Urteil des BSG vom 18.01.2011

BSG: vag, gemeinsame einrichtung, befreiung von der versicherungspflicht, private krankenversicherung, planwidrige unvollständigkeit, verfassungskonforme auslegung, beitragslücke, zuschuss

Bundessozialgericht
Urteil vom 18.01.2011
Sozialgericht für das Saarland S 21 AS 483/09
Landessozialgericht für das Saarland L 9 AS 15/09
Bundessozialgericht B 4 AS 108/10 R
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 13. April 2010 wird
zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I
1
Im Streit sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 26.1. bis
30.6.2009, insbesondere, ob der Kläger die gesamten Beiträge zur privaten Krankenversicherung von dem Beklagten
beanspruchen kann.
2
Der 1974 geborene und ledige Kläger war nach Beendigung seiner Referendarzeit als selbstständiger Rechtsanwalt
tätig. Seit seiner Referendarzeit ist er durchgehend privat kranken- und pflegeversichert. Sein Beitrag für die private
Krankenversicherung betrug ab 1.1.2009 207,39 Euro, derjenige für die private Pflegeversicherung 17,89 Euro. Wegen
Ruhens der ihm im Jahre 2003 erteilten Anwaltszulassung hat der Kläger im streitigen Zeitraum kein Einkommen
erzielt.
3
Nach einem erstmaligen Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von Juni 2006
bis Juni 2007 bewilligte ihm der Beklagte erneut für die Zeit vom 26.1. bis 31.1.2009 Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts in Höhe von 16,20 Euro, für Unterkunft und Heizung in Höhe von 45,18 Euro sowie Zuschüsse zur
privaten Krankenversicherung in Höhe von 25,91 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 3,56 Euro und für die
Zeit vom 1.2. bis 30.6.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 351 Euro, für
Unterkunft und Heizung in Höhe von 225,88 Euro sowie Zuschüsse zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich
129,54 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 Euro (vorläufiger Bescheid vom 16.3.2009;
Widerspruchsbescheid vom 30.3.2009).
4
Während des sozialgerichtlichen Klageverfahrens hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom
20.7.2009 den Bescheid vom 16.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2009 für endgültig
erklärt. Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide ua verurteilt, dem Kläger Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 26.1.2009 "nach Maßgabe der gesetzlichen
Vorschriften unter Berücksichtigung monatlicher Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 207,39 Euro und
monatlicher Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 17,89 Euro" zu gewähren (Urteil des SG vom 20.7.2009). In
der mündlichen Verhandlung vor dem LSG vom 13.4.2010 hat der Beklagte anerkannt, einen Zuschuss in Höhe der
tatsächlich anfallenden Beiträge zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 17,89 Euro zu erbringen.
Nach Annahme dieses Angebots durch den Kläger hat das LSG die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil
vom 13.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf
Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe in verfassungskonformer Auslegung des
§ 26 Abs 2 SGB II zu. Nach der Konzeption des SGB II sollten Bezieher von Alg II einen umfassenden
Krankenversicherungsschutz genießen, ohne gegen ihren Willen mit Beiträgen belastet zu sein. Seit dem 1.1.2009
neu in den Leistungsbezug gelangende Hilfebedürftige seien von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung unabhängig davon ausgeschlossen, ob dies ihrem Willen entspreche. Der Gesetzesbegründung
sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass der Gesetzgeber - abweichend von der bis zum 31.12.2008 geltenden
Rechtslage - privat krankenversicherte Bezieher von Alg II gegen ihren Willen mit einem Teil der
Krankenversicherungsbeiträge habe belasten wollen. Vielmehr sollte sichergestellt bleiben, dass die Betroffenen
finanziell nicht überfordert würden. Dies sei dem Gesetzgeber offenbar in der Annahme der Bezahlbarkeit des
Basistarifs als gewährleistet erschienen. Bei wortgetreuer Anwendung der seit 1.1.2009 geltenden gesetzlichen
Regelung werde die eigentlich bezweckte Rechtsfolge verfehlt. Ein Ergebnis, wonach der Kläger aus seiner
Regelleistung monatlich fast 80 Euro für seinen Krankenversicherungsschutz zuschießen müsse, belaste ihn in
verfassungswidriger Weise. Es erscheine möglich und geboten, die nach ihrem Wortlaut auf freiwillig Versicherte in
der gesetzlichen Krankenversicherung zugeschnittene Vorschrift des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II zusammen mit §
26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II auszulegen und auf diese Weise der Regelungsabsicht des Gesetzgebers gerecht zu
werden.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine unrichtige Anwendung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II. Die Regelung
lasse keinen Raum für eine über ihren Wortlaut hinausgehende (verfassungskonforme) Auslegung. Der Gesetzgeber
habe das Problem der "Beitragslücke" zwar gesehen. Hieraus könne jedoch nicht zugleich geschlossen werden, dass
er diese auch habe vermeiden wollen. Dies sei gerade nicht der Fall. Das gesetzgeberische Konzept laufe klar und
eindeutig darauf hinaus, nur einen Teil der Beiträge zu bezuschussen. Es erscheine ausgeschlossen, dass der
Gesetzgeber mit der Regelung des § 12 Abs 1c Satz 6 Halbs 2 VAG in Wahrheit keine materiell-begrenzende
Regelung habe schaffen wollen, weil er in diesem Fall von der Einfügung dieses Halbsatzes abgesehen hätte.
