Urteil des BSG vom 28.05.2008

BSG: betriebskosten, psychotherapie, versorgung, vergütung, richterliche kontrolle, daten, europäische menschenrechtskonvention, einkommensvergleich, bereinigung, durchschnitt

Bundessozialgericht
Urteil vom 28.05.2008
Sozialgericht Dresden S 11 KA 316/03
Bundessozialgericht B 6 KA 8/07 R
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13. Dezember 2006 geändert, soweit die
Klage abgewiesen worden ist. Die Beklagte wird unter Änderung der Honorarbescheide für die Quartale I/2002 bis
II/2003 in Gestalt der Widerspruchsbescheide und der Nachvergütungsbescheide vom 28. April 2003, 25. Oktober
2005 und 25. Januar 2006 verpflichtet, über die Honoraransprüche der Klägerin für die sonstigen
psychotherapeutischen Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13. Dezember 2006 geändert, soweit
die Honorierung zeitabhängiger und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen der Quartale I/2002
bis II/2003 betroffen ist; insoweit werden die Klagen abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin zu 55 % und die Beklagte zu 45 %. Die Kosten des
Revisionsverfahrens trägt die Klägerin zu 95 % und die Beklagte zu 5 %.
Gründe:
I
1
Streitig ist die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Quartalen I/2002 bis II/2003.
2
Die Klägerin ist als Psychologische Psychotherapeutin sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) bewilligte ihr im
streitbefangenen Zeitraum je Quartal Honorarbeträge zwischen 5.100 und 14.400 Euro für abgerechnete
Leistungsmengen zwischen 158.000 und 415.000 Punkten. Diese Honorare beruhten auf Punktwerten von 3,43 Cent
(Quartale I und II/2002) bzw 3,58 Cent (Quartale III/2002 bis II/2003) für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige
psychotherapeutische Leistungen nach Abschnitt G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche
Leistungen (EBM-Ä) in der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung (aF) - im Folgenden kurz: "Psychotherapie-
Punktwerte" - sowie zwischen 1,65 und 2,29 Cent für die übrigen Leistungen. Aufgrund besonderer
gesamtvertraglicher Vereinbarungen wurden die für Versicherte der AOK Sachsen erbrachten übrigen Leistungen mit
einem Punktwert von 2,56 Cent (nach-)vergütet. Die Widersprüche der Klägerin mit dem Ziel einer höheren
Honorierung blieben ohne Erfolg.
3
Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Bewertungsausschuss aufgrund einer Entscheidung des Bundessozialgerichts
(BSG) vom 28.1.2004 seinen Beschluss vom 16.2.2000 "zur Festlegung der angemessenen Vergütung ausschließlich
psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs 4a SGB V" aufgehoben und durch eine
am 18.2.2005 bekannt gemachte Neuregelung ersetzt. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte Psychotherapie-
Punktwerte in Höhe von nunmehr 4,37 Cent errechnet und der Klägerin Nachvergütungen in Höhe von insgesamt
13.528 Euro bewilligt. Die Klägerin hat daraufhin ihre Klagen teilweise für erledigt erklärt, die Verfahren im Übrigen
jedoch fortgeführt.
4
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Änderung der erlassenen Bescheide verpflichtet, über die
Honoraransprüche der Klägerin für die Quartale I/2002 bis II/2003 unter Beachtung seiner Rechtsauffassung zur
Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Bewertungsausschusses erneut zu entscheiden; im Übrigen - hinsichtlich der
Honorierung probatorischer Sitzungen und sonstiger Leistungen - hat es die Klagen abgewiesen (Urteil vom
13.12.2006 - in juris dokumentiert). Nach Auffassung des SG ist der neue Beschluss des Bewertungsausschusses in
zwei Punkten inhaltlich fehlerhaft. Zum einen sei die Festlegung der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten auf
40.634 Euro zu beanstanden. Der Bewertungsausschuss habe insoweit ohne nachvollziehbaren Grund Erhebungen zu
den Betriebskosten aus unterschiedlichen Quellen und Zeiträumen kombiniert, dabei nicht voll ausgelastete
psychotherapeutische Praxen einbezogen sowie für Personalkosten lediglich einen Betrag berücksichtigt, der die
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einer Halbtagskraft nicht zulasse. Zum anderen sei es nicht statthaft, bei
der Ermittlung der Erträge der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen deren Honorare aus belegärztlicher
Behandlung, aus den Kapiteln O und U des EBM-Ä aF, für Dialysesachkosten, Modellvorhaben sowie für regional
vereinbarte Kosten herauszurechnen, zugleich aber Betriebskostenanteile für diese Arztgruppen heranzuziehen, die
nicht um diese Leistungsbereiche bereinigt worden seien.
5
Die Klägerin könne allerdings nicht beanspruchen, dass die probatorischen Sitzungen mit dem Psychotherapie-
Punktwert vergütet werden. Auch wenn derartige Sitzungen einer genehmigungsbedürftigenPsychotherapie
notwendigerweise vorausgehen müssten und ihre Anzahl pro Patient begrenzt sei, werde deren unterschiedliche
Honorierung dadurch gerechtfertigt, dass ein Psychotherapeut diese Leistung faktisch bei allen Patienten, die seine
Praxis aufsuchten, nach eigener Indikationsstellung erbringen könne. Nicht durchgreifend seien auch die weiteren
Beanstandungen der Klägerin in Bezug auf die Honorierung der sonstigen Leistungen gemäß den Regelungen in den
ab dem 1.1.2002 geltenden Honorarverteilungsmaßstäben (HVM) der Beklagten. Seit diesem Zeitpunkt sei
gewährleistet, dass die privilegierten Punktwerte für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige
psychotherapeutische Leistungen nicht mehr im Rahmen der Interventionsregelung zur Stützung der sonstigen
Leistungen berücksichtigt würden. Ebenso sei es von dem Gestaltungsspielraum des HVM-Normgebers gedeckt,
dass dieser die Stützung der Punktwerte für die sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten am
Durchschnittspunktwert der unbudgetierten Facharztfonds ausgerichtet habe. Zwar hätten die Praxisbudgets des
EBM-Ä aF die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte ebenfalls erfasst, doch sei deren Stützung
nach Maßgabe der unbudgetierten Durchschnittspunktwerte dadurch gerechtfertigt, dass die wesentlichen Leistungen
nach Nr 860 bis Nr 870 EBM-Ä aF von einer Anrechnung auf die Praxisbudgets ausgenommen gewesen seien.
6
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beklagte Sprungrevision eingelegt.
7
Die Klägerin rügt, das SG habe die HVM-Regelungen gebilligt, obgleich diese nicht mit dem Grundsatz der
Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar seien. Im Jahr 2000 sei der Fachgruppentopf für psychotherapeutische
Leistungen in rechtswidriger Weise nach deren Anteil an den Gesamtvergütungen des Jahres 1999 bemessen worden,
und dies bilde zugleich die Basis für die finanzielle Ausstattung der Honorartöpfe in den nachfolgenden Zeiträumen.
Die Stützungsregelungen des HVM hätten die Benachteiligung der Psychotherapeuten infolge des fehlerhaften
Zuschnitts ihres Fachgruppentopfs nur unzulänglich abgemildert. Wäre der Honorartopf von vornherein angemessen
dotiert worden, hätte es keiner Punktwertstützung für die übrigen Leistungen bedurft, zumal insoweit eine medizinisch
nicht indizierte Mengenausweitung nicht stattgefunden habe. Eine zu geringe Vergütung der sonstigen Leistungen,
welche etwa 25 % des Gesamtleistungsbedarfs ausmachten, gefährde insgesamt die Rentabilität
psychotherapeutischer Praxen. Das Einkommen einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis bleibe mit
monatlich 3.544 Euro noch immer deutlich hinter den Einkommen der übrigen Ärzte zurück. Die vom BSG im Urteil
vom 9.9.1998 (Az: B 6 KA 55/97 R) benannten Anforderungen an eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der KÄV
für den Fall der Bildung von Teilbudgets seien in Bezug auf die sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten trotz
durchgeführter Punktwertstützungen weiterhin erfüllt.
8
Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, für probatorische Sitzungen, die aufgrund erhöhter diagnostischer
Aktivitäten mit besonderem Arbeitsaufwand verbunden und ebenso zeitgebunden seien, müsse der Mindestpunktwert
für die genehmigungsbedürftigen Leistungen gleichfalls zur Anwendung kommen. Zur Erbringung probatorischer
Sitzungen sei jeder Psychotherapeut verpflichtet, und diese könnten nicht zusätzlich, sondern nur alternativ im
Rahmen der vom BSG zugrunde gelegten Vollauslastung absolviert werden. Werde dem nicht gefolgt, so müsse zur
Bestimmung einer angemessenen Höhe der Vergütung für psychotherapeutische Leistungen ein anderes
Berechnungsmodell auf der Basis einer Mischkalkulation und eines gestützten Durchschnittspunktwerts entwickelt
werden. Im Übrigen hält die Klägerin die vom SG angeführten Gründe für zutreffend, soweit dieses der Klage
stattgegeben hat.
9
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13.12.2006 sowie die Honorarbescheide der
Beklagten für die Quartale I/2002 bis II/2003 in Gestalt der Widerspruchsbescheide - vom 19.3.2003, 26.3.2003,
25.6.2003, 1.10.2003 und 10.12.2003 - und der Nachvergütungsbescheide - vom 28.4.2003, 25.10.2005 und 25.1.2006
- zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, auch über ihre Honoraransprüche für die sonstigen
psychotherapeutischen Leistungen der Quartale I/2002 bis II/2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats
neu zu entscheiden, sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
10
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13.12.2006 zu ändern und die Klagen unter
Zurückweisung der Revision der Klägerin insgesamt abzuweisen.
11
Sie rügt eine Verletzung des § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V durch das angefochtene Urteil. Das SG habe sie - die
Beklagte - unzulässigerweise zu einer erneuten Entscheidung über die Honoraransprüche der Klägerin verpflichtet,
ohne auszusprechen, dass zuvor der Bewertungsausschuss eine neue Regelung zur angemessenen Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen treffen müsse. Der Bewertungsausschuss habe jedoch mit seinem am 18.2.2005
bekannt gemachten Beschluss von der ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit in nicht zu beanstandender Weise
Gebrauch gemacht. Die Rechtsprechung des BSG stehe der Bestimmung eines festen Betrags von 40.634 Euro für
die Betriebsausgaben der Psychotherapeuten nicht entgegen. Diese Festlegung trage dem Umstand Rechnung, dass
ein prozentualer Betriebskostensatz aufgrund regionaler Unterschiede zur Berücksichtigung sehr unterschiedlicher
Betriebsausgaben - zB weniger als 31.000 Euro in Berlin, aber über 47.000 Euro in einzelnen KÄVen im Westen -
geführt hätte und mit dem Modellcharakter der Berechnung nicht vereinbar gewesen wäre. Die Heranziehung von
Daten aus unterschiedlichen Quellen sei grundsätzlich statthaft. Zudem ermögliche der für Personalkosten
eingestellte Betrag von 14.727 Euro die Beschäftigung einer Halbtagskraft nach der für organisatorische und
Schreibtätigkeiten maßgeblichen Vergütungsgruppe IXb/VIII des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT). Auch die
Bereinigung der Umsätze der Vergleichsgruppen um bestimmte, nicht für jeden Arzt charakteristische Posten sei im
Rahmen einer typisierenden Betrachtung sachgerecht.
12
Gegen die von der Klägerin geführte Revision macht die Beklagte geltend, sie habe mit den HVM-Regelungen zur
Vergütung der sonstigen psychotherapeutischen Leistungen den ihr zukommenden Gestaltungsspielraum nicht
überschritten. Es sei nicht zu beanstanden, dass sie für die Bemessung des Fachgruppentopfs für
psychotherapeutische Leistungen auf das Ausgabenvolumen des Jahres 1999 - erhöht um die Ausgaben für
Erstattungspsychotherapie - aufgesetzt und dessen Aufstockung ab 2002 auf die Mittel beschränkt habe, welche bei
einem Vergleich mit dem Interventionspunktwert der unbudgetierten Honorarfonds der Fachärzte erforderlich waren,
denn der überwiegende Teil der sonstigen psychotherapeutischen Leistungen sei von den Praxisbudgets
ausgenommen gewesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Honorierung auch der probatorischen Sitzungen mit dem
Mindestpunktwert für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen lasse sich weder
dem Gesetz noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen.
