Urteil des BSG vom 30.07.2002

BSG: eintritt des versicherungsfalles, anpassung, aktiven, aussetzung, eintritt des versicherungsfalls, veränderung der belastung, altersrente, bemessungsgrundlage, zeitliche geltung, avg

Bundessozialgericht
Urteil vom 30.07.2002
Sächsisches Landessozialgericht
Bundessozialgericht B 4 RA 1/01 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2000 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, den Wert des Rechts auf eine
Altersrente, das ihrem Ehemann zuerkannt worden ist, zum 1. Juli 2000 im Wege der "Rentenanpassung"
entsprechend der Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet an Stelle des von ihr als verfassungswidrig
erachteten Inflationsmaßstabes des § 255c Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) fortzuschreiben.
Die Klägerin ist die Ehefrau des am 18. Februar 1920 geborenen Prof. Dr. W. F. (nachfolgend: Versicherter). Dieser
war als ordentlicher Professor an der Ingenieurhochschule und Technischen Hochschule L. tätig. Ab 1. Februar 1985
bezog er eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung und ab 1. September 1985 eine Rente aus der
zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und
medizinischen Einrichtungen der DDR (nachfolgend: AVI). Am 30. Juni 1990 belief sich der Wert der
Versichertenrente auf 376,00 M und der Wert der Altersversorgung aus der AVI auf 2.440,00 M (Gesamtbetrag:
2.816,00 M). Diese Beträge wurden zum 1. Juli 1990 durch DM-Beträge ersetzt. Die Rentenanpassungen zum 1.
Januar und 1. Juli 1991 auf Grund der ersten und zweiten Rentenanpassungsverordnung wirkten sich nicht
rechnerisch auf den Gesamtbetrag aus, da der Wert der Rente aus der AVI jeweils um den Erhöhungsbetrag der
Rente aus der Sozialpflichtversicherung gemindert wurde. Ab 1. August 1991 begrenzte die Beklagte den Wert des
monatlichen Gesamtanspruchs auf 2.010,00 DM (Bescheid vom 25. Juli 1991). Der Widerspruch des Versicherten
hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1991).
Während des Klageverfahrens wurde die Rente aus der Zusatzversorgung in die Rentenversicherung des
Beitrittsgebiets überführt und der nach der Teilrechtsordnung des Beitrittsgebiets bestehende "Gesamtanspruch" ab 1.
Januar 1992 durch das Recht auf eine Altersrente nach dem SGB VI ersetzt. Den Wert der Rente stellte die Beklagte
zunächst vorläufig und pauschal fest, wobei es bei der Zahlung des - noch - höheren begrenzten Zahlbetrages von
2.010,00 DM verblieb (Bescheid vom 28. November 1991). Im Verlauf des Klageverfahrens ergingen weitere
Neufeststellungen. So hob die Beklagte zunächst die Begrenzung des Gesamtzahlbetrages ab 1. August 1991 auf
2.700,00 DM an (Bescheid vom 19. August 1993). Dann stellte sie auf Grund der individuellen Versicherungsbiografie
des Versicherten den Wert der Regelaltersrente rückwirkend ab 1. Juli 1990 neu fest. Nach Erlass eines Teilurteils
und Aussetzung des Verfahrens und Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht wegen der Begrenzung des
Gesamtbetrages auf 2.700,00 DM ab 1. August 1991 nahm das SG das Verfahren im Juni 1999 wieder auf. Mit Urteil
vom 22. Juni 1999 hat das SG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Zahlbetrag von 2.816,00 DM nach
Maßgabe der Anpassungssätze für das Beitrittsgebiet ab 1. Januar 1992 zu dynamisieren.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat sie den
besitzgeschützten Zahlbetrag unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Senats vom
3. August 1999 (B 4 RA 24/98 R) ab 1. Januar 1992 jeweils zum ersten Juli eines jeden Jahres bis einschließlich Juli
1999 unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes, wie er sich aus § 63 Abs 7 iVm § 68 SGB VI ergibt,
dynamisiert (Bescheid vom 10. Februar 2000). Zum 1. Juli 2000 ist in einer undatierten Mitteilung der bisherige
monatliche Rentenwert nach § 255c SGB VI angepasst worden (Anpassung in Höhe der "Inflationsrate").
Mit Urteil vom 10. Oktober 2000 hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage gegen den Rentenbescheid
vom 10. Februar 2000 sowie die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 abgewiesen. Zur Begründung ist
ausgeführt worden, dass der Versicherte ab 1. Januar 1992 keinen Anspruch darauf habe, dass der besitzgeschützte
Zahlbetrag nach der sog "Rentenanpassung Ost" dynamisiert werde. Insoweit werde dem Urteil des 4. Senates des
BSG vom 3. August 1999 (aaO) gefolgt, auf das die Beklagte die im Bescheid vom 10. Februar 2000 vorgenommene
Anpassung gestützt habe. Die Anpassung zum 1. Juli 2000 entspreche der Regelung in § 255c SGB VI, die nicht
verfassungswidrig sei. Die Revision wurde nur beschränkt zugelassen, nämlich insoweit, als die Frage der
Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 im Streit ist.
Der Versicherte hat Revision eingelegt, soweit sie vom LSG zugelassen worden ist. Seine Beschwerde gegen die
teilweise Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat der Senat mit Beschluss vom 30. Juli 2001 (B 4 RA 6/01
B) als unzulässig verworfen.
Während des weiteren Revisionsverfahrens starb der Versicherte am 9. Juni 2002; seine Ehefrau (nachfolgend:
Klägerin) hat den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolgerin aufgenommen.
Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte mit den Bescheiden vom 26. Juli 2001 und 11. September 2001
entsprechend den Neuregelungen im 2. AAÜG-ÄndG den Wert der Rente ab 1. Mai 1999 neu festgesetzt.
Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, die Regelung in § 255c SGB VI verletze Art 3 Abs 1, Art 14 Abs
1 Satz 1 und Art 20 GG sowie Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK iVm Art 14 EMRK. Sie behandle sozial
ungleiche Teile der deutschen Bevölkerung gleich und bewirke eine zweijährige Verlängerung der bestehenden
niedrigeren Renten im Beitrittsgebiet. Ferner greife sie grundrechtswidrig in eigentumsgeschützte Rechtspositionen
ein; dieser Eingriff sei nicht verhältnismäßig.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2000 aufzuheben, soweit
es die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 abgewiesen hat und festzustellen, dass die
Beklagte unter Aufhebung der in der undatierten Mitteilung enthaltenen Regelung zur Rentenanpassung zum 1. Juli
2000 verpflichtet ist, ab diesem Zeitpunkt den Wert des zuerkannten Rechts auf Altersrente auf Grund einer
Anpassung nach den Grundsätzen des § 255a SGB VI neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die in § 255c SGB VI getroffene Regelung eine zulässige Inhalts- und
Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG darstelle.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend ihr Begehren, den Wert des
zuerkannten Rechts auf Altersrente nach Maßstab des § 255a SGB VI festzusetzen, zurückgewiesen. Die Beklagte
hat die Rentenanpassung rechtmäßig durchgeführt; sie beruht auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage (§ 255c
SGB VI).
