspruch der Klägerin damit schon an einem
fehlenden formwirksamen Vermittlungsvertrag vor Beginn ihrer
Vermittlungstätigkeit für die Beigeladene, kommt es auf die weiteren
vom LSG und der Revision problematisierten Fragen nicht an.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2, §
162 Abs 3 VwGO. Der private Vermittler ist kein Leistungsempfänger
iS des § 183 SGG. Bei der Vergütung aus dem AVGS handelt es
sich um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung. Eines
besonderen sozialen Schutzes im Rahmen des sozialgerichtlichen
Kostenrechts, auf den die Kostenprivilegierung des § 183 SGG
abzielt, bedarf es deshalb bezogen auf den privaten Arbeitsvermittler
nicht
(vgl BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R - vorgesehen für BSGE
und SozR 4-4300 § 326 Nr 1, RdNr 34)
. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren weder der
unterlegenen Klägerin noch der Staatskasse aufzuerlegen, denn die
Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ist damit kein
Kostenrisiko eingegangen
(vgl § 154 Abs 3 Halbsatz 1 VwGO; B. Schmidt in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 197a RdNr
29)
.
23
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a SGG iVm § 52
Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.