Urteil des BSG vom 28.05.2008

BSG (betriebskosten, psychotherapie, höhe, wiedereinsetzung in den vorigen stand, berechnung, betrag, praxis, vergütung, versorgung, ermittlung)

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 28.5.2008, B 6 KA 49/07 R
Vertragspsychotherapeut - angemessene Höhe der Vergütung für zeitgebundene und
genehmigungspflichtige Leistungen - Rechtsmäßigkeit bzw -widrigkeit des
Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005
Tatbestand
1 Streitig ist die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Quartalen
I/2000 bis III/2000.
2 Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) bewilligte ihm für das Jahr
2000 ursprünglich Honorarbeträge von 26.000 DM, 39.200 DM bzw 33.300 DM für
abgerechnete Leistungsmengen von 366.000, 512.000 bzw 435.000 Punkten. Diese
Honorare beruhten auf Punktwerten von 6,8598/7,3949 Pf (3,5074/3,7810 Cent - Quartal
I/2000, Primär-/Ersatzkassen) bzw 7,6672 Pf (3,9202 Cent - Quartale II/2000 und III/2000) für
zeitgebundene und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen nach
Abschnitt G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen
(EBM-Ä) in der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung (aF) - im Folgenden kurz:
"Psychotherapie-Punktwerte" - sowie auf Punktwerten zwischen 4,2372 Pf (2,1664 Cent)
und 7,6672 Pf (3,9202 Cent) für die übrigen Leistungen. Die Widersprüche des Klägers mit
dem Ziel einer höheren Honorierung blieben - von einer Nachvergütung über 1.807 DM nach
Anwendung eines Psychotherapie-Punktwerts von 7,6672 Pf auch für das Quartal I/2000
abgesehen - ohne Erfolg.
3 Das Sozialgericht (SG) hat die noch im Jahr 2001 erhobenen Klagen auf Antrag der
Beteiligten zunächst zum Ruhen gebracht. Im weiteren Verlauf hat der
Bewertungsausschuss aufgrund einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom
28.1.2004 seinen Beschluss vom 16.2.2000 "zur Festlegung der angemessenen Vergütung
ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs
4a SGB V" aufgehoben und durch eine am 18.2.2005 bekannt gemachte Neuregelung
ersetzt. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte für das Jahr 2000 einen Psychotherapie-
Punktwert von nunmehr 4,7294 Cent (9,2499 Pf) errechnet und dem Kläger
Nachvergütungen für die in den Quartalen I/2000 bis III/2000 erbrachten zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen in Höhe von insgesamt 8.683
Euro bewilligt, die Punktwerte für die übrigen Leistungen hingegen unverändert belassen
(Abrechnungsergänzungsbescheid vom 11.7.2005) . Der Kläger ist der Ansicht gewesen,
auch der neue Beschluss des Bewertungsausschusses sowie die geänderten
Honorarbescheide trügen dem Anspruch auf angemessene Vergütung der
psychotherapeutischen Leistungen nicht hinreichend Rechnung, und hat die zur
gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren fortgeführt.
4 Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 4.7.2007 - in juris dokumentiert) . Der neue
Beschluss des Bewertungsausschusses sei nicht zu beanstanden, denn er sei geeignet, ein
angemessenes Honorar der ärztlichen und nichtärztlichen Psychotherapeuten
sicherzustellen. Der von diesen erreichbare Überschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit
entspreche ungefähr demjenigen einer vergleichbaren Arztgruppe - hier der
Allgemeinmediziner. Die vom Kläger dagegen vorgebrachten Einwendungen seien nicht
berechtigt. Insbesondere habe der Bewertungsausschuss Besonderheiten von Job-sharing-
Praxen und von Gemeinschaftspraxen nicht berücksichtigen müssen. Auch die Rüge
unzulässiger Herausrechnung der Honorare für Leistungen der Kapitel O und U EBM-Ä aF
sowie aus Verträgen nach § 63 SGB V greife nicht durch. Insoweit liege keine Beschwer des
Klägers vor, weil die Beklaget in der mündlichen Verhandlung dargelegt habe, dass sie bei
der Umsetzung der Mindestpunktwertberechnung alle mit Punktzahlen bewerteten
Vergütungen aus Sonderverträgen und auch die Honoraranteile der Laborvergütungen
einbezogen habe. Die Nichtberücksichtigung reiner Kostenerstattungen sei dadurch
gerechtfertigt, dass es sich um pauschalierten Aufwendungsersatz bzw um vertraglich
festgelegte Preise und nicht um Honorare im engeren Sinne handele. Auch die Vorgabe, in
die Berechnung einen festen Betrag von 40.634 Euro als Betriebskosten der
Psychotherapeuten einzustellen, sei nicht zu beanstanden. Der Kläger könne auch nicht mit
seiner Auffassung durchdringen, dass zeitgebundene, aber nicht genehmigungsbedürftige
psychotherapeutische Leistungen - insbesondere probatorische Sitzungen - ebenfalls mit
dem Psychotherapie-Punktwert vergütet werden müssten. Die gesetzliche Regelung, auf
deren Grundlage der Bewertungsausschuss seine Vorgaben getroffen habe, beruhe auf der
Rechtsprechung des BSG, das seinerseits eine solche Verpflichtung nur für die
zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen
aufgestellt habe.
5 Der Kläger, dem Wiedereinsetzung in die von ihm versäumte Frist zur Vorlage der
Zustimmung der Beklagten zur Durchführung des Revisionsverfahrens (§ 161 Abs 1 Satz 3
SGG) gewährt worden ist, rügt mit seiner Revision eine Verletzung von § 85 Abs 4 SGB V
durch die angefochtene Entscheidung. Der neue Beschluss des Bewertungsausschusses
führe nicht zu einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je
Zeiteinheit und sei deshalb mit höherrangigem Recht unvereinbar. Zwar sei der
Bewertungsausschuss aufgrund der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit nicht verpflichtet,
das Berechnungsmodell des BSG zu übernehmen. Unzulässig sei es aber, dieses Modell in
großen Teilen zugrunde zu legen und nur in Teilbereichen jeweils zu Lasten der
psychotherapeutischen Leistungserbringer davon abzuweichen. Bereits das
Berechnungsmodell des BSG beruhe auf Annahmen, welche die Realität zu Ungunsten der
Psychotherapeuten nicht ausreichend widerspiegelten, weil in den dort angesetzten 43
Arbeitswochen Krankheitszeiten der Psychotherapeuten von durchschnittlich 13
Arbeitstagen pro Jahr außer Acht blieben. Vor allem die Berücksichtigung der anfallenden
Betriebskosten der Psychotherapeuten mit einem festen Betrag von nur 40.634 Euro
benachteilige die Psychotherapeuten unverhältnismäßig. Es sei unzulässig, auf Seiten der
Psychotherapeuten einen festen Betrag, bei den zum Vergleich herangezogenen
Arztgruppen hingegen einen prozentualen Betriebskostenanteil zu verwenden. Zudem seien
die in den festen Betriebskostenbetrag eingestellten Personalkosten fehlerhaft berechnet, da
sie nicht auf der Basis des öffentlichen Dienstes, sondern nach dem Tarifvertrag für
Arzthelferinnen ermittelt wurden und die Kosten einer Reinigungskraft völlig unberücksichtigt
ließen. Außerdem sei zu beanstanden, dass bei der Berechnung der Umsätze der zum
Vergleich herangezogenen Arztgruppe bestimmte Honoraranteile ausgenommen würden;
ein sachlich rechtfertigender Grund sei hierfür nicht ersichtlich.
6 Schließlich wendet sich der Kläger auch gegen die Höhe der Punktwerte, welche für die
nicht genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen vergütet wurden; diese
seien in den Quartalen I/2000 bis III/2000 nicht mehr angemessen gewesen, weil sie nicht
einmal ansatzweise dem mit der Leistungserbringung verbundenen Aufwand entsprochen
hätten. Dies gelte unter Berücksichtigung des BSG-Urteils vom 29.8.2007 (B 6 KA 35/06 R)
insbesondere für die Vergütung der Primärkassen-Leistungen im Quartal III/2000 mit einem
Punktwert von lediglich 4,2372 Pf.
7 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 4.7.2007 aufzuheben, die
Abrechnungsbescheide der Beklagten für die Quartale I/2000 bis III/2000 in Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 4.9.2001 und vom 27.11.2001 sowie den
Abrechnungsergänzungsbescheid vom 11.7.2005 abzuändern und die Beklagte zu
verpflichten, über die Festsetzung seines - des Klägers - vertragsärztlichen Honorars für die
Quartale I/2000 bis III/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden.
8 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
9 Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass
die Berechnungsvorgaben des Bewertungsausschusses - insbesondere der feste
Betriebskostenbetrag - tatsächlich zu einer Benachteiligung der psychotherapeutischen
Leistungserbringer führten. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf die
Ergebnisse einer von ihr im Jahr 2006 durchgeführten Erhebung. Eine von ihren Mitarbeitern
versuchte telefonische Kontaktaufnahme mit sämtlichen psychotherapeutischen Praxen
habe ergeben, dass lediglich in 5 % der Praxen Hilfskräfte geantwortet hätten, während bei
den übrigen sich nur ein Anrufbeantworter gemeldet habe. Unter Berücksichtigung dieser
Umstände seien die in die Mindestpunktwertberechnung eingestellten Personalkosten mehr
als ausreichend. Die von ihr für die nicht genehmigungsbedürftigen Leistungen gezahlten
Vergütungen genügten den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen.
10 Die zu 9. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) führt aus, der
Bewertungsausschuss habe mit seinem am 18.2.2005 bekannt gemachten Beschluss von
der ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch
gemacht. Die Rechtsprechung des BSG stehe der Bestimmung eines festen Betrags von
40.634 Euro für die Betriebsausgaben der Psychotherapeuten nicht entgegen. Diese
Festlegung trage dem Umstand Rechnung, dass ein prozentualer Betriebskostensatz
aufgrund regionaler Unterschiede zur Berücksichtigung sehr unterschiedlicher
Betriebsausgaben - zB weniger als 31.000 Euro in Berlin, aber über 47.000 Euro in
einzelnen KÄVen im Westen - geführt hätte und mit dem Modellcharakter der Berechnung
nicht vereinbar gewesen wäre. Die Heranziehung von Daten aus unterschiedlichen Quellen
sei grundsätzlich statthaft. Zudem ermögliche der für Personalkosten eingestellte Betrag von
14.727 Euro die Beschäftigung einer Halbtagskraft nach der für organisatorische und
Schreibtätigkeiten maßgeblichen Vergütungsgruppe IX/VIII des
Bundesangestelltentarifvertrags (BAT). Auch die Bereinigung der Umsätze der
Vergleichsgruppen um bestimmte, nicht für jeden Arzt charakteristische Posten sei im
Rahmen einer typisierenden Betrachtung sachgerecht. Bei den Leistungen des vertraglich
vereinbarten Kapitels U des EBM-Ä aF (Pauschalerstattungen) handele es sich lediglich um
durchlaufende Posten, die bei den Leistungserbringern keine Erträge bewirkten. Die
Laborleistungen des Kapitels O des EBM-Ä aF seien nur ein Annex zur originären
vertragsärztlichen Tätigkeit und somit nicht typisch für das Leistungsspektrum der
Vergleichsgruppe.