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000. Über die während des
Revisionsverfahrens ergangenen Verwaltungsakte ist ebenso wenig zu entscheiden (§ 171 Abs 2 SGG) wie über die
während des Klageverfahrens getroffene Neufeststellung des "besitzgeschützten Zahlbetrages". Die Revision ist nur
"beschränkt auf die Frage der Rentenanpassung zum 01.07.2000 zugelassen". Diese Beschränkung ist wirksam. Das
Begehren auf Feststellung bzw für die Vergangenheit auf Zugrundelegung eines höheren besitzgeschützten
Zahlbetrages und dasjenige auf höhere Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 stehen in einem Verhältnis rechtlicher und
tatsächlicher Selbstständigkeit und können Gegenstand von Teilurteilen oder einer isolierten Revision sein (vgl stellv
BGHZ 111, 158, 166 mwN; BSGE 3, 135, 138 f). Bei früher versorgungsberechtigten Bestandsrentnern setzt die
Feststellung des Geldwertes des Stammrechts auf Rente (§ 307b SGB VI) einen Vergleich von vier möglicherweise
erheblichen Werten voraus: Monatsbetrag der Rente nach den Regeln des SGB VI (§ 64 SGB VI); Wert der
"Vergleichsrente"; "weiterzuzahlender Betrag" und "besitzgeschützter Zahlbetrag" (vgl BSGE 84, 180, 184 ff = SozR
3-2600 § 307b Nr 8, 73, 78 ff). Der höchste dieser Werte ist für die jeweilige Bezugszeit als maßgeblicher Geldwert
des Rechts auf Rente festzustellen. Zur jährlichen individuellen Rentenanpassung ist dagegen ausschließlich über
den Grad der Änderung des bereits festgestellten Geldwertes des Stammrechts zu entscheiden. Dazu werden weder
die Regelungen noch die sie tragenden Rechenschritte der Rentenwertfestsetzung ("Grundbescheid") sämtlich oder
teilweise wiederholt (vgl schon BSGE 63, 266, 267 = SozR 3642 § 9 Nr 3, 6, 8; SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 24);
entsprechend führen Grundbescheidsmängel nicht zur Rechtswidrigkeit von Anpassungsbescheiden (vgl BSGE 63,
266, 267 = SozR 3642 § 9 Nr 3, 6, 8; SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 24).
2. Zutreffend hat das LSG die Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilung und auf Feststellung eines höheren
Anpassungssatzes abgewiesen. Die Klagen sind statthaft - als Anfechtungsklage gegen die einen Verwaltungsakt
verlautbarende (vgl BSG SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 24) Rentenanpassungsmitteilung sowie als unechte
Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) auf Festsetzung eines höheren Anpassungswertes und Zahlung höherer
Rente - und zulässig. Insbesondere war hier die Rentenanpassungsmitteilung nach § 96 Abs 1 SGG iVm § 153 Abs 1
SGG in das Berufungsverfahren einbezogen (vgl BSG SozR 3-2600 § 307a Nr 15, 83, 86). Die Klagen sind aber
unbegründet. Die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 ist rechtmäßig und demzufolge ein Anspruch auf Feststellung
eines höheren Wertes nicht gegeben.
3. Die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 richtet sich nach § 255c SGB VI iVm §§ 64 und 65 SGB VI. Der als
Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) zu beanspruchende Geldwert des Rechts auf Rente beruht gemäß § 64 SGB
VI auf dem Produkt aus der die Rangstelle des Versicherten im Verhältnis zu den zeitgleich Versicherten abbildenden
Summe der persönlichen Entgeltpunkte (vgl BVerfGE 54, 11, 28; BSGE 82, 83, 95 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7, 45, 59;
BSGE 86, 262, 301 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2, 1, 44), dem Rentenzugangsfaktor sowie dem für die Anbindung der
Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der Aktiven (dazu näher unter 4a) maßgebenden "aktuellen Rentenwert"
bzw dem "aktuellen Rentenwert (Ost)". Die jährliche (§ 68 Abs 1 Satz 3 und § 255a Abs 2 Satz 2 SGB VI) Anpassung
des aktuellen Rentenwertes (auch "Ost") führt zu wesentlichen Änderungen der für den Monatsbetrag maßgeblichen
rechtlichen Verhältnisse. Demgemäß werden zum 1. Juli eines jeden Jahres "die Renten angepasst", indem (abstrakt)
der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert gesetzlich "ersetzt" wird (§ 65 SGB VI). Auf
dieser Grundlage wird individuell in der Rentenanpassungsmitteilung der Faktor der Änderung des aktuellen
Rentenwertes als maßgeblicher Anpassungsfaktor für den bis dahin zuerkannten Monatsbetrag festgesetzt und der
sich daraus ergebende neue Monatsbetrag mitgeteilt. In entsprechender Anwendung gelten diese Regeln bei früher im
Beitrittsgebiet versorgungsberechtigt gewesenen Bestandsrentnern für Bezugszeiten ab 1. Januar 1992, wenn der auf
keinem "aktuellen Rentenwert (Ost)" beruhende "besitzgeschützte Zahlbetrag" statt der drei anderen Werte den
Geldwert des Rechts auf Rente bestimmt.
Die Rentenanpassung (die von der wiedervereinigungsrechtlichen Rentenangleichung zu unterscheiden ist) folgt seit
den Rentenreformgesetzen 1957 (Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten -
Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - (AnVNG) vom 23. Februar 1957, BGBl I, 88; Gesetz zur
Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter - Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz -
(ArVNG) vom 23. Februar 1957, BGBl I, 45) grundsätzlich der Lohn- und Gehaltsentwicklung (näher unter 4a). Davon
weicht die Anpassung zum 1. Juli 2000 ab. Die allgemeinen Fortschreibungsregeln der §§ 68 und 255a Abs 2 SGB VI
wurden durch § 255c Abs 1 SGB VI idF des Gesetzes zur Sanierung des Bundeshaushalts
(Haushaltssanierungsgesetz - HSanG - (im Folgenden: Haushaltssanierungsgesetz 1999)) vom 22. Dezember 1999
(BGBl I, 2534) ua für die Anpassung zum 1. Juli 2000 außer Kraft gesetzt. Stattdessen änderten sich der aktuelle
Rentenwert und der aktuelle Rentenwert (Ost) - zum Unterschied siehe unten unter 4e - "in dem Verhältnis, in dem der
Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet des jeweils vergangenen Kalenderjahres
von dem Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet im jeweils vorvergangenen
Kalenderjahr abweicht".
Die daraus sich ergebende Anpassung hat die Deutsche Post AG als mit der Wahrnehmung der Anpassungsaufgaben
namens der Beklagten unbedenklich betraute Stelle (§ 119 Abs 2 SGB VI, vgl BSG SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 27 f)
zutreffend vorgenommen. Sie konnte sich insoweit allerdings nicht auf die Verordnung der Bundesregierung zur
Anpassung der Renten im Jahre 2000 (Rentenanpassungsverordnung 2000 - RAV 2000) vom 31. Mai 2000 (BGBl I,
788) stützen. Diese genügt den Anforderungen des Zitiergebotes des Art 80 Abs 1 Satz 3 GG nicht und ist ungültig.
Rechtsverordnungen müssen nach Art 80 Abs 1 Satz 3 GG ihre Rechtsgrundlage zitieren. Dafür ist die genaue
Angabe der ermächtigenden parlamentsgesetzlichen Vorschrift erforderlich. Nicht entscheidend ist, ob die Verordnung
den Rahmen der delegierten Rechtsetzungsgewalt eingehalten hat. Das Zitiergebot soll dem Normunterworfenen die
Prüfung ermöglichen, ob dies der Fall ist. Daher muss sich - wie das BVerfG bindend entschieden hat (BVerfGE 101,
1, 41 ff) - die Rechtsetzungsbefugnis nach Inhalt, Zweck und Ausmaß aus den in der Verordnung selbst angeführten
Vorschriften vollständig ergeben. Das ist hier nicht der Fall.