6
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 13. April 2010 sowie das Urteil des
Sozialgerichts für das Saarland vom 20. Juli 2009 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 16. März 2009
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2009 sowie des Bescheids vom 20.7.2009 abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II
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Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die
angefochtenen Bescheide teilweise rechtswidrig sind, weil der Beklagte dem Kläger in dem streitigen Zeitraum vom
26.1. bis 30.6.2009 die von ihm zu tragenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe zu erstatten
hat. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen Beiträgen zur privaten
Krankenversicherung (3). Allerdings ist die Übernahme der Beiträge nach dem Wortlaut des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1
SGB II iVm § 12 Abs 1c VAG auf die Höhe des Beitragssatzes für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen
Krankenversicherung beschränkt (4). Die verbleibende "Beitragslücke" kann nicht in Anwendung anderer Vorschriften
des SGB ausgeglichen werden (5). Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Normen, des gesamten
Regelungskonzepts nach den Gesetzesmaterialien und sonstigen Vorschriften zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit
durch die Tragung von privaten Krankenversicherungsbeiträgen sowie verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte liegt
eine gesetzesimmanente Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen vor (6), die durch eine analoge Anwendung
des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Halbs 2 SGB II zu lösen ist (7).
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Der Beklagte steht insoweit einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts gleich. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I
1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010,
BGBl I 1112), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft
sui generis entstanden ist (Luik, jurisPR-SozR 24/210 Anm 1). Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der
gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem
sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44b Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II). Gemäß §
76 Abs 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten
Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der
Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers
oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dieser
kraft Gesetzes eintretende Beteiligten-wechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine
im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung iS von §§ 99, 168 Satz 1 SGG dar (vgl BSG Urteil vom 9.12.1987 -
10 RKg 5/85 - BSGE 62, 269, 270 f = SozR 1200 § 48 Nr 14; BSG Urteil vom 18.7.2007 - B 12 P 4/06 R - BSGE 99,
15, 16 = SozR 4-3300 § 55 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl 2008, § 168 RdNr 2c). Das
15, 16 = SozR 4-3300 § 55 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl 2008, § 168 RdNr 2c). Das
Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010 (BGBl I
1112) bestehen nicht. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die "Leistungserbringung aus einer Hand" mit dem
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art 91e GG) vom 21.7.2010 (BGBl I 944) in zulässiger Weise
verfassungsrechtlich verankert (Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, 12.
Aufl 2011, Art 91e, RdNr 43; Volkmann in v Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Band 3, 6. Aufl
2010, Art 91e GG, RdNr 3 f; unklar Hermes in Dreier, Grundgesetzkommentar, 5. Aufl 2010, Art 91e RdNr 26 ff). Der
Gesetzgeber hat sich bei der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG
eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt (vgl Henneke, aaO, RdNr 46 ff; Volkmann, aaO, RdNr 6 f).
11
2. a) Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Bescheid vom 16.3.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 30.3.2009, mit dem der Beklagte für den Zeitraum vom 26.1. bis 30.6.2009 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung ua eines Teils der Beiträge des Klägers
zur privaten Krankenversicherung bewilligt hat. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger in zulässiger Weise
mit einer (kombinierten) Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Der Bescheid enthält eine endgültige
Regelung, nachdem der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 20.7.2009 gegenüber dem
anwesenden Kläger durch (mündlichen) Verwaltungsakt erklärt hat (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, §
31 RdNr 50c). Dieser endgültige Bescheid ersetzt den vorläufigen Bescheid vom 16.3.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 30.3.2009 (BSG Urteil vom 17.4.1996 - 3 RK 13/95 - SozR 3-5425 § 10 Nr 1).
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b) In inhaltlicher Hinsicht sind nur die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und die Zuschüsse zu den
Krankenversicherungsbeiträgen Gegenstand des Verfahrens. Nach dem Vorbringen im Klageverfahren und der
Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wendet er sich nicht gegen die Höhe der
bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung. Insofern hat das BSG bereits anerkannt, dass es sich bei den
Verfügungen betreffend die Regelleistung einerseits und die Unterkunfts- sowie Heizkosten andererseits um
abtrennbare Verfügungen handelt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22
Nr 1 RdNr 18 f).
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Dagegen ist der Zuschuss nach § 26 SGB II nicht abtrennbar, sondern kann nur zusammen mit den Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts überprüft werden. Ohne die vollständige Prüfung des Alg II-Anspruchs nach Grund
und Höhe kann eine Entscheidung über den Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen nach § 26 SGB II nicht
getroffen werden (vgl auch zum Zuschlag nach § 24 SGB II: BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/7b AS 42/06 R; BSG
Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 ff =
SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 21 zur "Akzessorietät" des Anspruchs). Da nur Bezieher von Alg II nach § 26
Abs 1 Satz 1 SGB II einen Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen beanspruchen können, bestimmt sich der Anspruch
zunächst danach, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung dieser Leistung erfüllt werden. Auch die Höhe
des Zuschusses hängt von derjenigen des Anspruchs auf Alg II ab, weil der Umfang der Beteiligung des SGB II-
Trägers an den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung - je nach Umfang der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II -
unterschiedlich geregelt ist. Würde die Hilfebedürftigkeit entfallen, wenn der (hälftige) Tarif zur privaten
Krankenversicherung nicht gezahlt werden müsste, käme § 12 Abs 1c Satz 5 VAG zur Anwendung. Danach beteiligt
sich der zuständige Träger auf Antrag des Versicherten ohne betragsmäßige Begrenzung des Anspruchs im
erforderlichen Umfang an dem Anteil der Beitragsschuld, den der Leistungsempfänger selbst nicht aus seinem
anzurechnenden Einkommen oder Vermögen tragen kann. Verbliebe es bei einer Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II,
auch wenn der Beitrag zur privaten Krankenversicherung nicht gezahlt werden müsste, fände § 12 Abs 1c Satz 6
VAG Anwendung. Der Beitrag wird dann nicht "im erforderlichen Umfang", sondern nur in "abgesenkter Höhe"
desjenigen Betrags übernommen, der auch von einem Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu
tragen ist.
