Urteil des BSG vom 02.04.2009

BSG: hepatitis, freie beweiswürdigung, gesundheitsdienst, unternehmen, laboratorium, infektionskrankheit, gefährdung, berufskrankheit, kausalität, wahrscheinlichkeit

Bundessozialgericht
Urteil vom 02.04.2009
Sozialgericht Hamburg S 25 U 58/02
Landessozialgericht Hamburg L 3 U 47/05
Bundessozialgericht B 2 U 33/07 R
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 2007 aufgehoben und
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
1
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Infektion des Klägers mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) als
Berufskrankheit (BK) nach Nr 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; im Folgenden BK 3101)
streitig.
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Der 1957 in Ägypten geborene Kläger war seit November 1989 als Entsorger bei der Hamburger Stadtreinigung
beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Entleeren öffentlicher Abfallbehälter in den Stadtteilen St. Pauli und St.
Georg. Im Mai 1995 wurde bei ihm eine HCV-Infektion festgestellt, die im Juli 1991 noch nicht vorgelegen hatte.
Seinen im Dezember 1997 gestellten Antrag, diese Erkrankung als BK 3101 anzuerkennen, weil er sich in der Zeit von
Juli 1991 bis Anfang 1995 beim Zusammenpressen von Müllbeuteln mehrfach an Kanülen verletzt habe, lehnte die
Beklagte ab. Der Kläger gehöre nicht einem Personenkreis mit erhöhter Infektionsgefahr an (Bescheid vom 26. Mai
1999, Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2002).
3
Das Sozialgericht Hamburg (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Mai 2005). Das Landessozialgericht
Hamburg (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 16. Januar 2007). Als Entsorger sei der Kläger einer
Infektionsgefahr nicht in ähnlichem Maße wie die Angehörigen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder
eines Laboratoriums besonders ausgesetzt gewesen. Für die Berufsgruppe der Müllentsorger lasse sich ein generell
erhöhtes HCV-Infektionsrisiko nicht feststellen. Zudem fehle es an dem nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) notwendigen konkreten Nachweis einer potentiellen Infektionsquelle, da ein unmittelbarer
oder mittelbarer Kontakt zu einer infizierten Spritze nicht belegt sei.
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Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Auslegung des Tatbestandes der BK 3101
sowie einen Verstoß gegen die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung und die Pflicht zur Amtsermittlung.
Das LSG hätte nicht auf die Berufsgruppe der Müllentsorger abstellen dürfen, sondern feststellen müssen, ob die
konkret verrichtete Tätigkeit besonders infektionsgefährdet gewesen sei. Die angefochtene Entscheidung beruhe auf
nicht mehr aktuellen medizinischen Erfahrungssätzen. Die Durchseuchung mit dem HCV sei im Drogenmilieu
überdurchschnittlich hoch. Der Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle sei nicht erforderlich. Wenn dem aber so
wäre, hätte es weiterer Ermittlungen bedurft.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 2007, das Urteil des
Sozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1999 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die beim Kläger vorliegende
Hepatitis C-Infektion eine Berufskrankheit nach Nr 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
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Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
7
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die durchgeführten Ermittlungen hätten keine besondere berufliche
Gefahrenexposition ergeben.
II
8
Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an
das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger (allein noch)
begehrte Feststellung der BK 3101 nicht aus.
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Der erhobene Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil die
HCV-Infektion des Klägers im Mai 1995 festgestellt worden ist und der geltend gemachte Versicherungsfall damit vor
dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten sein soll (Art 36
Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
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Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist § 551 Abs 1 RVO. Danach sind BKen Krankheiten, welche
die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und
die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (Satz 2). Die
Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte
Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann
dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen
verursacht worden sind (Satz 3).
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Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf
bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit
(sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper
geführt (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende
Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht
(haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Bedingung für die Feststellung einer Listen-BK (vgl BSG vom 2. April 2009
- B 2 U 9/08 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die
"Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden
Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl
BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, jeweils RdNr 15; BSG vom 9. Mai
2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 13 ff).
12
Der Verordnungsgeber hat die BK 3101 wie folgt bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im
Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der
Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Da sich bei dieser BK der Ansteckungsvorgang im
Nachhinein häufig nicht mehr feststellen lässt, tritt an die Stelle der "Einwirkungen" iS des § 551 Abs 1 Satz 3 RVO
eine erhöhte Infektionsgefahr, die im Vollbeweis vorliegen muss. Ob der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit
innewohnenden "Infektionsgefahr in besonderem Maße" ausgesetzt war, hängt einerseits von der Durchseuchung des
Umfelds der Tätigkeit, dh der kontaktierten Personen sowie der Objekte, mit oder an denen zu arbeiten ist, und
andererseits von der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ab, die sich nach dem Übertragungsmodus
der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten
gefährdenden Handlungen bestimmt. Da für die Anerkennung der BK 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr
genügt, sondern eine (zT typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt
wird (vgl § 551 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1, § 9 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII), kommt es darauf an, welche
einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind (vgl zu Begriff und
Prüfung der erhöhten Infektionsgefahr: BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - zur Veröffentlichung in BSGE und
SozR 4 vorgesehen).
