Urteil des BSG vom 19.09.2013

BSG: Krankenversicherung, Krankenhausbehandlung, Prüfung durch den MDK, Aufwandspauschale

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 19.9.2013, B 3 KR 5/13 R
Krankenversicherung - Krankenhausbehandlung - Prüfung durch den MDK -
Aufwandspauschale
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24.
Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 100 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1 Die klagende Gesellschaft ist Trägerin eines Krankenhauses, in dem in der Zeit vom 12. bis
zum 15.9.2008 die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patientin T.
(Versicherte) wegen einer Luxation des Daumengrundgelenks der linken Hand behandelt
wurde. Das Krankenhaus rechnete die Behandlung auf Grundlage der Diagnosis Related
Groups (DRG) I32E (Eingriffe an Handgelenk und Hand ohne mehrseitigen Eingriff, …;
untere Grenzverweildauer zwei Tage, obere Grenzverweildauer sieben Tage) mit einer
Gesamtforderung von 1792,92 Euro ab (Rechnung vom 17.9.2008). In diesem Betrag war
ein Investitionszuschlag nach § 8 Abs 3 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und
teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) vom
23.4.2002 (BGBl I 1412) für drei Tage (12., 13. und 14.9.2008) in Höhe von 16,86 Euro (3 x
5,62 Euro) enthalten. Der Rechnungsbetrag wurde von der Beklagten zunächst in voller
Höhe beglichen.
2 Mit Schreiben vom 9.10.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe dem
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) den Auftrag erteilt, den
Behandlungsfall mit der Fragestellung "Ist die gesamte Verweildauer medizinisch
begründet?" zu begutachten, und bat um Kopien der rechnungsbegründenden Unterlagen.
Der MDK kam in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 13.11.2008 zu dem Ergebnis, die
stationäre Behandlung sei für drei Tage medizinisch erforderlich gewesen; wegen des
unkomplizierten Verlaufs sei allerdings der zweite postoperative Tag nach Entfernung der
Drainage nicht nachvollziehbar, sodass die Versicherte schon am 14.9.2008 hätte
entlassen werden können. Da die untere Grenzverweildauer dadurch aber nicht
unterschritten worden wäre, blieb das Entgelt für die DRG-Fallpauschale I32E in Höhe von
1717,67 Euro unverändert; nur der Investitionszuschlag reduzierte sich auf 11,24 Euro (2 x
5,62 Euro). Nachdem die Aufforderung der Beklagten vom 31.3.2009, den überzahlten
Betrag von 5,62 Euro bis zum 24.4.2009 zu erstatten, erfolglos geblieben war, erklärte die
Beklagte am 29.4.2009 die Aufrechnung des entsprechenden Erstattungsanspruchs gegen
den Vergütungsanspruch der Klägerin aus einem unstreitigen anderen Behandlungsfall.
3 Mit Rechnung vom 9.3.2009 verlangte die Klägerin die Zahlung der Aufwandspauschale in
Höhe von 100 Euro wegen erfolgloser MDK-Prüfung, weil der Investitionszuschlag nicht
Bestandteil der Vergütung für die medizinische Behandlung sei und dessen Kürzung
folglich keine Minderung des Abrechnungsbetrages iS des § 275 Abs 1c S 3 SGB V
darstelle. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, weil die MDK-Prüfung letztlich zur Kürzung
des Endbetrages der Krankenhausrechnung um 5,62 Euro geführt habe, was den Anspruch
auf die Aufwandspauschale ausschließe.
4 Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.6.2011), weil der Investitionszuschlag
Bestandteil der Abrechnung der Krankenhausbehandlung sei, sodass dessen auf eine
MDK-Prüfung zurückzuführende Kürzung als Minderung des Rechnungsbetrages iS des §
275 Abs 1c S 3 SGB V gelte. Das LSG hat die erstinstanzliche Entscheidung geändert und
die Beklagte zur Zahlung von 100 Euro nebst 4 % Zinsen ab 30.3.2009 verurteilt (Urteil vom
24.10.2012). Nach Sinn und Zweck des § 275 Abs 1c SGB V und der gebotenen Auslegung
dieser Vorschrift nach wertenden Gesichtspunkten, wie sie das BSG im Verhältnis
zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen zB bei Bagatellfällen sowie beim
Verursachungsprinzip heranziehe (Hinweis auf Urteile vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R -
und vom 22.6.2010 - B 1 KR 1/10 R -), werde die Aufwandspauschale fällig, wenn eine
Krankenhausrechnung allein um den Investitionszuschlag gekürzt werde.