Die Verordnung stützt sich ihrem Vorspruch nach auf § 69 Abs 1 SGB VI. Danach bestimmt die Bundesregierung
durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den zum 1. Juli eines Jahres maßgebenden aktuellen
Rentenwert. Damit ist nur der Teil der Ermächtigungsgrundlage zitiert, in dem die Rechtsfolge, nämlich die
Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlass einer den aktuellen Rentenwert bestimmenden Rechtsverordnung,
abstrakt ausgesprochen ist. § 69 Abs 1 SGB VI legt jedoch Inhalt, Zweck und Ausmaß dieser Ermächtigung nicht
selbst fest. Im vorliegenden Zusammenhang kann offen bleiben, ob das Zitat alleine des § 69 SGB VI im Regelfall der
Bildung des aktuellen Rentenwertes nach der unmittelbar vorangestellten Vorschrift des § 68 SGB VI ausreichend
wäre. Jedenfalls wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht aus § 68 SGB VI, sondern aus
anderen, dort ungenannten Vorschriften ergeben, sind die Anforderungen des Art 80 Abs 1 Satz 3 GG nur gewahrt,
wenn die den Ermächtigungsrahmen festlegenden Gesetzestexte vollständig zitiert sind. Dieses ist hier nicht
geschehen, weil § 255c SGB VI nicht benannt worden ist.
Die Rentenanpassung beruht dennoch auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Die Änderung des aktuellen
Rentenwertes (auch "Ost") zum 1. Juli 2000 wurde direkt durch Parlamentsgesetz angeordnet, das auch eine
hinreichende Ermächtigungsgrundlage (§ 31 SGB I) für die Festsetzung des Anpassungsfaktors in der
Anpassungsmitteilung an die Klägerin enthält.
Die Fortschreibung des aktuellen Rentenwertes (auch "Ost") ist durch den in § 255c Abs 1 SGB VI ausgestalteten
Anpassungsfaktor gesetzesunmittelbar festgelegt worden. Der Deutsche Bundestag hat sich nicht darauf beschränkt,
der Bundesregierung einen Ermächtigungsrahmen vorzugeben, der durch eine Rechtsverordnung ausgefüllt werden
könnte und müsste. Vielmehr hat er den zum 1. Juli 2000 maßgebenden Anpassungsfaktor selbst abschließend
festgesetzt. Das Parlamentsgesetz bestimmt selbst ausdrücklich, dass sich der aktuelle Rentenwert (auch "Ost")
abweichend von den §§ 68 und 255a Abs 2 SGB VI in einem (benannten) Verhältnis ändert. Es selbst konkretisiert die
Veränderungsgröße auch abschließend. Mit dem Merkmal "Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte
im Bundesgebiet" und der Bestimmung seines maßgeblichen Bezugszeitraums, nämlich " �des�
jeweils vergangenen Kalenderjahres" (§ 255c Abs 1 SGB VI) sowie der Festlegung, dass es auf die "dem
Statistischen Bundesamt zu Beginn des Jahres 2000 vorliegenden Daten" ankommt (§ 255c Abs 2 SGB VI), sind alle
Bestimmungsgrößen für den Anpassungsfaktor zum 1. Juli 2000 vorgegeben.
Darauf gestützt ist die Anpassung korrekt. Maßgebend für sie ist die Abweichung des Preisindexes für die
Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet des dem Anpassungsjahr vorangegangen Kalenderjahres im
Verhältnis zu dem entsprechenden Preisindex in dem vorvergangenen Kalenderjahr. Relevant ist deshalb hier der
Sprung von 1998 zu 1999. In diesem Bezugszeitraum belief sich der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten
Haushalte in Deutschland nach dem statistischen Monatsbericht des Statistischen Bundesamtes für Januar 2000 (§
255c Abs 2 SGB VI) auf 104,3 (1998) bzw 104,9 (1999). Die nach § 255c Abs 1 SGB VI maßgebende Abweichung
betrug demnach 0,6 vH. Dementsprechend änderten sich der aktuelle Rentenwert von 48,29 DM (1998) auf 48,58 DM
(48,579) sowie der aktuelle Rentenwert (Ost) von 42,01 DM (1998) auf 42,26 DM (42,262). Im Falle der Klägerin ist in
entsprechender Anwendung dieser Regelung der Anpassungsfaktor zutreffend festgesetzt worden. Der auf dem
"besitzgeschützten Zahlbetrag" (also nicht auf dem "aktuellen Rentenwert (Ost)" beruhende Geldwert ihres
Stammrechts ist in diesem Verhältnis gestiegen.
4. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Aussetzung der an der Lohn- und Gehaltsentwicklung
der Aktiven orientierten Rentendynamisierung und gegen die Anpassung nach der Inflationsrate bestehen nicht. Dies
verstößt weder gegen Art 14 Abs 1 GG noch gegen Art 2 Abs 1 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG.
a) Der Geldwert des Rechts auf Rente und seine Anpassung sind nach den Bewertungsprinzipien des SGB VI an den
Durchschnittslöhnen und -gehältern der aktiv Beschäftigten ausgerichtet. Grundlage dessen ist das mit der
Rentenreform 1957 eingeführte Alterslohnprinzip. Die Rente soll (mit Blick auf den zuvor allein von seinem Lohn oder
Gehalt lebenden Arbeitnehmer) nicht Zuschuss zum Lebensunterhalt sein, sondern den durch versichertes
Arbeitsentgelt oder -einkommen erworbenen (also nicht aus anderen Quellen erlangten) Anteil seines Lebensstandards
nach Maß der eigenen Vorleistung bewahren. Die Altersrentner sollen "aus der Nähe des Fürsorgeempfängers in die
Nachbarschaft des Lohnempfängers" gerückt werden (vgl BT-Drucks 2437 vom 5. Juni 1956, S 57 f). Bezweckt ist die
"Teilnahme auch des Rentners an der wirtschaftlichen Entwicklung", damit "die Stellung des Einzelnen im
Sozialgefüge so bleibt, wie es dem vorausgegangenen Arbeitsleben entspricht" (vgl BT-Drucks 2437 vom 5. Juni
1956, S 58, 61).
Dieses Ziel bedingt die Koppelung des "Alterslohns" der Rente beziehenden Generation an die reale Lohn- und
Gehaltsentwicklung der beschäftigten Generation. Sind Kaufkraft des Geldes sowie Löhne und Gehälter nicht stabil,
kann die wirtschaftliche Stellung des Rentenberechtigten nicht erhalten bleiben, wenn der Wert der Rente - wie vor
1957 - an den Nominalwert früherer Beiträge oder versicherter Entgelte angebunden würde. Deshalb richtet sich die
Zuweisung des Geldwertes eines Rechts auf Rente nicht auf den Ersatz des vor Eintritt des Versicherungsfalls
erzielten Arbeitsentgeltes oder auf Leistung "angesparter" Beiträge nebst Zinsen, sondern orientiert sich grundsätzlich
an der Entwicklung der beitragsbelasteten Arbeitsverdienste der aktuell zwangsversicherten Arbeitnehmer (dazu näher
BSGE 86, 262, 300 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2, 1, 43 f mwN).
Instrument der Anbindung der Anpassung der Rente an die Entwicklung des beitragsbelasteten Arbeitsverdienstes der
Aktiven ist der so genannte aktuelle Rentenwert. Er drückt neben den nach Abschluss der Versicherungsbiografie
konstant bleibenden Wertzuweisungsfaktoren (Summe der Entgeltpunkte als Ausdruck des relativen Wertes der
Rangstelle des Versicherten, § 66 SGB VI, vgl BVerfGE 54, 11, 28; BSGE 82, 83, 95 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7, 45,
59; BSGE 86, 262, 301 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2, 1, 44; Zugangsfaktor zur Korrektur der Folgen vor- oder
nachzeitiger Inanspruchnahme des Rechts auf Rente, § 63 Abs 4 SGB VI; Rentenartfaktor als Ausdruck des
gesetzlich versprochenen Sicherungsziels, § 63 Abs 3 SGB VI; stellv dazu BSGE 83, 104, 109 = SozR 3-2600 §
256a Nr 3, 20, 25) die variable Wertbestimmungsgröße aus.
Die Wertzuweisung durch den aktuellen Rentenwert beruht auf einer zeitlich bewerteten Lohn- und Gehaltsgröße.