11 Der zu 1. beigeladene AOK-Bundesverband schließt sich den Ausführungen der
Beigeladenen zu 9. an. Die übrigen Beigeladenen haben sich im Revisionsverfahren nicht
geäußert. Die Beigeladenen haben im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
12 Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, über die
Honoraransprüche des Klägers für die von ihm in den Quartalen I/2000 bis III/2000
erbrachten zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen
Leistungen erneut zu entscheiden, denn der den angefochtenen Honorarbescheiden
zugrunde liegende Beschluss des Bewertungsausschusses zur Ermittlung der
Psychotherapie-Punktwerte für die Jahre 2000 und 2001 ist zum Teil rechtswidrig. Die für die
sonstigen psychotherapeutischen Leistungen bewilligten Vergütungen sind hingegen nicht
zu beanstanden.
13 Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung höheren
vertragsärztlichen Honorars ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V (hier anzuwenden in der zum
1.1.2000 in Kraft getretenen Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000
vom 22.12.1999, BGBl I 2626) . Danach steht jedem Vertragsarzt - und
gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auch einem zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten - ein Anspruch auf Teilhabe an den von
den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang
der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der
Verteilungsregelungen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) zu. Ergänzende
Regelungen für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen finden sich in § 85 Abs 4
Satz 4 SGB V. Hiernach haben die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben
Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich
psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je
Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmt gemäß § 85 Abs 4a Satz
1 letzter Halbsatz SGB V erstmalig zum 28.2.2000 der Bewertungsausschuss. Ab dem
1.1.2004 gelten diese Vorschriften in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (vom
14.11.2003, BGBl I 2190) ; diese stimmen - abgesehen von der Erweiterung des Kreises der
begünstigten Leistungserbringergruppen - mit der hier anzuwendenden Gesetzesfassung im
Wesentlichen überein.
14 A) Auf der Grundlage der genannten Vorschriften kann der Kläger möglicherweise
zusätzliche Honorare für die von ihm erbrachten zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen beanspruchen. Denn der
Psychotherapie-Punktwert, der dem von der Beklagten erlassenen
Abrechnungsergänzungsbescheid für die hier streitbefangenen Quartale I/2000 bis III/2000
zugrunde liegt und gemäß § 96 Abs 1 SGG für die gerichtliche Überprüfung maßgeblich ist,
wurde auf der Grundlage von Regelungen des Bewertungsausschusses errechnet, die nicht
in allen Punkten mit den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1
SGB V vereinbar sind. Der am 18.2.2005 veröffentlichte "Beschluss gemäß § 85 Abs 4a
SGB V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V in seiner 93.
Sitzung am 29.10.2004, aktualisiert um den Änderungsbeschluss aus der 96. Sitzung" (DÄ
2005, A-457 - abgedruckt auch bei Engelmann [Hrsg], Aichberger Ergänzungsband
Gesetzliche Krankenversicherung/Soziale Pflegeversicherung unter Nr 768b; im Folgenden
kurz: Beschluss vom 18.2.2005) zur Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte ist für die
hier maßgeblichen Zeiträume des Jahres 2000 (dasselbe gilt für 2001) lediglich insoweit
rechtswidrig, als er in Nr 2.2.1.6 iVm Nr 2.3 und Nr 2.4 vorschreibt, dass bei der Ermittlung
des Vergleichsertrags der Allgemeinmediziner im hausärztlichen Versorgungsbereich deren
Einnahmen aus Leistungen nach den Kapiteln O und U des EBM-Ä aF unberücksichtigt
bleiben.
15 1. Nach dem seit 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept des GKVRefG 2000, dessen
Entstehung bereits im Urteil vom 28.1.2004 eingehend dargestellt ist (BSGE 92, 87 = SozR
4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 8) , ist die zuvor in erster Linie von der Rechtsprechung
wahrgenommene Aufgabe der Sicherung einer angemessenen Vergütung für
psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit primär dem Bewertungsausschuss (§ 87 Abs
1 Satz 1 und Abs 3 SGB V) übertragen worden. Dieser soll im Interesse einheitlicher
Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische Leistungen im ganzen Bundesgebiet die
maßgeblichen Vorgaben auf normativer Ebene treffen. Zur Erreichung dieses Ziels hat er
den Inhalt der von der einzelnen KÄV im Rahmen der Honorarverteilung anzuwendenden
Regelungen zur Vergütung der genannten psychotherapeutischen Leistungen vorzugeben;
diese Inhaltsbestimmung bindet die einzelne KÄV. Der Senat hat dazu ausgeführt, dass das
vom Gesetz selbst vorgegebene Normkonkretisierungsprogramm ausgehöhlt würde, wenn
entweder die einzelne KÄV oder aber die Gerichte diese Vorgaben unter unmittelbarem
Durchgriff auf das Merkmal der "Angemessenheit" in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V außer Acht
ließen. Deshalb ist eine HVM-Regelung, die der vom Bewertungsausschuss vorgegebenen
Inhaltsbestimmung widerspricht, rechtswidrig und unwirksam (vgl zum Vorstehenden BSG,
aaO, RdNr 14) .
16 Für die Gerichte hat dieses Regelungskonzept zur Folge, dass sie die Gestaltungsfreiheit
des Bewertungsausschusses, wie sie für jede Normsetzung kennzeichnend ist, zu
respektieren haben (BSG, aaO, RdNr 19; grundlegend mit Nachweisen der Rspr des Senats
und des Bundesverfassungsgerichts BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2,
jeweils RdNr 86) . Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich
darauf, ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den
Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung
in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE
108, 1, 19), dh in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar
oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE 125, 384 RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-2500 §
85 Nr 34 RdNr 15) . Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des
Bewertungsausschusses ist somit im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich die
untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob
die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss
überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen
lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil
eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder
dass es im Lichte von Art 3 Abs 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung
von wesentlich Ungleichem bzw für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich
gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19, 21;
BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39
RdNr 17) .
17 Diese Anforderungen an die Intensität einer gerichtlichen Kontrolle untergesetzlicher
Normen bedürfen der Modifizierung, sofern das Normprogramm auf tatsächliche Verhältnisse
Bezug nimmt und/oder eine Regelung als sog "zahlenförmige Norm" getroffen wird. Macht
eine Norm tatsächliche Umstände - beispielsweise die bundesdurchschnittlichen
Kostenquoten der Arztgruppen in einem bestimmten Jahr - zur Grundlage ihrer Regelung,
erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere darauf, ob die Festlegung frei von
Willkür ist. Dies ist der Fall, wenn bei allen Arztgruppen nach denselben Maßstäben
verfahren wurde, aber auch dann, wenn weitere Gesichtspunkte - etwa eine unterschiedliche
Einkommensentwicklung der Arztgruppen - eine differenzierte Regelung sachlich
rechtfertigen (vgl BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193; BSGE 94, 50 = SozR
4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 19 f) . Enthält eine
Honorierungsregelung, die als solche keine Grundrechtsbeeinträchtigung von gewisser
Intensität betrifft, als Tatbestandsmerkmale Zahlen oder Formeln, haben die Gerichte zu
prüfen, ob sachliche Gründe erkennbar sind, welche die getroffene Festlegung als nicht
willkürlich erscheinen lassen (BSGE 88, 126, 137 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 156 in
Abgrenzung zu BVerfGE 85, 36, 57 f - bezüglich Hochschulzulassungsbeschränkungen) .
Dabei müssen sie Streitpunkten nachgehen und die Einwände der Prozessbeteiligten
würdigen.
18 Allerdings darf die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des
Bewertungsausschusses nicht überspannt werden. Denn der an den Bewertungsausschuss
gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der
vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst auch den Auftrag zu einer sinnvollen
Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung (BSGE 88, 126,
129 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f) . Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen,
Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können,
sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen angewiesen sind (vgl BVerfGE 108, 1, 19; BSG, Urteil vom 9.4.2008 - B 6 KA
40/07 R - RdNr 28 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen) . Die
gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der Steuerung dienenden
Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente
beschränken, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick
nehmen (vgl BVerfGE 117, 330, 353) . Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem
mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne ist deshalb nicht
Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl BSGE 88, 126, 136 =
SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 155 f; zur Festlegung der Regelleistung der Grundsicherung
ähnlich BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 22, zur Veröffentlichung auch in BSGE
vorgesehen) .
19 2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind die Vorgaben im Beschluss des
Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 zur Festlegung einer angemessenen Höhe der
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in den Jahren 2000 und 2001 nur in einem
Punkt rechtswidrig.
20 a) Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 ersetzt die vom Senat
teilweise für rechtswidrig erklärten Vorgaben des Beschlusses vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-
555 - für das Jahr 2000) sowie die mit gewissen Modifizierungen erlassenen
Nachfolgeregelungen für die Zeiträume 1.1.2001 bis 30.6.2002 (DÄ 2000, A-3291) , 1.7.2002
bis 30.6.2004 (DÄ 2002, A-877) und ab dem 1.7.2004 (DÄ 2004, A-1357) .
21 Nach der Regelungskonzeption jener zunächst vom Bewertungsausschuss gefassten
Beschlüsse war zur Berechnung des KÄV-spezifischen Psychotherapie-Punktwertes der
Soll-Umsatz ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte bzw -
psychotherapeuten (im Folgenden kurz: Psychotherapeuten) durch den in der
Modellberechnung des Senats zugrunde gelegten jährlichen Leistungsbedarf einer voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis von 2.244.600 Punkten zu dividieren. Der Soll-
Umsatz der Psychotherapeuten wiederum war zu ermitteln, indem - unter Zugrundelegung
der Verhältnisse des Jahres 1998 - der durchschnittliche Ertrag einer zum Vergleich
herangezogenen anderen Arztgruppe im Bezirk der jeweiligen KÄV (das waren ursprünglich
für Zeiträume bis zum 30.6.2002 die Fachärzte für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen
Versorgung) um den Durchschnittsbetrag der Betriebsausgaben voll ausgelasteter
Psychotherapeuten aufgestockt wurde. Die durchschnittlichen Betriebsausgaben voll
ausgelasteter Psychotherapeuten waren ihrerseits auf der Grundlage des tatsächlichen
Durchschnittsumsatzes aller Psychotherapeuten im Bezirk der betreffenden KÄV - also
ebenfalls unter Berücksichtigung regionsspezifischer Daten - zu berechnen; der so ermittelte
Betrag wurde um den Faktor 1,47 erhöht, und die anschließende Anwendung der im
Bundesdurchschnitt ermittelten Kostenquote von 40,2 % auf den hochgerechneten
Durchschnittsumsatz ergab die in der Modellberechnung für voll ausgelastete
Psychotherapeuten zu berücksichtigenden Betriebsausgaben. Dabei war zunächst eine
Obergrenze berücksichtigungsfähiger Betriebsausgaben von 66.000 DM pro Jahr
vorgesehen, die - für Zeiträume ab 1.1.2001 - um eine Untergrenze von 32.000 DM ergänzt
wurde. Für die Quartale ab 1.7.2002 hat der Bewertungsausschuss die regionalisierte
Ermittlung der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten aufgegeben und einen bundesweit
einheitlichen Betrag von 28.100 Euro festgesetzt (Teil A Nr 2.2.3 des am 29.3.2002 bekannt
gemachten Beschlusses, DÄ 2002, A-877 - abgedruckt auch bei Engelmann, aaO, unter Nr
768) . Zugleich war ab diesem Zeitpunkt für die Berechnung des Soll-Umsatzes der
Psychotherapeuten nicht mehr der Durchschnittsertrag hausärztlich tätiger
Allgemeinmediziner im Jahr 1998, sondern derjenige der an der fachärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzte im Jahr 2000 heranzuziehen, wobei nunmehr Umsätze für
belegärztliche Leistungen, für Dialysesachkosten, gesondert regional vereinbarte Leistungen
sowie für Leistungen der Kapitel O und U des EBM-Ä aF (im Folgenden kurz: Umsätze für
bestimmte Leistungsbereiche) außer Betracht blieben (aaO, Teil A Nr 2.2.4, 1. und 3.