5 Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen
Rechts. Sie hält die vom SG vorgenommene Auslegung des § 275 Abs 1c SGB V für
zutreffend. Der Auffassung des LSG, es gehe hier um einen Bagatellfall, sei
entgegenzuhalten, dass der Begutachtungsauftrag die Frage habe klären sollen, ob der
stationäre Aufenthalt der Versicherten aus medizinischer Sicht auf nur einen
Berechnungstag hätte verringert werden können. Durch die dann gegebene
Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer hätte sich bei der DRG-Fallpauschale I32E
ein Abschlag von 672,23 Euro ergeben.
6 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 24.10.2012 zu ändern und die Berufung der
Klägerin gegen das Urteil des SG Halle vom 22.6.2011 zurückzuweisen.
7 Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
8 Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
9 1. Streitgegenstand der zutreffend als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG)
erhobenen Zahlungsklage ist ausschließlich der Anspruch der Klägerin auf Entrichtung
der Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro wegen einer erfolglos gebliebenen
Prüfung der Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten T und der
Abrechnung dieser Behandlung in der Rechnung vom 17.9.2008. Die in der gutachtlichen
Stellungnahme des MDK vom 13.11.2008 enthaltene Feststellung, die Erstreckung des
stationären Aufenthalts über den 14.9.2008 hinaus sei medizinisch nicht erforderlich
gewesen, und der darauf basierende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Höhe
von 5,62 Euro wegen des durch die Streichung eines Berechnungstages um diesen
Betrag zu hoch angesetzten Investitionszuschlags, den die Beklagte im Wege der
Aufrechnung gegen eine unstreitige Vergütungsforderung aus einem späteren
Behandlungsfall durchgesetzt hat, sind dabei als gegebene Umstände zugrunde zu legen,
weil die Klägerin die Möglichkeit der Entlassung der Versicherten am 14.9.2008 in die
weitere ambulante Behandlung nicht bestritten und deshalb davon abgesehen hat, den um
5,62 Euro gekürzten Vergütungsanspruch aus einer späteren Behandlung zusätzlich
einzuklagen und so den Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits um diesen
Vergütungsanspruch zu erweitern.
10 Es war hier auch nicht die Frage zu entscheiden, ob die MDK-Prüfung überhaupt
durchgeführt werden durfte; denn dies wäre nur relevant geworden, wenn die Klägerin die
erklärte Aufrechnung mit dem Erstattungsanspruch wegen des gekürzten
Investitionszuschlags nicht akzeptiert und den Betrag zusätzlich eingeklagt hätte.
11 2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung der
Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro ist § 275 Abs 1c S 3 SGB V in der ab 1.4.2007
geltenden Fassung von Art 1 Nr 185 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378). Die
Krankenkassen sind gemäß § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V in den gesetzlich bestimmten Fällen
oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem
Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen,
insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei
Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche
Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MDK, SMD, MD-BEV, §§ 278 bis 283 SGB
V) einzuholen. Nach § 275 Abs 1c S 1 SGB V ist bei einer Krankenhausbehandlung (§ 39
SGB V) eine Prüfung gemäß § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Diese
Prüfung ist gemäß § 275 Abs 1c S 2 SGB V spätestens sechs Wochen nach Eingang der
Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem
Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des
Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus nach § 275 Abs 1c S
3 SGB V eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu zahlen. Mit Wirkung ab
25.3.2009 ist die Aufwandspauschale durch das Gesetz zum ordnungspolitischen
Rahmen der Krankenhausfinanzierung (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG)
vom 17.3.2009 (BGBl I 534) auf 300 Euro angehoben worden. Diese Neufassung des §
275 Abs 1c S 3 SGB V ist im vorliegenden Fall aber nicht einschlägig, weil die
Krankenhausbehandlung der Versicherten im Jahre 2008 stattgefunden hat.