II
13
Die Revision der Klägerin ist teilweise, diejenige der Beklagten in vollem Umfang begründet. Die Klägerin kann für ihre
in den Quartalen I/2002 bis II/2003 erbrachten zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen
Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä aF über die von der Beklagten bereits bewilligten Honorare hinaus keine
weitere Vergütung beanspruchen. Die Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Ermittlung des Psychotherapie-
Punktwerts sind für diesen Zeitraum nicht zu beanstanden. Die Honorarbescheide sind jedoch rechtswidrig, soweit sie
der Klägerin insbesondere für durchgeführte probatorische Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF lediglich ein Honorar auf
der Basis von Punktwerten um zwei Cent zuerkennen. In diesem Umfang ist die Beklagte verpflichtet, über die
Honoraransprüche der Klägerin erneut zu entscheiden.
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Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung höheren vertragsärztlichen Honorars
ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V (hier anzuwenden idF des zum 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur
Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom 11.12.2001, BGBl I 3526).
Danach steht jedem Vertragsarzt - und gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch einem zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten -
ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und
dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen des
HVM zu. Ergänzende Regelungen für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen finden sich in § 85 Abs 4
Satz 4 SGB V. Hiernach haben die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen zur Vergütung der
Satz 4 SGB V. Hiernach haben die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen zur Vergütung der
Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine
angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmt gemäß § 85
Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2000 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung
des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999, BGBl I 2626) erstmalig zum 28.2.2000
der Bewertungsausschuss. Ab dem 1.1.2004 gelten diese Vorschriften in der Fassung des GKV-
Modernisierungsgesetzes (vom 14.11.2003, BGBl I 2190); diese stimmen - abgesehen von der Erweiterung des
Kreises der begünstigten Leistungserbringergruppen - mit der hier anzuwendenden Gesetzesfassung im Wesentlichen
überein.
15
A) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zusätzliche Honorare für die von ihr erbrachten zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen durch Anwendung eines höheren Psychotherapie-
Punktwerts. Die Psychotherapie-Punktwerte, die den von der Beklagten zuletzt erlassenen
Nachvergütungsbescheiden für die hier streitbefangenen Quartale der Jahre 2002 und 2003 zugrunde liegen und
gemäß § 96 Abs 1 SGG für die gerichtliche Überprüfung maßgeblich sind, sind nicht zu beanstanden. Sie
entsprechen den Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 SGB V. Die Regelungen, die in dem am
18.2.2005 veröffentlichten "Beschluss gemäß § 85 Abs 4a SGB V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs 1
Satz 1 SGB V in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004, aktualisiert um den Änderungsbeschluss aus der 96. Sitzung"
(DÄ 2005, A-457 - abgedruckt auch bei Engelmann [Hrsg], Aichberger Ergänzungsband Gesetzliche
Krankenversicherung/Soziale Pflegeversicherung unter Nr 768b; im Folgenden kurz: Beschluss vom 18.2.2005) zur
Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte getroffen wurden, sind für die hier maßgeblichen Zeiträume der Jahre
2002 und 2003 rechtmäßig.
16
1. Nach dem seit 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept des GKVRefG 2000, dessen Entstehung bereits im Urteil
vom 28.1.2004 eingehend dargestellt ist (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8), ist die zuvor in
erster Linie von der Rechtsprechung wahrgenommene Aufgabe der Sicherung einer angemessenen Vergütung für
psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit primär dem Bewertungsausschuss (§ 87 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 SGB
V) übertragen worden. Dieser soll im Interesse einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische
Leistungen im ganzen Bundesgebiet die maßgeblichen Vorgaben auf normativer Ebene treffen. Zur Erreichung dieses
Ziels hat er den Inhalt der von der einzelnen KÄV im Rahmen der Honorarverteilung anzuwendenden Regelungen zur
Vergütung der genannten psychotherapeutischen Leistungen vorzugeben; diese Inhaltsbestimmung bindet die
einzelne KÄV. Der Senat hat dazu ausgeführt, dass das vom Gesetz selbst vorgegebene
Normkonkretisierungsprogramm ausgehöhlt würde, wenn entweder die einzelne KÄV oder aber die Gerichte diese
Vorgaben unter unmittelbarem Durchgriff auf das Merkmal der "Angemessenheit" in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V außer
Acht ließen. Deshalb ist eine HVM-Regelung, die der vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Inhaltsbestimmung
widerspricht, rechtswidrig und unwirksam (vgl zum Vorstehenden BSG, aaO, RdNr 14).
17
Für die Gerichte hat dieses Regelungskonzept zur Folge, dass sie die Gestaltungsfreiheit des
Bewertungsausschusses, wie sie für jede Normsetzung kennzeichnend ist, zu respektieren haben (BSG, aaO, RdNr
19; grundlegend mit Nachweisen der Rspr des Senats und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) BSGE 94, 50 =
SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf,
ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies
ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten
legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), dh in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings
unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE 125, 384 RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr
15). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Bewertungsausschusses ist somit im Wesentlichen auf die
Prüfung beschränkt, ob sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann
und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm
eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von
sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst
benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art 3 Abs 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung
von wesentlich Ungleichem bzw für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten
gibt (BVerfG (Kammer) SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19, 21; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86
mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 17).
18
Diese Anforderungen an die Intensität einer gerichtlichen Kontrolle untergesetzlicher Normen bedürfen der
Modifizierung, sofern das Normprogramm auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nimmt und/oder eine Regelung als sog
"zahlenförmige Norm" getroffen wird. Macht eine Norm tatsächliche Umstände - beispielsweise die
bundesdurchschnittlichen Kostenquoten der Arztgruppen in einem bestimmten Jahr - zur Grundlage ihrer Regelung,
erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere darauf, ob die Festlegung frei von Willkür ist. Dies ist der
Fall, wenn bei allen Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren wurde, aber auch dann, wenn weitere
Gesichtspunkte - etwa eine unterschiedliche Einkommensentwicklung der Arztgruppen - eine differenzierte Regelung
sachlich rechtfertigen (vgl BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr
2, jeweils RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 19 f). Enthält eine Honorierungsregelung, die als solche keine
Grundrechtsbeeinträchtigung von gewisser Intensität betrifft, als Tatbestandsmerkmale Zahlen oder Formeln, haben
die Gerichte zu prüfen, ob sachliche Gründe erkennbar sind, welche die getroffene Festlegung als nicht willkürlich
erscheinen lassen (BSGE 88, 126, 137 = SozR 3- 2500 § 87 Nr 29 S 156 in Abgrenzung zu BVerfGE 85, 36, 57 f -
bezüglich Hochschulzulassungsbeschränkungen). Dabei müssen sie Streitpunkten nachgehen und die Einwände der
Prozessbeteiligten würdigen.
19
Allerdings darf die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des Bewertungsausschusses nicht
überspannt werden. Denn der an den Bewertungsausschuss gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur
Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst auch den Auftrag zu einer sinnvollen
Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung (BSGE 88, 126, 129 = SozR 3-2500 § 87
Nr 29 S 147 f). Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht
jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen angewiesen sind (vgl BVerfGE 108, 1, 19; BSG, Urteil vom 9.4.2008 - B 6 KA 40/07 R - RdNr 28 mwN,
zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der
Steuerung dienenden Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente
beschränken, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen (vgl BVerfGE
117, 330, 353). Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder
betriebswirtschaftlichen Sinne ist deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl
BSGE 88, 126, 136 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 155 f; zur Festlegung der Regelleistung der Grundsicherung ähnlich
BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 22, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).
20
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind die Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 zur
Festlegung einer angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Jahren 2002 und 2003
nicht zu beanstanden.
21
a) Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 ersetzt die vom Senat teilweise für rechtswidrig
erklärten Vorgaben des Beschlusses vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555 - für das Jahr 2000) sowie die mit gewissen
Modifizierungen erlassenen Nachfolgeregelungen für die Zeiträume 1.1.2001 bis 30.6.2002 (DÄ 2000, A-3291),
1.7.2002 bis 30.6.2004 (DÄ 2002, A-877) und ab dem 1.7.2004 (DÄ 2004, A-1357).
22
Nach der Regelungskonzeption jener zunächst vom Bewertungsausschuss gefassten Beschlüsse war zur
Berechnung des KÄV-spezifischen Psychotherapie-Punktwertes der Soll-Umsatz ausschließlich psychotherapeutisch
tätiger Vertragsärzte bzw -psychotherapeuten (im Folgenden kurz: Psychotherapeuten) durch den in der
Modellberechnung des Senats zugrunde gelegten jährlichen Leistungsbedarf einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis von 2.244.600 Punkten zu dividieren. Der Soll-Umsatz der Psychotherapeuten
wiederum war zu ermitteln, indem - unter Zugrundelegung der Verhältnisse des Jahres 1998 - der durchschnittliche
Ertrag einer zum Vergleich herangezogenen anderen Arztgruppe im Bezirk der jeweiligen KÄV (das waren ursprünglich
für Zeiträume bis zum 30.6.2002 die Fachärzte für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung) um den
Durchschnittsbetrag der Betriebsausgaben voll ausgelasteter Psychotherapeuten aufgestockt wurde. Die
durchschnittlichen Betriebsausgaben voll ausgelasteter Psychotherapeuten waren ihrerseits auf der Grundlage des
tatsächlichen Durchschnittsumsatzes aller Psychotherapeuten im Bezirk der betreffenden KÄV - also ebenfalls unter
Berücksichtigung regionsspezifischer Daten - zu berechnen; der so ermittelte Betrag wurde um den Faktor 1,47
erhöht, und die anschließende Anwendung der im Bundesdurchschnitt ermittelten Kostenquote von 40,2 % auf den
hochgerechneten Durchschnittsumsatz ergab die in der Modellberechnung für voll ausgelastete Psychotherapeuten zu
berücksichtigenden Betriebsausgaben. Dabei war zunächst eine Obergrenze berücksichtigungsfähiger
Betriebsausgaben von 66.000 DM pro Jahr vorgesehen, die - für Zeiträume ab 1.1.2001 - um eine Untergrenze von
32.000 DM ergänzt wurde. Für die Quartale ab 1.7.2002 hat der Bewertungsausschuss die regionalisierte Ermittlung
der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten aufgegeben und einen bundesweit einheitlichen Betrag von 28.100 Euro
festgesetzt (Teil A Nr 2.2.3 des am 29.3.2002 bekannt gemachten Beschlusses, DÄ 2002, A-877 - abgedruckt auch
bei Engelmann, aaO, unter Nr 768). Zugleich war ab diesem Zeitpunkt für die Berechnung des Soll-Umsatzes der
Psychotherapeuten nicht mehr der Durchschnittsertrag hausärztlich tätiger Allgemeinmediziner im Jahr 1998, sondern
derjenige der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte im Jahr 2000 heranzuziehen, wobei nunmehr
Umsätze für belegärztliche Leistungen, für Dialysesachkosten, gesondert regional vereinbarte Leistungen sowie für
Leistungen der Kapitel O und U des EBM-Ä aF (im Folgenden kurz: Umsätze für bestimmte Leistungsbereiche) außer
Betracht blieben (aaO, Teil A Nr 2.2.4, 1. und 3. Spiegelstrich).