Vorbild sind die Rentenformeln von 1957. Deren variabler Bewertungsfaktor war die allgemeine Bemessungsgrundlage
(§ 32 Abs 2 AVG, § 1255 Abs 2 RVO). Sie war anfangs definiert als das durchschnittliche Bruttojahresarbeitsentgelt
der Versicherten "im Mittel des dreijährigen Zeitraumes vor dem Kalenderjahr, das dem Eintritt des
Versicherungsfalles vorausgegangen ist" (§ 32 Abs 2 AVG idF des AnVNG; § 1255 Abs 2 RVO idF des ArVNG). Ein
Zeitfaktor ergänzte das zur "Bemessungsgrundlage" des Wertes neu zugehender und anzupassender Renten
erhobene Durchschnittsentgelt der Aktiven. Nach dem Vorleistungsprinzip hängt der Wert der Rente auch von der
Dauer der versicherten Beschäftigung ab (anfangs ausgedrückt durch die Zahl der Versicherungsjahre, §§ 31 Abs 1
AVG, 1254 Abs 1 RVO; nunmehr mittelbar aufgegangen in der Summe der Entgeltpunkte, § 66 Abs 1 SGB VI). Das
erfordert ein Maß für das nach einer jeweiligen Zahl von Versicherungsjahren erreichbare Sicherungsniveau. Dieses
Maß drückte der Steigerungsfaktor der Altersrente aus. Er belief sich auf 1,5 % (§§ 31 Abs 1 AVG, 1254 Abs 1 RVO)
und beruhte auf der Überlegung, dass der jährliche Geldwert der Altersrente nach 40 Versicherungsjahren 60 % des
auf die allgemeine Bemessungsgrundlage transformierten durchschnittlichen Jahresarbeitsentgelts oder -
arbeitseinkommens des Versicherten betragen sollte (vgl BT-Drucks 2437 vom 5. Juni 1956, S 73).
Die Formel versprach den Versicherten nach einer Versicherungsdauer von 40 Jahren einen Wert der Rente von 60 %
des der eigenen durchschnittlichen Vorleistung entsprechenden Anteils an dem (relativ) aktuellen
Durchschnittsverdienst: Ein Zeit seines Versicherungslebens zum Durchschnittsentgelt beschäftigter Versicherter
sollte nach 40 Versicherungsjahren 60 % des gerade (relativ) aktuellen Durchschnittsentgelts erhalten; bei kürzerer
oder längerer Versicherungsdauer und niedrigerem oder höherem durchschnittlichen individuellen Verdienst ergab sich
eine je andere Relation.
Im SGB VI ist diese Wertung im aktuellen Rentenwert aufgegangen. Seither folgt die "Rentenanpassung"
("Dynamisierung") der Anpassung des aktuellen Rentenwertes (auch "Ost") an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der
Aktiven. In der umgeformten Rentenformel des SGB VI (dazu Ruland in: Lueg/von Maydell/Ruland, GK-SGB VI, vor
§§ 63 ff, Stand November 1995, RdNr 2 ff) wurde ihm bis zum 30. Juni 1992 der um individuelle Vorleistungsfaktoren
bereinigte (generalisierte) Monatswert einer Altersrente zugewiesen, den sie im Dezember 1991 nach einem Jahr
Versicherungsdauer bei durchschnittlichem Entgelt gehabt hätte (vgl § 68 Abs 1 Satz 1 SGB VI idF des Gesetzes zur
Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989, BGBl
I, 2261). Damit steht der Wert in Kontinuität zur Rechtslage zuvor mit deren allgemeiner Bemessungsgrundlage und
dem Steigerungssatz der Altersrente; er betrug ein Zwölftel des Produkts aus allgemeiner Bemessungsgrundlage zum
Dezember 1991 und Steigerungssatz (vgl Ruland, aaO, RdNr 7). Die Ursprünge der Wertbildung sind daher im
Gesetzestext nicht mehr unmittelbar zu erkennen. Das Bewertungsprinzip ist gleichwohl unverändert: Im aktuellen
Rentenwert ist die in Relation zum aktuellen Durchschnittsentgelt der aktiv Beschäftigten jährlich neu gebildete Größe
mit dem zeitlichen Faktor verknüpft, der die Versicherungsdauer nach Maßgabe sozialpolitischer Bewertung in Bezug
zum angestrebten Versicherungsniveau setzt.
Die Bindung an das aktuelle Durchschnittsentgelt ist allerdings relativiert. Anfangs entsprach die allgemeine
Bemessungsgrundlage dem Mittel des durchschnittlichen Bruttojahresarbeitsentgeltes in einem dreijährigen Zeitraum
vor Eintritt des Versicherungsfalles (§ 32 Abs 2 AVG idF des AnVNG; § 1255 Abs 2 RVO idF des ArVNG); faktische
Bezugsgröße war das drei Jahre zuvor durchschnittlich erzielte Bruttoentgelt (time lag, vgl Kaltenbach/Maier in:
Koch/Hartmann, AVG, § 32, Stand Dezember 1987, B 1). Dieser Bezug löste sich zunächst zeitlich auf. Ursache
waren Abweichungen von der tatsächlichen Entwicklung in Phasen hoher Lohnzuwachsraten. Dazu war die Koppelung
an absolute Gehaltsgrößen durch die Fortschreibung nach dem Maß ihrer Veränderung ersetzt worden. Auch sie
zeichnet die Entwicklung von Durchschnittsgehältern nach. Zeitweise sind Anpassungen aber verschoben worden
oder hinter der realen Veränderungsrate zurückgeblieben und erst danach wieder an die reale Entwicklung gebunden
worden (vgl die Übersicht bei Kaltenbach/Maier, aaO, B 2 ff). Im Ergebnis fiel die allgemeine Bemessungsgrundlage
gegenüber den tatsächlichen Entgelten zunehmend zurück; 1991 war der Abstand auf etwa neun Jahre angewachsen
(allgemeine Bemessungsgrundlage 1991: 33.149,00 DM; Durchschnittsbruttoarbeitsentgelt 1983: 33.293,00 DM; vgl
Maier/Heller in: Berliner Komm zum RRG 1992, § 68 SGB VI, Stand September 1995, RdNr 1 aE).
Im SGB VI wurde die Lohn- und Gehaltsorientierung abermals umgestellt. Der bis dahin aufgelaufene Abstand hatte
im Ergebnis der sich unterschiedlich entwickelnden Belastung von Aktiven und Rentnern durch Steuern und
Sozialbeiträge Rechnung getragen; trotz zurückgebliebener Bemessungsgrundlage war das Verhältnis von
Nettoeinkünften und Nettorenten - gemessen an der so genannten Standardrente (Eckrente) mit 45
Versicherungsjahren und Durchschnittsentgelt - zwischen 60 % und 70 % relativ konstant geblieben (vgl Verband
Deutscher Rentenversicherungsträger, Rentenversicherung in Zeitreihen, Ausgabe 2002, S 238). Vor diesem
Hintergrund band der Gesetzgeber die Bemessungsgrundlage an die verfügbaren Einkommen an. Ergebnis war die
Anpassungsformel des § 68 SGB VI idF des RRG 1992. Nach ihr änderte sich der aktuelle Rentenwert jährlich zum 1.
