Urteil des BSG vom 15.04.2008

BSG: besondere härte, rückkaufswert, vorzeitige verwertung, versicherungspflicht, freibetrag, eingriff, verkehrswert, form, substanzwert, inhaber

Bundessozialgericht
Urteil vom 15.04.2008
Sozialgericht Regensburg S 15 AS 339/05
Bayerisches Landessozialgericht L 7 AS 81/06
Bundessozialgericht B 14/7b AS 52/06 R
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. August 2006 wird
zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Gründe:
I
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 5. September 2006 ein
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zusteht.
2
Der Kläger ist 1951 geboren und stellte am 16. Dezember 2004 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Durch
Bescheid vom 27. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2005 lehnte die
Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei nicht
hilfebedürftig. Der Kläger verfüge über eine Lebensversicherung, deren Rückkaufswert im August 2005 26.043,40 EUR
bei einer Einzahlung von Beiträgen in Höhe von 24.497,66 EUR betragen habe. Im Mai 2004 sei der Rückkaufswert
mit 23.041 EUR anzusetzen gewesen. Bei der Lebensversicherung handele es sich um zu berücksichtigendes
Vermögen, das die Freibetragsgrenze von 11.350 EUR überschreite.
3
Auch mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Regensburg (SG) war der Kläger erfolglos (Gerichtsbescheid vom 13.
März 2006). Ebenso wie bereits im Widerspruchsverfahren hatte er dort geltend gemacht, der Freibetrag sei durch die
Beklagte falsch berechnet worden. Er betrage 520 EUR je Lebensjahr, wie bei der Arbeitslosenhilfe (Alhi). Zudem
verfüge er über kein eigenes Einkommen, sein Geldvermögen sei verbraucht und er habe 10.000 EUR Schulden bei
seiner Mutter. Er erwarte auch nur einen geringen Rentenanspruch. Es sei ihm daher, wie zuvor bei der Gewährung
von Alhi, nicht zumutbar, die Lebensversicherung zu verwerten und zur Sicherung seines Lebensunterhalts
einzusetzen. Das SG hat seine Entscheidung ua damit begründet, dass es sich bei der Lebensversicherung des
Klägers nicht um sonstiges Altersvorsorgevermögen iS des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II handele. Die Auszahlung der
Versicherungssumme könne vor dem Eintritt in den Ruhestand erwartet werden. Ebenso wenig werde die
Lebensversicherung im konkreten Fall durch einen der Tatbestände des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II geschützt.
Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Vermögens sei angesichts des Verhältnisses von
eingezahlten Beiträgen und Rückkaufswert der Lebensversicherung nicht festzustellen. Soweit die
Lebensversicherung der Altersvorsorge des Klägers habe dienen sollen, ändere dieses alleine nichts an der
Verwertungsverpflichtung. Eine Gleichbehandlung der privaten Kapitallebensversicherung mit den in § 12 Abs 2 Nr 2
SGB II benannten Sicherungsformen komme nicht in Betracht; ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
sei nicht ersichtlich.
4
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers gegen die Entscheidung des SG durch Urteil
vom 18. August 2006 ua unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG zurückgewiesen. Ergänzend hat es
ausgeführt: Die Tatsache, dass die Lebensversicherung des Klägers auch eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit
umfasse, rechtfertige nicht die Annahme einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II.
Ausschließlich die Notwendigkeit die Lebensversicherung verwerten zu müssen, stelle keine besondere Härte dar.
Weitere Härtegesichtspunkte seien im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision. Er rügt die Verletzung von § 12
SGB II. Die von ihm abgeschlossene Lebensversicherung sei nicht verwertbar, denn sie diene ihm zur Absicherung
im Alter. Diesen Zweck habe er auch im Vorhinein bestimmt, was in der Vertragsgestaltung, also der vereinbarten
Fälligkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres zum Ausdruck komme. In seinem Fall müsse daher der Tatbestand
des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II ebenso wie für einen Selbstständigen zum Tragen kommen, zumal sein
Versicherungsverlauf ebenfalls erhebliche Lücken aufweise. Als nicht mehr Erwerbstätiger ohne Sozialleistungsbezug
stehe er einem von der Versicherungspflicht Befreiten insoweit gleich. Zumindest verstoße die unterschiedliche
Behandlung beider Gruppen gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Er könne zudem keinen Verwertungsausschluss iS
des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II vereinbaren, solange ungeklärt sei, ob er die Versicherung zur Sicherung seines
Lebensunterhalts auflösen müsse. Eine Teilkündigung sei nicht möglich. Der Verwertungszwang verstoße zudem
gegen Art 14 GG. Gleiches gelte für die Privilegierung der Sicherungsformen des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II. Der Kläger
habe 1980 - zum Zeitpunkt des Abschlusses der Lebensversicherung - noch keine Möglichkeit gehabt, diese
Altersvorsorgeform zu wählen. In der gleichwohl anderen Behandlung seiner Lebensversicherung gegenüber der
"Riesterrente" liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Verwertung der
Lebensversicherung sei zudem offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II. Der Verlust bei
Kündigung der Lebensversicherung betrage mehr als 10 % des Substanzwertes. Laut Auskunft des Versicherers
verfüge der Kläger über gesicherte Überschussanteile von 12.253 EUR. Der Substanzwert der Versicherung betrage
mindestens 29.419 EUR, wohingegen der Rückkaufswert mit 26.043,40 EUR zum 1. Oktober 2005 anzusetzen
gewesen sei. Ferner stelle die Verwertung der Lebensversicherung eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr
6 SGB II dar. Der Kläger sei auf Grund seines Alters, der Schwerbehinderung und seiner persönlichen Situation auf
dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Er habe seit 1980 in die Lebensversicherung eingezahlt; die Restlaufzeit
habe bei Antragstellung noch sieben Jahre betragen. Die Verwertungsverpflichtung einer Lebensversicherung mit
derart langer Laufzeit greife zudem in nach Art 14 GG geschütztes Eigentum ein. Durch die mit den Regelungen des
Art 12 SGB II verbundene Einschränkung seiner finanziellen Dispositionsfreiheit werde er zudem in
verfassungswidriger Weise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit iS des Art 2 Abs 1 GG beeinträchtigt. Dieses gelte
umso mehr, als der Gesetzgeber durch die schrittweise Reduzierung der Leistungen der gesetzlichen
Rentenversicherung und Einführung der gesetzlich geförderten privaten Altersvorsorge, die Sicherung für das Alter in
stärkerem Maße auf den Einzelnen übertragen habe. Werde diese private Absicherung nun durch den
Verwertungszwang des § 12 SGB II beeinträchtigt, stelle dieses ebenfalls einen Eingriff in seine verfassungsrechtlich
garantierte Handlungsfreiheit dar. Die Verpflichtung zur Auflösung der Lebensversicherung laufe zudem dem
Sozialstaatsprinzip zuwider. Der Kläger werde in seinem Vertrauensschutz nachhaltig verletzt, denn er habe darauf
vertrauen dürfen, dass seine Alterssicherung werthaltig sei und bleibe, und er dadurch im Alter unabhängig von
Sozialhilfeleistungen werde.
6
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. August 2006 und den
Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 13. März 2006 in der berichtigten Form vom 21. März 2006
sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.
September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 5.
September 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.
7
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
8
Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen von SG und LSG an.
II
9
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass dem Kläger keine Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 5. September 2006 zustehen.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II idF des Vierten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954). Er war in der Lage
seinen Lebensunterhalt durch verwertbares Vermögen in Gestalt der Lebensversicherung ohne Leistungen nach dem
SGB II zu sichern (§ 9 Abs 1 Nr 2 SGB II).
10
- Der Rückkaufswert der Lebensversicherung überschritt im streitigen Zeitraum die Freibetragsgrenze des § 12 Abs 2
Nr 1 SGB II (2).
- Bei der Lebensversicherung des Klägers handelt es sich nicht um als Altersvorsorge staatlich gefördertes
Vermögen. Seine Lebensversicherung ist auch nicht aus gesetzessystematischen oder verfassungsrechtlichen
Gründen einer geförderten Altersvorsorge gleichzusetzen (3).
- Eine Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung des Klägers als Vermögen nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II
kommt nicht in Betracht. Der Kläger ist weder von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
befreit worden, noch ist er einer Person, die diese Voraussetzungen erfüllt, gleichzustellen (4).
- Seine Lebensversicherung ist auch nicht deswegen vom Vermögen abzusetzen, weil sie mit einem
Verwertungsausschluss iS des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II belegt wäre (5).
- Die Voraussetzungen der beiden Auffangtatbestände des § 12 SGB II werden im vorliegenden Fall ebenfalls nicht
erfüllt. Ein Schutz des Lebensversicherungsvermögens wegen des Vorliegens einer besonderen Härte bei Verwertung
des Vermögens (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II) kommt hier ebenso wenig in Betracht (6) wie wegen des
Vorliegens einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II (7).
- Schulden und Kontosalden sind bei der Ermittlung des verwertbaren Vermögens nicht zu berücksichtigen (8).
- Der Kläger kann sich auch weder auf ein geschütztes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage vor dem 1.
Januar 2005 bzw den Werterhalt seiner Lebensversicherungen, noch auf einen Anspruch auf Existenzsicherung
berufen, um einen Leistungsanspruch nach dem SGB II zu begründen (9).
11
(1) Die Beklagte ist auch weiterhin beteiligtenfähig (zur Beteiligtenfähigkeit s zuvor: Bundessozialgericht (BSG) BSGE
97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwar mittlerweile durch Urteil vom 20.
Dezember 2007 (2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 - NZS 2008, 198) § 44b SGB II als mit Art 28 und 83 GG
unvereinbar erklärt. Die gemäß § 44b SGB II gebildeten Arbeitsgemeinschaften können jedoch für eine Übergangszeit
bis zum 31. Dezember 2010 (BVerfG, aaO, RdNr 207) weiterhin auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden.
12
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26. September 2005, mit dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II abgelehnt hat. In der Sache ist demnach über Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 1. Januar 2005 zu entscheiden. In der Regel erstreckt sich der streitige
Zeitraum in Fällen ablehnender Verwaltungsentscheidungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG (vgl
BSG Urteile vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R und vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200
§ 12 Nr 4, vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 3 RdNr 19). Da hier das LSG jedoch
ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, kommt es insoweit maßgeblich auf den Zeitpunkt an, zu dem die
Geschäftsstelle des Gerichts die angefochtene Entscheidung an die Beteiligten abgesandt hat (vgl BSG SozR 1500 §
124 Nr 5; s auch SozR 1750 § 551 Nr 8; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl, 2005, § 124
RdNr 4b und Keller, aaO, § 62 RdNr 7d). Streitiger Zeitraum ist mithin der vom 1. Januar 2005 bis zum 5. September
2006.