23
Der Bewertungsausschuss behielt in dem hier zu beurteilenden Beschluss vom 18.2.2005 für die Zeiträume ab
1.1.2000 die grundlegende Berechnungsweise zur Ermittlung der Psychotherapie-Punktwerte, die bereits den
vorangegangenen Beschlüssen zugrunde lag, bei. Modifikationen erfolgten insoweit, als für die Betriebsausgaben voll
ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen nunmehr für alle Zeiträume ab 1.1.2000 ein bundesweit einheitlicher
Betrag zum Ansatz kam. Dieser Kostenbetrag wurde auf 40.634 Euro festgesetzt (Nr 2.2.1.5 des Beschlusses vom
18.2.2005 - der im ursprünglichen Beschluss vom 29.10.2004 noch enthaltene niedrigere Betriebsausgabenbetrag für
den Bereich der neuen Bundesländer in Höhe von 35.555 Euro ist nach Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde und
erneuter Beschlussfassung des Bewertungsausschusses entfallen), während nach den vorangegangenen
Festlegungen maximal 33.745 Euro (= 66.000 DM) bzw - ab 1.7.2002 - einheitlich 28.100 Euro an Kosten zu
berücksichtigen waren. Eine weitere Änderung betraf das zweite Element zur Berechnung des Soll-Ertrags voll
ausgelasteter Psychotherapeuten, nämlich die Art und Weise der Bestimmung des durchschnittlichen Ertrags der zum
Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppe. Insoweit beließ es der Bewertungsausschuss für die Jahre 2000
und 2001 zwar bei der Orientierung an den Durchschnittserträgen der in der hausärztlichen Versorgung tätigen
Allgemeinärzte, ordnete aber - anders als bisher - die Verringerung dieser Umsätze um bestimmte Leistungsbereiche
an (Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005). Für die Zeiträume ab 1.1.2002 gab er den Vergleich mit dem
durchschnittlichen Ertrag aller an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, der eine hoch komplexe
Berechnung zur Berücksichtigung der nur teilweise maßgeblichen Praxisbudgets erforderlich machte (vgl die 10
Berechnungsschritte gemäß Teil A Nr 2.2.4 des am 29.3.2002 bekannt gemachten Beschlusses), auf zugunsten
eines Vergleichs mit dem durchschnittlichen Ertrag von lediglich sieben großen Arztgruppen aus dem fachärztlichen
Versorgungsbereich (Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Orthopäden und Urologen - sog
"Fachgruppenmix"). Die Gesamtumsätze der Arztgruppen des "Fachgruppenmix" waren ebenfalls gemäß Nr 2.2.1.6
Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005 um Anteile zu vermindern, die auf bestimmte Leistungsbereiche entfielen.
24
b) Diese neuen Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Ermittlung des Mindestpunktwerts für zeitgebundene und
genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen sind überwiegend mit höherrangigem Recht vereinbar.
25
aa) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Vorgabe eines festen Betrags von 40.634 Euro für die bei der Berechnung
des Psychotherapie-Punktwertes zu berücksichtigenden Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis. Der Bewertungsausschuss war von Rechts wegen nicht verpflichtet, die
Betriebskosten solcher Psychotherapeuten mit einer prozentualen Kostenquote von zB 40,2 % ihrer Soll-Umsätze zu
erfassen. Auch die Höhe der berücksichtigten Betriebskosten begegnet keinen Bedenken.
26
Eine rechtliche Verpflichtung des Bewertungsausschusses, die Betriebsausgaben der Psychotherapeuten durch einen
vorgegebenen Prozentsatz ihres Umsatzes abzubilden, kann nicht aus der Rechtskraft des Senatsurteils vom
28.1.2004 (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8) hergeleitet werden. Zwar waren die Partner der
Bundesmantelverträge, die gemäß § 87 Abs 1 und 3 SGB V zugleich das Vertragsorgan Bewertungsausschuss
bilden, zu jenem Rechtsstreit beigeladen (zur einfachen Beiladung in solchen Fällen vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3
RdNr 6; SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28). Aus der rechtskräftig gewordenen Verurteilung der in jenem Verfahren
beklagten KÄV Westfalen-Lippe zu erneuter Bescheidung nach vorheriger Neufassung des für rechtswidrig erachteten
Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.2.2000 (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr
35) folgt aber nicht, dass die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses bei der Neuregelung nunmehr
aufgehoben und speziell in Bezug auf die Berücksichtigung der Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis auf die Vorgabe einer prozentualen Kostenquote von 40,2 % reduziert wäre.
Ungeachtet der persönlichen Grenzen der Rechtskraftwirkung (vgl hierzu Meyer-Ladewig in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 141 RdNr 18 ff) steht dem entgegen, dass der Senat in jener
Entscheidung lediglich die im Beschluss vom 16.2.2000 angewandte Kombination einer linearen Kostenquote von
40,2 % mit einer Obergrenze von 66.000 DM als strukturelle Fehlfestlegung bewertet hat, die zur Rechtswidrigkeit der
damaligen Regelung führte. Bestimmte Inhalte einer Neuregelung hat er dem Bewertungsausschuss nicht zur
Beachtung vorgegeben. Mithin war es diesem bei der Neufassung seines Beschlusses nur verwehrt, zur Erfassung
der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten erneut eine lineare Kostenquote in Kombination mit einer festen
Obergrenze vorzugeben. Die im Beschluss vom 18.2.2005 hinsichtlich der Betriebskosten der Psychotherapeuten
vorgenommene Neuordnung - Abkehr von einer regionalisierten Ermittlung auf der Grundlage tatsächlich erzielter
Umsätze der Psychotherapeuten und künftiges Abstellen auf einen bundeseinheitlich anzuwendenden Wert, so wie
dies bereits seit dem 1.7.2002 vorgegeben war - ist somit aufgrund der Rechtskraft des Senatsurteils vom 28.1.2004
nicht ausgeschlossen. In jener Entscheidung ist ausdrücklich erwähnt, dass der Bewertungsausschuss auch sonst
nicht gehalten sei, das in der Rechtsprechung des BSG für die Zeit bis Ende 1998 entwickelte Berechnungsmodell,
welches ebenfalls von einem linearen Kostensatz von 40,2 % ausging (vgl BSGE 89, 1, 4, 7 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr
41 S 330 f, 334 ff), für die Zeiträume ab 1.1.2000 ohne Einschränkungen zu übernehmen. Vielmehr hat der Senat die
Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses als Normgeber betont (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8,
jeweils RdNr 19); diese lässt Raum für andersartige Vorgaben und erfordert deren eigenständige gerichtliche
Überprüfung.
27
Nach dem Normkonzept des Bewertungsausschusses sind für die Bestimmung des Psychotherapie-Punktwertes drei
Elemente maßgeblich. Der Bewertungsausschuss hat (1) für die Beschreibung des Leistungsumfangs einer voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Einzelpraxis in Punkten des EBM-Ä aF die Modellannahmen des Senats - dh
2.244.600 Punkte pro Jahr - unverändert übernommen (Nr 2.2.1.3 des Beschlusses vom 18.2.2005). Um zu
gewährleisten, dass voll ausgelastete Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung innerhalb einer KÄV dieselben
Ertragschancen wie vergleichbare andere Arztgruppen haben (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils
RdNr 25, 39), ist nach der Vorgabe in Nr 2.2.1.4 (aaO) der mit Hilfe der Mindestpunktwertberechnung zu
gewährleistende (Soll-)Umsatz eines voll ausgelasteten Psychotherapeuten zu ermitteln, indem (2) der
durchschnittliche Ertrag der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe in derselben Höhe den Psychotherapeuten als
Gewinn zugeschrieben und dann noch (3) um die typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen
anfallenden Betriebskosten erhöht wird (Nr 2.2.1.4, aaO). Zur näheren Bestimmung des dritten Berechnungselements
- der Betriebskosten voll ausgelasteter Psychotherapeuten - hat der Bewertungsausschuss nicht mehr - wie noch im
Beschluss vom 16.2.2000 - auf die regionalen Verhältnisse abgestellt, sondern hat diese nach einer Intervention der
Aufsichtsbehörde bundeseinheitlich als festen Euro-Betrag vorgegeben.
28
Die Vorgabe eines für alle KÄV-Bezirke gleich hohen Betrags zur Berücksichtigung der typischerweise in voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden Betriebskosten ist mit höherrangigem Bundesrecht
vereinbar. Insbesondere widerspricht es nicht dem in Art 3 Abs 1 GG enthaltenen Gebot differenzierter Behandlung
wesentlich ungleicher Sachverhalte (vgl BVerfGE 116, 164, 180; BSGE 83, 205, 212 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S
219; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15; Senatsurteil vom 9.4.2008 - B 6 KA 29/07 R - RdNr 28, zur
Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 85 Nr 41 vorgesehen), wenn der Bewertungsausschuss der
Einschätzung der Aufsichtsbehörde vom Dezember 2004 gefolgt ist, jedenfalls ab dem Jahr 2000 seien die
Unterschiede in den typischerweise anfallenden Betriebskosten psychotherapeutischer Praxen in den alten und neuen
Bundesländern nicht mehr so bedeutsam, dass sie eine Festlegung unterschiedlicher Werte für die genannten Gebiete
zwingend erforderten. Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums war der Bewertungsausschuss befugt, nach eigenen
- nicht offensichtlich sachwidrigen - Kriterien zu bewerten, ob er die Kostensituation in Ost und West bereits ab 2000
als im Wesentlichen gleich oder ungleich ansah. Wenn er dabei zu dem Ergebnis kam, dass 10 Jahre nach
Herstellung der deutschen Einheit die Betriebskosten der Psychotherapeuten nicht mehr entscheidend nach dem Sitz
der Praxis im Osten oder Westen, sondern eher nach deren Lage in Großstädten oder im ländlichen Bereich
differierten und deshalb der Ansatz eines einheitlichen Durchschnittsbetrags angemessen sei, um die
Vergütungsunterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländer nicht weiter zu zementieren, so ist dies
nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Dem Bewertungsausschuss war es bei seiner erneuten Beschlussfassung
Ende 2004/Anfang 2005 auch nicht verwehrt, insoweit von den bereits 1996 formulierten und auf den Verhältnissen
des Jahres 1994 basierenden Vorgaben abzuweichen, die für die Berechnung der bis zum 30.6.2003 geltenden
regionalisierten Praxisbudgets maßgeblich waren (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 22), zumal die
Praxisbudgets eine andere Zielrichtung verfolgten als die Regelungen zur Gewährleistung einer angemessenen
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 19).
29
Nicht tragfähig ist auch der gegen die Berücksichtigung eines festen Betrags an Betriebskosten vorgebrachte
Einwand, es sei von vornherein unschlüssig bzw widersprüchlich, einen prozentualen Wert durch einen fixen Betrag
zu ersetzen, wenn eine fiktive Praxiskostenermittlung bezogen auf einen seinerseits nicht festen, sondern variablen
fiktiven Umsatz einer vergleichbaren Arztgruppe in Frage stehe. Die Annahme, es seien fiktive Praxiskosten und
variable sowie fiktive Umsätze zu ermitteln und dies sei denklogisch nur bei Verwendung prozentualer Kostenquoten
korrekt möglich, trifft nicht zu. Das der Berechnung des Mindestpunktwertes für psychotherapeutische Leistungen
zugrunde liegende Konzept soll die vom Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit geforderte Gleichbehandlung der
Psychotherapeuten bei den Ertragschancen aus vertragsärztlicher bzw vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit
umsetzen. Dazu wird vorgegeben, dass der mit Hilfe des Mindestpunktwerts zu erzielende Ertrag eines in Vollzeit
tätigen und voll ausgelasteten - nach den historisch bedingten Umständen in der Realität zwar in gewissem Umfang,
aber jedenfalls nicht typischerweise vorkommenden und nur insofern "fiktiven" - Psychotherapeuten gleich hoch sein
soll wie der durchschnittliche reale Ertrag einer vergleichbaren - typischerweise hauptberuflich in Vollzeit tätigen -
Vertragsarztgruppe. Im Sinne einer Gleichsetzung sind mithin nur die Erträge der Psychotherapeuten sowie der zum
Vergleich herangezogenen Arztgruppe aufeinander bezogen. Für die Betriebskosten der beiden Gruppen gilt dies
jedoch nicht. Diese werden von unterschiedlichen Faktoren geprägt, zu denen auch der signifikant unterschiedliche
Anteil vollzeitbeschäftigter und voll ausgelasteter Behandler gehört. Deshalb ist es methodisch unbedenklich, die
jeweiligen Betriebskosten auf verschiedene - der unterschiedlichen Ausgangslage angepasste - Weise zu bestimmen,
sofern das Erfordernis einer realitätsgerechten Erfassung beachtet wird und Abweichungen von der sonst gewählten
Vorgehensweise aus diesem Blickwinkel sachlich begründet sind.