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c) Die Beteiligten streiten noch über (weitere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 77,85 Euro
monatlich, weil der Kläger sich nicht mit dem ihm möglichen Rechtsmittel der Berufung gegen das erstinstanzliche
Urteil gewandt hat. Ihm standen in dem streitigen Zeitraum Regelleistungen in Höhe von 351 Euro monatlich zu. Die
Revision des Beklagten hat daher schon deshalb keinen Erfolg, weil der Kläger Anspruch auf Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung seiner vollen Beiträge zur privaten Krankenversicherung hat,
ohne dass der Beklagte aus einem anderen Rechtsgrund niedrigere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
erbringen muss. Der Kläger war insbesondere im streitigen Zeitraum hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II, weil er
weder über Einkommen noch über Vermögen verfügte.
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d) In zeitlicher Hinsicht sind nur Leistungen nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 26.1. bis 30.6.2009 im Streit.
Folgebescheide für weitere Zeiträume sind nicht in analoger Anwendung des § 96 SGG zum Gegenstand des
Verfahrens geworden (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 1,
jeweils RdNr 30; BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R, RdNr 15; BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 9/09
R, RdNr 10).
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3. Der Kläger hat nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 und 6 VAG dem Grunde nach einen
Anspruch auf Übernahme seiner Beiträge zur privaten Krankenversicherung, ohne dass seine Hilfebedürftigkeit durch
die Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung durch den Beklagten entfallen konnte. § 26
Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG)) vom 26.3.2007 (BGBl I 378)
bestimmt für Bezieher von Alg II, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht
familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen
versichert sind, dass die Vorschriften zur Übernahme von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung nach § 12 Abs
1c Satz 5 und 6 VAG gelten.
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Der Kläger bezieht SGB II-Leistungen und ist nicht familienversichert. Er ist auch nicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V
versicherungspflichtig in der GKV, weil er nach dem durch das GKV-WSG mit Wirkung vom 1.1.2009 eingefügten § 5
Abs 5a SGB V vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen ist. Nach § 5 Abs 5a SGB V ist nach § 5
Abs 1 Nr 2a SGB V ua nicht versicherungspflichtig, wer unmittelbar vor dem Bezug von Alg II privat
krankenversichert war (Satz 1). § 5 Abs 5a Satz 1 SGB V gilt nicht für Personen, die am 31.12.2008 nach § 5 Abs 1
Nr 2a SGB V versicherungspflichtig waren für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit (§ 5 Abs 5a Satz 2 SGB V). Der Kläger
war unmittelbar vor dem Bezug von Alg II privat krankenversichert. Die Ausnahmeregelung des § 5 Abs 5a Satz 2
SGB V findet in seinem Fall keine Anwendung, weil er auch am 31.12.2008 nicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V
versicherungspflichtig war.
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4. Nach dem Wortlaut der maßgebenden Vorschriften hat der Kläger nur Anspruch auf Übernahme der Beiträge in
Höhe des ermäßigten Beitragssatzes für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
129,54 Euro, ohne dass er sich gegenüber dem privaten Krankenversicherungsunternehmen auf diese Begrenzung
berufen kann. Vielmehr schuldet er diesem den vollen Beitrag in Höhe von 207,39 Euro.
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Bezüglich der Höhe der von den privat krankenversicherten Alg II-Beziehern zu tragenden Aufwendungen finden hier
die Begrenzungsregelungen des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 4 und Satz 6 VAG Anwendung.
Diesem Verweis kommt nicht nur eine formale, sondern eine materiell-rechtlich begrenzende Wirkung zu, weil in § 26
Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II auch die Verpflichtung des SGB II-Trägers zur Kostentragung gesetzlich fixiert ist. Nach §
12 Abs 1c Satz 1 VAG darf der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltstufen zunächst
den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen, der sich aus dem allgemeinen
Beitragssatz der Krankenkassen vom 1.1. des Vorjahres und der Beitragsbemessungsgrenze errechnet; abweichend
davon wird im Jahr 2009 zur Berechnung des Höchstbeitrags der allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen vom
1.1.2009 zugrunde gelegt. Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags nach Satz 1 Hilfebedürftigkeit im Sinne des
Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit
um die Hälfte (§ 12 Abs 1c Satz 4 VAG). Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit
im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem
Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch
Hilfebedürftigkeit vermieden wird (§ 12 Abs 1c Satz 5 VAG). Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden
Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der
zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung
zu tragen ist (§ 12 Abs 1c Satz 6 VAG). Der Verband der privaten Krankenversicherung wird damit beliehen, Art,
Umfang und Höhe der Leistungen im Basistarif nach Maßgabe der Regelungen in § 12 Abs 1a VAG festzulegen (§ 12
Abs 1d VAG). Die Beiträge für den Basistarif ohne die Kosten für den Versicherungsbetrieb werden auf der Basis
gemeinsamer Kalkulationsgrundlagen einheitlich für alle beteiligten Unternehmen ermittelt (§ 12 Abs 4b VAG).
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Der Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung iS des § 12 Abs 1c Satz 1 VAG lag für die Zeit ab 1.1.2009
bei 569,63 Euro (Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung in Höhe von 3675 Euro monatlich x
allgemeiner Beitragssatz in der Krankenversicherung in Höhe von 15,5 %), der hälftige Beitrag im streitigen Zeitraum
betrug 284,81 Euro. Aufgrund langjähriger Zugehörigkeit des Klägers zur privaten Krankenversicherung war der von
ihm zu tragende Beitrag in dem hier streitigen Zeitraum mit 207,39 Euro deutlich unterhalb des hälftigen
Höchstbeitrags, sodass nicht zu entscheiden ist, ob der Zuschussbetrag generell auf die Höhe des hälftigen
Basistarifs beschränkt ist. Es greift für den Kläger jedoch die weitere Begrenzungsregelung des § 12 Abs 1c Satz 6
Halbs 2 VAG. Der ermäßigte Beitragssatz für Bezieher von Alg II in der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 246,
243 SGB V) betrug gemäß § 2 GKV-Beitragssatzverordnung vom 29.10.2008 (BGBl I 2109) für die Zeit vom 1.1. bis
30.6.2009 14,9 %. Die Bezugsgröße belief sich gemäß § 18 Abs 1 SGB IV iVm § 2 Abs 1 der Sozialversicherungs-
Rechengrößenverordnung 2009 vom 2.12.2008 (BGBl I 2336) auf 2520 Euro. Als beitragspflichtige Einnahme galt für
Bezieher von Alg II gemäß § 232a Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V ein Betrag von 0,345 der Bezugsgröße, sodass sich
beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 869,40 Euro ergeben. Danach entsprach der ermäßigte Beitragssatz mit
129,54 Euro (869,40 Euro x 14,9 %) dem von dem Beklagten übernommenen Anteil an den privaten
Krankenversicherungsbeiträgen. Es ergibt sich daher eine "Beitragslücke" in Höhe von 77,85 Euro.
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Der Kläger ist in Höhe des - unterhalb des hälftigen Basistarifs liegenden - Betrags von 207,39 Euro auch einer
rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung seines privaten Krankenversicherers ausgesetzt (vgl auch zB zum Erfordernis
einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung für einen Freistellungsanspruch nach § 13 SGB V - BSG Urteil vom
18.7.2006 - B 1 KR 24/05 R - BSGE 97, 6 ff = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, jeweils RdNr 24). Er kann ihm gegenüber nicht
einwenden, nur in Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm
§ 12 Abs 1c Satz 6 VAG zur Zahlung verpflichtet zu sein. Dem steht der Verweis von § 12 Abs 1c Satz 6 VAG auf §
12 Abs 1c Satz 4 VAG und der abschließende Wortlaut der Regelungen zur Höhe des Beitrags im Basistarif nach §
12 Abs 1c Satz 4 VAG entgegen, nach denen der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit von dem privaten
Versicherer "nur" um die Hälfte vermindert wird. Durch die betragsmäßige Begrenzung des Zuschusses des Trägers
der Grundsicherung wird die Beitragsschuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherungsunternehmen
nicht reduziert (vgl auch Bastians-Osthaus in NDV 2010, 154 ff, 156).
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5. Die bei Anwendung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 und 6 VAG verbleibende
"Beitragslücke" zur privaten Krankenversicherung des Klägers kann nicht nach anderen Vorschriften des SGB
ausgeglichen werden. Insbesondere scheidet eine Übernahme der vollen privaten Krankenversicherungsbeiträge durch
den Sozialhilfeträger in direkter Anwendung des § 32 Abs 5 Satz 1 SGB XII aus. Zwar trägt der Sozialhilfeträger nach
dieser Regelung die Aufwendungen für eine Krankenversicherung bei einem (privaten) Versicherungsunternehmen,
soweit diese angemessen und die Voraussetzungen des § 19 Abs 1 SGB XII erfüllt sind, eine Hilfebedürftigkeit also
gegeben ist. Da § 32 SGB XII anders als § 26 SGB II keinen Verweis auf die Begrenzungsregelungen des § 12 VAG
enthält, könnte das SGB XII insofern eine gegenüber dem SGB II günstigere Regelung enthalten (vgl hierzu Holzhey
in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl 2010, § 32 RdNr 49 ff), ohne dass sachliche Gründe, etwa ein Bezug zur Erwerbsfähigkeit,
für die unterschiedliche Behandlung der Leistungsempfänger des SGB II und des SGB XII erkennbar sind (vgl zu
diesem Gedanken bereits BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 8/08 R - BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2,
jeweils RdNr 24). § 32 SGB XII findet sich aber im Dritten Kapitel des SGB XII, dessen Anwendbarkeit bei einem
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist (§ 5 Abs 2 Satz 1
SGB II). § 73 Satz 1 SGB XII kommt als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der nicht gedeckten Beiträge zur
privaten Krankenversicherung gleichfalls nicht in Betracht. Hiernach können Leistungen auch in sonstigen
Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Als sonstige Lebenslagen
kommen aber nur atypische, nicht bereits durch andere Vorschriften des SGB XII erfasste Bedarfslagen in Betracht
(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 22; BSG
Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 24).
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6. a) Nach seinem Wortlaut enthält § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 und 6 VAG keine
Regelung dazu, wer die bei Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II trotz Anwendung des § 12 Abs 1c Satz 5 und 6 VAG
ungedeckten Beiträge zur privaten Krankenversicherung übernehmen soll. Es handelt sich insofern um eine
gesetzesimmanente Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen. Es kann nicht
davon ausgegangen werden, dass mit den gesetzlichen Neuregelungen des GKV-WSG der
Krankenversicherungsschutz der privat versicherten Hilfebedürftigen nach dem SGB II wesentlich verschlechtert
werden und bei ihnen in größerem Umfang ungedeckte Beiträge zu ihren Lasten verbleiben sollten (so auch SG
Karlsruhe Urteil vom 10.8.2009 - S 5 AS 2121/09; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 16.9.2009 - L 3 AS
3934/09 ER-B - info also 2010, 26 f; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.10.2010 - L 7 AS 4197/10 ER-B; SG
Chemnitz Urteil vom 16.6.2010 - S 3 AS 450/10, RdNr 37; aA LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 26.2.2010
- L 15 AS 26/10 B ER, RdNr 21 Hessisches LSG Beschuss vom 22.3.2010 - L 9 AS 570/09 B ER - ZfSH/SGB 2010,
302 ff; Brünner in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 26 RdNr 21; Spekker ZfSH/SGB 2010, 212, 215).
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b) Ob eine planwidrige Lücke innerhalb des Regelungszusammenhangs eines Gesetzes - im Sinne eines Fehlens
rechtlicher Regelungsinhalte dort, wo sie für bestimmte Sachverhalte erwartet werden (Engisch, Einführung in das
juristische Denken, 10. Aufl 2005, S 181) - anzunehmen ist, bestimmt sich ausgehend von der gesetzlichen Regelung
selbst, den ihr zugrunde liegenden Regelungsabsichten, den verfolgten Zwecken und Wertungen, auch gemessen am
Maßstab der gesamten Rechtsordnung (Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl 1983, S 31 ff, 39, 56
f). Dabei ist zunächst der gesetzgeberische "Plan" im Wege der historischen und teleologischen Auslegung anhand
der Gesetzmaterialien zu ermitteln (BSG Urteil vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - BSGE 100, 243 ff = SozR 4-2700 §
150 Nr 3, jeweils RdNr 25; BSG Urteil vom 7.10.2009 - B 11 AL 31/08 R - BSGE 104, 285 ff = SozR 4-4300 § 335 Nr
2 RdNr 22). Da Kriterium für die Feststellung einer Planwidrigkeit und damit für die Abgrenzung gegenüber der
Rechtsfindung contra legem bei der Lückenfüllung nur der Wille des geltenden Rechts sein kann, ist über die dem
Gesetz immanente Teleologie hinausgehend auf die gesamte Rechtsordnung - einschließlich der zT übergesetzlichen
Werte - abzustellen (Canaris, aaO, S 197). Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Regelungen (c),
der Gesetzesmaterialien (d), der zur Tragung von Krankenversicherungsbeiträgen im Zusammenhang mit
Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II und dem SGB XII bestehenden Normen (e) und verfassungsrechtlichen Wertungen
(f) ergibt sich, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.
25
c) Mit der Begrenzungsregelung des § 12 Abs 1c Satz 6 Halbs 2 VAG (" ... der zuständige Träger zahlt den Betrag,
der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist") hat der
Gesetzgeber eine Regelung übernommen, die sich bis zum 31.12.2008 in § 26 Abs 2 Satz 2 SGB II aF fand. Hiernach
war für den begrenzten Personenkreis der SGB II-Leistungsempfänger, die nach § 8 Abs 1 Nr 1a SGB V idF bis zum
31.12.2008 - allerdings auf eigenen Antrag und wegen einer "gleichwertigen Versicherung" bei einem privaten
Krankenversicherungsunternehmen (vgl hierzu näher Hampel in jurisPK-SGB V § 8 RdNr 51, Stand 2008) - von der
Versicherungspflicht befreit waren, gleichfalls eine Begrenzung des Zuschusses auf die Höhe des Betrags
vorgesehen, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in der
sozialen Pflegeversicherung zu zahlen gewesen wäre.
26
Die inhaltsgleiche Übernahme der vormaligen Begrenzungsregelung des § 26 Abs 2 Satz 2 SGB II aF geschah
allerdings vor dem Hintergrund einer veränderten Ausgangslage für privat krankenversicherte Alg II-Leistungsbezieher
nach Inkrafttreten des GKV-WSG zum 1.1.2009. Während privat krankenversicherte Alg II-Leistungsbezieher bis zum
31.12.2008 mit Beginn des SGB II-Bezugs automatisch gesetzlich krankenversichert waren, sind sie seit dem
1.1.2009 verpflichtet, ua für sich selbst eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen (§ 193 Abs 3 Satz 1 VVG).
Gleichzeitig ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme der GKV als SGB II- Leistungsbezieher entfallen. Im Gegenzug
verpflichtete § 12 Abs 1a Satz 1 VAG private Krankenversicherungsunternehmen, einen branchenweit einheitlichen
Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel
des SGB V, auf die ein Anspruch besteht, jeweils vergleichbar sind. Dabei ergab sich die genaue Höhe der Beiträge
zur privaten Krankenversicherung sowie - nachfolgend der Beitragslücke - erst unter Berücksichtigung der Höhe des
nach neuen Kalkulationsgrundlagen zu errechenden Basistarifs (vgl § 12 Abs 4b VAG), für den der Gesetzgeber in §
12 Abs 1c Satz 1 VAG mit der Verkündung des GKV-WSG im Bundesgesetzblatt (vgl BGBl I 378 vom 30.3.2007) nur
einen Höchstbeitrag festgesetzt hatte. Die technischen Berechnungsgrundlagen für den ab 1.1.2009 geltenden
Basistarif nach der gleichfalls mit dem GKV-WSG geänderten Verordnung über die versicherungsmathematischen
Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechung der Alterungsrückstellungen in der privaten Krankenversicherung
(Kalkulationsverordnung) sind nach Mitteilung des Verbandes der privaten Krankenversicherung vom 28.12.2010 erst
Ende 2008 durch einen beauftragten Treuhänder für unbedenklich erklärt worden.
27
d) Die Auswertung der Gesetzesmaterialien zur Entstehung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz
5 und 6 VAG lässt vor diesem Hintergrund keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Gesetzgeber
privat krankenversicherten Hilfebedürftigen nach dem SGB II bewusst und gewollt einen Beitrag zur privaten
Krankenversicherung belassen wollte, den diese selbst nicht tragen können. Es erschien ihm im Zuge der
grundsätzlichen Neuordnung des Verhältnisses von gesetzlicher und privater Krankenversicherung und der
Verpflichtung der privaten Krankenversicherungsunternehmen, künftig einen bezahlbaren Basistarif im Umfang des
Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen anzubieten, die privat krankenversichert sind
oder sein können, nicht länger erforderlich, Alg II-Bezieher auch dann in die Versicherungspflicht in der GKV
einzubeziehen, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren (vgl Gesetzentwurf zum
GKV-WSG vom 24.10.2006, BT-Drucks 16/3100 S 94 f).
28
Im Zusammenhang mit dem seit 1.1.2009 gemäß § 12 Abs 1a VAG notwendig anzubietenden Basistarif findet sich
der Hinweis, dass § 12 Abs 1c VAG für diesen die bisher für den Standardtarif geltenden Regelungen zur Begrenzung
der Prämienhöhe erweitere. Um die Bezahlbarkeit des Basistarifs zu gewährleisten, dürfe dieser Beitrag den
durchschnittlichen GKV-Höchstbeitrag nicht überschreiten. Würde die Bezahlung eines solchen Beitrags
Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder SGB XII auslösen, stellten weitere Regelungen sicher, dass die
Betroffenen finanziell nicht überfordert würden (BT-Drucks 16/3100 S 207 f). Mit dem in § 12 Abs 1c Satz 6 VAG
eingefügten Bezug auf § 12 Abs 1c Satz 4 VAG durch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zum
GKV-WSG vom 31.1.2007 (BT-Drucks 16/4200) sollte klargestellt werden, dass die Halbierung des Beitrags im
Basistarif bei Entstehen oder Vorliegen von Hilfebedürftigkeit greife. Es bleibe bei der vorgesehenen Beteiligung der
Grundsicherungsträger und der Begrenzung möglicher finanzieller Belastungen der Versicherungsunternehmen in
diesen Fällen (BT-Drucks 16/4247 S 69). Dass bei Leistungsbeziehern nach dem SGB II in größerem Umfang bei
Anwendung dieser Regelung Beiträge zur privaten Krankenversicherung verbleiben können, die sie selbst zu tragen
haben, wird in diesen Gesetzesmaterialen zu § 12 VAG nicht thematisiert. Im Gegenteil formulierte der Gesetzgeber
in seiner Begründung zur zeitgleich eingeführten Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung (§ 178a
VVG bzw - ab 1.1.2009 - § 193 VVG) als Ziel des Gesetzgebungsvorhabens, einen Versicherungsschutz für alle in
Deutschland lebenden Menschen zu bezahlbaren Konditionen herzustellen (BT-Drucks 16/4247 S 66 f). Durch die
Regelungen zur Beitragsbegrenzung in § 12 Abs 1c VAG sei sichergestellt, dass niemand durch die Verpflichtung
zum Abschluss oder zur Aufrechterhaltung eines Krankheitskostenversicherungsvertrags unverhältnismäßig belastet
werde. Für diejenigen, die die Beiträge des Basistarifs nicht zahlen könnten, werde die Zahlungspflicht zudem
abgemildert, weil der zu zahlende Beitrag zunächst halbiert werde. Reiche auch dies nicht aus, um das
Existenzminimum nach Zahlung des Beitrages zu sichern, erhalte der Versicherte einen Zuschuss aus Steuermitteln
(aaO).
29
Entsprechend ist auch das BVerfG in seiner Entscheidung zu den Verfassungsbeschwerden von Unternehmen der
privaten Krankenversicherung und Privatpersonen gegen zahlreiche Vorschriften des GKV-WSG und des Gesetzes
zur Reform des Versicherungsrechts vom 23.11.2007 von dem Regelungskonzept eines "bezahlbaren Basistarifs"
ausgegangen (BVerfG Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - BVerfGE 123, 186 ff). Es hat die "private"
Versicherungspflicht und den Kontrahierungszwang im Basistarif zwar als Eingriffe in die Handlungsfreiheit der
Versicherten und Berufsausübungsfreiheit des privaten Krankenversicherungsunternehmens gewertet. Eine
Rechtfertigung dieser Eingriffe des GKV-WSG hat das BVerfG jedoch in dem Anliegen des Gesetzgebers gesehen,
Kostenrisiken für die Allgemeinheit durch verspätete oder unterlassene Versicherungen zu vermeiden und zum
anderen darin, einen Versicherungsschutz für alle in Deutschland lebenden Menschen zu bezahlbaren Konditionen
sicherzustellen. Der Versicherungsschutz sei bezahlbar, weil die Prämienhöhe im Basistarif auf den Höchstbetrag der
gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt sei und sich im Fall des Eintritts von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB
II oder des SGB XII reduziere (BVerfGE 123, 186 ff, 242 f).
30
e) Auch die weiteren in § 26 SGB II enthaltenen Regelungen zur Übernahme von privaten
Krankenversicherungsbeiträgen sprechen für das Vorliegen einer Regelungslücke. Insofern bestimmt zunächst § 26
Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II, dass für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen die
gesamten Beiträge zur Krankenversicherung übernommen werden. Zwar handelt es sich bei der privaten und der
gesetzlichen Krankenversicherung, die auch die freiwillige Mitgliedschaft in der GKV umfasst, um verschiedene
Versicherungssysteme (Schüffner/Franck in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2010, § 43 RdNr 13).
Dennoch ergäben sich bei einer nur teilweisen Übernahme der Beiträge zur privaten Krankenversicherung bis zur Höhe
des hälftigen Basistarifs unter Berücksichtigung des Maßstabs des allgemeinen Gleichheitssatzes
Wertungswidersprüche, die auf eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung hinweisen (vgl Canaris,
Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl 1983, S 71). Es handelt sich auch bei der Pflicht zum Abschluss
einer privaten Krankenversicherung im Basistarif um eine gesetzliche Versicherungspflicht zur "substitutiven
Krankenversicherung", die "ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen
Krankenversicherungsschutz ersetzen kann" (Schüffner/Franck in Sodan, Handbuch des
Krankenversicherungsrechts, 2010, § 43 RdNr 41). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger die
Beitragshöhe für seinen Versicherungsschutz gegen Krankheit im Basistarif - bzw eines hier (noch) günstigeren Tarifs
- ebenso wenig wie ein freiwillig in der GKV versichertes Mitglied beeinflussen kann, steht die unterschiedliche
Finanzierung der GKV und der PKV der Annahme einer Regelungslücke nicht entgegen. Ausgehend von dem
Sozialleistungsverhältnis zwischen dem SGB II-Träger und dem Hilfebedürftigen rechtfertigt sich keine
unterschiedliche Behandlung, weil die freiwillig Versicherten in gleicher Weise wie die privat krankenversicherten SGB
II-Bezieher für den Fall der Krankheit vorsorgen müssen und von der Versicherungspflicht der GKV nicht (mehr)
erfasst sind, ohne hierauf Einfluss nehmen zu können (vgl auch Pilz in Gagel, SGB III/SGB II, § 26 RdNr 32, Stand
April 2010).
31
Zudem sehen § 26 Abs 2 Satz 2 SGB II, § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 VAG und § 26 Abs 2
Satz 1 Nr 2 Halbs 2 SGB II zur Übernahme von Beiträgen für diejenigen privat, freiwillig oder gesetzlich
krankenversicherten Personen, die allein durch den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag hilfebedürftig werden,
vor, dass die Beiträge zur Krankenversicherung in vollem Umfang übernommen werden. Zwar dürften diese
Regelungen auch fiskalische Gründe haben (vgl zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift auch Krauß in
Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, § 26 RdNr 22 ff, Stand Juli 2007). Gleichwohl bringen sie in ihrer Zusammenschau den
Grundgedanken zum Ausdruck, dass der Eintritt von Hilfebedürftigkeit wegen Beiträgen zur Krankenversicherung
vermieden werden sollte (Klerks in info also 2009, 153 ff, 157). Gegen die Annahme einer Regelungslücke spricht
auch nicht, dass der Gesetzgeber insofern erst mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer
Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) mit Wirkung zum 1.1.2009 auch für die in der gesetzlichen
Krankenversicherung versicherungspflichtigen Personen, die allein durch den Krankenversicherungsbeitrag
hilfebedürftig werden, geregelt hat, dass der Beitrag im notwendigen Umfang übernommen wird, gleichzeitig aber die
weitere "Beitragslücke" bei den privat krankenversicherten SGB II-Leistungsbeziehern nicht geschlossen hat. Mit der
Einbeziehung der gesetzlich krankenversicherten SGB II-Bezieher sollte zunächst nur ein "redaktionelles Versehen"
beseitigt werden (BT-Drucks 16/13428 vom 17.6.2009 S 88). Dieses bestand darin, dass der Gesetzgeber mit den
Neuregelungen des GKV-WSG nur für den Personenkreis der freiwillig und privat krankenversicherten Personen in §
26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II bzw § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II iVm § 12 Abs 1c Satz 5 VAG dem Inhalt nach die
vormalige Regelung des § 26 Abs 3 Satz 1 SGB II aF übernommen hat, nach der die Bundesagentur auf Antrag im
erforderlichen Umfang die Aufwendungen für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung übernahm, soweit
Personen allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig wurden.
32
Allein aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine - von ihm inzwischen bezogen auf die Situation privat
krankenversicherter SGB II-Empfänger eingeräumte - Regelungslücke (vgl zB BT-Drucks 16/13965 S 25, BT-Drucks
17/1342 S 42) bisher nicht geschlossen hat (vgl auch die - begrenzte - Änderung des § 12 Abs 1c VAG durch das
GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010 - BGBl I 2309), kann nicht entnommen werden, dass er die eindeutige
Entscheidung (vgl hierzu BVerfG Beschluss vom 3.4.1990 - 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6, 12 f) getroffen hat, dass
hohe Beitragsanteile zur privaten Krankenversicherung bei dem Hilfebedürftigen verbleiben sollen. Auf die Auslegung
des ursprünglich von dem Gesetzgeber des GKV-WSG als historischem Gesetzgeber Gewollten haben diese
Überlegungen grundsätzlich keinen Einfluss, solange dieser nicht - in den verfassungsrechtlichen Grenzen einer - je
nach angedachtem Lösungsweg eventuell nur begrenzt möglichen - rückwirkenden Gesetzesänderung - eine
Neufassung der Vorschriften rückwirkend in Kraft setzt (BSG Urteil vom 27.9.1989 - 11 RAr 53/88 - SozR 4100 § 168
Nr 22, RdNr 18).
33
f) Für die Annahme einer einfach-gesetzlichen Lücke spricht entscheidend auch, dass bei einer anderen Wertung -
also dem Gesetzgeber unterstellter Grundentscheidung für eine generelle Tragung der über die gesetzlichen
Krankenversicherungsbeiträge bis zur Höhe des hälftigen Basistarifs hinausgehenden Beitragsanteile durch die
Hilfebedürftigen - eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung privat versicherter SGB II-Leistungsempfänger eintreten
würde, die ihr verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum tangiert. Das sozialrechtlich zu gewährende
menschenwürdige Existenzminimum aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG umfasst auch die Sicherstellung einer
ausreichenden medizinischen Versorgung (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -
BVerfGE 125, 175 ff, 223; BSG Urteil vom 22.4.2008 - B 1 KR 10/07 R - BSGE 100, 221 ff = SozR 4-2500 § 62 Nr 6,
jeweils RdNr 31; Neumann in RsDE 68, 1 ff, 5). Aus der Regelleistung in Höhe von 351 Euro kann der Kläger die
dieses garantierenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung, zu deren Entrichtung er aufgrund seiner Pflicht zur
Aufrechterhaltung einer privaten Krankenversicherung nach § 193 Abs 3 VVG grundsätzlich verpflichtet ist, nicht
tragen. Bei der Zusammensetzung der Regelleistung wird für die Abteilung 06 (Gesundheitspflege) ab 1.7.2008 nur ein
Gesamtbetrag für über Zuzahlungen hinausgehende ärztliche Leistung in Höhe von 12,88 Euro monatlich
berücksichtigt (Schwabe in ZfF 2008, 145 ff, 145). Zwar endet das Ruhen der Leistungen wegen rückständiger
Prämienanteile für zwei Monate, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne
des Zweiten oder Zwölften Buches wird (§ 193 Abs 6 Satz 5 VVG). Ein Krankenversicherungsschutz mit sich
gleichzeitig laufend erhöhender Verschuldung entspricht bei wirtschaftlicher Betrachtung jedoch der Sicherung des
Existenzminimums durch "Darlehen". Insofern ist aber das BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010 (aaO) im
Zusammenhang mit dem Erfordernis einer Härtefallregelung zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums
bei einem unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs bereits davon ausgegangen, dass
durch die Gewährung eines Darlehens (nach § 23 Abs 1 SGB II) nur vorübergehende Spitzen besonderen Bedarfs
aufgefangen werden können; zur Deckung eines dauerhaften, besonderen Bedarfs des Existenzminimums sei die
Gewährung eines Darlehens hingegen ungeeignet (BVerfGE 125, 175 ff, 254; ablehnend zur Gewährung eines
Darlehens für wiederkehrende besondere Bedarfe beim verfassungsrechtlich garantierten Umgangsrecht des Kindes
mit einem Elternteil im Falle einer Trennung bzw Scheidung auch BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R -
BSGE 97, 242 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 20).
34
7. Die planwidrige Regelungslücke des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II ist durch eine analoge Anwendung der
Regelung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Halbs 1 SGB II zu lösen. Hiernach wird für Bezieher von Alg II für die Dauer des
Leistungsbezugs der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung ohne höhenmäßige Begrenzung übernommen (so
auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 11.10.2010 - L 7 AS 4197/10 ER-B).
35
Grundsätzlich kann die für den normierten Tatbestand im Gesetz gegebene Regel auf einen vom Gesetz nicht bzw
hier nur unzureichend geregelten Tatbestand übertragen werden, wenn beide Tatbestände infolge ihrer Ähnlichkeit in
den für die gesetzliche Bewertung maßgeblichen Hinsichten gleich zu bewerten sind (BSG Urteil vom 7.10.2009 - B
11 AL 31/08 R - BSGE 104, 285 ff = SozR 4-4300 § 335 Nr 2 RdNr 25 mwN) bzw der Gesetzgeber ausgehend von
den für die herangezogenen Gesetzesvorschriften maßgebenden Grundsätzen zu dem gleichen Abwägungsergebnis
gekommen wäre (BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25; BSG Urteil vom
21.10.1998 - B 9 V 7/98 R - BSGE 83, 68, 71 = SozR 3-1500 § 84 Nr 2 S 4). Insofern kann - wie oben ausgeführt -
nicht allein aus den in § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II zur freiwilligen Krankenversicherung, sondern auch aus den
weiteren in § 26 Abs 2 SGB II fixierten Regelungen zur Übernahme von Beiträgen zur privaten und gesetzlichen
Krankenversicherung im Sinne einer Rechts- bzw Gesamtanalogie (vgl zB Sprau in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010,
Einleitung RdNr 48) entnommen werden, dass Beiträge zu einer erforderlichen Krankenversicherung im Sinne der
gesetzlichen Vorgaben des SGB in notwendigem Umfang von dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
übernommen werden (vgl zur sozialen Pflegeversicherung auch § 26 Abs 3 SGB II).
36
8. Da eine analoge Anwendung des § 26 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Halbs 1 SGB II zur Lösung der verfassungsrechtlichen
Problematik möglich ist, erübrigt sich für den hier streitigen Zeitraum vor Inkrafttreten des § 21 Abs 6 SGB II die
Prüfung, ob sich grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme des nicht gedeckten Beitragsanteils aus der
Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (aaO) ergeben kann (vgl hierzu auch SG Bremen Urteil vom 20.4.2010 - S 21
AS 1521/09).
37
9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.