13
Nach § 7 Abs 1 SGB II (hier idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl I 2003,
2954) - die Änderung des § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl I 558) ist im konkreten Fall nicht von Bedeutung)
erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben, 2. erwerbsunfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Der Kläger ist nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig iS
von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und
den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu
berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen,
insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
14
Der Kläger konnte im streitigen Zeitraum seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen sichern. Er verfügte über
verwertbares Vermögen in Form einer Lebensversicherung. Für den nach § 12 Abs 4 Satz 2 SGB II maßgeblichen
Zeitpunkt bei Antragstellung fehlt es zwar an Feststellungen des LSG zur Höhe des Wertes des Vermögens, denn
Substanz- und Verkehrswert werden im Urteil des LSG nicht benannt. Es steht allerdings fest, dass der Kläger im
August 2005 24.497,66 EUR an Beiträgen eingezahlt hatte und der Rückkaufswert 26.043,40 EUR betrug. Für Mai
2004 wurde der Rückkaufswert mit 23.041 EUR angegeben. Danach kann davon ausgegangen werden, dass der
Rückkaufswert der Lebensversicherung die Summe der eingezahlten Beiträge überstieg oder allenfalls unerheblich
niedriger war. Damit verfügte der Kläger über einen Vermögensgegenstand mit einem Rückkaufswert = Verkehrswert
iS des § 12 Abs 4 Satz 1 SGB II (s BSG Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 66/06 R, RdNr 20, 22), den er
zumutbar zur Sicherung seines Lebensunterhalts einsetzen konnte (s hierzu unter 7 im Einzelnen).
15
(2) Der Wert der Lebensversicherung des Klägers überschritt im streitigen Zeitraum die Freibetragsgrenzen nach § 12
Abs 2 Nr 1 und 4 SGB II und war damit oberhalb dieser Grenzen grundsätzlich zumutbar verwertbares Vermögen zur
Sicherung seines Lebensunterhalts (vgl hierzu BSG vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 66/06 R, RdNr 18 zur
Berücksichtigung nur des die Angemessenheitsgrenze überschreitenden Wertes eines Pkw als zumutbar verwertbares
Vermögen).
16
Nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II (idF des Viertes Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und
anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl I 2902) sind vom Vermögen abzusetzen: ein Grundfreibetrag in Höhe
von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber
jeweils 4.100 EUR; der Grundfreibetrag darf für den volljährigen Hilfebedürftigen und seinen Partner jeweils 13.000
EUR nicht übersteigen. Hieraus folgt: Grundsätzlich ist der Teil eines Vermögensgegenstand zumutbar verwertbar,
dessen Wert diese Freibetragsgrenze überschreitet. Hinzu kommt jedoch noch ein weiterer Freibetrag von 750 EUR
für notwendige Anschaffungen für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen. Im konkreten Fall ergibt
sich hieraus ein Freibetrag von insgesamt: 11.350 EUR (= (53 Lebensjahre x 200 EUR =) 10.600 EUR + 750 EUR).
Unabhängig von den nicht hinreichenden Feststellungen des LSG zum Wert des Vermögens zum Zeitpunkt der
Antragstellung kann aus den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts jedoch gefolgert werden, dass das
Vermögen des Klägers zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall die Freibetragsgrenzen überschritt. Der Kläger verfügte
über eine Lebensversicherung, deren Rückkaufswert im Mai 2004 23.041 EUR und im August 2005 26.043,40 EUR
betrug. Unentschieden kann dabei in dem hier behandelten Zusammenhang bleiben, inwieweit die Erhöhungen der
Freibetragsgrenze des § 12 Abs 2 Satz 1 SGB II durch das Lebensalter und die Veränderung in der Höhe des
Freibetrags durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I
1706) Einfluss auf die konkrete Höhe des Anteils am Vermögen haben, der der Verwertung unterliegt. Der
Rückkaufswert der Lebensversicherung überschritt im streitigen Zeitraum auch diese veränderten Freibetragsgrenzen.
17
Soweit der Kläger geltend macht, der Freibetrag für vor dem 1. Januar 1948 Geborene betrage nach der
Übergangsvorschrift des § 65 Abs 5 SGB II 520 EUR anstelle von 200 EUR, folgt hieraus für ihn kein höher
Freibetrag. Er ist 1951 geboren. Eine grundrechtswidrige Ungleichbehandlung der vor dem 1. Januar 1948 geborenen
Hilfebedürftigen gegenüber den Jüngeren vermag der Senat im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht
festzustellen. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art 3 Abs 1 GG liegt insoweit
nicht vor.