12 3. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Zahlung der Aufwandspauschale sind hier
erfüllt, obgleich die MDK-Prüfung vom 13.11.2008 letztlich zu einem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 5,62 Euro geführt hat, mit dem diese
gegenüber einem der Klägerin unstreitig zustehenden Vergütungsanspruch aus einem
späteren Behandlungsfall aufgerechnet (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387, 388, 389
BGB) hat. Der Zahlungsanspruch der Klägerin nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V ist dennoch
begründet, weil dem Krankenhaus im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch den MDK
ein Aufwand infolge der erneuten Befassung mit dem Abrechnungsfall entstanden ist, bei
der erfolgten Kürzung um 5,62 Euro aber nicht von einer Minderung des
Abrechnungsbetrages aus der Krankenhausbehandlung gesprochen werden kann.
Entscheidend ist, dass die Aufwandspauschale untrennbar mit einer - für die
Krankenkasse günstigen - Änderung des vom Krankenhaus ermittelten
Abrechnungsbetrages verbunden ist, dieser Begriff anhand der Regelungen des KHEntgG
konkret eingegrenzt werden kann und das Tatbestandsmerkmal der Minderung des
Abrechnungsbetrages in der dem § 275 Abs 1c S 3 SGB V zugrunde liegenden
Bedeutung nicht erfüllt ist.
13 a) § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V sieht die Begutachtung medizinischer Fragestellungen durch
den MDK vor "bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von
Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der
ordnungsgemäßen Abrechnung". Es geht also um die Überprüfung von erbrachten
Krankenhausleistungen und deren Abrechnung.
14 b) Welche Entgelte für die - in § 2 KHEntgG definierten - allgemeinen
Krankenhausleistungen abrechnungsfähig sind, ist in § 7 KHEntgG geregelt. Da die
Behandlung der Versicherten im Jahre 2008 stattgefunden hat und abgerechnet worden
ist, ist das KHEntgG idF des GKV-WSG maßgeblich, die am 1.4.2007 in Kraft getreten ist
(alte Fassung - aF). Zu jener Zeit bestand § 7 KHEntgG nur aus einem Absatz mit zwei
Sätzen, wobei in Satz 1 Nr 1 bis 8 die in Betracht kommenden Entgeltarten beschrieben
worden sind. Durch das KHRG ist § 7 KHEntgG mit Wirkung ab 25.3.2009 geändert und
erweitert worden (neue Fassung - nF). Der bisherige Wortlaut der Vorschrift wurde
nunmehr zu Absatz 1, während im neuen Absatz 2 eine Regelung zur Höhe der diversen
Entgelte für die allgemeinen Krankenhausleistungen angefügt wurde. Der Katalog der
Entgeltarten (bisher § 7 S 1 Nr 1 bis 8 KHEntgG) wurde dabei inhaltlich teilweise neu
gefasst (Nr 3, 4 und 5) und formal um die Nr 8 gekürzt; das bisher dort angeführte Entgelt
(DRG - Systemzuschlag nach § 17b Abs 5 KHG) ist dabei aber nicht etwa gestrichen,
sondern in den neu angefügten Satz 3 des § 7 Abs 1 KHEntgG aufgenommen worden,
weil es sich bei diesem Entgelt der Sache nach nicht um eine Gegenleistung für eine
erbrachte Krankenhausbehandlungsleistung handelt, sondern um einen Zuschlag zur
Finanzierung der Entwicklung, Einführung und laufenden Pflege des zum 1.1.2003
eingeführten neuen DRG-Vergütungssystems (DRG-Systemzuschlag). Es handelt sich bei
§ 7 S 1 Nr 1 bis 8 KHEntgG aF bzw - ab 25.3.2009 - bei § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 7 KHEntgG
nF um einen abschließenden Katalog der denkbaren Entgelte für die allgemeinen
Krankenhausleistungen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 7 S 2 KHEntgG aF bzw dem
wortgleichen § 7 Abs 1 S 2 KHEntgG nF: "Mit diesen Entgelten werden alle für die
Versorgung der Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet."