30
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) hat in ihrer Eigenschaft als den Bewertungsausschuss mittragende
Körperschaft die Verwendung eines festen Betrags zur Berücksichtigung der Betriebsausgaben der
Psychotherapeuten in der Punktwertberechnung damit gerechtfertigt, dass dies ein zu starkes Auseinanderdriften der
regional zu ermittelnden Psychotherapie-Punktwerte habe verhindern sollen. Sie weist in diesem Zusammenhang
zutreffend darauf hin, dass bei Heranziehung einer prozentualen Kostenquote im Ergebnis der absolute Betrag der bei
der Mindestpunktwertberechnung im jeweiligen KÄV-Bezirk für die Psychotherapeuten berücksichtigten
Betriebskosten maßgeblich von der Höhe des Durchschnittsertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen
anderen Arztgruppe abhängig gewesen wäre (würde zB eine relative Betriebskostenquote der Psychotherapeuten in
Höhe von 40,2 % berücksichtigt, machten nach entsprechender Ableitung der Gleichungen die absoluten Beträge
jeweils 67,2 % des Ertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppe aus). Unabhängig von den
tatsächlich anfallenden Betriebskosten der Psychotherapeuten hätte somit der in der Punktwertberechnung wirksam
werdende Betriebskostenanteil der Psychotherapeuten in Regionen mit niedrigem Ertrag der Vergleichsgruppe - zB im
Bereich der großstädtischen KÄV Berlin mit hoher Arztdichte, aber auch hohen Mietkosten für Praxisräume - weniger
als 31.000 Euro betragen, während im Gebiet anderer KÄVen mit hohem Ertrag der zum Vergleich herangezogenen
anderen Arztgruppen mehr als 47.000 Euro an Betriebskosten berücksichtigt worden wären. Als Folge davon hätten
sich sehr viel größere Unterschiede der Psychotherapie-Punktwerte im Bundesgebiet ergeben, was eine Angleichung
der Verhältnisse erschwert hätte.
31
Diese und weitere Erwägungen sind eine ausreichende Rechtfertigung dafür, im Rahmen der Berechnung der
Mindestpunktwerte keine prozentuale Kostenquote zur Abbildung der Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen (Modell-)Praxis vorzusehen. Zur Erreichung der oben näher dargestellten Ziele dieser
Berechnung sind die Betriebskosten möglichst realitätsgerecht - gegebenenfalls pauschaliert und typisierend - zu
erfassen. Liegen für den jeweiligen KÄV-Bezirk oder auch bundesweit keine aussagekräftigen empirischen
Erhebungen über die Betriebskosten in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen vor, müssen sie aus
anderen (Hilfs-)Parametern in geeigneter Weise hergeleitet werden. Die ursprünglich vom Bewertungsausschuss in
seinem Beschluss vom 16.2.2000 gewählte Vorgehensweise, die Betriebskosten voll ausgelasteter
psychotherapeutischer Praxen durch Hochrechnung der Durchschnittsumsätze häufig nicht voll ausgelasteter
Psychotherapeuten mit Hilfe eines von der Honorarverteilung bei den Allgemeinärzten abgeleiteten Faktors zu
ermitteln, aber durch einen Höchstbetrag zu begrenzen, hat der Senat im Urteil vom 28.1.2004 als ungeeignet
bewertet (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 24 ff). Offenkundig ungeeignet für eine
realitätsgerechte Erfassung wäre es aber auch, durch Anwendung der prozentualen Kostenquote nicht voll
ausgelasteter Psychotherapeuten den Umfang tatsächlich berücksichtigter Betriebskosten voll ausgelasteter
Psychotherapeuten wesentlich von der Höhe der Erträge anderer Arztgruppen abhängig zu machen. Die Erträge
anderer Arztgruppen weisen keine inhaltliche Beziehung zu den real anfallenden Betriebskosten der
Psychotherapeuten auf. Eine sich hierauf gründende Bestimmung der zu berücksichtigenden Betriebskosten voll
ausgelasteter Psychotherapeuten wäre weitgehend fiktiv. Sie würde besonders in Regionen mit geringen
Vergleichserträgen eine zusätzliche Beeinträchtigung der Psychotherapeuten bewirken (zur vergleichbaren
Problematik der Kombination geringer Umsätze mit einer Kostenquote bei der Berechnung der regionalisierten
Praxisbudgets vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 23), während diese in Gebieten mit hohen Vergleichserträgen
losgelöst von ihrer tatsächlichen Kostenbelastung hohe Betriebskosten und dementsprechend noch höhere
Punktwerte zugeordnet erhielten. Es ist daher sachgerecht, dass der Bewertungsausschuss diesen Weg nicht
verfolgt, sondern für die Ermittlung des nicht als eigenständige Größe feststehenden Soll-Umsatzes einer voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Modell-Praxis einen festen Betrag zu berücksichtigender Betriebskosten
vorgegeben hat.
32
Dieser Vorgehensweise steht auch nicht entgegen, dass gemäß Nr 2.2.1.6 Satz 3 des Beschlusses vom 18.2.2005
der Ertrag der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppe - bis 2001 die Allgemeinärzte und ab 2002 ein
"Fachgruppenmix" - abweichend, nämlich unter Heranziehung der durchschnittlichen Betriebskostenanteile nach
Maßgabe der vorhandenen Kostenstrukturanalysen zu ermitteln ist. Wie oben bereits ausgeführt, zwingt die Sachlogik
der Berechnungssystematik nicht dazu, die durchschnittlichen Betriebsausgaben der zum Vergleich herangezogenen
Arztgruppen und die Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen (Modell-)Praxis in exakt
derselben Weise zu ermitteln. Es genügt, dass Abweichungen - wie soeben aufgezeigt - sachlich gerechtfertigt sind.
Soweit das Urteil vom 28.11.2007 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 21), das zur Mindestpunktwertberechnung in
den neuen Bundesländern im Zeitraum bis Ende 1998 auf der Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze ergangen ist, eine abweichende Aussage trifft, hält der Senat daran für Zeiträume ab dem Jahr 2000 nicht
mehr fest.
33
Auch die Höhe des zur Berücksichtigung der Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen
festgesetzten Betrags von 40.634 Euro hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des
Bewertungsausschusses.
34
Die KÄBV hat das Zustandekommen dieses Betrags dahingehend erläutert, dass als Grundlage die im Mai 2002
erstellte "Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999" des Zentralinstituts für die
kassenärztliche Versorgung (ZI) gedient habe. Die Werte der Psychotherapeuten (Ärzte und Psychologen) sind darin
nach drei etwa gleich großen Umsatzgrößenklassen untergliedert (bis 60.000 DM, ab 60.000 bis 100.000 DM sowie
über 100.000 DM) aufgeführt. Der Ermittlung des festen Betriebskostenbetrags seien die durchschnittlichen
Betriebsausgaben der obersten Umsatzgrößenklasse in den alten Bundesländern in Höhe von 62.712 DM zugrunde
gelegt worden. Da hierin allerdings Personalkosten von lediglich 12.042 DM enthalten gewesen seien, die den
Vorgaben im Urteil des BSG vom 28.1.2004 nicht genügt hätten, seien diese in Abzug gebracht und durch den Betrag
von 28.803 DM ersetzt worden. Jener Betrag sei aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur
"Kostenstruktur bei ausgewählten Arzt-, Zahnarzt-, Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von
Psychologischen Psychotherapeuten" im Jahr 2000 (erschienen im Februar 2004 in der Fachserie 2/Reihe 1.6.1)
abgeleitet. Weil diese Auswertung lediglich in zwei - von der Kostenstrukturanalyse des ZI abweichende -
Honorargrößenklassen (unter 100.000 Euro bzw darüber) untergliedert sei, habe man den gewichteten Mittelwert beider
Honorarklassen ermittelt, der hinsichtlich der Personalkosten (einschließlich Sozialkosten) 28.803 DM betrage. Dieser
auf empirischer Grundlage ermittelte Personalkostenbetrag sei übernommen worden, nachdem eine Prüfung ergeben
habe, dass damit eine nach dem für Arztpraxen maßgeblichen Gehaltstarifvertrag für Arzthelferinnen adäquat
eingruppierte Halbtagskraft in einer psychotherapeutischen Praxis finanziert werden könne. Daraus resultierten
Betriebskosten einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis in Höhe von (62.712 DM - 12.042 DM + 28.803
DM = 79.473 DM =) 40.634 Euro.
35
Die gegen diese Vorgehensweise des Bewertungsausschusses erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
Zunächst wird beanstandet, dass empirische Daten aus zwei verschiedenen Erhebungen in unterschiedlichen
Zeiträumen kombiniert worden seien, obwohl nahegelegen hätte, ausschließlich die aktuellere Kostenstrukturanalyse
des Statistischen Bundesamtes zugrunde zu legen. Dem steht jedoch entgegen, dass die in der
Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 ermittelten Werte (Tabellen 5.1 bis 5.3)
ausschließlich Psychologische Psychotherapeuten - einschließlich der nicht vertragsärztlich Tätigen - erfassen und
ärztliche Psychotherapeuten unberücksichtigt lassen (diese sind in nicht näher ausgewiesenem Umfang in den
Tabellen 1.1. bis 1.3 in der Gruppe der Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und ggf auch in der
Gruppe der Allgemeinärzte enthalten). Die Psychologischen Psychotherapeuten weisen zudem einen Umsatzanteil
aus vertragsärztlicher Tätigkeit von lediglich 60 bis 65 % und in erheblichem Umfang Erlöse aus Privatpraxis und
sonstiger selbstständiger Tätigkeit - etwa in der Aus- und Fortbildung - auf (Tabelle 5.1, aaO, S 61), die von einer voll
ausgelasteten vertragspsychotherapeutischen Praxis nicht erzielt werden können. Hingegen umfasst die Erhebung
des ZI nur die in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten (vgl
dort unter Nr 3.1, S 8) und entspricht damit wesentlich genauer der Vorgabe in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V. Hinzu
kommt, dass die Auswertung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 auf einer Stichprobe beruht, die
anhand eines Unternehmensregisters mit Stand von 1997/1998 gezogen wurde und somit Praxisneugründungen aus
den Jahren 1998 bis 2000 nicht einbezieht (aaO, S 8), obwohl das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes zum
1.1.1999 gerade in diesem Zeitraum einen signifikanten Anstieg der vertragsärztlich tätigen Psychologischen
Psychotherapeuten bewirkt hat. Diese Umstände rechtfertigen es, zum Zwecke der Mindestpunktwertermittlung im
Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung den Daten der spezifischeren Kostenstrukturanalyse des ZI den Vorzug zu
geben, auch wenn diese nur für 1999 vorlagen.
36
Zu Recht hat der Bewertungsausschuss die Notwendigkeit einer Modifikation dieser empirisch erhobenen
Betriebskostendaten in Bezug auf die vom ZI ermittelten Personalkosten gesehen, da diese selbst in der höchsten
Umsatzklasse - über 100.000 DM bzw 51.129 Euro - lediglich 12.042 DM bzw 6.157 Euro pro Jahr ausmachten.
Dieser Durchschnittswert resultiert daraus, dass nach den Ergebnissen der Erhebung in den
Psychotherapeutenpraxen häufig ganz ohne Personal gearbeitet wurde (Sonderauswertung des ZI, Nr 3.2.2 - S 8). Es
bedarf keiner näheren Darlegungen, dass mit diesem Betrag die vom Senat - losgelöst von den tatsächlichen
Verhältnissen - für erforderlich gehaltene Berücksichtigung der Aufwendungen für die sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung einer Halbtagskraft nicht realisiert worden wäre. Die vom Bewertungsausschuss gewählte
Vorgehensweise zur Bereinigung dieser partiellen Beeinträchtigung der Verwertbarkeit der Kostenstrukturstatistik des
ZI zur Bestimmung der typischen Betriebskosten eines voll ausgelasteten Psychotherapeuten hält sich jedoch im
Rahmen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums. Der Vorhalt, es hätten keine Daten der hilfsweise
herangezogenen Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes aus der niedrigeren Umsatzklasse - bis
100.000 Euro - einbezogen werden dürfen, weil Praxen mit Umsätzen deutlich unter dem für diese Klasse ermittelten
Durchschnittsumsatz von 68.700 Euro nicht mehr voll ausgelastet seien, geht fehl. Er lässt unberücksichtigt, dass
Praxen ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigte sowie Praxen unterhalb einer definierten Umsatzuntergrenze
von 12.500 Euro/Jahr in die Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes von vornherein nicht einbezogen
werden (vgl die gemeinsame Stellungnahme "Synopse zur Kostenstrukturstatistik in Arztpraxen des Statistischen
Bundesamtes und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland", Juli
2006, Seite 2, 4 - abrufbar unter www.zi-berlin.de/wirt arztpraxis/downloads/Stellungnahme-StatBA-ZI-2.pdf). Das wird
auch dadurch verdeutlicht, dass in der dort definierten niedrigeren Umsatzklasse, welche in einem weiten Bereich
(51.129 bis 100.000 Euro) mit der obersten Umsatzklasse (über 100.000 DM) der Erhebung des ZI deckungsgleich ist,
pro Praxis im Durchschnitt tatsächlich 0,6 Beschäftigte - mithin mehr als die vom Senat geforderte Halbtagskraft -
tätig waren (Tabelle 5.3 der Kostenstrukturerhebung 2000 des Statistischen Bundesamtes). Durch die Einbeziehung
auch der dort angefallenen Personalkosten im Rahmen einer gewichteten Durchschnittswertbildung - dh gemeinsam
mit der oberen Umsatzklasse, die durchschnittlich 1,4 Beschäftigte aufwies - ist somit der Rahmen einer
realitätsgerechten und willkürfreien Personalkostenerfassung nicht verlassen worden.