18
Die Unterscheidung zwischen jüngeren und älteren Hilfebedürftigen erfolgt hier an Hand des Stichtags der Geburt (vor
dem 1. Januar 1948). Dieses ist nicht zu beanstanden, auch nicht unter dem vom Kläger geltend gemachten
Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (s zur Stichtagsregelung auch BSG, Urteil vom 23. Januar 2008 - B 10 EG
5/07 R mwN). Ist wie hier eine Übergangsregelung vorhanden, so führt die Wahl des Zeitpunktes zumindest dann nicht
zur Verfassungswidrigkeit, wenn sie sich am gegebenen Sachverhalt orientiert und auch im Hinblick auf das System
der Gesamtregelung gerechtfertigt ist (vgl Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des
Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 146, 147). So liegt der Fall hier. Die Wahl des für die Zubilligung von
Vertrauensschutz gewählten Lebensalters im Rahmen des § 65 Abs 5 SGB II entspricht demjenigen, das auch bei der
übergangsweisen Weitergeltung der Vorschriften über die Gewährung von Renten wegen Arbeitslosigkeit zugrunde
gelegt worden ist. Das vom Gesetzgeber gewählte Lebensalter von 55 Jahren selbst stellt - wie das BSG zu der
rentenrechtlichen Übergangsregelung in § 237 SGB VI im Einzelnen ausgeführt hat (BSGE 92, 206 = SozR 4-2600 §
237 Nr 1; BSG Urteil vom 7. Juli 2004 - SozR 4-2600 § 237 Nr 3; BSG Urteil vom 5. August 2004 - B 13 RJ 40/03 R -
SozR 4-2600 § 237 Nr 6) - jedoch eine sachgerechte Differenzierung dar, weil sich ab diesem Alter die Chancen auf
einen neuen Arbeitsplatz zunehmend verschlechtern und folglich auch die Vermögenssicherung erschwert wird (vgl
die Ausführungen in den Parallelsachen BSG Urteile vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 56/06 R und B 14 AS 27/07 R;
ferner zur Alhi bereits BSG Urteil vom 28. November 2007 - B 11a AL 59/06 R; s auch Gesetzesbegründung im
Rahmen der Einführung des § 3 Abs 2a SGB II: BT-Drucks 16/7460 S 12 - die über 58jährigen gelten unter den
Bedingungen des § 53a Abs 2 SGB II sogar nicht mehr als arbeitslos).
19
(3) Die Lebensversicherung des Klägers ist auch nicht mit dem diese Freibeträge überschießenden Anteil (vgl zur
Kumulation der Freistellungen nach § 12 Abs 2 und Abs 3 SGB II: BSG Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS
66/06 R; s auch Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 36) in Höhe des nach Bundesrecht
ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens oder diesem gleichzustellenden Vermögen vor der Verwertung
geschützt iS des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II.
20
Nach § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht
ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden
Altersvorsorgebeiträge, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwertet.
Altersvorsorgevermögen in diesem Sinne ist in jedem Fall solches, das nach § 10a oder dem XI. Abschnitt des
Einkommensteuergesetzes (EStG) gefördert wird (s auch Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr
44; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 12 RdNr 19; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand II/07, § 12 RdNr
141). In der Begründung des Gesetzentwurfs für das SGB II wird insoweit ausdrücklich auf die "Riester-Anlageformen"
(BT-Drucks 15/1516 S 53) hingewiesen. Ob auch andere Vorsorgeformen von der Regelung erfasst werden (vgl hierzu
Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand II/07, § 12 RdNr 143; Radüge in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 12 RdNr
6; Mecke, SozSich 2003, 167, 171) kann hier dahinstehen. Bei der vom Kläger abgeschlossenen Lebensversicherung
handelt es sich jedenfalls nicht um nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen.
Erforderlich ist insoweit nach geltendem Recht zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 Altersvorsorgeverträge-
Zertifizierungsgesetz ((AltZertG) vom 26. Juni 2001, BGBl I 1310, 1322) durch die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liegt. Das ist hier nicht der Fall.
21
Der Kläger ist auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung im Hinblick auf die von ihm gehaltene
Lebensversicherung denjenigen Personen gleichzustellen, die über eine den Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 2
SGB II entsprechende Altersvorsorge verfügen. Die Privilegierung des nach Bundesrecht ausdrücklich als
Altersvorsorge geförderten Vermögens gegenüber anderen Anlageformen wie einer Kapitallebensversicherung stellt
keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG dar. Sie setzt vor allem voraus, dass die
Bestimmung von Vermögenswerten zur Alterssicherung vom Inhaber nicht ohne weiteres geändert werden kann.
22
Im Gegensatz zur üblichen Kapitallebensversicherung erfolgt die staatliche Förderung der Sicherungsformen des § 12
Abs 2 Nr 2 SGB II im Übrigen nur dann, wenn sie grundsätzlich zertifiziert sind und ihre Zweckbestimmung zur
Altersvorsorge öffentlich überwacht wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die Versicherung auch tatsächlich der
Altersvorsorge dient und nicht, wie bei "einfachen" Kapitallebensversicherungen möglich, das "angesparte" Kapital
jeder Zeit zur Deckung eines auftretenden Bedarfs herangezogen werden kann. Demselben Ziel dient das in § 12 Abs