Juli um das Maß, um das sich die Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer
unter Berücksichtigung der Veränderung der Belastung bei Arbeitsentgelten und Renten entwickelte (§ 68 Abs 1 Satz
2 SGB VI aF); veränderte sich die Belastung der aktiv Beschäftigten anders als die der Rentenbezieher, nahm das
von da an ebenso Einfluss auf die Fortschreibung des aktuellen Rentenwertes wie die Entwicklung der Löhne und
Gehälter. Die "Teilnahme auch des Rentners an der wirtschaftlichen Entwicklung" wurde zur Teilhabe an verfügbaren
Einkünften: Je nach Vorleistung und Versicherungsdauer war ein Geldwert von weniger oder mehr als 60 % des
Wertes gemäß der alten Formel (die Bruttogehälter von 1983 repräsentierend) versprochen, der sich fortan in
Abhängigkeit sowohl zur Entwicklung der Löhne und Gehälter wie des Finanzbedarfes der öffentlichen Haushalte
einschließlich der Sozialversicherungsträger entwickeln sollte.
b) Die Aussetzung der lohn- und gehaltsorientierten Rentenanpassung (Anpassung des aktuellen Rentenwertes (auch
"Ost")) im Haushaltssanierungsgesetz 1999 stand vor allem im Zeichen der allgemeinpolitischen Konsolidierung der
Staatsfinanzen, aber auch der Suche nach weiteren Korrekturformeln zum Ausgleich zwischen Aktiven und Rentnern.
Vorangegangen war die Einführung eines demografischen Faktors (§ 68 Abs 6 SGB VI idF des Art 1 Nr 33 des
Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16.
Dezember 1997, BGBl I, 2998), dessen In-Kraft-Treten zum 1. Januar 2000 (Art 33 Abs 13 RRG 1999) durch Art 1 § 1
des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember
1998 (BGBl I, 3843) als "sozialpolitisch nicht vertretbar" und um Zeit für die Ausarbeitung "sozial gerechtere(r)
Regelungen" zu gewinnen auf den 1. Januar 2001 verschoben worden war (vgl BT-Drucks 14/45, S 15, 18). Ein Jahr
später wurde § 255c SGB VI mit einer ursprünglich auf die Jahre 2000 und 2001 ausgerichteten Geltungszeit
beschlossen.
Zur Begründung ihres Entwurfs verwies die Bundesregierung auf den sprunghaften Anstieg der Staatsverschuldung,
der die Handlungsfähigkeit des Bundes in nicht mehr vertretbarer Weise beschnitten habe. Im Jahre 2000 werde der
Haushalt durch ein Bündel von Maßnahmen um rund 14,3 Mrd DM entlastet. In der gesetzlichen Rentenversicherung
seien auch die Rentner an der solidarischen Anstrengung zu beteiligen. Ihr Beitrag zur Zukunftssicherung bestehe
darin, dass die Renten in den Jahren 2000 und 2001 in Höhe der Rate der Preisveränderung des Vorjahres angepasst
würden (vgl BT-Drucks 14/1523, S 1, 207). Tatsächlich wurde die zeitliche Geltung der Aussetzung durch Art 1 Nr 51
des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines
kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz) vom 21. März 2001 (BGBl I, 403) auf
die Anpassung zum 1. Juli 2000 beschränkt und zugleich eine neue Formel zur Bestimmung des aktuellen
Rentenwertes eingeführt (so genannte Riester-Rente). Über hierdurch bewirkte Absenkungen war hier nicht zu
entscheiden. Das BSG hat zwar neues Bundesrecht zu beachten. Jedoch war die Revision nur wegen der
Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 zugelassen.
c) Die Eigentumsgarantie ist nicht verletzt. Die lohn- und gehaltsorientierte Rentenanpassung (vgl zu dieser bislang
offenen Frage BVerfGE 64, 87, 97 f; 100, 1, 44) steht nur teilweise unter Eigentumsschutz. Sie ist
eigentumsgeschützt, soweit sie innerhalb der Systemgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung dem Schutz
bereits erworbener geldwerter Rechte vor inflationsbedingten Einbußen (also dem Schutz des realen Geldwertes des
Rechts auf Rente) zu dienen bestimmt ist. Die weiter gehende Chance auf Beteiligung an steigenden Realeinkünften
der aktiven Beitragszahler und Beitragstragenden ist dagegen nicht eigentumsgeschützt. Diese Erwartung genießt
Schutz auf Grund der früheren Vorleistung der Versicherten sowie der rechtsstaatlichen Gewährleistungsfunktion von
Parlamentsgesetzen (Grundsatz der Verlässlichkeit des Gesetzes) und ist Schutzgegenstand von Art 2 Abs 1 GG
iVm Art 3 Abs 1 GG sowie mit dem Rechtsstaatsprinzip (dazu unter d).
Die individualgrundrechtliche Eigentumsgarantie schützt das Erworbene (vgl BVerfGE 30, 292, 335; 88, 366, 377). Im
Gesamtgefüge der Grundrechte hat sie die Funktion, dem Grundrechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen
Bereich zu erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu
ermöglichen (vgl BVerfGE 50, 290, 339; 68, 193, 222; 83, 201, 208). Demgemäß können auch Rechte und Ansprüche
auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Art 14 Abs 1 GG geschützt sein (vgl BVerfGE 53, 257,
289 f). Voraussetzung ist aber ua, dass dem Einzelnen eine einem Eigentümer entsprechende Rechtsposition
eingeräumt ist. Dazu muss er davon ausgehen dürfen, dass es sich um "seine", ihm ausschließlich zustehende
Rechtsposition handelt (BVerfGE 69, 272, 300 f). Dem ist auch ein zeitliches Moment zu Eigen. Eine Rechtsposition
ist dem Berechtigten nur "wie Eigentum an einer Sache" zur eigenen Nutzung zugeordnet, wenn sie ihm gegenwärtig
zusteht; in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind von der Eigentumsgarantie nicht umfasst
(vgl BVerfGE 30, 292, 334 f; 68, 193, 222; 78, 205, 211). Subjektiv öffentliche Rechte auf Sozialleistungen fallen
danach nicht in ihren Schutzbereich, soweit sie vom Ermessen des Leistungsträgers abhängen oder auf sie nach der
jeweiligen Gesetzeslage lediglich eine Aussicht besteht, die - anders als eine Anwartschaft - nicht allein durch
Erfüllung weiterer rechtlicher Voraussetzungen zum Vollrecht erstarken kann (vgl BVerfGE 69, 272, 301; in der Sache
ebenso BVerfGE 97, 271, 284).
Systembedingt ist der Geldwert (sogar) des Vollrechts auf eine Altersrente nicht dauerhaft garantiert. Der aktuelle
Rentenwert (auch "Ost") folgt der Lohn- und Gehaltsentwicklung der Aktiven und trägt damit die Möglichkeit des
Sinkens in sich. Der Geldwert des Rechts auf Rente ist nur periodisch fixiert. Wegen seiner Bindung an die
Nominalwerte der Einkünfte der Aktiven ist ein festgestellter Geldwert nur bis zur nächsten Anpassung
"änderungsfest". Für danach liegende Rentenbezugszeiträume ist offen, ob es bei dem bindend festgestellten
Geldwert des Rechts bleibt oder ob er anzuheben oder zu senken ist. Insoweit hatten die Rentengesetze zu keinem
Zeitpunkt die Steigerung oder auch nur den nominalen Erhalt der Geldwerte von Vollrechten garantiert; sie waren und
sind wegen der auf dem Alterslohnprinzip beruhenden dynamischen Wertzuweisungsmethode systembedingt fließend
gestellt. Das schloss seit jeher das Risiko von Anpassungen auch zu Lasten der Rechtsinhaber ein. Dazu ist es zwar
bislang faktisch nicht gekommen; die bruttoorientierte Anpassung bot jedenfalls in Phasen wirtschaftlichen
Wachstums relative Sicherheit gegen Kürzungen. Gesetzlich waren hingegen die Rentenberechtigten vor
anpassungsbedingt sinkenden Geldwerten nicht geschützt. Noch weniger bestand ein solcher Schutz unter Geltung
der nettoorientierten Anpassungsformel des SGB VI mit ihrem Einfluss steigender Steuern und Sozialabgaben auf den
Nominalwert des Rechts auf Rente; denn seither war der Geldwert nicht nur von der Entwicklung der Gehälter,
sondern auch von der Beurteilung des Finanzbedarfs der öffentlichen Haushalte abhängig.