Spiegelstrich) .
22 Der Bewertungsausschuss behielt in dem hier zu beurteilenden Beschluss vom 18.2.2005
für die Zeiträume ab 1.1.2000 die grundlegende Berechnungsweise zur Ermittlung der
Psychotherapie-Punktwerte, die bereits den vorangegangenen Beschlüssen zugrunde lag,
bei. Modifikationen erfolgten insoweit, als für die Betriebsausgaben voll ausgelasteter
psychotherapeutischer Praxen nunmehr für alle Zeiträume ab 1.1.2000 ein bundesweit
einheitlicher Betrag zum Ansatz kam. Dieser Kostenbetrag wurde auf 40.634 Euro
festgesetzt (Nr 2.2.1.5 des Beschlusses vom 18.2.2005 - der im ursprünglichen Beschluss
vom 29.10.2004 noch enthaltene niedrigere Betriebsausgabenbetrag für den Bereich der
neuen Bundesländer in Höhe von 35.555 Euro ist nach Beanstandung durch die
Aufsichtsbehörde und erneuter Beschlussfassung des Bewertungsausschusses entfallen) ,
während nach den vorangegangenen Festlegungen maximal 33.745 Euro (= 66.000 DM)
bzw - ab 1.7.2002 - einheitlich 28.100 Euro an Kosten zu berücksichtigen waren. Eine
weitere Änderung betraf das zweite Element zur Berechnung des Soll-Ertrags voll
ausgelasteter Psychotherapeuten, nämlich die Art und Weise der Bestimmung des
durchschnittlichen Ertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppe.
Insoweit beließ es der Bewertungsausschuss für die Jahre 2000 und 2001 zwar bei der
Orientierung an den Durchschnittserträgen der in der hausärztlichen Versorgung tätigen
Allgemeinärzte, ordnete aber - anders als bisher - die Verringerung dieser Umsätze um
bestimmte Leistungsbereiche an (Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005) . Für die
Zeiträume ab 1.1.2002 gab er den Vergleich mit dem durchschnittlichen Ertrag aller an der
fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, der eine hoch komplexe Berechnung zur
Berücksichtigung der nur teilweise maßgeblichen Praxisbudgets erforderlich machte (vgl die
10 Berechnungsschritte gemäß Teil A Nr 2.2.4 des am 29.3.2002 bekannt gemachten
Beschlusses) , auf zugunsten eines Vergleichs mit dem durchschnittlichen Ertrag von
lediglich sieben großen Arztgruppen aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich
(Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Orthopäden und Urologen - sog
"Fachgruppenmix"). Die Gesamtumsätze der Arztgruppen des "Fachgruppenmix" waren
ebenfalls gemäß Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005 um Anteile zu
vermindern, die auf bestimmte Leistungsbereiche entfielen.
23 b) Diese neuen Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Ermittlung des
Mindestpunktwerts für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische
Leistungen sind überwiegend mit höherrangigem Recht vereinbar.
24 aa) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Vorgabe eines festen Betrags von 40.634 Euro für
die bei der Berechnung des Psychotherapie-Punktwertes zu berücksichtigenden
Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis. Der
Bewertungsausschuss war von Rechts wegen nicht verpflichtet, die Betriebskosten solcher
Psychotherapeuten mit einer prozentualen Kostenquote von zB 40,2 % ihrer Soll-Umsätze
zu erfassen. Auch die Höhe der berücksichtigten Betriebskosten begegnet keinen
Bedenken.
25 Eine rechtliche Verpflichtung des Bewertungsausschusses, die Betriebsausgaben der
Psychotherapeuten durch einen vorgegebenen Prozentsatz ihres Umsatzes abzubilden,
kann nicht aus der Rechtskraft des Senatsurteils vom 28.1.2004 (BSGE 92, 87 = SozR 4-
2500 § 85 Nr 8) hergeleitet werden. Zwar waren die Partner der Bundesmantelverträge, die
gemäß § 87 Abs 1 und 3 SGB V zugleich das Vertragsorgan Bewertungsausschuss bilden,
zu jenem Rechtsstreit beigeladen (zur einfachen Beiladung in solchen Fällen vgl BSG SozR
4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 28). Aus der rechtskräftig
gewordenen Verurteilung der in jenem Verfahren beklagten KÄV Westfalen-Lippe zu
erneuter Bescheidung nach vorheriger Neufassung des für rechtswidrig erachteten
Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.2.2000 (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500
§ 85 Nr 8, jeweils RdNr 35) folgt aber nicht, dass die Gestaltungsfreiheit des
Bewertungsausschusses bei der Neuregelung nunmehr aufgehoben und speziell in Bezug
auf die Berücksichtigung der Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis auf die Vorgabe einer prozentualen Kostenquote von 40,2 %
reduziert wäre. Ungeachtet der persönlichen Grenzen der Rechtskraftwirkung (vgl hierzu
Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 141 RdNr 18 ff)
steht dem entgegen, dass der Senat in jener Entscheidung lediglich die im Beschluss vom
16.2.2000 angewandte Kombination einer linearen Kostenquote von 40,2 % mit einer
Obergrenze von 66.000 DM als strukturelle Fehlfestlegung bewertet hat, die zur
Rechtswidrigkeit der damaligen Regelung führte. Bestimmte Inhalte einer Neuregelung hat
er dem Bewertungsausschuss nicht zur Beachtung vorgegeben. Mithin war es diesem bei
der Neufassung seines Beschlusses nur verwehrt, zur Erfassung der Betriebsausgaben der
Psychotherapeuten erneut eine lineare Kostenquote in Kombination mit einer festen
Obergrenze vorzugeben. Die im Beschluss vom 18.2.2005 hinsichtlich der Betriebskosten
der Psychotherapeuten vorgenommene Neuordnung - Abkehr von einer regionalisierten
Ermittlung auf der Grundlage tatsächlich erzielter Umsätze der Psychotherapeuten und
künftiges Abstellen auf einen bundeseinheitlich anzuwendenden Wert, so wie dies bereits
seit dem 1.7.2002 vorgegeben war - ist somit aufgrund der Rechtskraft des Senatsurteils vom
28.1.2004 nicht ausgeschlossen. In jener Entscheidung ist ausdrücklich erwähnt, dass der
Bewertungsausschuss auch sonst nicht gehalten sei, das in der Rechtsprechung des BSG
für die Zeit bis Ende 1998 entwickelte Berechnungsmodell, welches ebenfalls von einem
linearen Kostensatz von 40,2 % ausging (vgl BSGE 89, 1, 4, 7 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S
330 f, 334 ff) , für die Zeiträume ab 1.1.2000 ohne Einschränkungen zu übernehmen.
Vielmehr hat der Senat die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses als Normgeber
betont (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 19) ; diese lässt Raum für
andersartige Vorgaben und erfordert deren eigenständige gerichtliche Überprüfung.
26 Nach dem Normkonzept des Bewertungsausschusses sind für die Bestimmung des
Psychotherapie-Punktwertes drei Elemente maßgeblich. Der Bewertungsausschuss hat (1)
für die Beschreibung des Leistungsumfangs einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen
Einzelpraxis in Punkten des EBM-Ä aF die Modellannahmen des Senats - dh 2.244.600
Punkte pro Jahr - unverändert übernommen (Nr 2.2.1.3 des Beschlusses vom 18.2.2005) .
Um zu gewährleisten, dass voll ausgelastete Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung
innerhalb einer KÄV dieselben Ertragschancen wie vergleichbare andere Arztgruppen
haben (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 25, 39), ist nach der
Vorgabe in Nr 2.2.1.4 (aaO) der mit Hilfe der Mindestpunktwertberechnung zu
gewährleistende (Soll-)Umsatz eines voll ausgelasteten Psychotherapeuten zu ermitteln,
indem (2) der durchschnittliche Ertrag der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe in
derselben Höhe den Psychotherapeuten als Gewinn zugeschrieben und dann noch (3) um
die typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden
Betriebskosten erhöht wird (Nr 2.2.1.4, aaO) . Zur näheren Bestimmung des dritten
Berechnungselements - der Betriebskosten voll ausgelasteter Psychotherapeuten - hat der
Bewertungsausschuss nicht mehr - wie noch im Beschluss vom 16.2.2000 - auf die
regionalen Verhältnisse abgestellt, sondern hat diese nach einer Intervention der
Aufsichtsbehörde bundeseinheitlich als festen Euro-Betrag vorgegeben.
27 Die Vorgabe eines für alle KÄV-Bezirke gleich hohen Betrags zur Berücksichtigung der
typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden
Betriebskosten ist mit höherrangigem Bundesrecht vereinbar. Insbesondere widerspricht es
nicht dem in Art 3 Abs 1 GG enthaltenen Gebot differenzierter Behandlung wesentlich
ungleicher Sachverhalte (vgl BVerfGE 116, 164, 180; BSGE 83, 205, 212 = SozR 3-2500 §
85 Nr 29 S 219; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15; Senatsurteil vom 9.4.2008 - B 6 KA
29/07 R - RdNr 28, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 85 Nr 41 vorgesehen) ,
wenn der Bewertungsausschuss der Einschätzung der Aufsichtsbehörde vom Dezember
2004 gefolgt ist, jedenfalls ab dem Jahr 2000 seien die Unterschiede in den typischerweise
anfallenden Betriebskosten psychotherapeutischer Praxen in den alten und neuen
Bundesländern nicht mehr so bedeutsam, dass sie eine Festlegung unterschiedlicher Werte
für die genannten Gebiete zwingend erforderten. Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums
war der Bewertungsausschuss befugt, nach eigenen - nicht offensichtlich sachwidrigen -
Kriterien zu bewerten, ob er die Kostensituation in Ost und West bereits ab 2000 als im
Wesentlichen gleich oder ungleich ansah. Wenn er dabei zu dem Ergebnis kam, dass 10
Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit die Betriebskosten der Psychotherapeuten
nicht mehr entscheidend nach dem Sitz der Praxis im Osten oder Westen, sondern eher
nach deren Lage in Großstädten oder im ländlichen Bereich differierten und deshalb der
Ansatz eines einheitlichen Durchschnittsbetrags angemessen sei, um die
Vergütungsunterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern nicht weiter zu
zementieren, so ist dies nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Dem
Bewertungsausschuss war es bei seiner erneuten Beschlussfassung Ende 2004/Anfang
2005 auch nicht verwehrt, insoweit von den bereits 1996 formulierten und auf den
Verhältnissen des Jahres 1994 basierenden Vorgaben abzuweichen, die für die Berechnung
der bis zum 30.6.2003 geltenden regionalisierten Praxisbudgets maßgeblich waren (vgl BSG
SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 22) , zumal die Praxisbudgets eine andere Zielrichtung
verfolgten als die Regelungen zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 19) .