2 Nr 3 SGB II geregelte Verbot der vorzeitigen Verwertung.
23
Der Einwand des Klägers, ihm sei es im Jahre des Vertragsschlusses der Lebensversicherung - 1980 - noch nicht
möglich gewesen, eine Altersvorsorge iS des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II abzuschließen, vermag dieses an der
Bewertung der Rechtslage nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass auch im Jahre 2002 noch die Möglichkeit einer,
wenn auch niedrigeren Absicherung durch eine staatlich geförderte Zusatzaltersvorsorge bestanden hätte, wird der
Tatsache, dass ältere Leistungsempfänger eine weitergehende Altersvorsorge nicht mehr aufbauen können, durch die
an das Lebensalter gekoppelten Freibetrags- und Schonvermögensgrenzen in § 12 SGB II Rechnung getragen. Zudem
ist zu bedenken: Da der Kläger gesetzlich rentenversichert war, hat er von dem bis zum Jahre 2002 bestehenden
höheren Rentenniveau profitiert. Dessen Absenkung sollte durch das Altersvermögensgesetz (AVmG), also die
Einführung der Riesterrente abgefedert werden. Dass der Kläger nach seinem Vortrag im Revisionsverfahren bereits
zu einem früheren Zeitpunkt offensichtlich nur noch in geringerem Umfang Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet hat, ist Teil seiner individuellen Erwerbsbiographie. Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet
werden, das von ihm ab 1980 angesparte Vermögen der Lebensversicherung müsse unter
Gleichbehandlungsgesichtspunkten den Sicherungsformen des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II gleichgesetzt werden.
24
(4) Auch eine Verschonung der Lebensversicherung aus Gründen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II kommt nicht in
Betracht. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen vom Inhaber als für die
Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige
Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Der
Kläger unterfällt nicht dem Personenkreis derjenigen, die eine Privilegierung ihres Vermögens nach § 12 Abs 3 Satz 1
Nr 3 SGB II in Anspruch nehmen können. Er ist nicht nach §§ 6, 231 (231a) Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit und unterlag auf Grund seiner
abhängigen Beschäftigungen während seines gesamten Erwerbslebens immer der Versicherungspflicht in der
gesetzlichen Rentenversicherung.
25
Der Kläger ist auch nicht dem in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II benannten Personenkreis aus
Gleichbehandlungsgesichtspunkten gleichzustellen. Die Privilegierung des für die Altersvorsorge bestimmten
Vermögens eines von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Befreiten gegenüber sonstigen
Sicherungsformen von Personen, die der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlagen,
stellt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG dar, weil die Unterschiede zwischen den
beiden Gruppen von Normadressaten im Hinblick auf die von ihnen gewählten Versicherungsformen die
Differenzierung rechtfertigen (vgl hierzu im Einzelnen Urteil des erkennenden Senats vom 15. April 2008, B 14/7b AS
68/06 R).
26
(5) Ebenso wenig kann der Kläger sich auf einen Schutz des Lebensversicherungsvermögens nach § 12 Abs 2 Nr 3
SGB II berufen. Nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II (idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004, BGBl I 2902) sind vom Vermögen abzusetzen
geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf
Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 EUR je
vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners bzw seit dem 1. August 2006 250
EUR, höchstens 13.000 EUR bzw seit dem 1. August 2006 16.250 EUR nicht übersteigt (Änderung zum 1. August
2006 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl I 1706).
Der Kläger hat keinen entsprechenden Verwertungsausschluss iS des § 165 Abs 3 Versicherungsvertragsgesetzes
(VVG - idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I
2954) vertraglich vereinbart.
27
Der Einwand des Klägers, er habe keinen Verwertungsausschluss vereinbaren können, weil er nicht wisse, ob er die
Lebensversicherung verwerten müsse, greift nicht durch. Der Kläger konnte während des streitgegenständlichen
Zeitraumes frei über das Kapital der Versicherung verfügen (vgl BSG Urteil vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS
63/06 R). Er muss sich insoweit auf die Möglichkeit verweisen lassen, die Lebensversicherung zu beleihen und seinen
Lebensunterhalt bis zum Ausgang des Verfahrens von den Darlehensbeträgen zu bestreiten. Die Beleihung einer
Versicherung stellt eine Form der Verwertung dar (Radüge in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 12 RdNr 40). Sie mindert
den Rückkaufswert und kann dementsprechend zu einem Unterschreiten der Vermögensfreibetragsgrenze und damit
zur Hilfebedürftigkeit führen. Bereits aus diesem Grunde greift auch sein weiterer Vortrag nicht durch, eine
Teilkündigung der Lebensversicherung sei vertraglich ausgeschlossen, der im Übrigen erstmals im Revisionsverfahren
und damit verspätet dargebracht worden ist.
28
Der durch § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II statuierte Zwang, die Verwertung der Lebensversicherung bis zum Eintritt in den
Ruhestand auszuschließen bzw nicht zu verwerten, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine
Eigentumsverletzung wird dadurch nicht begründet. Art 14 Abs 1 GG schützt nicht das Vermögen als solches,
sondern setzt Beeinträchtigungen im Sinne einer Entziehung der Eigentumsposition oder einer rechtlichen
Beschränkung der Nutzung, Verfügung oder Verwertung voraus. Eine direkte Beeinträchtigung durch die Verknüpfung
des Vermögensschutzes in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II mit dem Verwertungsausschluss nach § 165 VVG ist - bezogen
auf die Lebensversicherungen - jedenfalls zu verneinen. Der Verwertungsausschluss des § 165 VVG unterliegt einer
privatrechtlichen Vereinbarung. Der Kläger ist nicht gezwungen, die Verwertung auszuschließen. Er kann die
Lebensversicherung jederzeit nutzen oder sie verwerten, allerdings muss er sie sich dann oberhalb der Grenzen der
Freibeträge nach § 12 Abs 2 Nr 1 und Nr 4 SGB II als bedarfsdeckendes Vermögen zurechnen lassen und erhält,
solange die Freibetragsgrenzen durch dieses Vermögen überschritten werden, keine Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts. Wie bereits der 7. Senat des BSG zur Alhi entschieden hat, kann die Nichtgewährung einer
bedürftigkeitsabhängigen Leistung jedoch nicht alleine wegen des damit automatisch verbundenen Zwangs zur
Verwertung von Eigentum und Vermögen dem Schutzbereich des Art 14 GG unterstellt werden. Ob ein Eingriff in das
Eigentum vorliegt, beurteilt sich dann nur nach der Rechtsposition, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Anspruch -
hier dem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ergibt (vgl BSG Urteil vom 27. Januar 2005 -
B 7a/7 AL 34/04 R).