37
Dass die auf diese Weise ermittelten Personalkosten einer mit vertragspsychotherapeutischen Behandlungen voll
ausgelasteten Praxis in Höhe von jährlich 28.803 DM (14.727 Euro) dem Gebot einer realitätsgerechten Bemessung
entsprechen, zeigt sich auch, wenn in der Erhebung des Statistischen Bundesamtes nur die Werte für die Praxen der
oberen Umsatzklasse (über 100.000 Euro) betrachtet werden. Insoweit fielen für durchschnittlich 1,4 Beschäftigte
Personalkosten im Umfang von 19,3 % der gesamten Einnahmen in Höhe von 160.300 Euro - also 30.938 Euro - an
(Tabelle 5.2, aaO, S 62). Für einen Vollzeitbeschäftigten waren mithin durchschnittlich (30.938 Euro: 1,4 =) 22.099
Euro aufzuwenden. Somit umfasst der vom Bewertungsausschuss berücksichtigte Betrag von 14.727 Euro etwa zwei
Drittel der in psychotherapeutischen Praxen für eine Vollzeitkraft tatsächlich entstandenen Aufwendungen. Der vom
Senat für erforderlich gehaltenen Berücksichtigung von Personalkosten zumindest für eine
sozialversicherungspflichtige Halbtagskraft (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 31) ist damit
Genüge getan. Dasselbe ergibt sich auch bei der vom Bewertungsausschuss ergänzend durchgeführten
"intellektuellen Überprüfung" des aus der Kostenstrukturstatistik des Statistischen Bundesamtes empirisch
hergeleiteten Personalkostenbetrags anhand des Gehaltstarifvertrags für Arzthelferinnen. Die aus Gründen der
Sachnähe vorgenommene Heranziehung dieses für Beschäftigte in Praxen niedergelassener Ärzte einschlägigen
Tarifvertrags ist nachvollziehbar und nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Senat in seiner Modellberechnung
bislang den BAT zugrunde gelegt hat (so bereits BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 29, 31). Nach dem genannten
Tarifwerk (DÄ 1999, A-2380 - ab 1.9.1999 bis 31.12.2000 geltende Fassung) kommt für Mitarbeiter in einer
psychotherapeutischen Praxis, die über vertiefte Fachkenntnisse verfügen, delegationsfähige Leistungen - etwa
Testverfahren - durchführen und auch die Abrechnung gegenüber der KÄV erledigen, eine Eingruppierung in
Tätigkeitsgruppe II in Betracht. Dies bedeutet für eine in den alten Bundesländern beschäftigte Halbtagskraft im 15.
Berufsjahr ein Monatsgehalt von 1.622 DM bzw von 19.458 DM im Jahr. Nach Hinzurechnung der durchschnittlichen
Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe von damals - ab 1.4.1999 - 20,65 % (vgl BT-Drucks 16/9554, S
29) ergeben sich jährliche Personalkosten von 23.476 DM bzw 12.003 Euro. Dieser Betrag ist um 2.724 Euro geringer
als der vom Bewertungsausschuss tatsächlich berücksichtigte Betrag von 14.727 Euro und lässt noch Spielraum
etwa für die geringfügige Beschäftigung einer Raumpflegekraft.
38
Das Erfordernis realitätsgerechter Berücksichtigung der Betriebskosten in den Vorgaben zur Ermittlung des
Psychotherapie-Punktwerts bringt es allerdings mit sich, dass der Bewertungsausschuss in regelmäßigen Abständen
prüfen muss, ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich wesentlich geändert haben und deshalb eine Anpassung der
ursprünglichen Festlegung geboten ist. Er muss insbesondere bei der Verwendung zahlenförmiger Normen, die an
tatsächliche Verhältnisse anknüpfen, diese Werte "unter Kontrolle halten" und erforderlichenfalls nachbessern (BSGE
89, 259, 269 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 198; Senatsbeschluss vom 23.5.2007 - B 6 KA 27/06 B - juris RdNr 8;
BSG, Urteile vom 29.8.2007, B 6 KA 36/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 26 sowie B 6 KA 43/06 R - SozR 4-2500
§ 85 Nr 40 RdNr 20). Dementsprechend hat der Bewertungsausschuss in Befolgung einer entsprechenden Auflage der
Aufsichtsbehörde mit Wirkung vom 1.4.2008 die bei den Arztgruppen des "Fachgruppenmix" zu berücksichtigenden
prozentualen Betriebskostenanteile angepasst (DÄ 2008, A-913 - es wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass
die prozentualen Betriebskostenanteile in allen Arztgruppen gesunken waren). Hingegen sind die als fester Betrag -
und damit ohne faktische Anpassungen infolge höherer Umsätze wegen gestiegener Gesamtvergütungen - zu
berücksichtigenden Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen in Höhe von 40.634 Euro, die auf
der Grundlage der bis Ende 2004 verfügbaren Daten festgesetzt wurden, bis heute unverändert geblieben. Das ist für
die hier zu beurteilenden Zeiträume der Jahre 2002 und 2003 ohne Belang.
39
Der Senat weist jedoch im Rahmen seines Auftrags zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Schaffung von
Rechtsfrieden und Rechtssicherheit (vgl hierzu BSGE 89, 259, 269 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 197) darauf hin, dass
nach den ihm zugänglichen Daten wohl ab dem Jahr 2007 deutliche Anhaltspunkte für Kostensteigerungen bestehen,
welche die Erheblichkeitsschwelle im Rahmen pauschalierender Regelungen überschreiten und deshalb eine
Anpassung des Betriebskostenbetrages an die in wesentlichem Umfang veränderten Realitäten nahelegen. Nicht
zuletzt aufgrund einer Erhöhung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte (vgl Art 4 Nr 1 Haushaltsbegleitgesetz 2006
vom 29.6.2006, BGBl I 1402) ist im Jahr 2007 der Verbraucherpreisindex für Deutschland erstmals seit Jahren wieder
um mehr als zwei Prozent gestiegen und hat die Basis des Jahres 2000 um mehr als 10 Prozentpunkte übertroffen
(vgl Statistisches Jahrbuch 2007, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, Tabelle 20.9.2 auf S 511). Zudem
sind mit Wirkung ab 1.1.2008 die seit Juli 2004 nicht mehr angehobenen Vergütungen für Arzthelferinnen erhöht
worden (vgl Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen vom 22.11.2007, DÄ 2008, A-110),
wobei insbesondere aufgrund zusätzlicher Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie infolge des Wegfalls
des Ost-Abschlags in den neuen Bundesländern (zuletzt 14,75 %) deutliche Personalkostensteigerungen entstanden.
Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass bei der zum 1.1.2008 erfolgten Novellierung des EBM-Ä aufgrund neuer
Kostenerhebungen erheblich höhere Betriebskosten insbesondere bei Psychotherapeuten berücksichtigt (vgl KÄBV,
Die vertragsärztliche Vergütungsreform nach dem GKV-WSG: Der neue EBM 2008, Unterlage zum 4. Pressegespräch
am 22.10.2007, S 17 - abrufbar unter www.kvsh.de/files/arzt/startseite 1/2030 pressegespraech 4 kbv.pdf) und
deshalb die punktzahlmäßigen Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen spürbar angehoben wurden (zB
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nach Nr 35200 EBM-Ä 2008 mit 1.755 statt früher 1.495 Punkten
bewertet). Infolgedessen ist auch die Gesamtpunktmenge einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis - als
Divisor der Mindestpunktwertberechnung - ab 1.1.2008 von bislang 2.244.600 Punkten um 21 % auf nunmehr
2.716.740 Punkte erhöht worden, während die - im Dividenden zu berücksichtigenden - Betriebskosten der
Psychotherapeuten bislang unverändert geblieben sind. Es liegt nahe, dass aufgrund der genannten Veränderungen
die Vorgabe eines Betriebskostenbetrags von weiterhin 40.634 Euro (Nr 2.2.1.5 des insoweit unveränderten
Beschlusses vom 18.2.2005) möglicherweise bereits im Jahr 2007, jedenfalls aber ab 2008 eine dem
Regelungskonzept widersprechende strukturelle Fehlfestlegung enthält und somit zu nicht mehr rechtmäßigen
Ergebnissen führt. Der Bewertungsausschuss ist deshalb aufgerufen, für die Zeiträume ab Quartal I/2007 anhand der
damals zugänglichen bzw der später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang
der feste Betriebskostenbetrag angepasst werden muss, damit er weiterhin einer realitätsgerechten Festlegung
entspricht.
40
bb) Als zweite wesentliche Vorgabe für die Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte enthält der Beschluss vom
18.2.2005 nähere Maßgaben für die Ermittlung des Vergleichsertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen
Arztgruppen. Während Nr 2.2.1.6 (aaO) die für die unterschiedlichen Zeiträume einheitlich anzuwendenden
Berechnungsvorgaben aufstellt, sind unter Nr 2.3 bis 2.7 für die jeweilige Periode das maßgebliche Bezugsjahr und
die Vergleichsgruppe festgelegt. Gemäß Nr 2.3 und Nr 2.4 (aaO) ist in den Jahren 2000 und 2001 auf den Ertrag der
Allgemeinmediziner im hausärztlichen Versorgungsbereich abzustellen; für die nachfolgenden Zeiträume ist der sog
"Fachgruppenmix" maßgeblich.
41
Diese Regelungen sind für den hier zu beurteilenden Zeitraum der Jahre 2002 und 2003 ebenfalls nicht zu
beanstanden. Der Senat hat bereits entschieden, dass für Zeiträume bis Ende 1998 für den Einkommensvergleich die
Werte der Arztgruppe der Allgemeinmediziner heranzuziehen sind (Klarstellung in BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36), dass
es außerdem sachgerecht ist, jeweils auf die Umsatz- und Ertragsdaten der Vergleichsgruppe im vorvergangenen Jahr
zurückzugreifen, und dass ab dem Jahr 2002 nur noch auf fachärztliche Arztgruppen im unteren Einkommensbereich
abgestellt werden kann (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 34; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr
14). Dem wird die Vorgabe in 2.5 bis 2.7 des Beschlusses vom 18.2.2005 gerecht. In den hiernach maßgeblichen
Durchschnittsertrag von sieben größeren Arztgruppen im fachärztlichen Versorgungsbereich - Augenärzte, Chirurgen,
Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Orthopäden und Urologen - fließen sogar die Erträge von Arztgruppen mit
traditionell überdurchschnittlichen Einkommen - namentlich der Orthopäden - mit ein, obwohl dies rechtlich nicht
geboten ist. Der Rückgriff auf den Durchschnitt immer derselben Facharztgruppen trägt außerdem dazu bei, stärkere
Schwankungen sowohl bei den einzelnen Arztgruppen im Lauf der Zeit als auch bei deren Rangstelle im
Einkommensgefüge innerhalb der jeweiligen KÄV auszugleichen. Hierdurch werden zufällige Resultate, die im
Rahmen von gleichheitsorientierten Modellberechnungen problematisch sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr
17), ebenso vermieden wie ein starkes Auseinanderdriften der Mindestpunktwerte in den einzelnen KÄV-Bezirken.
Unbedenklich ist auch, dass gemäß Nr 2.5 des Beschlusses vom 18.2.2005 für die ersten beiden Quartale des Jahres
2003 noch die Erträge der Vergleichsgruppe des Jahres 2000 maßgeblich sind. Diese Abweichung von der Regel
eines Abstellens auf die Erträge des vorvergangenen Jahres beruht auf dem Umstand, dass zum 30.6.2003 die
wesentlich auf die Vergütungshöhe in den einzelnen Facharztgruppen einwirkenden Praxisbudgets wegfielen; die aus
diesem Grund um zwei Quartale hinausgeschobene Aktualisierung ist dadurch sachlich gerechtfertigt.