28 Nicht tragfähig ist auch der gegen die Berücksichtigung eines festen Betrags an
Betriebskosten vorgebrachte Einwand, es sei von vornherein unschlüssig bzw
widersprüchlich, einen prozentualen Wert durch einen fixen Betrag zu ersetzen, wenn eine
fiktive Praxiskostenermittlung bezogen auf einen seinerseits nicht festen, sondern variablen
fiktiven Umsatz einer vergleichbaren Arztgruppe in Frage stehe. Die Annahme, es seien
fiktive Praxiskosten und variable sowie fiktive Umsätze zu ermitteln und dies sei denklogisch
nur bei Verwendung prozentualer Kostenquoten korrekt möglich, trifft nicht zu. Das der
Berechnung des Mindestpunktwertes für psychotherapeutische Leistungen zugrunde
liegende Konzept soll die vom Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit geforderte
Gleichbehandlung der Psychotherapeuten bei den Ertragschancen aus vertragsärztlicher
bzw vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit umsetzen. Dazu wird vorgegeben, dass der mit
Hilfe des Mindestpunktwerts zu erzielende Ertrag eines in Vollzeit tätigen und voll
ausgelasteten - nach den historisch bedingten Umständen in der Realität zwar in gewissem
Umfang, aber jedenfalls nicht typischerweise vorkommenden und nur insofern "fiktiven" -
Psychotherapeuten gleich hoch sein soll wie der durchschnittliche reale Ertrag einer
vergleichbaren - typischerweise hauptberuflich in Vollzeit tätigen - Vertragsarztgruppe. Im
Sinne einer Gleichsetzung sind mithin nur die Erträge der Psychotherapeuten sowie der zum
Vergleich herangezogenen Arztgruppe aufeinander bezogen. Für die Betriebskosten der
beiden Gruppen gilt dies jedoch nicht. Diese werden von unterschiedlichen Faktoren
geprägt, zu denen auch der signifikant unterschiedliche Anteil vollzeitbeschäftigter und voll
ausgelasteter Behandler gehört. Deshalb ist es methodisch unbedenklich, die jeweiligen
Betriebskosten auf verschiedene - der unterschiedlichen Ausgangslage angepasste - Weise
zu bestimmen, sofern das Erfordernis einer realitätsgerechten Erfassung beachtet wird und
Abweichungen von der sonst gewählten Vorgehensweise aus diesem Blickwinkel sachlich
begründet sind.
29 Die KÄBV hat in ihrer Eigenschaft als den Bewertungsausschuss mittragende Körperschaft
die Verwendung eines festen Betrags zur Berücksichtigung der Betriebsausgaben der
Psychotherapeuten in der Punktwertberechnung damit gerechtfertigt, dass dies ein zu
starkes Auseinanderdriften der regional zu ermittelnden Psychotherapie-Punktwerte habe
verhindern sollen. Sie weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass bei
Heranziehung einer prozentualen Kostenquote im Ergebnis der absolute Betrag der bei der
Mindestpunktwertberechnung im jeweiligen KÄV-Bezirk für die Psychotherapeuten
berücksichtigten Betriebskosten maßgeblich von der Höhe des Durchschnittsertrags der zum
Einkommensvergleich herangezogenen anderen Arztgruppe abhängig gewesen wäre
(würde zB eine relative Betriebskostenquote der Psychotherapeuten in Höhe von 40,2 %
berücksichtigt, machten nach entsprechender Ableitung der Gleichungen die absoluten
Beträge jeweils 67,2 % des Ertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen
Arztgruppe aus). Unabhängig von den tatsächlich anfallenden Betriebskosten der
Psychotherapeuten hätte somit der in der Punktwertberechnung wirksam werdende
Betriebskostenanteil der Psychotherapeuten in Regionen mit niedrigem Ertrag der
Vergleichsgruppe - zB im Bereich der großstädtischen KÄV Berlin mit hoher Arztdichte, aber
auch hohen Mietkosten für Praxisräume - weniger als 31.000 Euro betragen, während im
Gebiet anderer KÄVen mit hohem Ertrag der zum Vergleich herangezogenen anderen
Arztgruppen mehr als 47.000 Euro an Betriebskosten berücksichtigt worden wären. Als
Folge davon hätten sich sehr viel größere Unterschiede der Psychotherapie-Punktwerte im
Bundesgebiet ergeben, was eine Angleichung der Verhältnisse erschwert hätte.
30 Diese und weitere Erwägungen sind eine ausreichende Rechtfertigung dafür, im Rahmen
der Berechnung der Mindestpunktwerte keine prozentuale Kostenquote zur Abbildung der
Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen (Modell-)Praxis
vorzusehen. Zur Erreichung der oben näher dargestellten Ziele dieser Berechnung sind die
Betriebskosten möglichst realitätsgerecht - gegebenenfalls pauschaliert und typisierend - zu
erfassen. Liegen für den jeweiligen KÄV-Bezirk oder auch bundesweit keine
aussagekräftigen empirischen Erhebungen über die Betriebskosten in voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxen vor, müssen sie aus anderen (Hilfs-)Parametern in
geeigneter Weise hergeleitet werden. Die ursprünglich vom Bewertungsausschuss in
seinem Beschluss vom 16.2.2000 gewählte Vorgehensweise, die Betriebskosten voll
ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen durch Hochrechnung der
Durchschnittsumsätze häufig nicht voll ausgelasteter Psychotherapeuten mit Hilfe eines von
der Honorarverteilung bei den Allgemeinärzten abgeleiteten Faktors zu ermitteln, aber durch
einen Höchstbetrag zu begrenzen, hat der Senat im Urteil vom 28.1.2004 als ungeeignet
bewertet (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 24 ff) . Offenkundig
ungeeignet für eine realitätsgerechte Erfassung wäre es aber auch, durch Anwendung der
prozentualen Kostenquote nicht voll ausgelasteter Psychotherapeuten den Umfang
tatsächlich berücksichtigter Betriebskosten voll ausgelasteter Psychotherapeuten wesentlich
von der Höhe der Erträge anderer Arztgruppen abhängig zu machen. Die Erträge anderer
Arztgruppen weisen keine inhaltliche Beziehung zu den real anfallenden Betriebskosten der
Psychotherapeuten auf. Eine sich hierauf gründende Bestimmung der zu berücksichtigenden
Betriebskosten voll ausgelasteter Psychotherapeuten wäre weitgehend fiktiv. Sie würde
besonders in Regionen mit geringen Vergleichserträgen eine zusätzliche Beeinträchtigung
der Psychotherapeuten bewirken (zur vergleichbaren Problematik der Kombination geringer
Umsätze mit einer Kostenquote bei der Berechnung der regionalisierten Praxisbudgets vgl
BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 23) , während diese in Gebieten mit hohen
Vergleichserträgen losgelöst von ihrer tatsächlichen Kostenbelastung hohe Betriebskosten
und dementsprechend noch höhere Punktwerte zugeordnet erhielten. Es ist daher
sachgerecht, dass der Bewertungsausschuss diesen Weg nicht verfolgt, sondern für die
Ermittlung des nicht als eigenständige Größe feststehenden Soll-Umsatzes einer voll
ausgelasteten psychotherapeutischen Modell-Praxis einen festen Betrag zu
berücksichtigender Betriebskosten vorgegeben hat.
31 Dieser Vorgehensweise steht auch nicht entgegen, dass gemäß Nr 2.2.1.6 Satz 3 des
Beschlusses vom 18.2.2005 der Ertrag der zum Einkommensvergleich herangezogenen
Arztgruppe - bis 2001 die Allgemeinärzte und ab 2002 ein "Fachgruppenmix" - abweichend,
nämlich unter Heranziehung der durchschnittlichen Betriebskostenanteile nach Maßgabe
der vorhandenen Kostenstrukturanalysen zu ermitteln ist. Wie oben bereits ausgeführt,
zwingt die Sachlogik der Berechnungssystematik nicht dazu, die durchschnittlichen
Betriebsausgaben der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen und die
Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen (Modell-)Praxis in exakt
derselben Weise zu ermitteln. Es genügt, dass Abweichungen - wie soeben aufgezeigt -
sachlich gerechtfertigt sind. Soweit das Urteil vom 28.11.2007 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36
RdNr 21) , das zur Mindestpunktwertberechnung in den neuen Bundesländern im Zeitraum
bis Ende 1998 auf der Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
ergangen ist, eine abweichende Aussage trifft, hält der Senat daran für Zeiträume ab dem
Jahr 2000 nicht mehr fest.
32 Auch die Höhe des zur Berücksichtigung der Betriebskosten voll ausgelasteter
psychotherapeutischer Praxen festgesetzten Betrags von 40.634 Euro hält sich im Rahmen
des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses.
33 Die KÄBV hat das Zustandekommen dieses Betrags dahingehend erläutert, dass als
Grundlage die im Mai 2002 erstellte "Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur
Kostenstrukturanalyse 1999" des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI)
gedient habe. Die Werte der Psychotherapeuten (Ärzte und Psychologen) sind darin nach
drei etwa gleich großen Umsatzgrößenklassen untergliedert (bis 60.000 DM, ab 60.000 bis
100.000 DM sowie über 100.000 DM) aufgeführt. Der Ermittlung des festen
Betriebskostenbetrags seien die durchschnittlichen Betriebsausgaben der obersten
Umsatzgrößenklasse in den alten Bundesländern in Höhe von 62.712 DM zugrunde gelegt
worden. Da hierin allerdings Personalkosten von lediglich 12.042 DM enthalten gewesen
seien, die den Vorgaben im Urteil des BSG vom 28.1.2004 nicht genügt hätten, seien diese
in Abzug gebracht und durch den Betrag von 28.803 DM ersetzt worden. Jener Betrag sei
aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur "Kostenstruktur bei ausgewählten
Arzt-, Zahnarzt-, Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von Psychologischen
Psychotherapeuten" im Jahr 2000 (erschienen im Februar 2004 in der Fachserie 2/Reihe
1.6.1) abgeleitet. Weil diese Auswertung lediglich in zwei - von der Kostenstrukturanalyse
des ZI abweichende - Honorargrößenklassen (unter 100.000 Euro bzw darüber) untergliedert
sei, habe man den gewichteten Mittelwert beider Honorarklassen ermittelt, der hinsichtlich
der Personalkosten (einschließlich Sozialkosten) 28.803 DM betrage. Dieser auf empirischer
Grundlage ermittelte Personalkostenbetrag sei übernommen worden, nachdem eine Prüfung
ergeben habe, dass damit eine nach dem für Arztpraxen maßgeblichen Gehaltstarifvertrag
für Arzthelferinnen adäquat eingruppierte Halbtagskraft in einer psychotherapeutischen
Praxis finanziert werden könne. Daraus resultierten Betriebskosten einer voll ausgelasteten
psychotherapeutischen Praxis in Höhe von (62.712 DM - 12.042 DM + 28.803 DM = 79.473
DM =) 40.634 Euro.