15 c) In die Abrechnung einbezogen werden gemäß § 7 Abs 1 S 3 KHEntgG nF aber auch
einige vergütungsfremde Zuschläge, nämlich der (bis 24.3.2009 systemwidrig in § 7 S 1 Nr
8 KHEntgG aF aufgeführte) DRG-Systemzuschlag nach § 17b Abs 5 KHG sowie als neue
Zuschläge (ab 25.3.2009) der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss
(GBA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91
Abs 3 S 1 iVm § 139c SGB V und der Telematikzuschlag nach § 291a Abs 7a S 1 und 2
SGB V. Der hier interessierende Investitionszuschlag nach § 8 Abs 3 KHEntgG war und ist
hingegen in § 7 KHEntgG nicht aufgeführt, und es geht auch der Sache nach nicht um eine
Vergütung (Entgelt) für eine erbrachte Krankenhausleistung, sondern um einen
vergütungsfremden Zuschlag, der aber - wie die anderen Zuschläge (§ 7 Abs 1 S 3
KHEntgG nF) - in die Abrechnung eines Behandlungsfalls einzubeziehen ist.
16 d) Nach § 8 Abs 3 KHEntgG berechnen die Krankenhäuser in dem in Art 3 des
Einigungsvertrages genannten Gebiet (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der Ostteil Berlins) bis zum 31.12.2014 für
jeden Tag des Krankenhausaufenthalts mit Ausnahme des Entlassungstags
(Belegungstage) den Investitionszuschlag nach Art 14 Abs 3 des
Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266); bei teilstationärer
Behandlung wird der Zuschlag auch für den Entlassungstag berechnet. Diese bereits in
der Ursprungsfassung des KHEntgG vom 23.4.2002 (BGBl I 1412) enthaltene Regelung
ist im Wortlaut unverändert geblieben, obgleich die Bestimmung des bisherigen Art 14 Abs
3 GSG über den Investitionszuschlag durch Art 3 des Solidarpaktfortführungsgesetzes
vom 20.12.2001 (BGBl I 3955) zum neuen § 14 Abs 1 GSG geworden ist.
Zahlungspflichtig für den Investitionszuschlag sind nach Art 14 Abs 2 S 3 iVm Abs 3 GSG
die Benutzer des Krankenhauses oder ihre Kostenträger.
17 Dieser Investitionszuschlag stellt kein Entgelt für eine allgemeine Krankenhausleistung
dar, sondern einen vergütungsfremden Zuschlag zur Investitionsförderung im
Krankenhauswesen der neuen Bundesländer, um Krankenhäuser zu renovieren, bei
Bedarf neu zu errichten und mit den erforderlichen medizinischen Geräten auszustatten.
Da die erheblichen Investitionskosten von den neuen Bundesländern nicht allein aus
Steuermitteln aufgebracht werden konnten, wurde im Jahre 1992 ein gesondertes
Investitionsprogramm beschlossen, das in Art 14 GSG seinen Niederschlag gefunden hat.
Diese Regelung war dann Grundlage für die abrechnungstechnischen Bestimmungen zur
Erhebung des Investitionszuschlags nach § 8 Abs 3 KHEntgG und § 14 Abs 8 der
Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26.9.1994 (BGBl I 2750).
18 e) Obwohl es sich bei den Zuschlägen nach § 7 Abs 1 S 3 KHEntgG nF und dem
Investitionszuschlag nach § 8 Abs 3 KHEntgG ausweislich der Überschriften zu §§ 7 und 8
KHEntgG auch um "Entgelte" handelt, differenziert die maßgebliche Regelung des § 7 S 2
KHEntgG aF bzw § 7 Abs 1 S 2 KHEntgG nF eindeutig zwischen den Entgelten, mit denen
die allgemeinen Krankenhausleistungen (§ 2 KHEntgG) vergütet werden (Entgeltkatalog
nach § 7 S 1 KHEntgG aF bzw § 7 Abs 1 S 1 KHEntgG nF), und den nicht zur
Leistungsvergütung zählenden - und damit im eigentlichen Sinne vergütungsfremden -
diversen Zuschlägen. Das MDK-Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V betrifft dabei
nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V die erbrachten Leistungen des Krankenhauses und deren
ordnungsgemäße Abrechnung, bezieht sich also der Sache nach auf die
leistungsvergütenden Entgelte, die im Entgeltkatalog genannt sind. Änderungen bei den
zugleich abgerechneten Zuschlägen können daher nicht alleiniges Ziel einer MDK-
Prüfung sein, sondern ergeben sich im Einzelfall als "Nebenprodukt" einer Prüfung nach §