42
Auch die vom Bewertungsausschuss in Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005 vorgegebene Bereinigung
der zum Vergleich herangezogenen Honorare um bestimmte Leistungen begegnet jedenfalls insoweit keinen
durchgreifenden Bedenken, als sie sich - für Zeiträume ab 1.1.2002 - auf die durchschnittlichen Erträge der
Arztgruppen des sog "Fachgruppenmix" bezieht. Dies hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der den
Normgeber berechtigt, gerade im Bereich eines komplexen sowie der Steuerung dienenden Regelungsgefüges
pauschalierende und typisierende Vorgaben zu treffen und auszuwählen, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als
im Wesentlichen gleich oder ungleich ansieht (vgl BSG, Urteil vom 9.4.2008 - B 6 KA 29/07 R - RdNr 28, zur
Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 85 Nr 41 vorgesehen). Speziell bei Vergütungsregelungen, die zur
Wahrung vergleichbarer Chancen zur Erzielung von Überschüssen aus vertragsärztlicher bzw
vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit getroffen werden, darf der Bewertungsausschuss im Sinne einer
Feinsteuerung die zum Einkommensvergleich herangezogenen Ertragsbestandteile in einem Randbereich
eigenständig modellieren. Er muss allerdings darauf achten, dass hierdurch der Funktion der Vergleichsberechnung
nicht insgesamt die Grundlage entzogen wird; Umsätze, welche die zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen im
Rahmen der vertragsärztlichen Regelversorgung erzielen und deren Ertragssituation prägend bestimmen, dürfen nicht
unberücksichtigt bleiben. Die Ausklammerung einzelner Umsatzbestandteile ist aber insbesondere dann unbedenklich,
wenn - wie hier - entgegen der rechtlichen Verpflichtung in den Vergleich auch Arztgruppen mit überdurchschnittlichen
Erträgen einbezogen werden und sich trotz der feinsteuernden Bereinigung im Randbereich für die (Modell-)Praxis
eines voll ausgelasteten und in Vollzeit tätigen Psychotherapeuten eine Vergütung ergibt, die jedenfalls den
(ungeschmälerten) Durchschnittsertrag einer vergleichbaren Arztgruppe im unteren Einkommensbereich erreicht (vgl
BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 34).
43
Nach diesem Maßstab ist von den Gerichten zu respektieren, dass der Bewertungsausschuss im Rahmen des ab
2002 maßgeblichen "Fachgruppenmix" angeordnet hat, die Umsätze der dort aufgeführten Facharztgruppen aus
belegärztlicher Behandlung, Pauschalerstattungen des vertraglich vereinbarten Kapitels U des EBM-Ä,
Dialysesachkosten, Laborleistungen nach Kapitel O EBM-Ä, gesondert regional vereinbarte Kostenerstattungen sowie
Honorare aus Modellvorhaben gemäß § 63 SGB V bei der Berechnung der Mindestpunktwerte nicht mit
einzubeziehen.
44
Die Nichtberücksichtigung der Honorare aus Modellvorhaben liegt schon deshalb nahe, weil entsprechende
Vereinbarungen zur Weiterentwicklung der Versorgungsformen vielfach ohne Beteiligung der KÄVen abgeschlossen
werden und somit nicht gewährleistet ist, dass die KÄV überhaupt Kenntnis von solchen Zahlungen erhält (§ 64 Abs 1
iVm § 63 Abs 6 SGB V). Hinzu kommt, dass gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 SGB V bei der Durchführung der
Modellvorhaben von den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V abgewichen werden kann, was insbesondere
auch die Vorschriften zur vertragsärztlichen Vergütung betrifft (vgl Koch in juris Praxiskommentar SGB V, 2008, § 63
RdNr 13). Werden im Rahmen solcher Modellvorhaben Leistungen gesondert vergütet, die zur vertragsärztlichen
Regelversorgung gehören, sind gemäß § 64 Abs 4 SGB V die für die Regelversorgung gezahlten Gesamtvergütungen
entsprechend zu verringern. Im Hinblick auf diese im Gesetz angelegte Trennung der Honorare für die
Regelversorgung einerseits und für Modellvorhaben andererseits ist es nicht sachwidrig, bei Vorgaben zur
gleichmäßigen Verteilung der für die Regelversorgung gezahlten Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 4, 4a SGB V) die im
Rahmen von Modellvorhaben außerhalb dieses Systems erzielten Honorare unberücksichtigt zu lassen. Hierin liegt
keine Benachteiligung der Psychotherapeuten, denn auch ihnen steht die Möglichkeit offen, über ihre Verbände solche
Vereinbarungen abzuschließen und entsprechende Honorare zu erzielen (vgl § 64 Abs 1 SGB V; zu einem bereits
durchgeführten Modellvorhaben unter Beteiligung von Psychotherapeuten und zusätzlichen Vergütungen vgl DÄ 2004,
A-3142).
45
Auch die Bereinigung der Umsätze der Arztgruppen im "Fachgruppenmix" um die weiteren Positionen ist nicht zu
beanstanden. Sachkosten für die Durchführung von Dialysen fallen bei Beachtung der Fachgebietsgrenzen in diesen
Arztgruppen ohnehin nicht an (vgl § 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren,
abgedruckt bei Engelmann, aaO, unter Nr 655). Lediglich regional vereinbarte besondere Kostenerstattungen sind für
die Ertragssituation in diesen Arztgruppen ebenso wenig prägend wie die Kostenerstattungen nach dem vertraglich
vereinbarten Kapitel U sowie die Leistungen bzw Kostenpauschalen nach Kapitel O EBM-Ä aF (vgl insoweit
Klose/Preuß, Leistungen in der Arztpraxis im Jahr 2003, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der AOK,
2005 (einsehbar unter www.wido.de), Tabellen 27 bis 37: hiernach trugen die genannten Leistungen lediglich bei den
Urologen, Frauen- und Hautärzten mit ca 11 %, 5,5 % bzw 4,6 % zum Umsatz bei, während sie bei den übrigen vier
Arztgruppen ohne Bedeutung und somit im Gesamtdurchschnitt nicht prägend waren). Entsprechendes gilt hinsichtlich
der belegärztlichen Leistungen. Nur bei den HNO-Ärzten gehört die Leistung nach Nr 28 EBM-Ä aF (Regelvisite auf
der Belegstation) zu den 20 umsatzstärksten Abrechnungspositionen - allerdings mit einem Umsatzanteil von lediglich
1,1 % (Klose/Preuß, aaO, Tabelle 30) -, während diese bei belegärztlicher Tätigkeit regelmäßig anfallende Position
unter den umsatzstärksten Leistungen der übrigen Arztgruppen nicht aufscheint. Dem entspricht es, dass gemäß § 39
Abs 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte die stationäre Tätigkeit eines Belegarztes nicht den Schwerpunkt seiner gesamten
vertragsärztlichen Tätigkeit bilden darf, sondern ihr gegenüber nachrangig sein muss (BSGE 79, 239, 248 f = SozR 3-
2500 § 87 Nr 14 S 56). Die belegärztliche Tätigkeit ist außerdem eine zusätzliche Tätigkeit des betreffenden
Vertragsarztes außerhalb der ambulanten Versorgung und als solche einer Zweit- oder Nebenbeschäftigung
vergleichbar. Auch deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, die Umsätze aus belegärztlicher Tätigkeit bei der
Mindestpunktwertberechnung im Rahmen der ambulanten Versorgung ebenso außer Betracht zu lassen wie zB die
Einnahmen der Psychotherapeuten aus zusätzlichen Tätigkeiten in Aus- und Fortbildung sowie für die Erstellung von
Gutachten.
46
Eine rechtlich zu beanstandende strukturelle Fehlfestlegung liegt auch nicht darin begründet, dass der
Bewertungsausschuss zur Berechnung der durchschnittlichen Erträge des "Fachgruppenmix" die
Betriebskostenquoten der einbezogenen Facharztgruppen nach Maßgabe der Kostenstrukturanalyse 1999 des ZI
vorgegeben hat, obgleich bei der empirischen Gewinnung dieser Kostenquoten die im Rahmen der
Vergleichsberechnung ausgeklammerten Umsatzanteile mit eingeflossen sind. Die Ansicht, eine Durchführung der
Mindestpunktwertberechnung sei nur zulässig entweder unter Anwendung bereinigter Umsätze und entsprechend
bereinigter Kostenquoten oder aber mit Umsätzen und Kostenquoten, die in gleichartiger Weise auf der Grundlage
umfassender Umsätze ermittelt wurden, trifft nicht zu. Wie bereits ausgeführt, sind jedenfalls im Rahmen des
"Fachgruppenmix" die vom Bewertungsausschuss ausgeklammerten Umsatzanteile nicht wesentlich oder prägend.
Sie umfassen außerdem nur teilweise reine Kostenerstattungen ohne Gewinnanteil, welche im Falle einer
Herausrechnung auch bei der Ermittlung der Betriebskostenquoten zu niedrigeren Kostenanteilen in diesen
Fachgruppen und somit im Rahmen der Vergleichsberechnung im Ergebnis zu höheren Psychotherapie-Punktwerten
führen würden. Maßgeblich ist jedoch, dass andere als die in der Kostenstrukturanalyse des ZI auf empirischer
Grundlage ermittelten Betriebskostenquoten, welche unter Einbeziehung sämtlicher Einnahmen aus vertragsärztlicher
und sonstiger ärztlicher - dh auch privatärztlicher - Tätigkeit und sämtlicher Betriebsausgaben gewonnen wurden (vgl
Kostenstrukturanalyse in der Arztpraxis 1999, herausgegeben vom ZI, 2002, Nr 2.1.1 und 2.1.3 auf S 4), nicht
vorhanden sind. Deshalb kann im Rahmen typisierender Berechnungen nur auf diese Werte zugegriffen werden, und
sie dürfen auch herangezogen werden, wenn aufgrund sachlich begründeter Erwägungen einzelne Umsatzbestandteile
mit punktuell vom Durchschnitt nach oben oder unten abweichenden Kostenanteilen bei der Modellberechnung
unberücksichtigt bleiben. Dies gilt um so mehr, als solche Modellberechnungen nicht der mathematisch exakten
Ermittlung der realen Verhältnisse in einer konkreten Vertragsarztpraxis dienen, sondern normative Festlegungen zur
Annäherung an die Wirklichkeit enthalten, die zu treffen mit noch vertretbarem Aufwand möglich sein muss (vgl zur
vergleichbaren Problematik der Anwendung von in einem bestimmten Jahr ermittelten Kostenquoten in späteren
Jahren BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 30).
47
Im Übrigen hat die Berechnungsvorgabe des Bewertungsausschusses im Bereich der Beklagten im Jahr 2002 zu
einem Psychotherapie-Punktwert von 4,37 Cent geführt. Dieser Punktwert ermöglicht einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen (Modell-)Praxis mit einem Leistungsbedarf von 2.244.600 Punkten aus zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen Leistungen einen Umsatz von 98.089 Euro, was nach Abzug der Betriebskosten in Höhe
von 40.634 Euro einem Ertrag von 57.455 Euro im Jahr entspricht. Für das Jahr 2003 errechnet sich unter Anwendung
der Psychotherapie-Punktwerte von 4,37 bzw 4,47 Cent (erstes bzw zweites Halbjahr - Durchschnitt 4,42 Cent) ein
Ertrag von 58.577 Euro. Ein Vergleich dieser Beträge mit den Erträgen anderer Facharztgruppen im unteren
Einkommensbereich (Werte dieser Gruppen berechnet auf der Grundlage der mittleren Gesamthonorare je Arztgruppe
gemäß den von der Beklagten in den "KVS-Mitteilungen" jeweils veröffentlichten "Grunddaten der
Punktwertberechnung" sowie der Kostenquoten gemäß der Kostenstrukturanalyse 1999 des ZI, ausgewiesen in
Tabelle D 4 der Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2001) zeigt, dass die Gewinne der
psychotherapeutischen (Modell-)Praxis in den Jahren 2002 und 2003 zu diesen Arztgruppen aufschließen konnten.