34 Die gegen diese Vorgehensweise des Bewertungsausschusses erhobenen Einwendungen
greifen nicht durch. Zunächst wird beanstandet, dass empirische Daten aus zwei
verschiedenen Erhebungen in unterschiedlichen Zeiträumen kombiniert worden seien,
obwohl nahegelegen hätte, ausschließlich die aktuellere Kostenstrukturanalyse des
Statistischen Bundesamtes zugrunde zu legen. Dem steht jedoch entgegen, dass die in der
Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 ermittelten Werte
(Tabellen 5.1 bis 5.3) ausschließlich Psychologische Psychotherapeuten - einschließlich der
nicht vertragsärztlich Tätigen - erfassen und ärztliche Psychotherapeuten unberücksichtigt
lassen (diese sind in nicht näher ausgewiesenem Umfang in den Tabellen 1.1 bis 1.3 in der
Gruppe der Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und ggf auch in der
Gruppe der Allgemeinärzte enthalten) . Die Psychologischen Psychotherapeuten weisen
zudem einen Umsatzanteil aus vertragsärztlicher Tätigkeit von lediglich 60 bis 65 % und in
erheblichem Umfang Erlöse aus Privatpraxis und sonstiger selbstständiger Tätigkeit - etwa
in der Aus- und Fortbildung - auf (Tabelle 5.1, aaO, S 61) , die von einer voll ausgelasteten
vertragspsychotherapeutischen Praxis nicht erzielt werden können. Hingegen umfasst die
Erhebung des ZI nur die in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen psychologischen und
ärztlichen Psychotherapeuten (vgl dort unter Nr 3.1, S 8) und entspricht damit wesentlich
genauer der Vorgabe in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V. Hinzu kommt, dass die Auswertung des
Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 auf einer Stichprobe beruht, die anhand eines
Unternehmensregisters mit Stand von 1997/1998 gezogen wurde und somit
Praxisneugründungen aus den Jahren 1998 bis 2000 nicht einbezieht (aaO, S 8) , obwohl
das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes zum 1.1.1999 gerade in diesem Zeitraum
einen signifikanten Anstieg der vertragsärztlich tätigen Psychologischen Psychotherapeuten
bewirkt hat. Diese Umstände rechtfertigen es, zum Zwecke der Mindestpunktwertermittlung
im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung den Daten der spezifischeren
Kostenstrukturanalyse des ZI den Vorzug zu geben, auch wenn diese nur für 1999 vorlagen.
35 Zu Recht hat der Bewertungsausschuss die Notwendigkeit einer Modifikation dieser
empirisch erhobenen Betriebskostendaten in Bezug auf die vom ZI ermittelten
Personalkosten gesehen, da diese selbst in der höchsten Umsatzklasse - über 100.000 DM
bzw 51.129 Euro - lediglich 12.042 DM bzw 6.157 Euro pro Jahr ausmachten. Dieser
Durchschnittswert resultiert daraus, dass nach den Ergebnissen der Erhebung in den
Psychotherapeutenpraxen häufig ganz ohne Personal gearbeitet wurde (Sonderauswertung
des ZI, Nr 3.2.2 - S 8) . Es bedarf keiner näheren Darlegungen, dass mit diesem Betrag die
vom Senat - losgelöst von den tatsächlichen Verhältnissen - für erforderlich gehaltene
Berücksichtigung der Aufwendungen für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
einer Halbtagskraft nicht realisiert worden wäre. Die vom Bewertungsausschuss gewählte
Vorgehensweise zur Bereinigung dieser partiellen Beeinträchtigung der Verwertbarkeit der
Kostenstrukturstatistik des ZI zur Bestimmung der typischen Betriebskosten eines voll
ausgelasteten Psychotherapeuten hält sich jedoch im Rahmen des ihm zukommenden
Gestaltungsspielraums. Der Vorhalt, es hätten keine Daten der hilfsweise herangezogenen
Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes aus der niedrigeren Umsatzklasse -
bis 100.000 Euro - einbezogen werden dürfen, weil Praxen mit Umsätzen deutlich unter dem
für diese Klasse ermittelten Durchschnittsumsatz von 68.700 Euro nicht mehr voll
ausgelastet seien, geht fehl. Er lässt unberücksichtigt, dass Praxen ohne
sozialversicherungspflichtige Beschäftigte sowie Praxen unterhalb einer definierten
Umsatzuntergrenze von 12.500 Euro/Jahr in die Kostenstrukturerhebung des Statistischen
Bundesamtes von vornherein nicht einbezogen werden (vgl die gemeinsame Stellungnahme
"Synopse zur Kostenstrukturstatistik in Arztpraxen des Statistischen Bundesamtes und des
Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland", Juli
2006, Seite 2, 4 - abrufbar unter www.zi-berlin.de/wirt_arztpraxis/downloads/Stellungnahme-
StatBA-ZI-2.pdf) . Das wird auch dadurch verdeutlicht, dass in der dort definierten
niedrigeren Umsatzklasse, welche in einem weiten Bereich (51.129 bis 100.000 Euro) mit
der obersten Umsatzklasse (über 100.000 DM) der Erhebung des ZI deckungsgleich ist, pro
Praxis im Durchschnitt tatsächlich 0,6 Beschäftigte - mithin mehr als die vom Senat
geforderte Halbtagskraft - tätig waren (Tabelle 5.3 der Kostenstrukturerhebung 2000 des
Statistischen Bundesamtes) . Durch die Einbeziehung auch der dort angefallenen
Personalkosten im Rahmen einer gewichteten Durchschnittswertbildung - dh gemeinsam mit
der oberen Umsatzklasse, die durchschnittlich 1,4 Beschäftigte aufwies - ist somit der
Rahmen einer realitätsgerechten und willkürfreien Personalkostenerfassung nicht verlassen
worden.
36 Dass die auf diese Weise ermittelten Personalkosten einer mit
vertragspsychotherapeutischen Behandlungen voll ausgelasteten Praxis in Höhe von
jährlich 28.803 DM (14.727 Euro) dem Gebot einer realitätsgerechten Bemessung
entsprechen, zeigt sich auch, wenn in der Erhebung des Statistischen Bundesamtes nur die
Werte für die Praxen der oberen Umsatzklasse (über 100.000 Euro) betrachtet werden.
Insoweit fielen für durchschnittlich 1,4 Beschäftigte Personalkosten im Umfang von 19,3 %
der gesamten Einnahmen in Höhe von 160.300 Euro - also 30.938 Euro - an (Tabelle 5.2,
aaO, S 62) . Für einen Vollzeitbeschäftigten waren mithin durchschnittlich (30.938 Euro : 1,4
=) 22.099 Euro aufzuwenden. Somit umfasst der vom Bewertungsausschuss berücksichtigte
Betrag von 14.727 Euro etwa zwei Drittel der in psychotherapeutischen Praxen für eine
Vollzeitkraft tatsächlich entstandenen Aufwendungen. Der vom Senat für erforderlich
gehaltenen Berücksichtigung von Personalkosten zumindest für eine
sozialversicherungspflichtige Halbtagskraft (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils
RdNr 31) ist damit Genüge getan. Dasselbe ergibt sich auch bei der vom
Bewertungsausschuss ergänzend durchgeführten "intellektuellen Überprüfung" des aus der
Kostenstrukturstatistik des Statistischen Bundesamtes empirisch hergeleiteten
Personalkostenbetrags anhand des Gehaltstarifvertrags für Arzthelferinnen. Die aus
Gründen der Sachnähe vorgenommene Heranziehung dieses für Beschäftigte in Praxen
niedergelassener Ärzte einschlägigen Tarifvertrags ist nachvollziehbar und nicht etwa
deshalb ausgeschlossen, weil der Senat in seiner Modellberechnung bislang den BAT
zugrunde gelegt hat (so bereits BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 29, 31) . Nach dem
genannten Tarifwerk (DÄ 1999, A-2380 - ab 1.9.1999 bis 31.12.2000 geltende Fassung)
kommt für Mitarbeiter in einer psychotherapeutischen Praxis, die über vertiefte
Fachkenntnisse verfügen, delegationsfähige Leistungen - etwa Testverfahren - durchführen
und auch die Abrechnung gegenüber der KÄV erledigen, eine Eingruppierung in
Tätigkeitsgruppe II in Betracht. Dies bedeutet für eine in den alten Bundesländern
beschäftigte Halbtagskraft im 15. Berufsjahr ein Monatsgehalt von 1.622 DM bzw von 19.458
DM im Jahr. Nach Hinzurechnung der durchschnittlichen Arbeitgeberbeiträge zur
Sozialversicherung in Höhe von damals - ab 1.4.1999 - 20,65 % (vgl BT-Drucks 16/9554, S
29) ergeben sich jährliche Personalkosten von 23.476 DM bzw 12.003 Euro. Dieser Betrag
ist um 2.724 Euro geringer als der vom Bewertungsausschuss tatsächlich berücksichtigte
Betrag von 14.727 Euro und lässt noch Spielraum etwa für die geringfügige Beschäftigung
einer Raumpflegekraft.
37 Das Erfordernis realitätsgerechter Berücksichtigung der Betriebskosten in den Vorgaben zur
Ermittlung des Psychotherapie-Punktwerts bringt es allerdings mit sich, dass der
Bewertungsausschuss in regelmäßigen Abständen prüfen muss, ob sich die Verhältnisse
zwischenzeitlich wesentlich geändert haben und deshalb eine Anpassung der
ursprünglichen Festlegung geboten ist. Er muss insbesondere bei der Verwendung
zahlenförmiger Normen, die an tatsächliche Verhältnisse anknüpfen, diese Werte "unter
Kontrolle halten" und erforderlichenfalls nachbessern (BSGE 89, 259, 269 f = SozR 3-2500 §
87 Nr 34 S 198; Senatsbeschluss vom 23.5.2007 - B 6 KA 27/06 B - juris RdNr 8; BSG,
Urteile vom 29.8.2007, B 6 KA 36/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 26 sowie B 6 KA
43/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20) . Dementsprechend hat der
Bewertungsausschuss in Befolgung einer entsprechenden Auflage der Aufsichtsbehörde mit
Wirkung vom 1.4.2008 die bei den Arztgruppen des "Fachgruppenmix" zu
berücksichtigenden prozentualen Betriebskostenanteile angepasst (DÄ 2008, A-913 - es
wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die prozentualen Betriebskostenanteile in
allen Arztgruppen gesunken waren) . Hingegen sind die als fester Betrag - und damit ohne
faktische Anpassungen infolge höherer Umsätze wegen gestiegener Gesamtvergütungen -
zu berücksichtigenden Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen in
Höhe von 40.634 Euro, die auf der Grundlage der bis Ende 2004 verfügbaren Daten
festgesetzt wurden, bis heute unverändert geblieben. Das ist für die hier zu beurteilenden
Zeiträume des Jahres 2000 ohne Belang.
38 Der Senat weist jedoch im Rahmen seines Auftrags zur Gewährung effektiven
Rechtsschutzes und zur Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit (vgl hierzu
BSGE 89, 259, 269 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 197) darauf hin, dass nach den ihm
zugänglichen Daten wohl ab dem Jahr 2007 deutliche Anhaltspunkte für
Kostensteigerungen bestehen, welche die Erheblichkeitsschwelle im Rahmen
pauschalierender Regelungen überschreiten und deshalb eine Anpassung des
Betriebskostenbetrages an die in wesentlichem Umfang veränderten Realitäten nahelegen.