275 Abs 1 Nr 1 SGB V.
19 Der Abrechnungsbetrag iS des § 275 Abs 1c S 3 SGB V betrifft folglich das Gesamtentgelt
für eine Krankenhausbehandlung, wie es früher in § 7 S 1 und 2 KHEntgG aF und
nunmehr in § 7 Abs 1 S 1 und 2 KHEntgG nF dargestellt und nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB
V zu überprüfen ist. Der Investitionszuschlag nach § 8 Abs 3 KHEntgG gehört weder
formal noch inhaltlich dazu. Wenn die MDK-Prüfung aber allein zur Änderung einer
Kostenposition führt, die nicht als Vergütung für eine erbrachte Krankenhausleistung
gewertet werden kann (§ 7 Abs 1 S 2 KHEntgG nF) und sich nur als "Nebenprodukt" des
Prüfungsergebnisses darstellt, ist die Aufwandspauschale zu zahlen. Dies ist hier auch
sachlich gerechtfertigt, weil der durch die Aufwandsentschädigung abzugeltende
Zusatzaufwand des Krankenhauses gerade bei der - erfolglos gebliebenen - Prüfung der
vergütungsrelevanten Posten des DRG-Entgeltsystems angefallen ist.
20 f) Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Materialien zum "Gesetz zur nachhaltigen und
sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-FinG)
vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) sowie zum "Gesetz zur Verbesserung der
Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VStG) vom
22.12.2011 (BGBl I 2983). Sowohl im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum GKV-FinG
(BR-Drucks 581/10 vom 23.9.2010 und BT-Drucks 17/3360 vom 21.10.2010) als auch im
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP (BT-Drucks 17/3040 vom
28.9.2010) war zwar keine Änderung des § 275 SGB V zur Präzisierung der Reichweite
der Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen bei erfolgloser MDK-Prüfung nach § 275
Abs 1c S 3 SGB V vorgesehen, aber in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der
Bundesregierung (BT-Drucks 17/3360, Anlage 4 S 20 zu Nr 12) hat dann der Bundesrat
vorgeschlagen, dem § 275 Abs 1c SGB V folgenden Satz 4 anzufügen: "Eine Minderung
des Abrechnungsbetrags durch die ausschließliche Kürzung der Benutzerentgelte nach
Art 14 Absatz 1 Satz 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I
S. 2266), das zuletzt durch … geändert worden ist, steht der Entrichtung der
Aufwandspauschale nicht entgegen." Begründet wurde dieser Vorschlag wie folgt: "Ziel
der Einführung der Aufwandspauschale im Rahmen des GKV-WSG war, einer ungezielten
und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen durch den MDK entgegenzuwirken.
Verschiedene Krankenkassen in Ostdeutschland verweigern die Zahlung der
Aufwandspauschale auch dann, wenn die Prüfung der Abrechnungen im Ergebnis
ausschließlich zu einer Kürzung der Belegungstage und damit zu einer Minderung der
Benutzerentgelte nach Artikel 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes führt. Da mit dieser
Verfahrensweise die mit der Einführung der Aufwandspauschale verbundene Zielsetzung
unterlaufen wird, bedarf es insoweit einer ergänzenden Klarstellung in § 275 Absatz 1c
SGB V." Im Gesetzgebungsverfahren ist gleichwohl der Fraktionsentwurf (BT-Drucks
17/3040) in der Ausschussfassung (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses
für Gesundheit - 14. Ausschuss - vom 10.11.2010, BT-Drucks 17/3696), die eine Änderung
des § 275 Abs 1c SGB V nicht vorsah, verabschiedet worden, während der
Regierungsentwurf (BT-Drucks 17/3360) für erledigt erklärt worden ist.