Die Erträge der Nervenärzte sind mit 60.784 Euro (2002) bzw 59.981 Euro (2003) zwar etwas höher, liegen aber in
demselben Bereich. Die Gewinne der Hautärzte sind nur im Jahr 2002 höher (62.829 Euro), fallen jedoch bereits 2003
im Vergleich zur psychotherapeutischen (Modell-)Praxis etwas niedriger aus (58.531 Euro). Hingegen sind die Erträge
der HNO-Ärzte in beiden Jahren geringer als diese Vergleichswerte (57.346 Euro bzw 57.452 Euro). Auf die deutlich
geringeren Erträge der Fachärzte für Chirurgie (44.937 Euro bzw 46.972 Euro) darf im Rahmen dieses Vergleichs
hingegen nicht abgestellt werden, da berücksichtigt werden muss, dass diese neben ihren Einnahmen aus
vertragsärztlicher Tätigkeit durchweg über nennenswerte weitere Einnahmen im Rahmen des
berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens (D-Arzt, H-Arzt) verfügen (vgl Senatsbeschluss vom 31.8.2005 - B 6 KA
22/05 B - juris RdNr 10).
48
Wenn die Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 zur Berechnung der Psychotherapie-
Punktwerte in den Jahren 2002 und 2003 im Vergleich mit weiteren Arztgruppen solche Ergebnisse bewirken, ist dem
gesetzlichen Gebot angemessener Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V)
Genüge getan. Der Senat hält daran fest, dass die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologen nicht
beanspruchen können, bei Vollauslastung ihrer Praxen den durchschnittlichen Überschuss aller Vertragsärzte zu
erreichen. Es ist unter dem Aspekt der Honorarverteilungsgerechtigkeit vielmehr hinreichend, dass voll ausgelastete
Psychotherapeuten die Chance erhalten, mit ihrer Tätigkeit Überschüsse zu erwirtschaften, die denjenigen anderer
fachärztlicher Gruppen im unteren Einkommensbereich entsprechen. In diesem Zusammenhang hat der Senat
besonders auf die Nervenärzte hingewiesen, mit deren Leistungsspektrum dasjenige der Psychotherapeuten am
ehesten vergleichbar ist (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8 RdNr 34; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 14). Die
Berechnungen für den Bereich der Beklagten zeigen, dass der Ertrag der psychotherapeutischen (Modell-)Praxis auf
der Grundlage der Vorgaben des Bewertungsausschusses denjenigen der Nervenärzte nahezu erreicht und zum Teil
noch über den Erträgen der HNO-Ärzte und Hautärzte liegt. Unter Berücksichtigung dieser Auswirkungen kann die
Rechtswidrigkeit der normativen Vorgaben nicht festgestellt werden.
49
Für die Jahre 2000 und 2001 entsprechen die Anordnungen im Beschluss des Bewertungsausschusses vom
18.2.2005 zur Berechnung des insoweit maßgeblichen Vergleichsertrags der Allgemeinmediziner den oben
dargestellten Maßstäben allerdings nicht. Anders als bei den im "Fachgruppenmix" zusammengefassten Arztgruppen
stellen für die Allgemeinmediziner insbesondere die Umsätze für Leistungen der Kapitel O und U des EBM-Ä aF ein
ihre Ertragssituation prägendes und wesentliches Element dar. Die Allgemeinärzte erbringen etwa 40 % sämtlicher
Laborleistungen in der vertragsärztlichen Versorgung - deutlich mehr als alle anderen Arztgruppen (KÄBV, Grunddaten
zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, Ausgaben 2002 bzw 2003, jeweils Tabelle II.2). Dementsprechend
befanden sich im Jahr 2003 unter den 20 häufigsten Abrechnungspositionen der Allgemeinärzte allein 12
Laborleistungen mit einem Anteil von 30 % aller von ihnen abgerechneter Leistungen, darunter die Laborgrundgebühr
und der Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr 3450 bzw 3452 EBM-Ä aF mit jeweils 9 % Häufigkeit an den Rangstellen
zwei und drei (Klose/Preuß, aaO, Tabelle 25). In der Rangfolge der umsatzstärksten Abrechnungspositionen der
Allgemeinärzte lag der Wirtschaftlichkeitsbonus mit einem Umsatzanteil von 3,4 % auf dem sechsten Rang, die
Laborgrundgebühr mit 1,4 % Anteil auf Rang 12 (aaO, Tabelle 38). Bereits vor Einführung des
Wirtschaftlichkeitsbonus hatten die Laborleistungen im Jahr 1998 bei den Allgemeinärzten einen Anteil am
Gesamtleistungsbedarf von 7,33 % erreicht (Tabelle 8 der Stellungnahme der KÄBV vom 24.8.2001 im Verfahren B 6
KA 58/00 R - BSGE 89, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41). Die Pauschalerstattungen des vertraglich vereinbarten
Abschnitts U zum EBM-Ä aF machten damals lediglich 2,15 % des gesamten Leistungsbedarfs der Allgemeinärzte
aus, doch sind gerade die Besuchsleistungen und die damit im Zusammenhang stehenden Wegepauschalen nach Nr
7234 ff EBM-Ä aF für die Tätigkeit der Allgemeinärzte im hausärztlichen Versorgungsbereich charakteristisch. Mithin
dürfen diese prägenden Leistungen der ausschließlich zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe der
Allgemeinmediziner hier bei der Ermittlung des Vergleichsertrags nicht unberücksichtigt bleiben.
50
Dieser Befund wird bestätigt, wenn die Ertragschancen aufgrund der so ermittelten Psychotherapie-Punktwerte mit
denjenigen anderer Arztgruppen verglichen werden. Auf der Grundlage der von der Beklagten für 2000 und 2001
ermittelten Punktwerte von 4,08 Cent bzw 4,07 Cent ergeben sich Gewinne der psychotherapeutischen (Modell-
)Praxis in Höhe von 50.946 Euro (2000) bzw 50.721 Euro (2001). Diese Beträge bleiben deutlich hinter den Erträgen
der Nervenärzte (58.964 bzw 59.666 Euro), der Hautärzte (56.670 bzw 59.249 Euro) und auch der HNO-Ärzte (55.152
bzw 57.106 Euro) zurück. Die Ausklammerung erheblicher Umsatzanteile einer einzelnen zum Vergleich
herangezogenen Arztgruppe kann daher - anders als beim "Fachgruppenmix", bei dem die einbezogenen
ertragsstärkeren Arztgruppen einen Ausgleich bewirken - nicht durch letztendlich unbedenkliche Ergebnisse
gerechtfertigt werden.
51
Mithin ist der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 rechtswidrig, soweit die Honorarbereinigung
nach Nr 2.2.1.6 Abs 2 hinsichtlich der Leistungen nach Kapitel O und U EBM-Ä aF auch für Zeiträume vorzunehmen
ist, in denen gemäß Nr 2.3 und 2.4 für die Bestimmung des Vergleichsertrags ausschließlich die Umsätze der
Fachärzte für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich maßgeblich sind. Der insoweit bestehende
Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit führt allerdings nicht automatisch dazu, dass die
Psychotherapeuten für die Jahre 2000 und 2001 Anspruch auf höhere Honorare nach Maßgabe derjenigen Punktwerte
haben, die sich bei Nichtanwendung dieser Honorarbereinigung ergeben. Dem Bewertungsausschuss stehen vielmehr
mehrere gleichermaßen unbedenkliche Wege zur rechtmäßigen Neuregelung der gleichheitswidrigen Rechtslage offen.
Er kann ein Unterbleiben der Herausrechnung anordnen, doch es ist auch denkbar, das Modell des "Fachgruppenmix"
bereits für die Jahre 2000 und 2001 vorzugeben. Die Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit des Vergleichs mit den
Allgemeinmedizinern im Rahmen des vom Senat für Zeiträume bis Ende 1998 entwickelten Berechnungsmodells (vgl
BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36) und zur Notwendigkeit eines Vergleichs mit Arztgruppen aus dem fachärztlichen
Versorgungsbereich ab 2002 (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 34) schließt die zuletzt genannte
Lösung nicht aus.
52
Diesen Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses haben sowohl die Gerichte als auch die KÄVen zu
respektieren (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21 mwN); die KÄVen müssen deshalb bis zu einer Neuregelung
Entscheidungen über die Festsetzung der Honorare für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige
psychotherapeutische Leistungen aus den Jahren 2000 und 2001 zurückstellen. Der Bewertungsausschuss und die
Gerichte haben allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Streit um die rechtmäßige Honorierung der in den Jahren
2000 und 2001 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen schon längere Zeit hinzieht. Zur Gewährleistung eines
effektiven Rechtsschutzes in angemessener Frist (Art 19 Abs 4 GG, Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische
Menschenrechtskonvention) hat die abschließende Entscheidung über die den Psychotherapeuten zustehenden
Honorare nunmehr innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erfolgen. Sollte der Bewertungsausschuss daher bis
zum 31.12.2008 seinen Gestaltungsvorrang nicht ausüben und keine Neuregelung zur Bereinigung der
gleichheitswidrigen Rechtslage treffen, müssen die KÄVen nach diesem Zeitpunkt die Psychotherapie-Punktwerte für
die Jahre 2000 und 2001 ohne Herausrechnung der Leistungen der Allgemeinmediziner nach den Abschnitten O und U
EBM-Ä aF ermitteln und auf dieser Basis die Honorare der betroffenen Psychotherapeuten in den noch nicht
bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren neu festsetzen.
53
Im Übrigen hat der Bewertungsausschuss auch unter den Bedingungen des ab 1.1.2009 maßgeblichen neuen
Vergütungsrechts (§§ 87a, 87b SGB V idF von Art 1 Nr 57a, 57b GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom
26.3.2007, BGBl I 378) dafür Sorge zu tragen, dass "die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen" eine
angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 87 Abs 2c Satz 6 iVm Abs 2d Satz 3 SGB V idF
des GKV-WSG). Diese Regelungen sollen die Funktion des hier noch anzuwendenden § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V
übernehmen (Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247, S 39 - Zu Art 1 Nr 57, Zu Buchstabe e,
Zu Absatz 2c). Diese Verschiebung der Regelungsebene von der Honorarverteilung zum EBM-Ä trägt dem Umstand
Rechnung, dass ab dem 1.1.2009 Orientierungspunktwerte (§ 87 Abs 2e SGB V), die nicht mehr nach Arztgruppen
bzw Leistungserbringern differenzieren, sondern allenfalls je nach Versorgungssituation unterschiedlich ausfallen
können, die Vergütungshöhe bundeseinheitlich bestimmen sollen. Das hat zur Folge, dass den Besonderheiten
psychotherapeutischer Leistungen durch eine angemessene Bewertung im EBM-Ä Rechnung zu tragen ist. Darüber
hinaus hat der Gesetzgeber in § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V nF den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit
eröffnet, weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der
Euro-Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen oder soweit das aufgrund von
Besonderheiten bei der Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Als Beispiel für derartige - ohne
Mengenbegrenzung und außerhalb der arztbezogenen Regelleistungsvolumina zu vergütende - Leistungen sind
"antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen" ausdrücklich aufgeführt worden (Bericht des Ausschusses für
Gesundheit, BT-Drucks 16/4247, S 41 - Zu Art 1 Nr 57a). Der Bewertungsausschuss hat - wie bereits ausgeführt
(oben RdNr 39) - diesen veränderten Vorgaben Rechnung getragen und zum 1.1.2008 sowohl die punktzahlmäßige
Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen (von 1.495 auf nunmehr 1.755 Punkte, dh um mehr als 17 % je 50-
minütiger Behandlung) als auch das Gesamtvolumen der mit dem Psychotherapie-Punktwert zu vergütenden
Leistungsmenge (von 561.150 auf nunmehr 679.185 Punkte pro Quartal, vgl Teil B Nr 4 des Beschlusses in der 139.
Sitzung, DÄ 2008, A-356, 358) deutlich angehoben. Dies lässt erkennen, dass der Bewertungsausschuss sich der
vom Senat stets betonten Verpflichtung zur Verwirklichung einer gleichberechtigten Teilhabe der Psychotherapeuten
an der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen nicht entzieht.
54
B) Die Klägerin kann nicht beanspruchen, dass die von ihr durchgeführten probatorischen Sitzungen nach Nr 870
EBM-Ä aF gleichfalls mit den Psychotherapie-Punktwerten honoriert werden.