Die Rechtsinstitution der jährlichen Rentenanpassung fällt gleichwohl nicht voll aus dem Schutzbereich der
Eigentumsgarantie heraus. Denn sie enthält auch eine individual-schützende Abwehrkomponente. Soweit sie nämlich
dem Ausgleich inflationsbedingter Werteinbußen und damit dem Schutz des realen Geldwertes des Rechts auf Rente
dient, richtet sie sich nicht auf eine zukünftig ungewisse Wertsteigerung, sondern auf den Erhalt der geldwerten
Substanz des iS von Art 14 Abs 1 GG bereits "Erworbenen". Dieses Ziel ist einfachgesetzlich bezweckt. Das
Alterslohnprinzip ist eine Reaktion gerade auch auf die sinkende Kaufkraft statisch bemessener Renten bei
steigenden Lebenshaltungskosten (vgl BT-Drucks 2437 vom 5. Juni 1956, S 59 f). Insoweit zielt es nicht alleine auf
die Teilhabe der Rentner an steigenden Arbeitsverdiensten, sondern vorrangig auf die Sicherung des realen
Geldwertes. Dies ist zwar unter den Vorbehalt steigender Löhne und Gehälter gestellt. Vor Kaufkraftverlusten sollen
die Rentner nur bewahrt werden, wenn dies auch den aktiv Beschäftigten gelingt. Das ist indes nur ein dem
umlagefinanzierten und auf Generationensolidarität aufgebauten Alterssicherungssystem immanenter
Finanzierungsvorbehalt; an dem Gesetzeszweck, die Rentner während des Rentenbezuges wenn möglich vor
kaufkraftbedingten Einbußen zu bewahren, ändert dies nichts.
Darin erfüllt die Rentenanpassung auch eine Funktion, die Aufgabe der Eigentumsgarantie ist. Sie umfasst zwar
grundsätzlich nur den Bestand, nicht aber den Tauschwert vermögenswerter Rechte (vgl Bryde in: von Münch/Kunig,
GG, 5. Aufl, 2000, Art 14 RdNr 24; weiter dagegen Papier in: Maunz/Dürig, GG, Art 14, Stand Juni 2002, RdNr 186).
Die zwangsweise Einbindung in die gesetzliche Rentenversicherung begründet aber einen weiter reichenden
Schutzbedarf. In der modernen Gesellschaft sind die durch Vorleistung erworbenen Rechte des Einzelnen auf Renten
seines Trägers der Rentenversicherung an die Stelle privater Vorsorge getreten und verlangen denselben
Grundrechtsschutz, der dieser zukommt (BVerfGE 53, 257, 290; 100, 1, 32; stRspr). Davon kann die
Wertsicherungsfunktion des Rechts auf Rente nicht ausgenommen werden. Die Zwangsmitgliedschaft und die
Beitragspflichten in der Sozialversicherung entziehen den Versicherten in weitem Maße die Möglichkeit zu
selbstständiger Altersvorsorge. Daher können sie auch dem inflationsbedingten Kaufkraftverlust ihrer
Altersversorgung im Regelfall nicht selbst entgegenwirken, sondern sind auch insoweit auf den Bestand der
gesetzlichen Garantien angewiesen. Der dem Recht auf Rente zuerkannte Eigentumsschutz wäre deshalb in der
Substanz entwertet, würde der in das System eingebundenen, gesetzlich intendierten Wertsicherungsfunktion
Grundrechtsschutz versagt (in diese Richtung bereits die Erwägungen bei BVerfGE 64, 87, 97 f; in der Sache ähnlich
zur Zahlbetragsgarantie des Einigungsvertrages (EV) BVerfGE 100, 1, 44).
Dieser auf Bewahrung des "Realwertes" (realen Geldwertes) zuerkannter Renten ausgerichteten Funktion des Rechts
auf Rente fehlen schließlich nicht die wesentlichen Merkmale verfassungsrechtlich geschützten Eigentums. Zwar ist
der Eintritt der Sicherungswirkung ungewiss und von Einflüssen abhängig, die nicht in der Sphäre der Versicherten
liegen. Ungewiss ist aber nur, ob die Sicherungswirkung überhaupt eintritt. Das Sicherungsobjekt dagegen steht fest
und trägt die wesentlichen Merkmale verfassungsrechtlich geschützten Eigentums (vgl BVerfGE 69, 272, 300 f; 100,
1, 32 f; stRspr): Das den Versicherten zuerkannte Rentenrecht mit seinem "Tauschwert" zum Zeitpunkt der letzten
Rentenanpassung oder - falls danach liegend - der Rechtsentstehung. Abgeleitet davon ist auch die hier bewirkte
Sicherungsposition - einer Wertsicherungsklausel unter Privaten vergleichbar - dem privaten Rechtsträger
ausschließlich zugeordnet und zu seinem persönlichen Nutzen bestimmt. Auch beruht sie darin weder auf einem
Anspruch, den der Staat in Erfüllung einer Fürsorgepflicht einräumt, noch fehlt es an dem existenzsichernden Zweck
(vgl BVerfG aaO).
Der weiter gehenden Wirkung der Rentenanpassung kommt Eigentumsqualität dagegen nicht zu. Zwar war vor der
Änderung durch § 255c SGB VI auch die Chance gesetzlich eingeräumt, mit den verfügbaren Einkünften der Aktiven
könnten auch die Geldwerte der Rechte auf Rente ansteigen. Die Chance stand auch in Relation zur Vorleistung der
Versicherten, insoweit sie selbst während ihrer aktiven Zeit durch Zwangsbeiträge entsprechende Chancen der vor
ihnen in Rente gegangenen Generation tatsächlich finanziert haben. Die Aussetzung der Zusage muss sich deshalb
an Art 2 Abs 1 GG messen lassen (dazu sogleich unter d). Der Unterschied zwischen realwerterhaltenden und
realwertsteigernden Anpassungen markiert aber die Grenze zwischen eigentumsgeschütztem Geldwert und der
rechtlich eingeräumten bloßen Chance auf Steigerung des realen Geldwertes des Vollrechts. Denn die bloße
rechtliche Chance auf Teilhabe an steigenden Nominalwerten der Löhne und Gehälter der Aktiven bezweckt nicht die
Bewahrung des bereits "Erworbenen". Die Aussicht zielt insoweit auf Teilhabe an der lohn- und gehaltsbedingten
Steigerung des Lebensstandards der Aktiven, sie gründet auf der gesetzlichen Zusage, dass auch die Rentner
angemessen an den Produktivitätsgewinnen der aktiven Generation teilhaben sollen, dies aber nur, soweit solche
wirklich eintreten. Auf solche künftig möglicherweise eintretende günstige Entwicklung kann aber der Einzelne weder
gegenwärtig schon die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens stützen noch kann er
annehmen, dass sie bereits "seine", ihm ausschließlich zustehende Rechtsposition darstellt. Die Rechtsposition
vermittelt vielmehr insoweit lediglich Vorteile aus dem Verhalten und den Entscheidungen Dritter, die in keinem
sachlichen Bezug zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu Rentnerrechten stehen.
Hieran gemessen ist die Eigentumsgarantie nicht verletzt. Eigentumsgeschützte Positionen sind nicht entzogen,
sondern nach Art 14 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 GG ausgestaltet. Darin ist § 255c SGB VI verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Insbesondere hält sich der getroffene Referenzzeitraum innerhalb der erlaubten Gestaltungsgrenzen.