21 Da die vom Bundesrat vorgeschlagene Ergänzung des § 275 Abs 1c SGB V im Rahmen
des GKV-FinG nicht zustande gekommen war, wurde im Jahre 2011 ein weiterer Versuch
unternommen, eine entsprechende Regelung in das SGB V einzufügen. Während des
Gesetzgebungsverfahrens zum GKV-VStG (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung vom
5.9.2011, BT-Drucks 17/6906) hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 23.9.2011
beschlossen, § 275 Abs 1c SGB V möge um folgenden Satz 4 erweitert werden: "Eine
Minderung des Abrechnungsbetrags durch die ausschließliche Kürzung der
Benutzerentgelte nach Art 14 Abs 1 S 1 des Gesetzes zur Sicherung und
Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesetz vom 26.3.2007,
BGBl I S 378, zuletzt geändert durch Art 4 des Gesetzes vom 28.7.2011, BGBl I S 1622)
steht der Entrichtung der Aufwandspauschale nicht entgegen." Die Begründung für den
Ergänzungsvorschlag entsprach wörtlich jener zum GKV-FinG (BT-Drucks 17/7274 S 22
zu Nr 49). Die Bundesregierung hat dieser Ergänzung ihres Gesetzentwurfs erneut
widersprochen: "Dem Vorschlag kann nicht entsprochen werden. Bei der zur Begründung
angeführten Verfahrensweise 'verschiedener' Krankenkassen in Ostdeutschland handelt
es sich um kein flächendeckendes und kassenartenübergreifendes Prüfungs- und
Abrechnungsverhalten von Krankenkassen in den ostdeutschen Ländern. Zudem entfällt
die angeführte Minderung der Benutzerentgelte nach Art 14 des GSG mit Ablauf des
Krankenhausinvestitionsprogramms in den ostdeutschen Ländern im Jahr 2014" (BT-
Drucks 17/7274 S 33 zu Nr 49). Die letztlich verabschiedete Fassung des GKV-VStG
enthielt die vom Bundesrat geforderte Ergänzung des § 275 Abs 1c SGB V nicht.
22 Das zweimalige Scheitern der Ergänzung des § 275 Abs 1c SGB V spricht aber nicht
gegen die hier vorgenommene einengende Auslegung dieser Vorschrift. Im Gegenteil: Der
Vorschlag zur Einfügung des § 275 Abs 1c S 4 SGB V wurde nämlich jeweils ausdrücklich
als "Klarstellung" zu einer ohnehin immer schon so verstandenen und gewollten
Rechtslage bezeichnet, nicht aber als konstitutiv wirkende Neuregelung (BT-Drucks
17/3360, Anlage 4, S 20 zu Nr 12 und 17/7274 S 22 zu Nr 49). In die vom Bundestag und
Bundesrat schließlich verabschiedeten Fassungen des GKV-FinG und des GKV-VStG hat
dieser Vorschlag zwar keinen Eingang gefunden. Dies beruhte aber nicht darauf, dass die
dem Vorschlag zugrunde liegende Rechtsauffassung inhaltlich nicht geteilt wurde,
sondern ausschließlich darauf, dass das Problem als nur auf einzelne Krankenkassen und
Bundesländer (insbesondere Sachsen) beschränkt und durch den Wegfall des
Investitionszuschlags nach § 8 Abs 3 KHEntgG zum 31.12.2014 ohnehin bald erledigt
angesehen wurde (vgl Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drucks 17/7274 S 33 zu
Nr 49), es also in der Gesamtschau um ein eher als nebensächlich und finanziell
unbedeutend eingestuftes Problem ging, das einer gesetzgeberischen Klarstellung nicht
unbedingt bedurfte.
23 4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der
Zahlungsregelungen in § 7 der Budget- und Entgeltvereinbarung des Jahres 2008.
24 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die
Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3
und § 47 Abs 1 GKG.