29
Zwar können auch indirekte Einwirkungen auf die Nutzung, Verfügung und Verwertung von Eigentumspositionen von
Art 14 Abs 1 GG erfasst werden (vgl nur Wendt in Sachs, GG, 4. Aufl 2007, Art 14 RdNr 52 f mwN). Selbst wenn man
annehmen wollte, der Kläger werde indirekt gezwungen, einen Verwertungsausschluss iS des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II
zu vereinbaren, um sein Vermögen zu schützen und einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zu realisieren,
so ist ein solcher Eingriff gleichwohl iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG unbedenklich.
30
Regelungen, die zu Eingriffen in eigentumsrechtlich geschützte Positionen führen, sind zulässig, wenn sie durch
Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt
sind. Dabei müssen die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein, insbesondere
dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl Spellbrink in
Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 41). Ziel des § 12 Abs 2 SGB II
ist es, Vermögen vor der Verwertung zur Sicherung des Lebensunterhalts zu schützen, allerdings vor dem Hintergrund
des Grundsatzes der Subsidiarität der steuerfinanzierten Leistungen des SGB II. Dem Hilfebedürftigen soll ein
gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben und andererseits soll er seinen
Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln, unabhängig von Grundsicherungsleistungen, bestreiten (vgl auch Mecke in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 7). Da die Leistungen nach dem SGB II in der Regel nur für eine
vorübergehende Zeit gewährt werden sollen, schützt § 12 SGB II vor einem wirtschaftlichen Ausverkauf der
erarbeiteten Vermögenswerte. Dieses gilt insbesondere für die Alterssicherung. § 12 SGB II ist getragen von dem
Gedanken, dass neben oder statt der gesetzlichen Alterssicherung aufgebaute Vorsorge erhalten bleiben soll, trotz
vorübergehender Arbeitslosigkeit verbunden mit Hilfebedürftigkeit. Vor diesem Hintergrund ist der mit dem Versicherer
vertraglich zu vereinbarende Verwertungsausschluss bis zum Eintritt in den Ruhestand auch geeignet und erforderlich,
den Erhalt zu gewährleisten. Zum einen kann das geschützte Vermögen dadurch nicht zu anderen Zwecken
verwendet werden. Zum anderen wird es geschützt, denn grundsätzlich ist Vermögen oberhalb der Freibetragsgrenzen
zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Der damit verbundene Eingriff in der Gestalt der Bindung des Vermögens für einen
gewissen Zeitraum ist auch angemessen. Der Hilfebedürftige geht des Vermögens nicht verlustig, sondern es wird bis
zum Eintritt in den Ruhestand gebunden und steht ihm dann entsprechend dem Ziel des § 12 SGB II im Alter zur
Verfügung.
31
Gleichermaßen scheidet eine Verletzung des durch Art 2 Abs 1 GG gewährleisteten Grundrechts der freien
Persönlichkeit sowie der durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützten wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit aus.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG fällt unter dem Schutzbereich dieses Grundrechts die Freiheit, innerhalb der
Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung zu tun und zu lassen, was die Rechte anderer nicht verletzt.
Verfassungsmäßige Ordnung iS des Art 2 Abs 1 GG ist die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell der
Verfassung gemäß sind (vgl nur BVerfG Urteil vom 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - BVerfGE 6, 32, 36 ff). Das SGB
II stellt ein diesem Gesetzesvorbehalt entsprechendes und den Eingriff rechtfertigendes Gesetz dar. Die Freiheit des
Hilfebedürftigen ist zusätzlich durch das gegenläufige Interesse der Steuerzahler, nicht in Anspruch genommen zu
werden solange der Hilfebedürftige noch über eigenes Vermögen verfügt, begrenzt.
32
(6) Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II sind ebenfalls nicht
erfüllt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen, Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den
Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen
unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl BSG Urteil vom 8. Februar 2007 -
B 7a AL 34/06 R RdNr 13 mwN). Nach der Rechtsprechung des 11b. Senats des BSG (Urteil vom 16. Mai 2007 - B
11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 4) - der sich der erkennende Senat anschließt - richtet es sich nach den
Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II auszugehen
ist. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über
das Schonvermögen (§ 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung idF vom 20.