Nicht zuletzt aufgrund einer Erhöhung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte (vgl Art 4 Nr
1 Haushaltsbegleitgesetz 2006 vom 29.6.2006, BGBl I 1402) ist im Jahr 2007 der
Verbraucherpreisindex für Deutschland erstmals seit Jahren wieder um mehr als zwei
Prozent gestiegen und hat die Basis des Jahres 2000 um mehr als 10 Prozentpunkte
übertroffen (vgl Statistisches Jahrbuch 2007, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt,
Tabelle 20.9.2 auf S 511) . Zudem sind mit Wirkung ab 1.1.2008 die seit Juli 2004 nicht mehr
angehobenen Vergütungen für Arzthelferinnen erhöht worden (vgl Gehaltstarifvertrag für
Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen vom 22.11.2007, DÄ 2008, A-110) , wobei
insbesondere aufgrund zusätzlicher Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie
infolge des Wegfalls des Ost-Abschlags in den neuen Bundesländern (zuletzt 14,75 %)
deutliche Personalkostensteigerungen entstanden. Diese Entwicklung hat dazu geführt,
dass bei der zum 1.1.2008 erfolgten Novellierung des EBM-Ä aufgrund neuer
Kostenerhebungen erheblich höhere Betriebskosten insbesondere bei Psychotherapeuten
berücksichtigt (vgl KÄBV, Die vertragsärztliche Vergütungsreform nach dem GKV-WSG: Der
neue EBM 2008, Unterlage zum 4. Pressegespräch am 22.10.2007, S 17 - abrufbar unter
www.kvsh.de/files/arzt/startseite_1/2030_pressegespraech_4_kbv.pdf) und deshalb die
punktzahlmäßigen Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen spürbar angehoben
wurden (zB tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie nach Nr 35200 EBM-Ä 2008 mit
1.755 statt früher 1.495 Punkten bewertet) . Infolgedessen ist auch die Gesamtpunktmenge
einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis - als Divisor der
Mindestpunktwertberechnung - ab 1.1.2008 von bislang 2.244.600 Punkten um 21 % auf
nunmehr 2.716.740 Punkte erhöht worden, während die - im Dividenden zu
berücksichtigenden - Betriebskosten der Psychotherapeuten bislang unverändert geblieben
sind. Es liegt nahe, dass aufgrund der genannten Veränderungen die Vorgabe eines
Betriebskostenbetrags von weiterhin 40.634 Euro (Nr 2.2.1.5 des insoweit unveränderten
Beschlusses vom 18.2.2005) möglicherweise bereits im Jahr 2007, jedenfalls aber ab 2008
eine dem Regelungskonzept widersprechende strukturelle Fehlfestlegung enthält und somit
zu nicht mehr rechtmäßigen Ergebnissen führt. Der Bewertungsausschuss ist deshalb
aufgerufen, für die Zeiträume ab Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen bzw der
später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang der
feste Betriebskostenbetrag angepasst werden muss, damit er weiterhin einer
realitätsgerechten Festlegung entspricht.
39 bb) Als zweite wesentliche Vorgabe für die Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte
enthält der Beschluss vom 18.2.2005 nähere Maßgaben für die Ermittlung des
Vergleichsertrags der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppen. Während
Nr 2.2.1.6 (aaO) die für die unterschiedlichen Zeiträume einheitlich anzuwendenden
Berechnungsvorgaben aufstellt, sind unter Nr 2.3 bis 2.7 für die jeweilige Periode das
maßgebliche Bezugsjahr und die Vergleichsgruppe festgelegt. Gemäß Nr 2.3 und Nr 2.4
(aaO) ist in den Jahren 2000 und 2001 auf den Ertrag der Allgemeinmediziner im
hausärztlichen Versorgungsbereich abzustellen; für die nachfolgenden Zeiträume ist der sog
"Fachgruppenmix" maßgeblich.
40 Diese Regelungen sind jedenfalls für die Ermittlung der Psychotherapie-Punktwerte ab dem
Jahr 2002 ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Senat hat bereits entschieden, dass für
Zeiträume bis Ende 1998 für den Einkommensvergleich die Werte der Arztgruppe der
Allgemeinmediziner heranzuziehen sind (Klarstellung in BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36) ,
dass es außerdem sachgerecht ist, jeweils auf die Umsatz- und Ertragsdaten der
Vergleichsgruppe im vorvergangenen Jahr zurückzugreifen, und dass ab dem Jahr 2002 nur
noch auf fachärztliche Arztgruppen im unteren Einkommensbereich abgestellt werden kann
(BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 34; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36
RdNr 14) . Dem wird die Vorgabe in Nr 2.5 bis 2.7 des Beschlusses vom 18.2.2005 gerecht.
In den hiernach maßgeblichen Durchschnittsertrag von sieben größeren Arztgruppen im
fachärztlichen Versorgungsbereich - Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, HNO-Ärzte,
Hautärzte, Orthopäden und Urologen - fließen sogar die Erträge von Arztgruppen mit
traditionell überdurchschnittlichen Einkommen - namentlich der Orthopäden - mit ein, obwohl
dies rechtlich nicht geboten ist. Der Rückgriff auf den Durchschnitt immer derselben
Facharztgruppen trägt außerdem dazu bei, stärkere Schwankungen sowohl bei den
einzelnen Arztgruppen im Lauf der Zeit als auch bei deren Rangstelle im
Einkommensgefüge innerhalb der jeweiligen KÄV auszugleichen. Hierdurch werden
zufällige Resultate, die im Rahmen von gleichheitsorientierten Modellberechnungen
problematisch sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36 RdNr 17), ebenso vermieden wie ein
starkes Auseinanderdriften der Mindestpunktwerte in den einzelnen KÄV-Bezirken.
Unbedenklich ist auch, dass gemäß Nr 2.5 des Beschlusses vom 18.2.2005 für die ersten
beiden Quartale des Jahres 2003 noch die Erträge der Vergleichsgruppe des Jahres 2000
maßgeblich sind. Diese Abweichung von der Regel eines Abstellens auf die Erträge des
vorvergangenen Jahres beruht auf dem Umstand, dass zum 30.6.2003 die wesentlich auf die
Vergütungshöhe in den einzelnen Facharztgruppen einwirkenden Praxisbudgets wegfielen;
die aus diesem Grund um zwei Quartale hinausgeschobene Aktualisierung ist dadurch
sachlich gerechtfertigt.
41 Auch die vom Bewertungsausschuss in Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses vom 18.2.2005
vorgegebene Bereinigung der zum Vergleich herangezogenen Honorare um bestimmte
Leistungen begegnet jedenfalls insoweit keinen durchgreifenden Bedenken, als sie sich - für
Zeiträume ab 1.1.2002 - auf die durchschnittlichen Erträge der Arztgruppen des sog
"Fachgruppenmix" bezieht. Dies hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der den
Normgeber berechtigt, gerade im Bereich eines komplexen sowie der Steuerung dienenden
Regelungsgefüges pauschalierende und typisierende Vorgaben zu treffen und
auszuwählen, nach welchen Kriterien er Sachverhalte als im Wesentlichen gleich oder
ungleich ansieht (vgl BSG, Urteil vom 9.4.2008 - B 6 KA 29/07 R - RdNr 28, zur
Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 85 Nr 41 vorgesehen) . Speziell bei
Vergütungsregelungen, die zur Wahrung vergleichbarer Chancen zur Erzielung von
Überschüssen aus vertragsärztlicher bzw vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit getroffen
werden, darf der Bewertungsausschuss im Sinne einer Feinsteuerung die zum
Einkommensvergleich herangezogenen Ertragsbestandteile in einem Randbereich
eigenständig modellieren. Er muss allerdings darauf achten, dass hierdurch der Funktion der
Vergleichsberechnung nicht insgesamt die Grundlage entzogen wird; Umsätze, welche die
zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen im Rahmen der vertragsärztlichen
Regelversorgung erzielen und deren Ertragssituation prägend bestimmen, dürfen nicht
unberücksichtigt bleiben. Die Ausklammerung einzelner Umsatzbestandteile ist aber
insbesondere dann unbedenklich, wenn entgegen der rechtlichen Verpflichtung in den
Vergleich auch Arztgruppen mit überdurchschnittlichen Erträgen einbezogen werden und
sich trotz der feinsteuernden Bereinigung im Randbereich für die (Modell-)Praxis eines voll
ausgelasteten und in Vollzeit tätigen Psychotherapeuten eine Vergütung ergibt, die
jedenfalls den (ungeschmälerten) Durchschnittsertrag einer vergleichbaren Arztgruppe im
unteren Einkommensbereich erreicht (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils
RdNr 34) .
42 Nach diesem Maßstab ist von den Gerichten zu respektieren, dass der
Bewertungsausschuss im Rahmen des ab 2002 maßgeblichen "Fachgruppenmix"
angeordnet hat, die Umsätze der dort aufgeführten Facharztgruppen aus belegärztlicher
Behandlung, Pauschalerstattungen des vertraglich vereinbarten Kapitels U des EBM-Ä,
Dialysesachkosten, Laborleistungen nach Kapitel O EBM-Ä, gesondert regional vereinbarte
Kostenerstattungen sowie Honorare aus Modellvorhaben gemäß § 63 SGB V bei der
Berechnung der Mindestpunktwerte nicht mit einzubeziehen.
43 Die Nichtberücksichtigung der Honorare aus Modellvorhaben liegt schon deshalb nahe, weil
entsprechende Vereinbarungen zur Weiterentwicklung der Versorgungsformen vielfach ohne
Beteiligung der KÄVen abgeschlossen werden und somit nicht gewährleistet ist, dass die
KÄV überhaupt Kenntnis von solchen Zahlungen erhält (§ 64 Abs 1 iVm § 63 Abs 6 SGB V) .
Hinzu kommt, dass gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 SGB V bei der Durchführung der
Modellvorhaben von den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V abgewichen werden
kann, was insbesondere auch die Vorschriften zur vertragsärztlichen Vergütung betrifft (vgl
Koch in juris Praxiskommentar SGB V, 2008, § 63 RdNr 13) . Werden im Rahmen solcher
Modellvorhaben Leistungen gesondert vergütet, die zur vertragsärztlichen Regelversorgung
gehören, sind gemäß § 64 Abs 4 SGB V die für die Regelversorgung gezahlten
Gesamtvergütungen entsprechend zu verringern. Im Hinblick auf diese im Gesetz angelegte
Trennung der Honorare für die Regelversorgung einerseits und für Modellvorhaben
andererseits ist es nicht sachwidrig, bei Vorgaben zur gleichmäßigen Verteilung der für die
Regelversorgung gezahlten Gesamtvergütungen (§ 85 Abs 4, 4a SGB V) die im Rahmen von
Modellvorhaben außerhalb dieses Systems erzielten Honorare unberücksichtigt zu lassen.
Hierin liegt keine Benachteiligung der Psychotherapeuten, denn auch ihnen steht die
Möglichkeit offen, über ihre Verbände solche Vereinbarungen abzuschließen und
entsprechende Honorare zu erzielen (vgl § 64 Abs 1 SGB V; zu einem bereits
durchgeführten Modellvorhaben unter Beteiligung von Psychotherapeuten und zusätzlichen
Vergütungen vgl DÄ 2004, A-3142) .
44 Auch die Bereinigung der Umsätze der Arztgruppen im "Fachgruppenmix" um die weiteren
Positionen ist nicht zu beanstanden. Sachkosten für die Durchführung von Dialysen fallen
bei Beachtung der Fachgebietsgrenzen in diesen Arztgruppen ohnehin nicht an (vgl § 4 der
Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren, abgedruckt bei
Engelmann, aaO, unter Nr 655) . Lediglich regional vereinbarte besondere
Kostenerstattungen sind für die Ertragssituation in diesen Arztgruppen ebenso wenig
prägend wie die Kostenerstattungen nach dem vertraglich vereinbarten Kapitel U sowie die
Leistungen bzw Kostenpauschalen nach Kapitel O EBM-Ä aF (vgl insoweit Klose/Preuß,
Leistungen in der Arztpraxis im Jahr 2003, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut
der AOK, 2005 , Tabellen 27 bis 37: hiernach trugen die
genannten Leistungen lediglich bei den Urologen, Frauen- und Hautärzten mit ca 11 %, 5,5
% bzw 4,6 % zum Umsatz bei, während sie bei den übrigen vier Arztgruppen ohne
Bedeutung und somit im Gesamtdurchschnitt nicht prägend waren) . Entsprechendes gilt
hinsichtlich der belegärztlichen Leistungen. Nur bei den HNO-Ärzten gehört die Leistung
nach Nr 28 EBM-Ä aF (Regelvisite auf der Belegstation) zu den 20 umsatzstärksten
Abrechnungspositionen - allerdings mit einem Umsatzanteil von lediglich 1,1 %
(Klose/Preuß, aaO, Tabelle 30) -, während diese bei belegärztlicher Tätigkeit regelmäßig
anfallende Position unter den umsatzstärksten Leistungen der übrigen Arztgruppen nicht
aufscheint. Dem entspricht es, dass gemäß § 39 Abs 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte die
stationäre Tätigkeit eines Belegarztes nicht den Schwerpunkt seiner gesamten
vertragsärztlichen Tätigkeit bilden darf, sondern ihr gegenüber nachrangig sein muss (BSGE
79, 239, 248 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 56) . Die belegärztliche Tätigkeit ist außerdem
eine zusätzliche Tätigkeit des betreffenden Vertragsarztes außerhalb der ambulanten
Versorgung und als solche einer Zweit- oder Nebenbeschäftigung vergleichbar. Auch
deshalb bestehen keine Bedenken dagegen, die Umsätze aus belegärztlicher Tätigkeit bei
der Mindestpunktwertberechnung im Rahmen der ambulanten Versorgung ebenso außer
Betracht zu lassen wie zB die Einnahmen der Psychotherapeuten aus zusätzlichen
Tätigkeiten in Aus- und Fortbildung sowie für die Erstellung von Gutachten.