Zwar ist die Preisentwicklung von 1998 zu 1999 an Stelle des bezweckten Ausgleichs der Entwicklung zwischen Juli
1999 und Juni 2000 maßgebend. Der gewählte Zeitraum ist dennoch nicht willkürlich. Der Gesetzgeber durfte
annehmen, dass genaue Daten über die Entwicklung zwischen Juli 1999 und Juni 2000 bis zum Anpassungsstichtag
am 1. Juli 2000 nicht vorliegen würden. In dieser Lage dient der Rückgriff auf die ein Jahr zurückliegende
Preisentwicklung der Verwaltungspraktikabilität. Insoweit besteht auch kein Anhalt dafür, dass der gewählte
Anknüpfungszeitraum die tatsächliche Entwicklung aus Sicht des Gesetzgebers so evident verfehlen würde, dass
eine andere Anknüpfung geboten war.
d) Das durch Art 2 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG und mit dem Rechtsstaatsprinzip garantierte Teilhaberecht ist
ebenfalls nicht verletzt.
Die Aussetzung der lohn- und gehaltsorientierten Rentenwertbestimmung ist auch an Art 2 Abs 1 GG zu messen.
Infolge der Einbeziehung in die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung trägt die im Erwerbsleben
stehende Generation zum einen - soweit sie daran beteiligt ist - in typisierender Unterstellung im Rahmen der
Kindererziehung unter Umständen bestandssichernde Lasten. Zum anderen hat sie das Geld für die heute zu
zahlenden Altersrenten aufzubringen. Dadurch ist den aktiven Versicherten im Regelfall die Möglichkeit zu eigener
Altersvorsorge in weitem Maße entzogen. Darin liegt ein Eingriff in die durch Art 2 Abs 1 GG geschützte allgemeine
Handlungsfreiheit. Er wäre übermäßig und nicht zu rechtfertigen, wenn den Zwangsversicherten nicht verlässlich
zugesagt würde, künftig an einem im Wesentlichen nach denselben rechtlichen Wertentscheidungen und Grundsätzen
ausgestalteten rentenversicherungsrechtlichen Rechtssystem teilzuhaben. Zwangsbeitrag und Recht auf Altersrente
müssen deshalb in einem verhältnismäßigen Ausgleich stehen. Das gilt auch, wenn die teilhaberechtliche Stellung
erst nach Abschluss der Vorleistung ("Beitragsphase") geändert wird. Insoweit "wandelt" sich das Grundrecht auf freie
Gestaltung der eigenen Altersvorsorge in ein ebenso geschütztes Recht auf eine der Vorleistung verhältnismäßig
entsprechende Teilhabe (vgl zu Änderungen bei der Hinterbliebenenrente BVerfGE 97, 271, 286). Insoweit kommt der
Gewährleistungsfunktion des Parlamentsgesetzes in einem Generationen verbindenden, auf Dauer und langfristige
Belastungen der zwangsweise Einbezogenen abstellenden Versicherungssystem herausragende Bedeutung zu.
Allerdings ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit auch insoweit nur in den Schranken des Art 2 Abs 1
Halbsatz 2 GG gewährleistet. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, in das jeweils vorgefundene Leistungsgefüge
ordnend einzugreifen. Das verletzt Art 2 Abs 1 GG aber nur dann nicht, wenn die Eingriffsnormen formell und materiell
verfassungsgemäß sind, insbesondere dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz (Art 3 GG), dem
Übermaßverbot und den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzprinzips entsprechen (vgl BVerfGE 97,
271, 286). Dazu ist eine individuelle versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten oder
mitgetragenen Beiträgen und Rentenhöhe nicht erforderlich und im System der gesetzlichen Rentenversicherung des
SGB VI auch nicht möglich (vgl zu kurzfristigen Lohnersatzleistungen BVerfGE 92, 53, 71 mwN). Jedoch müssen die
früher maßgeblichen Strukturprinzipien berücksichtigt werden (so genannte Gesamtäquivalenz; vgl auch Papier in:
Isensee/Lecheler, Festschrift für Walter Leisner 1999, 721, 732 ff; ders in: Maunz/Dürig, aaO, RdNr 148:
rechtsstaatliche Kontinuitätsverpflichtung). Ferner muss das Leistungsverhältnis an den Vorleistungen ausgerichtet
sein, die der typische Versicherte als Aktiver erbracht hat. Die Teilhabegerechtigkeit wäre verletzt, wenn nach einer
typischen Versicherungsbiografie nur Renten wie Leistungen aus steuerfinanzierten Sicherungssystemen auch ohne
Vorleistungspflicht beansprucht werden können. Schließlich ist das Willkürverbot zu beachten.
Bei der Ausgestaltung des Sicherungsniveaus und der Maßstäbe für die Wertfortschreibung bestehen indes
Spielräume. Der Gesetzgeber hat nicht nur den Umfang der früher erbrachten Vorleistungen zu beachten. Er hat
unterschiedliche Gemeinwohlbelange und zum Teil gegenläufige Grundrechtspositionen zum Ausgleich zu bringen (vgl
zur ähnlichen Lage im Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung BVerfGE 103, 172, 185 f).
Dabei hat er nicht nur auf das Verhältnis zwischen Vorleistung und Rentenhöhe Bedacht zu nehmen. Er muss auch
prüfen, ob die nachgerückte Generation nach der jeweils eingetretenen Entwicklung der Arbeitsverdienste, aber auch
nach deren voraussichtlicher Entwicklung in der realistischerweise überschaubaren Zukunft (nach § 154 Abs 1 Satz 2
Nr 1 SGB VI: höchstens 15 Kalenderjahre) ihrerseits Renten in entsprechendem Maße wird erhalten können. Auch
können unterschiedliche Belastungen durch Beiträge und durch Bestandssicherung im Rahmen der Kindererziehung
unter Umständen von Bedeutung sein; nicht zuletzt dürfen die jeweils eingetretenen und die (für höchstens die
nächsten fünf Kalenderjahre, so § 154 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI) abschätzbaren Folgen für die gesamtwirtschaftliche
Entwicklung und für die öffentlichen Haushalte, die Belastungen der die Beiträge zahlenden Unternehmen und die
Lasten aus Steuern und anderen Abgaben nicht aus dem Blick geraten. Diesen Anforderungen kann der Gesetzgeber
nur gerecht werden, wenn er frühere Vorleistungen, heutige Rechte, gegenwärtige Belastungen und überschaubare
Entwicklungen fortlaufend beobachtet und - im Rahmen der allein ihm zustehenden politischen Setzung - jeweils
zeitnah zu einem neuen angemessenen Ausgleich bringt.
Daran gemessen durfte die lohn- und gehaltsorientierte Rentenanpassung für ein Jahr ausgesetzt und die
Wertfortschreibung an die reale Geldentwertung gebunden werden. Mit der Einführung der nettolohnbezogenen
Anpassungsformel (§ 68 SGB VI aF) durch das RRG 1992 war ein sich über längere Zeit tragender
Selbstregulierungsmechanismus bezweckt (vgl BT-Drucks 11/4124, S 138 f). In dieser Erwartung sah sich der
Gesetzgeber nicht bestätigt. Bereits 1997 wurde eine weiter gehende Einstellung der gesetzlichen Rentenversicherung
auf die "bereits eingetretenen und in Zukunft zu erwartenden" (vgl BT-Drucks 13/8011, S 47) demografischen
Veränderungen als notwendig erachtet. Daran änderte sich nach Aussetzung des darauf durch das RRG 1999
eingeführten demografischen Faktors nichts. Auch der neu gewählte Deutsche Bundestag suchte auf die dafür
maßgebend gewesene demografische Entwicklung zu reagieren (vgl BT-Drucks 14/4595, S 37). Von Verfassungs
wegen ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in dieser Lage Anlass zur Aussetzung der durch das RRG
1999 bereits veränderten, wegen des Streits um den demografischen Faktor aber wieder in Kraft gesetzten
lohnorientierten Wertbildungsmechanismus alter Fassung sah. Das damit verfolgte Ziel, auch die Rentner während der
Phase der gesetzlichen Neukonzeption an der Tragung steigender Lasten infolge (auch) der demografischen
Entwicklung zu beteiligen, hält sich in dem der Gesetzgebung zugewiesenen Rahmen, für die Erhaltung der
Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung Sorge zu tragen.