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Ob danach die Voraussetzungen der BK 3101 vorliegen, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG
nicht abschließend beurteilen. Hepatitis C ist zwar eine Infektionskrankheit. Der Kläger war auch als Beschäftigter
nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versichert. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat aber nicht
entscheiden, ob der Kläger zudem einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war und diese ggf die Erkrankung
verursacht haben kann.
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Der Kläger hat seine versicherte Tätigkeit nicht im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem
Laboratorium ausgeübt. Entscheidend ist daher, ob er iS der 4. Alternative der BK 3101 "durch eine andere Tätigkeit
der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Insoweit hat das LSG zu Unrecht auf die
Berufsgruppe der Müllentsorger abgestellt und für diesen Personenkreis ein generell erhöhtes Infektionsrisiko verlangt,
ohne die vom Versicherten konkret verrichteten Tätigkeiten zu berücksichtigen. Bei der BK 3101 ist vielmehr
festzustellen, ob dem versicherten Tätigkeitsbereich eine abstrakte Gefährdung innewohnt und sich die generelle
Gefahr auf Grund der im Gefahrenbereich individuell vorgenommenen Verrichtungen auch tatsächlich realisiert haben
kann. Das ergibt sich aus der mit der 4. Alternative der BK 3101 vom Verordnungsgeber verfolgten Regelungsabsicht.
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Die Tatbestandsalternative "durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders
ausgesetzt" geht auf die Siebente Berufskrankheiten-Verordnung (7. BKVO) vom 20. Juni 1968 (BGBl I S 721)
zurück. Während nach dem davor geltenden Recht Infektionskrankheiten nur dann BKen waren, wenn sie durch
berufliche Beschäftigung in bestimmten Unternehmen verursacht wurden, sind mit der 7. BKVO in den bis heute
unverändert gebliebenen Tatbestand der BK der Infektionskrankheiten die mit den früher bezeichneten Unternehmen
vergleichbaren Tätigkeitsbereiche Gesundheitsdienst, Wohlfahrtspflege und Laboratorium aufgenommen worden.
Darüber hinaus ist die Alternative "durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders
ausgesetzt" mit der Begründung eingeführt worden, dass die Beschränkung auf bestimmte Unternehmen in einigen
Einzelfällen zu Härten geführt habe und es angezeigt erscheine, den Versicherungsschutz über den bisher schon
erfassten Personenkreis auf Versicherte auszudehnen, die im Einzelfall durch ihre Tätigkeit der Ansteckungsgefahr
besonders ausgesetzt seien (vgl BR-Drucks 128/68 Allgemeiner Teil).
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Der Verordnungsgeber geht bei der BK 3101 typisierend davon aus, dass gerade im Gesundheitsdienst, in der
Wohlfahrtspflege und in einem Laboratorium eine abstrakte Gefahrenlage und für die betroffenen Beschäftigten ein
generell erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Durch die von ihm beabsichtigte Erweiterung des Versicherungsschutzes
auf außerhalb der bezeichneten Gefährdungsbereiche tätige Versicherte, die "der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße
besonders ausgesetzt" sind, wird deutlich, dass die besondere Gefahrenlage iS der 4. Regelungsalternative derjenigen
entsprechen muss, die im Fall der anderen drei Regelungsalternativen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege
und des Laboratoriums angenommen wird. Auch die 4. Regelungsalternative setzt daher voraus, dass die versicherte
Tätigkeit eine abstrakte Gefahrenlage in sich birgt. Ist unter Berücksichtigung der Art der versicherten Tätigkeit und
der Beschaffenheit des Tätigkeitsumfeldes eine generelle Gefährdung nicht denkbar, scheidet schon deshalb die BK
3101 aus. Liegt hingegen eine mit der versicherten Tätigkeit verbundene abstrakte Gefährdung vor, kommt es darüber
hinaus darauf an, ob der Versicherte infolge seiner konkret ausgeübten Verrichtungen einer erhöhten Infektionsgefahr
ausgesetzt war, die sich - wie bereits ausgeführt wurde - nach der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes sowie der
Übertragungsgefahr richtet.