55
Der Senat hat im Urteil vom 29.8.2007 (SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 10 bis 16) näher dargelegt, dass der
Bewertungsausschuss zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet war, im Rahmen der ihm obliegenden Normierung von
Vorgaben für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für probatorische
Sitzungen vorzusehen. Er hat betont, dass es von der Gestaltungsfreiheit des Normgebers umfasst sei, die Vorgaben
für eine Punktwertstützung entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG auf diejenigen Leistungen zu
konzentrieren, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind. Eine Differenzierung der Regelung nach
dem Merkmal der Genehmigungsbedürftigkeit sei dem Bewertungsausschuss auch nicht aufgrund des
Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Abs 1 GG verwehrt. Eine erforderliche Genehmigung verhindere, dass die Menge
der davon betroffenen Leistungen allein nach eigener Entscheidung des Therapeuten nachhaltig beeinflusst werden
könne, und dies rechtfertige eine unterschiedliche Behandlung der bereits nach eigener Indikationsstellung durch den
Psychotherapeuten erbringbaren probatorischen Sitzungen (BSG, aaO, RdNr 16). Daran hält der Senat fest. Da das
Vorbringen der Revisionsklägerin zu dieser Frage im Wesentlichen nicht über die im Urteil vom 29.8.2007 bereits
erörterten Gesichtspunkte hinausgeht, sind weitere Ausführungen hierzu nicht veranlasst. Lediglich zu dem ergänzend
vorgebrachten Argument, probatorische Sitzungen könnten nicht zusätzlich, sondern nur alternativ zu der vom Senat
angenommenen Vollauslastung erbracht werden, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass den Modellannahmen zur
Vollauslastung psychotherapeutischer Praxen mit zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen bereits
zugrunde liegt, dass hiermit nicht die gesamte maximal erbringbare Arbeitszeit des einzelnen Psychotherapeuten im
Rahmen seiner vertragsärztlichen Praxis erfasst wird, da notwendigerweise begleitende Tätigkeiten wie ua die
Durchführung probatorischer Sitzungen hinzukommen (BSGE 84, 235, 240 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255). Die
behauptete Alternativität beider Leistungsarten als Basis der Modellberechnungen des Senats zur Ermittlung von
Mindestpunktwerten besteht somit nicht.
56
Mithin ist nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss im Beschluss vom 18.2.2005 die Anwendung des
Psychotherapie-Mindestpunktwerts nicht auch auf die probatorischen Sitzungen erstreckt hat.
57
C) Die Revision der Klägerin hat Erfolg, soweit sie die Höhe des ihr bewilligten Honorars für die nicht zeitgebundenen
und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen - insbesondere für probatorische Sitzungen - nach
den Bestimmungen des HVM der Beklagten beanstandet. Insoweit sind die Honorarbescheide rechtswidrig; die
Beklagte ist verpflichtet, über die der Klägerin für die Quartale I/2002 bis II/2003 zustehenden Honorare unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
58
Nach § 5 des für die Quartale I und II/2002 geltenden HVM (idF vom 6.3.2002) war der auf die fachärztliche
Versorgung entfallende Teil der Gesamtvergütungen nach Durchführung gewisser Vorwegabzüge auf zehn
Honorartöpfe für die der Praxisbudgetierung unterliegenden Facharztgruppen sowie auf fünf Honorartöpfe für nicht von
der Praxisbudgetierung betroffene Facharztgruppen aufzuteilen. Die Verteilung der Mittel erfolgte entsprechend den
Durchschnittsanteilen der einzelnen Honorargruppen an den Gesamtvergütungen des Quartals III/2000 (§ 5 Abs 4
HVM). Der Punktwert in einem einzelnen Honorarfonds durfte um nicht mehr als 10 % hinter dem
Durchschnittspunktwert aller budgetierten bzw unbudgetierten Fachärzte zurückbleiben (§ 5 Abs 6 Satz 3 und 4 HVM).
Zusätzlich war vorgesehen, dass bei Abweichungen um mehr als 15 % der Vorstand der KÄV zu prüfen hatte, ob das
Absinken des Punktwerts auf Umstände zurückzuführen war, die von den Ärzten der Honorargruppe nicht zu
beeinflussen waren. War dies der Fall, konnte der Vorstand den Anteil dieser Arztgruppe an den Gesamtvergütungen
ab dem betreffenden Quartal angemessen - maximal bis zur Höhe der durchschnittlichen Punktwerte - festsetzen (§ 5
Abs 7 HVM). Die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und die Psychologischen Psychotherapeuten bzw
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bildeten eine eigene Honorargruppe unter denjenigen Ärzten, die der
Praxisbudgetierung unterlagen. Für sie galt gemäß Anlage 1 zum HVM ergänzend, dass die zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen bis zu einer Obergrenze von 561.150 Punkten je Quartal
mit dem Punktwert von 3,43 Cent als Vorwegabzug vergütet und die übrigen Leistungen aus den verbleibenden Mitteln
honoriert wurden. Zudem war in Nr 5 der Anlage 1 zum HVM angeordnet, dass als Bezugswert für die Anwendung der
Interventionsregelung der durchschnittliche Punktwert der unbudgetierten Facharztfonds heranzuziehen und dass die
Regelung zur Kontrollpflicht in § 5 Abs 7 HVM für den Honorarfonds der Psychotherapeuten nicht anzuwenden war.
Diese Verteilungsgrundsätze galten ab Quartal III/2002 mit der Maßgabe fort, dass der Psychotherapie-Punktwert
nunmehr 3,58 Cent betrug (HVM vom 16.11.2002).
59
Nach Neufassung der Vorgaben zur Berechnung des Psychotherapie-Punktwertes im Beschluss des
Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 nahm die Beklagte keine Änderungen der genannten HVM-Regelungen vor,
bewilligte aber den betroffenen Psychotherapeuten Nachvergütungen für die zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen Leistungen nach Maßgabe der Differenz zwischen dem neu errechneten und dem bislang in
Anlage 1 des HVM festgesetzten Psychotherapie-Punktwert (Nachvergütungsbescheide vom 25.10.2005 und vom
25.1.2006). Die Vergütungen für die übrigen Leistungen blieben hingegen unverändert. Sie beruhten nach den
Feststellungen des SG in dem hier maßgeblichen Zeitraum auf Punktwerten, die ursprünglich rechnerisch zwischen
zumeist 0,00 Cent und - in zwei Quartalen des Ersatzkassenbereichs - bis zu 0,72 Cent betrugen, die aber nach
Anwendung der Interventionsregelung zur Punktwertstützung in Nr 5 Satz 1 der Anlage 1 zum HVM (idF vom
6.3.2002) zwischen 1,65 Cent und 2,29 Cent erreichten. Lediglich für die bei AOK-Patienten erbrachten übrigen
psychotherapeutischen Leistungen kam aufgrund gesonderter gesamtvertraglicher Vereinbarungen ein Punktwert von
2,56 Cent zur Anwendung.
60
Diese Honorarverteilungsregelungen und deren Ergebnisse sind nicht vollständig mit den bundesrechtlichen Vorgaben
in § 85 Abs 4 Satz 1 bis 4 SGB V vereinbar.
61
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Normgeber des HVM für einzelne Arztgruppen
Honorarkontingente festlegen und bei deren Bemessung an Leistungs- und Honorarmengen vergangener Zeiträume
anknüpfen darf; dies gilt auch für Leistungen, die einer Mengenausweitung nicht zugänglich sind (zusammenfassend
BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 18 mwN). Mit der Festlegung solcher Honorarkontingente geht allerdings eine
Beobachtungs- und Reaktionspflicht der KÄV als Normgeber einher. Eine Reaktion in Gestalt einer Anpassung der
Honorarverteilungsregelungen kann dann erforderlich sein, wenn sich bei einer Arztgruppe in einem wesentlichen
Leistungsbereich ein dauerhafter Punktwertabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau ergibt,
dieser nicht - etwa aufgrund von Mengenausweitungen - von der Arztgruppe selbst zu vertreten ist und auch nicht im
Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung durch andere Effekte kompensiert wird (BSG, aaO, RdNr 20).
62
Speziell zu dem hier in Rede stehenden HVM hat der Senat bereits entschieden, dass die von der Beklagten auf der
Grundlage von § 5 Abs 4 HVM vorgenommene Aufteilung des nach Vorwegabzügen verbleibenden fachärztlichen
Vergütungsanteils auf die einzelnen Facharztfonds entsprechend der im Basisquartal III/2000 ursprünglich -
rechtswidrig - vorgenommenen Aufteilung ihrerseits rechtswidrig und damit nichtig ist (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34
RdNr 17 ff). Bereits dieser Umstand führt zur der Verpflichtung der Beklagten, auf der Grundlage des tatsächlichen
medizinischen Versorgungsbedarfs der Patienten in den jeweiligen Fachgebieten bzw Leistungsbereichen eine
rechtmäßige Aufteilung für die hiervon erfassten und noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Quartale
vorzunehmen und auf dieser Grundlage die Honoraransprüche der Klägerin neu zu bescheiden (BSG, aaO, RdNr 31
iVm RdNr 24 f). Das ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte in den Quartalen I/2002 bis II/2003 für die
sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten aufgrund der Interventionsregelung (§ 5 Abs 6 Satz 3 und 4 iVm Nr 5
Satz 1 der Anlage 1 zum HVM idF vom 6.3.2002) bereits erhebliche Punktwertstützungen vorgenommen und -
abgesehen von den Sonderregelungen für Leistungen bei AOK-Versicherten - die Punktwerte von zumeist rechnerisch
0,00 Cent auf den um 10 % verminderten Durchschnittspunktwert aller Honorarfonds der unbudgetierten
Leistungserbringer in der fachärztlichen Versorgung angehoben hat. Eine solche rein rechnerisch definierte
Mindestpunktwertregelung kann die bei derart massiven Punktwertabfällen (bis hin zu 0,00 Cent) gebotene inhaltliche
Überprüfung der Festlegung der Anteile der einzelnen Fachgruppentöpfe an den im fachärztlichen Versorgungsbereich
zu verteilenden Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungsbedürfnisse nicht
ersetzen. Die in § 5 Abs 7 HVM vorgesehene inhaltliche Überprüfung durch den Vorstand der Beklagten ist jedoch
aufgrund einer Sonderregelung (Nr 5 Satz 2 der Anlage 1 zum HVM) für den Honorarfonds der Psychotherapeuten
explizit ausgeschlossen worden. Das wird den Anforderungen der auch für diesen Fonds geltenden Beobachtungs-
und Reaktionspflicht nicht gerecht.
63
Die in den Quartalen I/2002 bis II/2003 für die sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten gezahlten Punktwerte
zwischen 1,65 und 2,29 Cent (Primär-/Ersatzkassenbereich; für Versicherte der AOK Sachsen wurden 2,56 Cent
gezahlt) sind auch noch aus einem anderen Grund jedenfalls hinsichtlich der probatorischen Sitzungen nach Nr 870
EBM-Ä aF nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vereinbar. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei
den probatorischen Sitzungen zu beachten, dass sie zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten
gehören. Diese durch strikte Zeitgebundenheit, aber fehlende Genehmigungsbedürftigkeit geprägten Leistungen
werden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (§ 28 Abs 3 Satz 2, § 92 Abs 6a Satz 1 SGB V), und zwischen ihnen
und den sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr 871 ff EBM-Ä aF besteht ein
enger Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen wird die Diagnose gestellt und die
Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr 871 ff EBM-Ä aF veranlasst und welche der
verschiedenen Behandlungsmethoden die sachgerechte ist, sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem
Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung besteht. Aus dieser zentralen
Funktion der probatorischen Sitzungen folgt, dass die KÄV im Rahmen der ihr - ab 1.7.2004 gemeinsam mit den
Verbänden der Krankenkassen - obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle
Honorierung dieser Leistungen sorgen muss (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 17).
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Der Senat hat bislang offen gelassen, welchen Punktwert dies zumindest erfordert, weil Punktwerte für probatorische
Sitzungen von deutlich mehr als 3 Cent jedenfalls ausreichten (BSG, aaO). Bei den hier zu überprüfenden
Punktwerten von 1,84 bzw 2,13 Cent besteht indessen nunmehr Veranlassung, diese Rechtsprechung zu
konkretisieren. Die genannten Punktwerte haben zur Folge, dass für eine probatorische Sitzung von mindestens 50
Minuten Dauer ein Honorar von 26,68 Euro bzw von 30,89 Euro anfällt. Der nach Berücksichtigung der Betriebskosten
verbleibende Ertrag von weniger als 20 Euro reicht nicht aus, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der
Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. Die für eine sachgerechte psychotherapeutische
Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen muss deshalb so honoriert
werden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oÄ - jedenfalls die Hälfte des
ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig (dh 2,56 Cent) für solche Leistungen nicht
unterschritten wird.
65
Die Beklagte muss nach diesen Maßgaben die Honorare der Klägerin für die sonstigen psychotherapeutischen
Leistungen neu festsetzen.
66
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von
§ 155 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung.