Urteil des BSG vom 19.03.2002

BSG: unwirksamkeit der kündigung, satzung, auflösung, notwendige streitgenossenschaft, körperschaft, genehmigung, aufsichtsbehörde, rechtswidrigkeit, krankenkasse, freiwilligkeit

Bundessozialgericht
Urteil vom 19.03.2002
Sozialgericht Berlin
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Bundessozialgericht B 1 KR 34/00 R
Die Revision der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2000 wird mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zu 2) dem Kläger keine Kosten des erst- und zweitinstanzlichen
Verfahrens zu erstatten hat. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Umstritten ist der Austritt einer Mitgliedskasse aus einem länderübergreifenden Verband von Betriebskrankenkassen
(BKKn).
Die Landesverbände der BKKn in den Ländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie der BKK-
Landesverband Berlin-Brandenburg schlossen sich mit behördlicher Genehmigung auf Grund einer Vereinbarung vom
9. Mai 1995 zum "BKK-Landesverband Ost" zusammen. Dessen Satzung, die von den Vertreterversammlungen der
vier beteiligten Landesverbände beschlossen und von der Aufsichtsbehörde des Landes Berlin genehmigt worden war,
sah in § 20a (ursprünglich § 16 der Gründungsvereinbarung) ein Kündigungsrecht der BKKn der vier Landesverbände
mit einer Frist von einem Jahr zum Jahresende vor, wenn drei Viertel der Mitgliedskassen des jeweiligen Landes der
Kündigung zustimmten. Die drei BKKn mit Sitz in Sachsen-Anhalt kündigten im Dezember 1998 ihre Mitgliedschaft
zum 31. Dezember 1999. Die beteiligten Länder hielten eine aufsichtsbehördliche Zustimmung für erforderlich, die
jedoch nicht erteilt wurde.
Der BKK-Landesverband Ost hat im November 1999 Klage mit dem Ziel erhoben, die Kündigungen für unwirksam
erklären zu lassen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Landessozialgericht Berlin (LSG) den
beklagten Kassen des Landes Sachsen-Anhalt untersagt, vor dem rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache einen
Landesverband der BKKn zu bilden.
In der Hauptsache hat das Sozialgericht die Klage nach Beiladung der betroffenen fünf Bundesländer abgewiesen,
weil die Kündigungen der Satzung entsprächen und diese mit höherrangigem Recht vereinbar sei (Urteil vom 14.
Dezember 1999). Das LSG hat der Klage demgegenüber mit Urteil vom 5. Juli 2000 stattgegeben und festgestellt,
dass die Kündigungen der beklagten BKKn unwirksam sind. Durch den Zusammenschluss sei ein
länderübergreifender Landesverband entstanden, der nach Struktur und Aufgabenstellung an die Stelle der früheren
Landesverbände getreten sei. Deren Erlöschen sei von den Beklagten niemals bestritten worden. Dann sei aber die
Auffassung nicht nachvollziehbar, dass der neue Verband lediglich die Funktion einer Arbeitsgemeinschaft
wahrnehme und nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitze. Der Zusammenschluss sei
wirksam, weil mögliche Willensmängel bei der Gründung juristischer Personen grundsätzlich ebenso wie speziell im
Falle des § 207 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unbeachtlich seien. Daraus ergebe sich auch, dass eine
Kündigung nicht zulässig sei; eine solche sei auch beim normalen Landesverband nach § 207 Abs 1 SGB V nicht
vorgesehen. Die Belange der beteiligten Bundesländer würden dadurch gewahrt, dass die Zustimmung der jeweiligen
Aufsichtsbehörde widerrufen werden könne; auf diesem Wege würden auch die Interessen der Mitgliedskassen
berücksichtigt. Die nach Auffassung der Beklagten zulässige Auflösung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörden widerspreche dem Grundgesetz.
Die BKK Sachsen-Anhalt (Beklagte zu 2) hat Revision eingelegt. Sie rügt insbesondere Verletzungen von § 20a der
Satzung des Klägers und von § 207 SGB V und verweist zum Hintergrund der Kündigung auf die Finanzlage der BKK
Berlin. Die kündigenden Kassen seien nach wie vor in der Lage, den gesetzlich geforderten Landesverband für das
Land Sachsen-Anhalt zu bilden. Die Kündigung eines länderübergreifenden Landesverbands sei in § 207 SGB V nicht
ausdrücklich ausgeschlossen; da es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss handle, könne dieser auch wieder
verlassen werden, ohne dass eine aufsichtsrechtliche Zustimmung erforderlich sei. Das entspreche den allgemeinen
Grundsätzen über die Mitgliedschaft in Vereinigungen und Verbänden. Sollte das höherrangige Recht dem in der
Satzung eingeräumten Kündigungsrecht entgegenstehen, so wäre die Kündigung wegen Fehlens der
Geschäftsgrundlage rechtens. Da die Beklagten zu 1) und 3) sich am Revisionsverfahren nicht beteiligten, habe die
Beklagte zu 2) hilfsweise ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Feststellung, dass eine künftige Kündigung
keiner Zustimmung seitens der Aufsichtsbehörde bedarf.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2000 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das
Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 1999 zurückzuweisen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Betriebskrankenkassen des Landes Sachsen-Anhalt ohne aufsichtsbehördliche Zustimmung
den BKK-Landesverband Ost mit einer Frist von einem Jahr zum Jahresende aufkündigen können.
Der Kläger und die Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 5) beantragen,
die Revision zu verwerfen bzw zurückzuweisen.
Der Kläger hat Bedenken gegen die Zulässigkeit der Revision, weil gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) die
Unwirksamkeit der Kündigung rechtskräftig entschieden sei, so dass die in der Satzung vorgesehenen Mindestzahl
von drei Vierteln der Mitgliedskassen eines Landes nicht mehr erreicht werde. Eine notwendige Streitgenossenschaft
liege entgegen der Meinung der Revision nicht vor. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auf die Klärung einer
abstrakten Rechtsfrage gerichtet und deshalb unzulässig.
Die Revision sei aber jedenfalls unbegründet. Das LSG habe zutreffend entschieden, dass der Zusammenschluss die
früheren Landesverbände zum Erlöschen gebracht und zur Entstehung eines neuen länderübergreifenden
Landesverbandes als Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt habe. Insoweit sehe § 207 Abs 3 Satz 1 SGB V
eine Auflösungsmöglichkeit nur für vor dem 1. Januar 1998 (vermutlich gemeint: 1989) gegründete Altverbände vor;
eine analoge Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen von § 207 Abs 5 SGB V sei ausgeschlossen. Neue Verbände
könnten demnach überhaupt nicht aufgelöst werden; zumindest setze dies eine aufsichtsbehördliche Zustimmung
voraus.
Eine solche halten die Beigeladenen zu 1) und 3) ebenfalls für notwendig. Die Zusammenlegung oder Auflösung von
Landesverbänden betreffe die Organisationsgewalt des Staates, die nicht der einzelnen Krankenkasse zustehen
könne. Auf diesen Gesichtspunkt weisen auch die Beigeladenen zu 2) und 5) hin. Die Beigeladene zu 4) hat sich nicht
geäußert.
II
Die Revision ist teilweise zulässig.
Nach dem im Revisionsverfahren angekündigten Antrag der Beklagten zu 2) soll die Berufung des Klägers gegen das
erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang zurückgewiesen und somit das Urteil des Sozialgerichts ohne Einschränkung
wiederhergestellt werden. Für einen solchen Ausspruch ist im Revisionsverfahren kein Raum mehr, nachdem die
Beklagten zu 1) und 3) gegen das Berufungsurteil kein Rechtsmittel eingelegt haben, so dass über ihre Kündigungen
rechtskräftig entschieden ist. Der getrennten Entscheidung über die drei Kündigungen steht der Gesichtspunkt der
notwendigen Streitgenossenschaft iS von § 62 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht entgegen, denn eine solche liegt nicht
vor. Das streitige Rechtsverhältnis muss den Beklagten gegenüber nicht einheitlich festgestellt werden. Die Satzung
des klagenden länderübergreifenden Kassenverbandes verlangt keine gemeinschaftliche Kündigung der den Verband
verlassenden Kassen, sondern eine Kündigung, der eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern desselben ursprünglichen
Landesverbands in einer besonderen Abstimmung zustimmen. Demnach können die Kündigungen der Beklagten
einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal unterliegen. Andere Gründe für eine notwendig einheitliche
Entscheidung über die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen sind nicht ersichtlich.
Soweit sich die Revision gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen der Beklagten zu 1) und 3)
wendet, ist sie infolgedessen zu verwerfen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Senat durch das teilweise rechtskräftige Berufungsurteil an einer
sachlichen Entscheidung über die Kündigung der Beklagten zu 2) jedoch nicht gehindert. Inwiefern die Wirksamkeit
dieser Kündigung von den bereits für unwirksam erklärten Kündigungen oder von den gemäß § 20a Satz 3 der
Satzung erforderlichen Zustimmungen der anderen Kassen des jeweiligen Landes abhängt, ist eine Frage des
materiellen Rechts, die keinen Bezug zur Zulässigkeit der Revision erkennen lässt.
Soweit zulässig, ist die Revision unbegründet.
Der Kläger ist klagebefugt, obwohl er die Unwirksamkeit der Kündigung unter Berufung auf die Rechtswidrigkeit einer
von ihm selbst erlassenen Satzungsbestimmung und auf die fehlende Zustimmung eines Dritten (nämlich der
Aufsichtsbehörde) geltend macht. Der klagende Verband hat ein schützenswertes Interesse an der Feststellung,
welche Kassen ihm angehören, ohne dass es darauf ankommen kann, aus welchen Gründen die Mitgliedschaft
zweifelhaft ist. Es wäre zwar auch eine Befugnis der Aufsichtsbehörden der beklagten Kassen denkbar, diesen im
Wege der aufsichtsrechtlichen Anordnung die Rücknahme der Kündigungen aufzugeben. Es ist aber nicht erkennbar,
wieso diese Möglichkeit die Feststellungsklage des Klägers ausschließen sollte, denn dieser hat die Rechtmäßigkeit
der ausgesprochenen Kündigungen in eigener Zuständigkeit zu klären.
Allerdings hat sich die Kündigung der Beklagten zu 2) insofern durch Zeitablauf erledigt, als ein Austritt zu dem darin
genannten Termin des 31. Dezember 1999 nicht mehr in Betracht kommt. Auf diesen Fall ist jedoch der
Rechtsgedanke des § 131 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechend anwendbar (für
Verpflichtungsklagen: BSG 14. März 2001 - B 6 KA 49/00 R - zur Veröffentlichung in SozR bestimmt; BSG SozR 3-
1200 § 53 Nr 9 jeweils mwN; für eine Klage auf Abschluss eines Versorgungsvertrags: BSGE 78, 243, 249 = SozR 3-
2500 § 109 Nr 2 S 18 f; auf Feststellung der zuständigen Krankenkasse: BSGE 67, 286, 287 = SozR 3-5428 § 4 Nr 2
S 10 f). Die Klage ist mit der Maßgabe zulässig geblieben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit der erklärten
Kündigung begehrt wird. Daran hat der Kläger trotz der Erledigung der Kündigung zum 31. Dezember 1999 ein
berechtigtes Interesse, denn die Beklagte zu 2) hat mit dem Hilfsantrag zum Ausdruck gebracht, dass sie auch
künftig eine Kündigung anstrebt. Insoweit bleibt der Erfolg der Klage streng genommen hinter dem gestellten
Revisionsantrag zurück. Dennoch braucht der Tenor des Berufungsurteils nicht abgeändert und die weiterreichende
Klage als unzulässig abgewiesen zu werden. Vielmehr reicht es aus klarzustellen, dass die Zurückweisung der
Revision iS einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der zu beurteilenden Kündigung zu verstehen ist.
Bei diesem Verständnis des Berufungsurteils entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag der Revision auf
die Feststellung, der neu gegründete Landesverband sei ohne aufsichtsbehördliche Genehmigung kündbar.
Abgesehen davon, dass es sich um einen inhaltlich über die Abwehr der Klage hinausgehenden Antrag und somit um
eine Widerklage handelt, wird dem Begehren bereits dadurch Rechnung getragen, dass über die Rechtmäßigkeit der
Kündigung vom Dezember 1998 auf die Klage sachlich entschieden wird. Dem Hilfsantrag stünde im Übrigen der
Einwand entgegen, dass zwar die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Kündigungserklärung, nicht aber die einzelnen
Kündigungsvoraussetzungen zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden können.
Das LSG hat zu Recht erkannt, dass ein Austritt der Mitgliedskassen aus dem BKK-Landesverband nicht zulässig
und die Kündigung der Beklagten zu 2) infolgedessen rechtswidrig ist.
Durch den zum 1. Januar 1996 vollzogenen Zusammenschluss von vier BKK-Landesverbänden ist ein
länderübergreifender Landesverband entstanden, in dem die bisherigen Landesverbände aufgegangen sind. Dieser
Vorgang kann nur rückgängig gemacht werden, indem eine der betroffenen obersten Verwaltungsbehörden ihre
Zustimmung widerruft. Ob das Gesetz auch einen Zusammenschluss von Landesverbänden zulässt, der selbst nicht
die Rechtsstellung eines Landesverbands erhält und durch Erklärung der Mitgliedskassen wieder verlassen werden
kann, braucht in diesem Rechtsstreit nicht entschieden zu werden.
Das Gesetz schreibt den rechtlichen Status des Zusammenschlusses von Landesverbänden nicht eindeutig vor.
Nach § 207 Abs 1 SGB V bilden die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen in jedem Land jeweils einen
Landesverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Rechte und Pflichten, innere Verfassung und
Aufgaben in den §§ 208 bis 211 SGB V näher geregelt sind. § 207 Abs 2, 2a und 4 SGB V treffen hier nicht
einschlägige Vorkehrungen für den Fall, dass am 1. Januar 1989 in einem Land mehrere Landesverbände bestehen
oder dass ein Land nur eine Krankenkasse hat oder durch Fusion behält. Für bisher bestehende länderübergreifende
Landesverbände räumt § 207 Abs 3 Satz 1 SGB V den obersten Verwaltungsbehörden der betreffenden Länder die
Befugnis ein, die Zustimmung zur Fortführung des Landesverbandes bis zum 31. Dezember 1989 zu versagen.
Außerdem bestimmt Satz 2, dass jede der obersten Verwaltungsbehörden ihre Zustimmung unter Einhaltung einer
einjährigen Frist zum Ende eines Kalenderjahres widerrufen kann. Im Falle der Versagung oder des Widerrufs der
Zustimmung müssen die beteiligten Länder die Durchführung der erforderlichen Organisationsänderungen
einvernehmlich regeln (§ 207 Abs 3 Satz 3 SGB V). Schließlich können sich Landesverbände der gleichen
Krankenkassenart nach § 207 Abs 5 Satz 1 SGB V mit Zustimmung der für die Sozialversicherung zuständigen
obersten Verwaltungsbehörden der Länder zu "einem Verband zusammenschließen"; nach Satz 2 gilt das auch, wenn
die Landesverbände ihren Sitz in verschiedenen Ländern haben.
Der durch den Zusammenschluss von vier Landesverbänden auf der Grundlage der zuletzt genannten Bestimmungen
geschaffene Kläger hat den Status eines länderübergreifenden Landesverbandes, der die bisherigen Landesverbände
nach § 207 Abs 1 SGB V ersetzt hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetz, aber aus dem Willen
der Beteiligten, dem das Gesetz nicht entgegensteht.
207 Abs 5 SGB V schreibt nicht vor, dass ein Zusammenschluss von Landesverbänden nur als eigenständiger
Landesverband gegründet werden kann, denn er spricht nur von einem "Verband"; an keiner Stelle erwähnt das
Gesetz, dass ein derartiger Verband die Funktion eines Landesverbands wahrnehmen muss, wie es § 207 Abs 2a und
4 SGB V für die einzige Krankenkasse in einem Land bestimmen. Da Zusammenschlüsse nach § 207 Abs 5 SGB V
keinen eigenen Status als Landesverbände haben müssen, handelt es sich auch nicht zwangsläufig um
Körperschaften des öffentlichen Rechts, denn diese Eigenschaft ist nicht automatisch allen Verbänden des SGB V
zugewiesen, wie § 212 Abs 5 SGB V zeigt. Neben den Krankenkassen bezeichnet das Gesetz nur die Bundes- und
Landesverbände ausdrücklich als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 207 Abs 1 Satz 2, § 212 Abs 4 SGB V).
Für die regionalen Kassenverbände nach § 218 SGB V, §§ 407 bis 414b Reichsversicherungsordnung (RVO) ist die
Zuordnung nicht eindeutig: Einerseits dürfen sie nach § 407 Nr 1 RVO Beamte anstellen, müssen nach § 409 eine
Satzung aufstellen und unterliegen nach § 413 Abs 1 RVO der staatlichen Aufsicht. Andererseits ist das bei den
privaten Ersatzkassenverbänden nach § 212 Abs 5 SGB V nicht wesentlich anders und eine Auflösung von
Kassenverbänden nach § 411 Abs 2 SGB V ohne staatliche Mitwirkung zulässig. Ein vorgegebener Status für den
Zusammenschluss von Landesverbänden lässt sich auch nicht dem Recht entnehmen, das vor dem 1. Januar 1989
galt und das nach der Begründung zum Entwurf des SGB V nicht geändert werden sollte (BT-Drucks 11/2237 S 220
zu § 216 Abs 5 des Entwurfs). Nach dem Text der Vorgängervorschrift zu § 207 Abs 5 SGB V konnte zwar der
Eindruck entstehen, dass ein von Landesverbänden gebildeter Verband die bisherigen Landesverbände aus ihrer
Funktion verdrängte, denn § 414 Abs 2 RVO in der bis 31. Dezember 1988 geltenden Fassung sprach von "einem für
mehrere Länder gemeinsamen Verband". In den Übergangsvorschriften zur Schaffung der Landesverbände im Jahre
1955 ist jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die im Entwurf enthaltene Verweisung auf § 414 Abs 1 und 2
RVO in "Landesverbände iS des § 414 Abs 1 RVO" geändert worden (BT-Drucks 2/1420 S 6 f zu Art 3 § 2 Abs 1 des
Gesetzes über die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen und Ersatzkassen vom 17. August 1955, BGBl I 524 -
Verbändegesetz). Mit Rücksicht auf die dort fehlende Begründung ist diese Änderung so zu verstehen, dass
zumindest offen bleiben sollte, ob die fraglichen Zusammenschlüsse als Landesverband fungierten. Mit Rücksicht auf
den damaligen Streit um die Eigenschaft der Landes- und Bundesverbände als Körperschaften des öffentlichen
Rechts (stellvertretend Schmatz BKK 1955, 377) mag es darum gegangen sein, zumindest bei den freiwilligen
Zusammenschlüssen von Landesverbänden eine endgültige Festlegung zu vermeiden.
Auch die weiteren Zusammenhänge zwingen nicht zur Auslegung, dass der Verband iS von § 207 Abs 5 SGB V den
Status eines Landesverbands haben muss. Der dort verwendete Begriff des "Zusammenschlusses" bzw der in der
amtlichen Überschrift verwendete Begriff der "Vereinigung" meint im SGB V auch sonst nicht unbedingt den Verlust
der Rechtspersönlichkeit der sich verbindenden Institutionen (vgl § 212 Abs 5, § 218 Abs 1 SGB V). Wenn eine
Vereinigung mit dem Untergang der bisherigen juristischen Personen verbunden ist, wird das im SGB V regelmäßig
erwähnt (vgl § 144 Abs 4, § 146 Abs 3 und die Verweisungen in § 150 Abs 2 Satz 1, § 160 Abs 1 Satz 3, § 168a Abs
1 Satz 3 bzw Abs 2 Satz 2). Da zu § 207 Abs 5 SGB V eine entsprechende Vorschrift fehlt, sind auch insoweit keine
Rückschlüsse auf den Status des durch den Zusammenschluss entstehenden Verbandes möglich.
Andererseits wird durch § 207 Abs 5 SGB V die Schaffung eines gemeinsamen Landesverbands für mehrere Länder
bei gleichzeitiger Auflösung der bisherigen Landesverbände auch nicht verboten. Falls eine Erlöschensregelung nicht
schlicht vergessen wurde, sollte sie möglicherweise der Vereinbarung der sich vereinigenden Verbände überlassen
bleiben (so im Ergebnis Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 4, Stand: Januar 1988, § 414 Anm 4). Da §
207 Abs 3 SGB V die vor 1989 gegründeten länderübergreifenden Landesverbände grundsätzlich fortbestehen lässt
und es der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde überlässt, ob sie durch den Widerruf der einmal erteilten
Zustimmung den ursprünglichen Landesverband wieder ins Leben ruft, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der
Gesetzgeber die Neugründung länderübergreifender Landesverbände ab 1989 verhindern wollte. In diesem
Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass mit der Möglichkeit der Bildung von Arbeitsgemeinschaften nach §
219 SGB V den Landesverbänden ein Instrument zur Verfügung steht, um übergreifende Aufgaben zu lösen, ohne ihre
Selbständigkeit einzubüßen - für Zusammenschlüsse mit entsprechender Funktion nach § 207 Abs 5 SGB V mithin
keine Notwendigkeit besteht. Insgesamt kann daher der in Rede stehenden Vorschrift weder das Gebot noch das
Verbot entnommen werden, einem Zusammenschluss von Landesverbänden die Funktion eines länderübergreifenden
Landesverbands zuzuweisen und die bisherigen Landesverbände damit zum Erlöschen zu bringen. Dass damit die
Errichtung einer neuen Körperschaft des öffentlichen Rechts neben der staatlichen Zustimmung vom autonomen
Wunsch der sich vereinigenden Verbände abhängt, entspricht dem rechtspolitischen Willen des Gesetzgebers des
Verbändegesetzes von 1955. Denn er hat den Entwurf zu § 414 Abs 2 RVO in der bis zum 31. Dezember 1988
geltenden Fassung im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Bundesrates eigens geändert, um klarzustellen,
dass länderübergreifende Verbände nur mit dem Einverständnis der bisherigen Landesverbände geschaffen werden
durften (BT-Drucks 2/1010 S 12 und BT-Drucks 2/1420 S 3; Schmatz, BKK 1955, 377; Peters, Handbuch der
Krankenversicherung Bd 4, Stand: Januar 1988, § 414 Anm 4).
Die Partner der Vereinbarung vom 9. Mai 1995 wollten einen länderübergreifenden Landesverband gründen, in dem die
vier vertragschließenden Landesverbände aufgehen sollten. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus den
unangegriffenen Feststellungen des LSG, die von den in Bezug genommenen Unterlagen gestützt werden. Dabei geht
es nicht nur um die Bezeichnung als Landesverband und als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dass die
Vereinbarung im fraglichen Sinne verstanden wurde, ist auch aus der tatsächlichen Verwirklichung zu schließen, die
ohne die tätige Mitwirkung der beteiligten Landesverbände und ihrer Mitglieder einschließlich der Beklagten nicht
denkbar gewesen wäre. Beispielsweise wurden nach § 9 der Gründungsvereinbarung die Arbeits- und
Dienstverhältnisse der bei den bisherigen Landesverbänden Beschäftigten auf den neuen Landesverband
übernommen; bisherige Versorgungsverpflichtungen waren abzulösen. Vertragliche Vereinbarungen der bisherigen
Verbände mit Dritten gingen nach § 11 der Vereinbarung auf den Kläger über. Nach § 14 Abs 1 brachten die bisherigen
Verbände ihr jeweiliges Vermögen in den gemeinsamen Landesverband ein. Ob die nunmehr umstrittene
Kündigungsklausel in § 16 der Vereinbarung (§ 20a der Satzung des Klägers) mit dem Konzept eines
länderübergreifenden Landesverbands rechtlich in Einklang zu bringen ist, kann dabei an dieser Stelle offen bleiben.
Selbst wenn dieser Gesichtspunkt ursprünglich gegen den Willen zur Gründung eines "echten" Landesverbands
gesprochen haben sollte, ist er durch dessen tatsächliche Entstehung und die damit verbundene Auflösung der alten
Landesverbände bedeutungslos geworden.
Die Satzung eines länderübergreifenden Landesverbands darf den Mitgliedskassen kein Recht zum Austritt
einräumen; insoweit verstößt die Satzung des Klägers gegen höherrangiges Recht, weil in dieser Frage weder dem
neuen Landesverband noch den sich vereinigenden Landesverbänden noch den Mitgliedskassen eine
Dispositionsbefugnis zusteht. Einziger Gesichtspunkt, der für ein freiwilliges Austrittsrecht sprechen könnte, ist die
Tatsache der freiwilligen Gründung. Insofern geht die Revision jedoch zu Unrecht davon aus, dass über den
Gründungsakt hinaus ein freiwilliger Zusammenschluss den Rechtsgrund für den Fortbestand des Klägers bildet.
In Bezug auf die Mitgliedskassen ist das Element der Freiwilligkeit schon bei der Schaffung eines übergreifenden
Landesverbands allenfalls mittelbar gegeben, denn es vereinigen sich die Landesverbände und nicht die sie bildenden
Mitgliedskassen, die allerdings auf die Willensbildung der Landesverbände einen gewissen Einfluss ausüben können.
Deshalb ist es zumindest missverständlich, wenn die Satzung die Austrittserklärung als "Kündigung" bezeichnet. Der
Vorgang des Austritts lässt sich aus einem weiteren Grund nicht sinngemäß als schlichte Aufhebung des früheren
Zusammenschlusses interpretieren. Die austretenden Mitgliedskassen würden zwar nach § 207 Abs 1 SGB V einen
Landesverband bilden, der aber wegen der zwischenzeitlichen Auflösung nicht mehr derselbe ist wie derjenige, der im
länderübergreifenden Landesverband aufgegangen ist, so dass die innere Verfassung (Satzung,
Vertreterversammlung, Vorstand, Sitz) neu beschlossen werden muss. Diese Überlegungen zeigen, dass dem
Element der Freiwilligkeit nur noch relative Bedeutung zukommt, wenn der Gründungsvorgang abgeschlossen ist.
Das Element der Freiwilligkeit fehlt ganz, wenn die weitere Entwicklung des länderübergreifenden Landesverbands
betrachtet wird. Das ergibt sich aus einem Vergleich zu einem normalen Landesverband nach § 207 Abs 1 SGB V.
Dieser hat eine territorial definierte Zuständigkeit, über die er nicht disponieren kann. Deren Änderung fällt
ausschließlich in die Kompetenz der Länder, wie sich aus § 207 Abs 2 SGB V für Länder ergibt, in denen aus der Zeit
vor 1989 mehrere Landesverbände bestehen, und wie der Fall einer Gebietsabtretung zwischen den Ländern oder
eines Zusammenschlusses von Ländern zeigt. Dem Landesverband gehören kraft Gesetzes alle Krankenkassen
derselben Kassenart an, die ihren Sitz in seinem Territorium haben (§ 207 Abs 1 Satz 3 SGB V). Das gilt für neu
errichtete Kassen ebenso wie für Kassen, die ihren Sitz verlegen, ohne dass die Mitgliedschaft durch einen Beitritt
oder einen anderen Akt begründet werden müsste. Bei Veränderungen im Mitgliederbestand durch Errichtung,
Vereinigung, Auflösung oder Schließung von Kassen (vgl §§ 148, 150, 152, 153 SGB V) hat der Landesverband
ebenso wenig ein Mitspracherecht wie bei Veränderungen durch territoriale Verschiebungen. Selbst der
Mitgliederzuwachs durch freiwilligen Beitritt anderer Krankenkassen nach § 207 Abs 1 Satz 4 SGB V, der nur Kassen
der in § 207 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht genannten Kassenarten betreffen kann, die nicht ihrerseits einen
Landesverband bilden, tritt unabhängig vom Willen des Landesverbandes oder seiner Mitglieder ein, so dass er
satzungsrechtlich nicht beschränkt werden dürfte. Ob das in diesem Sonderfall auch für den Austritt gelten würde,
weil darin eine echte Rückabwicklung des Beitritts ohne Verlust und Wiederbegründung der Rechtspersönlichkeit der
beitretenden Kasse zu sehen wäre, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn es ändert keinesfalls etwas am
Grundsatz, dass die Zusammensetzung eines Landesverbands der Disposition sowohl des Verbands als auch der
Mitgliedskassen weitestgehend entzogen ist.
Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise für einen - bei der Gründung freiwilligen - Zusammenschluss nach § 207 Abs 5
SGB V, der als länderübergreifender Landesverband geschaffen wird. In den Beziehungen zu den Mitgliedskassen
besteht kein Unterschied zu einem normalen Landesverband, wie in den oben erwähnten Beispielen deutlich wird. Ist
die Gründung einmal abgeschlossen, handelt es sich um eine gegenseitige Zwangsverbindung, der freiwillige
Elemente grundsätzlich fremd sind. Wenn es um den Austritt von Mitgliedskassen geht, erscheint der Hinweis auf die
Freiwilligkeit der Gründung vor allem deshalb nicht überzeugend, weil ein Austritt zum Verlust der Zuständigkeit des
gemeinsamen Landesverbands für das Gebiet eines Bundeslandes führt und die territoriale Zuständigkeit der
Disposition des - einmal geschaffenen - Landesverbands entzogen ist.
Die Notwendigkeit einer jederzeit eindeutigen territorialen Zuordnung eines bestimmten Landesverbands wird durch
dessen Aufgaben im System der vertragsärztlichen Versorgung unterstrichen und spricht gegen das Recht zu
autonomen Regelungen über den Mitgliederbestand, die sich wegen des bereits aufgezeigten Zusammenhangs immer
auch als Zuständigkeitsregelungen darstellen. Für den Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern sind
regelmäßig die Landesverbände der Krankenkassen (mit)verantwortlich (vgl etwa § 109 Abs 1 Satz 1, § 111 Abs 2
Satz 1, § 112 Abs 1, § 125 Abs 2, § 127 Abs 1 SGB V). Andere Mitwirkungsrechte betreffen das Zulassungsrecht, die
Qualitätskontrolle und die Wirtschaftlichkeitsprüfung (vgl § 96 Abs 1, § 97 Abs 1, § 99 Abs 1, § 106 Abs 3, § 112 Abs
1, § 113 Abs 1, § 115 Abs 1, § 124 Abs 5 SGB V). Bei der Anwendung all dieser Vorschriften sind diejenigen
Landesverbände zur Mitwirkung berufen, in deren Gebiet sich die betreffende Kassenärztliche Vereinigung, der
betreffende Leistungserbringer usw befindet. Es wäre unerträglich, wenn die durch die Anzahl der jeweils Beteiligten
schon schwierige Durchführung dadurch noch weiter erschwert würde, dass die Klärung der örtlichen Zuständigkeit
vom Satzungsrecht der einzelnen Landesverbände abhinge.
Das wird auch im Zusammenhang mit den Verträgen über die Gesamtvergütung für die von den Vertragsärzten den
gesetzlich Versicherten zu erbringenden Leistungen deutlich. Auch diese Verträge sind nach § 82 Abs 2, § 83 Abs 1
SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen abzuschließen; sie gelten für die Versicherten der dem
jeweiligen Landesverband angehörenden Kassen. Das bedeutet nicht nur, dass Änderungen im Mitgliedsbestand eines
Landesverbands Regelungen über den Eintritt in die vorhandenen Verträge oder deren Neuabschluss voraussetzen,
die in der hier erörterten Satzung des Klägers fehlen. Es bedeutet auch, dass die Versorgung der Versicherten
gefährdet wäre, wenn durch ein nicht aufeinander abgestimmtes Satzungsrecht verschiedener Landesverbände
Zuständigkeitslücken entstünden. Zwar ist einzuräumen, dass auch das Gesetz in dieser Hinsicht keine
Lückenlosigkeit gewährleistet: Für die BKKn der Dienstbetriebe des Bundes, die nach § 212 Abs 1 Satz 2 SGB V
unmittelbar dem Bundesverband angehören, ist kein Landesverband vorgesehen, der die oben bezeichneten
Funktionen wahrnimmt (vgl Hess in Kasseler Komm § 82 RdNr 12 und § 83 RdNr 9). Da sich diese Lücke jedoch als
gesetzgeberisches Versehen darstellt, kann daraus nicht geschlossen werden, es brauche auch im übrigen auf die
Lückenlosigkeit der landesverbandlichen Zuständigkeiten nicht besonders geachtet zu werden.
Im Ergebnis ist aus den dargestellten Zusammenhängen zu schließen, dass die Regelung der territorialen
Zuständigkeit eines normalen wie auch eines länderübergreifenden Landesverbands im Gesetz abschließend geregelt
ist, so dass eine Satzungsautonomie in Bezug auf den Austritt von Mitgliedskassen nicht besteht. Damit ist der
übergreifende Landesverband nicht etwa unauflösbar. Denn § 207 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB V erfasst nicht nur die in
Satz 1 derselben Vorschrift genannten, am 1. Januar 1989 bereits bestehenden länderübergreifenden
Landesverbände. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Befugnis der Aufsichtsbehörde zum Widerruf nicht auch auf
Verbände anzuwenden sein sollte, die erst nach dem Stichtag geschaffen wurden, zumal sich aus dem Wortlaut keine
entsprechende Einschränkung ergibt. Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Schon als
das Verbändegesetz von 1955 in § 414 Abs 2 RVO erstmals die Möglichkeit des Zusammenschlusses von
Landesverbänden schuf, wurde deren Auflösung lediglich im Rahmen von "Übergangs- und Schlussvorschriften"
geregelt, indem die Voraussetzungen für den "Fortbestand" derartiger Zusammenschlüsse festgelegt wurden (Art 3 §
2 Abs 2 Verbändegesetz). Bereits damals war Satz 2 der einschlägigen Vorschrift jedoch so formuliert, dass er nicht
nur auf beim Inkrafttreten des Gesetzes bestehende, sondern auch auf künftige Zusammenschlüsse angewendet
werden konnte; überdies wurde ausdrücklich auf § 414 Abs 2 RVO Bezug genommen. Als später eine Ermächtigung
der Länder benötigt wurde, um die Bezirke der Landesverbände den Landesgrenzen anpassen zu können, wurde
wiederum nicht die RVO, sondern die genannte Übergangsvorschrift zum Verbändegesetz ergänzt, obwohl nach
Wortlaut und Zweck sowohl bisherige als auch künftige Zusammenschlüsse erfasst werden sollten (Art 3 § 2 Abs 4
Verbändegesetz idF des KVLG vom 10. August 1972, BGBl I 1433). Der ursprüngliche Entwurf zu § 207 Abs 3 SGB
V erschöpfte sich in einer Bezugnahme auf diese Vorschrift (BT-Drucks 11/2237 S 62 als § 216 Abs 3). Damit wäre
klar gewesen, dass es sich materiell nicht nur um Übergangsrecht handelt. Der Änderungswunsch im
Gesetzgebungsverfahren kam aus dem Bundesrat. Mit der Gesetz gewordenen Formulierung sollte vermieden
werden, dass die beteiligten Länder eine Auflösung nur durch einvernehmlich erlassene Rechtsverordnungen bewirken
konnten; eine Beschränkung auf bereits bestehende Zusammenschlüsse lag nicht in der Absicht des Gesetzgebers
(vgl BT-Drucks 11/3480 S 41 zu Buchst g, S 64 zu § 216 Abs 3).
Dieses Ergebnis kann entgegen der Auffassung der Revision durch die Vorgänge bei der Gründung des Klägers nicht
in Frage gestellt werden. Soweit die Austrittsmöglichkeit als Geschäftsgrundlage der Gründungsvereinbarung
angesehen wird, muss nochmals darauf hingewiesen werden, dass Partner dieser Vereinbarung die früheren
Landesverbände und nicht die beklagten Mitgliedskassen waren; die Beklagten sind auch nicht im Wege der
Rechtsnachfolge oder in einer anderen Weise an die Stelle ihres früheren Landesverbands getreten. Schon deshalb
können die Beklagten aus diesem Gesichtspunkt keine Rechte für sich herleiten. Ähnliches gilt für die Frage, ob die
rechtswidrige Genehmigung der Vereinbarung und der Satzung des Klägers Pflichten der aufsichtsführenden Länder -
etwa zur Einleitung eines Verfahrens nach § 207 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB V - auslösen kann. Wie der Senat in
anderem Zusammenhang und unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung dargelegt hat, reicht die Wirkung
der Genehmigung einer Satzung nicht über deren Inkraftsetzung hinaus, so dass die erlassene Rechtsnorm jederzeit
wieder beanstandet werden kann (BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Dieser Gedanke schließt es auch hier aus,
materielle Rechtsfolgen an die Rechtswidrigkeit der Genehmigung zu knüpfen, was überdies dazu führen würde, dass
die rechtswidrige Satzung zumindest unter bestimmten Aspekten Rechte begründet und somit als wirksam behandelt
wird. Die Verantwortung der Beteiligten für die Vereinbarkeit der Satzung mit höherrangigem Recht könnte sich
allenfalls bei der Kostenentscheidung in einem dadurch veranlassten Rechtsstreit niederschlagen, soweit darüber
nach § 193 Abs 1 SGG zu befinden wäre.
Da das LSG mithin der Klage zu Recht stattgegeben hat, ist die Revision der Beklagten zu 2) zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 Satz 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (aF).
Danach ist - entgegen den Überlegungen der Revision - jegliche Kostenerstattung ausgeschlossen, ohne dass es auf
den Anlass zum Prozess oder dessen Ergebnis ankommt. Denn Satz 2 der genannten Vorschrift greift nicht ein, da
weder ein Rechtsstreit nach § 51 Abs 2 SGG vorliegt noch eine Entscheidung einer obersten Bundes- oder
Landesbehörde nach dem SGB V oder eine Entscheidung einer Landesbehörde nach § 122 Abs 4 Satz 2 SGB V
angefochten ist (vgl § 116 Abs 2 Nr 1 und 4 BRAGebO in der bis 1. Januar 2002 geltenden Fassung). Insofern hat das
LSG dem Kläger zu Unrecht Kosten für das Klage- und Berufungsverfahren zugesprochen, denn entgegen seiner
Ansicht erfasste § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG in der bisherigen Fassung nur Streitigkeiten im Leistungserbringerrecht
(vgl ausführlich Hommel in Peters/ Sautter/ Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand: Dezember 2000, § 51
RdNr 293 ff).
Der mit Wirkung vom 2. Januar 2002 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des SGG vom 17. August 2001 (BGBl
I 2144 - SGG-ÄndG) eingeführte § 197a SGG (nF), der auf die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung
verweist, findet hier noch keine Anwendung. § 193 SGG aF bleibt für Prozesse wie den vorliegenden jedenfalls dann
anwendbar, wenn das Verfahren vor dem 2. Januar 2002 in den gegenwärtigen Rechtszug gelangt ist.
Die Übergangsvorschriften sind allerdings lückenhaft. Art 17 Abs 1 Satz 1 SGG-ÄndG enthält die allgemeine Regel,
dass die §§ 184 bis 187 und 192 SGG aF und die Rechtsverordnung über die Pauschgebühren für einen Rechtszug
gelten, für den die Gebühr bis zum 1. Januar 2002 fällig geworden oder Kosten nach § 192 SGG aF festgesetzt
worden sind; eine Gebühr wird nach dem unveränderten § 185 SGG fällig, wenn die Streitsache durch Zurücknahme
des Rechtsbehelfs, Vergleich, Anerkenntnis, Beschluss oder Urteil erledigt ist. Die Regelung in Art 17 Abs 1 Satz 2
SGG-ÄndG bezieht sich speziell auf die Verfahren nach § 197a nF, die nach neuem Recht gerichtskostenpflichtig
sind, weil weder der Kläger noch der Beklagte dem nach § 183 nF privilegierten Personenkreis angehört
(beispielsweise Versicherte, Leistungsempfänger, Behinderte). Gemeint sind also insbesondere Verfahren der
vorliegenden Art zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Verfahren des Leistungserbringungsrechts.
Für diese Prozesse erklärt die spezielle Übergangsvorschrift den § 183 aF weiterhin für anwendbar, wenn das
Verfahren vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig war. Ohne diese Sonderregel wäre in diesen Verfahren ein Rechtszug
kostenpflichtig, wenn er nach dem 1. Januar 2002 durch Rücknahme, Vergleich, Anerkenntnis, Beschluss oder Urteil
abgeschlossen würde. Das ergäbe sich aus einem Gegenschluss zu Satz 1 der Übergangsvorschrift iVm dem
Grundsatz, dass neues Prozessrecht einschließlich des Kostenrechts auch für anhängige Verfahren gilt (BSGE 72,
148, 156 = SozR 3-2500 § 15 Nr 1 S 9 mwN). Auf Grund von Art 17 Abs 1 Satz 2 SGG-ÄndG tritt in den bezeichneten
Verfahren die neu geschaffene Kostenpflicht unabhängig vom Abschluss des Rechtszugs nur ein, wenn die
Rechtshängigkeit nach dem 1. Januar 2002 begründet wurde.
Nach ihrem Wortlaut sagen die Übergangsvorschriften nichts darüber aus, nach welchen Bestimmungen die
Kostengrundentscheidung zu ergehen hat, solange die Gerichtskostenpflicht übergangsrechtlich aufgeschoben ist -
also für Verfahren iS des neu eingefügten § 197a SGG, die vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden sind.
Dieser Fall ist in Art 17 Abs 1 SGG-ÄndG weder in Satz 1 noch in Satz 2 erfasst, denn darin werden die Vorschriften
über die Kostengrundentscheidung in diesen Verfahren - nach neuem Recht §§ 154 bis 162
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), nach altem Recht § 193 SGG - nicht erwähnt. Diese Frage ist im vorliegenden
Fall entscheidungserheblich: Während das alte Recht - wie bereits ausgeführt - eine Kostenerstattung ausschließt,
wären nach den im neuen Recht anwendbaren Regeln der VwGO die Aufwendungen der obsiegenden Beteiligten
einschließlich der Beigeladenen, soweit sie einen Antrag gestellt haben, zu erstatten. Ob dabei die Verantwortung für
die fehlerhafte Satzung als Auslöser des Prozesses berücksichtigt werden könnte, ist zweifelhaft.
Folgt man dem bereits aufgezeigten Grundsatz, dass Änderungen des Prozessrechts beim Fehlen von abweichenden
Übergangsbestimmungen auch laufende Verfahren erfassen, wäre das neue Recht und somit die Regeln der VwGO
anzuwenden. Geändertes Prozessrecht kann jedoch auch beim Schweigen des Übergangsrechts nur sofort gelten,
wenn dies mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist (vgl
nochmals BSGE 72, 148, 156 = SozR 3-2500 § 15 Nr 1 S 9 mwN). Mit Rücksicht darauf hat der 6. Senat des
Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 30. Januar 2002 (B 6 KA 12/01 R, zur Veröffentlichung bestimmt) einen
Kostenerstattungsanspruch der in seinem Verfahren obsiegenden Beigeladenen verneint, weil die übrigen Beteiligten
mit einem zu Beginn des Prozesses nicht absehbaren Kostenrisiko belastet würden, wenn das neue Recht in einem
am 2. Januar 2002 bereits anhängigen Verfahren anzuwenden wäre. Mit Art 17 Abs 1 SGG-ÄndG habe der
Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung alle Fälle erfassen wollen, in denen das alte Gebührenrecht weiterhin
anzuwenden sei (Hinweis auf BT-Drucks 14/5943 S 32). Daraus folge über den Wortlaut des Satz 2 aaO hinaus nicht
nur, dass in den Verfahren, für die § 183 SGG nF vorerst ausgesetzt werde und die deshalb gerichtskostenfrei
blieben, die Pauschgebühren nach § 184 SGG aF anfielen. Es bedeute vielmehr auch, dass die
Kostengrundentscheidung nach § 193 SGG aF zu treffen sei, weil ohne ausdrückliche Anordnung nicht unterstellt
werden könne, dass die gravierende Ausweitung der Kostenerstattungspflicht zu Gunsten möglicherweise zahlreicher
Beigeladener auch bereits rechtshängige Verfahren erfassen sollte.
Diesen Erwägungen schließt sich der Senat jedenfalls insoweit an, als über die außergerichtlichen Kosten für ein
Rechtsmittel zu entscheiden ist, das vor dem Inkrafttreten des SGG-ÄndG eingelegt wurde. Im vorliegenden Fall ist
dabei nicht nur das Kostenrisiko im Verhältnis zu den vier Beigeladenen, sondern auch im Verhältnis der
Hauptbeteiligten untereinander zu bedenken. Ob hierbei wegen des systematischen Zusammenhangs des § 193 SGG
aF zur Gerichtskostenfreiheit und Pauschgebührenpflicht im Anschluss an die erwähnte Entscheidung des 6. Senats
des BSG auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit
oder im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung des BSG auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels
abzustellen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Verfahren beide Zeitpunkte vor dem Inkrafttreten
des SGG-ÄndG liegen.