Oktober 2004 (Alg II-V)) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden (vgl Mecke in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 87). § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II setzt daher voraus, dass die
Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit
der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (etwa die Betreuungspflege bedürftiger Personen, vgl
Nachweise bei Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 12 RdNr 55 ff; auch Behrend in jurisPK-SGB II, 2005, § 12 RdNr
52). Nach den Gesetzesmaterialien liegt ein Härtefall iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II zB dann vor, wenn
ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen muss,
obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (BT-Drucks 15/1749 S 32). Nach
den Vorstellungen des Gesetzgebers im Beispielsfall ist mithin nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen
Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit der Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3
Nr 6 SGB II darzustellen. Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende
Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen.
33
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen einer besonderen
Härte ausgeschlossen. Eine Privilegierung der Lebensversicherung des Klägers kommt auch im Rahmen des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn sie tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt
ist (vgl oben unter 4). Insoweit und im Hinblick auf die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des §
12 Abs 3 Nr 3 SGB II gilt hier nichts anderes als für das dort geschützte Vermögen. Von daher ist es erforderlich,
dass der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich
verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (vgl nur BSG, Urteil vom
25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - SozR 4-4220 § 6 Nr 2; Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr 39; Spellbrink ZfS 2000,
193, 201 ff). Das LSG hat insoweit festgestellt, dass die Lebensversicherung als Vorsorge für das Alter bestimmt war.
Allerdings weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die vorzeitige Verwertung der Lebensversicherung
allein keine besondere Härte darstellt. Weitere besondere Umstände iS der vorgehenden Ausführungen hat es nicht
festgestellt. Dieses hat der Kläger auch nicht mit zulässigen Rügen angegriffen. So war der Kläger zum Zeitpunkt der
Beantragung von Leistungen nach dem SGB II erst 53 Jahre alt, stand also noch nicht kurz vor dem Ausscheiden aus
dem Erwerbsleben und war noch nicht ohne Chance auf weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit.
Soweit der Kläger in seinem Revisionsvorbringen auf Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen
Rentenversicherung wegen Arbeitslosigkeit hinweist, macht er keine atypische Erwerbsbiographie geltend. Wegen
solcher Lücken wird der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezugs bei
Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Die
ebenfalls vom Kläger erwähnte Schwerbehinderung wird von ihm nicht in einen Zusammenhang mit Lücken im Aufbau
der Rentenanwartschaften gestellt.
34
Der Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes bei Verwertung der Lebensversicherung stellt keinen eine besondere
Härte begründenden Umstand dar. Ob ein solcher mitversichert ist, ist nach der zutreffenden Ansicht des LSG im
SGB II kein vermögensrelevanter Gesichtspunkt. Das Risiko der gesundheitsbedingten Erwerbsminderung wird
grundsätzlich durch die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckt.
35
(7) Die Verwertung der Lebensversicherung ist für den Kläger auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12
Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II. Zwar fehlt es an hinreichenden Feststellungen des LSG zum Substanz- und
Verkehrswert der Lebensversicherung des Klägers. Aus den vom LSG benannten Daten kann jedoch mit
hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass weder zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch im
Entscheidungszeitpunkt das Tatbestandsmerkmal der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit erfüllt war.
36
Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 6. September 2007 (B 14/7b AS 66/06 R) ausgeführt hat, war der
Ausnahmetatbestand der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung bereits im ursprünglichen
Gesetzentwurf des SGB II vom 5. September 2003 in § 12 Abs 2 Nr 6 SGB II enthalten (BT-Drucks 15/1516 S 12). In
den Gesetzesmaterialien ist zur Begründung ausgeführt, dass die Berücksichtigung von Vermögen - anders als die
Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 11 SGB II - in § 12 SGB II im Wesentlichen wie im bisherigen Recht der
Alhi geregelt werden soll (BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 12; vgl bereits oben unter 1). Dort waren nach § 1 Abs 3 Nr 6
Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV 2002) (vom 13. Dezember 2001, BGBl I 3734) als Vermögen nicht zu
berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Die Anknüpfung der
offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II an das Recht der Alhi bedeutet zugleich, dass
zu dessen Inhaltsbestimmung nicht auf das bisherige Sozialhilferecht zurückgegriffen werden kann. Weder in § 88
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) noch in § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) war oder ist ein
Tatbestand enthalten, der § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 bzw § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II entspricht. Das
Sozialhilferecht kannte und kennt ein Verwertungsverbot bei offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht.
Zur Bestimmung des Begriffs der Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II kann daher auch nicht
auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zurückgegriffen werden, die ausschließlich zu dem
Begriff der "Härte" ergangen ist (vgl jetzt § 90 Abs 3 SGB XII bzw früher § 88 Abs 3 BSHG; vgl beispielsweise
BVerwGE 106, 105, 110; 121, 34, 35 ff). Im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II ist die Wirtschaftlichkeit der
Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstandes ausschließlich nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Dies
folgt bereits aus der Notwendigkeit einer Abgrenzung dieses Tatbestandsmerkmals zur besonderen Härte iS der 2.
Alternative des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nach der
Rechtsprechung des BSG zur Alhi dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis
zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr
133/88, DBlR 3785a, § 137 AFG; BSG, Urteil vom 24. April 2002 - B 11 AL 69/01 R, DBlR 4750a, AFG/137).
Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der
Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (zur Alhi BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7). Hinsichtlich der
Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers
abzustellen (zum Recht der Alhi vgl Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr
208). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat.
Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB
II, 2005, § 12 RdNr 84). Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten
Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung. Welche Verlustgrenze im Einzelnen zur
offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt, kann hier dahin stehen. Der 11b. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom
23. November 2006 (B 11b AS 17/06 R, RdNr 24 am Ende) angedeutet, dass er Verluste von mehr als 10 % als noch
im Bereich des Wirtschaftlichen liegend betrachten würde. Der erkennende Senat hat die Grenze der offensichtlichen
Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II mit einem Verlust von 12,9 % noch nicht als erreicht
angesehen. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass der Substanzwert einer Lebensversicherung nicht nur darin
besteht, dass Beiträge einbezahlt wurden, sondern dass zugleich mit einer Lebensversicherung eine Chance bzw
Anwartschaft auf eine wesentlich höhere Gesamtsumme im Fall der Auszahlung bzw der Rentenzahlung verbunden
ist. Ob ein Verlust von 18,5 % (bei rein isolierter Betrachtung des Verhältnisses von eingezahlten Beträgen und
Rückkaufswert) noch im Bereich der Wirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II liegt, wurde als
zweifelhaft angesehen.
37
Im vorliegenden Fall hat das LSG die Höhe der eingezahlten Beiträge zwar im Zeitpunkt der Antragstellung im
Dezember 2004 nicht festgestellt. Im August 2005 waren allerdings 24.497,66 EUR an Beiträgen vom Kläger
eingezahlt und der Rückkaufswert betrug 26.043,40 EUR. Für Mai 2004 wurde der Rückkaufswert mit 23.041 EUR
angegeben. Inwieweit es nach dem Sinn und Zweck des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II geboten ist, bei der
Bestimmung des Substanzwertes nicht bzw nicht nur auf die eingezahlten Beträge (Anschaffungskosten) abzustellen,
sondern auf das bereits erreichte Garantiekapital nebst gesicherter Überschussbeteiligung, kann hier offen bleiben.
38
Die Verwertung der Lebensversicherung des Klägers ist nämlich nach den zuvor aufgezeigten Grundsätzen in jedem
Fall nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung lag schon im Mai 2004 mit
23.041 EUR nur 5,95 % unter den eingezahlten Beträgen, welche erst im August 2005 24.497,66 EUR betrugen. Im
August 2005 lag der Rückkaufswert mit 26.043,40 EUR schon darüber. Berücksichtigt man die vom Kläger
behauptete Überschussbeteiligung in Höhe von 12.253 EUR nebst Garantiekapital in Höhe von 17.166 EUR, ergibt
dies kein anderes Ergebnis. Bei einem Rückkaufswert in Höhe von 26.043,40 EUR zum 1. August 2005 läge der
Verkaufsverlust bei 11,48 %, was nach den vorhergehenden Ausführungen als noch wirtschaftlich gelten muss.
39
(8) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das LSG seine Prüfung bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit auf
das Kapitalvermögen des Klägers beschränkt und die Schulden bei seiner Mutter in Höhe von 10.000 EUR sowie den
Kontosaldo Ende Dezember 2004 in Höhe von circa 3.062,67 EUR außer Betracht gelassen hat. Den Vorgaben der
Gesetzesbegründung folgend (BT-Drucks 15/1516 S 46, 53 (zu § 12)) kann in diesem Zusammenhang auf die zur Alhi
entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Danach erfordert auch die Bedürftigkeitsprüfung im SGB II keine
Saldierung aller Aktiva und Passiva. Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen
soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat. Die Berücksichtigung von
Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte ist allenfalls geboten, wenn eine
Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf ein Grundstück eingetragene
Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann.
Anhaltspunkte dafür, dass die Schulden des Klägers bei seiner Mutter bzw gegenüber der Bank bei wirtschaftlicher
Betrachtung mit seinem Kapital in Form der Lebensversicherung in Verbindung stehen, sind nicht ersichtlich.
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(9) Soweit der Kläger geltend macht, er sei in seinem Vertrauen auf den Werterhalt seiner Lebensversicherung zu
schützen, ist nicht zu erkennen, worauf er dieses Vertrauen gründet. Selbst wenn man in § 12 SGB II eine
rückwirkende Norm sehen wollte, sind die Grenzen des verfassungsrechtlich begründeten Vertrauensschutzes dort zu
ziehen, wo sich eine Änderung der Rechtslage nicht ergeben hat. So liegt der Fall hier. Im Hinblick auf die im
vorliegenden Fall anzuwendende Rechtslage steht § 12 SGB II mit dem Schutz des Vermögens, insbesondere des
Altersvorsorgevermögens nicht hinter § 1 AlhiV 2002 vom 23. Dezember 2002 (gültig vom 1. Januar 2003 bis 31.
Dezember 2004 - BGBl I 4607) zurück. Im Gegenteil, § 12 SGB II bietet neben dem zusätzlichen Freibetrag von 750
EUR für notwendige Anschaffungen mit seinem Abs 2 Nr 3 (Verwertungsausschluss) und Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II
(besondere Härte) einen über § 1 AlhiV hinausgehenden Verwertungsausschluss. Auch mit der zuvor dargelegten
Rechtsprechung greift der Senat auf die Grundlagen des Arbeitslosenhilferechts zurück, insbesondere soweit es die
offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung angeht (s unter Ziff 7). Da der Kläger in Form seiner
Lebensversicherung über verwertbares Vermögen verfügt und hierdurch (zB durch eine Beleihung) sein aktueller
Lebensunterhalt gesichert ist, stehen ihm existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II nicht zu.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.