45 Eine rechtlich zu beanstandende strukturelle Fehlfestlegung liegt auch nicht darin begründet,
dass der Bewertungsausschuss zur Berechnung der durchschnittlichen Erträge des
"Fachgruppenmix" die Betriebskostenquoten der einbezogenen Facharztgruppen nach
Maßgabe der Kostenstrukturanalyse 1999 des ZI vorgegeben hat, obgleich bei der
empirischen Gewinnung dieser Kostenquoten die im Rahmen der Vergleichsberechnung
ausgeklammerten Umsatzanteile mit eingeflossen sind. Die Ansicht, eine Durchführung der
Mindestpunktwertberechnung sei nur zulässig entweder unter Anwendung bereinigter
Umsätze und entsprechend bereinigter Kostenquoten oder aber mit Umsätzen und
Kostenquoten, die in gleichartiger Weise auf der Grundlage umfassender Umsätze ermittelt
wurden, trifft nicht zu. Wie bereits ausgeführt, sind jedenfalls im Rahmen des
"Fachgruppenmix" die vom Bewertungsausschuss ausgeklammerten Umsatzanteile nicht
wesentlich oder prägend. Sie umfassen außerdem nur teilweise reine Kostenerstattungen
ohne Gewinnanteil, welche im Falle einer Herausrechnung auch bei der Ermittlung der
Betriebskostenquoten zu niedrigeren Kostenanteilen in diesen Fachgruppen und somit im
Rahmen der Vergleichsberechnung im Ergebnis zu höheren Psychotherapie-Punktwerten
führen würden. Maßgeblich ist jedoch, dass andere als die in der Kostenstrukturanalyse des
ZI auf empirischer Grundlage ermittelten Betriebskostenquoten, welche unter Einbeziehung
sämtlicher Einnahmen aus vertragsärztlicher und sonstiger ärztlicher - dh auch
privatärztlicher - Tätigkeit und sämtlicher Betriebsausgaben gewonnen wurden (vgl
Kostenstrukturanalyse in der Arztpraxis 1999, herausgegeben vom ZI, 2002, Nr 2.1.1 und
2.1.3 auf S 4), nicht vorhanden sind. Deshalb kann im Rahmen typisierender Berechnungen
nur auf diese Werte zugegriffen werden, und sie dürfen auch herangezogen werden, wenn
aufgrund sachlich begründeter Erwägungen einzelne Umsatzbestandteile mit punktuell vom
Durchschnitt nach oben oder unten abweichenden Kostenanteilen bei der
Modellberechnung unberücksichtigt bleiben. Dies gilt umso mehr, als solche
Modellberechnungen nicht der mathematisch exakten Ermittlung der realen Verhältnisse in
einer konkreten Vertragsarztpraxis dienen, sondern normative Festlegungen zur Annäherung
an die Wirklichkeit enthalten, die zu treffen mit noch vertretbarem Aufwand möglich sein
muss (vgl zur vergleichbaren Problematik der Anwendung von in einem bestimmten Jahr
ermittelten Kostenquoten in späteren Jahren BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 26 RdNr 30) .
46 Letztlich haben die Vorgaben des Bewertungsausschusses für die Zeiträume ab 2002 dazu
geführt, dass eine psychotherapeutische (Modell-)Praxis Umsätze und Gewinne aus der
Behandlung von Versicherten der Krankenkassen in einer Größenordnung erzielen konnte,
wie sie auch von anderen Arztgruppen - zB Nervenärzte, Hautärzte - erreicht worden sind.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den Urteilen vom heutigen Tag ua in
den Verfahren B 6 KA 9/07 R und B 6 KA 41/07 R Bezug genommen.
47 Für die Jahre 2000 und 2001 entsprechen die Anordnungen im Beschluss des
Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 zur Berechnung des insoweit maßgeblichen
Vergleichsertrags der Allgemeinmediziner den oben dargestellten Maßstäben allerdings
nicht. Anders als bei den im "Fachgruppenmix" zusammengefassten Arztgruppen stellen für
die Allgemeinmediziner insbesondere die Umsätze für Leistungen der Kapitel O und U des
EBM-Ä aF ein ihre Ertragssituation prägendes und wesentliches Element dar. Die
Allgemeinärzte erbringen etwa 40 % sämtlicher Laborleistungen in der vertragsärztlichen
Versorgung - deutlich mehr als alle anderen Arztgruppen (KÄBV, Grunddaten zur
vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland, Ausgaben 2002 bzw 2003, jeweils Tabelle
II.2) . Dementsprechend befanden sich im Jahr 2003 unter den 20 häufigsten
Abrechnungspositionen der Allgemeinärzte allein 12 Laborleistungen mit einem Anteil von
30 % aller von ihnen abgerechneter Leistungen, darunter die Laborgrundgebühr und der
Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr 3450 bzw 3452 EBM-Ä aF mit jeweils 9 % Häufigkeit an
den Rangstellen zwei und drei (Klose/Preuß, aaO, Tabelle 25) . In der Rangfolge der
umsatzstärksten Abrechnungspositionen der Allgemeinärzte lag der Wirtschaftlichkeitsbonus
mit einem Umsatzanteil von 3,4 % auf dem sechsten Rang, die Laborgrundgebühr mit 1,4 %
Anteil auf Rang 12 (aaO, Tabelle 38) . Bereits vor Einführung des Wirtschaftlichkeitsbonus
hatten die Laborleistungen im Jahr 1998 bei den Allgemeinärzten einen Anteil am
Gesamtleistungsbedarf von 7,33 % erreicht (Tabelle 8 der Stellungnahme der KÄBV vom
24.8.2001 im Verfahren B 6 KA 58/00 R - BSGE 89, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41) . Die
Pauschalerstattungen des vertraglich vereinbarten Abschnitts U zum EBM-Ä aF machten
damals lediglich 2,15 % des gesamten Leistungsbedarfs der Allgemeinärzte aus, doch sind
gerade die Besuchsleistungen und die damit im Zusammenhang stehenden
Wegepauschalen nach Nr 7234 ff EBM-Ä aF für die Tätigkeit der Allgemeinärzte im
hausärztlichen Versorgungsbereich charakteristisch. Mithin dürfen diese prägenden
Leistungen der ausschließlich zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe der
Allgemeinmediziner hier bei der Ermittlung des Vergleichsertrags nicht unberücksichtigt
bleiben.
48 Dieser Befund wird bestätigt, wenn die Ertragschancen aufgrund des von der Beklagten für
2000 ermittelten Psychotherapie-Punktwerts mit denjenigen anderer Arztgruppen verglichen
werden. Auf der Grundlage des Punktwerts von 4,7294 Cent ergibt sich ein Gewinn der
psychotherapeutischen (Modell-)Praxis - mit einem Leistungsbedarf von 2.244.600 Punkten
und Betriebskosten von 40.634 Euro - in Höhe von 65.522 Euro. Dieser Betrag bleibt
deutlich hinter dem Ertrag der Nervenärzte (70.599 Euro) zurück (berechnet auf der
Grundlage der von der Beklagten mitgeteilten Honorare - Vergütung und Kostenerstattung -
je Arzt und Quartal sowie einer Kostenquote für Nervenärzte gemäß der
Kostenstrukturanalyse 1999 des ZI, ausgewiesen in Tabelle D 3 der Grunddaten zur
vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2001) . Vergleichbare Ergebnisse haben sich
auch in anderen KÄV-Bezirken ergeben (vgl das Urteil B 6 KA 9/07 R vom heutigen Tage
bezüglich den Verhältnissen im Bereich der KÄV Sachsen) . Die Ausklammerung
erheblicher Umsatzanteile einer einzelnen zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe kann
daher - anders als beim "Fachgruppenmix", bei dem die einbezogenen ertragsstärkeren
Arztgruppen einen Ausgleich bewirken - nicht durch letztendlich unbedenkliche Ergebnisse
gerechtfertigt werden.
49 Mithin ist der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 18.2.2005 rechtswidrig, soweit
die Honorarbereinigung nach Nr 2.2.1.6 Abs 2 hinsichtlich der Leistungen nach Kapitel O
und U EBM-Ä aF auch für Zeiträume vorzunehmen ist, in denen gemäß Nr 2.3 und 2.4 für die
Bestimmung des Vergleichsertrags ausschließlich die Umsätze der Fachärzte für
Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich maßgeblich sind. Der insoweit
bestehende Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit führt
allerdings nicht automatisch dazu, dass die Psychotherapeuten für die Jahre 2000 und 2001
Anspruch auf höhere Honorare nach Maßgabe derjenigen Punktwerte haben, die sich bei
Nichtanwendung dieser Honorarbereinigung ergeben. Dem Bewertungsausschuss stehen
vielmehr mehrere gleichermaßen unbedenkliche Wege zur rechtmäßigen Neuregelung der
gleichheitswidrigen Rechtslage offen. Er kann ein Unterbleiben der Herausrechnung
anordnen, doch es ist auch denkbar, das Modell des "Fachgruppenmix" bereits für die Jahre
2000 und 2001 vorzugeben. Die Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit des Vergleichs mit den
Allgemeinmedizinern im Rahmen des vom Senat für Zeiträume bis Ende 1998 entwickelten
Berechnungsmodells (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 36) und zur Notwendigkeit eines
Vergleichs mit Arztgruppen aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich ab 2002 (BSGE 92,
87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, jeweils RdNr 34) schließt die zuletzt genannte Lösung nicht
aus.