Teilhabepositionen der Rentenberechtigten sind nicht unverhältnismäßig verkürzt. Auch nach Aussetzung der
nettolohnorientierten Wertbildung entsprachen ihre Leistungsansprüche im Wesentlichen denjenigen Leistungen, die
sie als Aktive durch Beiträge (und Steuern) getragen haben. Auch in der Vergangenheit sind die Beitragszahler
mehrfach durch die Aussetzung von Rentenanpassungen oder durch Anpassungen unterhalb der Steigerung der
Bruttogehälter entlastet worden (vgl Kaltenbach/Maier, aaO, B 2 ff). Auch zu ihren Gunsten waren dementsprechend
damalige Rentner zeitweise von den Vorteilen lohnorientierter Rentenanpassung ausgenommen. Eine Verletzung der
Teilhabeäquivalenz (als Gesamtäquivalenz) ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen. Der Gesetzgeber musste
nicht annehmen, dass das Leistungsniveau infolge der Aussetzung aus dem Rahmen des langfristigen Verhältnisses
zwischen den Nettobezügen der Aktiven und der Nettorente eines 45 Jahre durchschnittlich verdient habenden
Versicherten (so genannter Eckrentner) fallen würde. Auch ist die Grenze nicht berührt, jenseits der die Vorleistung
eines typischen Rentners keinen angemessenen Abstand zu alleine steuerfinanzierten Leistungen wahrt. Schließlich
ist die Anknüpfung an die zeitnahe Inflationsrate weder willkürlich gewählt noch ist zu beanstanden, dass insoweit
keine Unterschiede zwischen Regionen mit möglicherweise unterschiedlicher Preisentwicklung gemacht worden sind.
e) Grundrechtsgeschützte Positionen der Versicherten des Beitrittsgebiets insbesondere aus Art 3 Abs 1 GG sind
ebenfalls nicht verletzt. Weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 14 Abs 1 GG verpflichteten den Gesetzgeber, diese
Versicherten von der ansonsten zulässigen Aussetzung der lohn- und gehaltsorientierten Wertbestimmung
auszunehmen.
Die Aussetzungsregelung ist allerdings an Art 3 Abs 1 GG zu messen, soweit auch die Bewertung im Beitrittsgebiet
erbrachter (oder - wie bei der Klägerin - gleichgestellter) Vorleistungen von der lohnorientierten Entwicklung
ausgenommen und die Wertfortschreibung auch insoweit dem Maß der Geldentwertung unterworfen worden ist.
Insoweit bestehen zwischen der Anpassung des Geldwertes von Rechten auf Altersrenten aus dem SGB VI, die
Rentnern auf Grund einer im Beitrittsgebiet (und in der DDR) zurückgelegten Versicherungsbiografie (frühestens ab 1.
Januar 1992) zustehen, und der Rentenanpassung im übrigen Bundesgebiet Unterschiede von rechtlich erheblichem
Gewicht. Der Geldwert der im übrigen Bundesgebiet erworbenen Rechte auf Rente knüpft direkt an das in der
Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung bestehende Gehaltsniveau an (dazu näher oben 4a) und wird seither nach
der Entwicklung der verfügbaren Gehälter im gesamten Bundesgebiet fortgeschrieben. Dagegen richtet sich die
Anpassung des Geldwertes eines Rechts auf Rente, soweit er im Beitrittsgebiet erworben wurde, nach einem auf die
Einkommensverhältnisse im Beitrittsgebiet und auf deren Veränderungen ausgerichteten "aktuellen Rentenwert (Ost)"
(§§ 254b, 254c, 255a SGB VI). Er bildete sich anfänglich (1992) aus dem aktuellen Rentenwert (§ 68 Abs 1 SGB VI)
für das "alte" Bundesgebiet, und zwar nach dem Verhältnis, in dem eine verfügbare Standardrente im Beitrittsgebiet
und eine solche im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet zueinander standen (§ 255a Abs 1 Satz 1 SGB VI). Er wird
seither mit dem Faktor der Entwicklung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet fortgeschrieben (§ 255a Abs 2 Satz
3 SGB VI). Dies gilt bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet (§ 254b Abs 1 Satz 1 SGB
VI). Maßgebend ist die Überlegung, dass der Geldwert von Renten im Beitrittsgebiet auch bei bundesgesetzlich durch
Aufwertung und Hochrechnung auf "West-Niveau" gleichgestellter Vorleistung dem im übrigen Bundesgebiet geltenden
Geldwert erst dann entsprechen soll, wenn (auch) die Lohn- und Gehaltssituation im Beitrittsgebiet an die im übrigen
Bundesgebiet angeglichen ist (vgl BT-Drucks 12/405, S 111). Dadurch wird zum einen eine Überbelastung der aktiven
Versicherten verhindert und zum anderen gesichert, dass die Rentner "Ost" auch bis zur Herstellung einheitlicher
Lebensverhältnisse nach dem Alterslohnprinzip an der Entwicklung der Löhne und Gehälter der Aktiven im
Beitrittsgebiet teilhaben.
Die für das gesamte Bundesgebiet einheitliche Aussetzung der lohn- und gehaltsorientierten Rentenwertfortschreibung
verstößt trotz der Unterschiede nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht
schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Art 3 Abs 1 GG
ist erst verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden
Sachbereich und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl BVerfGE 90, 226, 239). Das ist hier
nicht der Fall. Der Gesetzgeber hatte nicht nur Unterschiede der Rentenbewertung im Beitrittsgebiet und im übrigen
Bundesgebiet zu beachten. Er durfte auch berücksichtigen, dass eine Ausnahme zu Gunsten der Versicherten im
Beitrittsgebiet den Abstand zu den dort Beschäftigten anders gestaltet hätte und er deshalb bei einer die Versicherten
des Beitrittsgebiets begünstigenden Ausnahmeregelung von einem das rentenrechtliche Bewertungsrecht prägenden
Prinzip hätte abweichen müssen. Auch durfte er in Rechnung stellen, dass eine Ausnahme zu Gunsten der Rentner
des Beitrittsgebiets eine stärkere Belastung der im aktiven Erwerbsleben stehenden Versicherten und der öffentlichen
Haushalte mit sich gebracht und sie im Gegenzug von der Tragung der auch ihnen zuzurechnenden Lasten freigestellt
hätte. In dieser Lage ist die getroffene Entscheidung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Auch Art 14 Abs 1 GG zwang nicht dazu, die Versicherten des Beitrittsgebiets von der Aussetzung der
lohnorientierten Wertbildung auszunehmen. Dabei können Einzelheiten des Eigentumsschutzes der Regelungen des
EV dahinstehen. Aus den dargelegten Gründen vermag Art 14 Abs 1 GG - entsprechende einfachgesetzliche
Regelungen vorausgesetzt - nur bereits zugewiesene reale Geldwerte, nicht aber in ihrem konkreten Eintritt ungewisse
Aussichten auf künftige Steigerungen geldwerter Rechte zu schützen. Insoweit reicht auch der Eigentumsschutz
durch den EV gewährleisteter (anpassbarer) Geldwerte (Zahlbeträge) nicht weiter als der Eigentumsschutz der im
SGB VI wurzelnden Monatsbeträge eines Rechts auf Rente nach dem SGB VI. Denn Art 14 Abs 1 GG gibt
schlechthin kein Grundrecht auf stetige reale Steigerung des "besitzgeschützten Zahlbetrages" gegen den Staat. Es
gab und gibt auch kein "einfaches Bundesrecht" (einschließlich des EV), das solches versprochen hätte.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.