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Das LSG hätte sich daher nicht auf die Prüfung beschränken dürfen, ob die versicherte Tätigkeit an sich
infektionsgefährdet ist. Vielmehr ist zunächst zu klären, ob die im Rahmen der versicherten Tätigkeit verrichteten
Arbeiten ihrer Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfeldes mit einer abstrakten
Gefahrenlage einhergehen. Das LSG wird daher insoweit festzustellen haben, welche Tätigkeiten der Kläger im
Einzelnen zu welchen Zeiten verrichtet hat.
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Das Vorliegen einer abstrakten Gefahrenlage erscheint nach dem Vorbringen des Klägers nicht ausgeschlossen. Das
Entleeren öffentlicher Abfallbehälter und Zusammenpressen von Müllbeuteln in Ortsbereichen, in denen
Drogenabhängige sich gehäuft zum Drogenkonsum aufhalten und die von ihnen benutzten Spritzen entsorgen, geht
mit einer Ansteckungsgefahr einher. Innerhalb der Gruppe der Drogenabhängigen ist die Durchseuchung mit HCV
überdurchschnittlich hoch (vgl Potthoff/Schüler/Wedemeyer/Manns, Epidemiologie der Virushepatitis A, B und C, in
Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl., S 20 f; Hofmann/Kralj/Hasselhorn, Hepatitis B- und
Hepatitis C-Virus: Die Bedeutung der Infektion von Patienten durch medizinisches Personal, in Selmair/Manns, aaO,
S 65; Kralj/Hofmann/Rieger, Hepatitis B- und Hepatitis C-Epidemiologie bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in
Selmair/Manns, aaO, S 85). Darüber ist das HCV auch außerhalb des menschlichen Körpers in Blutresten über einen
Zeitraum von mehreren Tagen überlebensfähig (vgl Böhm/Jilg, Die Stabilität und Dauer der Infektiosität von Hepatitis
A-Viren, Hepatitis B-Viren und Hepatitis C-Viren außerhalb des menschlichen Organismus als wichtige Kriterien für die
Beurteilung des berufsbedingten Infektionsrisikos, in Selmair/Manns, aaO, S 128) und ist die Nadelstichverletzung,
insbesondere mit einer Hohlnadel, ein geeigneter Übertragungsweg, der ein besonders hohes Übertragungsrisiko
beinhaltet, da hier regelmäßig der Transfer relativ großer Mengen menschlichen Blutes möglich ist (vgl
Trautwein/Manns, Vorgehen nach Nadelstichverletzung bei Hepatits B- und C-Infektion in der Klinik, in
Selmair/Manns, aaO, S 145; Remé, Arbeitsmedizinische Grundlagen für die Konkretisierung von
Beweiserleichterungen im Berufskrankheitenfeststellungsverfahren - Fallgruppen und Einzelfallermittlungen, in
Selmair/Manns, aaO, S 190).
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Lassen die Tätigkeitsart und das Arbeitsumfeld auf eine abstrakte Gefährdungslage schließen, bedarf es außerdem
der tatsächlichen Feststellungen zur Notwendigkeit einer konkret erhöhten Infektionsgefahr und damit zu der Frage,
ob die Verrichtungen des Klägers ihn mit einem durchseuchten Objektbereich in Berührung gebracht haben oder ob
sie im Hinblick auf den Übertragungsmodus der Hepatitis C-Infektion sowie ihrer Art, Häufigkeit und Dauer nach
besonders infektionsgefährdend waren.
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Liegt eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor,
nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die
Erkrankung wesentlich verursacht hat. Für diese Typisierung ist allerdings dann kein Raum, wenn eine Infektion
während oder aufgrund der versicherten Verrichtungen und damit der unterstellte Ursachenzusammenhang
ausgeschlossen ist. Es darf weder die Inkubationszeit gegen einen zeitlichen Zusammenhang der Krankheit mit der
beruflichen Tätigkeit sprechen noch ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnendes Infektionsrisiko die
Erkrankung verursacht haben (vgl BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - aaO).
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Das LSG wird deshalb auch ggf festzustellen haben, ob der Zeitpunkt der Infektion in den Zeitraum der Ausübung der
gefährdenden Arbeitsvorgänge fällt und andere Ansteckungsrisiken bestanden haben. Da die erforderliche Einwirkung
nicht in einem konkreten Infektionsvorgang, sondern einer erhöhten Infektionsgefahr besteht, ist entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts der Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktes zu einer Infektionsquelle nicht
erforderlich. Der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit legt
zwar das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht.
Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der das Arbeitsumfeld und die versicherte Tätigkeit betreffenden beiden
Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades der jeweiligen
Infektionskrankheit (vgl BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - aaO). Dem steht auch nicht das Urteil des Senats
vom 30. Mai 1998 (2 RU 33/87 - NZA 1988 S 823) entgegen. Darin wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass und unter welchen Voraussetzungen auch ohne den Nachweis einer infizierten Kontaktperson die Feststellung
der BK 3101 zulässig ist.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.