50 Diesen Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses haben sowohl die Gerichte als
auch die KÄVen zu respektieren (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 4 RdNr 21 mwN); die
KÄVen müssen deshalb bis zu einer Neuregelung Entscheidungen über die Festsetzung der
Honorare für zeitgebundene und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen
aus den Jahren 2000 und 2001 zurückstellen. Der Bewertungsausschuss und die Gerichte
haben allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Streit um die rechtmäßige Honorierung
der in den Jahren 2000 und 2001 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen schon
längere Zeit hinzieht. Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes in angemessener
Frist (Art 19 Abs 4 GG, Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention) hat die
abschließende Entscheidung über die den Psychotherapeuten zustehenden Honorare
nunmehr innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erfolgen. Sollte der
Bewertungsausschuss daher bis zum 31.12.2008 seinen Gestaltungsvorrang nicht ausüben
und keine Neuregelung zur Bereinigung der gleichheitswidrigen Rechtslage treffen, müssen
die KÄVen nach diesem Zeitpunkt die Psychotherapie-Punktwerte für die Jahre 2000 und
2001 ohne Herausrechnung der Leistungen der Allgemeinmediziner nach den Abschnitten O
und U EBM-Ä aF ermitteln und auf dieser Basis die Honorare der betroffenen
Psychotherapeuten in den noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren neu
festsetzen. Das ist hier nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung vor dem SG erklärt hat, sie habe - insoweit entgegen dem normativen Gehalt
der Vorgaben des Bewertungsausschusses in dessen Beschluss vom 18.2.2005 - bei der
Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte alle punktzahlbewerteten Vergütungen der zum
Vergleich herangezogenen Arztgruppen aus Strukturverträgen und auch die Honoraranteile
der Laborvergütungen des Kapitels O EBM-Ä aF mit einbezogen. Ungeachtet des Umstands,
dass das SG dies nicht eigenständig nachvollzogen und als Tatsache festgestellt, sondern
lediglich als Vortrag der Beklagten wiedergegeben hat (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 163
Nr 1 RdNr 12 ff; SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 9 f; Nr 26 RdNr 19) , wird diese bei der
erneuten Bescheidung die bundesweit einheitlich geltenden Vorgaben des
Bewertungsausschusses oder - falls solche bis zum 31.12.2008 nicht beschlossen werden -
des Senats zu beachten haben.
51 Im Übrigen hat der Bewertungsausschuss auch unter den Bedingungen des ab 1.1.2009
maßgeblichen neuen Vergütungsrechts (§§ 87a, 87b SGB V idF von Art 1 Nr 57a, 57b GKV-
Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378) dafür Sorge zu
tragen, dass "die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen" eine angemessene
Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 87 Abs 2c Satz 6 iVm Abs 2d Satz 3
SGB V idF des GKV-WSG) . Diese Regelungen sollen die Funktion des hier noch
anzuwendenden § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V übernehmen (Bericht des Ausschusses für
Gesundheit, BT-Drucks 16/4247, S 39 - Zu Art 1 Nr 57, Zu Buchstabe e, Zu Absatz 2c) .
Diese Verschiebung der Regelungsebene von der Honorarverteilung zum EBM-Ä trägt dem
Umstand Rechnung, dass ab dem 1.1.2009 Orientierungspunktwerte (§ 87 Abs 2e SGB V) ,
die nicht mehr nach Arztgruppen bzw Leistungserbringern differenzieren, sondern allenfalls
je nach Versorgungssituation unterschiedlich ausfallen können, die Vergütungshöhe
bundeseinheitlich bestimmen sollen. Das hat zur Folge, dass den Besonderheiten
psychotherapeutischer Leistungen durch eine angemessene Bewertung im EBM-Ä
Rechnung zu tragen ist. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 87a Abs 3 Satz 5 Halbsatz
2 SGB V nF den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit eröffnet, weitere vertragsärztliche
Leistungen außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-
Gebührenordnung zu vergüten, wenn diese besonders gefördert werden sollen oder soweit
das aufgrund von Besonderheiten bei der Ausführung der Leistungserbringung erforderlich
ist. Als Beispiel für derartige - ohne Mengenbegrenzung und außerhalb der arztbezogenen
Regelleistungsvolumina zu vergütende - Leistungen sind "antragspflichtige
psychotherapeutische Leistungen" ausdrücklich aufgeführt worden (Bericht des
Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247, S 41 - Zu Art 1 Nr 57a) . Der
Bewertungsausschuss hat - wie bereits ausgeführt (oben RdNr 38) - diesen veränderten
Vorgaben Rechnung getragen und zum 1.1.2008 sowohl die punktzahlmäßige Bewertung
der psychotherapeutischen Leistungen (von 1.495 auf nunmehr 1.755 Punkte, dh um mehr
als 17 % je 50-minütiger Behandlung) als auch das Gesamtvolumen der mit dem
Psychotherapie-Punktwert zu vergütenden Leistungsmenge (von 561.150 auf nunmehr
679.185 Punkte pro Quartal, vgl Teil B Nr 4 des Beschlusses in der 139. Sitzung, DÄ 2008,
A-356, 358) deutlich angehoben. Dies lässt erkennen, dass der Bewertungsausschuss sich
der vom Senat stets betonten Verpflichtung zur Verwirklichung einer gleichberechtigten
Teilhabe der Psychotherapeuten an der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen nicht
entzieht.
52 B) Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass die von ihm durchgeführten probatorischen
Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä aF gleichfalls mit dem Psychotherapie-Punktwert honoriert
werden.
53 Der Senat hat im Urteil vom 29.8.2007 (SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 10-16) näher
dargelegt, dass der Bewertungsausschuss zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet war, im
Rahmen der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben für eine angemessene Höhe der
Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für probatorische Sitzungen
vorzusehen. Er hat betont, dass es von der Gestaltungsfreiheit des Normgebers umfasst sei,
die Vorgaben für eine Punktwertstützung entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des
BSG auf diejenigen Leistungen zu konzentrieren, die sowohl zeitgebunden als auch
genehmigungsbedürftig sind. Eine Differenzierung der Regelung nach dem Merkmal der
Genehmigungsbedürftigkeit sei dem Bewertungsausschuss auch nicht aufgrund des
Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Abs 1 GG verwehrt. Eine erforderliche Genehmigung
verhindere, dass die Menge der davon betroffenen Leistungen allein nach eigener
Entscheidung des Therapeuten nachhaltig beeinflusst werden könne, und dies rechtfertige
eine unterschiedliche Behandlung der bereits nach eigener Indikationsstellung durch den
Psychotherapeuten erbringbaren probatorischen Sitzungen (BSG aaO RdNr 16) . Daran hält
der Senat fest. Da das Vorbringen des Revisionsklägers zu dieser Frage im Wesentlichen
nicht über die im Urteil vom 29.8.2007 bereits erörterten Gesichtspunkte hinausgeht, sind
weitere Ausführungen hierzu nicht veranlasst. Lediglich zu dem ergänzend vorgebrachten
Argument, probatorische Sitzungen könnten nicht zusätzlich, sondern nur alternativ zu der
vom Senat angenommenen Vollauslastung erbracht werden, ist nochmals darauf
hinzuweisen, dass den Modellannahmen zur Vollauslastung psychotherapeutischer Praxen
mit zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen bereits zugrunde liegt, dass
hiermit nicht die gesamte maximal erbringbare Arbeitszeit des einzelnen Psychotherapeuten
im Rahmen seiner vertragsärztlichen Praxis erfasst wird, da notwendigerweise begleitende
Tätigkeiten wie ua die Durchführung probatorischer Sitzungen hinzukommen (BSGE 84,
235, 240 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255) . Die behauptete Alternativität beider
Leistungsarten als Basis der Modellberechnungen des Senats zur Ermittlung von
Mindestpunktwerten besteht somit nicht.
54 Mithin ist nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss im Beschluss vom
18.2.2005 die Anwendung des Psychotherapie-Mindestpunktwerts nicht auch auf die
probatorischen Sitzungen erstreckt hat.
55 C) Die Revision des Klägers bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als er die Rechtswidrigkeit
des Honorars für die von ihm erbrachten nicht zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen - insbesondere für
probatorische Sitzungen - nach den Bestimmungen des HVM der Beklagten geltend macht.
Der Kläger kann für die hier streitbefangenen Quartale I/2000 bis III/2000 insoweit keine
höhere Vergütung beanspruchen.
56 Die Beklagte hat in den angefochtenen Honorarbescheiden für die sonstigen
psychotherapeutischen Leistungen des Klägers nach den Regelungen des für den
genannten Zeitraum maßgeblichen HVM (idF des Beschlusses vom 13.5.2000 -
Rheinisches Ärzteblatt 6/2000 S 75) Punktwerte in Höhe von - jeweils Primär-/Ersatzkassen
- 5,8309/6,2856 Pf (Quartal I/2000), 6,5171 Pf (Quartal II/2000) und 4,2372/7,6672 Pf (Quartal
III/2000) zur Anwendung gebracht. Das ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung
des Senats zu der besonderen Funktion der probatorischen Sitzungen und den hieraus
abzuleitenden Anforderungen an deren hinreichende Honorierung nicht zu beanstanden.
57 Nach dieser Rechtsprechung ist hinsichtlich der probatorischen Sitzungen zu beachten,
dass sie zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören. Diese durch
strikte Zeitgebundenheit, aber fehlende Genehmigungsbedürftigkeit geprägten Leistungen
werden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (§ 28 Abs 3 Satz 2, § 92 Abs 6a Satz 1 SGB
V) , und zwischen ihnen und den sowohl zeitgebundenen als auch
genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr 871 ff EBM-Ä aF besteht ein enger
Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen wird die Diagnose gestellt
und die Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr 871 ff EBM-Ä aF
veranlasst und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden die sachgerechte ist,
sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem Versicherten eine ausreichende
Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung besteht. Aus dieser zentralen Funktion
der probatorischen Sitzungen folgt, dass die KÄV im Rahmen der ihr - ab 1.7.2004
gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen - obliegenden Ausgestaltung der
Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle Honorierung dieser Leistungen sorgen
muss (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 17) . Dabei hat der Senat bislang offen gelassen,
welchen Punktwert dies zumindest erfordert, weil Punktwerte für probatorische Sitzungen
von deutlich mehr als 3 Cent jedenfalls ausreichten (BSG aaO) . In Entscheidungen vom
heutigen Tage (zB B 6 KA 9/07 R - RdNr 65, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4
vorgesehen) hat er nunmehr zu dieser Frage ausgeführt, dass ein nach Berücksichtigung der
Betriebskosten für eine probatorische Sitzung verbleibender Ertrag von deutlich weniger als
20 Euro nicht geeignet ist, dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch
mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. Die für eine sachgerechte
psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an
probatorischen Sitzungen muss deshalb so honoriert werden, dass - erforderlichenfalls nach
Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen oÄ - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich
zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pf (dh 5,0 Pf bzw 2,56 Cent) für solche
Leistungen nicht unterschritten wird.
58 Die von der Beklagten in den Quartalen I/2000 bis III/2000 gezahlten Punktwerte für die
sonstigen psychotherapeutischen Leistungen genügen diesen Anforderungen. Dies gilt auch
für das Quartal III/2000, in dem für Primärkassen-Patienten lediglich 4,2372 Pf bzw 2,17 Cent
berechnet wurden. Denn insoweit muss die deutlich höhere Vergütung für Ersatzkassen-
Patienten in demselben Quartal - 7,6672 Pf bzw 3,92 Cent in die erforderliche
Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden (s dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20,
24). Hiernach ergibt sich für die probatorischen Sitzungen auch im Quartal III/2000 ein
durchschnittlicher Punktwert von 3,04 Cent. Dieser Punktwert übersteigt das vom Senat für
erforderlich gehaltene Mindesthonorar für probatorische Sitzungen von 2,56 Cent deutlich.
59 Nach alledem hat die Beklagte nur über die Honoraransprüche des Klägers für die von ihm
in den Quartalen I/2000 bis III/2000 erbrachten zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä
aF unter Beachtung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des Senats erneut zu
entscheiden.
60 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1.1.2002
geltenden und hier wegen der Klageerhebung im Jahr 2001 weiterhin anzuwendenden
Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff) . Eine gesonderte Entscheidung über
die infolge des Antrags des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
möglicherweise entstandenen zusätzlichen Kosten (vgl § 155 Abs 3
Verwaltungsgerichtsordnung) ist mithin entbehrlich.